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Editorial 01/02-2025: Hernienchirurgie im Wandel

Zur Januar-/Februarausgabe 2025 der PASSION CHIRURGIE

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Hernienfreundinnen und Hernienfreunde,

in den letzten Monaten hat sich durch die überaus eilige Umsetzung (der ursprünglich lang ersehnten) sektorengleichen Vergütung mit der Einführung der Hybrid DRGs vieles in der Deutschen Hernienlandschaft verändert. Der Grad der Verunsicherung der Patientinnen und Patienten, der Chirurginnen und Chirurgen und der Krankenhäuser und Praxen ist enorm. Wie die derzeitigen Probleme in der Hernienwelt mit den neu geschaffenen Hybrid-DRGs gelöst werden können, ist zum jetzigen Zeitpunkt fraglich. Bei der Erstellung und Entscheidung dieser neuen Abrechnungsform wurden die Berufsverbände und Fachgesellschaften systematisch übergangen. Die fehlenden Ausführungsbestimmungen und die seitdem notwendigen Nachjustierungen konnten auch nach knapp einem Jahr viele offene Fragen noch nicht beantworten.

Gibt es erneut gesundheitspolitische Fehlanreize? Ist die kostengünstige Materialauswahl nunmehr entscheidend und haben qualitativ hochwertige Produkte und Innovationen keine Chance mehr auf Anwendung? Wie können die jetzt politisch gewollten neuen Strukturen im Gesundheitssystem mit ambulanten OP-Zentren ohne finanzielle Unterstützung geschaffen werden? Gibt es mit der Krankenhausreform eine Planungs- und Rechtssicherheit? Alle diese Kontroversen wollen wir mit einem Artikel zu den Hybrid DRGs diskutieren.

Die neuen Hybrid DRGs haben auch Einfluss auf die chirurgische Weiterbildung. Wie könnte eine strukturierte chirurgische Weiterbildung in der Zukunft aussehen? Wer finanziert diese Weiterbildung für die nächste Generation der Chirurginnen und Chirurgen, wenn der ökonomische Druck für alle Beteiligten weiter anwächst?

Darüber hinaus wird in unserem Heft ein erstes Modellprojekt zur Verbundweiterbildung, die einen erfolgreichen Weg für die kommenden Jahre aufzeigt, mit einem ersten Erfahrungsbericht vorgestellt. Dieses Modell könnte beispielhaft auch für andere chirurgische Teilgebiete fungieren.

Kaum ein anderes Teilgebiet der Chirurgie zeigt in den letzten Jahren so vielfältige Innovationen auch mit neuen Operationstechniken wie die Hernienchirurgie. Diese betreffen vor allem die primären und sekundären Ventralhernien. Stehen diese neuen Operationstechniken und Innovationen mit den Gesundheitsreformen ebenfalls vor dem Aus? Mit einem weiteren Artikel geben wir einen aktuellen Überblick dazu.

Diese Beiträge lassen deutlich erkennen, wie notwendig eine Einbeziehung der Berufsverbände und Fachgesellschaften bei der zukünftigen Planung des Gesundheitswesens durch das Bundesministerium für Gesundheit ist. 

Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und viel Kraft für ein neues Jahr.

Herzlichst Ihr/Euer
Ralph Lorenz

Lorenz R: Editorial: Hernienchirurgie im Wandel. Passion Chirurgie. 2025 Januar/Februar; 15(01/02): Artikel 01.

Wo liegt die Zukunft der Chirurgischen Weiterbildung?

Ergebnisse der Blitzumfrage des Landesverbandes Berlin im BDC

Die Weiterbildung ist eine der zentralen Herausforderungen in der Chirurgie. Drei wesentliche Gründe spielen in der heutigen Zeit dabei eine besondere Rolle:

  1. Die politisch gewollte Zentralisierung führt neben der weiteren Einführung von Mindestmengen unweigerlich zu einer stets wachsenden Spezialisierung innerhalb der Chirurgie. Dadurch kann heute keine Klinik in Deutschland mehr eine chirurgische Weiterbildung vollumfänglich abbilden.
  2. Die weiterhin angestrebte „Ambulantisierung“ führt zu einer zunehmenden Verschiebung ganzer Teilbereiche der Chirurgie in den ambulanten Sektor, wie beispielsweise die Proktologie, die Venenchirurgie und die Hernienchirurgie. Dort findet die chirurgische Weiterbildung allerdings bisher nur in Ausnahmefällen statt. Gerade diese Fachbereiche gehören jedoch zu den häufigsten chirurgischen Erkrankungen, sind wesentlicher Bestandteil des chirurgischen Alltags und sollten obligater Bestandteil der Weiterbildung für die jungen Chirurg:innen der jeweiligen Schwerpunkte sein.
  3. Die Ökonomisierung im Gesundheitswesen stellt eine dritte wesentliche Herausforderung für die Weiterbildung dar. Der daraus resultierende Zeitdruck erlaubt kaum eine strukturierte Weiterbildung.

Wohin geht die Reise und wie sichern wir den dringend notwendigen chirurgischen Nachwuchs?

Der BDC hat mit der BDC-Akademie strukturierte, weit akzeptierte chirurgische Weiterbildungsangebote entwickelt und bemüht sich diese auch kontinuierlich an neue Entwicklungen und Formate anzupassen. Mit Unterstützung des BDC führte der Landesverband Berlin vor diesem Hintergrund über das Modul Survey Monkey eine anonymisierte Umfrage mit insgesamt 16 Fragen zum Thema Weiterbildung durch. Alle rund 800 Mitglieder des BDC|Landesverbandes Berlin wurden im Januar und Februar 2024 per Mail eingeladen, diese Fragen zu beantworten. Wir erhielten von insgesamt 311 Mitgliedern eine Antwort. Diese möchten wir Ihnen in diesem Artikel auszugweise vorstellen. Die Ergebnisse wurden darüber hinaus auch im Rahmen der 8. Gemeinsamen Frühjahrstagung der ANC und BDC Berlin und Brandenburg am 25. Mai 2024 in Potsdam von Dr. Marie Samland vorgestellt.

Wir erhielten Antworten aus allen chirurgischen Berufsgruppen, somit darf diese Umfrage durchaus als repräsentativ gelten. Fast 70 % der Umfrageteilnehmenden haben dabei bisher keine Weiterbildungsermächtigung.

Besonders interessant waren bei der Umfrage folgende Ergebnisse:

Aktuell liegt die Hoheit bezüglich der Weiterbildungsinhalte mit entsprechendem Kompetenzerwerb bei den Landesärztekammern. Offenbar wünschen die Befragten eine verstärkte Einflussnahme der Fachgesellschaften und des BDC.

Abb. 1: Antworten aus den chirurgischen Berufsgruppen

Abb. 2: Wer sollte zukünftig die inhaltliche Hoheit der chirurgischen Weiterbildung innehaben? (Anteil in %)

Abb. 3: Sollte die Weiterbildung im Verbund stattfinden? (Anteil in %)


Abb. 4:
Sollte eine obligatorische chirurgische Weiterbildung in einer chirurgischen Praxis stattfinden? (Anteil in %)

Abb. 5: Wer sollte die finanzielle Verantwortung für die chirurgische Weiterbildung innehaben? (Anteil in %)

Abb. 6: Sollten Weiterbildungsermächtigungen für Chirurgie grundsätzlich befristet werden?

Abb. 7: Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach Online-Module für die zukünftige chirurgische Weiterbildung? (Anteil in %)

Demnach ist die Weiterbildung im Verbund zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen dringend erwünscht.

Hier gilt es somit zukünftig flexible Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Kooperationen insbesondere auch mit chirurgischen Praxen möglich werden.

Bisher ist diese Weiterbildung fakultativ zwar auch in chirurgischen Praxen möglich, wird jedoch aufgrund der fehlenden finanziellen Unterstützung insbesondere im Land Berlin bisher nicht oder nur in Ausnahmefällen genutzt. Fast die Hälfte spricht sich dafür aus, dass zukünftig diese fakultative Weiterbildung in eine obligatorische Weiterbildung umgewandelt wird. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass die Einführung von obligatorischen Weiterbildungsanteilen in chirurgischen Praxen eine neue und zusätzliche Hürde für den Nachwuchs bedeuten könnte, wenn nicht genügend Kolleg:innen mit einer Weiterbildungsbefugnis und damit Weiterbildungsstellen in den Praxen zur Verfügung stehen würden.

