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Gutachterseminar: Begutachtung im Behandlungsfehlerprozess 04.05.2024 Berlin

Jede:r Chirurg:in kann von einem Gericht aufgefordert werden, ein Gutachten über einen vermuteten Behandlungsfehler zu erstellen. Erfahrene Gutachter:innen werden von den Gerichten stets gesucht. Dieses eintägige Seminar soll helfen, den Anforderungen der Gutachtenerstellung besser gewachsen zu sein. Neben praktischen und chirurgischen Hinweisen und Tipps, werden in diesem Seminar besonders auch die juristischen Aspekte von einer Vorsitzenden Richterin aus Hamburg und einem Strafverteidiger aus Berlin anhand von realen Gutachtenfällen und ihren Urteilen ausführlich dargelegt und anschließend diskutiert. Auch das Patientenrechtegesetz wird besprochen.

Das Programm und die Anmeldung stehen auf den Seiten der BDC|Akademie bereit.

Mitglieder des BDC erhalten deutlich vergünstigte Teilnahmegebühren.

Weitere Gutachter-Seminare der BDC|Akademie finden Sie hier: Veranstaltungen

 

Facharztseminar O&U am 22.-26.04.2024 Hamburg

Beste Vorbereitung auf die Facharztprüfung: Das BDC-Facharztseminar für Orthopädie/Unfallchirurgie dient zur Vorbereitung auf die Facharztprüfung und als Update für Fachärztinnen und Fachärzte. Vom Polytrauma über State of the Art bei Hallux valgus Korrekturen, Sportverletzungen, Rheuma und Skoliose bis hin zu kindlichen Wachstumsstörungen – Referent:innen aus ganz Deutschland machen Sie in fünf Tagen fit für Ihre Prüfung und bringen Sie auf den neuesten Stand der Behandlungsstrategien und Techniken der Orthopädie/Unfallchirurgie. Fachärztinnen.

Das Programm und die Anmeldung stehen auf den Seiten der BDC|Akademie bereit.

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BDC-Praxistest: Geschlechtsspezifische Medizin – Ein aufstrebendes Querschnittsfach aller chirurgischen Disziplinen

Vorwort
Das Geschlecht macht den Unterschied – Gendermedizin

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Genderfragen überschwemmen aktuell den öffentlichen Diskurs. Das mag nicht jedem passen – über Binnen-I, Gendergaps und -stars kann man ja auch trefflich streiten. Fragen der Grammatik sind der volatilen Sprachentwicklung unterworfen und entscheiden sich deshalb in allen Gesellschaften oder Gruppen am Ende normativ: eine Mehrheit entscheidet.

Aber manche geschlechtsspezifischen Unterschiede unterliegen keiner Meinung, Empfindung oder politischen Überzeugung, denn sie sind faktisch und damit kaum verhandelbar. Die Gendermedizin bietet solche Abweichungen.

Frauen und Männer bieten je nach Krankheit abweichende Symptome, und müssen anders behandelt werden. Dafür gibt es viele Hinweise. Die Lebenserwartung der Geschlechter weicht stark ab. Prävention ist weiblich dominiert. Männer besitzen ein geringeres Risiko für bestimmte Sportverletzungen. Frauen erkranken seltener an Krebs, und haben dann eine bessere Prognose. Männer besitzen das schwächere Immunsystem. Frauen klagen dagegen öfter über Allergien, Unverträglichkeiten, medikamentöse Nebenwirkungen und Autoimmunkrankheiten, vor der Menopause aber seltener an der koronaren Herzkrankheit. Und das soziale Rollenverständnis beeinflusst die Verhaltensmuster aller Beteiligten auch massiv.

Wir wissen das alles. Und doch wird das Thema vielfach noch ignoriert. Dabei müssen alle medizinischen Erkenntnisse auf ihre geschlechtsspezifische Gültigkeit geprüft werden. Das beginnt bei den Beschwerden und der Beratung in der Prävention und reicht über die Diagnostik bis zur Steuerung körperlicher Belastungen oder Medikationen. Wer das ignoriert, handelt unwissenschaftlich.

Und zum Schluss: Gendermedizin handelt nicht von Frauen, sondern von Geschlechtsunterschieden. Es ist eine geschlechtsspezifische Medizin und das geht alle an.

