Alle Artikel von Jörg Heberer

Müssen Wahlleistungsvereinbarungen eine Vertreterregelung beinhalten?


Frage:

Ein Chefarzt fragt an, ob er in die Wahlleistungsvereinbarung eine Vertreterregelung für Fälle seiner vorhersehbaren Abwesenheit aufnehmen kann.

Antwort:

Eine Abweichung vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung im Kernbereich der wahlärztlichen Leistungen ist nach Rechtsprechung des BGH bei vorhersehbarer Verhinderung nur möglich durch Abschluss einer zusätzlichen, individuellen Stellvertretervereinbarung. Eine Vertreterregelung in der Wahlleistungsvereinbarung für diesen Fall ist unwirksam. Es wird somit zwingend eine gesonderte Vereinbarung benötigt.

Eine vorhersehbare oder geplante Verhinderung liegt vor, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung die Verhinderung des Wahlarztes zur persönlichen Leistungserbringung der Kernleistungen vorhersehbar ist (z. B. geplanter Urlaub, Fortbildung, freies Dienstwochenende). Der Wahlarzt muss also an der persönlichen Erbringung der seine Disziplin prägenden Kernleistungen (z. B. Operation) vorhersehbar verhindert sein.

Der BGH hat mit Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 entschieden, dass eine Individualvereinbarung für den Fall der vorhersehbaren Verhinderung nur wirksam ist, wenn:

  • der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung unterrichtet wird,
  • die Vertretervereinbarung schriftlich geschlossen wird und
  • der Patient über folgende drei Alternativen aufgeklärt und ihm diese angeboten werden:
  1. anstelle des Wahlarztes wird ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen, also Abrechnung als wahlärztliche Leistungen, tätig.
  2. der Patient muss die Möglichkeit haben, auf die Inanspruchnahme ärztlicher Wahlleistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen oder
  3. sofern die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes aus medizinischer Sicht verschoben werden kann, ist auch dies dem Patienten zur Wahl zu stellen.

Bei der individuellen Stellvertretervereinbarung kann aus Sicht des Verfassers jedoch auch ein anderer als der ständige ärztliche Vertreter benannt werden.

Der Patient ist auf diese Vertretervereinbarung gesondert hinzuweisen, wenn diese im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrages vereinbart werden soll. Ferner ist es aus Sicht des BGH nicht erforderlich, dass der Wahlarzt selbst den Patienten hierüber aufklärt.

Hinsichtlich der Anforderungen an eine Individualabrede macht der BGH in diesem Urteil deutlich, dass eine Individualabrede auch dann vorliegen könne, wenn sie formularmäßig abgeschlossen werde. Dies sei dann der Fall, soweit die Vertragsregelungen im Einzelnen ausgehandelt wurden. Nach Auffassung des BGH seien Verhandlungen über den Text der Klauseln zwischen den Vertragspartnern hierfür nicht maßgeblich. Hiernach könne auch eine vorformulierte Vertragsbedingung ausgehandelt sein, wenn sie der Verwender als eine von mehreren Alternativen anbietet und der Vertragspartner zwischen diesen Alternativen wählen könne. Notwendig sei, dass der Patient durch die Auswahlmöglichkeiten den Gehalt der Regelung mitgestalten könne und seine Wahlfreiheit nicht durch Beeinflussung des Verwenders, beispielsweise durch die Formulargestaltung oder in anderer Weise überlagert werde. Folglich müssen nach Ansicht des Verfassers zur Erfüllung der Voraussetzungen einer Individualabrede gemäß der BGH-Rechtsprechung dem Patienten mehrere Handlungsoptionen zur Wahl gestellt werden.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
justitiar@bdc.de

Heberer J. Müssen Wahlleistungsvereinbarungen eine Vertreterregelung beinhalten? Passion Chirurgie. 2014 Juli; 4(07): Artikel 08_02.

Muss ein Arzt in Rente erste Hilfe leisten?

Frage:

Ein Oberarzt in Rente fragt an, ob er als ehemaliger Chirurg bei einem Unglücksfall im privaten Bereich vor allen anderen anwesenden Personen zur Hilfeleistung verpflichtet ist, obwohl er schon seit längerer Zeit in Rente ist.


