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How we did it: Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen

AUFBAU EINES UMWELTMANAGEMENTSYSTEMS AM UNIVERSITÄTSKLINIKUM HALLE (SAALE)

Nachhaltiges Handeln ist in den vergangenen Jahren zu einem zentralen gesellschaftlichen Leitprinzip avanciert. In nahezu allen Politikfeldern – von der Finanz- und Sozialpolitik über die Forschungs- bis hin zur Gesundheitspolitik – zählt Nachhaltigkeit zu den maßgeblichen strategischen Zielsetzungen. Der Anspruch, vorausschauend und verantwortungsvoll zu handeln, insbesondere im Sinne nachfolgender Generationen, hat sich fest im öffentlichen und politischen Bewusstsein verankert.

Anfänge des Universitätsklinikums

Das Gesundheitswesen ist zunehmend gefordert, seinen Beitrag zu leisten. Dabei sind die ökologischen Herausforderungen erheblich: Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verursacht der Gesundheitssektor weltweit rund 4,4 % der gesamten Treibhausgasemissionen – mehr als der internationale Flugverkehr oder die globale Schifffahrt [1]. In Deutschland gehen nach Berechnungen des Bundes für Umwelt- und Naturschutz jährlich rund 600 Millionen Euro an Energie in Krankenhäusern verloren – bedingt unter anderem durch den energieintensiven 24-Stunden-Betrieb. Ein Krankenhausbett verursacht im Durchschnitt einen täglichen Wasserverbrauch zwischen 300 und 600 Litern. Die durchschnittlichen Energiekosten für ein Krankenhausbett pro Jahr betragen 2,887 Euro [2]. Damit zählt das Gesundheitswesen global zu den fünf größten CO2-Emittenten [3].

Vor diesem Hintergrund hat das Universitätsklinikum Halle (Saale) im Jahr 2021 den strukturierten Aufbau eines systematischen Nachhaltigkeitsmanagements begonnen. Den Auftakt bildete eine klinikweite Befragung unter Mitarbeitenden, die als Grundlage für einen anschließenden Tiefenworkshop diente. Ziel war es, strategische Maßnahmen und erste Meilensteine zu definieren. Bereits im selben Jahr wurde das Thema Nachhaltigkeit zu einem der zehn Top-Strategieprojekte des Klinikvorstands erklärt. Gleichzeitig wurde der Beschluss gefasst, das UKH nach der internationalen Umweltmanagementnorm DIN EN ISO 14001:2015 zertifizieren zu lassen.

2022 verabschiedeten das UKH und die Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ein gemeinsames Nachhaltigkeitsleitbild. Zudem wurde eine umfassende IST-Analyse durchgeführt, um die strukturellen, organisatorischen und technischen Ausgangsbedingungen für die geplante Zertifizierung zu erfassen. Parallel entstanden erste Pilotprojekte – etwa zur Trennung von Wertstoffen oder die Einrichtung einer internen Möbeltauschbörse. Die Intranetseite „nachhaltiges UKH“ wurde aufgebaut, um die interne Kommunikation zu verbessern. Mitarbeitende wurden durch gezielte Schulungsmaßnahmen im Umweltmanagement und in der internen Auditierung qualifiziert, flankiert von Workshops, Fortbildungen und Informationsangeboten zur Nachhaltigkeit.

Das Jahr 2023 war maßgeblich geprägt von der Implementierung der Normvorgaben der DIN EN ISO 14001:2015. Die Inhalte der Norm wurde in den zur Erstzertifizierung benannten Einrichtungen bekannt gemacht. Zentrale Dokumente wie Umweltpolitik und -ziele wurden erarbeitet und erste interne Audits durchgeführt [4]. Im November 2023 erreichte das Universitätsklinikum Halle (Saale) einen ersten bedeutsamen Meilenstein: die Zertifizierung nach DIN EN ISO 14001:2015 für drei zentrale Einrichtungen. Aufbauend auf diesem Erfolg wurden weitere Projekte initiiert – darunter die Weiterentwicklung der Möbeltauschbörse, die Erstellung digitaler Weiterbildungsangebote über die E-Learningplattform ILIAS sowie die externe Weiterbildung von jungen Mitarbeitenden zu Sustainable Development Goals (SDG)-Scouts.

Ein entscheidender struktureller Schritt erfolgte 2024 mit dem Vorstandsbeschluss, das Thema Nachhaltigkeit dauerhaft organisatorisch zu verankern. Mit Wirkung zum 01. Dezember 2024 wurde ein eigenes Sachgebiet „Nachhaltigkeit und Umweltschutz“ innerhalb der Stabsstelle für Sicherheit-, Gesundheits- und Umweltschutz geschaffen, die seither für die strategische Steuerung aller Nachhaltigkeitsaktivitäten, die Umsetzung gesetzlicher Anforderungen sowie die Weiterentwicklung der ISO-Zertifizierung verantwortlich sind. Zu Beginn des Jahres 2025 wurde schließlich die Überführung der Nachhaltigkeitsaktivitäten vom Projektstatus in eine dauerhafte Linienfunktion erfolgreich abgeschlossen. Das neue Sachgebiet begleitet seitdem aktiv den internen Zertifizierungsprozess von 22 weiteren Einrichtungen – unter anderem der Klinik für Viszerale, Gefäß- und Endokrine Chirurgie – mit dem Ziel, bis Ende 2025 eine umfassende Erweiterung der bestehenden Zertifizierung zu erreichen.

Die Rolle der Chirurgie

Es ist offenkundig, dass die insbesondere auch die Chirurgie einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit im Gesundheitssystem leisten muss, da aufgrund der notwendigen Ausstattung und dem Materialbedarf zwangsläufig große Mengen an Abfall entstehen. Insbesondere im Operationssaal akkumuliert durch das verpackte Sterilgut Müll, der anschließend entsorgt werden muss. Diese Entsorgung benötigt wiederum Energie, genauso wie Lampen und Geräte im OP sowie die Sterilisation der Instrumente [5]. Nicht zuletzt entsteht dadurch wiederum eine relevante Menge an CO2. Schätzungsweise entspricht der jährliche durch den Energieverbrauch und die Entsorgung von Materialien und Müll entstehende CO2-Verbrauch eines akademischen Krankenhauses dem von 2.000 Privathaushalten. Ein Drittel davon wird von der Chirurgie verursacht [6].

