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Dr. Johanna Ludwig führt neue Gematik-Stabstelle Versorgung

Die Gematik hat zum 1. August eine neue Stabstelle für Versorgung eingerichtet. Die Unfallchirurgin Dr. Johanna Ludwig übernimmt die Leitung des Bereichs. Ziel der Stabstelle sei es, die Versorgungsperspektive stärker in die Arbeit der Gematik zu integrieren. Der Austausch mit allen Partnern im Gesundheitswesen solle intensiviert werden. Außerdem wolle sich die Gematik verstärkt mit den Versorgungsprozessen vor Ort auseinandersetzen.

In ihrer Funktion als Stabstellenleiterin verantworte Ludwig nach Aussage des Unternehmens den „strategischen Aufbau und die fachliche Ausrichtung der Versorgungsaktivitäten mit dem Ziel, digitale Anwendungen wirksam in der Versorgungspraxis zu etablieren.“

Die Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie hat bereits mehr als zehn Jahre Erfahrungen in Kliniken gesammelt. Außerdem ist die Mitgründerin eines MedTech-Startups und war bereits parallel zur ärztlichen Tätigkeit als medizinische Beraterin in Digitalisierungsprojekten aktiv. 2020 absolvierte Ludwig einen Master der Universität Oxford im Bereich „Surgical Science and Practice“ mit Schwerpunkt auf Innovation, Führung und Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen.

„Als Klinikerin und Leiterin der Stabsstelle ist es mir ein echtes Anliegen, die Digitalisierung näher an den Versorgungsalltag zu bringen – für bessere Prozesse, mehr Qualität und attraktivere Bedingungen im Gesundheitswesen“, schreibt Ludwig auf LinkedIn.

Krankenhausreform-anpassungsgesetz bleibt für den BDC hinter den Erwartungen zurück

Berlin, den 13.08.2025 – Aus Sicht des BDC bietet die Flexibilisierung im Rahmen des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) Chancen. Für wichtige Themenfelder fehlten im Referentenentwurf jedoch nach wie vor relevante Lösungsansätze und einige Regelungen müssten dringend angepasst werden.

„Wir erkennen im KHAG das erklärte Ziel von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, die Krankenhausreform praxistauglicher zu machen und begrüßen dies generell. Um eine qualitativ hochwertige chirurgische Versorgung in den Krankenhäusern in der BRD auch zukünftig sicherzustellen, fehlen dem Gesetz jedoch entscheidende Vorgaben“, erklärt BDC-Präsident Professor Dr. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer.

So beinhalte der vorliegende Referentenentwurf keine Änderung in Bezug auf die Anrechenbarkeit von Fachärztinnen und Fachärzten pro Leistungsgruppe. Dies aber ist und bleibt eine Forderung des BDC. „Die spezialisierte Chirurgie ist in besonderem Maße betroffen von der hohen Anzahl vorzuhaltender Fachärztinnen und Fachärzte, wenn mehr als ein oder zwei verwandte Leistungsgruppen vorgehalten werden sollen. In diesen Fällen verdoppelt oder verdreifacht sich die Anzahl der benötigten Fachärzte zur Erfüllung der Anforderungen. Dies wird in vielen Kliniken die ohnehin schon angespannte Personalsituation weiter verschärfen und sich nur schwer realisieren lassen“, erläutert Meyer.

Auch die vom BDC und zahlreichen anderen ärztlichen Berufsverbänden vielfach kritisierten Regelungen zur Hybrid-DRG wurden nicht revidiert. „Behandlungen dürfen kein Nullsummen- oder Minusspiel sein, sonst wird die Chirurgie als ärztlicher Beruf unattraktiv. Diese Schieflage in der Abrechnung von Leistungen im Rahmen der Hybrid-DRG muss daher unbedingt korrigiert werden“, fordert Meyer. Beibehalten werden soll auch die Vorhaltevergütung als zentrales Reformelement. Dies beurteilt der BDC ebenfalls sehr kritisch und bleibt bei seiner Forderung nach einer grundlegenden Überarbeitung der Betriebskostenfinanzierung für Krankenhäuser und übergangsweisen Einführung weiterer Strukturkostenkomponenten, etwa Zuschläge für Notfallstufen, Zentren und insbesondere auch für die Weiterbildung.

Bezüglich der fachärztlichen Weiterbildung vermisst der BDC nach wie vor Lösungen für die Finanzierung in Klinik und Praxis: Im Rahmen der neuen Leistungsgruppenzuteilung müssten komplexe Modelle der Rotation für Weiterzubildende entwickelt werden für eine fundierte und zeitgerechte Erfüllung des Weiterbildungscurriculums. Hierfür müsse eine angemessene Vergütung vorgesehen werden.

Insgesamt begrüßt der Verband, dass die Reform einige wesentliche Forderungen der Länder und Krankenhäuser zum Zeitplan und zu Ausnahmen umsetzt. Tiefgreifende Veränderungen in der Systematik der Krankenhausreform seien aktuell jedoch ausgeblieben. „Die Umsetzung der Krankenhausreform ist von besonderer Relevanz für den chirurgischen Alltag. Wir nehmen Bundesgesundheitsministerin Warken beim Wort und erwarten von ihr Gesprächsbereitschaft mit den Expertinnen und Experten aus den ärztlichen Berufsverbänden und den wissenschaftlichen Fachgesellschaften zur Weiterentwicklung des Krankenhausreformanpassungsgesetzes“, erklärt BDC-Geschäftsführerin Dr. Friederike Burgdorf.