Grundsätzlich ist die Refinanzierung der zusätzlichen Kosten für die ärztliche Weiterbildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die entweder über die Krankenkassen oder aus Steuermitteln erfolgen muss.

Eine knappe Mehrheit spricht sich somit gegen die bisher geltende unbefristete chirurgische Weiterbildungsermächtigung aus. Hier ist die Ärztekammer Berlin gefragt, dies noch einmal zu evaluieren und gegebenenfalls auch zukünftig zu ändern.

Ein ziemlich eindeutiges Votum gab es bezüglich der folgenden Fragen:

79,8 % der Umfrageteilnehmenden wünschen sich zukünftig eine Evaluation sowohl der Weiterbildung als Ganzes als auch der Weiterbildenden.

83,3 % der Umfrageteilnehmenden wünschen darüber hinaus eine finanzielle Förderung der Weiterbildungsstätten.

Die derzeit bestehenden Online Module des BDC werden jedoch leider bisher zu wenig genutzt. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmenden nutzt diese bisher noch gar nicht (52,7 %). Der BDC wird diese daher vermehrt kommunizieren und bewerben.

Zusammenfassung

Die Weiterbildung sollte zukünftig auf breitere Sockel gestellt werden. Verbundweiterbildungen sowohl mit kooperierenden Krankenhäusern als auch mit chirurgischen Praxen sind aller Voraussicht nach die Zukunft, weil dadurch alle Teilbereiche der Chirurgie inhaltlich besser abgedeckt werden können. Eine finanzielle Förderung der Weiterbildungsstätten im Rahmen der chirurgischen Weiterbildung ist notwendig, damit der zusätzliche zeitliche Aufwand in Zeiten der zunehmenden Ökonomisierung und Ambulantisierung im Gesundheitssektor kompensiert werden kann. Eine Evaluation der Weiterbildung ist dabei genauso notwendig wie die der Weiterbildenden.

Lorenz R, Samland M, Paul-Promchan K, Mann K, von Seebach M, Peters G: Wo liegt die Zukunft der Chirurgischen Weiterbildung? Passion Chirurgie. 2024 September; 14(09/III): Artikel 04_02.

„Ausverkauf der Hernienchirurgie?“

Stellungnahme des Vorstandes der Deutschen Herniengesellschaft (DHG) zur Umsetzung der sektorenverbindenden Vergütung mit Hybrid DRG

Grundsätzlich begrüßt der Vorstand der Deutschen Herniengesellschaft (DHG) die Bemühungen zur sogenannten „Ambulantisierung“ auch der Hernienchirurgie. Diese Idee wurde schon vor nahezu 23 Jahren als ambulante DRGs erstmalig formuliert und seit vielen Jahren immer wieder thematisiert. Nach Scheitern der dreiseitigen Verhandlungen zwischen Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im April 2023 wurde im September 2023 ein erster Entwurf durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgelegt. Dieser wurde danach nochmals überarbeitet und am 18.12.2023 beschlossen. Dieser Beschluss trat zum 01.01.2024 in Kraft ohne jedoch die Ausführungsbestimmungen dieses Gesetzes zu präzisieren. Diese derzeitige Rechtsverordnung für die Hybrid-DRGs soll am 31.12.2024 auslaufen.

Offensichtlich ist die Umsetzung der Hybrid-DRGs mit fehlenden Ausführungsbestimmungen erheblich zeitaufwändiger als vom BMG vermutet und bis heute mehr als drei Monate nach Einführung der Hybrid-DRGs noch in weiten Teilen unklar und viele Probleme sind bisher nicht gelöst.

Weder die Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) noch die Krankenhäuser bzw. chirurgischen Praxen waren auf diese Rechtsverordnung ausreichend vorbereitet.

Die Abrechnungen der seit 1. Januar 2024 erbrachten Leistungen stockt und es sind zunehmend erhebliche Zahlungsrückstände zu beobachten. Alle Chirurginnen und Chirurgen sowie alle beteiligten ärztlichen Kolleginnen und Kollegen gehen derzeit in eine nicht unerhebliche Vorleistung und eine weitere Verzögerung der Honorierung bedroht zunehmend die Existenz der Krankenhäuser und Praxen.

Des Weiteren mangelt es bisher an technischen Voraussetzungen für die Abrechnung der Hybrid DRGs sowohl in den Kliniken als auch in den Praxen. In den Kliniken scheint es möglicherweise zeitnah eine Lösung zu geben. In den chirurgischen Praxen und ambulanten OP-Zentren ist man jedoch von einer Honorierung der bereits erbrachten Leistungen noch weit entfernt. Ursprüngliches Ziel des Gesetzgebers sind 21 Tage bis zur Honorierung, dies ist derzeit jedoch völlig unrealistisch.

Die jetzige Umsetzung erfordert zudem eine erhebliche zusätzliche Bürokratie mit Einrichtung provisorischer DRG-Grouper als Interimslösung, wobei ein frei verfügbarer Grouper im Internet verfügbar ist:  Link zur Seite

Eine Abrechnung über Dritte, z.B. Managementgesellschaften ist ebenfalls vorgesehen, allerdings fehlen dazu seitens der Kassen noch die technischen Voraussetzungen zum Datentransfer, die nach derzeitigem Stand spätestens zum 1.1.2025 vorliegen sollen.

Fast täglich werden neue zum Teil verwirrende Nachbesserungen der Hybrid-DRGs vorgenommen, welche jedoch nur teilweise an die Leistungserbringer weitergeleitet werden. Der Informationsfluss über Veränderungen und Aktualisierungen der Hybrid-DRGs ist mangelhaft und trägt zu einer zunehmenden Verunsicherung und Unzufriedenheit bei den Chirurginnen und Chirurgen bei.

Inzwischen möchten auch die privaten Krankenversicherungen sich diesem Hybrid-DRG-System anschließen. Auch darüber wird bisher nicht vollumfassend informiert.

Ein orientierender Vorschlag über die Aufteilung der Hybrid-DRGs auf Chirurginnen und Chirurgen und Anästhesistinnen und Anästhesisten und den beteiligten OP-Zentren wurde seitens des BDC und BDA publiziert. Die DHG schlägt auch hierbei eine Nachjustierung mit Berücksichtigung persönlicher und lokaler Besonderheiten vor.

Offensichtlich ist allerdings, dass die Fachgesellschaften Deutsche Herniengesellschaft (DHG) und Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Hernie (CAH) der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) in die Erarbeitung des Gesetzesentwurfs und deren jetzt notwendigen Nachbesserungen der Hybrid DRG bisher nicht einbezogen wurden. Dies stößt auf Unverständnis.

Folgende Problemfelder bei den derzeitig gültigen Hybrid-DRGs sollten aus unserer Sicht dringend angepasst werden:

