Alle Artikel von Wolfgang Schröder

Promotion

Promotion: Trauriges Aus oder erfolgreich zum Ziel

Es gibt wohl kaum ein Thema, das während des Medizinstudiums emotional so belastet wie die Promotion. Viele Arbeiten finden ihren grandiosen Abschluss mit der Verleihung der Doktorwürde durch die medizinische Fakultät. Ein wirklich erhebender Moment, für den allein sich der Aufwand lohnt. Aber bei einem nicht gerade kleinen Teil der Studierenden sitzt der Schrecken dieser Arbeit auch nach erfolgreichem Abschluss noch in den Gliedern, sodass die Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens unter den Medizinstudierenden nach wie vor kontrovers diskutiert wird. Verlässliche Zahlen, wie hoch der Anteil der Studierenden ist, die sich auf das Abenteuer Promotion einlassen und dann erfolgreich abschließen, gibt es nicht. Dabei ist der Anteil der Studierenden mit abgeschlossener Promotion in der Medizin deutlich höher als in allen anderen naturwissenschaftlichen Disziplinen.

Motivation: Qualifikationsmerkmal oder zwei Buchstaben am Praxisschild

Lohnt es sich überhaupt noch eine Promotion anzustreben, obwohl der gegenwärtige Arbeitsmarkt den Berufseinsteigern doch alle Tore zu öffnen scheint? Die Antwort auf diese Frage vieler Studierenden ist ein klares Ja. Eine erfolgreich abgeschlossene Doktorarbeit ist und bleibt ein Qualifikationsmerkmal der persönlichen beruflichen Weiterbildung, die von den Arbeitgebern als Teil des Lebenslaufes nach wie vor hoch eingeschätzt wird. Die Promotionsarbeit hebt den akademischen Anspruch des berufstätigen Arztes hervor und ist ein Wettbewerbsvorteil um lukrative Weiterbildungsstellen. Dies gilt für alle medizinischen Fachdisziplinen. Für einige Laufbahnen in der Medizin wird die Doktorarbeit immer noch vorausgesetzt. Warum auch sollte sich ein Absolvent einer medizinischen Hochschule glaubhaft für eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Universitätsklinik interessieren, wenn die akademische Motivation nicht einmal für die Promotionsarbeit reicht? Selbstverständlich, nicht jeder Medizinstudierende will an einer Universität arbeiten. Aber ein Praxisschild nach Niederlassung ohne diese beiden Buchstaben vor dem Namen macht so manchen Patienten skeptisch. Der ist ja nicht einmal Doktor! Und der nicht-promovierte Oberarzt an einer großen Versorgungsklinik hat es gegenüber den zunehmend hohen Versorgungsansprüchen der Patienten auch nicht leichter. Ob es berechtigt ist oder nicht – der Doktortitel vermittelt Kompetenz und schafft Vertrauen.

Wer sich also für eine Doktorarbeit entscheidet, sollte möglichst frühzeitig im Studium mit diesem Kapitel beginnen. Das bedeutet, nach dem Physikum anfangen, die Fühler auszustrecken und die ersten Informationen zu sammeln. An einigen Universitäten sieht die Promotionsordnung verpflichtende Vorbereitungskurse als Voraussetzung für die Aufnahme des Promotionsverfahrens vor. Diese können problemlos in die ersten beiden klinischen Semester eingebaut werden. Auch lohnt es sich, die wissenschaftlichen Schwerpunkte und deren personelle Struktur an der eigenen Universität zu erkunden, damit klar wird, auf was und wen man sich einlässt.

Die Qual der Wahl: Der richtige Typ der Promotionsarbeit

Grundsätzlich gibt es aus Sicht des Doktoranden drei Typen von Promotionsarbeiten, zwischen denen er sich entscheiden muss, und alle haben ihre eigenen Tücken. Am aufwendigsten ist sicherlich die experimentelle Laborarbeit, alleine schon weil eine Methodik erlernt werden muss, bevor es dann in den eigentlichen experimentellen Teil geht. Wer aber jetzt schon weiß, dass nur die universitäre Laufbahn in Betracht kommt und das Thema der Doktorarbeit auch noch in die spätere Fachdisziplin fällt, findet hier seinen Platz. Es lohnt sich unter diesen Umständen sogar ein zusätzliches Semester einzuplanen. Bei keiner anderen Arbeit ist man so intensiv in ein oftmals kleines Team eingebunden, bei keiner anderen Promotion arbeitet der Doktorand so eng mit seinem Betreuer zusammen.

Der zweite Typ einer Dissertation ist die prospektive klinische Beobachtungsstudie, die oftmals den großen Vorteil hat, dass ein fertiges Studienprotoll existiert und das gesamte Studiensetting inklusive Finanzierung und Ethikantrag bereits besteht. Auf den ersten Blick scheint dabei oft alles gut durchdacht, aber das Problem kann bei genau definierten Ein- und Ausschlusskriterien die ausreichende Akquise von Studienpatienten sein. Und die kann das Ende der Promotionsarbeit nicht unerheblich in die Länge ziehen, sodass dieser Punkt mit dem Doktorvater explizit besprochen werden muss.

Der Klassiker unter den Promotionsarbeiten ist die retrospektive Analyse einer Patientenkohorte. Auch hier ist die sorgfältige Planung das A und O. Das, was auf den ersten Blick wie ein Selbstläufer aussieht, kann sich später als große Mogelpackung entpuppen. Die meisten abgebrochenen Doktorarbeiten finden sich daher in dieser Sparte. Ursache dafür ist oft, dass Daten, die zur Analyse zunächst zusammengestellt werden müssen, nicht zu finden sind oder – noch schlimmer – gar nicht existieren. So besteht die wichtigste Aufgabe des Doktoranden und seines Betreuers darin, vorab das zu analysierende Krankengut hinsichtlich der Fragestellung genau zu definieren und zu überprüfen, ob die Daten hierfür zur Verfügung stehen. Es lohnt sich also, vorab einen Blick in die elektronischen Datenbanken, Archive oder Patientenakten zu werfen, bevor eine solche Arbeit den Zuschlag erhält.

Berufsalltag: Trauriges Aus der Promotion vermeiden

Bei allen Überlegungen, welche Arbeit die Richtige ist, gilt zu bedenken, dass am Ende nur die abgeschlossene Promotion zählt. Bei der zeitlichen Planung muss angestrebt werden, dass die Promotionsarbeit mit dem Ende des Praktischen Jahres beim Dekanat auf dem Tisch liegt. Denn die Erfahrung zeigt, dass in den ersten Jahren des Berufslebens Zeit knapp ist – erst recht für eine Promotionsarbeit. Die Motivation, die Promotionsarbeit zum Abschluss zu bringen, ist als Assistenzarzt im Common Trunk auf dem absoluten Tiefpunkt und so manche Arbeit findet hier ihr trauriges unvollendetes Aus.

Zentraler Punkt: Zusammenarbeit zwischen Betreuer und Doktorand

Um all diese drohenden Pannen sicher zu vermeiden, ist der Betreuer der Doktorarbeit der zentrale Punkt. Aber wie den richtigen finden? Eines sollte der Studierende wissen: Für den Doktorvater muss die Betreuung einer Promotionsarbeit einen nachweislichen Nutzen haben, altruistische Motive sind eher selten anzutreffen. In der Regel ist die Publikation, der im Rahmen der Doktorarbeit erhobenen Daten, in einem Fachjournal das angestrebte Ziel und der Doktorand übernimmt die ehrenvolle Aufgabe, diese Daten – in welcher Art auch immer – zusammenzustellen. Der Doktortitel ist aus Sicht des Betreuers nur ein löbliches Nebenprodukt. Der Pakt, der mit seinem Doktorvater eingegangen wird, muss von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt sein, denn beide brauchen einander. Einige Universitäten machen mit ihren Doktoranden zusätzlich zu den mündlichen Absprachen einen Promotionsvertrag mit klar umschriebenen Aufgaben der beiden Partner. Dennoch ist bei der Wahl der Arbeit und damit des Betreuers eine gehörige Portion Bauchgefühl mit im Spiel. Entscheidend ist, dass der Doktorvater einen zuverlässigen Eindruck und Interesse an dem Projekt vermittelt. Ein Betreuer, der regelmäßig Termine zur Vorbereitung absagt, noch schlimmer vergisst, und seine zugesagten Aufgaben in der Projektplanung nicht zeitgerecht und ernsthaft wahrnimmt, ist in dubio nicht der richtige Mann. Bei der inhaltlichen Vorbereitung der Dissertation ist ein Aspekt entscheidend – die Fragestellung. Was genau ist das Thema der Promotionsarbeit? Diese Frage zu beantworten ist die Kernaufgabe des Betreuers und wenn er diese nicht unmissverständlich definieren kann, ist kein gutes Ende zu erwarten. Deshalb sollte vorab für alle Promotionsarbeiten ein kurzes Studienprotokoll erarbeitet werden, in der die Kernelemente Studientyp, Fragestellung und Methodik niedergeschrieben sind. Das hilft allen Beteiligten, sich ein klares Bild von dem Projekt zu machen, setzt allerdings voraus, dass sich der Studierende in die Thematik mit der entsprechenden Literatur einliest. Das ist am Anfang sicherlich mühsam, aber unumgänglich und steht eigentlich immer am Anfang des ganzen Projektes.

Trotz aller möglichen Schwierigkeiten ist die Promotionsarbeit aber auch ein unglaublich spannender Teil des Medizinstudiums. Erstmalig gibt es die große Gelegenheit, sich mit einer medizinischen Thematik und Methodik in ihrer unendlichen Tiefe zu beschäftigen und sich dabei Fachwissen in einem hoch-spezialisierten Sektor zu erarbeiten, welches die ganze Faszination der Medizin offenlegt. Neben dem Erwerb des Doktortitels ist das der eigentliche Gewinn, den man sich nicht entgehen lassen sollte.

Schröder W. Promotion: Trauriges Aus oder erfolgreich zum Ziel. Passion Chirurgie. 2016 September, 6(09): Artikel 02_03.