PASSION CHIRURGIE 07/08-2025: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Hier geht’s zur neuen Ausgabe der PASSION CHIRURGIE 07/08/25: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Die Sonne lacht endlich wieder vom Himmel – und passend zur Jahreszeit präsentieren wir Ihnen die Sommer-Ausgabe von PASSION CHIRURGIE. Im Fokus steht dieses Mal die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – ein Fachgebiet, das durch seine Vielseitigkeit und Komplexität fasziniert. Freuen Sie sich auf spannende Einblicke in innovative Technologien, bewährte Behandlungsmethoden und den Blick auf internationale humanitäre Hilfe in Kabul.

Planen Sie jetzt Ihre Wunschfortbildungen für den Herbst! Die BDC|Akademie bietet Ihnen ein breit gefächertes Programm: Seminare, Webinare, Hospitationen und Workshops – zu allen acht chirurgischen Fachsäulen und Podcasts.

Apropos Podcast: Sie hören gern unterwegs? Dann entdecken Sie jetzt den BDC-Podcast „Surgeon Talk“ – mit informativen und unterhaltsamen Gesprächen rund um die Chirurgie.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und einen schönen Sommer!

Viszeralchirurg Prof. Dr. Matthias Anthuber geht in den Ruhestand

Nach über 40 Jahren Chirurgie und 20 Jahren als Direktor der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikum Augsburg ist Prof. Dr. Matthias Anthuber im Juli dieses Jahres in den Ruhestand gegangen. Neben seiner Tätigkeit als Chirurg und Klinikmanager hatte die Aus- und Weiterbildung des chirurgischen Nachwuchses für ihn höchste Priorität.

Nach eigener Aussage gab es etliche Hightlights in Anthubers chirurgischen Laufbahn. Prägend war für ihn der zufällige Zutritt in die Transplantationschirurgie. Neueste Entwicklungen in der Chirurgie begleitete er während seiner Zeit in der damals noch jungen Klinik in Regensburg. Hier begeisterte er sich für die gerade gestartete minimalinvasive Chirurgie bei onkologischen Fragestellungen. Der Wechsel an das „schwergewichtige Hochleistungskrankenhaus”, das Zentralklinikum Augsburg war für ihn ebenfalls ein Meilenstein. Das Klinikum bescheinigt Anthuber heute „Pionierarbeit in der minimal-invasiven Karzinomchirurgie – heute Standard in der Medizin”.

Der leidenschaftliche Chirurg hat sich in seiner Laufbahn intensiv um den chirurgischen Nachwuchs gekümmert. Während seiner 21 Jahre Tätigkeit in Augsburg hat er über 200 Facharztanerkennungen begleitet. „Mich hat fasziniert, dass ich junge Menschen ein Stück des Weges begleiten konnte. Auch ich habe an bestimmten Knotenpunkten immer wieder Persönlichkeiten kennengelernt, die mich ein Stück des Wegs mitgenommen und für die Chirurgie begeistert haben.”

Professor Anthuber war 2014 Präsident der der Deutschen Gesellschaft für allgemein- und Viszeralchirurgie sowie im Jahr 2019 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie.

Der BDC bedankt sich insbesondere für seine langjährige Leitung des Facharztseminars Allgemein- und Viszeralchirurgie in Augsburg.

Professor Anthuber ist am 11. Juli in seiner Klinik in Augsburg mit einer Veranstaltung verabschiedet worden, bei der 300 Gäste, aus Medizin, Wissenschaft, Politik, sowie alte Freunde aus seiner Zeit als Handballnationalspieler mit ihm feierten.

Erfahren Sie mehr über Professor Anthuber im Gespräch mit Professor Dr. Wolfgang Schröder für die Podcastserie SurgeonTalk.

Weiterer Comic macht auf fachärztliche Weiterbildung aufmerksam

„Kein Weiter ohne Bildung“ geht in die zweite Runde. Mit einem weiteren Comic sorgt das Kampagnenteam des BDC erneut dafür, auf die Wichtigkeit einer qualitativ hochwertigen und finanziell gesicherten Weiterbildung hinzuweisen.

Dr. Ralf Schmitz und Professor Carsten Krones engagieren sich im BDC-Projekt für die fachärztliche Weiterbildung. Gemeinsam beantworten sie die wichtigsten Fragen zum Follow-up der langfristig angelegten Weiterbildungskampagne.

Erst Arm ab, jetzt Darm raus – was soll das?

Krones: Die Kampagne war von Anfang an als Serie gedacht. Mit unserem gelben Protagonisten können wir auf deutliche Art und Weise überspitzt und humorvoll zeigen, was passieren wird, wenn die Politik den ärztlichen Nachwuchs ignoriert. Schon unser erster Clip in Videoformat kam ausgesprochen gut an, sowohl bei den Nachwuchskräften in der Chirurgie, als auch bei etablierten Chirurginnen und Chirurgen. Es geht nicht um Aufmerksamkeit für teures Geld, sondern um Provokation mit Hintersinn und Witz. Aus unserer Sicht ist das Szenario mit den DIY-Anleitungen nicht unrealistisch, wenn wir die momentane Situation des Fachärztemangels betrachten, und, wie sie sich entwickeln kann.