Abb. 1: Entwicklung der Nachhaltigkeitsbemühungen am Universitätsklinikum Halle (Saale).

Konsekutiv wurde bereits in verschiedenen Publikationen auf einen sensibleren Umgang mit Einmalmaterialien sowie einem schonenden Ressourcenumgang in der Chirurgie hingewiesen [7, 8]. Die Relevanz dieses Themas spiegelt sich auch in der Schätzung nieder, dass bis zum Jahr 2030 mehr als 143 Millionen Operationen durchgeführt werden müssten, um die weltweite Morbidität und Mortalität senken zu können [9]. Dieses Ziel wäre nur durch eine massive Müllproduktion und erhöhten CO2-Verbrauch zu erreichen. Dabei muss auch insbesondere das angewendete Operationsverfahren berücksichtigt werden. Minimal-invasive Chirurgie wird aufgrund des geringeren Gewebetraumas, der schnelleren Rekonvaleszenz der Patienten:innen sowie dem besseren kosmetischen Ergebnis zumindest in westlichen Industrienationen mit einem entsprechend ausgestatteten Gesundheitssystem der Vorzug gegenüber der klassisch offenen Operationstechnik gegeben [10, 11]. Minimal-invasive Operationstechniken wie die laparoskopische oder die robotische Chirurgie verbrauchen im Vergleich zur konventionellen offenen Operation allerdings mehr Verbrauchsmaterialien, die häufig nur zum einmaligen Gebrauch zugelassen sind [12]. Obgleich die minimal-invasive Operationstechnik den Standard in den meisten Fällen (viszeral)chirurgischer Prozeduren darstellt bzw. darstellen sollte, ist der sich daraus ergebende CO2-Abdruck dieser Verfahren gegen den Nutzen für die Patientinnen und Patienten abzuwägen [13]. Unter den minimal-invasiven Operationstechniken sticht die robotische Chirurgie gemessen an der Menge des produzierten Mülls negativ heraus. Vergleichend mit demselben Eingriff in laparoskopische Technik ist die Menge an produziertem Müll und der dadurch verursachte CO2-Fußabdruck nach robotischer Chirurgie erhöht [13]. Zudem stellt insbesondere die robotische Chirurgie einen relevanten Kostenfaktor im deutschen Gesundheitssystem dar, da durch die Krankenkassen keine Sondervergütung dieser Technik erfolgt und die zusätzlichen Kosten für das Vorhalten des Systems und des Materials daher von den anbietenden Krankenhäusern getragen werden müssen.

Die geplante Zertifizierung nach DIN EN ISO 14001:2015 unterstreicht die Nachhaltigkeitsambitionen der Chirurgie am Universitätsklinikum Halle (Saale). Auf dem Weg zu diesem Ziel wurden in der Klinik für Viszerale, Gefäß- und Endokrine Chirurgie Nachhaltigkeitsziele definiert. Dazu gehören Maßnahmen die von dem Prinzip „Getting it right first time“ geleitet werden. Darunter versteht man eine sinnvolle Priorisierung von Maßnahmen, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Übertragen auf die hiesige Chirurgische Klinik bedeutet das, dass Ressourcen-sparende Untersuchungen und Eingriffe durchgeführt und vermeidbare Wiederholungseingriffe vermieden werden. Zudem wird im Operationssaal ein regelmäßiger Wechsel von Operateuren:innen und Assistenten:innen vermieden, um den durch die sterile Kleidung anfallenden Müll zu vermeiden. Das Fadenmaterial wird „on demand“ geöffnet; somit wird neben der ökologischen auch der ökonomischen Nachhaltigkeit Rechnung getragen, damit möglichst wenige – oder besser – keine ungenutzten Materialien verworfen werden. Weitere primäre Nachhaltigkeitsziele sehen eine Reduktion des Stromverbrauchs im OP und den Funktionsräumen vor, etwa durch Löschen des Lichts oder des Herunterfahrens der Computer. Zudem wurde innerhalb der Chirurgischen Klinik eine Arbeitsgruppe gegründet, die im interdisziplinären Konsens sowie im Austausch mit anderen chirurgischen Kliniken Strategien für mehr Nachhaltigkeit im Fachgebiet entwickelt.

Die Zukunft ist jetzt

Das Universitätsklinikum Halle (Saale) hat gegenwärtig mit dieser Entwicklung nicht nur eine institutionelle Basis für nachhaltiges Handeln geschaffen, sondern auch die strukturellen Voraussetzungen, um ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit langfristig in den Klinikalltag zu integrieren. Die Chirurgische Klinik nimmt dabei eine Vorreiterrolle ein und demonstriert, dass Nachhaltigkeit und modernste Versorgung von Patientinnen und Patienten gelingen können. Die mit einem Nachhaltigkeit-bewußten Arbeiten verbundenen Nutzen und Vorteile beschränken sich nicht nur auf eine Kostenersparnis durch Reduktion der Energie- und Verbrauchsmaterialien. Die damit verbundene Ressourcenschonung kann auch eine Verbesserung des Images und damit eine verbesserte Marktposition im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter:innen führen. Die Entwicklung in Halle (Saale) zeigt, dass primär das Mindset der Mitarbeitenden verändert werden muss. Nur dann kann es gelingen, nachhaltig tätig zu sein. Dieser Schritt ist nun auch in der Chirurgie zu gehen. Hier werden wir an Karl Poppers kluge Erkenntnis erinnert, dass wir (als Chirurgen:innen) jetzt für das verantwortlich sind, was in der Zukunft geschieht. Daher müssen die Sachverhalte richtig studiert werden, belastbare Daten generiert und die richtigen Schlüsse gezogen werden, damit die bestmögliche Krankenversorgung durch medizinischen Fortschritt nicht gegen nachhaltiges Handeln und in der Folge den ebenso wichtigen Umweltschutz abgewogen wird.