Antwort:

Gemäß § 323c StGB macht sich der unterlassenen Hilfeleistung strafbar, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not keine Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und nach den Umständen zumutbar wäre, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten. Folglich ist zunächst einmal jeder, unabhängig vom (ehemaligen) Beruf, im Unglücksfalle zur ersten Hilfe verpflichtet, wenn dies erforderlich und ihm zumutbar ist. Dies gilt somit nach Auffassung des Verfassers auch für Ärzte in Rente.

Zwar schafft § 323c StGB keine Sonderpflicht für den (ehemaligen) Arzt. Allerdings wird ein (ehemaliger) Arzt bei solchen Unglücksfällen meist am ehesten zur Hilfeleistung geeignet und deshalb dazu auch verpflichtet sein. Sofern also die Hilfeleistung erforderlich und dem ehemaligen Arzt den Umständen nach zuzumuten ist, ist er aus Sicht des Verfassers zur Hilfeleistung insoweit verpflichtet, auch wenn er schon in Rente ist.

Da § 323c StGB zugleich ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist, können hieraus bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung des Schutzgesetzes nach Ansicht des Verfassers möglicherweise sogar Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, wenn hierdurch ein kausaler Schaden beim Geschädigten entsteht.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
justitiar@bdc.de

Heberer J. Muss ein Arzt in Rente erste Hilfe leisten? Passion Chirurgie. 2014 Juli; 4(07): Artikel 08_01.

 

 

Welche Form muss bei der OP-Pflege-Dokumentation eingehalten werden?

Frage:

Ein Oberarzt fragt an, welche Form bei der OP-Pflege-Dokumentation einzuhalten ist und ob die Dokumentation allein im PC sich beweisrechtlich nachteilig auswirkt im Gegensatz zur schriftlichen Dokumentation.

Antwort:

Hinsichtlich der Form der Dokumentation ist es nach Ansicht der Rechtsprechung erforderlich, dass medizinisch kundige Dritte und insbesondere der Nachbehandler das Behandlungsgeschehen nachvollziehen können. Im Vordergrund stehender Dokumentationszweck ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung die Sicherheit des Patienten. Mit der Sorgfalt, die auf die Dokumentation verwandt wurde, steigt in der Regel auch deren Beweiswert, was beispielsweise in einem auf Schadensersatz gerichteten Haftungsprozess für den Arzt äußerst relevant und entscheidend sein kann. Die Dokumentationspflicht wird mit der gewissenhaften schriftlichen Dokumentation aus Sicht des Verfassers erfüllt. Die OP-Pflege-Dokumentation sollte nach Auffassung des Verfassers durch den jeweiligen Pflegemitarbeiter und den ersten Operateur unterschrieben werden. Auch sollte zu Beweiszwecken und zur Nachvollziehbarkeit erkennbar werden, wer dokumentiert hat.

Im Rahmen eines Zivilprozesses gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Der Urkundenbeweis gilt dabei grundsätzlich als starkes Beweismittel. Die Patientendokumentation gehört i.d.R. zu den Privaturkunden, die den vollen Beweis dafür begründen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben sind. Der Beweiswert einer solchen Urkunde ist jedoch an die strengen Voraussetzungen der Authentizität sowie der Integrität geknüpft. Authentizität bedeutet, dass die Urkunde ihren Aussteller erkennen lassen muss. Unter Integrität versteht man, dass die Urkunde im Nachhinein nicht mehr veränderbar sein darf.

In § 371a ZPO wurde ausdrücklich geregelt, wann elektronische Dokumente die Beweiskraft einer Privaturkunde besitzen. Dies ist der Fall, wenn diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. § 2 Signaturgesetz liefert hierfür eine Definition der qualifizierten elektronischen Signatur.

Von der Rechtsprechung werden deshalb unmittelbar am PC hergestellte Dateien, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, wie Urkunden behandelt. Ihnen kommt somit der urkundenimmanente hohe Beweiswert zu und in einem solchen Fall können nach Ansicht des Verfassers grundsätzlich auch keinerlei Nachteile gegenüber der schriftlichen Patientenakte hergeleitet werden. Auf eingescannte Unterlagen kann dies nebenbei bemerkt jedoch nicht entsprechend angewandt werden, da die Rechtslage hier anders ist. Allein aus diesem Grund ist meiner Meinung nach schon die Erkennbarkeit des Dokumentierenden im Rahmen von EDV-Patientenakten zwingend zu empfehlen.