Was genau drückt Comic 2 aus?

Schmitz: Der Comic-Streifen ist diesmal detaillierter. Im ersten Video stand die Figur noch vorm OP und verzweifelte am Automaten, der die DIY-Anleitung ausdruckte. Im Zweiten Comic ist unser gelber Protagonist nun schon einen Schritt weiter: Mutig, da alternativlos betritt er den OP und sucht sich eine der DIY-Anleitungen heraus. Letztendlich scheitert er aber dann doch beim Versuch, an sich selbst chirurgisch Hand anzulegen. Verständlich! Es ist doch so: In vielen Bereichen finden Patientinnen und Patienten heute schon medizinische Informationen und Anleitungen per Ratgeber und KI aus dem Netz. Das mag in manchen Bereichen gehen. Die Chirurgie ist und bleibt aber ein Fachgebiet, dass Expertinnen und Experten vorbehalten ist und eine fundierte Weiterbildung erfordert!

Wohin soll die Kampagne führen?

Krones: Mit der Kampagne verbunden ist eine Petition auf change.org, für die wir damit Werbung machen. Ein gut ausgebildeter chirurgischer Nachwuchs sollte alle interessieren! Und die Zahl der Unterschriften und Kommentare auf der Petitionsplattform gibt uns Recht: Nicht nur in der Chirurgie Tätige, sondern Bürgerinnen und Bürger unterstützen uns mit ihrer Unterschrift. Da wir kein Riesenbudget für Plakate vor dem Bundestag, in U-Bahnen und auf Taxis haben, konzentrieren wir uns auf eine Online-Kampagne, die wir über unsere Soziale Netzwerke und unsere Kontakte verbreiten. Um im Bewusstsein zu bleiben, müssen wir aktiv bleiben und zeigen, dass wir mit Herzblut, Sinn für den Nachwuchs und auch Spaß an der Sache bleiben.

Wie schätzen Sie den bisherigen Erfolg der Kampagne ein?

Schmitz: Erst einmal sind wir zufrieden über die Resonanz. Wir haben knapp 31.500 Unterschriften einsammeln können und positives Feedback aus vielen Richtungen erhalten. Unter den niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen war der Zuspruch enorm. Einige haben die Kampagne aus der Online-Welt in ihre Praxen geholt und mit Plakaten, Flyern und auf Praxis-TV dafür geworben. Fachärztliche Berufsverbände machen Werbung dafür, Ärztekammern liken uns in den Sozialen Medien, die jungen fachärztlichen Bündnisse mögen und unterstützen uns. Aber stetig ernährt sich das Eichhörnchen: In einer Welt von Reizüberflutung können wir uns nicht ausruhen und müssen weiter kommunizieren. Und wir sind ehrgeizig: Bevor wir die Unterschriften für die Petition an den Bundestag weiterreichen, möchten wir die 50.000 Marke erreicht haben!

Wie können BDC-Mitglieder Sie unterstützen?

Krones: Wer bis heute noch nicht unterschrieben hat, möge dies bitte im Sinne der chirurgischen Weiterbildung tun. Es kommt uns allen zugute, nicht nur für die Zukunft der Chirurgie, sondern auch als zukünftige Patientinnen und Patienten!

Schmitz: Redet darüber – als Mandatsträgerinnen, in den Praxen, mit Chefinnen und Chefs und Weiterbildungsassistenten, in den Kammern. Teilt die Links auf euren Social Media Kanälen. Unsere kleinen Geschichten geben genug Gesprächsstoff und Anknüpfungspunkte. Und wem sie nicht gefallen: Redet mit uns – wir haben ein offenes Ohr und sind für Vorschläge offen. Die dritte Idee ist übrigens schon in Planung.

Privat

Dr. Ralf Schmitz ist niedergelassener Chirurg im MVZ Chirurgie Kiel. Beim BDC ist er Vorstandsmitglied, Referatsleiter Niedergelassene Chirurgen sowie Mitglied in zwei Themenreferaten.

Professor Dr. Carsten Krones ist Chefarzt der Allgemeinmedizin im Krankenhaus Düren. Beim BDC ist er Vorstandsmitglied und Vorsitzender des Themenreferats Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.

Mehr Informationen zur Weiterbildungskampagne des BDC

Editorial 07/08-2025: Fortschritte und Herausforderungen in der MKG-Chirurgie

Zur Juli/Augustausgabe 2025 | PASSION CHIRURGIE

Die aktuelle Ausgabe der Passion Chirurgie beleuchtet eindrucksvoll die Vielfalt und Komplexität der modernen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Die folgenden Artikel bieten spannende Einblicke in innovative Technologien, bewährte Behandlungsmethoden und internationale humanitäre Einsätze, die das Fachgebiet prägen.

