Alle Artikel von Prof. Dr. Dr. med. Peter Schmittenbecher

Rezension: Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter

Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter
Lutz von Laer, Dorien Schneidmüller, Anna-Kathrin Hell
7. vollständig überarbeitete Auflage 2020
488 S. , 660 Abb.
199,99 Euro
ISBN: 9783132417564

Beim Verlag bestellen: https://bit.ly/Rezension-Frakturen

Die 7. Auflage des „von Laer“ kommt in neuem Format, mit neuen Ko-Autorinnen und mit mancher inhaltlichen Veränderungen auf einen Markt, der sich in den letzten Jahrzehnten vielseitiger gestaltet hat. Dennoch gilt dieses Buch in vielen Fachgesprächen, bei Kongressen und in Gutachten sowie bei Gericht als deutschsprachiges Standardwerk der Kindertraumatologie und es gehört sicher unverändert in den Schrank eines jeden kindertraumatologisch aktiven Kinderchirurgen, Unfallchirurgen oder Kinderorthopäden.

Im Vorwort der aktuellen Auflage wird die Notwendigkeit einer guten Kommunikation mit dem Patienten und seinen Eltern dankenswerterweise hervorgehoben. Der allgemeine Teil mit Grundsätzlichem, Philosophischem und Kritischem zu Wachstum, Heilung und deren Störung, zu Verletzung, Prognose und Prävention sowie zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge umfasst mit fast 100 Seiten etwa ein Viertel des Buchvolumens. Ihm folgen im speziellen Teil die einzelnen Verletzungsregionen, besondere Konstellationen (Misshandlung, Geburtstrauma, pathologische Frakturen) und besondere Lokalisationen (Becken, Wirbelsäule).

Ein Highlight sind unverändert die Ausführungen zum Wachstum und seinen Störungen sowie zur Wachstumsprognose. Neue klinische Bilder z. B. zu Rotationsfehlern oder Achsendeformitäten erleichtern die Übertragung des Gelesenen in die tägliche klinische Anwendung. Auch die vielen treffenden Röntgenbilder in den theoretischen und grundsätzlichen Kapiteln sind ein absoluter Pluspunkt. Die weltweit akzeptierte und in vielen Publikationen angewandte AO-Klassifikation wird jetzt zumindest auf einer Seite dargelegt. Im Diagnostikkapitel ist die kritische Betrachtung unreflektierter Bildgebung für viele lehrreich, man benötigt sicher nicht alle Bilder, die gemacht werden! Einzelne, als obsolet bezeichnete Methoden wie die Arthrografie können im gut begründeten Einzelfall intraoperativ (Radiushalsfraktur vor Erscheinen des Kopfkernes) hilfreich sein. Die zunehmenden Möglichkeiten der Ultraschalldiagnostik werden auch in der neuen Auflage nur limitiert erwähnt. In der Therapieübersicht findet man neue, instruktive Bilder zur Gipskeilung. Zur Nachsorge wird viel Praktisches und Pragmatisches bzgl. der radiologischen und klinisch-funktionellen Kontrollen dargelegt. Der Schulsport sollte dagegen in Zeiten von Bewegungsarmut und selbstgewählter Mobilitätsbeschränkung nicht zu kritisch gesehen, sondern eher in seiner Notwendigkeit unterstützt werden.

Die sperrigen und international völlig unüblichen und schwer verständlichen Begriffe „Fugenschaft- und Fugengelenkfrakturen“ müssen aufgrund der Wortschöpfung durch den Erstautor wohl ebenso bleiben wie die „Drohgebärde“ der Kadi-Läsionen, die zwar gerne zitiert wird, aber an der Verkennung der entsprechenden Diagnosen kaum etwas geändert hat.

Im speziellen Teil imponieren der systematische Aufbau der einzelnen Kapitel, die instruktiven tabellarischen Übersichten an den Kapitelanfängen und die Algorithmen und nochmals mehr als in den früheren Auflagen das sehr gute und breit gefächerte Bildmaterial, das auch vor seltenen Problemen nicht Halt macht. Da entschuldigt man, dass einzelne Bilder (z. B. Abb. 21.4 und 5, Abb. 25.20) „produziert“ erscheinen. An der Klavikula ist die ESIN bei distalen und proximalen Frakturen allerdings eher ungeeignet, bei Schaftfrakturen von Sportlern aber durchaus indiziert; hierzu fehlen leider technische Tipps und Bilder. Am Ellenbogen wird das Vorgehen suprakondylär, kondylär und am proximalen Radius differenziert dargelegt, diese Kapitel sind hervorragend ausgearbeitet und bieten eine solche Vielzahl an Bildern und Aspekten, dass sich schon dafür der erneute Kauf des Buches lohnt. Leider findet der Fixateur nach Slongo suprakondylär zur Vermeidung einer offenen Reposition – obwohl klinisch vielfach bewährt – weiterhin keine Erwähnung. Er erspart den dorsalen offenen Zugang! Und auch bei der Korrektur ist er weniger aufwändig als die in Kapitel 21 dargestellten Systeme. Würde man beim Radiuskopf (nicht Köpfchen – Caput radii, nicht Capitulum) den intramedullären Nagel immer belassen, wäre die direkte Freigabe zur Bewegung möglich, was funktionell positiv sein kann. Bei der Monteggiaverletzung kann die sehr proximale Ulnafraktur auch mit einem von distal eingebrachten ESIN statt mit einer Platte versorgt werden. Trotz dieser kritischen Anmerkungen profitiert jeder Kindertraumatologe davon, die Ellenbogenkapitel dieses Buches zu studieren. Am Unterarmschaft sind die Therapieempfehlungen deutlich aktiver und operativer geworden, diese Entwicklung der letzten Jahre wird gut nachvollzogen dargelegt und wohl begründet.

