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13. Dresdner Handkurs: Wiederherstellung der Handfunktion vom 14.-15.11.2025 in Dresden

Der zweitägige Operationskurs mit Workshop richtet sich an Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, Fach- und Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und bietet die Möglichkeit, nach kurzen Vorträgen operative Zugangswege sowie diverse Techniken an Präparaten unter fachkundiger Anleitung zu trainieren.

Das Programm und die Anmeldung stehen auf den Seiten der BDC|Akademie bereit.

Mitglieder des BDC erhalten deutlich vergünstigte Teilnahmegebühren.

Der BDC bei der KBV-Herbsttagung

BDC-Vizepräsident Dr. Peter Kalbe war ein Teilnehmer bei der “Fishbowl-Diskussion”, die während der Herbsttagung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Oktober in Berlin stattgefunden hat. Thema der Fachsession war “Notfallreform – klare Sicht voraus”.

Inhaltlich gab es weitgehende Übereinstimmung, dass die Notfallreform von der neuen Bundesregierung dringend wieder auf die Tagesordnung genommen werden muss. Die INZ seien nicht an allen Krankenhäusern notwendig, sondern nur an 700-800 Standorten bundesweit. Bedarfskriterien sollen vom G-BA definiert werden. Der „gemeinsame Tresen“ sei nach Einschätzung der DKG in praxi nicht umsetzbar. Existierende und gut funktionierende Kooperationen zwischen Notaufnahmen und KV-Bereitschaftsdienst-Praxen sollen einbezogen werden. Die Planung sollte vorzugsweise auf der Länderebene erfolgen. Von der KBV wird die Forderung nach vertragsärztlichen Doppelstrukturen mit 24 Stundenangebot für Fahrdienst, INZ und Telemedizin weiterhin strikt abgelehnt. Grundlage soll eine verbindliche Steuerung der Notfallpatienten in die geeignete Versorgungsebene sein, wobei auch die Steuerung in Partnerpraxen möglich sein soll, wie Dr. Kalbe betonte. Man war sich einig, dass dies nur bei hoher Verbindlichkeit funktionieren kann. Uneinigkeit gab es dagegen bei der Frage von geeigneten Sanktionen bei Nichteinhaltung dieser Steuerung. Alle Diskutanten waren sich einig, dass bei der Notdienstreform auch eine Reform des Rettungsdienstes einzubeziehen wäre.

Der BDC hatte gemeinsam mit der DGCH bereits zum Referentenentwurf der Ampel-Regierung Stellung genommen und wird sich weiter aktiv in die gesetzgeberische Gestaltung der Notfallreform einbringen.

Auf dem Podium vertreten waren des Weiteren (von links):

Heike Bökenkötter (Moderation Ärzte-Zeitung)
Dr. Anke Schliwen (Kassenärztliche Bundesvereinigung)
Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband)
Özlem Akigöz (Deutsche Krankenhausgesellschaft)
Dr. Brigitte Wrede (Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Berlin

Weitere Informationen auf den Seiten der KBV

Das BMG erhält neue Arbeitsstruktur

Das Bundesministerium für Gesundheit nimmt nach den Jahren der Pandemie eine größere Neuausrichtung zur Umstrukturierung seiner Abteilungen vor. Diese Fokussierung soll eine bessere Konzentration auf die politischen Schwerpunkte der Hausleitung und eine effizientere Erledigung der Aufgaben ermöglichen. Sie trägt damit den Zielen der Bundesregierung und der aktuellen geopolitischen Entwicklung Rechnung.

Das BMG ist für eine Vielzahl von Politikfeldern zuständig. Zu den zentralen Aufgaben zählen jedoch die Sicherung und Fortentwicklung der Leistungsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung der Sozialen Pflegeversicherung sowie die Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit des Gesundheitssystems. Gerade in diesen Themenfeldern wird das Haus in dieser Legislaturperiode besonders gefordert sein.

Die neue Organisation soll einen Beitrag leisten, Kräfte wieder stärker zu sammeln, Einzelaspekte in Themenfeldern zu bündeln sowie Schnittstellen und Doppelarbeiten abzubauen.

Im Sinne der Agenda zur Staatsmodernisierung werden die Strukturen des BMG schlanker sowie Fähigkeiten und Ressourcen gebündelt. Insgesamt werden 19 Einheiten abgebaut: zwei Unterabteilungen, zwölf Referate, drei Projektgruppen, eine Stabstelle und eine Task Force. Der Anteil an Frauen in Führungsposition als Abteilungsleiterinnen hat sich dadurch auf 50% erhöht.

Die konkreten Veränderungen in den Abteilungen sowie das ab 3. November gültige Organigramm finden Sie auf den Seiten des BMG.

Neue Ausgabe der Passion Chirurgie: Krankenhausstrukturreform – Chancen für die Chirurgie?

Hier geht’s zur neuen Ausgabe der PASSION CHIRURGIE 10/25: Krankenhausstrukturreform – Chancen für die Chirurgie

An der Krankenhausstrukturreform und den unvermeidlichen Veränderungen in der Gesundheitslandschaft kommt niemand mehr vorbei. Im Strudel lauter Bedenken wagen wir die Frage: „Welche Chancen könnte die Krankenhausstrukturreform für die Chirurgie bieten?“ Lesen Sie in dieser Ausgabe über erste Erkenntnisse für die Chirurgie aus der Umsetzung des Krankenhausplans in NRW, neue Modelle der Rotationsplanung, Transparenz der Kompetenzen und modularen Weiterbildungsmodellen sowie über den Stellenwert der Spezialisierung.

„Hybrid-DRG: pro und contra?“  ̶   diskutieren Sie mit beim kostenfreien BDC-Live-Webinar Hernie kontakt am Donnerstag, 15. Oktober 2025 ab 17:00 Uhr in der BDC|eAkademie. Fragen können Sie den Referenten gerne vorab stellen. Hier geht’s zu mehr Infos…

Viel Spaß beim Lesen

Ihr
PASSION CHIRURGIE-Team

Der BDC beim DKOU 2025

Auch dieses Jahr ist der BDC wieder mit vier Sitzungen beim DKOU vertreten.

Dienstag, 28. Oktober 13:30 – 16:00 Uhr, Raum R4 Gemeinsame BG-Kommission
Mittwoch, 29. Oktober 10:00 – 13:00 Uhr, Raum M4 Vorbereitung auf die Niederlassung (gemeinsam mit JFOU)
Donnerstag, 30. Oktober 16:00 – 17:00 Uhr, Raum London 3 Zukünftige Patientensteuerung – brauchen wir ein Primärarztsystem?
Freitag, 31. Oktober 10:30 – 11:30 Uhr, Raum New York 3 Zukunft des BG Arztes (Niederlassung, SAV, UV GOÄ, BG, Klinik Arzt)

Nehmen Sie teil und kommen Sie mit uns ins Gespräch!