Anregende Lektüre wünschen

Prof. Dr. med. C. J. Krones und

Prof. Dr. med. D. Vallböhmer

Auf dem Geschlecht basierende Abweichungen in der Epidemiologie von Erkrankungen, ihrer klinischen Manifestation und der Prognose sind ein bisher unterschätzter, aber relevanter Einflussfaktor in der Medizin. Die Grundlage bilden biologische und soziokulturelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen, welche die Diagnostik und Therapie wesentlich beeinflussen. Die Geschlechtsspezifische Medizin oder kurz „Gendermedizin“ ist das Querschnittsfach der Medizin, das diesen geschlechtsbasierten Dimorphismus von Erkrankungen berücksichtigt. [1]

Der Wissenschaftsrat beschreibt in einer Stellungnahme im Juli 2023 die Geschlechterforschung als ein „zukunftsträchtiges Forschungsfeld“, bemängelte aber gleichzeitig den im internationalen Vergleich bestehenden Nachholbedarf in der Medizin in Deutschland. Er spricht sich für eine stärkere Integration von Geschlechterperspektiven in Forschung und Lehre aus. [2]

Geschlechtsspezifische Medizin in Forschung und Lehre

Die Lehre von geschlechtsspezifischen Inhalten ist in Deutschland bisher nur unzureichend in die medizinische Ausbildung integriert. Eine Umfrage durch den Deutschen Ärztinnenbund (DÄB) in Deutschland im Jahr 2020 und aller medizinischen Fakultäten zeigte, dass die Mehrheit der medizinischen Fakultäten den Wissenstransfer unzureichend sicherstellt. Nur etwa 70 % der deutschen medizinischen Fakultäten machen die Studierenden gelegentlich auf geschlechterspezifische Unterschiede bei Symptomen, Krankheiten und Therapien aufmerksam. [3] Nach internationalen Standards [4, 5] zeigt lediglich die Charité in Berlin eine ausreichende Integration der Gendermedizin in die medizinische Ausbildung. [6]

In der aktuellen Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit zur Neuregelung der ärztlichen Ausbildung steht: „Um Geschlechterwissen und Geschlechter­sensibilität im Medizinstudium zu stärken, wird das Fach Gendermedizin hinzugefügt.“ [7] Die konkreten Lernziele dazu sind im neuen ‚Nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin‘ (NKLM 2.0, Beispiel Tab. 1) festgeschrieben. [8] Bisher gibt es 88 Lernziele zur geschlechtersensiblen Medizin mit Diversitätsaspekten. Weitere geschlechtersensible Lernziele müssen sicherlich ergänzt werden. [9]

Tab. 1: Beispiele für geschlechtersensible Lernziele im NKLM 2,0

ID

Erkrankung

Eingrenzung durch Präzisierung und kompetenzbasierte Querverbindungen

Empfohlene Fächer

VI. Erkrankungen

VI.01-01.7.1

Stabile koronare Herzerkrankung

VII4. Notfallmaßnahmen: eine fokussierte Anamnese bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten Situations-, alters- und geschlechtergerecht durchführen Phase 1-P

Allgemeinmedizin, Chirurgie, Innere Medizin, Bildgebende Verfahren,

VI.01-01.7.1

Stabile koronare Herzerkrankung

VIII.4 Gesundheitsberatung,-förderung, Prävention und Rehabilitation: Grundlage gesunder Ernährung unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund… Phase 2

Allgemeinmedizin, Chirurgie, Innere Medizin, Bildgebende Verfahren,

VI.01-01.7.2

Akutes Koronarsyndrom

VII4. Notfallmaßnahmen: eine fokussierte Anamnese bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten Situations-, alters- und geschlechtergerecht durchführen Phase 1-P

Allgemeinmedizin, Anästhesiologie, Chirurgie, Innere Medizin, klinische Chemie, Pathologie, Rechtsmedizin, Notfallmedizin, Bildgebende Verfahren,

VI.01-01.8.3

Arteriosklerose

VIII.4 Gesundheitsberatung,-förderung, Prävention und Rehabilitation: Grundlage gesunder Ernährung unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund… Phase 2

Biochemie/Molekularbiologie, Allgemeinmedizin, Chirurgie, Innere Medizin, Pathologie

VI.02-01.06.14

Femurfrakturen

VII4. Notfallmaßnahmen: eine fokussierte Anamnese bei kritisch kranken Patientinnen und Patienten Situations-, alters- und geschlechtergerecht durchführen Phase 1-P

Chirurgie, Orthopädie, Rechtsmedizin, Medizin des Alterns und des alten Menschen

VI.02-01.06.14

Femurfrakturen

VIII.4 Gesundheitsberatung,-förderung, Prävention und Rehabilitation: geeignete Maßnahmen in verschiedenen Settings in der Gesundheitsförderung und Prävention erläutern und geschlechts- und altersspezifische Aspekte berücksichtigen (Phase 1 -P)

Chirurgie, Orthopädie, Rechtsmedizin, Medizin des Alterns und des alten Menschen

Vi.02-01.6.20

Akute Funktionsstörung der Wirbelsäule

VII1a. Prinzipien normaler Struktur und Funktion: die Wirkung von Erwartungseffekten und weiteren psychischen, geschlechtsspezifischen…
Faktoren auf Nozizeption und Schmerz erklären

Chirurgie, Orthopädie, Neurochirurgie, Allgemeinmedizin, Notfallmedizin

VI.02-01.9.1

Osteoporose

VII1a. im klinischen Kontext vertiefend die Wirkung von Erwartungseffekten und weiteren psychischen, geschlechtsspezifischen… erklären

Biochemie/Molekularbiologie, Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Orthopädie, Pathologie, Medizin des Alterns und des alten Menschen, Schmerzmedizin