Gemäß § 630 f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB sind Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen. Die Behandlerseite ist somit aus dem Behandlungsvertrag verpflichtet, zum Schutz von elektronischen Dokumenten eine manipulationssichere Software einzusetzen. Dies ist anzuraten, zum einen um den Beweiswert der Dokumentation nicht zu entkräften. Zum anderen um der Schweigepflicht und dem Datenschutz gerecht zu werden. Aus diesem Grund ist auch die Archivierung besonders gewissenhaft und vor Zugriffen Dritter, beispielsweise durch ein Passwort, geschützt zu führen. Zu Lasten des Krankenhausträgers bzw. des verantwortlichen Arztes geht nämlich jegliche Veränderung oder jeglicher Zugriff unbefugter Dritter.

Zudem besteht gemäß § 10 Abs. 5 MBO-Ä auch die berufsrechtliche Pflicht, Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern oder anderen Speichermedien durch besondere Sicherungs- und Schutzmaßnahmen zu schützen, um deren Veränderung, Vernichtung oder unrechtmäßige Verwendung zu verhindern. Hierbei sind die Empfehlungen der Ärztekammer zu beachten.

Heberer J. Welche Form muss bei der OP-Pflege-Dokumentation eingehalten werden? Passion Chirurgie. 2014 Juni; 4(06): Artikel 08_02.

Abgabe von Kosmetikprodukten in der Praxis erlaubt?

Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob er in seiner Praxis kosmetische Pflegeprodukte an Patienten verkaufen darf bzw. ob er eine Kosmetikerin anstellen darf, die in seinen Praxisräumen die Produkte verkauft.

Antwort:

Zwar ist Ärzten eine gewerblich-unternehmerische Tätigkeit nicht grundsätzlich untersagt. § 3 Abs. 2 Muster-BO bestimmt allerdings, dass es dem Arzt untersagt ist, im Zusammenhang mit der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit Waren und andere Gegenstände abzugeben oder unter ihrer Mitwirkung abgeben zu lassen sowie gewerbliche Dienstleistungen zu erbringen oder erbringen zu lassen, soweit die Abgabe des Produkts oder die Dienstleistung nicht wegen ihrer Besonderheiten notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie sind. Folglich muss aus Sicht des Verfassers die Abgabe des Produkts in der Praxis oder die Dienstleistung medizinisch notwendig für die ärztliche Therapie sein.

Der BGH hat mit Urteil vom 02.06.2005, Az.: I ZR 317/02 in einem Fall von Lebensmittelverkauf in der Arztpraxis entschieden, dass ein rein geschäftsmäßiges und damit gegen Berufs- und Wettbewerbsrecht verstoßendes Verhalten vorliegt, wenn die abgegebenen Produkte nicht unmittelbar für die ärztliche Therapie benötigt werden. Maßgeblich für den Begriff des notwendigen Bestandteils der ärztlichen Therapie ist aus Sicht der Rechtsprechung nicht, ob das Produkt selbst, sondern ob dessen Abgabe durch den Arzt aus therapeutischen Gründen erforderlich ist (vgl. LG Rottweil, Urteil vom 16.06.2006 – 5 O 40/05 KfH). Dies dürfte nach Einschätzung des Verfassers bei Pflegeprodukten gerade nicht der Fall sein, sodass ein Verkauf durch den Arzt gegen Berufsrecht verstößt.

Ferner hat der BGH mit Urteil vom 29.05.2008, Az.: I ZR 75/05 entschieden, dass ein Arzt, der in den Räumen seiner Praxis eine gewerbliche Ernährungsberatung durchführt, weder berufsrechts- noch wettbewerbswidrig handelt, wenn er diese Tätigkeit im Übrigen von seiner freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit in zeitlicher, organisatorischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht getrennt hält. Diese strikte Trennung müsste demnach für die Zulässigkeit dieses Vorhabens zwingend eingehalten werden. Eine Anstellung der Kosmetikerin zum Verkauf der Pflegeprodukte in den Praxisräumen ist nach Meinung des Verfassers, auch wenn dieser außerhalb der Praxisöffnungszeiten erfolgt, wohl eher unzulässig.