Hier geht es zum gesamten Programm des DKOU

“HERNIE kontakt” am 15.10.25: Jetzt anmelden!

Das nächste Webinar “HERNIE kontakt” findet am  15.10.2025 statt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

In enger Kooperation der BDC|Akademie und der Deutschen Herniengesellschaft (DHG) greift “HERNIE kontakt” zweimal im Jahr aktuelle und kontroverse Themen der Hernienchirurgie auf und stellt sie zur Diskussion.

HERNIE kontakt ist das vierte kostenfreie Modul der Hernienschule, das als Zusatzmodul zur dreiteiligen curricularen Fortbildung (HERNIE kompakt, konkret und komplex) entwickelt wurde.

Fokus des Webinars ist Hybrid-DRG: pro und contra?

17:00 – 18:00 Uhr
Moderation: Ralph Lorenz, Bernd Stechemesser
1. Wohin geht die Reise? Rolf Bartkowski
2. Pro und Contra Hybrid aus der Sicht der Patient:innen, Simone Siegfried
3. Pro und Contra Hybrid – Hat sich die Methodenwahl geändert? Was sagen die Herniamed-Daten? Ferdinand Köckerling

18:00 – 19:00 Uhr
Moderation: Joachim Conze, Wolfgang Reinpold
4. Pro und Contra Hybrid aus der Sicht der Niedergelassenen Chirurg:innen, Daniel Silbernik
5. Pro und Contra Hybrid aus der Sicht des Betreibers eines AOZ, Martin Wiese
6. Pro und Contra Hybrid aus der Sicht des Klinikers – wo hakt es? Henning Niebuhr

Vorträge jeweils zehn Minuten und danach im Anschluss 30 Minuten Diskussion.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme und Mitarbeit!

Hier geht’s zur Anmeldung.

Jetzt mitmachen! BDC-Umfrage zur Situation in der chirurgischen Weiterbildung

Wir wollen Prozesse anstoßen und zum Laufen bringen. Dafür brauchen wir die Unterstützung derjenigen, die mittendrin sind in der Situation. Deine Meinung ist gefragt: Wie geht es dir aktuell in deiner Weiterbildung?

Klar, Zeit ist knapp, aber die Beantwortung der Umfrage dauert nicht länger als 13 Minuten und gibt uns damit einen einmaligen Einblick zum aktuellen Status quo der Weiterbildung in den chirurgischen Fachgebieten in Deutschland.

Hier geht es direkt zur Umfrage: Teilnehmen

Warum wir das machen? Die Ergebnisse dieser Umfrage sind von entscheidender Bedeutung, um den aktuellen Stand der Weiterbildung realistisch einzuschätzen, Vergleiche zu den Vorjahren zu ziehen und die Effekte der Entwicklungen in unserem Berufsfeld zu verstehen. Dies ermöglicht es uns als Berufsverband, zielgerichtete Maßnahmen zur Nachwuchsarbeit zu entwickeln und zu ergreifen.

WELL-BEING! Dieses Jahr ist Ihre Perspektive wichtiger denn je, da wir die Umfrage um zusätzliche, entscheidende Fragen zum persönlichen Well-Being und Aspekten der Resilienz erweitert haben. Diese beiden Faktoren sind von fundamentaler Bedeutung für die Ausübung unseres Berufes. Als BDC möchten wir uns in Zukunft noch stärker diesen Themen widmen und sammeln daher mit dieser Umfrage essenzielle Daten, um die Arbeitsbedingungen und die Zufriedenheit in der Chirurgie nachhaltig zu verbessern.

Deine offene und ehrliche Einschätzung, auch zu Themen wie Arbeitsbelastung, Arbeitszeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie der Qualität der Weiterbildung in der Klinik, trägt maßgeblich dazu bei, ein umfassendes Bild der aktuellen Situation zu zeichnen und gibt uns die Basis, unsere Weiterbildungsarbeit fortzusetzen.
Wir freuen uns über jede Beteiligung. Herzlichen Dank.

Weiterbildung weitergedacht

Zukunft der chirurgischen ärztlichen Weiterbildung im Kontext der Krankenhausstrukturreform

Der Status Quo ist ernüchternd: Noch nicht einmal zehn Prozent der in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte arbeiten im ambulanten oder stationären Bereich chirurgisch. Zugleich steigt die Abwanderung ins (europäische) Ausland und viele erfahrene Kolleg:innen gehen in den Ruhestand. Die Zahl der Bewerber:innen für chirurgische Fächer sinkt spürbar, was sich negativ auf die Versorgungsqualität auswirkt. Das abnehmende Interesse an der Chirurgie lässt sich dabei nicht nur auf die als erschöpfend wahrgenommene Arbeitsrealität und eine oft unbefriedigende Weiterbildung zurückführen. Hinzu kommen die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf, fehlende Wertschätzung im klinischen Alltag sowie eine begrenzte individuelle Entwicklungsperspektive. Auch zunehmender ökonomischer Druck und bürokratische Hürden tragen zur Entfremdung vom Fach bei. [1, 2, 3, 4]

Die politisch forcierte Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft birgt das Risiko eines weiteren Qualitäts- und Erfahrungsverlusts in der chirurgischen Weiterbildung, insbesondere durch Ambulantisierung und Zentralisierung, Fallzahlreduktion und einen noch höheren ökonomischen Druck. Die im Gesetz genannten Mindestvoraussetzungen inklusive weiterer Auswahlkriterien und der personellen Ausstattung mit Qualifikationen und Verfügbarkeit von Fachärztinnen und -ärzten erschweren die Möglichkeiten der ärztlichen Weiterbildung. Eine adäquate Abbildung der ressourcenintensiven Weiterbildung in der Krankenhausstrukturreform findet sich nicht.