VI.03-01.1.1

Diabetes mellitus Typ 1

VIII.2. Ärztliche Gesprächsführung: psychische, somatische-, soziale-, alters- und geschlechterbezogene Aspekte einer Erkrankung während des Gesprächs simultan berücksichtigen (Phase 2)

Biochemie/Molekularbiologie, Kinderheilkunde, Innere Medizin, klinische Chemie, Infektiologie, Immunologie, Notfallmedizin

In den chirurgischen Fächern sind die geschlechtsspezifischen anatomischen Unterschiede in Verbindung mit relevanten Folgen für die operativen Eingriffe auf den ersten Blick selbstverständlich, aber wenig erforscht. Pathogenese, Diagnostik, Therapie und Prävention von Erkrankungen in der Chirurgie können sich geschlechtsspezifisch deutlich voneinander unterscheiden. Sexualhormone, die unterschiedlichen Genexpressionen auf den X- und Y-Chromosomen sowie die soziokulturellen Aspekte haben nachweislich Einfluss auf Krankheitsmuster und -schwere.

Die „Gender Awareness“ in der medizinischen Forschung gewinnt in den letzten Jahrzehnten langsam aber zunehmend an Aufmerksamkeit. [10] Hier zeigen Studien, dass nicht nur die Forschung zu geschlechtsspezifischen Aspekten bei Krankheitsentstehung, dem Verlauf und Behandlungsergebnissen eine wichtige Rolle für die Gesundheitsversorgung spielen, sondern auch, dass das geschlechtsspezifische Verhalten der Patient:innen und das des medizinischen Personals die Gesundheitsversorgung beeinflusst. [11, 12, 13]

Ein weiterer wichtiger Faktor, um das Bewusstsein dafür zu stärken, dass die Forschung mit einem geschlechter- und diversitätssensiblen Ansatz die Voraussetzung für eine exzellente medizinische Versorgung ist, scheint auch die Beseitigung geschlechtsspezifischer Zugangsbarrieren zur medizinischen Forschung, Lehre, klinischen Praxis und Gesundheitsversorgung zu sein.

Geschlechtsspezifische Medizin in der Orthopädie und Unfallchirurgie

Die Relevanz geschlechtsspezifischer Unterschiede muskuloskelettaler Erkrankungen hinsichtlich einer modernen personalisierten Medizin wurde in der Fachwelt lange Zeit ignoriert. Die Folgen dieser Herangehensweise zeigen sich beispielhaft im Themenbereich der Osteoporose. Gern als „weibliches Problem“ verkannt, schuf das fehlende Bewusstsein im klinischen Alltag eine Versorgungslücke der männlichen Population. Männer erhalten im Vergleich zu Frauen signifikant seltener eine weiterführende Abklärung bei Vorliegen einer typischen Osteoporose-assoziierten Hüftfraktur und auch seltener die notwendige antiresorptive Therapie. [14] Dabei zeigen sie eine um zwei- bis dreimal höhere 1-Jahres-Mortalität. Auch eine höhere Morbidität, die den Verlust der Selbstständigkeit und den Umzug in eine Pflegeeinrichtung bedeuten kann, wird bei männlichen Patienten häufiger beobachtet. [15] Während bei Frauen ab dem 50. Lebensjahr und einem begleitenden Risikofaktor für das Auftreten einer Osteoporose – dies entspricht einem 10-Jahresfrakturrisiko von 20 % – die Einleitung weiterführender Diagnostik empfohlen wird, betrifft diese Empfehlung Männer erst ab dem 60. Lebensjahr. Als apparative Standdarddiagnostik zur Evaluierung der Knochendichte gilt für beide Geschlechter nach wie vor die DXA-Messung (Dual Energy X-Ray Absorptiometry). Sie misst im Bereich der LWS und des proximalen Femurs die Knochenflächedichte. Da Männer durchschnittlich größere Knochen mit einem entsprechend größeren Durchmesser besitzen, wird – bedingt durch die Aufnahmetechnik – bei Männern eine um 10-12 % höhere Knochenflächedichte gemessen. Die tatsächliche volumetrische Knochendichte ist bei Frauen und Männern jedoch gleich. Angegeben wird die Knochendichte als Standardabweichung des Knochendichtewerts im Vergleich zu einer Referenzpopulation. Diese umfasst für beide Geschlechter eine junge, gesunde 30-jährige Frau. Diese geschlechtsspezifischen Abweichungen lassen also relevante Ungenauigkeiten allein in der apparativen Diagnostik und Beurteilung im Rahmen der Osteoporoseabklärung vermuten. [16]

