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Elektronische Patientenakte: Hochlaufphase anstelle Roll-out

Die elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten, die keinen Widerspruch eingelegt haben, soll in den „kommenden Wochen in die Hochlaufphase eintreten können“. Das teilt Noch-Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) am 8. April bei seiner Eröffnungsrede zur Digital-Health-Messe DMEA in Berlin mit. Neu ist außerdem: Für Ärzte bleibt die Teilnahme zunächst freiwillig.

Mit dem Verlauf der Pilotphase zeigt sich Lauterbach „sehr zufrieden“. In den Modellregionen würden derzeit 280.000 ePA pro Woche geöffnet. Die Sicherheitslücken beim Thema Massenzugriff habe man beseitigen können. Technisch sei man ebenfalls zufrieden. Deswegen könne „die nächste Stufe der Testung außerhalb der Modellregionen“ in den kommenden Wochen beginnen. Man gehe nach drei Maßgaben vor. Erstens: Sicherheit habe immer Vorrang. Zweitens: „Wir werden die nächste Stufe immer erst einführen, wenn wir die Stufe davor gründlich getestet haben.“ Drittens: „Niemand soll dafür bestraft werden, wenn etwas nicht funktioniert, was er selbst nicht kontrollieren kann.“ Verpflichtungen und Sanktionen für Ärzte soll es folglich erst einmal nicht geben. Genaue Angaben zum Zeitplan oder dem Ausmaß der „Hochlaufphase“ nennt der Minister nicht.

Update:

Die elektronische Patientenakte soll ab Ende April in ganz Deutschland genutzt werden können und ab Oktober in Arztpraxen und Kliniken verpflichtend werden. Das geht aus einem in Berlin bekanntgewordenen Brief von Professor Lauterbach an die Gesellschafter der Digitalagentur Gematik hervor, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorantreibt.

Quellen: Ärztenachrichtendienst; Operation Gesundheitswesen der Presseagentur Gesundheit

Weitere Informationen des BMG: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/epa-vorteile/

Gematik informiert Praxen über elektronische Patientenakte

Die TI-Betreibergesellschaft Gematik sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) informieren die Niedergelassenen im Rahmen einer Online-Veranstaltung am 2. Oktober über die elektronische Patientenakte ab dem Jahr 2025.

Die Veranstaltung „gematik digital: ePA für alle“ läuft von 17 bis 18.30. „Was auf Niedergelassene zukommt, welche Anforderungen sie in der Praxis erfüllen sollen und wie sie sich am besten vorbereiten können, erläutern Experten der gematik und der KBV. Dabei wird es um die Chancen und Vorteile gehen, aber auch um den aktuellen Entwicklungsstand der ePA. Unter anderem wird eine vorläufige Test-Version der ePA demonstriert“, heißt es in der Ankündigung.

Zudem gebe es Einschätzungen aus juristischer Perspektive sowie einen Ausblick auf die nächsten Entwicklungsschritte der Anwendungen. Abschließend könnten Fragen gestellt werden.

Für die Teilnahme ist eine Anmeldung erforderlich. Klicken Sie hier für weitere Informationen.

Quelle: änd

Editorial zur Digitalisierung in der Chirurgie

Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser,

ich bin ein begeisterter Verfechter und Unterstützer der digitalen Transformation. Die digitale Transformation im Gesundheitswesen ist weit mehr als Robotik. Sie ist digitale Pflege, Telechirurgie, digitales Patienten-, Dokumenten- und Prozessmanagement sowie fachspezifisches Informationsmanagement, um nur einige Schlagwörter zu nennen. Aber eines ist auch klar, aus schlechten analogen Prozessen werden keine guten digitalen Prozesse. Das Einscannen von per Fax erhaltenen Dokumenten als PDF-Datei in die ePatientenakte oder das klinische Dokumentationssystem hat nichts mit Digitalisierung zu tun. Die Robotik mag spektakulär sein, aber wir Ärzte müssen uns auch um die anderen Bereiche kümmern. Aber nicht alles muss digitalisiert werden, nur weil es zurzeit modern, schick und innovativ klingt.

Die Digitalisierung ist zu einem „Gamechanger“ gerade in der Medizin und im Gesundheitswesen geworden. Als Gamechanger wird eine Person oder eine Idee bezeichnet, die das herkömmliche Vorgehen radikal verändert. Sie revolutionieren umfassende Bereiche in der Wirtschaft sowie Gesellschaft und damit auch das Gesundheitswesen. Leider hinkt das Gesundheitswesen in Deutschland diesbezüglich ein wenig hinterher. Smart Hospital, das eRezept und das Fiasko um die ePatientenakte, aber auch, dass immer noch viele Praxen mit dem Fax und 24-Nadel-Drucker arbeiten, zeigen uns sehr deutlich, dass eine gute Idee durch eine suboptimale und viel zu langsame Umsetzung ihr Potenzial nicht entfalten kann. Vielfach reibt man sich in bürokratischen Diskussionen und Kämpfen auf Nebenschauplätzen auf. Die starke Regulierung des deutschen Gesundheitswesens ist hier Fluch und Segen zugleich. Ich hatte in den letzten Monaten und Wochen zahlreiche Kontakte zu jungen Menschen und digitalen Projekten im Bereich des Gesundheitswesens. Vielfach war ich über deren Elan und Zukunftsvision erstaunt und begeistert. Ich fragte mich mitunter:

• Warum ist uns Ärzten diese Idee nicht gekommen?

• Warum treiben wir dieses Feld nicht voran?

• Wo ist unsere Begeisterung geblieben?