  • Das Problem bei beidseitigen Leistenhernien ist wie im bisherigen DRG-System auch weiterhin nicht gelöst. Ein Aufschlag von weniger als 20% bei beidseitigen Eingriffen gegenüber der Vergütung einer einseitigen Hernie ist den Chirurginnen und Chirurgen nicht zu vermitteln. Es muss vermutet werden, dass diese Eingriffe, wenngleich medizinisch sinnvoll, zukünftig immer weniger als Simultaneingriff und stattdessen zweizeitig angeboten werden.
  • Zweiteingriffe wie z.B. simultane Operationen von Leistenhernie plus Nabelhernien werden in der Hybrid-DRG wirtschaftlich nicht abgebildet. Es ist anzunehmen, dass diese Eingriffe zukünftig überwiegend nur noch zweizeitig angeboten werden.
  • Der wirtschaftlich lukrativste Eingriff bei den Hybrid-DRG der Leistenhernien ist offensichtlich ein operativer Eingriff in Lokalanästhesie (ohne Narkose) und ohne Netz.
  • Endoskopische Operationen, teure Netzkosten und technische Innovationen mindern das Honorar der beteiligten Ärzte in einem nicht mehr zu vertretenden Maße.
  • Die Einbeziehung der Sachkosten in die Hybrid DRG wird dazu führen, dass an den Sachkosten zukünftig gespart wird. Die Frage nach der Qualität der ausgewählten Medizinprodukte stellt sich hiermit zeitgleich.
  • Hinzu kommen unterschiedliche Sprechstundenbedarfsregelungen in den verschiedenen KV-Regionen, die für einen Teil der Kosten in den beteiligten Ambulanten Op-Zentren gelten, nicht jedoch in den beteiligten Krankenhäusern.
  • Die Kosten für die Nutzung eines Operationssaals in den OP-Zentren sind in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Insbesondere die Tarifvereinbarungen des angestellten OP-Personals wurden in den letzten Jahren mehrfach erhöht und sind in den derzeit gültigen Hybrid DRGs ebenfalls nicht entsprechend abgebildet. Häufig wird in den OP-Zentren die OP-Zeit bzw. Säulenzeit bereits auf Minutenbasis abgerechnet… es besteht hier das Risiko einer zukünftigen Hernienchirurgie unter enormen Zeitdruck.
  • Für die Weiterbildung der jungen Chirurginnen und Chirurgen ist auch im neuen Hybrid DRG- System kein Platz.
  • Die privat zusatzversicherten Patientinnen und Patienten werden in der Honorierung der Hybrid-DRG nach derzeitigem Stand gegenüber den privatversicherten Patientinnen und Patienten offensichtlich bevorzugt.

Zusätzlich gibt es weitere Unklarheiten und gesundheitspolitische Fehlanreize.

Hervorzuheben ist hierbei vor allem die Sachkostenproblematik: Trotz der Hinweise der Gesellschaften und Berufsverbände vorab wurden im rechtsgültigen Beschluss die Sachkosten in die Gesamtkalkulation der Hybrid-DRG einbezogen und nicht herausgerechnet. Bei der Leistenhernien-Chirurgie wird dies jedoch zum erheblichen Problem, da erhebliche Material – und Sachkosten bei allen Eingriffen mit Netz insbesondere endoskopischen Eingriffen dazu führen werden, die Vergütung für die ärztlichen Kollegen (Chirurgen und Anaesthesisten) zu minimieren.

Kostenintensivere Innovationen haben unter diesen Bedingungen zukünftig keinerlei Chance für eine Umsetzung.

Hinzu kommen die Ungerechtigkeiten bezüglich der seitens der Industrie abgerufenen Preise beispielsweise für Netzmaterialien. Die Kalkulation der Hybrid-DRG durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beruht dabei auf den Zahlen aus dem Krankenhaussektor. Es besteht jedoch eine erhebliche Diskrepanz zum ambulanten Setting. Werden diese Materialien im Krankenhaus eingesetzt, gibt es für das identische Produkt eine Rabattierung, welche im ambulanten Setting jedoch wegfällt. Die Preisunterschiede betragen durchschnittlich über 100%. Somit ist die Idee einer Sektorenverbindung bereits an dieser Stelle gescheitert.

Eine Ausweitung der Hybrid DRGs auf weitere Bereiche der Hernienchirurgie ist offensichtlich bereits geplant. Dies erfolgt, obgleich viele Probleme der bisher umgesetzten Hybrid-DRGs noch nicht abschließend gelöst wurden.

Angedacht ist, dass sowohl Rezidiv-Leistenhernien als auch Narbenhernien in diese Hybrid-DRG-Kataloge einbezogen werden. Gerade bei diesen Eingriffen ist ein individualisiertes Vorgehen in der Regel zwingend notwendig. Bereits die zu kalkulierenden OP-Zeiten sind erheblich länger und lassen sich nicht pauschalieren. Zusätzlich bestehen gerade für diese Eingriffe nicht unerhebliche Kosten für Medizinprodukte, z.B. Netzmaterialien, die einen Umfang von 300 bis weit über 1500€ betragen können. Diese komplexen Eingriffe gehören nach unserer Ansicht definitiv nicht in ein ambulantes Setting.  Auch der BDC sieht bei einer Ausweitung der Hybrid-DRGs auf weitere Diagnosen und Prozeduren einen erheblichen Nachbesserungsbedarf und fordert nachdrücklich die Einbeziehung ausreichender Fachexpertise durch die Verbände.

Eine generelle Pauschalierung aller hernienchirurgischen Eingriffe ist aus Sicht der Fachgesellschaft nicht zu empfehlen.

gez. Vorstand und Erweiterter Vorstand der Deutschen Herniengesellschaft (DHG)

Train-the-Trainer-Kurs in Kigali im April 2022

Eine neue Stufe der chirurgischen Weiterbildung in Ruanda wurde erreicht

„Nun endlich!“ Die Corona-Pandemie hatte die CHIRURGEN FÜR AFRIKA in den letzten beiden Jahren gezwungen, den seit langem geplanten, sechsten humanitären Einsatz in Ruanda immer wieder zu verschieben. Ein diesmal deutlich kleineres deutsches OP-Team der CHIRURGEN FÜR AFRIKA machte sich dann schließlich am 21. April 2022 auf den Weg nach Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Durch die Unterstützung der Botschaft Ruandas in Deutschland, insbesondere dem Botschafter, seiner Exzellenz Herrn Igor Cesar, wurde diese Reise und die Einfuhr von großzügigen Sachspenden problemlos ermöglicht. Das 5-köpfige OP-Team 2022 (Dr. Ralph Lorenz – Chirurg aus Berlin, PD Dr. Joachim Conze – Chirurg aus München, Dr. Stefan Erdmenger – Anästhesist aus Berlin, Petra Woelki – leitende OP-Schwester aus Starnberg und Susan Fritzsche – leitende Anästhesieschwester aus Starnberg) hatte in diesem Jahr dank einer großer Spendenaktion Sachspenden im Wert von mehr als 150.000 € (vorwiegend Hernien-Netze) zum Verbleib in Ruanda mit in ihrem Gepäck.

Seit 2016 entwickelten die CHIRURGEN FÜR AFRIKA zusammen mit der Partnerorganisation Operation Hernia einen hernienchirurgischen Basiskurs. In diesem Jahr wurde nunmehr eine weitere Stufe der Weiterbildung mit einem Train-the-Trainer-Kurs erreicht und erfolgreich durchgeführt. Alle Kursteilnehmer des Train-the-Trainer-Kurses hatten coronabedingt im Jahr 2021 bereits einen dreitägigen Online-Kurs via Zoom absolviert und wurden im April 2022 durch das OP-Team nunmehr vor allem praktisch und didaktisch weitergebildet.

Wie in den letzten Jahren erfolgt die Vorbereitung der humanitären Einsätze in enger Zusammenarbeit mit den beiden britischen Partnerorganisationen Operation Hernia mit Dr. Chris Oppong und Rwandan Legacy of Hope mit Pastor Osee Nvatuka. Durch die besondere Unterstützung von Prof. Faustin Ntirenganya, Koordinator der chirurgischen Weiterbildung in Ruanda aus der Universität CHUK Kigali und Dr. Deborah Abimana, ärztliche Direktorin des Nyarugenge Provincial Hospital in Kigali wurde dieses neue Kursformat vorbereitet und durchgeführt. Das vorbereitende theoretische Training fand am Freitag, den 22. April 2022 im Nyarugenge Provincial Hospital statt und umfasste sowohl chirurgische als auch didaktische Vorträge, die durch alle acht Teilnehmer im Anschluss evaluiert wurden (Tab.1):

Abb. 1: Chirurgen für Afrika

Abb. 2: Ankunft des OP-Teams in Kirgali

Abb. 3, 4: Der theoretische Kursteil am Nyarugenge District Hospital in Kigali

Abb. 5-8: Der praktische Kursteil im Kibagabaga Hospital in Kigali

Tab. 1: Evaluation der Vorträge des Train-the-Trainer-Kurses 2022 (*Schulnoten: 5-exzellent, 4-sehr gut, 3-gut, 2-genügend, 1-schlecht)