Die FIFA Frauen WM 2023 rückte ein weiteres, bereits seit zwei Jahrzehnten bekanntes geschlechtsspezifisches Thema der Sportorthopädie in den Fokus der Öffentlichkeit. Zahlreiche Spielerinnen erlitten während der Phase der Turniervorbereitung eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Epidemiologische Daten zeigen, dass Frauen dabei einem vier- bis achtfach höheren Risiko unterliegen. [17] In der Vergangenheit konzentrierten sich Studien zur Kreuzbandchirurgie jedoch verstärkt auf männliche Patienten oder vermieden eine dichotome Ergebnisdarstellung von Männern und Frauen, sodass nur wenig Evidenz über die Gründe der Geschlechtsdiskrepanz besteht. Ursächlich wird derzeit ein Zusammenspiel von modifizierbaren (Biomechanik, neuromuskuläre Kontrolle) und nichtmodifizierbaren Faktoren (Anatomie, Hormone, Genetik) angenommen, wobei Expertenkonsens darüber besteht, dass letztere einen größeren Einfluss zu haben scheinen. [18]

Frauen zeigen nach operativer Versorgung des rupturierten vorderen Kreuzbands auch schlechtere subjektive Ergebnisscores. [19] Die Wahl des Transplantats scheint hierauf keinen Einfluss zu haben. Stattdessen wird ein verstärkter Einsatz zusätzlicher extraartikulärer stabilisierender Eingriffe derzeit diskutiert. [20]

Geschlechtsspezifische Medizin in der Gefäßchirurgie

Wie machen sich nun die Unterschiede zwischen den Geschlechtern bemerkbar, wenn es um Gefäßerkrankungen geht? Die Studienlage zu dieser Fragestellung ist leider insgesamt noch immer ausgesprochen gering und Frauen sind bei randomisierten kontrollierten Studien zu Gefäßkrankheiten deutlich unterrepräsentiert. Und doch kennen wir auch heute schon einige geschlechtsspezifische Unterschiede in der arteriellen und venösen Gefäßmedizin, die bislang leider zu wenig Berücksichtigung im klinischen Alltag oder gar Eingang in vorhandene Leitlinien gefunden haben.

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) wurde bislang kaum unter dem Aspekt geschlechterspezifischer Besonderheiten betrachtet. Wenn man sich jedoch näher mit den frauenspezifischen Aspekten der arteriellen Durchblutungsstörung beschäftigt, findet man spannende und teilweise große Unterschiede, deren Ursachen oftmals nicht abschließend geklärt sind.

Frauen sind im Durchschnitt bei Diagnosestellung einer PAVK deutlich älter als die männlichen Patienten. Eine entscheidende Rolle bei diesen altersabhängigen Effekten spielt wohl die östrogene Vasoprotektion. Zumindest leiden Frauen in den Lebensjahren vor der Menopause deutlich seltener an PAVK-Erkrankungen als gleichaltrige Männer. Im Alter zwischen 50 und 70 Jahren überwiegt dann der Anteil an Frauen mit arterieller Hypertonie. Jenseits des 7. Lebensjahrzehnts erkranken Frauen und Männer schließlich etwa gleich häufig. [21, 22] Neben dieser abweichenden Altersverteilung wird für Frauen auch eine Unterdiagnostik der PAVK beschrieben. Dieser Mangel wird eventuell auch dadurch verursacht, dass die PAVK in frühen Stadien bei Frauen im Vergleich zu Männern häufiger asymptomatisch abläuft. Das führende Symptom bei Frauen ist meist nicht die klassische Wadenclaudicatio, sondern ein eher diffuser Beinschmerz, der dann primär nicht der PAVK zugeschrieben wird [23]. Bei Frauen wird die PAVK daher nicht selten erst im vorangeschrittenen Stadium diagnostiziert und behandelt [24]. Ein weiterer großer Unterschied besteht schon lange vor Ausbruch der Krankheit: Der Einfluss der bekannten Risikofaktoren auf die Entstehung der PAVK scheint bei Frauen größer zu sein als bei Männern. Die traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Hypertonie, Diabetes, Rauchen und hohe Cholesterinwerte wirken sich bei Männern und Frauen möglicherweise unterschiedlich aus. Die Inhaltsstoffe des Tabaks gefährden die Gefäße der Frauen mehr als die der Männer. Außerdem tun sich Frauen generell schwerer, mit dem Rauchen aufzuhören. Auch beim Risikofaktor Diabetes trifft es die Frauen härter: Bei zuckererkrankten Männern verdoppelt sich das Risiko für Gefäßveränderungen im Vergleich zu gesunden Männern. Bei erkrankten Frauen steigt das Risiko hingegen auf das Vier- bis Sechsfache an. Hoher Blutdruck und hohe Cholesterinwerte spielen für Frauen jenseits der Menopause eine deutlich größere Rolle für die Entstehung einer PAVK als bei gleichaltrigen Männern [25]. Gerade deshalb ist es so entscheidend, dass Frauen bezogen auf die bekannten Risikofaktoren durch die betreuenden Ärztinnen und Ärzte eine besondere Aufklärung und Versorgung erfahren. Aber leider scheint das genaue Gegenteil der Fall zu sein, denn offenbar ist die medizinische Versorgungssituation der Frauen deutlich schlechter als die der Männer: Die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2010 zeigten, dass mehr Männer als Frauen eine leitliniengerechte Verordnung von Cholesterinsenkern und Blutverdünnern erhielten [26]. Warum Frauen eine schlechtere Medikamentenversorgung als Männer erhielten, ist nicht abschließend geklärt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Versorgungsunterschiede zukünftig ausgeglichen werden.