Eine räumliche Trennung wäre nach der Rechtsprechung des BGH zur Vermeidung einer Berufsrechtswidrigkeit zwar nur erforderlich, wenn anzunehmen wäre, dass gerade von der Tätigkeit in den Praxisräumen des Arztes eine nicht gänzlich unerhebliche Wirkung in Richtung auf eine gesundheitspolitisch unerwünschte Kommerzialisierung des Arztberufes ausgeht. Dies wäre aber z. B. anzunehmen, wenn die Patienten die Tätigkeit des Arztes als Anzeichen dafür ansehen könnten, dass sein Verhalten nicht mehr in erster Hinsicht an den gesundheitlichen Interessen der Patienten, sondern an ökonomischen Erfolgskriterien ausgerichtet ist. Denn das in § 3 Abs. 2 Muster-BO bestimmte Verbot dient der Trennung merkantiler Gesichtspunkte vom Heilauftrag des Arztes. Daher ist grundsätzlich eine enge Auslegung des in § 3 Abs. 2 Muster-BO enthaltenen Verbotstatbestands geboten. Insofern könnte natürlich der Verkauf von Pflegeprodukten eine solche unerwünschte Kommerzialisierungswirkung hier erzeugen. Maßgeblich sind aber immer die konkreten Umstände des Einzelfalls, weshalb hier keine abschließende Beurteilung vorgenommen werden kann.

Es ist deshalb zwingend zu empfehlen, jeglichen Zusammenhang der gewerblichen Tätigkeit mit der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit zu vermeiden, um die ärztliche Unabhängigkeit zu wahren. Auch Geschäfte zur Umgehung dieser Vorschrift sind äußerst gefahrgeneigt und kritisch zu betrachten, weshalb davon aus juristischer Sicht abgeraten werden muss. Da einige Landesärztekammern hier zwingend eine eindeutige räumliche und personelle Trennung fordern, sollte sich zur Sicherheit auch hier noch einmal erkundigt werden.

Bei einem Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Muster-BO kommt zudem in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG sogleich ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß wegen unlauterer Wettbewerbshandlung in Betracht, der zu Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen beispielsweise von Mitkonkurrenten führen könnte.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es Ärzten gemäß § 31 Abs. 2 Muster-BO verboten ist, Patientinnen und Patienten ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen zu empfehlen oder an diese zu verweisen. Ein hinreichender Grund liegt immer dann vor, wenn hierfür eine medizinische Begründung gegeben ist. Der BGH hat einen hinreichenden Grund beispielsweise im Einzelfall auch bejaht bei besserer Eignung des Anbieters oder Qualität der Versorgung, sofern diese aus Sicht des Arztes aufgrund der speziellen Bedürfnisse des einzelnen Patienten besondere Vorteile für ihn bietet (vgl. BGH Urteil vom 13.01.2011 – I ZR 111/08), schlechte Erfahrungen mit einem Konkurrenten, Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte wie ein niedriger Preis, die Vermeidung von Wegen für Gehbehinderte (vgl. BGH Urteil vom 29.06.2000 – I ZR 59/98 und vom 15.11.2001 – I ZR 275/99). Wirtschaftliche Gründe dürfen bei der Entscheidungsfindung also in jedem Falle nicht im Vordergrund stehen. Zudem darf der Arzt nicht aktiv von sich aus eine Empfehlung aussprechen, sondern der Patient muss von sich aus um eine Empfehlung bitten. In jedem Fall muss den Patienten aber ihre Wahlfreiheit bezüglich der Leistungserbringer belassen werden. Dies bedeutet, dass den Patienten die Wahl gelassen werden muss, woher sie die Produkte beziehen. Da der Patient kosmetische Pflegeprodukte auch beispielsweise in Apotheken etc. besorgen kann, muss der Patient zumindest in jedem Falle auf andere Bezugsmöglichkeiten hingewiesen werden. Dies sollte auch in jedem Fall dokumentiert werden.

Ferner stellt der Verkauf eine gewerbliche Tätigkeit dar, die steuerrechtliche Auswirkungen mit sich bringen kann. Deshalb ist zudem die sog. Infizierungstheorie zu beachten, wodurch teilweise gewerbliche Einkünfte die übrigen ärztlichen Leistungen „infizieren“ und damit gewerbe- und umsatzsteuerpflichtig machen können. Sofern ein solches Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden soll, ist dringend zu raten, diesbezüglich mit einem Steuerberater zu sprechen.