An der unteren Extremität werden die kritischen Lokalisationen Schenkelhals, Knie, proximale Tibia und Sprunggelenk ihrer Bedeutung entsprechend hervorragend abgehandelt. Dazu sind rund ums Knie die vielen guten Abbildungen wieder eine reine Freude des Lesers. Nichts ist lückenlos und vieles bleibt sicher auch bei der großen Erfahrung der AutorInnen individuell; so kann am Schenkelhals die Hüftplatte gerne auch für die laterale Fraktur und zur Korrektur eingesetzt werden, subtrochantär kann die ESIN auch geschlossen erfolgen. Am Femurschaft kann man den verriegelten ESIN/Endcaps primär belasten. Bei der Eminentiafraktur ist bildlich leider nur ein „historischer Fall mit retrograder Schraube“ dargestellt. Die anti-varische Effizienz der ESIN am (isolierten) Tibiaschaft hängt von der korrekten technischen Realisation ab. Am OSG studiert man wieder gerne die weiter verbesserten Skizzen zu den verschiedenen Frakturen. Die fehlende Beurteilbarkeit resorbierbarer Implantate hätte sich mit neuerer Literatur als der von 2008 überzeugender angehört. Das Battered Child kommt leider zu kurz, gerade dem Unerfahreneren könnten hier mehr typische Frakturen gezeigt werden, damit er sie als verdächtig erkennt. Auch bei den Geburtstraumen lässt die sonst so reichliche Bebilderung zu wünschen übrig. Bei den pathologischen Frakturen durch juvenile Knochenzysten sollte die diagnostische Effizienz einer Stanzbiopsie nochmals überdacht werden, da ja die potentielle Malignität an jeder Ecke versteckt sein könnte; nutzen würde dann nur die radikale Curretage.

Erfreulicherweise ist das Literaturverzeichnis wieder ausgedruckt verfügbar.

Der „von Laer“ bleibt, was er immer war: Ein hervorragendes kindertraumatologisches Lehrbuch, das auf einer klinischen Erfahrung aufbaut, die ihresgleichen sucht. Besonders die kritischen Kommentare zu allzu Etabliertem sind erfrischend und regen zum Nachdenken an. Der Griff zum neuen „von Laer“ wird sich weiterhin lohnen.

Schmittenbecher P: Rezension: Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter. Passion Chirurgie. 2020 Dezember, 10(12): Artikel 04_06.

Editorial: Fehlbildungen im Fokus der Kinderchirurgie

Ein Herzstück der Kinderchirurgie ist die Korrektur von Fehlbildungen an den Organen des Thorax und des Abdomen, am Zwerchfell sowie bei Spaltbildungen an den Bauchdecken oder dem Neuralrohr. Meist sprechen wir von den „angeborenen Fehlbildungen“, einem Pleonasmus ähnlich dem weißen Schimmel, da es erworbene Fehlbildungen nicht gibt. Aus der Beschäftigung mit diesen Fehlbildungen ist die Kinderchirurgie entstanden. Die Entwicklungen der Kinderanästhesie und der Neonatologie haben entscheidend geholfen, Letalität und Mortalität dieser Fehlbildungen zu reduzieren, während die Pränatalmedizin dem frühen Erkennen, der ggf. gewünschten Schwangerschaftsunterbrechung, teilweise einer intrauterinen Behandlung, aber vor allem der guten elterlichen und ärztlichen Vorbereitung auf das Kommende den Weg bereitet hat. In Summe kommen heute etwa 200 Kinder/Jahr in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Fehlbildung wie Ösophagusatresie, Bauchwanddefekt, Zwerchfellhernie oder Morbus Hirschsprung auf die Welt.

Schmedding und Rolle erläutern in ihrer Arbeit sehr deutlich, wie die angestiegene Zahl der Perinatalzentren Level 1 und der kinderchirurgischen Abteilungen zwangsläufig zu einer Diversifikation der ärztlichen und pflegerischen Expertise in der Betreuung dieser Kinder führt. Die Zahlen pro Abteilung sind häufig zu klein, um relevante Erfahrung zu sammeln, diese im Rahmen der Weiterbildung an die nächste Generation zu transferieren und neue Techniken wie die minimal-invasive Chirurgie zu etablieren. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft hat sich deshalb vor einigen Jahren in einem Zukunftspapier klar auf eine Zentralisierung im Rahmen kooperativer lokaler Strukturen festgelegt. Ein Kern der Zukunftsgestaltung soll ein Register für ausgesuchte Fehlbildungen sein, dessen Realisierung von den o. g. Autoren entscheidend vorangetrieben wird. Dabei sind die Einbindung von Selbsthilfeorganisationen und die Abstimmung mit europäischen Initiativen (ERN = European Reference Networks) von großer Wichtigkeit.

Der Fallbericht von Schuster demonstriert exemplarisch das gute Management einer sehr seltenen und komplexen Fehlbildung durch die kooperative Summation der operativen Erfahrung. Er macht aber auch deutlich, wie wichtig es ist, dass in einem Perinatalzentrum Level 1 Neonatologie, Kinderchirurgie, Kinderradiologie und Kinderanästhesie reell vor Ort sind und fundiert auf langjährigem Erfahrungsschatz einen zielführenden Behandlungspfad entwickeln können.