Akademie aktuell: Der Common Trunk rückt in den Fokus

 

Kaum eine Fachdisziplin der Medizin ist in den letzten Dekaden so von den technologischen Veränderungen geprägt worden wie die Chirurgie. Ein großer Teil der klassischen Operationen ist durch interventionelle und minimal-invasive Techniken ersetzt worden. Ein Ende ist durch die fortschreitende Digitalisierung nicht abzusehen. Alleine durch diese Entwicklung ist der Trend zur zunehmenden Spezialisierung in den chirurgischen Fächern unausweichlich, die Lernkurven für die einzelnen Prozeduren werden länger – und die Weiterbildung zum Chirurgen komplexer. Dem gegenüber steht, dass sich in der gleichen Zeit die kumulative Arbeitszeit der Weiterbildungsassistenten durch gravierende Veränderungen des Arbeitszeitgesetzes deutlich reduziert hat und in der täglichen Routine durch ökonomische Zwänge eine enorme Arbeitszeitverdichtung Einzug gehalten hat. Die chirurgische Weiterbildungsordnung muss diese beiden diametralen Megatrends berücksichtigen und in die angestrebte Novellierung strukturell implementieren.

In diesem Kontext ist eine aktuelle, national angelegte, prospektiv-randomisierte Studie aus den USA beachtenswert, die eine Flexibilisierung der Arbeitszeit hinsichtlich Patienten-Outcome, Ausbildung der Residents und deren persönlichen Wohlbefinden untersucht. Hier ist auch nach zwei Reformen der Arbeitszeitregularien 2003 und 2011 die 80-Stunden-Woche das Maß aller Dinge. Untersucht wurden lediglich die Erhöhung der maximalen Schichtlänge auf mehr als 28 Stunden sowie eine Verkürzung des freien Intervalls zwischen zwei Schichten auf unter 14 Stunden. Kurz gesagt, ohne die Morbidität und die Mortalität der Patienten zu erhöhen, führt aus Sicht der Autoren diese Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu einer verbesserten Ausbildung – allerdings auf Kosten der nicht im Fokus stehenden Work-Life-Balance.

Auch wenn die hier untersuchten Arbeitsbedingungen nicht auf den chirurgischen Nachwuchs in Deutschland übertragbar sind, ist die Grundproblematik die Gleiche. Bei zunehmender Spezialisierung der chirurgischen Fachdisziplinen, aber gleichzeitig verkürzter Zeit, die für die Weiterbildung zur Verfügung steht, ist die chirurgische Basisweiterbildung im Common Trunk (Core Surgical Training) von eminenter Bedeutung. Hierin sind sich alle nationalen und internationalen Weiterbildungsgremien einig. Unter den Stichworten „Knowledge, Skills, Professionalism“ sind Weiterbildungsinhalte zu überdenken und strukturiert in den chirurgischen Alltag zu integrieren. Hierzu gehört auch ein begleitendes Curriculum, welches chirurgisches Basiswissen und praktische Fähigkeiten effizient vermittelt und den Beginn der Lernkurven aus dem OP in die Simulationszentren verlagert. Eine Herkules-Aufgabe für den Berufsverband der Deutschen Chirurgen und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie mit ihren Fachgesellschaften, die letztendlich nur gemeinsam – auch mit den Partnern der Industrie – gemeistert werden kann.

Literatur

Bilimoria KY et al. National Cluster-Randomized Trial of Duty-Hour Flexibility in Surgical Training. N Engl J Med 2016, 374:713-27.

Klingensmith ME. The Future of General Surgery Resideny Education. JAMA Surgery 2016, 151(3):207-8.

Termine Common Trunk – Basischirurgie

Duisburg

26.09.16 – 29.09.16

Anmeldung und Programm

Berlin

28.11.16 – 02.12.16

Anmeldung und Programm

 

Schröder W. Akademie aktuell: Der Common Trunk rückt in den Fokus. 2016 Juni; 6(06): Artikel 03_01.

Akademie aktuell: Die Basis muss stimmen

Externe Weiterbildungen sind für die Chirurgen von morgen zur Unterstützung der strukturierten Weiterbildung in der Klinik sehr wichtig. Aber die Angebote müssen auf den Nachwuchs zugeschnitten sein – so wie das Curriculum Basischirurgie der BDC|Akademie.

Die Seminare Basischirurgie – Common Trunk bieten Raum für Inhalte, die im Klinikalltag zu kurz kommen. Jungen Chirurginnen und Chirurgen werden wesentliche Fertigkeiten für die erste Weiterbildungszeit vermittelt – in einer ausgewogenen Mischung aus Frontalvorlesungen und praktischen Übungen. Die Teilnehmer sollten die Seminare idealerweise schon zu Beginn ihrer chirurgischen Tätigkeit besuchen und werden dort für den Berufsalltag auf der Station, im Nachtdienst und in der Notaufnahme vorbereitet.

„Die Übungen am Pelvitrainer waren super,da wir keinen in der eigenen Klinik haben.“ (Teilnehmer 2015)

In weiterführenden praktischen Seminaren werden Grundlagen der offenen und laparoskopischen Naht- und Knotentechnik sowie Anastomosen und Gefäßnähte Schritt für Schritt erklärt und ausgiebig geübt.

Termine Praktisches Seminar

Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie – Naht- und Knotentechniken
Münster: 14. bis 16.04.2016
Berlin: 02. bis 04.2016
Krefeld: 15. bis 17.09.2016

Orthopädie und Unfallchirurgie
Berlin: 27. bis 28.05.2016

Eine wertvolle Ergänzung sind die Seminare „Was tun, bis der Spezialist kommt?“, die auf den interdisziplinären Dienst in der Notaufnahme borbereiten. Zielgruppe dieser Seminare sind Ärzte, die in einem gemeinsamen chirurgischen Dienst tätig sind und den Überblick über das gesamte Fachgebiet benötigen.

„Es war eine sehr gute praxisrelevante Fortbildung.“ (Teilnehmer 2015)

Das Seminar dient dazu,

den jungen Kolleginnen und Kollegen Sicherheit bei der Erstbehandlung chirurgischer Notfälle zu geben,

lebensbedrohliche Krankheitsbilder zu identifizieren und

eine optimalen Vorbereitung für den chirurgischen Dienst nachzuweisen.

Termine Common Trunk

Tuttlingen: 06. bis 09.06.2016
Duisburg: September/Oktober
Berlin: 29.11. bis 02.12.2016

Termine „Was tun, bis der Spezialist kommt?“

Leipzig: 22. bis 23.04.2016
Leipzig: 21. bis 22.10.2016

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Korrespondierender Autor:

Prof. Dr. med. Wolfgang Schröder, FACS

Leiter der Akademie für chirurgische Weiterbildung und praktische Fortbildung des BDC

Leitender Oberarzt

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie

Universitätsklinik Köln

Kerpener Str. 62, 50937 Köln

schroeder@bdc.de

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Weitere Artikel finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de, Rubrik Wissen | Aus- Weiter- und Fortbildung).

Schröder W. Akademie aktuell: Die Basis muss stimmen. 2016 März; 6(03): Artikel 03_01.

Ohne Anatomie geht gar nichts in der Chirurgie

Wieder einmal ist die makroskopisch-anatomische Ausbildung der Studierenden in der Diskussion. Umgestaltungen der Studiengänge und strukturelle Probleme der für die Ausbildung verantwortlichen anatomischen Institute sind die Ursache, dass Anatomen und Chirurgen in der gegenwärtigen Ausbildung ein Defizit sehen, der interessierten Studierenden nur unzureichendes Rüstzeug für eine spätere operative Tätigkeit mit auf den Weg gibt. Wie die beiden folgenden Beiträge zeigen, sind sich alle Beteiligten einig, dass ohne profunde Kenntnisse in der makroskopischen Anatomie eine Weiterbildung in einem chirurgischen Fach nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann. Das liegt daran, dass sich angehende Chirurgen mit einem Defizit anatomischer Kenntnisse nicht die operative Sicherheit erarbeiten können, die eine unabdingbare Voraussetzung für eine verantwortliche chirurgische Tätigkeit ist.

Was ist zu tun? Zum einen ist zu fordern, dass die anatomischen Institute finanziell und personell so ausgestattet werden, dass sie ihrer Kernaufgabe nachkommen können. Dieses lässt den notwendigen Spielraum für innovative Lehrkonzepte, wie sie beispielhaft auf dem kürzlich veranstalteten „2. Tag der Lehre der Medizinischen Fakultäten NRW“ in Düsseldorf vorgestellt wurden. Hier steht die frühe Verzahnung von Anatomie mit den operativen und radiologischen Fächern im Mittelpunkt. Zum anderen erscheint es sinnvoll, dass chirurgische Berufsverbände und Fachgesellschaften zunehmend anatomisch-chirurgische Kurse an Körperspendern in das Portfolio ihrer Akademien aufnehmen. Die gegenwärtige Nachfrage nach diesen Angeboten ist groß. Diese Programme erfordern jedoch einen hohen finanziellen Aufwand, der ohne die Unterstützung der Industrie von den einzelnen Akademien nicht zu leisten ist. Daher ist auf diesem Gebiet der anatomisch-chirurgischen Seminarangebote eine Kooperation von Berufsverbänden und Fachgesellschaften nicht nur wünschenswert, sondern mit Blick auf die chirurgische Weiterbildung junger Kollegen ein Muss.

Nächster Termin BDC-Seminar Chirurgische Anatomie an Körperspendern

03.06.2016 bis 05.06.2016 in Mülheim an der Ruhr, 09:00 bis 19:00 Uhr

Wiss. Leiter: Dr. med. Klammer, Dr. med. Kim

Anatomie und Chirurgie in der Krise? (A. Prescher)

„Der Wundarzt erntet, aber der Kranke erduldet, was der Physiologe und der Anatom gesät haben!“

(Prof. Dr. Dr. h.c. Friedrich Stelzner 1985)

Die Grundlage aller chirurgischen Techniken ist nach wie vor eine detaillierte Kenntnis der anatomischen Strukturen, ihrer Topographie und der Variationen. Diese enge Verzahnung der Anatomie mit den chirurgischen Fächern besteht seit alters her, da die meisten Anatomen auch Chirurgen et vice versa waren.