Heberer J. Abgabe von Kosmetikprodukten in der Praxis erlaubt? Passion Chirurgie. 2014 Juni; 4(06): Artikel 08_01.

 

Änderung der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ist es für Beschäftigte und selbständig Tätige möglich, sich für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Diese Vorschrift ist für Ärzte Rechtsgrundlage, um sich zu Gunsten der Mitgliedschaft im ärztlichen Versorgungswerk vollständig von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen zu können. Hierdurch wird eine doppelte Versicherungspflicht vermieden.

Nunmehr hat jedoch das Bundessozialgericht mit drei Urteilen (Az.: B 12 R 8/10 R, B 12 R 5/10 R und B 12 R 3/11 R) vom 31.10.2012 eine epochale Änderung in der Befreiungspraxis eingeläutet.

Von Bedeutung sind diese BSG-Entscheidungen für alle Pflichtmitglieder berufsständischer Versorgungswerke, die gleichzeitig aufgrund einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit pflichtversichert bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) sind. Hierzu zählen somit auch Ärzte.

Entscheidung des BSG – B 12 R 3/11

Aufgrund der Sachnähe wird allein auf dieses Urteil eingegangen.

In diesem Fall ging es um einen approbierten Arzt, der wegen seiner Tätigkeit als AiP seit 01.10.1997 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit war. In der Folge war er sodann ab 01.12.1999 zunächst im Innendienst und sodann ab 01.05.2000 als Pharmaberater im Außendienst für ein pharmazeutisches Unternehmen tätig.

Das BSG hat in seinen Entscheidungen aufgrund enger Wortlautauslegung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI festgestellt, dass sich die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht stets nur auf die konkrete Beschäftigung bei einem konkreten Arbeitgeber oder die konkrete selbständige Tätigkeit des Betroffenen beschränkt.

Dies ergebe sich aus Sicht des BSG bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 6 Abs. 5 S. 1 SGB VI, der die Befreiung auf die „jeweilige“ Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränke. Somit komme mit der Befreiungsentscheidung eine umfassende Befreiung von der Versicherungspflicht auch für andere als die „jeweils“ ausgeübte Beschäftigung des Betroffenen nicht in Betracht. Dies gelte selbst dann, wenn ursprüngliche und nachfolgende Erwerbstätigkeiten ähnlich sein mögen. Aufgrund dieses Gesetzeswortlauts werde die Reichweite der Befreiung von der Versicherungspflicht laut BSG gerade nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit, wie beispielsweise berufliche Qualifikation, beruflicher Status oder Berufsbezeichnung bestimmt. Sondern diese Vorschrift stelle ausschließlich auf die Rechtsbegriffe „Beschäftigung“ und „selbständige Tätigkeit“ ab, weshalb allein die konkrete Beschäftigung/selbständige Tätigkeit maßgeblicher alleiniger Anknüpfungspunkt für den Umfang der Befreiung sein könne.

Auswirkungen

Mit dieser Rechtsprechung erteilt das BSG der bisherigen Praxis der DRV und auch der Auffassung einiger Sozialgerichte, die den Begriff „jeweilige Beschäftigung/selbständige Tätigkeit“ in § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI für manche Berufsgruppen im Sinne der „berufsgruppenspezifischen Beschäftigung“ unabhängig vom jeweiligen Arbeitgeber ausgelegt haben, eine klare Absage. Hiernach mussten diese Berufsgruppen bei einem Arbeitgeberwechsel in der Vergangenheit dann keinen neuen Befreiungsantrag stellen, wenn auch die neue Tätigkeit bestimmte Kriterien erfüllte. Der ursprüngliche Befreiungsantrag entfaltete dann auch hierfür Wirkung.

Das BSG definiert nunmehr jedoch die konkrete Beschäftigung über den jeweiligen Arbeitgeber, bei dem der Arzt zum Befreiungszeitpunkt angestellt war. Im Falle einer selbständigen Tätigkeit kommt es auf die tatsächlich ausgeübte selbständige Tätigkeit im Befreiungszeitpunkt an.

Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass bei jedem Beschäftigungswechsel und bei jeder wesentlichen Änderung des Tätigkeitsfeldes die Befreiungswirkung endet und ein neuer Befreiungsantrag für die neue Beschäftigung/selbständige Tätigkeit bei der DRV gestellt werden muss.