Im ersten Beitrag von Spille, Wiltfang und Wieker wird die Entwicklung der robotischen Supermikrochirurgie in der rekonstruktiven Chirurgie der Kopf-Hals-Region vorgestellt. Die Einführung des Symani® Surgical Systems zeigt, wie technologische Fortschritte die Präzision und Sicherheit bei mikrochirurgischen Eingriffen erhöhen können. Besonders beeindruckend ist die Möglichkeit, Gefäße mit einem Durchmesser von weniger als 0,8 mm sicher zu nähen – ein Meilenstein für die Supermikrochirurgie. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Kosten und die steile Lernkurve der Roboterchirurgie Herausforderungen darstellen, die es zu bewältigen gilt.

Der zweite Artikel von Zirk und Scholz widmet sich der patientenspezifischen Implantologie bei ausgeprägter Kieferknochenatrophie. Durch den Einsatz von CAD/CAM-Technologie und additiver Fertigung eröffnen sich neue Möglichkeiten für die Rehabilitation komplexer Fälle ohne Knochenaufbau. Die vorgestellten Fallbeispiele zeigen, wie individuell angepasste subperiostale Implantate eine schnelle und funktionelle Versorgung ermöglichen können. Die Ergebnisse sind vielversprechend, doch bleibt abzuwarten, ob sich diese Methode langfristig als Standard etablieren wird.

Obermeier et al. beleuchten im dritten Beitrag die medikamenten-assoziierte Kiefernekrose (MRONJ) und die bakterielle Osteomyelitis. Die detaillierte Darstellung der Pathogenese, Diagnostik und Therapieansätze unterstreicht die Bedeutung einer interdisziplinären Zusammenarbeit. Besonders hervorzuheben ist die präventive Rolle der zahnärztlichen Betreuung, die entscheidend zur Vermeidung dieser schwerwiegenden Erkrankungen beiträgt.

Abschließend nimmt uns Kreusch mit auf eine bewegende Reise nach Afghanistan, wo er Kinder mit schweren Gesichtsfehlbildungen operierte. Der Bericht zeigt nicht nur die fachliche Expertise, sondern auch die menschliche Seite der MKG-Chirurgie. Trotz schwieriger Bedingungen und kultureller Unterschiede konnte ein Team aus Deutschland erfolgreich Hilfe leisten und Hoffnung schenken. Dieser Einsatz verdeutlicht, wie wichtig internationale Zusammenarbeit und humanitäres Engagement sind.

Die vier Artikel spiegeln die Vielfalt der MKG-Chirurgie wider – von technologischen Innovationen über klinische Herausforderungen bis hin zu globaler Verantwortung. Sie zeigen, dass unser Fachgebiet nicht nur medizinische Expertise erfordert, sondern auch Kreativität, Anpassungsfähigkeit und Empathie. Ich wünsche Ihnen eine inspirierende Lektüre und freue mich auf den Austausch über die spannenden Themen dieser Ausgabe.

Schneider M: Fortschritte und Herausforderungen in der MKG-Chirurgie. Passion Chirurgie. 2025 Juli/August; 15(07/08): Artikel 01.

Reminder Umfrage Silver Worker

Bereits 2018 hat die Hochschule Bochum in Kooperation mit dem BDC die erste Studie zum Thema Silver Worker:innen durchgeführt. Silver Worker sind Chirurginnen und Chirurgen, die nach dem Renteneintrittsalter in Teilzeit oder Vollzeit weiterarbeiten. Heute möchten wir Sie dazu einladen, bei der Folgeumfrage zum Thema mitzumachen. Dabei möchten wir die Chirurginnen und Chirurgen aller Generationen adressieren.

Worum geht es?

Seit der ersten Umfrage hat sich die Situation in Kliniken und Praxen sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz drastisch verändert: Der Fachkräftemangel beeinflusst in beiden Ländern die Arbeitssituation von Ärztinnen und Ärzten teilweise dramatisch. Dies wirkt sich unter anderem auf die Arbeit im Team und in der Weiterbildung von Nachwuchskräften aus.

Mit dieser Umfrage möchten die Berner Fachhochschule und die Hochschule Bochum in Kooperation mit dem Berufsverband der Deutschen Chirurgie und der Schweizerischen Gesellschaft für Chirurgie erfassen, mit welchen Herausforderungen altersdiverse Teams konfrontiert sind und welche Chancen sich ihnen bieten. Wie muss das Arbeitsumfeld für eine Erwerbstätigkeit im Ruhestand gestaltet sein? Welche Wünsche und Erwartungen haben die jüngeren Generationen an die Zusammenarbeit und welche Arbeitszeitmodelle sind zukunftsfähig?

Die Umfrage richtet sich an alle Altersgruppen von Chirurginnen und Chirurgen in Kliniken oder Praxen. Ihre Teilnahme ist anonym. Alle Angaben werden streng vertraulich behandelt und ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet.

Die Teilnahme dauert etwa 10 Minuten.

Hier geht es zur Umfrage:

Link (deutsch)
https://survey.questionstar.com/4b804e3b

Link (englisch)

https://survey.questionstar.com/b3573d34

Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Unterstützung!

Tipps für Eltern zur Prävention von Gehirnerschütterung und Versorgung bei betroffenen Kindern und Jugendlichen

In Deutschland erleiden jedes Jahr etwa 50.000 bis 60.000 Kinder ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Gehirnerschütterung. Die meisten dieser Fälle sind mild und erfordern keinen Klinikaufenthalt. In etwa 5-10 % der Fälle ist jedoch eine stationäre Behandlung erforderlich. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) informiert Eltern über die wichtigsten Fakten zum Thema und gibt Tipps, wie eine Gehirnerschütterung bei Kleinkindern und Jugendlichen verhindert, erkannt und behandelt werden kann.