Literatur

[1]   World Health Organization (WHO). Health care climate footprint report. 2019.
[2]   Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen – Potenziale und Herausforderungen. 2021. https://www.bund.net
[3]   Handlungsleitfaden zu energiesparenden Ansätzen und Technologien, Energieeffizienz im Krankenhaus (03/2023) Hrsg.: Stiftung Münch.
[4]   Bundesumweltministerium. DIN EN ISO 14001 – Umweltmanagementsysteme.
[5]   Brunaud, L. and K. Slim, Beyond green surgery, green surgical innovation and research. J Visc Surg, 2022. 159(5): p. 351-352.
[6]   Slim, K., M. Selvy, and P. Albaladejo, Enhanced recovery programs and carbon footprint. Anaesth Crit Care Pain Med, 2020. 39(5): p. 665-666.
[7]   Aldoori, J., J. Hartley, and J. MacFie, Sustainable surgery: in and out of the operating theatre. Br J Surg, 2021. 108(6): p. e219-e220.
[8]   Thiel, C.L., N.C. Woods, and M.M. Bilec, Strategies to Reduce Greenhouse Gas Emissions from Laparoscopic Surgery. Am J Public Health, 2018. 108(S2): p. S158-s164.
[9]   Meara, J.G., et al., Global Surgery 2030: evidence and solutions for achieving health, welfare, and economic development. Lancet, 2015. 386(9993): p. 569-624.
[10] Buunen, M., et al., Survival after laparoscopic surgery versus open surgery for colon cancer: long-term outcome of a randomised clinical trial. Lancet Oncol, 2009. 10(1): p. 44-52.
[11] Lacy, A.M., et al., Laparoscopy-assisted colectomy versus open colectomy for treatment of non-metastatic colon cancer: a randomised trial. Lancet, 2002. 359(9325): p. 2224-
[12] Papadopoulou, A., et al., Environmental sustainability in robotic and laparoscopic surgery: systematic review. Br J Surg, 2022. 109(10): p. 921-932.
[13] Woods, D.L., et al., Carbon footprint of robotically-assisted laparoscopy, laparoscopy and laparotomy: a comparison. Int J Med Robot, 2015. 11(4): p. 406-12.

Klose J, Achter M: How we did it: Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen. Passion Chirurgie. 2025 Juli/August; 15(07/08): Artikel 04_03.

Unfallchirurg Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg über das Verhältnis von Mensch und Maschine im modernen Klinikalltag

Quelle und Erstveröffentlichung am 21./22. Juni 2025 im Weser Kurier, Rubrik Beruf & Karriere. Mit freundlicher Genehmigung vom Weser Kurier.

Guido Finke: Herr Dr. Rüggeberg, was zeichnet den Beruf des Chirurgen aus?

Jörg-Andreas Rüggeberg: Die Patientenversorgung ist ein sehr dankbares Gebiet der Chirurgie, da im Gegensatz zu anderen Wissenschaften ein unmittelbares Ergebnis erzielt wird. Wir wissen sofort, ob es funktioniert hat oder nicht. Internisten, die Pillen einwerfen, können sich hinterher überlegen, woran es gelegen hat. Wir wissen es sofort und haben ein unmittelbares Erfolgserlebnis – oder auch nicht. Im überwiegenden Teil der Fälle läuft es auch gut.

2000
Fachärzte für Allgemeinchirurgie
BZW. Allgemeine
Chirurgie sind bundesweit tätig
(Stand: 2024).

Es gibt allerdings unterschiedliche Schwerpunkte in der Chirurgie …

Richtig, die Aufgabenbereiche unterscheiden sich. Ich bin Unfallchirurg. Da ist die Herangehensweise in der Regel einfacher, weil die Patienten im Prinzip gesund sind. Wenn sich jemand einen Knochen bricht, setzen wir ihn wieder zusammen und der Patient ist zufrieden. Bei den Bauchchirurgen ist das schon anders. Sie haben im Wesentlichen mit Krebserkrankungen zu tun. In diesem Fall geht es darum, die Erkrankung einzudämmen. Als Chirurg kannst du manchmal machen, was du willst, aber leider kannst du nicht alle Krebspatienten retten. Es ist eben einfach so.

Welche Einsatzgebiete gibt es außerdem?

Dazu gehören Fachärzte für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Kinder- und Jugendchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie sowie Thorax- und Viszeralchirurgie. Den Facharzt für Chirurgie, wie es ihn zu meiner Zeit noch gab, gibt es heute nicht mehr. Aufgrund der großen Fortschritte in der Chirurgie ist eine Spezialisierung heute unerlässlich. In manchen Situationen wäre es allerdings hilfreich, wenn ein Arzt alles könnte. Eine Ausnahme ist der Einsatzchirurg der Bundeswehr, der im jeweiligen Krisengebiet Verletzte behandelt.

Sie haben den Fortschritt in der Chirurgie bereits angesprochen. Besonders die künstliche Intelligenz (KI) wird dabei gewiss eine große Rolle spielen.

Ganz klar: Durch KI und robotergestützte Chirurgie wird sich unser Berufsbild deutlich wandeln. Man kann sich das wie bei einem Computerspiel vorstellen: Der Chirurg sitzt vor dem Monitor und operiert mit zwei Joysticks und ein paar Fußpedalen. In diesem Fall erfolgt die Operation (OP) ausschließlich über die technischen Geräte und nicht direkt am Patienten. Idealerweise befindet sich der Patient im gleichen Raum, sodass man in seiner Nähe ist. Er könnte aber auch woanders sein – und damit sind wir beim neuen Thema. Er könnte zum Beispiel in einem Bremer Krankenhaus liegen und von einem Spezialisten aus Boston operiert werden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine sehr stabile Datenverbindung, um die Operation in Echtzeit durchzuführen.