Die DRV weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass als neu aufgenommene Tätigkeit in diesem Sinne sowohl jeder Arbeitgeberwechsel als auch jede wesentliche Änderung im Tätigkeitsfeld bei dem bisherigen Arbeitgeber anzusehen ist.

Allerdings ist aus Sicht des Verfassers noch nicht abschließend geklärt, wann eine wesentliche Änderung vorliegt. Die DRV geht derzeit nach aktuellster Mitteilung wohl davon aus, dass sich dies nach dem Berufsrecht, also der Bundesärzteordnung (BÄO) und der (Muster-)Berufsordnung (M-BO) bestimmt. Diese Rechtsauffassung ist jedoch noch nicht offiziell bestätigt worden. Von einer wesentlichen Änderung im Tätigkeitsfeld sei dann nicht auszugehen, solange die Tätigkeit weiterhin dem in § 1 Abs. 2 M-BO festgelegten typischen ärztlichen Berufsbild (das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken) entspreche. Nachdem der Arztberuf gemäß §§ 2, 2a, 3 BÄO nur mit Approbation ausgeübt werden könne, müsse nach dieser Auffassung der DRV die befreiungsfähige Beschäftigung auch nach Tätigkeitsfeldänderung eine solche sein, deren Ausübung die Approbation voraussetze. Allerdings folge allein aus der Approbation noch keine ärztliche Tätigkeit.

Dies bedeutet nach Meinung des Verfassers, dass nur noch für kurativ-ärztliche Berufstätigkeiten, sprich für die eine ärztliche Approbation erforderlich ist, eine Möglichkeit zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bestünde und nicht mehr wie bislang für Tätigkeiten, deren Voraussetzung nur eine ärztliche Ausbildung war. Welche Umstände zu dieser geänderten Auffassung der DRV geführt haben ist derzeit unklar. Möglicherweise ist diese Ausfluss dreier jüngst ergangener Urteile des BSG vom 03.04.2014 (Az.: B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 3/14 R) zum Befreiungsanspruch für abhängig beschäftigte Syndikusanwälte. Das BSG hat darin zur Beurteilung der Frage, ob eine anwaltliche Tätigkeit vorliegt, auf die verfassungs- und berufsrechtliche Rechtsprechung zum Tätigkeitsbild eines Rechtsanwalts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und damit auf das Berufsrecht abgestellt (vgl. Pressemitteilung BSG vom 03.04.2014, Medieninformation Nr. 9/14, http://www.bsg.bund.de/DE/03_Medien/02_Medieninformationen/medieninformationen_node.html). Allerdings liegen die schriftlichen Urteilsgründe hierzu noch nicht vor, weshalb der Verfasser derzeit keine rechtssichere Auskunft darüber erteilen kann, ob und inwieweit diese Rechtsprechung auch auf die Befreiungsmöglichkeit für Ärzte angewandt werden kann. Sollte diese Auffassung sich durchsetzen, müsste zukünftig ein Arzt, der sich befreien lassen will, im Rahmen seiner Beschäftigung wohl zumindest überwiegend kurativ-ärztlich tätig sein.

Indiz für die Notwendigkeit eines neuen Befreiungsantrags könne aus Sicht der DRV sein, wenn die Tätigkeitsfeldänderung eine arbeitsvertragliche Anpassung bedinge, wobei allein Veränderungen in der Organisationsstruktur ohne wesentliche Umgestaltung des Tätigkeitsinhalts, der Zuständigkeiten und der Verantwortlichkeiten nicht zu berücksichtigen seien.

Zur Verdeutlichung werden folgende Beispielsfälle aufgezeigt, die der wohl derzeitigen, aber noch nicht offiziell bestätigten Rechtsauffassung der DRV entsprechen:

Der Wechsel eines Arztes im Krankenhaus von einer Station auf die andere oder vom Stationsarzt zum Oberarzt bzw. Chefarzt stellt aus Sicht der DRV keine wesentliche Änderung des Tätigkeitsfeldes dar, unabhängig von einer Arbeitsvertragsänderung (vgl. zudem DRV „Änderungen im Befreiungsrecht der Rentenversicherung“, Stand 10.01.2014, http://www.deutsche rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/5_Services/05_fachinformationen/01_aktuelles_aus_der_rechtsprechung/bsg_aenderungen_im_befreiungsrecht_der_rv.html).