PD Dr. med. habil. Peter Zimmermann, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und angeborene Fehlbildungen an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und ausgewiesener Experte in der Behandlung von verunfallten Kindern und Jugendlichen, beantwortet die wichtigsten Fragen zur Gehirnerschütterung.

Schädel-Hirn-Trauma/Gehirnerschütterung – was ist das eigentlich?

Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist eine Verletzung des Kopfes, die durch einen Sturz oder einen Aufprall verursacht wird. Dabei kann es zu einer vorübergehenden Funktionsstörung des Gehirns kommen. Eine Gehirnerschütterung stellt die mildeste Form eines SHT dar. Obwohl sie in den meisten Fällen nicht lebensbedrohlich ist, sollte eine Gehirnerschütterung, insbesondere bei Säuglingen und Kindern, ernst genommen und im Zweifelsfall ärztlich abgeklärt werden.

Welche Symptome treten bei Säuglingen und welche bei Kindern auf?

Die Symptome einer Gehirnerschütterung können sich bei Säuglingen und älteren Kindern unterscheiden. Bei Säuglingen sind die Anzeichen oft schwerer zu erkennen. Zu den möglichen Symptomen zählen Erbrechen, übermäßige Müdigkeit und Verhaltensänderungen. Da Säuglinge nicht in der Lage sind, typische Beschwerden wie Kopfschmerzen zu äußern, ist besondere Vorsicht geboten. Ältere Kinder hingegen zeigen häufiger klare Anzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.

Es ist wichtig, Kinder nach einem Unfall genau zu beobachten, da sich Symptome manchmal erst nach Stunden oder sogar Tagen zeigen. Einige Warnzeichen, die eine sofortige ärztliche Untersuchung erforderlich machen, sind Bewusstlosigkeit, die länger als fünf Sekunden anhält, wiederholtes Erbrechen, starke Kopfschmerzen, Krampfanfälle oder deutliche Verhaltensänderungen. Auch sichtbare Verletzungen am Kopf oder Unterschiede in der Pupillengröße sollten ernst genommen werden. In solchen Fällen ist eine sofortige ärztliche Abklärung notwendig, um schwerwiegendere Komplikationen auszuschließen.

Wie gefährlich ist eine Gehirnerschütterung bei Säuglingen und Kindern?

Gehirnerschütterungen können sowohl bei Säuglingen als auch bei Kindern ernsthafte Folgen haben, müssen aber unterschiedlich bewertet werden. Bei Säuglingen ist das Risiko aufgrund ihres noch unreifen Nervensystems höher. Bei älteren Kindern sind Gehirnerschütterungen in der Regel weniger gefährlich, und die meisten Kinder erholen sich vollständig, sofern keine zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen. Dennoch sollten Eltern auf mögliche Langzeitfolgen wie das postkommotionelle Syndrom achten (anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsprobleme), das bei etwa 10-15 % der Kinder auftreten kann, besonders nach wiederholten Kopfverletzungen. Es ist wichtig, dass Kinder nach einer Gehirnerschütterung ausreichend Zeit zur Erholung haben, bevor sie wieder körperliche Aktivitäten aufnehmen.

Welche präventiven Maßnahmen gibt es, um Stürze von Säuglingen und Kindern zu vermeiden?

Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Stürze und Verletzungen bei Kindern zu vermeiden. Im häuslichen Umfeld sollten Schutzgitter an Treppen und Fenstern angebracht, Möbelkanten gepolstert und Stolperfallen beseitigt werden. Babys und Kleinkinder sollten nie unbeaufsichtigt auf erhöhten Flächen wie Wickeltischen oder Betten gelassen werden. Im Freien ist das Tragen eines Helms bei Aktivitäten wie Radfahren oder Skateboarden unerlässlich. Auch auf Spielplätzen sollten Eltern auf sichere Spielgeräte und die Einhaltung von Spielregeln achten. Außerdem ist die Verwendung altersgerechter Kindersitze im Auto ein wichtiger Schutzmechanismus. Durch diese Maßnahmen können viele Unfälle und Verletzungen vermieden werden.

Wann ist es notwendig, einen Arzt aufzusuchen oder in die Notaufnahme zu gehen?

Eltern sollten besonders wachsam sein, wenn ihr Kind eine Kopfverletzung erlitten hat. Bestimmte Symptome erfordern eine sofortige ärztliche Abklärung, darunter Bewusstlosigkeit, anhaltende starke Kopfschmerzen, wiederholtes Erbrechen oder ungewöhnliche Schläfrigkeit und Verwirrtheit. Auch Krampfanfälle, Flüssigkeitsaustritt aus Nase oder Ohren sowie eine gespannte Fontanelle bei Säuglingen sind ernstzunehmende Warnsignale. Die Fontanelle ist eine weiche Stelle im Schädel von Babys, die das Wachstum des Gehirns und die Geburt erleichtert. Die Fontanelle schließt sich meist zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat. Falls keine dieser Symptome auftreten, kann es ausreichen, das Kind zu Hause zu beobachten. Dennoch gilt: Im Zweifelsfall lieber einmal zu oft den Arzt aufsuchen, um auf der sicheren Seite zu sein.