Es scheint so zu sein, dass wir Ärzte zu tief in den eigenen Strukturen und mitunter veralteten Prozessen verhaftet sind.

Aber auch die noch deutliche Zurückhaltung der Ärzte in den Kliniken und Praxen ist ein Ausdruck für diese Entwicklung. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Digitalisierung finanzieller Investition und personeller Ressourcen bedarf. Diese sind mitunter nicht gänzlich in den Vergütungsstrukturen medizinischer Leistungen abgebildet. Digitalisierung kostet Geld, gerade weil wir sie in der Vergangenheit zu sehr vernachlässigt haben. Es gibt noch zu wenige digitale Hub-Initiativen oder Innovations-Labs an deutschen Kliniken. Hier müssen wir besser und schneller werden. Die Wirtschaft und andere Bereiche machen es uns erfolgreich vor. Das Potenzial haben wir allemal.

In der Zeit der Pandemie haben wir aber auch neue Modelle der medizinischen Fort- und Weiterbildung durch den Wegfall von Präsenzkongressen erfahren dürfen. In Zukunft werden wir sogenannte Hybridkongresse mit Präsenz- und Onlineveranstaltungen erleben. Und ja, dies ist aus meiner Sicht ein enormer Fortschritt, den wir der Pandemie zu verdanken haben. Das digitale Logbuch wird in der Weiterbildung endlich Einzug halten und steht bereit. Eine Beurteilung der technischen Umsetzung diesbezüglich ist abschließend noch nicht möglich. Ich hoffe, dass hier eine Ärztekammer übergreifende, landesweit gute, machbare und interoperable sowie anwenderfreundliche Lösung finden wird.

In dieser Ausgabe möchten wir Ihnen wieder ein wenig die digitale Welt näherbringen. Die Entwicklungen sind rasant und scheinen uns mitunter auch in der Fülle zu überfordern. Es gibt aber auch sehr positive und ermunternde Ideen und Projekte.

Ich glaube, dass es uns in dieser Ausgabe wieder gelungen ist, eine breite Themenwahl zur Digitalisierung aufzuzeigen. Zwei Start-ups aus dem medizinischen Bereich berichten über ihre Erfahrungen und Ideen. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass das digitale Lernen, die digitale Vorlesung richtig eingesetzt ein brauchbares Tool in der Medizinausbildung sein kann. Hierzu wird uns in dieser Ausgabe der bvmd die studentische Perspektive und die Erfahrungen mit dem digitalen Studium und deren Potenzial berichten. Ich freue mich sehr, dass der Vizepräsident des BDC, Dr. Kalbe, über den Stand der praktischen Digitalisierung in der Praxis berichten wird. Ich wünsche mir sehr, dass die Themenauswahl Ihr Interesse weckt.

Abschließend möchte ich Sie aufrufen: Werden auch Sie ein Gamechanger in der digitalen Chirurgie und fragen sich regelmäßig, wie man Tätigkeiten anders machen kann, führen Sie Gespräche mit inspirierenden Menschen, gern auch abseits der eigenen Profession. Versuchen Sie quer zu denken. Nichts ist unmöglich, vieles machbar. Seien Sie disruptiv. Folgen Sie in den sozialen Netzwerken Zukunftsforschern und versuchen Sie Ihre berufliche Zukunft durch starke emotionale Bilder zu visualisieren.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir Ärzte, und besonders Chirurgen, die Taktgeber und Macher der digitalen Transformation im Gesundheitswesen sein müssen. Wir wissen, was möglich, notwendig und erforderlich ist.

Freuen Sie sich aber auch auf eines der nächsten Themenhefte zur Digitalisierung, in dem wir uns mit modernen technischen Lösungen z. B. Blockchain- und Cloudlösungen sowie künstlicher Intelligenz und Virtual Reality in der Medizin und insbesondere in der Chirurgie beschäftigen werden.

Viel Spaß beim Lesen!

Krüger M: Editorial Digitalisierung in der Chirurgie. Passion Chirurgie. 2021 Mai; 11(05): Artikel 01.

Bundesgesundheitsminister Spahn konkretisiert Digitalisierungsoffensive

Vom Konjunkturprogramm der Bundesregierung profitieren auch die Krankenhäuser in Milliardenhöhe. Jetzt hat Gesundheitsminister Jens Spahn einen Entwurf für ein Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) vorgelegt, in dem er darlegt, wie die Mittel verwendet werden sollen. Bereits als das Konjunkturprogramm beschlossen wurde, machte Spahn deutlich, dass insbesondere die Digitalisierung in den Krankenhäusern vorangetrieben werden soll: Gefördert werden demzufolge Investitionen in moderne Notfallkapazitäten und in eine bessere digitale Infrastruktur, wie zum Beispiel Patientenportale, elektronische Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen, digitales Medikationsmanagement. 15 Prozent der Fördersumme soll in IT-Sicherheit investiert werden. Darüber hinaus sind die Gelder für eine verbesserte sektorenübergreifende regionale Versorgung vorgesehen.

Der Erfolg der Fördermaßnahmen soll durch eine Evaluation Mitte nächsten Jahres und Mitte 2023 geprüft werden. Dabei wird der digitale Reifegrad – nicht nur der geförderten – sondern aller Krankenhäuser in Deutschland erhoben.

Die Gelder werden in einem Krankenhauszukunftsfonds gebündelt und über den bereits bestehenden Krankenhausstrukturfonds verwaltet werden: 70 Prozent der Förderung trägt der Bund, die restlichen 30 Prozent sollen über die Länder beziehungsweise Krankenhausträger finanziert werden.