„Bedauerlicherweise muß jedoch festgestellt werden, daß den auf der einen Seite zunehmend geforderten anatomischen Spezialkenntnissen auf der anderen Seite eine erhebliche Verflachung der anatomischen Ausbildung im Medizinstudium gegenübersteht. Man kann sogar sagen, daß sich die anatomische Ausbildung der Studenten mancherorts in einer ernstzunehmenden Krise befindet, da der klassische Präparierkurs mit seinem bewährten Konzept schon an einigen Standorten (oftmals Modellstudiengänge) in Auflösung begriffen ist. Es stellt sich hier die Frage, wie der zukünftige chirurgische Nachwuchs die erforderlichen profunden anatomischen Kenntnisse erwerben soll und kann, wenn schon die Vermittlung der systematischen Anatomie im Medizinstudium erhebliche Lücken aufweist. Während noch vor einiger Zeit die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinchirurgie die zwingende Voraussetzung für die Weiterbildung z. B. zum Plastischen Chirurgen war und anatomische Kenntnisse in dieser Zeit vertieft und aufgefrischt werden konnten, bleibt heutzutage durch die verkürzte Ausbildung dafür wenig Zeit. Somit potenzieren sich die Defizite in der studentischen Lehre und beeinträchtigen die solide anatomische Grundlage der Chirurgie.“ [3].

Probleme in den Anatomischen Instituten

Die Krise der anatomischen Ausbildung hat sich schon lange abgezeichnet, da sich die Ausrichtung vieler anatomischer Institute grundlegend geändert hat. Das Tätigkeitsfeld hat sich von der makroskopischen Anatomie fast vollständig auf den histologisch-zellbiologischen Bereich verlagert. Diese neue Ausrichtung hat mittlerweile oftmals auch schon zur Namensänderung der Institute geführt, die dann als Institute für Anatomie und Zellbiologie geführt werden. Diese Veränderung an der thematischen Ausrichtung ist auch an der Personalstruktur nicht spurlos vorübergegangen: Es gibt deutlich mehr naturwissenschaftliches Personal als ärztliches. Die umfassende Bedeutung der Anatomie und anatomischer Details für die praktische Medizin erschließt sich dem naturwissenschaftlichen Personal oftmals nicht oder stößt oft nur auf Desinteresse.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die schwierige Gewinnung ärztlichen Nachwuchses in Anatomischen Instituten, da hier kein Ärztetarif mehr gezahlt wird und junge Kollegen somit finanzielle Einbußen erleiden, wenn sie sich für eine Tätigkeit in der Anatomie entscheiden. Dieser Punkt ist schon mehrfach thematisiert worden [4, 1], eine Änderung ist jedoch nicht in Sicht – mittlerweile ist es um das Thema ruhig geworden.

Leider konnte auch die löbliche und schon lange notwendige Einführung des Facharztes für Anatomie die Situation nicht verbessern, da sich kaum Interessenten für diese Weiterbildung finden. Seit Jahren wurden in Aachen keine Kollegen mehr ausgebildet, obwohl die volle Weiterbildungsberechtigung vorliegt.

Probleme in der vorklinischen Ausbildung

In der vorklinischen Ausbildung muss der Zeitrahmen für ein so umfangreiches Fach wie die Anatomie berücksichtigt werden. Eine immer weitergehende Verkürzung der Vorlesungszeit und der Zeit des Präparierkurses sind absolut kontraproduktiv und können kein sicheres, gewachsenes Wissen erzeugen. Leider sind auch viele Vorlesungsthemen dem Zeitdiktat zum Opfer gefallen. Eine umfassende Vorlesung „Embryologie“, die das Verständnis für die Teratologie und damit klinisch wichtige Sachverhalte legt, ist oftmals ebenso verlorengegangen wie eine systematisch-anatomische Vorlesung. Manche Themen sind in den autodidaktischen Bereich verlagert worden, wie in Aachen z. B. die Osteologie. Dabei sollte sich dieses Thema nicht in einer trockenen „Höckeranatomie“ erschöpfen, sondern wichtige unfallchirurgische und orthopädische Gesichtspunkte einschließen. Dies gilt in besonderem Maße für Modellstudiengänge mit integrierten klinischen Sachverhalten. Durch eine solche Verbindung klassisch-systematischer Anatomie mit orthopädischen und unfallmedizinischen Sachverhalten wird das Thema spannend und so manches anatomisches Detail bleibt im Gedächtnis, weil die praktische Bedeutung beim Lernen gleich mit gesehen wird.

Weiterhin sind die Prüfungsformate oftmals nicht geeignet, den anatomischen Wissensstand verlässlich zu erheben und im Falle von Mängeln zu sanktionieren. Das in Modellstudiengängen (z. B. Aachen) gerne verwendete Prüfungsformat Objective Structured Practical Examination (OSPE) ist sicherlich ungeeignet, da nur Schlagworte der systematischen Anatomie abgefragt werden oder grobe Demonstrationsaufgaben am Präparat zu bewältigen sind. Es fehlt das vertiefende Prüfungsgespräch, bei dem der gute Prüfling zeigen kann, was er wirklich gelernt hat. Dafür rutscht der schlecht vorbereitete Studierende viel zu oft durch, ohne zu einer Lückenschließung gezwungen zu sein. OSPE nimmt auch die Motivation, da man im Vorfeld weiß, dass keine Details oder in der knappen Prüfungszeit komplex zu verdeutlichende Sachverhalte abgefragt werden können.

Es spricht für die Brisanz der gegenwärtigen Situation, dass die Thematik der anatomischen Ausbildung immer wieder diskutiert wird. Auf dem 126. Chirurgenkongress im Jahre 2009 wurde vom Präsidenten Professor Volker Schumpelick eine gesamte Sitzung zum Thema „Anatomie – Quo vadis?“ initiiert, in der namhafte Redner (E. Lignitz, W. Hohenberger, R. Putz, R. Pabst, F. Stelzner) zu Wort kamen. Ganz aktuell hat die Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie ein Themenheft „Anatomie und Ästhetische Chirurgie“ herausgebracht, was sich ebenfalls der engen Verzahnung der beiden Fächer widmet und die Problematik in der Einführung thematisiert [3].

Die anatomische Prosektur als Partner der klinischen Medizin

Makroskopische Kompetenz ist heutzutage immer noch sehr gefragt und kann unmittelbar in die Patientenversorgung einfließen und diese optimieren – wenn die Türen der Anatomie für die klinischen Kollegen offenstehen. Das bedeutet nicht nur die Bereitstellung von Präparationsmaterial, sondern auch die aktive Beteiligung des Anatomen an der Diskussion. Der makroskopisch tätige Anatom verfügt über einen wichtigen Erfahrungsschatz, nicht nur in der Anatomie, sondern auch in der Pathologie und der Teratologie. Dieses Wissen wird durch ein umfangreiches methodisches Spektrum, das selbstverständlich auch die Histologie umfasst, ergänzt. Der Makroskopiker als klinischer Anatom ist somit prädestiniert, verschiedene Gebiete zu überblicken, übergeordnete Aspekte zu fördern und diese zu berücksichtigen.

Natürlich ist auch das Sammlungswesen einer Prosektur nicht zu vernachlässigen. Eine gut angelegte, technisch einwandfreie Sammlung anatomischer und auch pathologischer Präparate sowie aufgearbeiteter Fallstudien sind für die Illustrierung von Vorträgen und Publikationen von hohem Wert. Die über Jahre angelegte Sammlung des Verfassers, z. B. zu akzessorischen Tarsalelementen begeistert Fußchirurgen immer wieder und operativ tätige HNO-Ärzte sind immer wieder dankbar, wenn sie die Ausprägungen, topographischen Beziehungen und zahlreichen Varianten der Nasennebenhöhlen an Originalen demonstriert bekommen können.

Die anatomische Prosektur benötigt Unterstützung von der Klinik

Voraussetzung für die Bearbeitung eines so umfangreichen Gebiets ist natürlich ein Umfeld, das die Pflege des anatomischen Wissensschatzes zulässt und nicht nur nach brandaktuellen Forschungsergebnissen und möglichst hohen Impaktpunkten schielt. Es muss eine gewisse Grundausstattung der Prosektur mit Personal und Infrastruktur vorhanden sein, um dem hohen, umfassenden und wissenschaftlichen Anspruch einer anatomischen Prosektur gerecht zu werden, der sich nicht nur in den notwendigen Aufgaben der vorklinischen Ausbildung der Studenten erschöpft. Die medizinische Fakultät ist deshalb gefordert, entsprechend adäquate Rahmenbedingen zu schaffen. Allerdings ist hier ein Umdenken erforderlich, da die anatomische Prosektur mit solchem Zuschnitt nicht nur in der vorklinischen Ausbildung verankert ist, sondern auch offiziell in die Weiterbildung der approbierten Ärzte integriert werden muss. Eine solche erweiterte Prosektur ist jedoch nicht zum Nulltarif zu haben. Natürlich kann der makroskopisch-klinische Anatom durch die Etablierung von Operationskursen und Weiterbildungen seinen finanziellen Spielraum erweitern und damit zu seiner Ausstattung beitragen. Die entsprechenden finanztechnischem Rahmenbedingen für solchermaßen erworbene „Drittmittel“ müssen jedoch auch von der jeweiligen Fakultät geschaffen werden und natürlich sind die nutznießenden klinischen Fächer in der Pflicht, sich für den vorklinischen Kollegen einzusetzen und zu unterstützen. Vor diesem Hintergrund erscheint es angebracht und notwendig, auf die Schicksalsgemeinschaft der chirurgischen Fächer mit der Anatomie hinzuweisen.

Es kann festgestellt werden, dass die unbefriedigende Situation der makroskopischen Anatomie mittlerweile auch bei den klinischen Kollegen angekommen ist und in ihrer ganzen Tragweite zur Kenntnis genommen wird. Die vorklinischen Defizite werden, und dies wird in Gesprächen mit operativ tätigen Kollegen immer wieder erschreckend deutlich, verstärkt und beängstigend im klinischen Alltag offenbar [2]. Es ist somit an der Zeit, in einer gemeinsamen Anstrengung von Klinikern und Anatomen die Situation zu verbessern. Es wäre fatal, und für lange Zeit nicht mehr korrigierbar, wenn der Begriff „Anatomie“ zukünftig als Synonym für „Zellbiologie“ stehen würde.

In diesem Sinne sind eine wirkliche Renaissance der makroskopischen Anatomie und eine Kooperation mit den chirurgischen Fächern auf Augenhöhe wünschenswert. Die makroskopisch-angewandte Anatomie darf weder zu einer curricularen Nebentätigkeit molekular ausgerichteter Naturwissenschaftler verkommen, noch darf sie zu der Dienstmagd der Chirurgie werden. Es geht um nichts weniger als um das Überleben eines traditionsreichen, leistungsstarken und selbstständigen Grundlagenfaches der Medizin, von dem tatsächlich die Qualität der zukünftigen Patientenversorgung unmittelbar abhängt.