Kinderchirurgie ist ein unentbehrlicher Anteil einer adäquaten und kindgerechten Daseinsfürsorge für die Jüngsten unserer Gesellschaft. Kindermedizin besteht aus mehr als klinisch-konservativer Kinder- und Jugendmedizin und kinderärztlich-hausärztlicher Betreuung. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie favorisiert für die Zukunft das „Zentrum für konservative und operative Kinder- und Jugendheilkunde“ in echtem und gelebtem Schulterschluss von Pädiatrie und Kinderchirurgie. Die chirurgischen Kollegen können das nachhaltig unterstützen, indem sie den Kinderchirurgen in der operativen Community die Luft zum Atmen, den Raum zum Entwickeln und das ausreichende Spektrum zum Dasein und Überleben überlassen. Und wir Kinderchirurgen müssen bei der Breite unseres Faches immer wieder erkennen, dass wir an bestimmten Stellen die kooperative Unterstützung anderer operativer Fachbereiche benötigen. Kooperation in alle Richtungen zum Wohle der uns anvertrauten Kinder!

Schmittenbecher PP: Editorial Fehlbildungen im Fokus der Kinderchirurgie. Passion Chirurgie. 2020 Mai; 10(05): Artikel 01.

Rezension: Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter

Die 6. Auflage des „von Laer“ zu rezensieren bedeutet eigentlich, Eulen nach Athen zu tragen. Seit der ersten Auflage 1986 in einem Rhythmus von fünf bis sechs Jahren bearbeitet und angepasst, gehört dieses deutschsprachige Standardwerk der Kindertraumatologie trotz einiger Konkurrenzprodukte unverändert in den Schrank eines jeden kindertraumatologisch aktiven Kinderchirurgen, Unfallchirurgen oder Kinderorthopäden.

 


Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter
6., überarbeitete und erweiterte Auflage 2012
512 S., 1380 Abb., PDF
Thieme Verlag
ISBN: 9783131573162, € 199,99

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Im Vorwort der aktuellen Auflage wird die kritische Sicht auf das, was aktuell im Gesundheitswesen passiert, deutlich, wenn Patienten-zentrierte Medizin gefordert wird, verbunden mit der Warnung, die Effizienz nicht der Wirtschaftlichkeit unterzuordnen. Die ersten 100 Seiten beschäftigen sich dann – wie gewohnt – mit Grundsätzlichem zu Wachstum, Heilung und deren Störung, zu Verletzung, Prognose und Prävention sowie zu Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Auf den weiteren 400 Seiten werden die einzelnen Verletzungsregionen von der Schulter bis zum Finger und von der Hüfte bis zum Zeh systematisch abgehandelt, bevor besondere Konstellationen (Misshandlung, Geburtstrauma, pathologische Frakturen) und Lokalisationen (Becken, Wirbelsäule) das Werk beschließen.

Ein Highlight zu Beginn sind die Ausführungen zum Wachstum und seinen Störungen. Kaum einer wird sich so intensiv mit dieser Thematik beschäftigt haben wie der Erstautor des Buches. Gute Bildbeispiele und der reich dargelegte klinische Erfahrungsschatz machen hier das Verständnis von Spontankorrekturen resp. stimulierenden und hemmenden Wachstumsstörungen leicht. Leider scheinen die sperrigen, unüblichen und auf Kongressen immer wieder mit Unverständnis registrierten Begriffe „Fugenschaft- und Fugengelenkfrakturen“ ebenso unvermeidlich zu sein wie die alleinige Nutzung der Klassifikation nach LiLa, die der weltweit akzeptierten AO-Klassifikation sehr ähnlich ist, deren konkurrierende Nutzung aber eine international einheitliche Sprache verhindert. Im Diagnostikkapitel ist die kritische Auseinandersetzung mit der Röntgendiagnostik, v. a. der Darstellung der unverletzten Gegenseite und der Häufigkeit von Verlaufskontrollen ebenso erfreulich akzentuiert wie es das Plazet gegen „aggressive“ invasive Diagnostik ist. Die Kadi-Läsionen haben dagegen leider ein schwieriges begriffliches Eigenleben entwickelt, werden von vielen Vortragenden mehr drohend als warnend zitiert und konnten dennoch an der Verkennung der entsprechenden Diagnosen kaum etwas Relevantes ändern. Die zunehmenden Möglichkeiten der Ultraschalldiagnostik werden leider nur stiefmütterlich erwähnt. In der Therapieübersicht erscheint der Fixateur externe bei den geschlossenen Verfahren gegenüber den intramedullären Verfahren überbewertet, während Schrauben und Platten nur unter den offenen Repositionsverfahren aufgeführt werden, obwohl sie ja auch indirekt und gedeckt zum Einsatz kommen. Mit unverhohlener und berechtigter Kritik am „DRG-Schmuck-Draht“ geht es dann zum speziellen Teil weiter.

Dieser Teil ist durch den systematischen Aufbau der einzelnen Abschnitte mit der Besprechung von Frakturformen, Diagnostik, Wachstumsstörungen und Spontankorrekturen sowie Therapie und Nachsorge und den instruktiven tabellarischen Übersichten an den Kapitelanfängen geprägt. Das Kapitel zu den Ellenbogenfrakturen hat seine inhaltliche Spitzenstellung verteidigt. Hier wird die individuelle Erfahrung der Autoren mit den spezifischen und speziellen Problemen dieser Region besonders deutlich. Die Darlegung des differenzierten Vorgehens suprakondylär, kondylär und am proximalen Radius brilliert. Am Unterarmschaft erhält die Problematik der Grünholzfraktur adäquaten Platz, wenn auch das Bildbeispiel von zu dünnen Nägeln und zu früher Metallentfernung gekennzeichnet ist. An der proximalen Tibia wird die besondere Affinität zu den Wachstumsproblemen erneut nachdrücklich unterstrichen, und am OSG studiert man immer wieder gerne die Skizzen zu den Übergangsfrakturen.