41.839
Ärzte arbeiteten im
vergangenen Jahr
in Deutschland
in der Chirurgie,
davon 10.196 Frauen.

Welche positiven und negativen Aspekte sind mit dem Einsatz von Robotern in der Chirurgie verbunden?

Es sind sehr präzise Geräte, mit denen sich auch komplizierte Operationen durchführen lassen. Einerseits dauern die Eingriffe meistens etwas länger, da die Maschine stets sorgfältig zur entsprechenden Stelle im Körper geleitet werden muss. Andererseits komme ich mit dem Roboter auch an Gegenden, die ich sonst nicht erreichen kann. Außerdem kann ich Dinge sehen, die ich sonst nicht sehen kann. Das Spektrum lässt sich also erweitern. Auch der wirtschaftliche Faktor spielt eine Rolle, denn die Geräte kosten schnell rund 1,5 Millionen Euro. Ein großer Vorteil ist hingegen, dass die KI des Roboters lernfähig ist. Das heißt, wenn sie häufig die gleiche Gallenoperation durchgeführt hat, weiß sie irgendwann, wie es geht. So wird es heute allerdings noch nicht praktiziert. Es ist jedoch vorstellbar, dass Roboter in Zukunft operative Tätigkeiten wie Standardeingriffe übernehmen –selbstverständlich unter Aufsicht, damit im Notfall ein Facharzt eingreifen kann. Darüber hinaus gibt es KI-gestützte Tools, die bei der Diagnoseeinstellung unterstützen können. Das verändert das Berufsbild ein wenig, ändert aber letztendlich nichts an der Tatsache, dass wir die Dinge, die den Beruf des Chirurgen so attraktiv machen, nicht aufgeben werden. In erster Linie geht es um die Frage, ob ein Patient operiert werden muss und wenn ja, wann. Das ist die eigentliche Kunst und das Ärztliche daran. Die OP an sich ist gewissermaßen Handwerk.

Wie sieht die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt für Chirurgen aus?

Grundsätzlich besteht nach wie vor ein großer Bedarf an chirurgisch tätigen Menschen. Das wird – wie man sich leicht vorstellen kann – umso schwieriger in den kleinen Krankenhäusern, die jetzt auch unter der Krankenhausreform leiden und zum Teil wahrscheinlich vom Markt genommen und in andere Strukturen umfirmiert werden. Man kann aber sagen, dass der Beruf zukunftsfähig ist. Es gibt nicht genügend chirurgisch Tätige, um den Bedarf zu decken. Das liegt allerdings auch daran, dass in den Kliniken Personal eingespart wird und die Mitarbeitenden auf dem Zahnfleisch laufen. Aufgrund der finanziellen Möglichkeiten kommt es zu einer gewissen Unterdeckung. Das ist das generelle Problem im Gesundheitssystem: Die Finanzen reichen nicht aus, um den nachgefragten Bedarf zu decken. Da stellt sich die Frage, ob man den Bedarf vielleicht ein bisschen reduzieren sollte. In Deutschland gibt es ein viel zu großes Leistungsangebot. Eine solche breite Palette von Leistungen zu Lasten der Sozialversicherung gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Das ist jedoch ein politisches Problem und hat nichts mit dem Berufsbild des Chirurgen zu tun.

Wie ist das Berufsbild in Bremen aufgestellt?

Es ist schon so, dass die spezifische Konstruktion der kommunalen und privaten Krankenhäuser in Bremen zu einer etwas anderen Arbeitsmarktsituation in den Kliniken führt als andernorts.

386.048
Operationen erfolgten 2023 am Darm (2022: 377.954).

ZUR PERSON

Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg, BDC-Vizepräsident
Seit 1986 als Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie in eigener Praxis in Bremen tätig, engagiert er sich neben der Tätigkeit im BDC in den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung sowie der Ärztekammer auf regionaler und bundesweiter Ebene, so u. a. als erster Vorsitzender des seinerzeit neu eingerichteten Fachausschusses für die fachärztliche Versorgung der KBV.

Finke G: Unfallchirurg Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg über das Verhältnis von Mensch und Maschine im modernen Klinikalltag. Passion Chirurgie. 2025 Juli/August; 15(07/08): Artikel 07_02.

Der BDC im Interview mit Gesundheitsminister Dr. Philippi

Vorwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit dem niedersächsischen Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Herrn Dr.med. Andreas Philippi steht der Berufsverband der Deutschen Chirurgie (BDC) seit einiger Zeit im engeren Kontakt. Vor seiner Berufung als Minister im Januar 2023 war er seit 2009 als niedergelassener Chirurg bzw. dann in dem MVZ der Herzberg Klinik tätig. Herrn Dr. Philippi sind somit die Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen nicht zuletzt auch durch eigene praktische Erfahrungen hinreichend bekannt. Nach der Regierungsneubildung hat er sich nun zu einem Interview über die aktuelle Gesundheitspolitik einverstanden erklärt, welches Frau Olivia Päßler aus unserer Presseabteilung geführt hat.

Einige Aspekte dieses Interviews seien kurz angeführt: In Niedersachsen sollen unter den strukturellen Veränderungen die regionalen Gesundheitszentren als Transformationschancen für ländliche Regionen weiterentwickelt werden. Geplant ist die Einrichtung integrierter Notfallzentren mit Notaufnahme und Notarztpraxis der Kassenärzte. Es ist zu begrüßen, dass Krankenhäuser, ähnlich wie andere Institutionen, eine Grundfinanzierung erhalten. Die Spezialisierung in der Medizin mit angestrebter Verbesserung der Behandlungsergebnisse steht außer Frage, allerdings muss auch eine qualitativ hochwertige Weiterbildung garantiert werden, was ggf. als problematisch angesehen werden kann. Im Rahmen der anstehenden Krankenhausreform ist eine enge Zusammenarbeit von der Politik und den Selbstverwaltungsorganen sinnvoll. Das Primärarztsystem wird begrüßt, allerdings können Ausnahmen, wie auch vom BDC gefordert, vor allem in der Akutmedizin sinnvoll sein. Hervorgehoben wird explizit die notwendige Anerkennung der ambulanten Chirurgie, vor allem auch bezüglich einer gerechten Vergütung. Dieses soll durch Einführung der Hybrid-DRGs geregelt werden. Nach Meinung des Ministers wäre allerdings ein Zurückfallen auf den einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) das Ende der ambulanten Chirurgie und des sektorenübergreifenden Vorgehens. Genau diese Befürchtung wird schon seit geraumer Zeit auch vom BDC geäußert und es sollte folglich eine Änderung des diesbezüglichen Abschnitts im § 115f angestrebt werden.