Dies gilt auch für den in Weiterbildung befindlichen Arzt, für den eine Befreiung für seine ärztliche Tätigkeit in einer Praxis oder im Krankenhaus vorliegt, solange als Facharzt kein Arbeitgeberwechsel im klassischen Berufsfeld stattfindet.

Hingegen beurteilt die DRV den Fall anders, in dem ein Arzt neben seiner ärztlichen Haupttätigkeit zeitweise oder dauerhaft bei einem anderen Arbeitgeber eine ärztliche Nebentätigkeit ausübt. Für diese Nebentätigkeit benötigt der Arzt eine neue Befreiung.

Ebenso verhält es sich aus Sicht der DRV, wenn ein selbständiger Arzt, der grundsätzlich mangels Versicherungspflicht für seine selbständige Tätigkeit keine Befreiung erhält, neben dieser selbständigen Tätigkeit eine Angestelltentätigkeit ausübt. Für diese Angestelltentätigkeit ist dann ein Befreiungsantrag notwendig.

Für die Konstellation, in der ein Arzt für denselben Arbeitgeber innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses auch nicht dem typischen Berufsbild entsprechende Tätigkeiten übernimmt, ist nach Auffassung der DRV maßgeblich darauf abzustellen, welche Tätigkeiten innerhalb des einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses überwiegen oder dessen Charakter bestimmen. Ein neuer Befreiungsantrag ist somit dann zu stellen, wenn diese Abwägung zu Gunsten der nicht dem typischen Berufsbild entsprechenden Tätigkeiten ausfällt, sprich diese überwiegen.

Inwieweit die DRV diese Rechtsauffassung zur Befreiungsfähigkeit nur rein kurativ-ärztlicher Berufstätigkeit offiziell bestätigen wird und bei welchen Kriterien vor allem die sozialgerichtliche Rechtsprechung zukünftig eine wesentliche Änderung des Tätigkeitsfeldes annehmen wird, bleibt abzuwarten. Dies kann derzeit nicht vorhergesagt werden, sodass eine gewisse Rechtsunsicherheit bestehen bleibt.

Hinsichtlich der Antragstellung ist zu beachten, dass diese innerhalb von drei Monaten ab Beginn der neuen Tätigkeit bzw. ab Wechsel des Tätigkeitsfeldes erfolgen muss. Denn nur in diesem Fall wirkt die Befreiung zurück auf den Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme bzw. des Wechsels des Tätigkeitsfeldes.

Andernfalls gilt die Befreiung erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung, wodurch es zu einer Doppelversicherung kommt, die es zu vermeiden gilt. Selbstverständlich kann ein neuer Befreiungsantrag auch schon vor Beginn der Beschäftigung bzw. vor dem Tätigkeitswechsel gestellt werden.

Behandlung sog. Altfälle (Beschäftigungsaufnahme vor dem 31.10.2012)

Fraglich ist zudem, wie sog. Altfälle, also Fälle mit Beschäftigungswechsel vor dem Zeitpunkt der Urteile des BSG am 31.10.2012 behandelt werden.

Auch hier verfolgt das BSG in seinen oben genannten Urteilen vom 31.10.2012 einen zu § 6 SGB VI entsprechenden Prüfungsansatz, wonach auch § 231 SGB VI für die fortdauernde Wirkung einer früheren Befreiung auf die konkrete Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit abstelle und eine Identität der Beschäftigung oder der selbständigen Tätigkeit, die während der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht verrichtet wurde, fordere, indem die Fortwirkung einer vor dem 1.1.1992 erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht nur hinsichtlich „derselben“ Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit möglich sei (vgl. BSG, 31.10.2012, Az. B 12 R 5/10 R). Dies bedeutet nach Meinung des Verfassers im Ergebnis, dass das BSG hier einen Bestandsschutz für Altfälle in diesem Urteil verneint.