TOPIC

FACULTY

Ø Bewertung*

1

Objectives of Training of Trainers

Chris Oppong

4,625

2

Review of Anatomy of Groin

Ralph Lorenz

4,5

3

How to Communicate Effectively with Trainees

David Sedgewick

4,5

4

Hernia Training Model

Chris Oppong

4,25

5

The Role of Effective Feedback

Robert Munyaneza

4,625

6

Complications of Hernia Surgery 1 -Prevention

Joachim Conze

4,75

7

Complications of Hernia Surgery 2- Management

Joachim Conze

4,75

8

Managing The Poor Performer

David Sedgewick

4,0

9

How To Assess Trainee’s Competence

Ralph Lorenz

4,125

Von Montag, dem 25. April 2022 bis einschließlich Freitag, den 29. April 2022 wurden die acht Kursteilnehmer von den vier Tutoren in Kleinstgruppen im Kibagabaga Hospital in Kigali (PD Dr. Joachim Conze und Dr. Ralph Lorenz) und im CHUB Universitätsklinikum Butare (Dr. Chris Oppong und Dr. David Sedgwick) vor allem praktisch chirurgisch ausgebildet. Das deutsche Team hat am Kibagabaga Hospital in Kigali in dieser Woche insgesamt 40 Hernien-Operationen durchgeführt, davon wurden 26 Operationen von den Kursteilnehmern selbst unter der Supervision der Trainer durchgeführt. Im OP-Programm waren zahlreiche, auch ausgedehnte Leistenhernien (17 Skrotalhernien). Daneben gab es jedoch auch ganz besondere und auch komplexe Hernienfälle (inkarzerierte Littré Hernie, Amyand Hernie, Sigma-Gleithernie, komplexe Mehrfach-Rezidiv-Leistenhernie und ausgedehnte Unterbauch-Narbenhernie). Hauptfokus des Kurses liegt in der offenen Leistenhernien-Chirurgie und in der Vermittlung standardisierter Operationsverfahren, wie der Shouldice-Technik und der Lichtenstein-Technik. Bei den Ventralhernien wurden sowohl offene Naht- als auch Netzverfahren vermittelt. Alle Operationen verliefen ohne Komplikationen, die meisten Patienten wurden nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt bereits am ersten postoperativen Tag wieder nach Hause entlassen.

Nahezu alle Kursteilnehmer waren nach dem einwöchigen praktischen Training im Stande, viele Hernien-Operationen selbstständig durchzuführen und auch andere darin unterrichten zu können. Alle Kursinhalte wurden dabei stets auch durch die Teilnehmer, aber auch durch die Tutoren evaluiert. Die bisherigen Ergebnisse sind überaus vielversprechend, sodass einer Fortsetzung dieses nachhaltigen Kurses zur chirurgischen Weiterbildung in Ruanda nichts im Wege stehen sollte.

Zum Abschluss des Kurses fand am Freitagnachmittag, dem 29. April 2022 eine feierliche Übergabe der Zertifikate für alle Kursteilnehmer statt. Der Gesundheitsminister Ruandas Dr. Daniel Ngamije war leider kurzfristig verhindert und wurde durch Dr. Patrick Ndimubanzi aus dem Gesundheitsministerium Ruandas vertreten. Die CHIRURGEN FÜR AFRIKA übergaben in diesem Rahmen an jeden Kursteilnehmer dank der großzügigen Spenden im Vorfeld ein kleines „Starterpaket mit vielen Naht- und Netzmaterialien“.

Ein ganz besonderer Dank gebührt jedem einzelnen Teammitglied der CHIRURGEN FÜR AFRIKA, die sich im Vorfeld und bei der Umsetzung dieses Einsatzes engagierten und auch einen Teil ihres persönlichen Urlaubs für diesen nachhaltigen humanitären Einsatz investiert haben.

Wir freuen uns auf die Fortsetzung dieses neuen Weiterbildungsformats Anfang 2023.

Abb. 9: Das deutsche Team mit dem Vertreter des Gesundheitsministeriums Ruandas

Lorenz R: Train-the-Trainer-Kurs in Kigali im April 2022. Passion Chirurgie. 2022 Januar; 12(06): Artikel 09_01.

Editorial 05/2022: Bruchoperationen ohne Bruchlandungen?

Hernien- bzw. „Bruchoperationen“ zählen zu den häufigen chirurgischen Prozeduren, die nahezu jeder Chirurg und jede Chirurgin im Alltag ausführt. Jährlich werden mehr als 300.000 Hernienoperationen alleine in Deutschland durchgeführt. Die Vielzahl der heute möglichen und angewendeten Operationsmethoden mit der grundsätzlichen Empfehlung zum individualisierten Vorgehen ermöglicht zwar eine große Variabilität in der Verfahrenswahl, birgt jedoch auch die Gefahr der Desorientierung und für Misserfolge im Sinne von „Bruchlandungen“. Aufgrund der Komplexität des Fachgebietes und der Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten hat sich die Hernienchirurgie zudem in den letzten Jahren zunehmend auch als eigenständiges chirurgisches Fachgebiet entwickelt. Die Deutsche Herniengesellschaft (DHG) bemüht sich in Zusammenarbeit mit der BDC Akademie seit 2011 um eine systematische, fachspezifische berufsbegleitende Weiterbildung. Die hernienchirurgische Weiterbildung konnte durch die Schaffung der Hernienschule erfolgreich ergänzt und vor allem klar strukturiert werden. Inzwischen fand dieses Konzept der speziellen hernienchirurgischen Weiterbildung auch international Beachtung und Nachahmung. Diese Hernienschule besteht aus stufenartigen Weiterbildungsmodulen im Sinne eines Curriculums:

Hernie kompakt als dreitägiges Basismodul richtet sich an die chirurgischen Weiterbildungsassistent:innen und beinhaltet vor allem die Anatomie und einen Überblick über die Vielfalt der Hernienoperationen.

Im zweiten Modul Hernie konkret werden die Hernienoperationen in verschiedenen Teilbereichen (Offene Leistenhernien, Endoskopische Leistenhernien, Ventralhernien, Hiatushernien) mit OP-Hospitationen entsprechend vertieft.

Das dritte Modul Hernie komplex richtet sich an Fachärzt:innen und fortgeschrittene Hernienchirurg:innen und beinhaltet in Videopräsentationen komplexe Fälle der Hernienchirurgie. Ergänzt wird dieses dreistufige Curriculum durch das Webinar Hernie kontakt mit vor allem aktuellen Themen für alle an der Hernienchirurgie interessierten Kolleg:innen. Alle Abschnitte der Hernienschule werden dabei kontinuierlich evaluiert und weiterentwickelt.

Der Abschluss der Hernienschule dient dabei gleichzeitig als Vorbereitung für einen international anerkannten Abschluss als Abdomal Wall Surgeon (FEBS-AWS). Diese Teilgebietsbezeichung als „Fellow of the European Board of Surgeons – Abdominal Wall Surgery“ wird seit 2020 über die UEMS (Union of European Medical Specialists) für alle Hernienchirurg:innen angeboten.

Alle Hintergründe und Modalitäten hierzu werden von einem der Initiatoren in einem Artikel dieses Heftes beleuchtet.

Die Hernienschule kann jedoch immer nur als Ergänzung zur täglichen chirurgischen Weiterbildung verstanden werden. Hier sind möglicherweise neue Konzepte erforderlich, um eine qualitativ hochwertige und vor allem praxisorientierte fachspezifische Weiterbildung auch in Zukunft für alle chirurgischen Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten zu ermöglichen. Ein Beitrag dieses Heftes zielt dabei auf eine neuartige und erstmalige Weiterbildungskooperation einer Universität mit einer fachspezialisierten chirurgischen Praxis. Ziel all dieser Initiativen ist es, durch eine fundierte, strukturierte und allumfassende fachspezialisierte Weiterbildung und eine entsprechende zertifizierte Fachspezialisierung eine bestmögliche chirurgische Versorgung unserer Hernien-Patienten zu entwickeln.

Eine weitere besondere Form der Brüche stellen kindliche Leistenhernien dar. Ein Artikel dieses Heftes widmet sich diesem Thema und sollte nicht nur für Hernienchirurg:innen interessant sein.

Hier geht es zum Inhaltsverzeichnis der Maiausgabe „Update Hernienchirurgie“: PASSION CHIRURGIE 05/2022.

Lorenz R: Editorial. Bruchoperationen ohne Bruchlandungen?. Passion Chirurgie. 2022 Mai; 12(05): Artikel_01.