Dennoch: Die Krankenhausstrukturreform stellt die chirurgische Weiterbildung in Deutschland zwar vor grundlegende Herausforderungen, eröffnet aber zugleich Chancen für eine nachhaltige Weiterentwicklung, Innovation und Qualitätssteigerung. Um dem drohenden Erfahrungsverlust entgegenzuwirken, könnten rotierende Weiterbildungsmodelle oder Kooperationen zwischen Kliniken und ambulanten Einrichtungen etabliert werden. Solche Ansätze ermöglichen eine bessere Vernetzung und bieten Nachwuchschirurg:innen die Chance, unterschiedliche Versorgungssituationen kennenzulernen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Zusätzlich könnten gezielte Förderprogramme und strukturierte Rotationen dazu beitragen, die Qualität der Weiterbildung nachhaltig zu sichern, Weiterbildungszeiten zu verkürzen, eine transparente Finanzierung zu ermöglichen und flexibel auf die veränderten Anforderungen zu reagieren. Studien aus dem Ausland zeigen, dass die Integration von strukturierten Weiterbildungsprogrammen nicht zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität führt, sondern gerade in reformierten Strukturen eine stabile Patientenversorgung möglich ist. [1, 5]

→ Positiv gesehen, eröffnet die Krankenhausstrukturreform also die Möglichkeit, bestehende Defizite gezielt anzugehen und die Weiterbildung zukunftsfähig zu gestalten, etwa durch die strukturierte und für alle Beteiligten verlässliche Weiterbildung in Verbünden, eine transparente Finanzierung, die stärkere Einbindung chirurgischer Fachgesellschaften und Berufsverbänden und die Berücksichtigung
sozialer Rahmenbedingungen für Nachwuchschirurg:innen.

Herausforderungen und Chancen der Krankenhausstruktur­reform für die ärztliche Weiterbildung

Ambulantisierung, Zentralisierung und Weiterbildungsverbünde

Die geplante Verschiebung zahlreicher chirurgischer Eingriffe in den ambulanten Sektor sowie die Zentralisierung von vor allem komplexeren Eingriffen auf wenige große Kliniken, erschweren die Umsetzung einer strukturierten Weiterbildung. Auch Maximalversorger und Universitätskliniken werden in der Regel nicht mehr die volle Weiterbildungsbefugnis erhalten können. Kleinere chirurgische Fächer und ländliche Regionen könnten weiter ausgedünnt werden und damit sowohl die Weiterbildungsqualität als auch die Versorgungssicherheit gefährdet werden. Die Einführung von Weiterbildungsmodellen in Verbünden von Kliniken und Praxen/MVZs verschiedener Größe und mit unterschiedlichem Angebot ist – je nach Ärztekammer – weitestgehend unproblematisch und gewünscht. Die Ärztekammer Schleswig-Holstein und die entsprechenden Beteiligten haben mit verschiedenen Modellprojekten z. B. in der Chirurgie und der Kinder- und Jugendmedizin sehr gute Erfahrungen gemacht. Auswertungen zeigen eine Win-Win-Situation für Weiterzubildende und Befugte, insbesondere für den Zugewinn an Wissen auf beiden Seiten, gegenseitiges Verständnis und Vernetzung. Neben einer notwendigen Flexibilität für z. B. Veränderungen beim Arbeitsweg und der wiederkehrenden Integration in andere Teams, profitieren die Weiterzubildenden v. a. von größeren Fallzahlen, strukturierten Rotationen und einen möglichen Abschluss der Weiterbildung in der Mindestzeit ohne Suche nach Anschluss-Stellen und ein „Hintenanstellen“ in neuen Teams. Die Befugten haben verlässliche Nachfolger für Weiterzubildende und müssen sich nicht auf die Suche nach neuen Weiterzubildenden begeben (Abb. 1).

Abb. 1: Ärztin in Weiterbildung auf Wanderschaft angelehnt an die Wanderjahre von Handwerksgesellen. Die Abbildung wurde von der Autorin kreiert und als Microsoft 365-Abonnentin lizenzfrei verwendet

Sektor- und einrichtungsübergreifende Verbundmodelle mit Rotations- und Kursangeboten müssen jedoch noch arbeits- und versicherungsrechtlich abgesichert werden. Die Problematik der arbeitsvertraglichen und versicherungsrechtlichen Gestaltung (Stichwort Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und sektoren- und arbeitgeberübergreifende Arbeitsverträge) wird derzeit ebenfalls auf Bundesebene geklärt.

Finanzierung und Ressourcen

Die ärztliche Weiterbildung erhält bislang keine angemessene finanzielle Kompensation. Kliniken und Praxen werden für die Weiterbildung des ärztlichen Nachwuchses nicht ausreichend vergütet, was nicht nur die Motivation zur Weiterbildung mindert, sondern auch die Arbeitsbedingungen verschlechtert. Infolgedessen verliert die Weiterbildung zunehmend ihren Status als hoheitliche und ehrenvolle Aufgabe, da wirtschaftliche Zwänge in den Vordergrund rücken.

Derzeit werden verschiedene Modelle und Ansätze diskutiert, wie eine adäquate und unabhängige Finanzierung der Weiterbildung aussehen könnte. Im Fokus stehen dabei Finanzierungsmechanismen, die sowohl den tatsächlichen Aufwand als auch die Bedeutung der Weiterbildung für das Gesundheitssystem berücksichtigen und Anreize für Kliniken und Praxen schaffen.

Ein wichtiger Schritt ist die Einführung und gesetzliche Verankerung (KHVVG, SGB V) einer ärztlichen Personalbedarfsbemessung neben der fachärztlichen personellen Ausstattung. In Berechnungsmodellen wie dem Ärztlichen Personalbemessungssystem der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK) wird die Weiterbildungstätigkeit von Befugten sowie die Arbeitsleistung von Weiterzubildenden erstmals explizit berücksichtigt. Damit erfolgt zumindest eine indirekte finanzielle Anerkennung und Wertschätzung der ärztlichen Weiterbildung, die zukunftsweisend für das gesamte Gesundheitssystem ist. Diese Entwicklung stärkt die nachhaltige Qualitätssicherung in der Weiterbildung und unterstreicht ihre gesellschaftliche Bedeutung. [6, 7]

Auch ein vermehrter Einsatz qualifizierter, auch akademisierter Gesundheitsfachberufe, wie z. B. Physician Assistants, könnten Weiterzubildende entlasten und Valenzen für eine adäquate Weiterbildung schaffen.

Föderalismus

In Deutschland gibt es 17 Landesärztekammern, welche als Körperschaften des öffentlichen Rechtes mit Sicherstellungsauftrag eine starke Rechtskraft besitzen. Eine der Kernaufgaben ist die Regelung und Überwachung der ärztlichen Weiterbildung. Die föderale Organisation führt zu 17 Weiterbildungsordnungen mit z. T. unterschiedlichen Inhalten und Anerkennungen z. B. bei einer Änderung der zuständigen Kammer durch Wechsel des Arbeitgebers. Die immer wieder geforderte bundesweit einheitliche und verbindliche Weiterbildungsordnung mit klaren Kerncurricula und Kompetenzprofilen wird es in einem föderalen Staat mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geben und die Bundesärztekammer ist hier als nicht eingetragener Verein ohne Rechtspersönlichkeit als Arbeitsgemeinschaft der Landesärztekammern zu verstehen. Auf Bundesebene versuchen die Landesärztekammern bundesweite Standards und Erleichterungen bei einem Wechsel und der gegenseitigen Anerkennung von Weiterbildungszeiten zu ermöglichen.