Auch im Bereich der Phlebologie gilt es, bekannte geschlechterspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Venenerkrankungen sind ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem, das Menschen weltweit betrifft. Obwohl sie bei beiden Geschlechtern auftreten können, gibt es bestimmte Unterschiede zwischen Männern und Frauen in Bezug auf die Prävalenz, Symptome und Risikofaktoren von Venenerkrankungen. Die Bonner Venenstudie zeigte, dass Frauen häufiger von bestimmten Venenerkrankungen betroffen sind als Männer [29]. Eine der häufigsten Venenerkrankungen, die Frauen betrifft, ist die chronisch venöse Insuffizienz (CVI). Dies könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein, darunter hormonelle Veränderungen, Schwangerschaft und die Verwendung hormoneller Verhütungsmittel. Männer hingegen neigen eher zu Krampfadern, die aus einer genetischen Veranlagung, Berufsbelastungen und Fragen des Lebensstils resultieren. Die Symptome von Venenerkrankungen können ebenfalls geschlechtsspezifisch unterschiedlich ausfallen. Frauen berichten oft über Schwellungen, Schmerzen und einem Schweregefühl in den Beinen, besonders während der Schwangerschaft oder in Folge hormoneller Veränderungen. Männer neigen dazu, Krampfadern zu entwickeln, die als häufigstes Symptom schmerzhaft sein können. Obwohl der Anteil der Patient:innen mit einer Varikose signifikant höher ist, stellen sich Männer in der Regel mit einer schwereren Ausprägung der Erkrankung vor. Dabei könnten am ehesten psychologische und soziologische Faktoren eine Rolle spielen, die dazu führen, dass Männer die Varikose erst später bemerken oder unterschätzen.

Auch die Thrombose unterliegt geschlechtsspezifischen Besonderheiten. Frauen besitzen durch den Einfluss des Östrogens generell ein anderes Thromboserisiko als Männer. Das Risiko schwankt in den verschiedenen Lebensphasen mit dem Hormonspiegel, durch die Einnahme einer hormonellen Kontrazeption, während Schwangerschaft und Wochenbett und durch die Anwendung einer Hormonersatztherapie. Diese speziellen Risikosituationen müssen Berücksichtigung bei der Diagnosestellung bzw. bei der Verordnung der medikamentösen Therapien finden.

Herausforderungen und Chancen der Geschlechtsspezifischen Medizin

Zusammenfassend ist es unerlässlich, geschlechtsspezifische Unterschiede bei Erkrankungen zu verstehen, um die individuelle Gesundheitsversorgung zu optimieren. Aktuell werden die Abweichungen zwischen Frauen und Männern in Anatomie, Physiologie, Erkrankungsrisiken und Therapieverläufen jedoch noch deutlich unterschätzt. Eine geschlechtsangepasste Gesundheitsversorgung erfordert eine umfassendere Forschung, die Sensibilisierung der medizinischen Gemeinschaft und die Integration geschlechtsspezifischer Überlegungen in Prävention, Diagnose und Therapie. Indem wir geschlechtsspezifische Faktoren berücksichtigen, können wir die Gesundheit von Menschen effektiver schützen und verbessern.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].

Katsari E, Sänger R, Schick K: BDC-Praxistest: Geschlechtsspezifische Medizin – Ein aufstrebendes Querschnittsfach aller chirurgischen Disziplinen. Passion Chirurgie. 2024 März; 14(03/QI): Artikel 05_01.

Personalia im März 2024

Dr. med. Mark Banysch ist seit Januar 2024 Chefarzt der Viszeral- und Allgemeinchirurgie am St. Bernhard-Hospital Kamp-Lintfort, die er aus seiner Zeit als Oberarzt kennt. Im August 2022 wechselte er dann als Chefarzt nach Marl, wo er die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der KKRN GmbH Marien-Hospital leitete.

Dr. med. Christian Clausen ist neuer Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Asklepios Harzkliniken. Er wechselte im Januar 2024 von der Hamburger Asklepios Klinik Nord – Heidberg, wo er Chefarzt der Klinik für Unfall- und Orthopädische Chirurgie war.

Prof. Dr. med. Jan D‘Haese ist neuer Chefarzt der Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und endokrinen Chirurgie am Krankenhaus Agatharied in Hausham. Er war zuvor Oberarzt der Abteilung Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie am Klinikum der LMU München-Großhadern.

Dr. med. Oliver Haase hat im Oktober 2023 die Leitung der Allgemein- und Viszeralchirurgie der Caritas-Klinik Pankow Klinik Maria Heimsuchung in Berlin übernommen. Er war zuvor Oberarzt an der Charité Universitätsmedizin Berlin Campus Charité Mitte|Campus Virchow-Klinikum.