Ich wünsche Ihnen nun einen entsprechenden Erkenntnisgewinn beim Lesen des gesamten Interviews.

Ihr
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer
Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)

Olivia Päßler: Mit Interesse verfolgen wir über Ihren Presseversand, wie Sie Ihre Krankenhäuser im Rahmen des Krankenhaus-Investitionsprogramms 2024 unterstützen. Wie geht es damit voran? Welcher Art von Krankenhäusern in Niedersachsen kommt das Programm zugute? Wie möchten Sie grundsätzlich die zukünftige Finanzierung des Gesundheitssystems und der Krankenhäuser in Ihrer Region sichern?

Andreas Philippi: Mit dem Krankenhaus-Investitionsprogramm 2024 haben wir mehr als eine halbe Milliarde Euro für Investitionen in die Krankenhausinfrastruktur bereitgestellt. Förderfähig sind alle Krankenhäuser, die in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen sind und das unabhängig von der Trägerschaft. Das Geld fließt beispielsweise in notwendige Sanierungsarbeiten oder Neubauprojekte, aber auch in die Anschaffung von Großgeräten. Mittlerweile haben alle Krankenhäuser, deren Antrag positiv beschieden wurden, ihre Fördermittel erhalten.

Doch natürlich braucht es darüber hinaus auch strukturelle Veränderungen, wenn wir langfristig eine qualitativ hochwertige und flächendeckende Gesundheitsversorgung gewährleisten wollen. Mit der Krankenhausreform haben wir nun die große Chance, unsere Krankenhauslandschaft auf wirtschaftlich tragfähige Beine zu stellen. Gleichzeitig treiben wir die Entwicklung der Regionalen Gesundheitszentren voran, um die lokale Gesundheitsversorgung dort sicherzustellen, wo ein Krankenhaus nicht oder nicht mehr bestehen kann. Das bietet gerade für ländliche Regionen Transformationschancen.

Welche gesundheitspolitischen Erwartungen haben Sie an die neue Regierung und an die neuen Verantwortlichen im BMG? Bitte nennen Sie uns hier Ihre Forderungen, gerne zu konkreten Themen wie der Finanzierung der Weiterbildung, der Entbürokratisierung sowie der Notfallreform

Ich erwarte von der neuen Bundesregierung, dass sie die längst überfälligen Reformen im Gesundheitswesen endlich anpackt. Dazu gehört aus meiner Sicht, dass die finanziellen Defizite der Krankenkassen durch Steuermittel kompensiert werden – als schnelle Notmaßnahme. Die Stärkung des ambulanten Sektors muss dringend vorangetrieben werden, um Leistungen kosteneffizienter aufzustellen. Wir brauchen echte Strukturreformen, weil wir die Kosten in den Griff bekommen müssen. Dessen unbenommen benötigen auch die Krankenhäuser Unterstützung. Deshalb macht sich Niedersachsen für eine Überbrückungsfinanzierung bis zum Start des Transformationsfonds stark sowie für einen Ausgleich der inflationsbedingten Mehrbelastungen.

Kurzportrait

Minister Dr. Andreas Philippi

Seit dem 25. Januar 2023 ist Dr. Philippi Niedersächsischer Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. Von 2021 bis 2023 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und praktiziert als Facharzt für Chirurgie am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Herzberg Klinik. Dr. Philippi schrieb seine Promotion zum Thema „Entwicklung und Diagnostik in Therapie des primären Hyperparathyreoidismus“.

Bei der Notfallreform sind wir mit dem Innenministerium und den Kommunen eng abgestimmt und beeinflussen im Sinne unseres Flächenlandes die Gesetzgebung auf Bundesebene. Die Patientinnen und Patienten müssen schnellstmöglich an dem passenden Ort und von der passenden medizinischen Fachkraft behandelt werden. Dazu ist eine engere Verzahnung der Rufnummern 116 117 und 112 meiner Meinung nach zwingend erforderlich. Ebenso halte ich die Einrichtung Integrierter Notfallzentren mit Notaufnahme und Notdienstpraxis der Kassenärzte für sinnvoll. In Sachen Bürokratieabbau haben wir eine umfassende Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, damit der Bund endlich handelt. Wir brauchen mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten und weniger für Dokumentationen.

Welche Einschätzung haben Sie zur momentanen Fassung des KHVVG, mit welchen Themen beschäftigen Sie sich schwerpunktmäßig? Bitte nennen Sie uns Ihre Meinung und Ihre möglichen Forderungen speziell zum Transformationsfonds und zur Handhabung der Vorhaltebudgets. Bezüglich der Zuteilung von Leistungsgruppen: Wo sehen Sie Chancen und Risiken besonders im Bereich der Chirurgie und ihren Unterfächern?