Zudem werden zurzeit sogenannte verpflichtende Train-The-Trainer-Programme nach einem Beschluss des Deutschen Ärztetages 2024 im Sinne einer didaktischen Qualifizierungsmaßnahme für Befugte von den Landesärztekammern mit jeweils eigenen Programmen ausgearbeitet und eingeführt.

Die Evaluation der Weiterbildung zur Qualitätssicherung erfolgt zumindest punktuell und sollte verpflichtend ausgebaut werden.

Familienfreundlichkeit, Bewerbermangel, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitmodelle

Die hohe Arbeitsdichte, Personalnot und schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen zu einem Rückgang des Interesses an chirurgischen Karrieren. Befristete Verträge und mangelhafte soziale Rahmenbedingungen verschärfen das Problem.

Die Dauer der Weiterbildungszeiten in Deutschland übersteigt oftmals die von der Europäischen Union vorgegebene Mindestdauer laut Berufsanerkennungsrichtlinie (vgl. Mindestdauer der fachärztlichen Weiterbildungen gemäß Anhang V der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (BARL) 2005/36/EG). [8] Um die Attraktivität des Standorts Deutschland für junge Chirurg:innen zu erhöhen, empfiehlt sich eine kritische Überprüfung der Weiterbildungsinhalte sowie eine Anpassung der Weiterbildungszeiten, sodass die tatsächliche Weiterbildung im Vordergrund steht. Erleichterte Rotationsmöglichkeiten und die Förderung von Weiterbildungsverbünden, die von den Landesärztekammern begrüßt werden, bieten hier praktikable Ansätze.

Flexibilität und familienfreundliche Strukturen sind essenzielle Faktoren für die Nachwuchsgewinnung und -bindung in der Chirurgie. Befristete Verträge sowie unzureichende soziale Rahmenbedingungen, beispielsweise fehlende Kinderbetreuung, verschärfen den Bewerbermangel. Dafür sind entfristete (Weiterbildungs-)Verträge, Home-Office-Optionen, flächendeckende und flexible Betreuungsangebote für Kinder sowie strukturierte Modelle für Elternzeit und Wiedereinstieg entscheidend. Zudem ist die Sensibilisierung von Führungskräften und Betriebsmediziner:innen für die Bedürfnisse von Chirurg:innen in besonderen Lebenssituationen – etwa beim Operieren in Schwangerschaft und Stillzeit – unerlässlich. Positive Entwicklungen, wie unterstützende Programme für schwangere Chirurginnen und ein wachsendes Bewusstsein für individuelle Lebenslagen, zeigen bereits, dass ein Kulturwandel möglich und eingeleitet ist. [9, 10]

Innovationsstau

Moderne Verfahren wie Robotik, Simulationstrainings, Augmented und Virtual Reality sowie digitale Weiterbildungsformate inklusive onlinebasierter Lernmodule werden bislang nur vereinzelt in Weiterbildungscurricula integriert, obwohl sie die Möglichkeit bieten, Lerninhalte ggf. auch orts- und zeitunabhängig hocheffizient zu vermitteln. Hier gibt es immer mehr Ärztekammern (wie z. B. in Schleswig-Holstein), die diese Formate anerkennen und sehr gute Erfahrungen damit machen.

Die fortschreitende Digitalisierung bietet großes Potenzial zur Entlastung und Modernisierung der ärztlichen Weiterbildung. Digitale Werkzeuge und innovative Technologien, etwa bei der Erstellung von Arztbriefen, können nicht nur die klinische Versorgung strukturieren, sondern auch die Zeitbelastung spürbar senken. Werden diese Lösungen gezielt gefördert, entstehen wertvolle Kapazitäten für die praktische Weiterbildung, was wiederum die Effizienz und Qualität der Weiterbildung deutlich steigert. [11, 12]

Fazit

Die Krankenhausstrukturreform birgt erhebliche Risiken für die chirurgische Weiterbildung. Gleichzeitig eröffnet sie die Chance, als Katalysator für eine zukunftsfähige und qualitativ hochwertige chirurgische Weiterbildung genutzt zu werden, wenn eine unabhängige und transparente Finanzierung sowie innovative, praxisnahe Weiterbildungs-Modelle und digitale Tools systematisch integriert werden. Um außerdem dem Bewerbermangel entgegenzuwirken und die Attraktivität der Chirurgie langfristig zu steigern, sind eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben im Sinne einer wertschätzenden Weiterbildungskultur mit evidenzbasierten, modernen und sozial nachhaltig gestalteten Strukturen erforderlich. Nur durch gezielte Verbesserungen kann die chirurgische Weiterbildung fit für die Zukunft gemacht werden, wieder mehr Nachwuchs begeistern und so eine qualitativ hochwertige und quantitativ ausreichende ärztliche Versorgung in Deutschland auf Facharztniveau gesichert werden. Lösungen und Veränderungen sind nur gemeinsam durch enge Zusammenarbeit zwischen Ärztekammern, den jeweiligen Fachgesellschaften und Berufsverbänden unter Einbezug der sich weiterbildenden Ärztinnen und Ärzte umsetzbar. Nachfolgend sind auch die weiteren Akteure im deutschen Gesundheitswesen, die Politik und die Gesellschaft gefragt.