„Wir denken chirurgische Weiterbildung neu“

NEUE KOOPERATIONSFORM ZUR HERNIENCHIRURGISCHEN WEITERBILDUNG ZWISCHEN EINER CHIRURGISCHEN UNIVERSITÄTSKLINIK UND EINER FACHSPEZIALISIERTEN PRAXIS

Die Weiterbildung ist eines der zentralen Themen in der Fachwelt der Chirurg:innen. Der Einführung sowie der Angleichung von Mindestmengen folgt unweigerlich eine stets wachsende Spezialisierung innerhalb der Chirurgie. Gleichzeitig führt die „Ambulantisierung“ zu einer Verschiebung ganzer Teilbereiche der Chirurgie in den ambulanten Sektor, wie beispielsweise die Proktologie und Hernienchirurgie. Dieser Effekt stellt aktuell und auch zukünftig eine Herausforderung für die Strukturierung der chirurgischen Weiterbildung dar. Diese Herausforderung wird umso größer, da im ambulanten Bereich außerhalb der Krankenhäuser eine Weiterbildung in den genannten chirurgischen Teilbereichen aufgrund der fehlenden Finanzierung bisher praktisch nicht stattfindet. Nun gehören allerdings gerade diese Fachbereiche zu den häufigsten chirurgischen Erkrankungen, sind wesentlicher Bestandteil des chirurgischen Alltags und sollten obligater Bestandteil der Weiterbildung für alle jungen Chirurg:innen sein.

Welche Idee stand am Anfang?

Die Idee zu einer möglichen Kooperation zwischen Universitätsklinikum und chirurgischer Schwerpunktpraxis entstand nach einem Gespräch im Rahmen des Kongresses „Viszeralmedizin“, bei dem sich beide Autor:innen im Rahmen eines Vorsitzes einer wissenschaftlichen Sitzung zur chirurgischen Weiterbildung begegneten und untereinander sowie mit den Teilnehmenden der Sitzung austauschten. In der Diskussion wurde schnell klar, dass aufgrund der zunehmenden Spezialisierung und Ambulantisierung eine exzellente chirurgische Weiterbildung neue kreative Lösungsansätze benötigt. Die Autor:innen waren motiviert, die Weiterbildung für die nachwachsende Generation zu verbessern. Im Sinne einer Weiterentwicklung dieses Mottos ging es darum, die Zusammenarbeit mit ärztlichen Experten des stationären mit dem ambulanten Sektor zu intensivieren.

Aus der Idee wurde schließlich die Vision einer Kooperation der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Campus Benjamin Franklin der Charité Universitätsmedizin Berlin mit einer fachspezialisierten Praxis, den 3+CHIRURGEN zum Zwecke der hernienchirurgischen Weiterbildung. Im Sommer 2021 entstand aus dieser Vision ein Kooperationsvertrag, als dessen Kern die Rotation der chirurgischen Weiterbildungsassistent:innen der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Charité Universitätsmedizin Berlin entstand.

Wie sieht diese Kooperation praktisch aus?

An zwei Tagen der Woche findet ein komprimiertes Training der Hernienchirurgie in der Praxis der 3+CHIRURGEN und in der Havelklinik statt. Für diese Rotation werden die Weiterbildungsassistent:innen von der Klinik freigestellt. Die hernienchirurgische Rotation umfasst für alle Weiterbildungsassistent:innen einen Zeitabschnitt von ca. zwei bis drei Monaten.

Am Vormittag des ersten Tages findet gewöhnlich eine Hernien-Sprechstunde statt. Dabei werden Hernien-Neupatient:innen und Patient:innen mit Leistenschmerzen untersucht und behandelt sowie operierte Patient:innen nachuntersucht.

Am Nachmittag des ersten Tages sowie am zweiten Tag finden in der Regel acht bis 12 verschiedene ambulante und stationäre Hernien-Operationen in der beteiligten Havelklinik statt. Durch die wiederholten Eingriffe mit hohem Grad an Standardisierung sowie dem 1:1-Training gelingt es schnell, zunächst Teilschritte, danach die gesamte Operation an die/den Weiterbildungsassistenten/-in zu vermitteln.

In fünf Stufen wird der/die Weiterbildungsassistent/-in an die Operation herangeführt:

  1. Demonstration der Operation durch den Mentor
  2. Operation durch den Mentor mit allen Erklärungen durch den Mentor
  3. Operation durch den Mentor und Erklärungen der/des Weiterbildungsassistenten/-in
  4. Operation durch die/des Weiterbildungsassistenten/-in mit Erklärungen des Mentors
  5. Operation durch die/des Weiterbildungsassistenten/-in mit Erklärungen der/des Weiterbildungsassistenten/-in

Durch das direkte 1:1-Mentoring ist es möglich, auf die/den Weiterbildungsassistenten/-in mit allen Vorkenntnissen und praktischen Fähigkeiten ganz individuell einzugehen. Ergänzt wird das praktische Training durch die theoretische Weiterbildung mittels wissenschaftlicher Fachartikel und durch Lehrvideos.

Darüber hinaus wird diese Weiterbildung von einer Evaluation begleitet, um die Ergebnisse auch zukünftig vergleichen zu können (Tabelle 1).

Tab. 1: Evaluation vor dem Training (Selbsteinschätzung); Notensystem: 1 = ungenügend, keine Kenntnisse, 2 = ausreichend, geringe Kenntnisse, 3 = genügend, 4 = gut, 5 = sehr gut

Bisherige Operationen

Anzahl

Welche

Techniken?

Nach

Häufigkeit

Anzahl Leistenhernien

Anzahl Ventralhernien

Theoretische Kenntnisse

1

2

3

4

5

1

Grundsätzliche Kenntnisse der Anatomie

2

Kenntnis der EHS-Klassifikation

3

Kenntnis zur Differentialdiagnostik Leistenschmerz

4

Kenntnis der Internationalen Leitlinien

Kenntnis offener Operationstechniken Leistenhernien

5

Lichtenstein-Technik

6

Shouldice Technik

7

Offene präperitoneale Techniken

8

Andere Nahttechniken

Kenntnis offener Operationstechniken Ventralhernien

9

Nahtverfahren

10

Präperitoneale Netzverfahren

11

Sublayverfahren

12

IPOM-Verfahren

Praktische Fähigkeiten

13

Klinische Untersuchung Hernie

14

Untersuchung mit dynamischem Ultraschall

15

Klinische Untersuchung Leistenschmerz – Hüfte

Operationsfähigkeiten

16

Erkennen der anatomischen Strukturen

17

Identifikation der Nerven

18

Bruchsackpräparation

19

Umgang mit Lipomen

Durchführung der einzelnen Operationstechniken

20

Lichtenstein-Technik

21

Shouldice Technik

22

Offene präperitoneale Techniken

23

Andere Nahttechniken

24

Offene Naht Ventralhernien

25

Präperitoneale Netztechnik Ventralhernien

26

Umgang mit Komplikationen

Nach dem Training erfolgt eine nochmalige gleichartige Befragung mit Selbsteinschätzung zu den theoretischen Kenntnissen, den praktischen und Operationsfähigkeiten. Darüber hinaus erfolgt auch eine Gesamteinschätzung der Rotation durch den/die Weiterbildungsassistenten/-in (Tabelle 2).

Tab. 2: Gesamteinschätzung Rotation; Notensystem: 1 = ungenügend, 2 = ausreichend, 3 = genügend, 4 = gut, 5 = sehr gut

1

2

3

4

5

1

Waren Sie mit der Organisation in der Praxis zufrieden?

2

Waren Sie mit der Organisation in der Havelklinik zufrieden?

3

Bestand ausreichend Möglichkeit zur Diskussion und zum wissenschaftlichen Austausch?

4

Wurden Operationstechniken systematisch vermittelt?

5

Wurde genug Raum für praktische Übungen gegeben?

6

Waren Sie mit dem Mentoring zufrieden?

7

Wurden Ihre persönlichen Erwartungen an die Rotation erfüllt?

8

Sollte dieses Modellprojekt auch für andere Fachbereiche der Chirurgie übernommen werden?

9

Würden Sie diese Rotation anderen Kollegen oder auch anderen Universitäten empfehlen?

10

Kann die viszeralchirurgische Weiterbildung durch diese Rotationen grundsätzlich verbessert werden?