Mit der Verabschiedung der Krankenhausreform haben wir ein neues Kapitel in der Gesundheitsversorgung aufgeschlagen. Das ist auch dringend notwendig, denn die Krankenhäuser brauchen mehr Geld und Planungssicherheit. Niedersachsen hat sich in diesen Prozess sehr stark eingebracht und viele Verbesserungen durchsetzen können, etwa was den Erhalt kleinerer, versorgungsstrategisch wichtiger Kliniken angeht oder der rückwirkenden Anrechnung der Gelder aus dem Transformationsfonds. Letzteres ist ein gutes Signal für die Länder, die sich bereits auf den Weg gemacht haben und ihre Investitionen hochgefahren haben. Gleichzeitig ist es aus meiner Sicht absolut zu begrüßen, dass Krankenhäuser – ähnlich wie die Feuerwehr – eine Grundfinanzierung erhalten für all die Kosten der nötigen Vorhaltung zu jeder Stunde und an jedem Tag im Jahr.

Mit Blick auf die Chirurgie bin ich überzeugt davon, dass die Konzentration von spezieller Speiseröhren- und Bauchspeicheldrüsenchirurgie zu einer besseren Qualität führen wird. Probleme sehe ich dabei allerdings in der Weiterbildung. Hier ist die Frage, ob es über die Leistungsgruppen gelingt, gemeinsam mit den Ärztekammern die notwendigen Weiterbildungsabläufe abzustimmen.

Grundsätzlich wünsche ich mir deutlich mehr Anerkennung für die ambulante Chirurgie. Das betrifft nicht nur die Ausbildung, sondern beinhaltet gleichermaßen eine gerechtere Bezahlung. Ermöglicht werden soll dies durch die Hybrid-DRGs. Ein Zurückfallen auf den EbM wäre meines Erachtens das Ende der ambulanten Chirurgie und des sektorübergreifenden Denkens.

Hybrid-DRG – wie setzen Sie sich für eine faire Berechnung der Pauschalen speziell in der Chirurgie ein?

Wir wollen in Niedersachsen gemeinsam mit den Stakeholdern einen Modellversuch auf den Weg bringen, der verdeutlichen soll, dass ambulante Chirurgie das System entlastet und Ressourcen spart, sobald sie leistungsgerecht bezahlt wird. Es muss zu einer gerechten Vergütung bei gleichen Eingriffen kommen, egal auf welcher Seite des Sektors.

Welche Rolle und welche Aufgaben sehen Sie bei der Selbstverwaltung?

Sowohl bei der Krankenhaus- als auch bei der Gesundheitsreform arbeiten wir eng mit allen an der Selbstverwaltung Beteiligten zusammen. Ich bin hier im stetigen Austausch mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Ärzteverbänden. Uns ist es wichtig, dass wir bei der Neustrukturierung in Niedersachsen, wie im Übrigen auch schon beim Enquetegesetz, eine sehr große Mitbeteiligung haben. Ich glaube, dass die Selbstbeteiligung bereit sein muss, „out of the box“ zu denken, um die Ressourcen besser ausnutzen zu können.

Wie sehen Sie die Rolle des Fachgebiets Chirurgie bei der geplanten Einführung eines verbindlichen Primärarztsystems? Welche Sonderregeln können Sie sich für die Chirurgie bzw. chirurgische Fälle bei der Implementierung des Systems vorstellen?

Das von der Bundesregierung geplante Primärarztsystem begrüße ich ausdrücklich. Wir brauchen dringend eine bessere Steuerung der Patientinnen und Patienten. Auch kann ein solches System einen wichtigen Beitrag dazu leisten, um Kosten zu senken und Qualitätsverbesserungen in der Gesundheitsversorgung zu erzielen. Die Niederlande beispielsweise machen es bereits seit Jahren vor. Ausnahmen für bestimmte Fachbereiche können durchaus sinnvoll sein, gerade mit Blick auf die Akutmedizin. Hier ist der Bund gut beraten, mit den einzelnen Verbänden ins Gespräch zu gehen.

Päßler O: Der BDC im Interview mit Gesundheitsminister Dr. Philippi. Passion Chirurgie. 2025 Juli/August; 15(07/08): Artikel 05_01.

Fraktursonografie reduziert die Strahlenbelastung bei der Untersuchung von Kindern und Jugendlichen

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) befürwortet den bevorzugten Einsatz der Fraktursonografie gegenüber der Röntgenuntersuchung. Die Fraktursonographie im Wachstumsalter ist ein zunehmend anerkanntes Verfahren und der Einsatz bereits in einer S2-Leitlinie zusammengefasst. „Das kindliche Skelett ist strahlensensibel, da sich vermehrt schnell wachsendes Knochenmark in den Extremitäten befindet und ein erhöhter Wasseranteil im Knochen besteht. Jede Röntgenuntersuchung im Kindesalter sollte daher kritisch hinterfragt werden. Die Fraktursonographie eignet sich dazu, die Strahlenbelastung durch die Röntgendiagnostik zu reduzieren“, erklärt Dr. Till Rausch, Facharzt für Kinderchirurgie am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Hamburg.

Der kindliche Knochen eignet sich besonders zur Fraktursonographie. Die Gleichwertigkeit der Sonographie zur Röntgenuntersuchung ist bei erfahrenen Untersuchenden belegt. Die Untersuchung des kindlichen Skeletts durch die Fraktursonographie lässt sich an jedem Ultraschallgerät mit Linearschallkopf durchführen. Gerade zu Beginn ist eine Untersuchung der Gegenseite zu empfehlen. Die Kinder gewinnen Vertrauen und die Untersuchenden finden einen Referenzbefund vor. In aller Regel werden in der Fraktursonographie Longitudinalschnitte angewandt. Der Schallkopf wird parallel zum Knochen aufgesetzt und dieser auf gesamter Breite des Bildes dargestelt. Dadurch wird der Nachteil des kleinen Ausschnitts, so weit möglich, ausgeglichen. Der Knochen sollte als klare weiße Linie erkennbar sein. Der Ultraschallkopf wird nun vorsichtig um die Extremität gefahren. Dafür muss die Extremität wenig bis gar nicht mobilisiert werden.