Meistens kann das Kind zu Hause bleiben: Wie behandle ich mein Kind?

Zu Hause ist es wichtig, das Verhalten des Kindes genau zu beobachten. Wenn das Kind erbricht, über Kopfschmerzen klagt oder ungewöhnlich müde wirkt, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Körperliche und geistige Ruhe sind entscheidend, und Aktivitäten wie Bildschirmzeit oder laute, stimulierende Reize sollten vermieden werden. Mindestens 24 bis 48 Stunden Erholung sind notwendig, bevor das Kind wieder normale Aktivitäten aufnimmt.

Erkennung von ernsthaften Beulen – wie beurteile ich sie?

Eine harte Beule nach einem Sturz ist in der Regel unbedenklich und deutet nicht auf eine schwerwiegende Verletzung hin. Eine weiche, teigige Schwellung hingegen könnte auf einen Bruch oder Riss im Schädelknochen hindeuten – in diesem Fall sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Eine Beule an der Stirn mit einer weichen Schwellung in der Mitte ist in der Regel harmlos. Trotzdem sollten solche Verletzungen beobachtet und im Zweifelsfall medizinisch abgeklärt werden.

Symptome und Warnzeichen einer Gehirnerschütterung in der Übersicht

  • Bewusstlosigkeit (länger als 5 Sekunden)
  • Wiederholtes Erbrechen
  • Starke Kopfschmerzen
  • Übermäßige Müdigkeit oder Schläfrigkeit
  • Verwirrtheit oder Verhaltensänderungen
  • Vermehrtes Weinen oder ungewöhnliches Verhalten bei Säuglingen
  • Unterschiede in der Pupillengröße
  • Krampfanfälle
  • Sichtbare Kopfverletzungen
  • Flüssigkeitsaustritt aus Nase oder Ohren
  • Gespannte Fontanelle bei Säuglingen

PD Dr. med. habil. Peter Zimmermann
Facharzt für Kinderchirurgie
Facharzt für Allgemeine Chirurgie
Facharzt für Chirurgie und spezielle Unfallchirurgie
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und angeborene Fehlbildungen an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden 

Hygiene-Tipp: Tischabdeckung im OP

FRAGE:

Ich habe eine Frage aufgrund einer Inspektion der Überwachungsbehörde zum „Vollzug des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes“. Es betrifft die Aufbereitung von unseren grünen OP-Tüchern, die wir für die Abdeckung der Instrumententische verwenden. Dürfen wir OP-Tücher aus Baumwollmischgewebe zur Abdeckung des Instrumententisches weiterhin sterilisieren und im OP verwenden?

ANTWORT:

Die KRINKO-Empfehlung zur Prävention postoperativer Wundinfektionen (2018) erwähnt die Abdeckmaterialien des Instrumententisches nicht. Die Notwendigkeit, eine sterile Tisch-Abdeckung zu nutzen, ist jedoch ohne Zweifel gegeben, denn der Instrumententisch ist ja nicht steril. Nur durch geeignetes Deckmaterial kann die Sterilität der OP-Instrumente beim Ablegen auf den Instrumententisch aufrechterhalten werden.

Die Abdeckung des Instrumententisches fällt unter den Geltungsbereich der DIN EN 13795-1:2019-06 (Operationskleidung und -abdecktücher – Anforderungen und Prüfverfahren – Teil 1: Operationsabdecktücher und -mäntel; Deutsche Fassung EN 13795-1:2019). Im Einführungsbeitrag der Norm findet sich folgender Text zum Geltungsbereich: Diese Europäische Norm gibt Aufschluss über die Eigenschaften von Einmal- und Mehrweg- Operationsmänteln und -abdecktüchern zur Verwendung als Medizinprodukte für Patienten, Klinikpersonal und Geräten, zum Schutz vor Übertragung infektiöser Agenzien zwischen Klinikpersonal und Patienten während operativer und anderer invasiver Eingriffe.

OP-Abdeckmaterialien müssen demnach folgende Eigenschaften nachweisen:

  • steril,
  • flüssigkeitsabweisend (bei erwartet geringem Flüssigkeitsanfall) oder flüssigkeitsundurchlässig (bei erwartet hohem Flüssigkeitsanfall),
  • keimdicht in trockenem und feuchtem Zustand und
  • sie dürfen nur wenige Abriebpartikel produzieren.

Baumwollmischgewebe erfüllt die Anforderungen der Norm nicht, da es nicht ausreichend flüssigkeitsabweisend ist und zumindest in feuchtem Zustand keine Barriere gegen Bakterien darstellt. Außerdem wird die Forderung der Norm bezüglich der Freisetzung von Abriebpartikeln („Linting“) von Baumwollmischgewebe nicht erfüllt.