Rezension muss aber auch kritisch sein dürfen. Manches Bildmaterial (klinisch und Röntgen) entstammt sichtbar dem vergangenen Jahrhundert, und wenn dies auch deutlich macht, dass sich nicht alles seit der ersten Auflage geändert hat, würde der eine oder andere Austausch zu einem frischeren optischen Eindruck führen. Zur operativen Versorgung der Klavikulafraktur mittels ESIN wären technische Texthinweise und eine Abbildung hilfreich. Suprakondylär wird der Fixateur externe leider nur in der „eigenen“ Technik bildlich untermauert und es fehlt der Hinweis, dass der Vorteil der konkurrierenden Vorgehensweise nach Slongo auch darin besteht, eine offene Reposition zu verhindern. Bei der Behandlung des abgekippten Radiuskopfes (Caput radii, nicht Capitulum; „Köpfchen“ verniedlicht das Problem dieser Region [Zitat Pennig, Köln]) wird leider weiterhin der direkten intraoperativen Entfernung des intramedullären Nagels das Wort geredet, obwohl es mehrere Berichte sekundärer Dislokation gibt. Bei der Behandlung der instabilen Femurschaftfraktur wäre man den Autoren dankbar gewesen, wenn das Prinzip der Endcaps und des ALFN auch bildlich dargestellt worden wäre. Zur Zurückhaltung gegenüber einer frühzeitigen Operation der Kreuzbandruptur – entgegen dem in der Literatur belegten Trend der vergangenen Jahre – werden ausschließlich zehn Jahre alte Arbeiten zitiert. Verwundert registriert der Rezensent seinen eigenen Fall in Abb. 24.7 mit einem verfälschenden und inhaltlich nicht korrekten Abbildungstext. Die Darlegung von Korrekturen ohne Ringfixateure (bis auf ein Beispiel am Fuß) stellt eine nicht nachvollziehbare Fokussierung auf monolaterale Fixateure dar. Das nur online verfügbare Literaturverzeichnis ärgert den Leser, der schnell eine Referenz nachschlagen will.

Zusammenfassend ist und bleibt der Wert dieses Buches aber unbestritten. Trotz der neueren Werke von Weinberg, Marzi, Dietz und Mitarbeitern sowie Matussek bleibt der von Laer die erste Referenz. Der allgemeine Teil besticht auch in der 6. Auflage, im speziellen Teil findet man neben guten Skizzen und einprägsamen Merksätzen auch im laufenden Text viel Mahnendes und Leitendes. In schwierigen Einzelfällen wie im klinischen Alltag wird sich der Griff zum von Laer auch in den kommenden Jahren immer lohnen. Die 7. Auflage wäre 2018/2019 fällig. Der Leser wird wie bei den bisherigen Neuauflagen auch dann wieder gespannt sein dürfen, wenn auch das Vorwort zur 6. Auflage – und hier schließt sich der Kreis der Rezension – eine Zäsur angedeutet hat.

Schmittenbecher P. Rezension: Frakturen und Luxationen im Wachstumsalter. Passion Chirurgie. 2014 Juli; 4(07): Artikel 03_06.

Kinderchirurgie oder Chirurgie am Kind – macht die Weiterbildung den Unterschied?

In der Zeit, als die Kinderchirurgie noch ein Teilgebiet der Chirurgie war, erklärte mein allgemeinchirurgischer Chef einmal im Rahmen einer Diskussion um die Notwendigkeit und die Relevanz der Kinderchirurgie, dass er es sich durchaus zutrauen würde, einem 8-jährigen Patienten den Blinddarm zu entfernen. 20 Jahre später berichtete mir eine viszeralchirurgische Chefärztin von einem Jungen mit perforierter Appendizitis, bei dem sie nach der Appendektomie wegen der Unterbauchperitonitis eine lokale VAC-Behandlung angeschlossen und den Bauch erst nach einigen Tagen im Rahmen eines second look verschlossen habe.

Die beiden Geschichten umreißen das Spannungsfeld, in dem die Kinderchirurgie steht. Einerseits wird ein Eingriff exemplarisch herausgegriffen, den natürlich jeder Allgemeinchirurg ausführen kann. Die Kinderchirurgie definiert sich nicht über die Fähigkeit zur Appendektomie im Schulalter! Dies ist nicht eine sogenannte Indexdiagnose, an der man die Notwendigkeit einer Kinderchirurgie festmachen kann. Kein Viszeralchirurg würde seine fachliche Expertise an einer der einfachsten und gängigsten Diagnosen resp. Operationen festmachen. Andererseits kommt bei einem Kind mit dem abdominellen VAC ein Verfahren zur Anwendung, das der Autor selbst in mehr als 25 Jahren kinderchirurgischer Tätigkeit nie einsetzen musste. Hier wird für diese sicher nicht spezifisch kinderchirurgische Operation eine spezielle Prozedur aus der Erwachsenenchirurgie übertragen, möglicherweise mangels Erfahrung mit der Situation im Kindesalter. Trifft hier etwa zu, was Wilkesmann und Jang in ihrem Artikel „Nichtwissen im chirurgischen Krankenhausalltag“ dem Bereich „Ich weiß nicht, dass ich etwas nicht weiß“ zugeordnet haben [16]? Auf jeden Fall zeigt dieses Beispiel, dass Chirurgie am Kind nicht gleich Kinderchirurgie ist.