Literatur

[1] Göbel EA: Tarifverträge eine Katastrophe. Dtsch Ärztebl 104(15): A-1012 7 B-897 / C-854 (2007).

[2] Lignitz, E: Ärztliche Behandlungsfehler durch Unkenntnis der Anatomie. Ann Anat 181: 317 (1999).

[3] Prescher A, Taufig Z: Anatomie und Ästhetische Chirurgie. J Ästhetische Chirurgie 8: 149-150 (2015).

[4] Propping P: Die neuen Tarifverträge: Ein Gau für die universitäre Medizin. Dtsch Ärztebl 104(3): A-163 / B-131 / C-127 (2007).

[5] Stelzner, F: Eröffnungsansprache des Präsidenten. Langenbecks Arch Chir 366 (Kongreßbericht 1985): 3-9 (1985).

Chirurgie ist angewandte Anatomie (J. Andermahr, C. Burger)

Schulterschluss von Chirurgie und Anatomie in den Universitäten gefordert

Chirurgie ist angewandte Anatomie. Dass diese Erkenntnis Gegenstand dieses Beitrags ist, lässt auf Probleme in der Weiterbildung der jungen Chirurgen schließen. Auf intraoperative Fragen nach anatomischen Strukturen bekommt man als Operateur von Assistenten immer häufiger unzureichende oder gar keine Antworten mehr.

OP-Kurse beliebt wie lange nicht

Ursache hierfür ist ein zunehmender Mangel an makroskopisch anatomischen Grundkenntnissen in der nachwachsenden Generation von Chirurgen. Die Folge ist eine zunehmende Beliebtheit anatomischer Präparationskurse für junge Chirurgen während der Weiterbildung.

Trotz prolongierter Facharzt- und Schwerpunktausbildung in den chirurgischen Fächern kommt nur jener Chirurg im operativen Kerngeschäft weiter, der ein universelles Wissen der Anatomie für sein spezielles Fachgebiet mitbringt.

Die Anatomiekurse an Universitäten sind in Bezug auf Präparate-Beschaffung und -Verwaltung und im personellen Aufwand sehr kostspielig und aufwendig.

Das hat dazu geführt, dass personal- und materialsparende Kurselemente wie das Lernen an Computeranimationen oder an Schnittbildern modern geworden sind. Die virtuelle oder zweidimensionale Schulung der angehenden Mediziner führt aber zu einem nur rudimentären Wissen der Anatomie.

Auf den Präpkurs darf nicht verzichtet werden

Neben dem einfachen Benennen einzelner Strukturen auf Bildern und Zeichnungen ist es für den Chirurgen von entscheidender Bedeutung, anatomische Verhältnisse in Bezug auf Zugangswege im Präparationskurs an der Leiche zu erlernen. Über die grundlegenden theoretischen Erkenntnisse hinaus ist insbesondere auch die Wahrnehmung von geweblichen Konsistenzveränderungen für den späteren Beruf als Chirurg von Bedeutung.

Natürlich ist die Kenntnis der Lagebeziehung eines Nerven an der oberen Extremität in Bezug auf die benachbarte Muskulatur im Schnittbild wichtig, aber von größerer Bedeutung ist es, die nervale Struktur in ihrem Verlauf zu präparieren und die präparatorischen Schwierigkeiten bei der Freilegung zu realisieren und zu lösen. Eine solche Erfahrung lässt sich weder virtuell noch an Plastinationsschnitten oder an Bildern und Zeichnungen erlernen. „Was muss ich an anatomischen Strukturen beachten, beiseite halten oder durchtrennen, um das Zielareal zu erreichen?“ sind die zentralen operativ-praktischen Fragen, die ein angehender Chirurg stellen und beantworten muss.

Die Anatomie des menschlichen Körpers ist derart komplex, dass eine Renaissance der klassischen, makroskopisch-anatomischen Präparation notwendig ist, um auch in Zukunft leistungsfähige und exzellente Chirurgen in Deutschland hervorzubringen. Hier besteht eine direkte Korrelation von anatomischer Ausbildung und chirurgischer Expertise. Die chirurgische Ausbildung sollte im Hinblick auf die anatomischen Kenntnisse nicht in die Phase nach dem Medizinstudium (postgraduierte Ausbildungen) verlagert werden, so wie es in den einzelnen Operationskursen üblich ist. Vielmehr sollte sie ein Schwerpunkt in der medizinischen und hier insbesondere der präklinischen Ausbildung sein.

Alleinige Neuroanatomie reicht nicht

Eine missliche Entwicklung in dieser Hinsicht ist eine Tätigkeitsverlagerung der Anatomen weg von der makroskopischen Anatomie hin zur mikroskopischen histologischen Anatomie. Zusätzlich ist eine Verschiebung von dem breiten Spektrum der Anatomie hin zu einem primär neuroanatomischen Spektrum zu verzeichnen. Diese kommt ansatzweise den Neurologen und Neurochirurgen zugute, jedoch nicht den Kernfächern Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie.

Das Problem der minimal-invasiven Techniken

Ein weiterer Aspekt ist, dass in der aktuellen Chirurgie immer mehr Eingriffe minimal-invasiv durchgeführt werden und damit der nachwachsenden Generation von Chirurgen nicht mehr ausreichend die Möglichkeit gegeben wird, einen anatomischen Situs offen zu präparieren. Auch wenn die minimal-invasiven Techniken in noch höherem Maße eine schichtgerechte anatomische Präparation erfordern, fehlt die taktile Komponente. Für den Fall der Konversion auf ein offenes Verfahren ist daher zunehmend zu beobachten, dass das manuelle Gefühl für den offenen Situs und damit Fähigkeit der offenen anatomischen Präparation den nachwachsenden Chirurgen aufgrund mangelnden Trainings schwerer fällt. Auch unter diesem Aspekt übernimmt der anatomische Präparationskurs eine wichtige Funktion.

Schulterschluss von Chirurgie und Anatomie

Alles in allem ist es eine bildungspolitische Entscheidung, den aufwendigen makroskopischen Anatomiekurs für die Qualität der medizinischen Ausbildung weiterhin finanziell ausreichend zu fördern. Hierbei ist die enge Zusammenarbeit von allen chirurgischen Fächern und den Anatomieinstituten notwendig, um bei der Verteilung von Mitteln, Räumlichkeiten und Personal die Position der tätigen Anatomen zu stärken. Wenn in Deutschland auch in der nächsten Dekade überdurchschnittlich gute Chirurgen auf dem Gesundheitsmarkt tätig sein sollen, ist eine Aufwertung der anatomischen makroskopischen Ausbildung und hier insbesondere des Präparationskurses an der menschlichen Leiche unumgänglich.

Schröder W. Akademie aktuell: Ohne Anatomie geht gar nichts in der Chirurgie. Vorwort. Passion Chirurgie. 2016 Januar; 6(01): Artikel 03_01_01.

Prescher A. Akademie aktuell: Ohne Anatomie geht gar nichts in der Chirurgie. Anatomie und Chirurgie in der Krise? Passion Chirurgie. 2016 Januar; 6(01): Artikel 03_01_02.

Andermahr J. / Burger C. Akademie aktuell: Ohne Anatomie geht gar nichts in der Chirurgie. Chirurgie ist angewandte Anatomie. Passion Chirurgie. 2016 Januar; 6(01): Artikel 03_01_03.

Rezension: Operationsatlas Chirurgie

Der nun schon in vierten Auflage vorliegende ‚Operationsatlas Chirurgie‘ zeigt, wie auch die erste Auflage aus dem Jahre 1997, eine große Bandbreite operativer Eingriffe aus verschiedenen Fachdisziplinen, die im Wesentlichen das Spektrum des ‚klassischen‘ Facharztes für Chirurgie wiederspiegeln. Entsprechend dem Fachgebiet der Herausgeber liegt der Schwerpunkt dieser Operationslehre in der Allgemein- und Viszeralchirurgie. Das renommierte Werk der Autoren wurde bereits in fünf verschiedene Sprachen übersetzt.Der Operationsatlas ist wie auch schon die vorausgegangenen Auflagen in seinem Aufbau klar gegliedert. Die Darstellung der Operationen folgt einem bewährten und gut verständlichen Schema von der Indikationsstellung bis zur Nachsorge. Der Fokus liegt hierbei auf der Beschreibung der einzelnen Operationsschritte, die mit einem kurzen Text und einer Abbildung erläutert werden. Mit der gewählten Form der graphischen Schwarz-Weiß-Abbildung muss diese Operationslehre allerdings mit Anbietern multimedialer Präsentationen in Konkurrenz treten. Der Operationsatlas wurde in dieser Auflage um die laparoskopischen Standardoperationen ergänzt, die in ihrer Gewichtung aber immer noch hinter dem konventionellen ‚offenen‘ Vorgehen zurückstehen. Auf die Darstellung moderner Dissektionsgeräte, die in allen Fachgebieten und auch beim offenen Operieren Einzug gehalten haben, wird in diesem Atlas verzichtet.


Operationsatlas Chirurgie
V. Schumpelick, R. Kasperk, M. Stumpf
4. überarbeitete u. erweiterte Aufl. 2013,
640 Seiten, 1.237 Abbildungen, gebunden. Georg Thieme Verlag
ISBN 978-3-13-140634-7 € 149,99

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Die inhaltliche Stärke dieses Operationsatlas liegt sicherlich in seinem umfassenden Überblick über die gängigen Standardoperationen. Der Atlas ist hier bestens geeignet, dem Berufseinsteiger eine erste Orientierung zu geben. Es bleibt aber die Frage, wer der wirkliche Adressat dieses umfangreichen Operationsatlas ist. Die weit fortgeschrittene Spezialisierung der Chirurgie spiegelt sich auch in der Differenzierung der verschiedenen Fachdisziplinen und den Weiterbildungskatalogen wieder. Der Chirurg, für den 1997 die erste Auflage dieses Buchs ursprünglich konzipiert war und der diesen Atlas begleitend in seiner Weiterbildung einsetzte, ist auf dem deutschen Weiterbildungsmarkt in Zukunft nicht mehr anzutreffen. Es gibt zunehmend weniger Assistenten, die auf dem heutigen Weg zum Facharzt die in diesem Buch dargestellten Operationen noch in ihrer ganzen Breite erlernen und beherrschen müssen. Einige Eingriffe sind in den gegenwärtigen Weiterbildungskatalogen gar nicht mehr zu finden. Auf der anderen Seite ist das abgebildete Spektrum für den spezialisierten Chirurgen der verschiedenen Fachdisziplinen als Nachschlagewerk fraglich ausreichend. In seiner Spezialisierung ist hier entsprechend dem Schwerpunkt der Herausgeber noch am besten die Vizeralchirurgie abgebildet.