Dr. med. Florian Herrle, seit einem Jahr Chefarzt für Chirurgie an der RoMed Klinik Prien, ist seit Anfang des Jahres 2024 zusätzlich Chefarzt der Chirurgie der RoMed Klinik in Wasserburg.

Juri Kochno, Facharzt für Viszeralchirurgie mit Zusatzbezeichnung Proktologie und zuvor leitender Oberarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie des Franziskus-Hospitals in Bielefeld, ist seit Anfang des Jahres neuer Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Hümmling Krankenhaus in Sögel.

Dr. med. Ralf Königstein, zuletzt 17 Jahre lang Chefarzt der Chirurgie des Agaplesion Ev. Krankenhaus in Holzminden, ist neuer Chefarzt der Gefäßchirurgie am St. Ansgar Krankenhaus Höxter.

Prof. Dr. med. Kai Nowak, Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie in Rosenheim, leitet nun zusätzlich auch die Allgemein- und Viszeralchirurgie an der RoMed Klinik in Bad Aibling.

Prof. Dr. med. Stefan Schopf, Chefarzt der Abteilung für Allgemein-, Viszeral- und endokrine Chirurgie am Inn Klinikum Mühldorf und Spezialist für Adipositas und Schilddrüse etabliert das neue Adipositaszentrum am InnKlinikum Mühldorf.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Guido Schumacher, ehemals Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Städtischen Klinikum Braunschweig gGmbH, wechselte Anfang 2024 als Primar in die chirurgische Abteilung Brixen in Südtirol.

Prof. Dr. med. Andreas Seekamp, Direktor der gemeinsamen Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein am Campus Kiel, ist neu gewählter Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU).

Dr. med. Norman Zinne ist seit Januar 2024 neuer Chefarzt der Thoraxchirurgie der Regio Kliniken in Elmshorn. Er war zuvor 12 Jahre an der Medizinischen Hochschule Hannover tätig, zuletzt als Oberarzt der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie.

Personalia im Februar 2024

Tobias Gäbelein, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Facharzt für Allgemeinchirurgie, übernahm im Januar 2024 den Chefarztposten der Unfallchirurgie und Orthopädie der Asklepios Südpfalzklinik in Kandel.

Dr. med. Frank Greinke übernahm im Januar 2024 die chefärztliche Leitung der Allgemeinchirurgie am Klinikum Halle.

Prof. Dr. med. Assad Haneya übernahm im Dezember 2023 die Position des Chefarztes der Herz- und Thoraxchirurgie des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Trier. Er wechselte vom Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) am Campus Kiel, wo er stellvertretender Ärztlicher Direktor der Herz- und Gefäßchirurgie war.

PD Dr. med. Martina Kötting übernahm Anfang November 2023 die Position als Chefärztin der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Stadtkrankenhaus Hessenklinik in Korbach. Sie kam von der Paracelsus-Klinik in Bad Ems, die zum 30. Juni 2023 komplett geschlossen wurde.

Im Rahmen der Nachbesetzung wurde Prof. Dr.med. Andreas Krieg, HHU Düsseldorf, ab Januar 2024 zum Direktor der Universitätsklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Thoraxchirurgie und Proktologie, Kreiskliniken Herford Bünde AöR, Medizin Campus OWL der Ruhr-Universität Bochum, berufen (Nachfolge Prof. Dr. Günther Winde).

Prof. Dr. Dr. med. Helmut Laurer ist seit Dezember 2023 Chefarzt der Unfallchirurgie am Bergman Clinics Mathilden-Hospital in Büdingen.

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer, BDC-Präsident, wurde auf der BDC-Präsidiumssitzung im November 2023 eine Ehrenmedaille verliehen. Besondere Anerkennung gebührt Professor Meyer für seinen persönlichen Einsatz in der Verbesserung der Beziehungen zwischen dem BDC und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH). Daneben hat sich Prof. Meyer im Rahmen der gemeinsamen Weiterbildungskommission intensiv für die Belange der Weiterbildung des chirurgischen Nachwuchses eingesetzt. Geehrt wird auch sein Engagement für die Chirurgie in nationalen und internationalen Gremien wie der AWMF und der UEMS Section Surgery.

Dr. med. Thomas Neubauer ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, spezielle Unfallchirurgie, Handchirurgie und Sportmedizin und seit Januar neben Dr. med. Johannes Gusinde Chefarzt am Krankenhaus Freyung.

Prof. Dr. med. Michael Stumpf, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Helios Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden übernahm im Januar 2024 zusätzlich den Posten des ärztlichen Direktors der HSK.

Dr. med. Michael Vogt ist seit Januar 2023 neuer Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie der GFO Kliniken Troisdorf, Standort St. Josef-Hospital. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung Spezielle Unfallchirurgie und Spezielle Orthopädische Chirurgie, war leitender Arzt im Zentrum für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn.