Die ersten Befragungen der bisher seit September 2021 beteiligten Weiterbildungsassistent:innen erscheinen überaus vielversprechend.

Womöglich ist diese neuartige und vielleicht ungewöhnliche Kooperation zwischen einer Universitätsklinik und einer chirurgischen Praxis ein Denkanstoß für die Zukunft. Aus Sicht der Autor:innen entsteht hier klar eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten.

Tab. 3: Gesamteinschätzung, offene Fragen

Was hat Ihnen am besten gefallen?

Was könnte besser sein?

Weitere Vorschläge für die Zukunft?

  • Der/Die Weiterbildungsassistent/-in profitiert von der komprimierten fachbezogenen Weiterbildung und bekommt zudem den Blick über den Tellerrand der eigenen Klinik und einen Motivationsschub.
  • Die Weiterbildungsklinik erfüllt durch diese Kooperation viel besser alle chirurgischen Weiterbildungsinhalte.
  • Der/Die niedergelassene Kollege/in kann seine/ihre langjährige fachspezifische Erfahrung aus der Praxis an die nächste Generation weitergeben.

Lorenz R; Beyer K: „Wir denken chirurgische Weiterbildung neu“ – Neue Kooperationsform zur hernienchirurgischen Weiterbildung. Passion Chirurgie. 2022 Mai; 12(05): Artikel 03_01.

HERNIE kontakt – das neue vierte Modul der Hernienschule in kontaktbeschränkten Zeiten

Premiere des Moduls Hernie kontakt als digitale Veranstaltung

Die Hernienschule ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Herniengesellschaft und des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC). Die Schule begann im Jahr 2011 mit Hernie kompakt in Berlin und ist inzwischen über die Grenzen Deutschlands auch im Ausland etabliert worden.

Neben den erfolgreichen Modulen Hernie kompakt, dem Basismodul, Hernie konkret und Hernie komplex wurde die Hernienschule in Deutschland nunmehr um ein weiteres Modul erweitert. Der Auslöser für die Initiierung des neuen Moduls HERNIE kontakt war die Corona-Krise, die dazu führte, dass nahezu alle chirurgischen Kongressveranstaltungen verschoben oder abgesagt wurden. Die vier Organisatoren entwickelten dieses Webinar jedoch nicht nur für kontaktbeschränkte Zeiten. Auch in Zukunft sollen die an Thema Hernien interessierten Chirurgen aller Weiterbildungsstufen mit diesem Modul vor allem mit aktuellen und brisanten Themen erreicht werden.

Die Premiere des neuen Moduls HERNIE kontakt in Form eines Webinars fand nach kurzer Vorbereitung am Mittwoch, den 10.06.2020 von 17:00 bis 19:00 Uhr erstmals statt. Dabei wurden von den Initiatoren zwei brandaktuelle Themen ausgewählt: Hernienchirurgie in Zeiten von Corona und die prä-, intra- und postoperative Schmerztherapie.

Trotz der Kürze der Vorbereitung haben sich für die kostenfreie Premiere beachtliche 425 Chirur­gen nicht nur aus Deutschland angemeldet. Am Ende waren während der Veranstaltung zeitweise über 300 Teilnehmer gleichzeitig online. Die Teilnehmer hatten zusätzlich die Möglichkeit Fragen in einem Chat zu stellen, die von den Moderatoren aufgegriffen und von den Referenten sofort beantwortet wurden. Insgesamt wurde dieser Chat sehr gut genutzt und es gab genügend Raum für eine offene Diskussion. Die Veranstaltung wurde zusätzlich durch die Ärztekammer Nordrhein mit insgesamt 3 Fortbildungspunkten zertifiziert. Die Erreichung der vollen Punktzahl inkludiert eine zusätzliche Lernerfolgskontrolle für jeden Teilnehmer.

Das Feedback der Teilnehmer nach der Veranstaltung war überaus positiv und ermutigt die vier Organisatoren aus Köln, Hamburg und Berlin, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Es ist geplant, pro Jahr zwei HERNIE kontakt-Veranstaltungen zu etablieren. Die Veranstaltung mit allen Vorträgen werden jeweils zusätzlich online aufgezeichnet und können somit jederzeit im Internet über Vimeo nochmals angesehen werden.

Tab. 1: Übersicht des Moduls

Programm der 1.HERNIE kontakt – Veranstaltung am 10.06.2020:

Modul I: Brandaktuelles – Hernienchirurgie in Zeiten von Corona

Moderation: Wolfgang Reinpold / Bernd Stechemesser

  • Was ist in welchem Setting möglich? Klinik mit unterschiedlichen Corona Abstufungen vs. Praxis (Wolfgang Reinpold – Hamburg)
  • Was ist ein elektiver, was ist ein Notfalleingriff? (Bernd Stechemesser – Köln)
  • Laparoskopische Hernienoperationen in Corona-Zeiten: ja oder nein? (Henning Niebuhr – Hamburg)

Modul II: prä-, intra- und postoperative Schmerztherapie

Moderation: Ralph Lorenz / Henning Niebuhr

  • Anästhesie bei Hernienoperationen: ITN/LaMa/Spinale/Schmerzkatheter (Jörg Karst – Berlin)
  • Prä-, intra- und postoperative Schmerztherapie mit Lokalanästhetika (Ralph Lorenz – Berlin)
  • Schmerzmanagement und Schmerzschemata (Guido Baschleben – Leipzig)

Gerne vormerken: Die nächste HERNIE kontakt – Veranstaltung ist für Oktober/ November 2020 geplant.

Bitte beachten Sie auch die gesamte Modulreihe Hernienschule der BDC|Akademie mit der Deutschen Herniengesellschaft (DHG), die unter anderem das Hospitationsmodul HERNIE kontakt anbietet. Die nächsten Termine finden Sie unter: https://www.bdc.de/bdcakademie/hernienschule/hernie-konkret/

Abb. 1: o. l. Bernd Stechemesser, o. r. Henning Niebuhr, u. l. Wolfgang Reinpold, u. r. Ralph Lorenz

Lorenz R, Stechemesser B, Niebuhr H, Reinpold W: Hernie kontakt. Passion Chirurgie. 2020 10(7/8): Artikel 04_00a.

Der Nabel der Welt – Neues aus der Welt der Nabelhernien

Die Redewendung Nabel der Welt „Mittelpunkt, wichtigstes Zentrum der Welt“ geht auf das Griechenland im 7. Jahrhundert vor Christus zurück, als man diesen Mittelpunkt treffenderweise im Omphalosstein in Delphi sah. Später war der Nabel der Welt beispielsweise auch als Umbilicus urbis in Rom, im Felsendom in Jerusalem, als Katholikon in der Grabeskirche in Jerusalem, auf den Osterinseln und in Cuzco in Peru zu finden.

Nabelhernien sind gleichsam eine weltweit häufige Erkrankung. Nabelhernien zählen definitionsgemäß zu den primären Ventralhernien. Doch hierin liegt bereits das erste Problem. In der wissenschaftlichen Literatur wurde bereits in der Vergangenheit häufig eine mangelnde Abgrenzung primärer von sekundären Ventralhernien kritisiert [6]. Rezidiv-Nabelhernien und Trokarhernien gehören laut EHS-Klassifikation (European Hernia Society) eindeutig zu den sekundären Ventralhernien bzw. Narbenhernien. Diese Abgrenzung scheint entsprechend der Registerdaten auch in Deutschland bis heute noch nicht klar umgesetzt zu sein [5].

Bisher wurden die Nabelhernien entsprechend der EHS-Klassifikation von 2009 in klein, mittel und groß eingeteilt [6]. Doch zehn Jahre später zeigt sich nun in der wissenschaftlichen Literatur, dass diese bisherige Einteilung für eine Therapieentscheidung möglicherweise nicht sinnvoll ist.

Zudem ist eine Therapieentscheidung bei Nabelhernien häufig abhängig von einer zeitgleich bestehenden Rektusdiastase [4]. Seit 2019 besteht entsprechend der Publikation von Reinpold et al. eine zusätzliche sehr differenzierte Klassifikation der Rektusdiastase [7].