Literatur

[1]   Schlottmann F, Drossard S, Dey Hazra M, Blank B, Herbolzheimer M, Mulorz J, Kröplin J, Huber T, Doukas P, Sadat N, Rüsseler M, Rösch R, Bouffleur F, Lif Keller S, Freund G. Herausforderungen und Chancen für die chirurgische Weiterbildung : Ein fachgesellschaftsübergreifendes Positionspapier vor dem Hintergrund der Krankenhausstrukturreform [Challenges and options for advanced training in surgery : An interdisciplinary position paper against the background of the hospital structural reform in Germany]. Chirurgie (Heidelb). 2024 Jul;95(7):539-545. German. doi: 10.1007/s00104-024-02113-x. Epub 2024 Jun 12. PMID: 38864879; PMCID: PMC11190013.
[2]   Persönliche Abfrage bei der Bundesärztekammer sowie Blum M. Ärztestatistik 2022 Warten auf die Wende. Dtsch Ärztebl. 2023;120:A848–B724.
[3]   Vallböhmer D. „Nehmen wir jetzt jeden?“. Eine Umfrage in Deutschen chirurgischen Kliniken. Passion Chir. 2018;8:04–02.
[4]   Schneider KN, Masthoff M, Gosheger G, et al. Generation Y in der Chirurgie – der Konkurrenzkampf um Talente in Zeiten des Nachwuchsmangels. Chirurg. 2020;91:955–961. doi: 10.1007/s00104-020-01138-2.
[5]   Louis M, Gibson B, Krause M. Impact of Surgical Residency Integration on Trauma and Acute Care Surgery Outcomes: A Retrospective Analysis. J Surg Educ. 2024 Sep;81(9):1293-1296. doi: 10.1016/j.jsurg.2024.06.009. Epub 2024 Jul 2. PMID: 38955660.
[6]   https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/BAEK/Themen/AEPSBAEK/Praesentation_DAET_aktualisiert_28082024.pdf; letzter Zugriff 24.01.2025
[7]   https://www.bundesaerztekammer.de/themen/aerzte/aeps-baek; letzter Zugriff 01.09.2025#
[8]   https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32005L0036; letzter Zugrif. 01.09.2025
[9]   https://www.opids.de/fileadmin/OPidS/Dokumente/Fächerübergreifender_Konsens_in_der_Chirurgie_operative_Tätigkeiten_in_Schwangerschaft_und_Stillzeit.pdf, letzter Zugriff 01.09.2025
[10] Richardt D, Niethard M, Kreuder A. Operative Tätigkeiten in der Schwangerschaft und Stillzeit, Passion Chirurgie 03/2025, https://www.bdc.de/karriere-operative-taetigkeiten-in-der-schwangerschaft-und-stillzeit/, letzter Zugriff 01.09.2025
[11] Vogel C, Bertsch V, Rollmann MF, Herath SC, Histing T, Braun BJ. Digitalisierung in der chirurgischen Weiterbildung : Status quo, Chancen und Herausforderungen [Digitalization in surgical training : Status quo, opportunities and challenges]. Chirurgie (Heidelb). 2025 Jun;96(6):482-491. German. doi: 10.1007/s00104-025-02285-0. Epub 2025 May 5. PMID: 40323369; PMCID: PMC12098399.
[12] Brunner S, Kröplin J, Meyer HJ, Schmitz-Rixen T, Fritz T. Einsatz chirurgischer Simulatoren in der Weiterbildung – eine deutschlandweite Analyse [Use of surgical simulators in further education-A nationwide analysis in Germany]. Chirurg. 2021 Nov;92(11):1040-1049. German. doi: 10.1007/s00104-020-01332-2. Epub 2021 Jan 5. PMID: 33399900; PMCID: PMC8536651.

Richardt D, Burgdorf F: Weiterbildung weitergedacht. Passion Chirurgie. 2025 Oktober; 15(10): Artikel 03_03.

Safety Clip: Gewaltprävention in Notaufnahmen

Ob Belästigungen am Arbeitsplatz, sexuelle Übergriffe im Freibad, Hassparolen in sozialen Medien oder Gewalt unter Jugendlichen in Schulen – es vergeht kaum ein Tag ohne entsprechende Berichterstattungen. Allgemeiner Tenor ist, dass Menschen im gesellschaftlichen Miteinander zunehmend aggressiv reagieren und die Hemmschwelle für Gewalt gesunken ist.

Diese Entwicklung macht auch vor der Institution Krankenhaus nicht halt. In einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) gaben 73 Prozent der Krankenhäuser an, dass die Zahl der Übergriffe in ihren Häusern in den vergangenen fünf Jahren gestiegen ist [1].

Die Hälfte der Kliniken benennt in der Umfrage die Notaufnahme als einen besonders durch Gewalt belasteten Bereich. Die genannten Hauptursachen sind: zustandsbedingte Übergriffe durch zum Beispiel Alkohol oder Schmerz, der Verlust von Respekt gegenüber Krankenhauspersonal, krankheitsbedingtes Verhalten (wie Demenz oder psychische Erkrankungen) und lange Wartezeiten. In einer deutschlandweiten Befragung von Mitarbeitenden in deutschen Notaufnahmen zu Gewalterlebnissen gaben 97 Prozent der Befragten an, in den letzten 12 Monaten verbale Gewalt durch Patienten erlebt zu haben, 88 Prozent sogar körperliche Gewalt. In Bezug auf Negativerfahrungen mit Angehörigen berichteten 94 Prozent über verbale und rund 65 Prozent über körperliche Gewalt [2].

Die Problemstellung ist somit für Krankenhäuser nicht neu und vielerorts sind in den vergangenen Jahren erste Maßnahmen umgesetzt worden. Die Berufsgenossenschaft, Verbände und große Kliniken haben hierzu Handlungsempfehlungen veröffentlicht, die in Aufbau und Inhalt im Wesentlichen deckungsgleich sind (vgl. die weiterführende Literatur am Ende des Artikels). Ziel dieses Artikels ist, diese Empfehlungen noch einmal in komprimierter Form für die Rubrik „Safety Clip“ aufzubereiten und um eigene Aspekte zu ergänzen. Hierbei fokussiert sich der Beitrag auf Maßnahmen zur Gewaltprävention, die konkret und speziell für die Notaufnahme von Bedeutung sind, sowie auf Maßnahmen, die zentral für das Krankenhaus oder die Klinikgruppe auf übergeordneter Ebene getroffen werden sollten.

Strategische Planung und operative Führung

Im Zusammenhang mit der Fürsorgepflicht ist es Aufgabe der Krankenhausführung, für die Sicherheit der Mitarbeitenden und Patienten zu sorgen. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen geprüft und der Handlungsrahmen für die Prävention, Intervention und Nachsorge in Bezug auf Gewalt festgelegt werden.

Grundvoraussetzungen für eine Strategie, die wirkungsvoll und nachhaltig umgesetzt werden kann, ist das klare Bekenntnis zu einer Null-Toleranz gegenüber Gewalt und die Schaffung einer Kultur, in der Achtsamkeit und Sensibilität in Bezug auf Gewaltereignisse bestehen sowie ein offener Umgang möglich ist. Nur wenn von Gewalt betroffene Mitarbeitende ohne Schamgefühle über ihre Ängste und ihr Befinden berichten können, ist eine adäquate Unterstützung möglich. Diese Strategie muss nachfolgend operationalisiert und in einem Konzept verankert werden. Hierbei sollten folgende Aspekte berücksichtigt und auf interne Umsetzung geprüft werden:

  • Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen
    Diese sind nicht nur Pflicht (§ 5 ArbSchG), sondern auch ein geeignetes internes Instrument zur Identifikation von Gefahren an unterschiedlichen Arbeitsplätzen und bei spezifischen Tätigkeiten. Da die Gefährdungsbeurteilungen nach dem Deming-Kreis (PDCA-Zyklus) durchgeführt werden, kann hiermit auch die Umsetzung und Wirksamkeit von Maßnahmen geprüft werden.
  • Darstellung des rechtlichen Rahmens
    – Schutz der Mitarbeitenden (Notwehr § 32 StGB und Rechtfertigender Notstand § 34 StGB)
    – Bestrafung für Gewalt oder Gewaltandrohung gegen Hilfeleistende einer Notaufnahme (§ 115 StGB) Hinweis: Aktuell gibt es den Vorstoß durch Bundesgesundheitsministerin Nina Warken für eine härtere Strafbemessung bei Gewalt gegen Klinikpersonal [3]. Die DKG fordert hierfür eine Gleichstellung mit Rettungskräften. [4]
  • Übertragung des Hausrechts auf Mitarbeitende
  • Stellen von Strafanzeigen nach Gewaltereignissen
  • Etablierung eines Meldesystems zur internen Erfassung von Vorfällen
  • Erstellung von Notfallplänen, in denen die Abläufe bei Eskalation vorgeplant sind. Hierbei ist zu beachten, dass keine Parallelstrukturen aufgebaut werden (Alarm- und Einsatzplan und/oder „Krisenhandbuch“).
  • Entwicklung eines Betreuungs- und Nachsorgekonzepts für Opfer von Gewalt mit vorgeplanten Nachsorgeangeboten und externen Unterstützungsmöglichkeiten
    – Krisenintervention durch psychologische Unterstützung (kurzfristig, kurzzeitig)
    – Begleitung bei posttraumatischen Belastungen (längerfristig)
    – Teamsupervision
    – Bezugnahme auf Betriebliches Eingliederungsmanagement
  • Berücksichtigung der Anforderungen, Leistungen und Angebote der Berufsgenossenschaft (Verbandbuch, D-Arzt-Verfahren, Meldung Arbeitsunfälle, Rehabilitation/Wiedereingliederung)

Organisatorische Präventionsmaßnahmen

Eine suffiziente Patientenversorgung mit erträglichen Wartezeiten, eine respektvolle Behandlung mit verständlicher und direkter Kommunikation sowie eine gute Organisation und Betreuung tragen maßgeblich zur Zufriedenheit der Patienten bei. Um diesen Erwartungen gerecht werden zu können, braucht es einen bedarfsorientierten Personaleinsatz.

Auslöser für ein aggressives Verhalten seitens des Patienten kann Unzufriedenheit mit der Behandlung sein. Bei dem allgemeinen Personalmangel und bestehenden Liquiditätsengpässen darf dies nicht vergessen werden.

Eine Pflegeperson allein in der Notaufnahme, wie es im Nachtdienst kleinerer Krankenhäuser vorkommt, ist in Hinblick auf den Umgang mit herausfordernden Patienten besonders bedenklich, da keine unmittelbare Unterstützung durch das Team möglich ist und der Mitarbeitende sich nicht ohne weiteres aus der Situation herausziehen kann. Die Möglichkeit einer niederschwelligen Unterstützung einer weiteren Person ist hier besonders wichtig, im Szenario des Nachtdiensts im kleinen Krankenhaus jedoch per se organisatorisch herausfordernd.

Bei der Dienstplanung sollte darauf geachtet werden, dass mindestens jeder Dienst mit einem gut geschulten und hinsichtlich Gewaltprävention erfahrenen Mitarbeitenden besetzt ist.

Eine entsprechende Frequentierung der Notaufnahme vorausgesetzt, kann der Einsatz eines Sicherheitsdiensts geprüft werden. Hierbei ist auf gut geschultes Personal mit zurückhaltendem und deeskalierendem Auftreten zu achten. Damit im Ernstfall auch ohne lange Erklärungen die Unterstützung der Polizei angefordert werden kann, sollten klare Absprachen getroffen und ggf. auch eine Regelkommunikation vereinbart werden. Auch in somatisch ausgerichteten Notaufnahmen kommt eine Erstbehandlung von psychiatrischen Patienten durchaus vor. Unabhängig vom Versorgungsspektrum des Krankenhauses sollten in jeder Notaufnahme Grundkenntnisse zu den häufigsten psychiatrischen Krankheitsbildern vorhanden sein. Die (abgelaufene, aber in Überarbeitung befindliche) S2k-Leitlinie Notfallpsychiatrie gibt einen guten Überblick zu Symptomen und Therapie. [5]

Bauliche und technische Präventionsmaßnahmen

Neben den allgemeinen Empfehlungen zur Gestaltung von Krankenhäusern, die für eine ruhige und angenehme Atmosphäre sorgen sollen (Tageslicht, Beleuchtung, lärmreduzierende Materialien) und den Zugang vereinfachen (Beschilderung, Barrierefreiheit), sind in der Notaufnahme eine Reihe weiterer baulich-räumlicher und technischer Aspekte von Bedeutung.

Viele Notaufnahmen sind regelmäßig durch Overcrowding (Überfüllung) und Exit Block (Abflussblockade) belastet. Beide Phänomene können im Normalfall nicht durch die Notaufnahme beeinflusst werden. Ein Hebel kann jedoch eine bessere Steuerung der Patientenströme innerhalb der Notaufnahme sein. Weniger Patienten geballt auf einem Fleck führen zu mehr Übersicht und einem ruhigeren Umfeld. Empfehlungen sind:

  • Getrennte Wartebereiche für liegende und sitzende Patienten
  • Auslagerung von ambulanten Patientenversorgungen (Nachsorgeambulanz, Zweitmeinungsverfahren)
  • Auslagerung von Patienten, die fertig behandelt sind (und noch auf Entlassbrief oder Abholung warten), in einen separaten Wartebereich

Um den Überblick darüber zu behalten, wer sich in welchem Bereich der Notaufnahme aufhält, ist es sinnvoll, den Zugang zu kontrollieren und steuern.

  • Für eine größtmögliche Flexibilität ist ein elektronisches Zutrittskontrollsystem sinnvoll. Hiermit lassen sich der Zutritt tageszeitabhängig steuern, auf berechtigte Personen beschränken und/oder Türen bei Bedarf öffnen (mit Gegensprechanlage), was insbesondere bei Nebeneingängen sinnvoll ist (zum Beispiel Infektionseingang).
  • Die Anzahl an Zugängen „von vorne“ und „nach hinten“ sollte sich an dem Weg des Patienten orientieren und möglichst gering gehalten werden.
  • Hierbei kann auch der Aspekt des unkontrollierten Zugangs aus der Notaufnahme in das Krankenhaus hinein berücksichtigt werden.