Neben Einwegmaterialien erfüllen aber auch beschichtete (imprägnierte) Abdecktücher aus Baumwollmischgewebe die Anforderungen der DIN EN 13795-1:2019-06. Diese sind Mehrwegprodukte und können nach den Angaben der Hersteller aufbereitet (gewaschen und sterilisiert) werden. Die KRINKO äußert sich zu diesen Materialien wie folgt und belegt das mit vier Literaturstellen: „Die beiden dafür (als OP-Abdeckmaterialien) in Frage kommenden Materialgruppen (beschichtete und aufbereitbare Baumwollmaterialien oder Kunststoff-Einwegmaterialien) sind in ihrer infektionsprotektiven Wirkung gleichwertig.“

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Groth M, Hübner NO, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Tischabdeckung im OP. Passion Chirurgie. 2025 Juli/August; 15(07/08): Artikel 04_04.

Evolution und Etablierung der robotischen Supermikrochirurgie in der rekonstruktiven Chirurgie der Kopf-Hals-Region

Der chirurgische Goldstandard zur Rekonstruktion von großen Gesichtsdefekten – wie nach einer ablativen Tumorchirurgie oder Traumata – ist die Verwendung von freien mikrovaskulären Transplantaten. Obwohl ein erheblicher Verlust an Weichgewebe und Knochen auftritt, können die meisten Patienten wieder zufriedenstellende anatomische und physiologische Funktionen erreichen [1]. Für dieses operative Verfahren sind gute chirurgische Kenntnisse in der Mikrochirurgie essenziell. Eine große Gefahr bei den Rekonstruktionen besteht in dem Transplantatverlust aufgrund von Gefäßthrombosen. Der Verlust des Transplantats bedeutet für die Patient:innen eine extreme physische und psychische Belastung; die Transplantatverlustrate wird in der Literatur mit 1-5 % angegeben [2, 3].

Um diese Verlustrate zu minimieren, werden zum Teil hochwertige optische Systeme und die neuesten medizinischen Technologien eingesetzt. Durch den technologischen Fortschritt konnten die Morbidität und Mortalität der Patient:innen schrittweise gesenkt werden. Kopplersysteme für die venösen Anastomosen können die Transplantatverlustrate und die Revisionsrate bei mikrochirurgischen Transplantaten reduzieren [4]. Für die arteriellen Anastomosen ist bisher jedoch keine suffiziente Alternative zur chirurgischen Naht entwickelt worden. Somit ist die Mikrochirurgie für eine sichere Anastomose weiterhin notwendig.

Ein bedeutender technischer Fortschritt in der Medizin war die Entwicklung der Roboterchirurgie. Insbesondere hat sich die roboterassistierte Chirurgie in den letzten Jahrzehnten rasant weiterentwickelt und ist zum neuen Standard für viele Operationsverfahren geworden. Vor allem die Einführung des da Vinci-Systems hat die minimalinvasiven Methoden auf ein neues Niveau der Chirurgie gehoben [5]. Speziell für die Mikrochirurgie wurde das „Symani® Surgical System“ (Medical Microinstruments, Pisa, Italien) entwickelt und konnte bereits interdisziplinär erfolgreich für freie Gewebetransplantationen angewendet werden [6]. Der OP-Roboter Symani verfügt über zwei Arme, an denen drei Millimeter kleine Mikroinstrumente platziert werden können. Darüber hinaus ermöglicht eine 7- bis 20-fache Bewegungsskalierung eine Tremorfreiheit, die Instrumente garantieren sieben Freiheitsgrade. Der Chirurg/die Chirurgin operiert von einer Konsole aus, die aus einem Stuhl, zwei Joysticks und einem Fußschalter besteht. Die Assistenz sitzt unmittelbar am Patienten und sorgt für gute Operationsbedingungen. Die Operation kann hierbei vom Operateur/von der Operateurin steril oder unsteril durchgeführt werden. Die Sterilität hat den Vorteil, bei Komplikationen unmittelbar an den Situs heranzutreten und am Patienten direkt operativ tätig zu werden. Gefäße und anatomische Strukturen, wie Nerven oder Lymphgefäße, mit einem Durchmesser von weniger als 0,8 mm (Supermikrochirurgie) können mit dem Roboter im Vergleich zur Freihandtechnik unter dem Mikroskop schnell und präzise genäht werden [7, 8].

Abb. 1: Abgebildet sind die 3 mm Instrumente des Symani Operationsroboters bei der Nahtversorgung einer Arterie eines freien Transplantates mit Prolene 9-0.

Lymphovenöse Anastomosen

Die Inzidenz bösartiger oraler Tumore ist tendenziell steigend und nach wie vor ist ein radikales chirurgisches Verfahren mit der Neck Dissection zur Entfernung von potenziellen Lymphknotenmetastasen der Goldstandard bei diesen Tumorentitäten [9]. Denn auf Grund der potenziellen Gefahr der Metastasierung in die Halslymphknoten, vor allem bei einem Plattenepithelkarzinom, empfiehlt sich die Entfernung der Lymphknoten in der oralen Tumorchirurgie [10]. Zudem schließt sich, abhängig vom Tumorstadium, häufig eine Bestrahlungsbehandlung der Tumorregion und der Lymphabflusswege an. Durch die Entfernung von Lymphknoten und der Unterbrechung von Lymphabflussgewebe kann es zu einem sichtbaren Lymphstau kommen, der die Patient:innen im täglichen Leben deutlich einschränkt. Durch die Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe können starke Schmerzen auftreten oder die Funktionen, wie Bewegung, Sprechen und Schlucken, deutlich kompromittiert sein [11]. Gerade nach Operationen im Kopf-Hals-Bereich sind ausgeprägte Lymphödeme und deren Auswirkungen beschrieben, je nach Umfang der Therapie kann das interne Lymphödem zu signifikanten Einschränkungen führen [12, 13]. Selbst die Prävalenzrate von Lymphödemen und deren erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag können nach der Entfernung von nur einzelnen Lymphknoten signifikant sein [14]. Die Wiederherstellung des Lymphabflussweges ist jedoch manuell-chirurgisch schwierig. Auch konservative Maßnahmen, darunter Physiotherapie, manuelle Lymphdrainage und Kompressionskleidung, die an den Extremitäten eingesetzt werden kann, führen oftmals nur zu einer vorübergehenden Verbesserung und müssen stetig wiederholt werden. In den letzten Jahren hat sich das Feld der lymphovenösen Operationen jedoch signifikant weiterentwickelt [15].