Univ.-Prof. Dr. med. Florian Vondran hat im November 2023 die Nachfolge von Univ.-Prof. Dr. med. Ulf Neumann als Direktor und Lehrstuhlinhaber der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen angetreten. Der ausgewiesene Transplantationschirurg übernimmt die W3-Professur für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der RWTH Aachen. Zuletzt war Prof. Vondran als leitender Oberarzt und Wissenschaftler in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover tätig.

Facharztseminar Gefäßchirurgie am 26.-29.02.2024 in Berlin

Das Facharztseminar Gefäßchirurgie bringt das Spektrum der Gefäßchirurgie in sehr komprimierter Form auf den Punkt und vermittelt den aktuellen Wissensstand. Es dient zur umfassenden Vorbereitung auf die Facharztprüfung für Gefäßchirurgie sowie als Refresher-Kurs für Fachärzte und Fachärztinnen.

Das Programm und die Anmeldung stehen auf den Seiten der BDC|Akademie bereit.

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Besonderes Facharztseminar Allgemein-und Viszeralchirurgie 11.-15.03.2024

Zum letzten Mal wird Seminarleiter Prof. Dr. med. Thomas Steinmüller das BDC-Facharztseminar Allgemein-und Viszeralchirurgie leiten. Nutzen Sie diese Chance eine der Koryphäen auf dem Gebiet der Chirurgie zu erleben. Der BDC dankt ihm schon jetzt für seine herausragende Tätigkeit für die Chirurgie!

Das Seminar dient zur Vorbereitung auf die Facharztprüfung für Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie als Refresher-Kurs für Fachärzte und Fachärztinnen. Von Themen der Allgemeinen Unfallchirurgie über Polytrauma, Karzinome, endokrine Chirurgie und Proktologie bis hin zu Appendizitis, akuten Gefäßverschlüssen und Adipositaschirurgie – Referent:innen aus ganz Deutschland machen Sie fit für Ihre Prüfung und bringen Sie auf den neuesten Stand der Behandlungsstrategien und Techniken der Allgemein- und Viszeralchirurgie.

Das Programm und die Anmeldung stehen auf den Seiten der BDC|Akademie bereit.

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Bundeskongress Chirurgie 2024: Noch bis 16.02. vergünstigte Tickets erhalten

Der Bundeskongress Chirurgie findet unter dem Motto Weiter+Bildung vom 23. bis 24. Februar 2024 in Nürnberg statt.

BDC-Mitglieder erhalten wieder einen Mitgliederrabatt.

In Ihrem Vorwort schreiben Jan Henniger und Dr. Sinning:

Die medizinische Versorgung versinkt aktuell im Chaos! Kliniken und Praxen wissen nicht mehr, wie sie in Zukunft die Patientenversorgung sicherstellen sollen. Überall herrscht ein Mangel an ärztlichem wie medizinischem Fachpersonal, und die Politik ist richtungslos.

Die Rahmenbedingungen für eine hochwertige medizinische Versorgung ändern sich permanent. Investorengeführte MVZ übernehmen zunehmend die ambulanten Strukturen. In den Kliniken sollen integrierte Notfallzentren entstehen, die das ärztliche Personal binden, während parallel dazu eine Verlagerung von stationären Leistungen in den ambulanten Sektor seitens der aktuellen Gesundheitspolitik angestrebt wird.

Diese Ausgangslage hat weitreichende Folgen für das gesamte Gesundheitswesen. Sie sorgt für eine hohe Ressourcenverschwendung und stellt gerade uns Niedergelassene vor unglaubliche Herausforderungen. Als Fachärztinnen und Fachärzte kämpfen wir nicht nur mit einer unzureichenden Finanzierung in der ambulanten Medizin. Wir müssen uns auch den Fragen stellen: Wie decken wir zukünftig den – für diese Versorgung notwendigen – Bedarf an Haus- und Fachärztinnen/Fachärzten? Und gestalten wir die Weiterbildung familienfreundlicher, so dass niemanden benachteiligt wird? Und wie stellen wir sicher, dass diese Nachwuchskräfte tatsächlich die Probleme der Patienten in den Praxen lösen können?

Eins ist sicher: Die ärztliche Weiterbildung muss dort stattfinden, wo ärztliche Eingriffe besonders häufig und gut gemacht werden. Das bedeutet: sie kann nicht mehr ausschließlich im stationären Sektor erfolgen! Viele grundlegende Fertigkeiten werden dort nicht mehr gelehrt. Das für die professionelle Patientenversorgung nötige Wissen kann nur noch im ambulanten Bereich erworben werden. Wir sind bereit für diese Herausforderung!

Allerdings können die Praxen die Lücken in der Weiterbildung nicht allein schließen. Die aktuelle Situation erfordert dringend einen Dialog und eine gemeinsame Lösungsfindung zwischen Politik, Kliniken, ambulanten Praxen und Weiterbildungsverantwortlichen. Der Bundeskongress Chirurgie 2024 in Nürnberg bietet die ideale Plattform, um das Thema ärztliche WEITER+BILDUNG zu diskutieren und gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.