Im Gegensatz zum Röntgen handelt es sich beim Ultraschall um eine reine Oberflächendarstellung. Intraossäre Prozesse (z.B. Osteitis, Tumore, Knochenzysten) können durch die Sonographie nicht sicher erfasst werden. Sollte die schwere des Unfalls nicht mit dem Verletzungsmuster konform sein oder es sich um eine mögliche OP-Indikation handeln, sollte eine Röntgendiagnostik durchgeführt werden. In der Folge findet sich eine kurze Übersicht über einige Indikation der Fraktursonographie im Wachstumsalter.

Klavikulafraktur

Bei Kindern wird die Fraktursonographie häufig zur Diagnose von Klavikulafrakturen eingesetzt. Im Kindesalter stellt sich selten die Indikation zur operativen Therapie (Gefäß- oder Nervenschäden, offene Fraktur). Durch die Knochenmorphologie und den Zug des M. Sternocleidomastoideus ist eine sonographische Diagnostik nicht immer leicht durchzuführen, so dass die Untersuchung bei Kindern gut überlegt sein sollte. In aller Regel ist der klinische Nachweis ausreichend. Anders verhält es sich bei Adoleszenten, wo durchaus OP-Indikationen bestehen.

Subkapitale Humerusfraktur

Die subkapitale Humerusfraktur lässt sich gut mit der Sonographie diagnostizieren, indem vier Ebenen geschallt werden: ventral, lateral, dorsal und medial nach Außenrotation. Das Verfahren nutzt den Shoulder-Safe-Algorithmus. Nach Frakturnachweis erfolgt ein Röntgen in einer Ebene, um einen intraossären Prozess auszuschließen. Bei unauffälliger Sonographie ist keine weitere Diagnostik nötig.

Ellenbogennahe Frakturen

Ellenbogenfrakturen kommen im Kindesalter sehr häufig vor. Das Verletzungsmuster kann komplex sein und zu erheblichen Wachstumsstörungen führen. Die Fraktursonographie dient hier allein zum Ausschluss einer Fraktur bei negativen Fat-Pad-Sign oder zur Indikation weiterer Diagnostik bei positiven Fat-Pad-Sign. Dafür benötigt man ausschließlich einen dorsomedianen Längsschnitt. Der Arm muss dafür nicht mobilisiert werden und innerhalb weniger Sekunden haben die Untersuchenden wichtige Information bezüglich der Schwere der Verletzung. Zu Bedenken ist allerdings, dass nicht jede ellenbogennahe Fraktur einen Gelenkerguss verursacht. Auch für den Ellenbogen gibt es bereits einen Untersuchungsalgorithmus (Elbow-SAFE).

Distale Unterarmfraktur

Die distale Unterarmfraktur im Kindesalter ist eine der häufigsten Frakturen im Wachstumsalter. Durch die plane Kortikalis, den geringen Weichteilmantel und das häufige Auftreten ist die distale Unterarmfraktur eine der Hauptindikation der Fraktursonographie und durch diverse Studien gut belegt. Bei undislozierten und tolerabel dislozierten Frakturen ist es möglich, die Diagnose ausschließlich mithilfe der Sonographie zu stellen. Dadurch kann die Diagnostik schonender und schneller erfolgen. Alle weiteren Verlaufskontrolle, z.B. leicht verschobene Brüche, können ebenfalls sonographisch durchgeführt werden (Wrist-Safe-Algorithmus).

Distale Femurfraktur

Die Wulstfraktur des distalen Femurs ist eine stabile Fraktur. Aufgrund der kortikalen Mitbeteiligung eignen sich die Frakturen zur sonographischen Diagnostik. Allerdings fehlen hier kontrollierte Studien und Daten. Es wäre zu wünschen, dass hier in Zukunft auf Röntgendiagnostik verzichtet werden kann.

Proximale Tibiafraktur

Proximale Tibiawulstfrakturen treten bei jüngeren Kindern auf. Im Röntgen in zwei Ebenen findet sich dann nicht immer sicher ein Korrelat zur Klinik, was an einer Überlagerung durch die trianguläre Form des Tibiakopfes liegt. Die Sonographie ist eine einfache Alternative, um eine Wulstfraktur an der proximalen Tibia nachzuweisen. Durch die dynamische Untersuchung kann die Ebene mit der größten Wulstbildung gesucht werden. Allerdings ist auch hier noch eine ergänzende radiologische Untersuchung angezeigt.

„Die Übersicht zeigt, dass bereits bei vielen Untersuchungen die Fraktursonografie die Röntgenuntersuchung ersetzen kann bzw. ihr vorgeschaltet werden kann, um Untersuchungen mit Röntgenstrahlung durch Ausschluss von Frakturen zu reduzieren. Die DGKJCH befürwortet die Entwicklung hin zur weiteren Reduktion von Röntgenuntersuchungen mithilfe der Fraktursonografie“, betont DGKJCH-Präsidentin PD Dr. Barbara Ludwikowski.

Webinar Spezielle Unfallchirurgie II am 18.-19.09.2025

Dieses Webinar dient zur Vorbereitung auf die Facharztprüfung zur Zusatzweiterbildung für Spezielle Unfallchirurgie sowie als Update für Fachärztinnen und Fachärzte. Durch das Webinar sparen Sie wertvolle Zeit.

Referent:innen aus ganz Deutschland machen Sie in zwei Tagen fit für Ihre Prüfung und bringen Sie auf den neuesten Stand der Behandlungsstrategien und Techniken der Speziellen Unfallchirurgie..

Das Programm und die Anmeldung stehen auf den Seiten der BDC|Akademie bereit.

Mitglieder des BDC erhalten deutlich vergünstigte Teilnahmegebühren.

Zwei Chirurg:innen an die Spitze des Landesverbands BDC|Bayern gewählt

Der BDC gratuliert den beiden neuen Landesverbandsvorsitzenden des BDC|Bayern, Frau Dr. med. Julia Gumpp und Frau Dr. med. Kerstin Schick zu ihrer neuen Funktion. Die beiden Chirurg:innen wurden von der Mitgliederversammlung des BDC|Bayern im Juli gewählt. Der BDC wünscht ihnen viel Erfolg und Freude bei ihrer neuen Aufgabe!