Die Literatur enthält über das vorgenannte und auch in der Literatur beschriebene Beispiel Appendektomie [1] hinaus verschiedene Hinweise für unterschiedliche Resultate bei gleicher Diagnose in Abhängigkeit davon, ob die Operation kinderchirurgisch oder allgemeinchirurgisch erfolgte. Dies betrifft beispielsweise die Rate duodenaler Schleimhautverletzungen bei der Pyloromyotomie [2,3,13], die Quote operativer Interventionen bei der Invagination [4,5] oder die Zahl der Laparotomien und der Splenektomien bei den stumpfen Milzverletzungen [12]. Vergleichbare Daten liegen für urologische und neurochirurgische Eingriffe vor [14].

Operativ-technische Erfahrung „im Bauch“, „am Urogenitaltrakt“ oder „am Skelett“ ersetzt also nicht die Expertise im kinderchirurgischen Bereich. Dies zeigen auch Analysen der englischen Kollegen, die für Allgemeinchirurgen eine feste Rotation in eine qualifizierte kinderchirurgische Abteilung fordern und konkrete operative Erfahrung in sog. allgemein-kinderchirurgischen Fällen wie Leistenhernie, Invagination oder akutes Skrotum für erforderlich halten, um in den Distriktkrankenhäusern eine qualitativ vernünftige Medizin vorhalten zu können, wenn die nächste Kinderchirurgie weiter entfernt ist [9-11]. Überträgt man diese britische Perspektive auf die BRD, ist hier der Aspekt zu diskutieren, dass bei nicht erreichbarer kinderchirurgischer Flächendeckung die Versorgung akut erkrankter oder verletzter Kinder zwangsläufig vielerorts von anderen operativen Fachgebieten durchgeführt werden muss. Daraus ist in Analogie zu den zuvor zitierten Überlegungen die Notwendigkeit einer kinderspezifischen Operationserfahrung im entsprechenden Teilbereich zu diskutieren. Die DGUV als Dachverband der berufsgenossenschaftlichen Versicherungen ist als erste Institution den Weg gegangen, seit Jahresbeginn nicht nur von jedem D-Arzt eine regelmäßige spezifische kindertraumatologische Fortbildung zu fordern, sondern auch für das sog. Verletzungsartenverfahren (VAV), also für die Erlaubnis zur stationären Behandlung bestimmter komplexerer Verletzungen eine persönliche kindertraumatologische Erfahrung in Form eines OP-Kataloges zu definieren [6].

Umgekehrt: Kinderchirurgische Operationserfahrung ersetzt nicht grundsätzlich Erfahrung „im Bauch“, „am Urogenitaltrakt“ oder „am Skelett“. Der kinderchirurgisch Weitergebildete kann nicht per se eine Expertise ad personam für das gesamte kinderchirurgische Spektrum in seiner Breite und in der organspezifischen Tiefe begründen. Erfahrungen in anderen operativen Fachgebieten (während der Basischirurgie oder darüber hinaus) sind immer hilfreich, und oft erfährt das kinderchirurgische Team auf der Oberarzt- und Facharztebene eine Fokussierung einzelner Kollegen auf eine der Subspezialitäten. Aber auch der entsprechend traumatologisch fokussierte und versierte Kinderchirurg bedarf der fachlichen Unterstützung bei Wirbelsäule, Becken, Hüfte, komplexen Verletzungen oder Korrekturosteotomien, und mancher urologisch versierte Kinderchirurg bei Blasenersatz oder Inkontinenz-Korrektur. Eine alleinige Zuständigkeit einer Seite ex cathedra kann und soll nicht die zukünftige Versorgungsstruktur bestimmen.

Die Neugeborenenchirurgie ist dagegen ein unstrittig der Kinderchirurgie zugeordnetes Kerngebiet des Faches. Es ist heute ein signifikantes Überleben auch schwerer Fehlbildungen dank intensivmedizinischer, anaesthesiologischer und kinderchirurgisch-operationstechni-scher Entwicklungen realisiert [8]. Mit dem gBA-Beschluss zur Versorgung Frühgeborener ist die Forderung nach der Einbindung der Kinderchirurgie erstmals für einen umrissenen Bereich festgeschrieben und die Anerkennung als Neonatalzentrum Level I sogar davon abhängig gemacht worden. Dies ist positiv festzuhalten, auch wenn es dazu geführt hat, dass eine ganze Reihe kleiner kinderchirurgischer Einheiten gegründet wurden, um die Zulassung zur Behandlung von Frühgeborenen nicht zu verlieren, was unter dem Aspekt der Weiterbildung wegen des sog. „case load“ pro Klinik Probleme auslösen kann. Und: Wenn die Neugeborenenchirurgie auch dem Kinderchirurgen vielerorts unstrittig überlassen wird, reicht dies nicht aus, um eine wirtschaftlich überlebensfähige klinische Einheit zu konstruieren. Ohne überlebensfähige Kliniken wird aber keine Kinderchirurgie gepflegt, und wer soll dann – hier schließt sich der Kreis zu den britischen Überlegungen – andere operative Fachkollegen in den Besonderheiten der Kinderchirurgie trainieren?