Zusammenfassend ist für diese renommierte Operationslehre festzuhalten, dass es nach wie vor geeignet ist, dem Chirurgen in Weiterbildung einen guten Überblick über ein großes Spektrum häufiger Standardoperationen verschiedener Fachdisziplinen zu geben. Inwieweit ein solches Werk bei der gegenwärtigen Weiterbildungsordnung noch Akzeptanz findet, muss der Markt entscheiden.

Schröder W. Rezension: Operationsatlas Chirurgie. Passion Chirurgie. 2014 März; 4(03): Artikel 03_05.

Aufbau einer “Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung”

Offener Brief an alle operativ tätigen Fachgesellschaften und Berufsverbände

Sehr geehrte Damen und Herren,

die unaufhaltsamen Fortschritte in medizinischem Fachwissen und Medizintechnik haben das Aufgabenspektrum im Bereich der ärztlichen Fort- und Weiterbildung deutlich erweitert. Diese Entwicklung betrifft in besonderem Maße die operativ tätigen Fachgebiete. Die gesteigerten Anforderungen spiegeln sich hier in einer fortgesetzten Ausdehnung und Diversifikation des Fort- und Weiterbildungsangebots wider. Die Verbreiterung der Palette an Produkten und Anbietern hat einerseits die Qualität nachhaltig gesteigert, andererseits aber auch den Aufbau von kostenintensiven Parallelstrukturen und –inhalten gefördert.

Den gesteigerten Ausgaben auf dem Sektor der Fort- und Weiterbildung stehen wichtige gesellschaftspolitische Entwicklungen im Gesundheitswesen entgegen. Der demographische Wandel und ein allgemeiner Konsens zur Begrenzung der Ausgaben lassen schon mittelfristig eine Priorisierung erwarten. Die Gegenläufigkeit dieser Trends ist unvereinbar.

Vor diesem Hintergrund erscheint es mehr denn je notwendig, bestehende Synergien zu nutzen und Redundanzen abzubauen. Der Berufsverband der Chirurgen (BDC) lädt daher alle operativ tätigen Fachgesellschaften und Berufsverbände in Deutschland ein, die Gründung einer gemeinsamen ‚Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘ zu diskutieren. Der hier präsentierte Vorschlag soll nicht präjudizieren, sondern als erster Gesprächsimpuls dienen. Das stufenweise Konzept stellt zunächst die inhaltlichen Strukturen in den Vordergrund, um dann im zweiten Schritt die organisatorischen Rahmenbedingungen zu klären und erst zum Schluss die notwendigen Personalfragen zu diskutieren.

Wir heißen alle operativ tätigen Fachgesellschaften und Berufsverbände herzlich willkommen, ihre fachliche und organisatorische Kompetenz einzubringen und sich aktiv am Entwicklungsprozess einer ‚Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘ zu beteiligen. Denn nur gemeinsam sind wir stark. Lassen Sie uns die gebündelten Kräfte für einen echten Fortschritt nutzen. Spätere Generationen werden es uns danken.

Ihre

Prof. Dr. H.-P. Bruch, Präsident des BDC
Prof. Dr. W. Schröder
PD Dr. C.J. Krones

Positionspapier der BDC-Akademie

Alle operativ tätigen Fachgesellschaften und Berufsverbände sind eingeladen, ihre fachlichen und organisatorischen Kompetenzen in den Gründungsprozess einer ‚Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘ einzubringen.

Diese Bündelung der Kräfte wird inhaltliche und strukturelle Synergien nutzen und gleichzeitig kosten- und aufwandintensive Redundanzen abbauen. Die organisatorische Verschlankung setzt dabei Ressourcen frei, die in der notwendigen inhaltlichen Diversifikation genutzt werden können.

Der stufenweise Aufbau stellt zunächst die inhaltlichen Fragen in den Vordergrund, um anschließend die organisatorischen, finanziellen, juristischen und zum Schluss die personellen Aspekte zu diskutieren.

Das vorliegende Positionspapier soll als erste Diskussionsgrundlage dienen. Zur Disposition steht ebenfalls der Titel der neu zu gründenden Akademie.

Allgemeine Voraussetzungen:

  • Der Prozess könnte fünf separate Stufen umfassen, die in Klausurtagungen schrittweise gemeinsam erarbeitet werden. Jede Klausurtagung könnte durch einen unabhängigen Experten moderiert werden.
  • Jeder Berufsverband/Fachgesellschaft könnte bei jeder Klausurtagung durch ein bis zwei Mitglieder seiner Wahl vertreten sein, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Stufe wechselnd mit unterschiedlicher Fachkompetenz besetzt werden könnten.
  • Die erste Klausurtagung könnte einen Zeitplan für den Gesamtablauf und die Verteilung der Entwicklungskosten festlegen. Die Gremien der Berufsverbände und Fachgesellschaften würden einen Konsens in diesen Punkten als bindend für den weiteren Ablauf akzeptieren. Weiterhin würde in der ersten Klausurtagung die Modalität einer beschlussfähigen Mehrheitsfindung definiert, die z. B. die Mitgliederzahl der einzelnen Berufsverbände und Fachgesellschaften zu Grunde legt.
  • Jede Klausurtagung würde durch ein Positionspapier zum jeweiligen Thema jedes einzelnen Berufsverbandes und jeder einzelnen Fachgesellschaft vorbereitet. Als Grundlage der Positionspapiere der jeweiligen Stufe würde ein Fragekatalog dienen, welcher schriftlich beantwortet und beim externen Moderator vor der Klausurtagung eingereicht würde. Diese Positionspapiere der einzelnen Berufsverbände/Fachgesellschaften würden vom Moderator zusammenfassend vorgestellt und als Diskussionsgrundlage jeder Klausurtagung dienen.
  • Es wird angestrebt, dass jede Klausurtagung mit einem konsensfähigen Vorschlag abgeschlossen wird. Dieser Vorschlag würde dann den Gremien der einzelnen Berufsverbände und Fachgesellschaften zur Entscheidung vorgestellt. Bei mehrheitlich positiver Zustimmung der Entscheidungsgremien würde die jeweilige Stufe verbindlich abgeschlossen.

Konzeptionelle Gliederung

Stufe 1: Zielbestimmung
Ziel: Inhaltliche und organisatorische Definition einer ‚Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘

1.   Jeder Berufsverband und jede Fachgesellschaft hat ein Vorschlagsrecht und reicht vor der ersten Klausurtagung ein schriftlich erarbeitetes Positionspapier zu den folgenden Fragen ein. Jeder Berufsverband und jede Fachgesellschaft besetzt dabei entsprechend seiner Kernkompetenz die eigenen Themen oder Säulen und definiert den aus seiner Sicht notwendigen organisatorischen Bedarf.

  • Welche Weiter- und Fortbildungsinhalte soll eine “Deutsche Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung” anbieten?
  • Welche organisatorischen Strukturen, einschließlich Personal, sind für die Umsetzung notwendig?

2.   Die Zusammenstellung der Daten wird vom unabhängigen Moderator vorgenommen und bei der Klausurtagung dieser Stufe vorgestellt. In der gemeinsamen Diskussion werden die gesammelten Daten auf Schnittmengen und Synergien geprüft und ein inhaltliches und organisatorisches Konzept entwickelt.

Stufe 2: Ist-Analyse der aktuellen Struktur
Ziel: Erhebung des aktuellen inhaltlichen und organisatorischen Status

1.   Jeder Berufsverband und jede Fachgesellschaft hat ein Vorschlagsrecht und reicht vor der zweiten Klausurtagung ein schriftlich erarbeitetes Positionspapier zu den folgenden Fragen ein.

  • Welche Weiter- und Fortbildungsveranstaltungen werden 2012 angeboten und sind für die nächsten zwei Jahre in Planung?
  • Welche Organisationsstrukturen werden für das aktuelle und geplante Angebot zurzeit vorgehalten? (Diese Frage beinhaltet nicht die gegenwärtigen Kostenstrukturen, die Thema der Stufe 3 sind.)

2.   Die Sammlung der Daten wird vom unabhängigen Moderator vorgenommen und bei der Klausurtagung dieser Stufe vorgestellt. In der gemeinsamen Diskussion werden die gesammelten Daten auf Schnittmengen und Synergien geprüft und der aktuelle Stand bezüglich der inhaltlichen und organisatorischen Struktur zusammengefasst.

Stufe 3: Finanzielle Voraussetzungen
Ziel: Analyse der aktuellen Finanzierung und Erarbeitung eines Finanzierungsmodells einer ‚Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘

1.   Jeder Berufsverband und jede Fachgesellschaft hat ein Vorschlagsrecht und reicht vor der dritten Klausurtagung ein schriftlich erarbeitetes Positionspapier zu den folgenden Fragen ein.

  • Welche Bilanzen (Erlöse und Kosten mit Quellenangaben, Über- und Unterdeckung durch Fixkosten) weisen die Berufsverbände und Fachgesellschaften in ihren Jahresberichten 2009 bis 2011 für Fort- und Weiterbildung aus?
  • Welche Kosten werden für eine ‚Deutsche Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘ erwartet und wie können diese proportional aufgeteilt werden
  • Welche sonstigen materiellen und immateriellen Verpflichtungen bestehen gegenüber dritten Partnern, die für das Finanzierungskonzept einer “Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung” relevant sind?

2.   Die Sammlung der Daten wird vom unabhängigen Moderator vorgenommen und bei der Klausurtagung dieser Stufe vorgestellt. In der gemeinsamen Diskussion werden die gesammelten Daten auf Schnittmengen und Synergien geprüft und ein Finanzierungskonzept für die “Deutsche Akademie für Fort- und Weiterbildung” erarbeitet.

Stufe 4: Vertragsrechtliche Umsetzung
Ziel: Erarbeitung einer Rechtsgrundlage einschließlich Rechtsform einer “Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung”

1.   Jeder Berufsverband und jede Fachgesellschaft hat ein Vorschlagsrecht und reicht vor der vierten Klausurtagung ein schriftlich erarbeitetes Positionspapier zur folgenden Frage ein.