Die Empfehlung eines „kontrollierten Zugangs“ bezieht sich aber nicht nur auf die Notaufnahme insgesamt, sondern auch auf die Räumlichkeiten innerhalb des Bereichs. Anmeldebereich, Dienstzimmer und andere Räume, die nicht der Patientenversorgung dienen, sollten nicht nur optisch getrennt, sondern für Dritte nicht zugänglich sein. Mindestens ein zentral gelegener Raum sollte zudem als gesicherter Schutz- und Zufluchtsraum deklariert und ausgestattet sein: ein Raum mit stabiler Tür inkl. Türspion und der Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen.

Für die Hinzuziehung von Hilfe bestehen unterschiedliche technische Möglichkeiten, die auch abhängig von der Ausstattung des Krankenhauses sind. Grundsätzlich gilt, je näher „am Mann“ und je niederschwelliger ein Alarm abgegeben werden kann, desto besser. Empfehlungen sind:

  • mobile Telefone mit integriertem Personenalarm
  • separate Notfallknöpfe als Wandschalter
  • direkte Alarmschaltung zur Polizei
  • Patientenrufanlage („Schwesternruf“)
  • Gruppenruf über die Telefonanlage
  • Telefonat

In vielen Krankenhäusern sind mittlerweile Videokameras installiert, um Zugänge, Flure und Wartebereiche besser im Blick zu haben. Vor dem Einsatz einer Videokamera muss festgelegt werden, welches Ziel hiermit verfolgt wird, nicht zuletzt aufgrund der DSGVO in Hinblick auf die Datenerfassung immer das mildeste Mittel zu wählen. Für einen Nebeneingang, der nur auf Klingeln geöffnet wird, dürfte eine Videoüberwachung reichen.

Vor der Installation muss der Einsatz hierbei aus zwei Perspektiven geprüft werden:

  • Reicht eine Videoüberwachung (im Sinne einer Bildübertragung) aus oder bedarf es einer Videoaufzeichnung? Die DSGVO fordert in Hinblick auf die Datenerfassung immer das mildeste Mittel zu wählen (Verhältnismäßigkeit). In vielen Fällen (zum Beispiel Nebentür, an der geklingelt werden muss) reicht eine einfache Bildübertragung aus.
  • Ist die Kamera nur für den Bedarfsfall installiert (Beispiel Nebentür) oder ersetzt sie die Augen des Personals? Eine Kamera im Wartebereich ist nur zielführend, wenn jemand am Monitor sitzt und regelmäßig das Bild prüft. Andernfalls entsteht eine Scheinsicherheit.

Personenbezogene Präventionsmaßnahmen

Ein inzwischen verbreitetes Instrument zur Qualifikation und Stärkung der Mitarbeitenden stellen Deeskalationstrainings dar. Unter dem Begriff sind eine Vielzahl unterschiedlicher Formate und Inhalte am Markt verfügbar, die sowohl von externen Anbietern als auch von Landesärztekammern oder der Berufsgenossenschaft angeboten werden, auch zur Ausbildung interner Trainer. Zumeist sind die Trainings modular und zielgruppenorientiert aufgebaut und beinhalten Kommunikations- und Deeskalationstechniken, Körpersprache und theoretische Anteile wie zum Beispiel rechtliche Grundlagen. In weiterführenden Modulen wird häufig auch der Körpereinsatz trainiert, also das Abwehren, Lösen oder Halten von Patienten. Für eine hohe Durchdringung der Trainings im interprofessionellen Team sollten diese zudem als verpflichtend deklariert werden.

Bereits bei der Konzeption der Deeskalationstrainings ist zu berücksichtigen, dass die Ausbildungsinhalte regelmäßig wiederholt und eingeübt werden müssen, damit diese im Bedarfsfall abrufbar und routiniert angewendet werden können. Dies betrifft sowohl Simulationen mit Fokus auf die verbale Deeskalation als auch praktische Übungen zu den körperlichen Techniken und ggf. erlernten Eingriffstechniken.

Weitere Angebote zur Resilienzförderung (zum Beispiel emotionale Abgrenzung, Umgang mit Stress) runden die Deeskalationstrainings sinnvoll ab. Bei kontinuierlicher und fortwährender Belastung des Teams sind darüber hinaus Team-Supervisionen hilfreich.

Patientenperspektive und Fazit

Die hier vorgestellten Präventionsmaßnahmen sind als Maßnahmenbündel zu verstehen, das alle relevanten Perspektiven berücksichtigt. Sie zielen jedoch auf unterschiedliche Phasen der Konflikteskalation ab. Ein Wartebereich in sanften Blautönen kann in einer frühen Phase der Erregung beruhigend auf den Patienten wirken. Wenn ein Patient motorisch unruhig ist und lautstark Drohungen ausstößt, wird die Farbgebung allein wahrscheinlich nicht mehr für eine Entspannung der Situation sorgen können. Andersherum ist es nicht zielführend, Gewaltprävention erst ab den Themen „Sicherheitsdienst“ und „Schutzraum“ zu denken und andere Maßnahmen außen vor zu lassen.

Gewaltsituationen entstehen oft durch das Zusammenwirken unterschiedlicher sozialer und individueller Faktoren. Substanzmissbrauch und psychische Erkrankungen sind zwei individuelle Faktoren, die bereits in der Einleitung dieses Artikels als Ursache für Übergriffe genannt wurden. Wenn aufgrund formaler und inhaltlicher Denkstörungen kein geordnetes Gespräch mit dem Patienten möglich ist, ist auch eine verbale Deeskalation schwierig bis unmöglich.

Mehrheitlich ist glücklicherweise ein Gespräch mit den Patienten möglich. Aber auch hier gibt es typische Umstände, die als Auslöser zu einer Eskalation beitragen können. Es macht daher Sinn, sich noch einmal die Situation der Patienten zu vergegenwärtigen, die in der Notaufnahme vorstellig werden: Patienten kommen kurzfristig in die Notaufnahme, ohne sich auf die Situation einstellen zu können, sie kommen nach einem anstrengenden Tag oder mitten in der Nacht. Sie sind vielleicht plötzlich bewegungseingeschränkt oder haben starke Schmerzen, fühlen sich unwohl in der Krankenhausumgebung und ein Stück weit hilflos ausgeliefert. Sie kommen mit Sorge um ihre Gesundheit oder gar ihr Leben.

Bei all den vorgestellten Maßnahmen darf somit eine Perspektive nicht außer Acht gelassen werden: die der Patienten und Begleitpersonen. Die Räumlichkeiten und Abläufe sollten daher immer auch aus diesem Blickwinkel betrachtet werden.

  • Können sich Patienten gut in den Räumlichkeiten zurechtfinden?
  • Sind unsere Informationen und Erläuterungen für Laien verständlich?
  • Haben wir die unterschiedlich langen Wartezeiten durch die Triage-Farben gut erklärt?
  • Können sich wartende Angehörige ausreichend beschäftigen und ablenken?