Buchungen können über die Kongress-Webseite vorgenommen werden: www.bundeskongress-chirurgie.de

Organspendezahlen in 2023 auf leichtem Erholungskurs

Deutsche Stiftung Organtransplantation verzeichnet 11 Prozent mehr Spender nach starkem Rückgang in 2022

Im vergangenen Jahr haben 965 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Dies sind 96 mehr als in 2022 und entspricht 11,4 Spendern pro Million Einwohner. Im Vergleich zu 2022 (869 Organspender; 10,3 Spender pro Million Einwohner) ist die Zahl der Spenderinnen und Spender damit um 11 Prozent gestiegen. Auch die Summe der in Deutschland postmortal entnommenen Organe, die über die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant nach festgelegten medizinischen Kriterien verteilt und schließlich hierzulande oder im Ausland transplantiert werden konnten, ist gestiegen: Sie erhöhte sich um 8,1 Prozent auf 2.877 Organe (2022: 2.662). Dazu zählten 1.488 Nieren, 766 Lebern, 303 Herzen, 266 Lungen, 52 Bauchspeicheldrüsen und 2 Därme. Die Zahl der organspendebezogenen Kontakte stieg ebenfalls: Dies sind die Fälle, in denen sich die Kliniken an die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) gewendet haben, um über eine mögliche Organspende zu sprechen. Diese Kontakte stiegen von 3.256 in 2022 auf 3.412 in 2023.

In den 45 hiesigen Transplantationszentren wurden im vergangenen Jahr insgesamt 2.985 Organe nach postmortaler Spende aus Deutschland und dem Eurotransplant-Verbund übertragen (2022: 2.795). Damit wurde bundesweit insgesamt 2.866 schwer kranken Patientinnen und Patienten durch ein oder mehrere Organe eine bessere Lebensqualität oder sogar ein Weiterleben geschenkt (2022: 2.695). Gleichzeitig stehen in Deutschland knapp 8.400 Menschen auf den Wartelisten für eine Transplantation.

Der Medizinische Vorstand der DSO, Dr. med. Axel Rahmel, kann auch weiterhin keine Entwarnung geben, was die Situation der Organspende in Deutschland betrifft: „Durch den enormen Einbruch der Spenderzahlen im Jahr 2022 bringt uns das Plus von 11 Prozent zumindest wieder zurück auf das Niveau, das wir in den Jahren zuvor halten konnten – und das ist angesichts der rund 8.400 schwer kranken Patientinnen und Patienten auf den Wartelisten deutlich zu niedrig. Wir haben nach wie vor einen erheblichen Mangel an Spenderorganen, sodass nicht allen Menschen, die auf ein Organ warten, geholfen werden kann, obwohl wir die medizinischen Möglichkeiten dazu haben. Die Transplantation stellt für die meisten von ihnen die beste und nicht selten auch die einzig verbleibende Behandlungsoption dar, um zu überleben.

Jedes einzelne Organ zählt und kann ein Leben retten. Wir dürfen die darauf angewiesenen Menschen nicht im Stich lassen, sondern wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, ihnen mit einem geeigneten Spenderorgan zu helfen.“

Diese Möglichkeiten umfassen laut Rahmel insbesondere auch neue technische Entwicklungen, die einzelne Prozesse im Organspendeablauf verbessern können. So unterstützt das automatisierte elektronische Screeningtool DETECT Krankenhäuser dabei, mögliche Organspenderinnen und -spender auf der Intensivstation zu identifizieren. Um die begrenzte Zahl der zur Verfügung stehenden Organe optimal zu nutzen, eignen sich Verfahren wie die Maschinenperfusion oder die Fotodokumentation der Spenderorgane im Spendeprozess. Sie können die Qualität und Sicherheit des Organspendeprozesses und der Spenderorgane optimieren, sodass möglichst viele Organe erfolgreich transplantiert werden können.

Der Medizinische DSO-Vorstand betont: „Gemeinsam mit unseren Partnern in den Kliniken werden wir uns weiter mit allen Kräften dafür einsetzen, dass möglichst vielen Patientinnen und Patienten geholfen werden kann.“ Deutschland bildet im internationalen Vergleich immer noch ein Schlusslicht bei der Organspende und profitiert im Eurotransplant-Verbund von anderen Mitgliedsländern, indem es mehr Organe erhält, als es abgibt.

Rahmel appelliert dabei auch an die Bevölkerung, zu Lebzeiten eine Entscheidung zur Organspende zu treffen und diese in einem Organspendeausweis und/oder einer Patientenverfügung zu dokumentieren. Denn ohne Zustimmung der Verstorbenen selbst oder deren Angehörigen ist in Deutschland keine Organspende möglich. Der Mediziner verweist dabei auch auf das Organspende-Register, das im Laufe des Jahres online gehen soll. Das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende ist Bestandteil des zum 1. März 2022 in Kraft getretenen Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende. In diesem elektronischen Verzeichnis können die Bürgerinnen und Bürger zukünftig ebenfalls ihre Entscheidung für oder gegen eine Organ- und Gewebespende hinterlegen.

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