  •  Welche vertragsrechtlichen Voraussetzungen müssen für die Gründung einer “Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung” umgesetzt werden?

2.   Die Sammlung der Vorschläge wird von einem unabhängigen Juristenteam vorgenommen und bei der Klausurtagung dieser Stufe vorgestellt. In der gemeinsamen Diskussion wird zusammen mit den jeweiligen juristischen Beratern der Berufsverbände/Fachgesellschaften ein Vorschlag für die personelle Umsetzung der ‚Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung‘ erarbeitet.

Stufe 5: Personelle Umsetzung
Ziel: Festlegung der Personen, welche in der “Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung” arbeiten und diese leiten sollen.

1.   Jeder Berufsverband/Fachgesellschaft hat ein Vorschlagsrecht und reicht vor der fünften Klausurtagung ein schriftlich erarbeitetes Positionspapier zur folgenden Frage ein.

  • Wie können die personell festgelegten Strukturen auf Mitarbeiter- und Führungsebene umgesetzt werden?

2.   Die Zusammenstellung der Vorschläge wird von einem externen Moderator vorgenommen und bei der Klausurtagung dieser Stufe vorgestellt. In der gemeinsamen Diskussion wird zusammen mit den juristischen Beratern der Berufsverbände und der Fachgesellschaften die Rechtsgrundlage für die “Deutsche Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung” erarbeitet.

Schröder W. / Krones C. J. Aufbau einer “Deutschen Akademie für Chirurgische Fort- und Weiterbildung”. Passion Chirurgie. 2012 Juli/August; 2(07/08): Artikel 02_10.

Bericht über Schwerpunktseminar „Viszeralchirurgie kompakt“

Vom 30. Juni bis zum 1. Juli fand an der Uniklinik Köln die erste Veranstaltung der neuen BDC-Seminarreihe „Viszeralchirurgie kompakt“ statt. Unter Leitung von Klinikdirektor Prof. Hölscher und seinem leitenden Oberarzt Prof. Schröder wurden an zwei Tagen die klinisch relevanten Themen der Chirurgie des oberen Gastrointestinaltraktes vorgestellt.

Das Seminar, welches sich insbesondere an klinisch tätige Oberärzte und Chefärzte wandte, war für den ersten Tag schnell ausgebucht. Entsprechend dem Konzept dieser innovativen Seminarreihe wurde einem begrenzten Kreis von Teilnehmern am ersten Tag die Gelegenheit gegeben, in drei OP-Sälen den Experten beim Operieren auf die Finger zu schauen. In zwei Sälen wurde von Prof. Hölscher und Prof. Schröder jeweils eine transthorakale en-bloc Ösophagektomie mit Rekonstruktion durch Magenhochzug (Ivor-Lewis Operation) demonstriert, wobei die abdominelle Interponatvorbereitung laparoskopisch durchgeführt wurde. In einem dritten Saal operierte PD Dr. Gutschow eine Patientin mit einem Up-side-down Magen, bei welcher er laparoskopisch eine Reposition mit netzverstärkter Hiatoplastik und Gastropexie vornahm. Im gleichen Saal wurde anschließend noch eine konventionelle Gastrektomie mit 2-Feld-Lymphadenektomie demonstriert. In allen Sälen hatten die Teilnehmer ausreichend Gelegenheit, die technischen Details der Operationen zu verfolgen und standen zum Teil als Assistenz mit am Tisch. Der erste Tag wurde durch ein gemeinsames Abendessen der Operateure und Kursteilnehmer abgerundet, bei welchem die fachlichen Diskussionen bei Kölsch und Kölner Küche in einem Brauhaus weiter fortgesetzt wurden.

Am zweiten Tag des Seminars wurde einem größeren Kreis von Interessierten in kompakter Form der gegenwärtige chirurgische Wissenstand zum Thema „Oberer Gastrointestinaltrakt“ präsentiert. Dieser Seminartag war in drei Blöcke „Funktionelle Erkrankungen“, „Interdisziplinäre Therapie der Früh- und lokal fortgeschrittenen epithelialen Tumoren“ und „Chirurgische Therapie“ gegliedert. In den Pausen diskutierten die Teilnehmer mit einem ausgesuchten Kreis von Industrievertretern die am praktischen Tag eingesetzten Produkte. Neben Referenten aus der Kölner Klinik waren bundesweit anerkannte Experten eingeladen worden, die kompetent ihr Fachgebiet vertraten. Bei allen Referaten stand der klinische Bezug zur chirurgischen Praxis ganz im Vordergrund. Ein von den Teilnehmern ausgefüllter Evaluationsbogen bestätigte mit überdurchschnittlich guten Noten die gute Didaktik und Präsentation der einzelnen Referate und gleichzeitig auch das Konzept dieses Seminares. Die BDC-Akademie dankt an dieser Stelle ausdrücklich allen Referenten für ihre unentgeltliche Teilnahme an diesem Seminar.

Insgesamt zeigten die vielen Gespräche mit den Teilnehmern, dass das Gesamtkonzept dieses Seminares durchweg positiv beurteilt wurde. Insbesondere die Kombination aus Theorie und Praxis wurde von den Teilnehmern als Qualitätsmerkmal hervorgehoben. Insofern scheint dieses innovative Fortbildungsangebot auf dem gegenwärtigen Markt eine sinnvolle und notwendige Ergänzung darzustellen. Die nächsten Seminare zur bariatrischen Chirurgie in Leipzig (Leitung: Prof. Shang) und zur hepatobiliären Chirurgie in Frankfurt (Leitung: Prof. Bechstein) werden zeigen, ob sich dieser erste Eindruck bestätigt und diese neue Seminarreihe der BDC-Akademie in Zukunft im individuellen Fortbildungsprogramm viszeralchirurgischer Kollegen einen festen Platz einnehmen wird.

Schröder W, Krones CJ. Bericht über Schwerpunktseminar „Viszeralchirurgie kompakt“. Passion Chirurgie. 2011 August; 1(8): Artikel 03_03.

Zukunftspläne – BDC|Akademie

Professor Dr. Schröder ist leitender Oberarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie der Universität Köln und führte als Präsidiumsmitglied zuletzt das Oberarzt-Referat. PD Dr. Krones ist Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Marienhospitals Aachen. Im BDC-Präsidium repräsentierte er das Ressort Nachwuchsförderung. Schröder und Krones kooperierten bereits in der letzten Amtsperiode sehr erfolgreich in der Nachwuchsarbeit des Verbands. In der neuen Funktion wird diese enge Zusammenarbeit nahtlos fortgesetzt. Die neuen Akademieleiter haben sich dabei drei ehrgeizige Arbeitsziele gesetzt.

Die BDC|Akademie wird unverändert die Interessen aller Mitglieder vertreten. Eine Konzentration des umfangreichen Programms soll die Akademie dabei sowohl wettbewerblich als auch wirtschaftlich stärken. Ein Säulen-Modell wird die Definition und Ansprache der unterschiedlichen Zielgruppen zukünftig schärfen: Assistenzärzte in Weiter- und Fortbildung, Oberärzte und Chefärzte, niedergelassene Chirurgen und als neuen vierten Strang Studenten und Berufsanfänger.

Erster Nachwuchskongress „Schnittpunkt Chirurgie“ am 18./19. März 2011 in Berlin

Alle Weiterbildungsseminare werden der neuen Weiterbildungsordnung angepasst. Mit dem „Schnittpunkt Chirurgie“ ruft die BDC|Akademie einen neuen Nachwuchs-Kongress ins Leben. „Schnittpunkt Chirurgie“ deckt die Zeit vom Studienende bis zur Facharztprüfung inhaltlich ab, und richtet sich so an alle Stadien der Weiterbildung. Das multimediale Konzept kombiniert klassische Frontalvorlesungen mit praktischen Angeboten und einem großen Video-Programm. Die erste Veranstaltung findet am 18./19.03.2011 in Berlin statt, und wird sich dort jeweils am dritten Märzwochenende jähren. Der traditionelle Chirurgentag wird auf Beschluss des Präsidiums zukünftig zeit- und ortsgleich mit der Jahrestagung des BNC in Nürnberg durchgeführt. Inhaltlich werden hier in unveränderter Qualität chirurgische und berufspolitische Themen geboten. Die erste Veranstaltung wird vom 4. Bis 6. März 2011 in Nürnberg stattfinden und durch die gezielte Zusammenarbeit der beiden Verbände in neuer kompakter Form überzeugen.

Kompetenzen bündeln

Schließlich wird die zukünftige Akademie-Arbeit von einer engen und offenen Kooperation mit allen chirurgischen Fachgesellschaften und Berufsverbänden sowie der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie geprägt sein. Die gemeinsame Abstimmung, Planung und auch Durchführung von Kursen und Veranstaltungen hebt Synergien, bündelt Kompetenzen und belebt die chirurgische Gemeinschaft. Mit der engeren Zusammenarbeit möchten wir gemeinsam unnötige Konkurrenzsituationen auflösen, und damit auch zu einer wirtschaftlichen Gesundung des Kongressmarktes in Deutschland beitragen.

BDC|Umfrage: Umsetzung der neuen Tarifverträge bei chirurgischen Oberärzten

Einleitung

Ende 2006 wurden zwischen dem Marburger Bund (MB) und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) für die Universitätskliniken und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) für die kommunalen Häuser eigenständige Tarifverträge für die beschäftigten Ärzte abgeschlossen (TV-Ärzte bzw. TV-Ärzte/VKA) [1, 2, 3, 4]. Diese Tarifverträge lösen den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) für Ärzte ab und erkennen den MB als Tarifpartner an. Dem Abschluss ging ein mehrmonatiger Streik an den Kliniken und mühsame Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern voraus. Erstmalig wurden damit im Krankenhaustarifwerk Entgeltgruppen eingeführt, die eine leistungs- und positionsbezogene Vergütung für Assistenzärzte, Fachärzte, Oberärzte und leitende Oberärzte vorsehen.

Textkasten 1: Definition des OA und Ltd. OA im TV-Ärzte

Tarifrechtliche Definition des Oberarztes (Entgeltgruppe Ä3)

Oberarzt ist derjenige Arzt, dem die medizinische Verantwortung für Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik beziehungsweise Abteilung vom Arbeitgeber übertragen worden ist. Oberarzt ist ferner der Facharzt in einer durch den Arbeitgeber übertragenen Spezialfunktion, für die dieser eine erfolgreich abgeschlossene Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildung nach der Weiterbildungsordnung fordert.