Literatur

[1]   Deutsche Krankenhausgesellschaft (2024). Krankenhaus-Personal deutlich stärker von Gewalt betroffen. DKG zu Übergriffen auf Klinik-Beschäftigte (Pressemitteilung). https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/krankenhaus-personal-deutlich-staerker-von-gewalt-betroffen/ (abgerufen am 16.07.2025).
[2]   Schablon A, Kersten JF, Nienhaus A et al (2022). Risk of burnout among emergency department staff as a result of violence and aggression from patients and their relatives. https://doi.org/10.3390/ijerph19094945
[3]   Geinitz, C (2025). „Diejenigen anzugreifen, die anderen helfen, ist absolut inakzeptabel“. Nina Warken. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.07.2025. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/nina-warken-diejenigen-anzugreifen-die-anderen-helfen-ist-absolut-inakzeptabel-110588435.html (abgerufen am 16.07.2025)
[4]   Deutsche Krankenhausgesellschaft (2025). Strafverschärfungen wären wichtiges Signal an die Betroffenen. DKG zum Vorstoß, Gewalt im Krankenhaus härter zu bestrafen (Pressemitteilung). https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/strafverschaerfungen-waeren-wichtiges-signal-an-die-betroffenen/ (abgerufen am 16.07.2025).
[5]   Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (2019). S2k-Leitlinie Notfallpsychiatrie, Version 1.0, 13.04.2019. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/038-023 (abgerufen am 16.07.2025).

Quellen & weiterführende Literatur

Michael Schrewe

Senior Berater

GRB Gesellschaft für Risiko-Beratung mbH

Ecclesiastraße 1 – 4

32758 Detmold

michael.schrewe@grb.de

Schrewe M: Safety Clip: Gewaltprävention in Notaufnahmen. Passion Chirurgie. 2025 Oktober; 15(10): Artikel 04_02.

Berufspolitik aktuell: Entscheidungen stehen an

Nach der selbst im Vergleich mit den Schulferien relativ ausgedehnten parlamentarischen Sommerpause beginnt der Politikbetrieb in Berlin langsam wieder Fahrt aufzunehmen. Abgesehen von eher inhaltsleere Sommerinterviews des Spitzenpersonal gab es aber doch eine Aussage des Bundeskanzlers, die umgehend Kontroversen ausgelöst hat. Es sagte, dass unser Sozialsystem in der bisherigen Form nicht mehr finanzierbar sei, was prompt von der Sozialministerin als „Bullshit“ zurückgewiesen wurde. Zwei Dinge sind daran bemerkenswert: zum einen wirft es ein grelles Schlaglicht auf die interne Kommunikation in der Koalition, zum anderen ging es nur noch um das Rentensystem und das Bürgergeld. Beides ist zwar unbestritten ein Problemfall, aber keineswegs die einzige Säule unserer sozialen Absicherungen. Die Finanzierungsnot der gesetzlichen Krankenversicherung steht mindestens gleichwertig im Fokus von notwendigen Sparmaßnahmen. Wenn sich die Politik beim Bürger schon mit möglichen Veränderungen des Rentensystems extrem unbeliebt macht, so scheut sie nach wie vor eine offene Debatte um mögliche Einschnitte in der Krankenversicherung, wissend, dass sie damit auch den letzten Rest an Wählerzustimmung verlieren könnte.

Umso bemerkenswerter ist da ein Vorstoß des parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesgesundheitsministerium Tino Sorge. Er hat dieser Tage eine Aufteilung der Krankenversicherung in eine Art reduzierter Basisversorgung mit optionalen Zusatzpaketen ins Spiel gebracht. Das ist im Übrigen eine uralte Forderung der Ärzteschaft und wurde entsprechend medial begrüßt. Allerdings hat es nicht lange gedauert, bis die Ministerin ihren Staatssekretär zurückgepfiffen hat. Auch nicht gerade ein Muster vorbildlicher interner Kommunikation. Dafür hat sie den Giftschrank geöffnet und mögliche Einschränkungen des nahezu unendlichen Leistungsangebots zu Lasten der GKV ins Spiel gebracht. Es wird sich zeigen, welche Dynamik diese Diskussion entwickelt und was am Ende dabei herauskommt. Klar ist, dass die gesetzlichen Krankenkassen dringenden Reformbedarf haben, wenn nicht die Beiträge für die Versicherten ins Unermessliche steigen sollen. Letztlich bleibt nur eine Anpassung auf der Ausgabenseite, denn die Einnahmeseite wird angesichts einer schwächelnden Konjunktur und weiter besorgniserregenden Wirtschaftsdaten kaum ausreichen.

Bekanntlich sind wir Ärzte diejenigen, die Ausgaben produzieren, sowohl in den Kliniken wie im ambulanten Bereich. Die gerade laufenden Honorarverhandlungen für die Vertragsärzte zeigen schon mal, wie eng die Spielräume sind. Und im Krankenhausbereich wird alles darauf hinauslaufen, dass Kliniken oder einzelne Abteilungen geschlossen werden. Wo die Türen zu sind, wird auch kein Geld mehr ausgegeben.

Die vorgesehene Veränderung der Krankenhausreform ist zwar auf Druck der SPD im letzten Moment von der Tagesordnung des Kabinetts genommen worden, aber diese Veränderung sollte die bereits von der Vorgängerregierung unter Federführung von Herrn Lauterbach eher abschwächen und in der Umsetzung prolongieren (Krankenhaus-„Verwässerungsgesetz“). Aktuell gilt das beschlossene alte Gesetz und das wird eindeutig zu Standortschließungen führen, so wie es in NRW schon praktiziert wird. Auch mit dem neuen Gesetz wird sich an der Zielrichtung nichts ändern. Für unsere chirurgische Kollegenschaft bedeutet das den Wegfall zahlreicher Chefarztpositionen. Fachärzte werden sich nach anderen Häusern umsehen müssen, werden dort aber auch zur Erfüllung der personellen Mindestmengen zum Erhalt sogenannter Leistungsgruppen gebraucht. Assistenzkräfte sind sowieso Mangelware und müssen nur noch den Wechsel Ihres Wohnorts in Kauf nehmen.

Man darf davon ausgehen, dass es einen Herbst der Entscheidungen und Weichenstellungen geben wird. Das betrifft auch das Gesundheitssystem, wenn denn die Entscheidungsträger sich nicht im parteipolitischen Gezänk verzetteln oder individuelle Profilneurosen bedienen.

Rüggeberg JA: Entscheidungen stehen an. Passion Chirurgie. 2025 Oktober; 15(10): Artikel 05_02.