Ein weiterer Aspekt kinderspezifischer Medizin darf nicht fehlen: die strukturellen Voraussetzungen im stationären Betreuungsbereich. Sicher sind heute die Zeiten vorbei, in denen Kinder auf allgemeinen Stationen zwischen Senioren oder jungen Erwachsenen gelegen haben. Häufig ist eine operative Kinderstation vorhanden, die von pädiatrischer Seite mit betreut wird. Aber erstens hält auch auf der Stufe der Maximalversorgung nicht jede Klinik eine pädiatrische Abteilung vor, und zweitens ist der Pädiater in der postoperativen Betreuung nicht der geborene Fachmann (wie der Internist nicht für den operierten Erwachsenen). Es sollte also der operative Teil der Betreuung nicht herausgeschnitten und der Rest einer nicht-chirurgischen Fachabteilung überlassen werden. Wer nicht nur Chirurgie am Kind, sondern Kinderchirurgie betreiben will, sollte sich auch im prä- und postoperativen Management der Kinder in den verschiedenen Altersklassen auskennen. Dies soll den Wert einer engen Kooperation mit den pädiatrischen Kollegen in Fragen der Intensivmedizin und vielem mehr in keiner Weise mindern. Nahrungsaufbau und postoperative Erfordernisse koordinieren sich aber besser in einer als in zwei Händen.

Die Kinderchirurgie war lange Teilgebiet der Chirurgie. Nach abgeschlossener allgemeinchirurgischer Weiterbildung schloss sich früher eine zweijährige Zusatzweiterbildung an, ergänzt durch ein pädiatrisches Jahr. Nach der Anerkennung als eigenständigem Fachgebiet wurden fünf Jahre kinderchirurgische und ein Jahr pädiatrische Erfahrung vermittelt. Heute folgen der zweijährigen Basischirurgie ein pädiatrisches und drei kinderchirurgische Weiterbildungsjahre. Daraus resultieren aktuell im Minimum vier Jahre ausschließlicher Beschäftigung mit Kindermedizin. Dagegen fordern bis zum heutigen Zeitpunkt weder die viszeralchirurgische noch die urologische oder orthopädisch-unfallchirurgische Weiterbildung eine Expertise im Umgang mit Patienten im Kindesalter oder benennen kinderspezifische Eingriffe im OP-Katalog. Postuliert wird jedoch unverändert die Zuständigkeit „in jedem Lebensalter“ trotz der Tatsache, dass durch lokale Gegebenheiten der Patientenzuordnung ein Facharzt seine Weiterbildung theoretisch und praktisch ohne einen einzigen kinderspezifischen Eingriff durchlaufen kann.

Die anstehende Überarbeitung der MWBO stellt die einzigartige Möglichkeit dar, durch die Formulierung spezifischer Inhalte Teilgebiete der operativen Kindermedizin zu definieren, um die besondere Expertise eines Chirurgen auf diesem speziellen Gebiet zu unterstreichen und die Qualifikation sichtbar zu machen. Eine solche Qualifikation kann dann aus verschiedenen Fachgebieten heraus erworben werden, so wie es für die Kinderorthopädie heute schon möglich ist. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie hat einen entsprechenden Vorschlag für die Bereiche Traumatologie, Urologie, Tumorchirurgie und Neugeborenenchirurgie auf die Arbeitsplattform der Bundesärztekammer eingestellt und versucht aktuell, in Arbeitsgruppen mit den Partnerfachgebieten Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Urologie Konsens-fähige Inhalte zu formulieren.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Je jünger sie sind, desto eher haben sie andere chirurgische Diagnosen. Bei gleicher Diagnose ist der Verlauf oft unterschiedlich. Bei vergleichbarem Verlauf haben sie andere strukturelle und psychosoziale Anforderungen. Und es darf nicht vergessen werden: Das Wachstum ist die vierte Dimension der täglichen Auseinandersetzung mit dem kranken und vor allem dem chirurgisch zu behandelnden Kind und muss auf der Basis entsprechender Erfahrung in alle Entscheidungen einbezogen werden. Trotzdem ist die Akzeptanz der Kinderchirurgie in der bundesdeutschen Krankenhauslandschaft durchaus unterschiedlich und entwicklungsfähig. Formale Zuständigkeiten sind unterschiedlich zugeteilt und das Aufgabengebiet des Kinderchirurgen ist nicht einheitlich umrissen. Die Weiterentwicklung eines jeden Faches ist aber auch abhängig von der wissenschaftlichen Aktivität [7]. Gerade in manchen Universitätskliniken sind kinderchirurgische Kliniken jedoch in ihrer Zuständigkeit begrenzt und könnten treffender als „pädiatrische Viszeralchirurgen“ umschrieben werden. Dies begrenzt auch die Chance auf gute wissenschaftliche Untersuchungen in Teilbereichen der Kinderchirurgie. Die oft fachlich viel breiter aufgestellten städtischen oder allgemeinnützigen Spitäler können dies mit ihrer an der Versorgung orientierten Personalstruktur nicht auffangen. Hier ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss notwendig, damit wissenschaftlich Kinderchirurgie betrieben wird, und nicht nur Aspekte einer Chirurgie am Kind zusammengetragen werden. Entsprechend hat die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie vor vielen Jahren ihre eigene Arbeitsgemeinschaft Kindertraumatologie aufgelöst und sich in der Sektion Kindertraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie mit den speziell interessierten Unfallchirurgen zusammengeschlossen. Gerade wird das zweite wissenschaftliche Arbeitstreffen von Vertretern beider Fachgebiete vorbereitet. Die AGs Kinderurologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie wie der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie haben im letzten Jahrzehnt zunehmend fachübergreifend kooperiert und interessante Fachdiskussionen sowie Leitlinienentwicklungen gemeinsam (durch-)geführt.