Die lymphovenösen chirurgischen Verfahren mittels Bypässen oder Anastomosen sind aufwendig und benötigen viel chirurgische Erfahrung [16]. Verfahren wie die lymphovenöse Anastomosen könnten allerdings eine dauerhaftere Lösung für chronische Lymphödeme bieten und das Leiden der Patient:innen nach einer Krebserkrankung mit einer Lymphknotenentfernung deutlich lindern [17]. Um dieses operative Verfahren zu beherrschen, muss die Supermikrochirurgie allerdings sicher beherrscht und umgesetzt werden können. Sie ist unter Umständen nur mit sehr feinem Nahtmaterial (bis 12-0) durchführbar, das mit dem bloßen Auge nicht oder nur sehr schwer zu erkennen ist. Eine Operation ohne entsprechende Hilfsmittel ist nicht möglich [18].

Abb. 2 a, b: Schemazeichnung der Neck Dissection. Der blaue Strich stellt die Schnittführung am Hals dar. Die Lymphknoten sind als gelbe Kreise dargestellt und im rechten Bild zum Großteil entfernt. Der Lymphabfluss über die gelben Pfeile ist durch die Schnittführung der Neck Dissection sowie der einhergehenden Entfernung der Lymphknoten gestört, es kommt zu einem Lymphstau im Kopf-/Halsbereich. Der Lymphstau stellt sich als Schwellung im Untergesicht und Halsbereich dar.

Abb. 3: Auf der linken Seite sind die lymphatischen Gefäße mit einem Durchmesser von 0,1-0,3 mm dargestellt. Das sichere Auffinden dieser Gefäße erfordert viel chirurgische Expertise. Auf der rechten Seite ist eine erfolgreiche präaurikuläre lymphovenöse Anastomose abgebildet. Ein kleines venöses Gefäß wird mit einem Lymphgefäß eines Lymphknotens chirurgisch vernäht.

In einzelnen Studien und Fallberichten ist die erfolgreiche Anastomose als mögliches und vielversprechendes Komplikationsmanagement beschrieben [19-21]. Grünherz et al. zeigten erstmals an 100 roboterassistierten lymphovenösen Anastomosen, dass die Roboterchirurgie auf dem Gebiet der Supermikrochirurgie eine suffiziente und sinnvolle Ergänzung im operativen Alltag darstellen kann und dadurch die Probleme des Lymphstaus langfristig behoben werden können [22]. Die Operationszeit ist bei diesem neuen Verfahren verlängert, da die Roboterchirurgie – vor allem im Bereich der Supermikrochirurgie – erst erlernt werden muss. Eine steile Lernkurve könnte jedoch bei ausreichendem Training und Übungsmodulen den standardmäßigen Einsatz im operativen Alltag ermöglichen [23]. Nichtsdestotrotz müssen die deutlich höheren Kosten durch die Anwendung der Roboterchirurgie bedacht werden. Eine Weiterentwicklung für eine sichere und routinemäßige Etablierung der Robotik im Bereich der Lymphabflusschirurgie ist essenziell.

Zusammenfassung und Ausblick

 

Die Robotik wird in der chirurgischen Medizin stetig weiterentwickelt und gerade im Zeitalter der künstlichen Intelligenz können innovative Systeme neue Operationsverfahren ermöglichen und langfristig etablieren. Mikrorobotische Systeme können die rekonstruktive Chirurgie im Kopf-Hals-Bereich unterstützen, Anastomosen freier Transplantate zuverlässig und sicher durchführen und auch bei schwierigen anatomischen Verhältnissen und sehr filigranen anatomischen Strukturen hilfreich sein. Weitere Operationsfelder, wie die lymphatische Chirurgie, könnten mit innovativen Robotersystemen zukünftig in den Kliniken flächig und standardisiert durchgeführt werden. Der Kosten-Nutzen-Faktor muss hierbei sicherlich bedacht und abgewogen werden. Langfristig müssten ausreichende Vergütungsmodalitäten erarbeitet werden. Patienten nach einer Neck Dissection und einem Lymphstau könnten erheblich profitieren und eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität erhalten.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via passion_chirurgie@bdc.de.

 

Spille J, Wiltfang J, Wieker H: Evolution und Etablierung der robotischen Supermikrochirurgie in der rekonstruktiven Chirurgie der Kopf-Hals-Region. Passion Chirurgie. 2025 Juli/August; 15(07/08): Artikel 03_01.

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