Entsprechend einer 2014 publizierten Datenanalyse aus dem Deutschen Hernienregister Herniamed treten Nabelhernien bei Männern häufiger auf als bei Frauen auf [5]. Nabelhernien haben ihren Altersgipfel zwischen dem 40. und dem 60. Lebensjahr. Dicke Menschen und Raucher scheinen häufiger Nabelhernien zu entwickeln. Der größte Anteil der Nabelhernien scheint eher klein zu sein.

Der Anteil von Notfalleingriffen scheint bei Nabelhernien mit 7,12 % deutlich höher zu liegen als bei Leistenhernien (2,68 %) (5). Zahlreiche wissenschaftliche Studien bestätigten bisher sehr gute Ergebnisse auch mit alleiniger Nahtversorgung [1, 2]. Auch in Deutschland wurde eine große Mehrheit der Nabelhernien bisher mit Naht versorgt [5].

Auf Initiative der Amerikanischen und Europäischen Herniengesellschaften wurde 2017 eine Expertengruppe zur Entwicklung von Leitlinien für primäre Ventralhernien gegründet.

Diese 12-köpfige internationale Expertengruppe führte eine Recherche der bestehenden wissenschaftlichen Literatur durch und entwickelte im Rahmen von mehreren Treffen entsprechende Leitlinien zur Behandlung von primären ventralen Hernien. Die Ergebnisse wurden im Rahmen des Europäischen Hernienkongress im September 2019 in Hamburg erstmals der Fachwelt vorgestellt. Trotz einer stellenweise lückenhaften bzw. geringen wissenschaftlichen Evidenz können dabei folgende grundsätzliche Empfehlungen zusammengefasst werden.

Tab. 1: EHS-Klassifikation primärer Ventralhernien 2009 [6]

Klein=Small (S)

Mittel=Medium (M)

Groß=Large (L)

< 2cm

≥ 2–<4 cm

≥ 4 cm

Mittellinie

Epigastrisch

Umbilikal

Lateral

Spieghel’

Lumbal

Tab. 2: Nabelhernien nach EHS-Klassifikation – Herniamed-Daten [5]

EHS Small klein

(< 2 cm)

EHS Medium mittel

(≥ 2–4 cm)

EHS Large groß

(≥ 4 cm)

58,9%

35,2%

5,9%

Abb. 1: Klassifikation der Rektusdiastase [7]

Empfehlungen

  1. Die Diagnostik der Nabelhernien sollte durch eine klinische Untersuchung erfolgen. Ein dynamischer Ultraschall oder eine Computertomografie kann im Zweifelsfall helfen und zusätzliche Informationen liefern.
  2. Watchful waiting scheint bei asymptomatischen Nabelhernien eine sichere Option zu sein.
  3. Grundsätzlich sollte bei allen Nabelhernien aufgrund der geringeren Rezidivraten ein Netzverfahren zur Anwendung kommen.
  4. Bei kleinen Nabelhernien bis 2 cm sollte dabei eine offene Technik zur Anwendung kommen. Bei mittelgroßen Nabelhernien von 2 bis 4 cm sollte ein offener oder endoskopischer Zugang erfolgen. Alle großen Hernien über 4 cm sollten wie Narbenhernien operativ versorgt werden.
  5. Nahtverfahren stellen bei allen Nabelhernien kleiner als 1 cm eine Behandlungsoption dar.
  6. Grundsätzlich wird bei offener Technik die Verwendung eines Flachnetzes in präperitonealer Netzposition empfohlen.
Abb. 2: AHS/EHS-Guidelines Group-Primary Ventral Hernias v.l.n.r.: Maarten Simons (Niederlande), Nadia Henriksen (Dänemark), Ralph Lorenz (Deutschland), Frederik Berrevoet (Belgien), Ruth Kaufmann (Niederlande), Dennis Klassen (Kanada), Yohann Renard (Frankreich), Agneta Montgomery (Schweden), William Hope (USA), nicht abgebildet: Barbora East (Tschechien), Manuel Garcia Ureña (Spanien), John Fischer (USA)

Im Rahmen der Vorstellung der Leitlinien auf dem EHS-Kongress 2019 in Hamburg wurde auch ein TED-Voting durchgeführt. Diese Umfrage kam zwar trotz genereller Zustimmung für die Leitlinien-Empfehlungen bei einigen Detailfragen zu kontroversen Ergebnissen (Abb. 3).

Abb. 3: EHS-TED-Umfrage: Verwenden Sie bei Nabel- oder epigastrischen Hernien unter 1 cm Defektgröße ein Netz?

Demnach verwendet die Mehrheit der Chirurgen (75 %) bei kleineren Nabelhernien kein Netz. Ebenso scheint die empfohlene Verwendung von Flachnetzen eher kontrovers (Abb. 4). Auch hier scheint die Mehrheit der Chirurgen entgegen der Leilinien-Empfehlung und trotz höherer Materialkosten eines der vielfältigen Ventral-Patches zu verwenden.

Abb. 4: EHS-TED-Umfrage: Verwenden Sie bei einer offenen Netzoperation einer Nabel- oder epigastrischen Hernie ein Ventral-Patch?

Die offene präperitoneale Netzplatzierung wird zwar grundsätzlich bei allen kleinen und mittelgroßen Nabelhernien empfohlen, jedoch muss kritisch angemerkt werden, dass diese Operationstechnik bisher noch nicht standardisiert wurde. Des Weiteren gibt es heute zahlreiche neuere OP-Techniken [3, 8], deren Indikationen im Rahmen eines maßgeschneiderten Vorgehens (= Tailored Approach) noch nicht klar definiert wurden.

Folgendes lässt sich zu den Nabelhernien derzeit zusammenfassen:

  1. Die bisherige EHS-Klassifikation der Nabelhernien steht aufgrund der therapeutischen Konsequenzen auf dem Prüfstand.
  2. Die zeitgleiche Beurteilung der Rektusdiastase erscheint für die Therapieauswahl der Nabelhernien bedeutsam zu sein.
  3. Primäre Ventralhernien sollten von Sekundären (= Narbenhernien) sicher abgegrenzt werden.
  4. Eine extraperitoneale Netzversorgung scheint für viele Nabelhernien vorteilhaft zu sein.
  5. Ein maßgeschneidertes Vorgehen (Tailored Approach) auch unter Einbeziehung neuer OP-Techniken scheint für die Versorgung von Nabelhernien sinnvoll zu sein.

Literatur

[1]Aslani N, Brown C.J. Does mesh offer an advantage over tissue in the open repair of umbilical hernias. Hernia 2010 14:455-462

[2]Dalenbäck J, Andersson C, Ribokas D, Rimbäck G. Long-term follow-up after elective adult umbilical hernia repair: low recurrence rates also after non-mesh repairs. Hernia. 2012 Sep 13.

[3]Kockerling F, Botsinis MD, Rohde C, Reinpold W, Schug-Pass C. Endoscopic-assisted linea alba reconstruction: New technique for treatment of symptomatic umbilical, trocar, and/or epigastric hernias with concomitant rectus abdominis diastasis. Eur Surg 2017;49(2): 71-75.

[4]Kohler G, Luketina RR, Emmanuel K. Sutured repair of primary small umbilical and epigastric hernias: concomitant rectus diastasis is a significant risk factor for recurrence. World J Surg 2015;39(1): 121-126; discussion 127.

[5]Lorenz R, Koch, A., Köckerling, F. . Doch unterschätzt- Nabel- und epigastrische Hernien. CHAZ 2014;06.

[6]Muysoms FE, Miserez M, Berrevoet F, Campanelli G, Champault GG, Chelala E, Dietz UA, Eker HH, El Nakadi I, Hauters P, Hidalgo Pascual M, Hoeferlin A, Klinge U, Montgomery A, Simmermacher RK, Simons MP, Smietan´ski M, Sommeling C, Tollens T, Vierendeels T, Kingsnorth A. Classification of primary and incisional abdominal wall hernias. Hernia. 2009 Aug;13(4):407-14.

[7]Reinpold W, Köckerling F, Bittner R, Conze J, Fortelny R, Koch A, Kukleta J, Kuthe A, Lorenz R, Stechemesser B. Classification of Rectus Diastasis-A Proposal by the German Hernia Society (DHG) and the International Endohernia Society (IEHS) Front Surg. 2019 Jan 28;6:1. doi: 10.3389/fsurg.2019.00001. eCollection 2019.