Tarifrechtliche Definition des Leitenden Oberarztes (Entgeltgruppe Ä4)

Fächärztin/Facharzt, der/dem die ständige Vertretung des leitenden Arztes (Chefarzt) vom Arbeitgeber übertragen worden ist.

Zusätzlich beinhalten die vier Entgeltgruppen Abstufungen, die sich an der Dauer der Tätigkeit in der Entgeltgruppe orientieren. Schon frühzeitig nach dem Abschluss des Tarifwerkes wurde die Umsetzung des neuen Eingruppierungsmerkmales ‚Oberarzt’ (Ä3/EIII) als problematisch angesehen. Dieses resultiert insbesondere aus der Beschreibung der Position „Oberarzt“, die im TV-Ärzte und TV-Ärzte/VKA unterschiedlich verhandelt wurde (s. Textkasten 1). Die zu enge und trotzdem uneindeutige Definition in den Tarifverträgen wurde von vielen Krankenhausträgern ausgenutzt. Um Kosten zu sparen, wurde bei vielen Oberärzten die Eingruppierung in die neuen Oberarzt-Entgeltgruppen abgelehnt und stattdessen ohne Veränderung des täglichen Arbeitsablaufes vielfach eine Einstufung in die Entgeltgruppe der ‚Fachärzte’ vorgenommen. Zur nüchternen Analyse der aktuellen Situation chirurgischer Oberärzte, wurde im Februar dieses Jahres eine Umfrage initiiert [5]. In dieser Ausgabe der BDC-Mitteilungen sollen die Ergebnisse dargestellt und durch eine Stellungnahme des BDC kommentiert werden.

Methodik der Umfrage

Der Fragebogen zur Umfrage wurde im Februar 2007 in den Mitteilungen des BDC publiziert und über die Website des BDC (www. bdc.de) online geschaltet. Gleichzeitig wurden über den E-Mail Verteiler des Berufsverbandes alle leitenden Oberärzte der kommunalen Häuser und der Universitätskliniken im gesamten Bundesgebiet kontaktiert, mit der Bitte, sich mit ihrer Abteilung an der Umfrage zu beteiligen. Die insgesamt neun Fragen waren bewusst kurz und allgemein gehalten, um einen hohen und schnellen Rücklauf und damit die Aktualität dieser Umfrage zu gewährleisten. Die ersten beiden Fragen bezogen sich auf den Krankenhausträger und Versorgungstyp, die weiteren Fragen auf die Umsetzung des Tarifrechtes auf Oberarztebene. Hierbei wurden zum großen Teil offene Fragen gestellt, um der vermuteten Heterogenität der Umsetzung Rechnung zu tragen. Die Auswertung der Umfrage erfolgte rein deskriptiv.

Ergebnisse

Insgesamt beantworteten 393 chirurgische Abteilungen den Fragebogen. Am häufigsten waren hierbei Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung (n=165, 42 Prozent) vertreten. 69 universitäre Abteilungen (18 Prozent) beantworteten diesen Fragebogen (Tabelle 1). Erwartungsgemäß war mit 57 Prozent die Kommune (Stadt, Gemeinde, Landkreis) der am häufigsten vertretene Krankhausträger. Auf die Frage „Erhalten alle klinisch tätigen Oberärzte Ihrer Abteilung/Klinik von der KH-Verwaltung im Rahmen der Tarifumstellung den Status eines Oberarztes zuerkannt?“ antworteten 64 Prozent (n=225) mit nein. Nur in 36 Prozent der Chirurgischen Abteilungen (n=125) wurde das gültige Tarifrecht auf Oberarztebene vollständig umgesetzt und alle Oberärzte in die neue Entgeltgruppe „Oberarzt“ eingruppiert (Tabelle 2). Die Folgefrage bezog sich auf die Anzahl der Oberärzte, denen der Status eines Oberarztes von der Verwaltung tarifrechtlich zuerkannt wurde, wenn nicht alle Oberärzte in die neuen Entgeltgruppen „Oberarzt“ eingestuft wurden (Tabelle 3).

Tabelle 1: Teilnehmende Abteilungen nach Versorgungstypen (n = 393)
Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung n = 165 42 %
Krankenhaus der Schwerpunktversorgung n = 96 24 %
Krankenhaus der Maximalversorgung n = 54 14 %
Universitätskliniken n = 69 18 %
Sonstige n = 9 2 %

 

Tabelle 2: Erhalten alle klinisch tätigen Oberärzte Ihrer Abteilung/Klinik von der KH-Verwaltung im Rahmen der Tarifumstellung den Status eines Oberarztes zuerkannt? (n=350)
Ja n=125 (36 %)
Nein n=225 (64 %)

 

Tabelle 3: Wie vielen OÄ wird der Status als OA nach dem neuen Tarif von ihrer Verwaltung zuerkannt , wenn nicht alle Oberärzte anerkannt werden. (Angaben in %, n = 231)?
0 % 0 – 25 % 25 – 50 % 50 – 75 % > 75 % k. A.
n 74 48 43 19 15 32
% 32 20,8 18,6 8,2 6,5 13,9

 

Tabelle 4: Ist die Nicht-Anerkennung als tarifrechtlicher Oberarzt durch die Krankenhaus­verwaltung mit einem Einkommensverlust gegenüber dem alten Status vor Abschluss der Tarifverträge verbunden? (n=232)
Ja n=146 (63 %)
Nein n=86 (37 %)

In 32 Prozent der chirurgischen Abteilungen, in welchen das Tarifrecht nicht vollständig umgesetzt wurde, wurde keinem Oberarzt der entsprechende Status zugebilligt. Stattdessen wurden alle existierenden Oberärzte tarifrechtlich in die Facharztgruppe eingestuft. In 21 Prozent der Abteilungen wurden maximal ein Viertel (25 Prozent) der Oberärzte anerkannt, d.h. 75 Prozent der als Oberarzt in diesen Abteilungen tätigen Kollegen werden von der KH-Verwaltung nicht als solche bezahlt. Lediglich in 15 Prozent der Abteilungen wurden mehr als 50 Prozent der klinisch tätigen Oberärzte tarifrechtlich anerkannt. Abteilungen, in welchen über diese Frage mit der Verwaltung noch verhandelt wurde, wurden in die Gruppe „keine Angaben“ eingestuft. Auf die Frage nach den Begründungen des Krankenhausträgers für die Nicht-Anerkennung als tarifrechtlicher Oberarzt wurde von 144 Abteilungen (60 Prozent) angegeben, dass im Tarifvertrag der Status des Oberarztes nicht eindeutig definiert sei oder die betreffenden Oberärzte die Kriterien der Tarifverträge nicht erfüllen. Weitere Begründungen waren mangelnde finanzielle Mittel des Krankenhausträgers zur Umsetzung (n = 59, 25 Prozent) und eine zu hohe Anzahl von Oberärzten im Verhältnis zur Abteilungsgröße (n = 30, 13 Prozent). In 63 Prozent der chirurgischen Abteilungen (n = 146) war die Nicht-Anerkennung als tarifrechtlicher Oberarzt mit einem Einkommensverlust gegenüber dem alten Status vor Abschluss des Tarifvertrages verbunden.

Tabelle 5: Welche Voraussetzungen/Bedingungen soll ein OA erfüllen, um von der Krankenhausverwaltung tarifrechtlich anerkannt zu werden (392 Antworten bei möglicher Mehrfachnennung)?
Klinische Leitungsfunktion mit zugewiesenem Bereich n=185 (47,2%)
Erwerb einer Schwerpunktbezeichnung n=55 (14,0%)
Personalunterstellung n=45 (11,5%)
Keine Kriterien genannt n=38 (9,7%)
Wissenschaftliche Qualifikation n=12 (3,1%)
Sonstige n=57 (14,5%)

In 37 Prozent (n = 87) hatte diese Nicht-Anerkennung keine finanziellen Nachteile gegenüber dem alten Status (Tabelle 4). In einer weiteren Frage sollten die Vorschläge gelistet werden, die von Seiten der Krankenhausverwaltung für die Anerkennung als Oberarzt im Sinne der Oberarzt-Entgeltgruppe gemacht wurden (255 Antworten, Mehrfachnennung möglich). In den meisten Abteilungen wurden seitens des Arbeitgebers keine Vorschläge zur Umsetzung des Tarifvertrages unterbreitet (n = 82, 32, Prozent). In 31, 3 Prozent (n = 80) wurde von den Verwaltungen vorgeschlagen, eine beschränkte Anzahl von Oberärzten anzuerkennen. 43 Krankenhausverwaltungen (16, 9 Prozent) stellten einen finanziellen Ausgleich durch andere Mittel in Aussicht (Pool-Gelder, außertarifliche Zuschläge, Pauschal- bzw. Leistungszulagen). Ein Arbeitgeber empfahl den Oberärzten, das Krankenhaus zu wechseln. Nach den Voraussetzungen, die von Oberärzten zur tarifrechtlichen Anerkennung gefordert werden, wurde ebenfalls gefragt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5 dargestellt (392 Antworten bei möglicher Mehrfachnennung). Ein letztes Feld war für freie Kommentare. Eine Auswahl dieser ist in Textkasten 2 und 3 zusammengestellt.