Gleichzeitig spricht der BDC den bisherigen Landesverbandsvorsitzenden Prof. Dr. med. Matthias Anthuber und Dr. med. Hubert Mayer seinen großen Dank für das langjährige Engagement aus!

Haftpflichtversicherung für BDC-Mitglieder über Ecclesia mit bis zu 40% Beitragsvorteil

Starker Schutz bei steigenden Risiken! 

Im Zuge der Ambulantisierung und steigender Patientenerwartungen wächst auch das Haftungsrisiko für ambulante Einrichtungen, Praxen und medizinische Versorgungszentren. Behandlungsfehler, Dokumentationslücken oder Versäumnisse in der Patientenaufklärung können heute schneller juristische Folgen haben als je zuvor. Gleichzeitig verändern sich die Rahmenbedingungen: Mit der Einführung neuer Versorgungsmodelle und digitaler Anwendungen (z. B. Telemedizin) entstehen zusätzliche Schnittstellen und Haftungsfragen, die durch klassische Policen oft nicht ausreichend abgedeckt sind.

Hinzu kommt: Ab dem 1. Juli 2025 erhöhen Versicherer laut aktueller GDV-Mitteilung auf Basis einer unabhängigen Prüfung durch Ernst & Young die Haftpflichtprämien um durchschnittlich 10 %. Betroffen sind sämtliche Verträge – sowohl bestehende als auch neue. Positiv für Mitglieder des BDC: Der bestehende Rahmenvertrag zur Haftpflichtversicherung für Chirurgen und Orthopäden bleibt trotz Anpassung weiterhin besonders günstig und leistungsstark. Durch die Zusammenarbeit mit dem BDC-Versicherungsservice der Ecclesia Gruppe sind Beitragsnachlässe von bis zu 40 % gegenüber dem Marktdurchschnitt möglich – bei bewährter Bedingungsqualität.

Wer sich angesichts der Entwicklungen absichern möchte, kann über die BDC-Geschäftsstelle (030/ 28004 – 150, eMail: mail@bdc.de) oder direkt bei der Ecclesia Gruppe eine kostenfreie Prüfung oder ein Fortführungsangebot erhalten. Denn: Wer gut abgesichert ist, kann sich auf das Wesentliche konzentrieren – die Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Ihr Ansprechpartner bei der Ecclesia:
Daniel Schlehmeier
Ecclesia Gruppe
Abteilungsleiter Geschäftsfeld Ambulantes Gesundheitswesen
Ecclesiastraße 1-4
32758 Detmold
Telefon: +49 5231 603-8005
Telefax: +49 5231 603-608005
Mobil: +49 151 26248479
E-Mail: daniel.schlehmeier@ecclesiaMED.de

 

 

G-BA nimmt Liposuktion nach positiver Nutzenbewertung in den regulären Leistungskatalog auf

Gesetzlich Versicherte, die an einem Lipödem leiden, können zukünftig unabhängig vom Stadium der chronischen Erkrankung unter bestimmten Bedingungen auch operativ – mit einer Liposuktion – behandelt werden. Bislang ist die Liposuktion nur bei einem Lipödem im Stadium III und als befristete Ausnahmeregelung eine Kassenleistung. Das Lipödem ist eine krankhafte Fettgewebsvermehrung an den Beinen und ggf. Armen, die für die Betroffenen mit starken Schmerzen verbunden ist. Die entsprechenden Beschlüsse hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) gefasst. Wissenschaftliche Grundlage sind erste Ergebnisse einer vom G-BA veranlassten Studie. Sie belegen, dass die operative Fettgewebsreduzierung deutliche Vorteile gegenüber einer alleinigen nichtoperativen Behandlung hat.

Zur Meldung und den Beschlüssen des G-BA

Vorstand des BDC|Nordrhein wiedergewählt

Der BDC gratuliert Herrn Dr. Sven Gregor zu seiner Wiederwahl als Vorsitzender des BDC|Nordrhein und Herrn PD Dr. Peter Fellmer zu seiner Wiederwahl als stellvertretenden Vorsitzenden und Regionalvertreter der niedergelassenen Chirurginnen und Chirurginnen in der Region Nordrhein. Herzlichen Glückwunsch und viel Energie und Freude weiterhin in Ihrer Funktion!

Einladung zum Jahrestreffen des BDC|Mecklenburg-Vorpommern 2025

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Ambitionen der Politik im Hinblick auf Veränderungen Gesundheitswesen bleiben groß. Die Kampfansage an die meisten elektiven Operationen im stationären Kontext wurde verschärft, die Kalkulation entsprechender Hybrid-DRGs wird erwartungsgemäß knapp bis unzureichend sein. Was bedeutet das für operativ tätige Chirurgen in Praxis und Klinik; wohin wird sich die Grund- und Regelversorgung entwickeln? Wie werden sich Aus- und Weiterbildung verändern?

Neben diesen und angrenzenden berufspolitischen Themen wollen wir an diesem Abend zum Zwecke unserer Fortbildung auch ein kleines wissenschaftliches Programm anbieten. Im Anschluss findet turnusgemäß die Wahl des/der neuen Vorsitzenden und Stellvertreter sowie der Regionalvertreter NL unseres Landesverbands statt, Vorschläge willkommen!

22.09.2025
19:00 Uhr
Restaurant Hotel Kronprinz
Lange Straße 22, 17489 Greifswald

Wir bitten Sie um Ihre Anmeldung bis spätestens 17.09.2025 per Mail an:
lutz.wilhelm@kkh-demmin.de.

Bitte beachten Sie die Agenda zur Veranstaltung. Wir freuen uns auf den Austausch!

Mit freundlichen Grüßen

Priv.-Doz. Dr. Lutz Wilhelm
Landesverbandsvorsitzender
Dr. med. Christoph Prinz
Stellv. Landesverbandsvorsitz
Dr. Thomas Nowotny
Regionalvertreter NL
Dr. Andreas Oling
Stellv. Regionalvertreter NL