[8]Reinpold W, Schröder M, Berger C, Stoltenberg W, Köckerling F. MILOS and EMILOS repair of primary umbilical and epigastric hernias. Hernia. 2019 Oct;23(5):935-944. doi: 10.1007/s10029-019-02056-x. Epub 2019 Sep 30.

Lorenz R: Die Leiste ist die Schwachstelle beim Mann. Passion Chirurgie. 2020 Januar, 10(01): Artikel 03_01.

Die Leiste ist die Schwachstelle beim Mann

Jeder vierte Mann bekommt im Laufe seines Lebens Probleme mit der Leiste. Frauen sind nur selten betroffen. Allein in Deutschland werden jedes Jahr mehr als 300 000 Leistenbrüche (Hernien) operiert. Die VdK-ZEITUNG sprach mit dem Experten Dr. med. Ralph Lorenz von der Praxis „3+CHIRURGEN“ in Berlin, der auch Mitglied beim Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) ist:

Welche Symptome deuten auf Probleme mit der Leiste hin?

R. Lorenz: Viele Patienten mit Leistenbrüchen haben häufig über lange Zeit gar keine Beschwerden. Sie bemerken lediglich eine Schwellung in der Leiste, die sich während Anstrengungen, beim Husten, Pressen, Niesen, Heben oder Tragen vergrößert. Im Liegen verschwindet diese Schwellung häufig wieder. Typische Symptome sind daher belastungsabhängige Schmerzen, ein Ziehen oder Druckgefühl. Schmerzen, die nach Belastungen oder in Ruhe in dieser Region auftreten, sind dagegen für einen Leistenbruch eher untypisch und sollten zunächst einer weiteren Diagnostik zugeführt werden.

Wodurch entsteht ein Leistenbruch?

R. Lorenz: Angeborene Brüche zeigen sich häufig bereits im Säuglings- oder frühen Kindesalter. Sie entstehen bei der Hodenwanderung durch die Bauchdecke noch vor der Geburt. Erworbene Leistenbrüche treten dagegen meist erst im Erwachsenenalter ab Mitte 50 auf und sind überwiegend auf eine Gewebeschwäche zurückzuführen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Einflussfaktoren, die die Entstehung von Hernien fördern: Dazu zählen genetische Anlagen sowie Kollagenerkrankungen wie Krampfaderbildungen, Hämorrhoiden, Divertikel (Ausstülpungen der Darmschleimhaut) oder Aortenaneurysmen (Erweiterung der Hauptschlagader). Auch das Rauchen hat Einfluss auf die Hernienentstehung.

Wann muss ein Leistenbruch operiert werden?

R. Lorenz: Ein Leistenbruch sollte grundsätzlich operiert werden, wenn die Diagnose eindeutig ist und der Patient über entsprechende Symptome klagt. Sollte es zu einer Einklemmung des Leistenbruches kommen – dabei lässt sich der Leistenbruch auch im Liegen nicht wieder zurückschieben – ist eine Operation zeitnah und dringend erforderlich. Bei Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen oder Darmverschluss sollte sofort eine Notfalloperation erfolgen.

Gibt es Möglichkeiten, die Operation hinauszuzögern?

R. Lorenz: Medikamentöse oder konservative Behandlungsmöglichkeiten gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt nicht. Bei Männern mit nur geringen oder keinen Beschwerden kann Abwarten eine Option darstellen. Wichtig ist hierbei, dass regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgen, um ein Fortschreiten des Bruches frühzeitig zu erkennen. Bei Frauen mit Leistenbruch wird aufgrund der höheren Rate an Notfalleingriffen prinzipiell eher nicht abgewartet.

Warum werden Männer öfter operiert?

R. Lorenz: Männer erkranken deutlich häufiger an einem Leistenbruch als Frauen. Jeder vierte Mann und nur jede 27. Frau sind im Laufe seines/ihres Lebens betroffen. Das hat vermutlich anatomische Gründe.

Wie sehen die Methoden einer solchen Operation aus: Wird noch herkömmlich oder eher minimal-invasiv operiert?

R. Lorenz: Grundsätzlich gibt es zahlreiche Operationsmethoden zur Versorgung von Leistenbrüchen. Früher wurden die Leistenbruch-Operationen überwiegend ohne Netz durchgeführt. Heute sehen die derzeitigen internationalen Leitlinien in erster Linie netzbasierte Operationstechniken zur Versorgung von Leistenbrüchen bei Erwachsenen vor, entweder offenchirurgisch oder als Schlüsselloch-Verfahren, also endoskopisch. Im weltweiten Vergleich wird auch heute noch die Mehrheit der Leistenbrüche mit einem einzigen Schnitt versorgt. In den letzten 20 Jahren ist jedoch der Anteil der minimalinvasiven, also endoskopischen Eingriffe, kontinuierlich gestiegen. In Deutschland ist der Anteil endoskopischer Leistenbruch-Eingriffe verglichen mit anderen Ländern besonders hoch.

Was sind die Vorteile einer minimal-invasiven Operation?

R. Lorenz: Bei endoskopischen Operationen ist der operative Zugangsweg durch drei kleine Schnitte minimiert. Das führt in der Regel zu weniger Wundschmerzen. Auch sind Wundkomplikationen oder Wundinfektionen äußerst selten. Während einer Operation können hier alle drei potentiellen Lücken in der Leistenregion sicher beurteilt und großflächig mit einem Netz abgedeckt werden. Darüber hinaus kann während eines laparoskopischen Eingriffs eine Beurteilung der Bauchorgane erfolgen. Dies erweist sich auch bei Notfalleingriffen als sinnvoll.

Wie lange muss man im Krankenhaus bleiben?

R. Lorenz: Entsprechend Internationaler Leitlinien wird die ambulante, also tageschirurgische Operation, für die Mehrheit der Leistenbruchoperationen empfohlen, sofern eine entsprechende Nachbehandlung gesichert ist. In allen anderen Fällen ist in der Regel eine kurze stationäre Behandlung angezeigt. Diese beträgt im Durchschnitt zwei Tage. Im weltweiten Vergleich liegt der Anteil ambulanter Leistenbruchoperationen in Deutschland mit 15 bis 20 Prozent aber deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. Das liegt vor allem an gesundheitspolitischen Fehlanreizen, also an der höheren Vergütung für stationäre Eingriffe.

Das Interview führte Petra J. Huschke von VdK-Nachrichten.

Quelle: VdK-Nachrichten im Oktober 2019, Seite 8, erstveröffentlicht.

Lorenz R: Die Leiste ist die Schwachstelle beim Mann. Passion Chirurgie. 2020 Januar, 10(01): Artikel 03_01.

5. Gemeinsame Frühjahrstagung 2019 des BDC|Berlin und Brandenburg

Sehr geehrte Frau Kollegin, Sehr geehrter Herr Kollege,

in diesem Jahr haben wir anlässlich der 5. Gemeinsamen Frühjahrstagung das Hauptthema „Neues in der Chirurgie“ ausgewählt. Dabei haben wir ein breites Spektrum an Themen zusammengestellt. Bewusst haben wir die Anzahl der Vorträge reduziert um mehr Zeit für eine breite Diskussion mit Ihnen zu haben. Dabei geht es sowohl um berufspolitische als auch um Fachthemen in der Chirurgie. Es ist uns gelungen für die einzelnen Themenbereiche kompetente Referenten zu gewinnen.

Wir laden Sie sehr herzlich nach Potsdam ein und würden uns sehr freuen, wenn Sie sich an der offenen und breiten Diskussion zu diesen Themen aktiv beteiligen würden.

Weiterbildungspunkte wurden bei der Ärztekammer Brandenburg beantragt. Für einen Imbiss während der Veranstaltung wird gesorgt.

5. Gemeinsame Frühjahrstagung 2019
BDC Brandenburg und Berlin, ANC Brandenburg und Berlin
Samstag, der 11. Mai 2019
10:00 bis 14:00 Uhr KV Brandenburg, Saal Brandenburg
Pappelallee 5, 14469 Potsdam

Wir würden uns sehr auf ein Wiedersehen mit Ihnen in Potsdam freuen!

Ihr Vorstand des Landesverbands BDC Berlin

Programm