Die Inhalte der Weiterbildungsordnung sind nicht das entscheidende Kriterium für die praktische Abgrenzung der operativen Fächer voneinander. Prinzipielle Beschreibungen („…in jedem Lebensalter…“) und spezifische Inhalte der Weiterbildungskataloge („Operationen im Kindesalter“) überschneiden sich. Sicher kann jeder Chirurg auch ohne kinderchirurgische Weiterbildungszeit ein Kind operieren. Das ist Chirurgie am Kind, aber nicht zwangsläufig Kinderchirurgie. Kinderchirurgie im Sinne einer pädiatrischen Chirurgie erfordert eine auf Kinder ausgerichtete Einheit mit altersspezifischer Diagnostik (Kinderradiologie, Kinderkardiologie, Kindergastroenterologie), mit kindgerechter Anästhesie und Intensivmedizin, mit kinderchirurgischen, kindertraumatologischen, kinderurologischen und kinderneurochirurgischen Operationstechniken und einer auf die Betreuung, Nachsorge und Rehabilitation von Kindern eingestellten Station [15]. Wird dies alles allein durch die kinderchirurgische Weiterbildung gewährleistet? Nein, natürlich nicht. Aber die kinderchirurgische Weiterbildung garantiert eine konsequente Auseinandersetzung mit dem kranken Kind und die Durchführung einer Vielzahl von operativen Eingriffen bei Kindern verschiedener Altersgruppen, in der Regel eingebettet in eine kinderspezifische Krankenhausstruktur. Somit sind persönliche Expertise des Operateurs und strukturelles Ambiente kindgerecht.

Kinderchirurgie oder Chirurgie am Kind unterscheiden sich einerseits in der Erfahrung, die man persönlich in der Versorgung kranker Kinder gemacht hat, und andererseits in den Bedingungen, unter denen man die Kinder behandelt. Die Weiterbildung ist ein Schritt dahin, und die Vorschläge zur neuen Musterweiterbildungsordnung (MWBO) wollen die persönliche Qualifikation unterstreichen und – im Falle einer Umsetzung – besser sichtbar machen. Aber die Weiterbildung ist nicht der einzige Weg und nicht die conditio sine qua non. Wer mit kindgerechter Einstellung, in kindgerechtem Umfeld und mit kindgerechten Verfahren auf der Basis eines kind-zentrierten Weiterbildungs- oder Fortbildungsabschnittes ein Kind operiert, kann auch als Viszeralchirurg, Unfallchirurg oder Urologe Kinderchirurgie betreiben. Aber es geht um mehr, als einem 8-jährigen den Blinddarm zu entfernen.

Literatur

[1] Alexander F, Magnuson D, DiFiore J, Jirousek K, Secic M: Speciality versus generalist care of children with appendicitis: an outcome comparison. J Pediatr Surg 2001; 36:1510-1513

[2] Brain AJL, Roberts DS: Who should treat pyloric stenosis: the general or specialist surgeon? J Pediatr Surg1996; 31:1535-1537

[3] Branikoff T, Campbell BT, Travis J, Hirschl RB: Differences in outcome with subspeciality care: pyloromyotomiy in North Carolina. J Pediatr Surg 2002; 37:352-356

[4] Bratton SL, Haberkern CM, Waldhausen JHT, Sawin RS, Allison JW: Intussusception: hospitalsize and risk of surgery. Pediatrics 2001;107:299-303

[5] Calder FR, Tan S, Kitterinhgam L, Dykes EH: Pattern of management of intussusception outisde tertiary centers. J Pediatr Surg 2001; 36:312-315

[6] DGUV und LSV-SpV: Verletzungsartenverfahren (VAV). Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach §34 SGB VII an Krankenhäuser zur Beteiligung am Verletzungsartenverfahren (VAV).

[7] Hardin WD, Stylianos S, Lally KP: Evidence-based practice in pediatric surgery. J Pediatr Surg 1999; 34:908-912

[8] Krause H, Rissmann A, Hass HJ, Kroker S, Meyer F: Was muss der (Viszeral-) Chirurg über Kinderchirurgie wissen – Kinderchirurgische Aspekte in der Allgemein (Viszeral-) Chirurgie. Zentralbl Chir 2011; 136:458-470

[9] Leung MW-Y, Liu KK-W, Chao NS-Y, Wong BP-Y, Chung K-W, Kwok W-K: Impact of paediatric surgery training on the attitudes and experience of frontline general surgeons in common paediatric surgical emergencies. Surg Pract 2008; 12:74-78

[10] O’Donavan A, Varadaraj H, Delaney PV, Flood H, Drumm J, Grace PA: The future of paediatric surgery outside specialist paediatric hospitals. Irish J Med Sci 2001; 170:228-230

[11] Pye JK: Survey of general paediatric surgery provision in England, Wales and Northern Ireland. Ann Roy Coll Surg Engl 2008; 90:193-197

[12] Potoka DA, Schall LC, Ford HR: Risk factors for splenectomy with blunt splenic trauma. J Pediatr Surg 2002; 37:294-299

[13] Schmittenbecher PP: Behandlung der hypertrophen Pylorusstenose. Kinder- und Jugendmedizin 2004; 4:67-72

[14] Snow BW: Does surgical subspeciality care come with a higher price? Curr Opin Pediatr 2005; 17:407-408

[15] Stolar CJH: Best practice for infant surgery – a position statement from the American Pediatric Surgical Association. J Pediatr Surg 2008; 43:1585-1586

[16] Wilkesmann M, Jang SR: Nichtwissen im chirurgischen Krankenhausalltag. Passion Chirurgie 2013; Q2:15-19

Schmittenbecher P. P. Kinderchirurgie oder Chirurgie am Kind – macht die Weiterbildung den Unterschied? Passion Chirurgie. 2014 Februar, 4(02): Artikel 02_01.