Textkasten 2: Stimmungslage unter den betroffenen Oberärzten

  • „Das Problem muss publik gemacht werden, denn wir verlieren derzeit die Motivation, derartig viel Mehrarbeit bei gleichzeitig sinkendem Entgelt zu leisten, Rückzug auf Dienst nach Vorschrift ohne Zusatzaufgaben kann zur Realität werden.“
  • „Als Oberarzt sollten die bezahlt werden, die tagtäglich Entscheidungen treffen müssen, weil sie die Klinik im Rufdienst leiten.“
  • „Es wurde bisher von den Oberärzten eine entsprechende Leistung erwartet, die weit über das Maß eines Assistenzarztes mit Facharztbezeichnung hinausgeht. Auf einmal soll die erfüllte Erwartung nichts mehr wert sein.“
  • „Es ist doch eigentlich bodenlos, wie sich Verwaltungen und Krankenhausträger in dieser Sache benehmen und durch Tarifrückstufungen die Motivation von Leistungsträgern an einem ganz sensiblen und wichtigen Stellrad im Krankenhausgefüge negativ beeinflussen.“
  • „Ich und meine Kollegen hoffen, dass landesweit dieser Missstand diskutiert wird und vehement gegen diese Gutsherrenpolitik der Verwaltung vorgegangen wird.“
  • „Es ist schlichtweg eine Sauerei wie mit den Hauptleistungsträgern umgegangen wird.“

Textkasten 3: Kommentare betroffener Oberärzte zum Marburger Bund

  • „Die Marburger-Bund-Definition ist extrem unglücklich gewählt“
  • „Nachdem der Marburger Bund uns verkauft hat, könnte uns vielleicht der BDC unterstützen“.
  • „Der Marburger Bund ist für die Misere verantwortlich durch die missverständliche Definition des OA Status“.
  • „Der Marburger Bund kannte die brisante Klausel der Oberarzt-Definition sicher genau, die er unterschrieb.“
  • „An der schlampigen Vertragsverhandlung seitens des Marburger Bundes gerade in Bezug auf die Oberärzte ist leider nichts zu ändern.“

Diskussion

Die Autoren sind sich bewusst, dass die Ergebnisse dieser Umfrage eine Momentaufnahme der aktuellen Umsetzung des geltenden Tarifrechts darstellen und viele chirurgische Abteilungen während laufender Verhandlungen mit ihrer Krankenhausverwaltung an dieser Umfrage teilgenommen haben. Ziel dieser Umfrage war es, eine Analyse der Umsetzung des geltenden Tarifrechtes zu liefern und auf ein aktuelles Problem der Berufspolitik aufmerksam zu machen. Auch wenn sich die Ergebnisse dieser Umfrage in einigen Monaten anders darstellen könnten, lassen sich dennoch aus dieser Momentaufnahme wichtige Rückschlüsse ziehen. Zunächst einmal zeigt die rege Teilnahme und Resonanz auf diese Umfrage, wie aktuell dieses Thema und wie problematisch die Umsetzung der neuen Tarifverträge auf Oberarztebene ist. Allein die Tatsache, dass auch sechs Monate nach Abschluss der Tarifverträge noch um die Umsetzung mit den Verwaltungen des Krankenhauses verhandelt werden muss, ist aus Sicht der betroffenen Oberärzte unzumutbar. Dieser Umstand ist mit nichts zu rechtfertigen und zeigt, dass viele Krankenhausträger in Gutsherrenmanier die unglückliche tarifrechtliche Definition zum Anlass genommen haben, an den Personalkosten ihrer Leistungsträger zu sparen.

Mit dieser Umfrage wird auch dokumentiert, wie heterogen die Umsetzung des aktuellen Tarifrechts gehandhabt wird. Dass der gültige Tarifvertrag von Seiten der Krankenhausträger zu einer so unterschiedlichen Auslegung geführt hat, ist in erster Linie auf die im Tarifvertrag niedergeschriebene Definition des Oberarztes und deren rigide Umsetzung zurückzuführen. Die Problematik liegt insbesondere darin, dass die Übertragung dieser Funktion an den Arbeitgeber gebunden ist und somit die Ernennung durch den Klinikchef oder Abteilungsleiter keine tarifrechtlich relevante Bedeutung hat. Mit dieser Argumentation haben viele Krankenhausverwaltungen ihren Oberärzten die Einstufung in die zustehende Entgeltgruppe Ä3/EIII verweigert. In diesem Zusammenhang wurde an anderer Stelle bereits auf die so genannte konkludente Übertragung der Verantwortung hingewiesen [6]. Diese bedeutet, dass die Übertragung der Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich als Oberarzt nicht ausschließlich schriftlich durch die Verwaltung erfolgen muss, sondern auch durch eine Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag oder andere Indizien, z.B. Übertragung von Verantwortung im Bereitschaftsdienst oder die Außendarstellung der Klinik im Internet. Ein Arbeitgeber, der für seinen Arbeitnehmer ein solches Arbeitsumfeld schafft, kann die Eingruppierung als Oberarzt nicht verweigern, nur weil im Arbeitsvertrag die Funktion nicht benannt ist oder keine offizielle Ernennung erfolgt ist [6].

Dass um die tarifrechtliche Position des Oberarztes zwischen Marburger Bund und der TdL/VKA lange gestritten wurde ist hinlänglich bekannt und zeigt sich allein daran, dass in den Tarifverträgen für die Universitätskliniken (TV-Ärzte) und den kommunalen Häusern (TV-Ärzte/VKA) unterschiedliche Definitionen ausgehandelt wurden [7]. Nach §16 TV-Ärzte/VKA ist Oberarzt derjenige, dem der Arbeitgeber die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik oder Abteilung ausdrücklich übertragen hat. Diese verbale Verschärfung wird die Umsetzung des Tarifrechtes an den kommunalen Häusern zusätzlich erschweren. Mit diesem ausgehandelten Kompromiss muss sich jedoch der Marburger Bund an seinen eigenen Vorgaben messen lassen. Der Marburger Bund hatte während der Verhandlungsphase mit der TdL und VKA seinen Mitgliedern erklärt, dass kein Arzt durch die neuen Tarifverträge finanziell schlechter gestellt würde als vorher. Setzt man diesem Anspruch die Ergebnisse dieser Umfrage entgegen, muss konstatiert werden, dass dieses Ziel verfehlt wurde. Umso schwerer wiegt, dass es wichtige Leistungsträger der chirurgischen Abteilungen trifft – die Oberärzte.

Die Umfrage zeigt, dass in mindestens einem Drittel der chirurgischen Abteilungen Oberärzte von Gehaltseinbußen durch die neuen Tarifverträge betroffen sind. Die Höhe dieser finanziellen Verluste zu ermitteln war nicht Gegenstand dieser Umfrage und lässt sich wohl bei der heterogenen Auslegung des Tarifrechts nur schwer abschätzen. Neben dem finanziellen Verlust demoralisiert die Tatsache, wie gering die oberärztliche Arbeit von Seiten der Verwaltung wertgeschätzt wird Die Art und Weise wie leitende Angestellte der Verwaltung mit ihren Leistungsträgern umgehen, ist kurzsichtig und entwürdigend. Kommunale Krankenhausträger und Universitätskliniken haben immer noch nicht erkannt, dass motiviertes und gut bezahltes ärztliches Personal das eigentliche Kapital des Unternehmens Krankenhaus ist. Ärzte sind aufgrund ihres ethischen Anspruchs und ihrer örtlichen Bindung erpressbar. Es „gehört sich nicht“, über das eigene Gehalt zu sprechen. Diese Maxime hat leider auch der Marburger Bund zu lange verfolgt und sich lediglich auf die Arbeitszeit konzentriert.

Dabei hätte ein Großteil der Ärzte nichts gegen längere Arbeitszeiten, wenn diese vernünftig bezahlt würden. Die Krankenhausträger haben die Chance verpasst, mit ihren Leistungsträgern im einvernehmlichen Dialog eine Lösung zwischen notwendiger ökonomischer Gestaltung und angemessenen Arbeitsbedingungen zu finden. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass in einem Fünftel der Abteilungen nicht einmal ein Vorschlag zur Konfliktlösung von Seiten des Arbeitgebers gemacht wurde und in fast 20 Prozent der chirurgischen Abteilungen mehr als sechs Monate nach Einführung des Tarifrechtes kein einziger Oberarzt als solcher durch die Krankenhausverwaltung anerkannt wurde – als ob es an diesen Abteilungen keine Oberärzte geben würde. Die erzielten Einsparungen bei ärztlichen Personalkosten durch bewusste Missdeutung des Tarifvertrages werden sich schon bald als Fehlkalkulation erweisen. Die Geringschätzung der chirurgischen Leistung und der dominat-patriarchalische Umgangston bedingen die ständig sinkende Motivation ärztlicher Leistungsträger, wie diese Umfrage zeigt. Dieser Motivationsverlust betrifft nicht die chirurgische Tätigkeit und die Sorge um den Patienten selbst, sondern hat die mangelnde Identifikation mit dem eigenen Krankenhaus und Arbeitgeber zur Folge.

Stellungnahme des BDC

Das Problem der tarifrechtlichen Umsetzung auf Oberarzt-Ebene wurde auf der letzten Präsidiumssitzung des BDC am 16. Juni 2007 diskutiert und hierzu von allen Vertretern einstimmig eine Presseerklärung verabschiedet und publiziert. Der Wortlaut der Resolution ist im Textkasten 4 zu finden.

Textkasten 4: Resolution des BDC

  • Der BDC begrüßt einen eigenständigen Tarifvertrag für Ärzte.
  • Der BDC stellt fest, dass die chirurgischen Oberärzte die wesentlichen Leistungsträger der Chirurgischen Kliniken Deutschlands sind.
  • Der BDC kritisiert die heterogene Umsetzung des Tarifvertrages bei Oberärzten in deutschen Kliniken.
  • Der BDC fordert die Krankenhaus-Verwaltungen auf, alle bisher als Oberärzte tätige Kollegen in dieser Position zu bestätigen und nach dem gültigen Oberarzt-Tarif zu bezahlen.
  • Der BDC fordert die Tarifparteien auf, in weiteren Verhandlungen den Status der Oberärzte im Sinne der Leistungsanforderungen an diese Berufsgruppe unmissverständlich und neu zu definieren.

Empfehlungen des BDC

Der BDC empfiehlt, die Tätigkeit eines chirurgischen Oberarztes klar und entsprechend der Versorgungsrealität zu definieren. Nach Auffassung des BDC gehört dazu auch die Würdigung oberärztlicher Tätigkeit im Ruf- und Bereitschaftsdienst, wo Oberärzte regelhaft die letzte Instanz der Entscheidung sind und die volle Verantwortung für die Klinik tragen. Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen steht den Tarifpartnern für die Ausarbeitung einer sachlich richtigen und der Versorgungsrealität entsprechenden Oberarzt-Definition jederzeit und gern zur Verfügung. Der Berufsverband fordert die Tarifpartner auf, keinen Oberarzt finanziell schlechter zu stellen, als vor Bestehen der neuen Tarifverträge. Insbesondere der Marburger Bund wird aufgefordert, sich hier für die chirurgischen Oberärzte einzusetzen und sein Versprechen zu halten, nachdem niemand durch die neuen Tarifverträge schlechter gestellt werden soll. Juristische Schritte werden nur selten Erfolg versprechen. Der Justitiar des BDC steht seinen oberärztlichen Mitgliedern jedoch gern zur Verfügung, um die Erfolgsaussichten im Einzelfall zu prüfen.