Editorial: Kinderchirurgie – eine besondere Herausforderung

Kinderchirurgie ist Kinderheilkunde mit chirurgischen Methoden oder Chirurgie mit pädiatrischem Hintergrund. Das ist die Verknüpfung zweier sehr unterschiedlicher Mentalitäten zu einem der wenigen Querschnittsfächer der heutigen Medizin. Das Fach ist eine der Säulen unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Eine flächendeckende kinderchirurgische Versorgung ist jedoch aktuell nicht gegeben und auch zukünftig nicht zu erwarten. Neben sehr spezifischen Krankheitsbildern z. B. in der Neugeborenenchirurgie, die zu einer Verlegung der Kinder in eine kinderchirurgische Einrichtung führen, gibt es Diagnosen, die aufgrund ihrer Häufigkeit auch von Chirurgen anderer fachlicher Ausrichtung behandelt werden. Deshalb ist die thematische Ausrichtung des Heftes so gestaltet, dass die gesamte Kommunität der Chirurgen angesprochen wird und kinderchirurgische Alltagsfragestellungen diskutiert werden.

In einem der letzten Hefte der „Passion Chirurgie“ wurde der aktuelle Stand der Appendektomie ausführlich reflektiert. Dies beschränkte sich jedoch auf das Erwachsenenalter, obwohl die Appendizitis sehr häufig im Kindesalter auftritt. Es erscheint deshalb sinnvoll, heute den kinderchirurgischen Blickwinkel zu ergänzen. Dies erfolgt in der Übersicht von Dingemann und Ure von der MHH Hannover. Sie zeigen neben der altersspezifischen Klinik die diagnostischen Möglichkeiten auf, um auch bei manchmal noch eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit zu einer sicheren Diagnose zu kommen.

Die laparoskopische OP-Technik stellt heute den Standard dar, die SILS-Technik wird ergänzend bewertet und auch die konservativen Behandlungsregimes bei der komplizierten wie bei der unkomplizierten Appendizitis kommen mit unterschiedlicher Schlussfolgerung zur Sprache.

Die Leistenhernie gehört zu den häufigsten Diagnosen im Kindesalter. Es handelt sich fast ausschließlich um angeborene, indirekte Brüche. Kellnar und Singer aus dem Klinikum 3. Orden in München stellen drei technische Gesichtspunkte heraus: die Reposition einer eingeklemmten Hernie (besonders bei Früh- und Neugeborenen), die konventionelle offene Herniotomie und die laparoskopische Korrektur mit ihrer jeweils eigenen Technik bei Mädchen und Buben. Abschließend kommen auch die Komplikationen wie Rezidiv und Hodenatrophie zur Sprache. Dieser Artikel ist mit 2 Punkten CME-zertifiziert.

Die distale metaphysäre Unteramfraktur ist die häufigste Fraktur im Kindesalter. Epiphyseolysen werden zwar immer noch als epiphysäre Verletzung klassifiziert, gehören aber prognostisch und deshalb auch therapeutisch zu den metaphysären Traumen. Diese Verletzungen liegen nahe einer hochpotenten Wachstumsfuge. Svoboda und Wessel aus dem Klinikum Mannheim fokussieren deshalb besonders auf die mögliche Spontankorrektur gewisser Fehlstellungen im Laufe des nachfolgenden Wachstums. Entsprechend muss die Therapie in Abhängigkeit vom Alter des Patienten, vom Ausmaß der Fehlstellung und von der verbliebenen Wachstumspotenz der Fuge differenziert werden. Der therapeutische Korridor reicht vom Eingipsen unter Belassung akzeptabler Fehlstellungen über die Reposition mit/ohne Kirschnerdraht-Osteosynthese bis hin zu den selten indizierten Platten oder Fixateuren bei den meta-diaphysären Brüchen der Adoleszenten.

Die Kinderchirurgie versteht sich jedoch nicht nur als das Fach, das sich halt etwas intensiver um die chirurgischen Probleme der jüngeren Patienten kümmert. Kinderchirurgie ist mehr als Chirurgie am Kind. Schmittenbecher aus dem Städtischen Klinikum Karlsruhe verweist unter dieser Überschrift darauf, dass die kinderchirurgische Weiterbildung eine intensive Auseinandersetzung mit dem kranken Kind, seinen besonderen Bedürfnissen und seinem Umfeld mit sich bringt, aber auch in der Regel in einem kindgerechten Umfeld erfolgt und damit den Grundstein für eine kindgerechte Medizin legt. Es geht um persönliche Erfahrung in der Versorgung kranker Kinder und um Bedingungen, unter denen man die Kinder behandelt.

Die „Passion Chirurgie“ ist dieses Mal der Kinderchirurgie gewidmet. Wir hoffen, dass die Zusammenstellung der Themen gelungen ist und unter dem breiten Dach der Chirurgie viele interessierte Leser findet. Wir bedanken uns bei der Redaktion für die Initiative zu diesem Heft und für die reibungslose Umsetzung.

Schmittenbecher P. P. / Ure B. Kinderchirurgie – eine besondere Herausforderung. Passion Chirurgie. 2014 Februar; 4(02): Artikel 01.