Die DRV vertritt hingegen die Auffassung, dass für berufsständisch Versorgte, die in der Vergangenheit für die Ausübung einer klassischen berufsspezifischen Tätigkeit befreit worden waren und nach einem Arbeitsplatzwechsel vor dem 31.10.2012 eine derartige Tätigkeit weiterhin ausüben, Vertrauensschutz für die Dauer dieser aktuellen Beschäftigung besteht. Die DRV ging in der Vergangenheit davon aus, dass eine einmal erteilte Befreiung bei einem Arbeitgeberwechsel gültig blieb, wenn der neue Arbeitgeber bestimmte Kriterien erfüllte und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt wurde. Die bisherige Praxis wird somit auf diese Fälle bei der aktuellen Beschäftigung von der DRV weiter angewandt. Soweit also Ärzte, die eine ärztliche Tätigkeit in Krankenhäusern oder Arztpraxen ausüben, ihre derzeitige Beschäftigung/Tätigkeit vor dem 31.10.2012 aufgenommen haben, müssen diese hiernach aus Sicht des Verfassers keinen neuen Befreiungsantrag stellen. Folglich muss erst bei einem weiteren Beschäftigungswechsel zwingend ein neuer Befreiungsantrag gestellt werden. Für die aktuell ausgeübte Beschäftigung kann jedoch eine Antragstellung zur Klärung erfolgen (vgl. DRV, a. a. O.).

Dieser Vertrauensschutz gilt nach Auffassung der DRV jedoch nicht für vor dem 31.10.2012 aufgenommene Beschäftigungen bei Ausübung einer anderen berufsspezifischen Tätigkeit. Dies betrifft Fälle, in denen eine Befreiung für die Ausübung einer berufsspezifischen Beschäftigung oder Tätigkeit zuerkannt worden war, vor dem 31.10.2012 jedoch durch einen Arbeitsplatzwechsel von dieser Beschäftigung oder Tätigkeit abgewandt wurde. Nachdem gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nur berufsspezifische Tätigkeiten einer Befreiung zugänglich sind, war maßgeblich für den neuen Befreiungsantrag die konkrete Arbeitsplatzbeschreibung (vgl. DRV, a. a. O.). Dies bedeutet somit nach Ansicht des Verfassers, dass in solchen Fällen ein neuer Befreiungsantrag zu stellen ist.

Folglich ist aus juristischer Sicht zwingend zu empfehlen, sofern kein aktueller Befreiungsbescheid bzw. keine schriftliche Bestätigung der DRV über die Weitergeltung der ursprünglichen Befreiung für die aktuell ausgeübte Beschäftigung vorliegt, die Antragstellung nachzuholen, damit die Beschäftigung beurteilt werden kann. Denn möglicherweise ist diese als berufsspezifisch einzuordnen.

Liegen die Befreiungsvoraussetzungen vor, wird ab dem Datum der Antragstellung die Befreiung erteilt. Nach Auskunft der DRV sind weder zukünftig noch für die Vergangenheit die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für diese Beschäftigung zu zahlen, damit ein lückenloser Schutz durch die berufsständische Versorgungswerke gewährleistet werde (vgl. DRV, a. a. O.).

Aus den aktuellen Urteilen des BSG vom 03.04.2014 lässt sich zwar entnehmen, dass das BSG wohl nunmehr die Auffassung vertritt, dass die Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Fortbestand dieser Entscheidung hätten. Denn die Inhaber hätten Lebensentscheidungen über die Altersvorsorge getroffen, weshalb einer Änderung der Rechtsauffassung hinsichtlich ergangener Befreiungsentscheidungen grundsätzlich und in aller Regel keine Bedeutung zukommen könne (vgl. Pressemitteilung BSG vom 03.04.2014, a. a. O.). Allerdings kann mangels Vorliegen der Urteilsgründe zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden, ob das BSG auch den Vertrauensschutz in die Befreiung auch bei einem Arbeitgeberwechsel oder einer Änderung der Tätigkeit bejaht.

Empfehlung

Nachdem derzeit nach Kenntnis des Verfassers zum einen noch nicht abschließend geklärt ist, wann eine wesentliche Änderung des Tätigkeitsfeldes vorliegt, ist aus juristischer Sicht dringend anzuraten, bei einem innerbetrieblichen Aufgaben- oder Funktionswechsel sicherheitshalber einen neuen Befreiungsantrag zu stellen. Zum anderen ist trotz der scheinbar eindeutigen Auffassung der DRV dennoch bis zum Eintritt einer rechtssicheren Lage sowohl bei Alt- als auch bei Neubefreiungen zu empfehlen, sich mit dem zuständigen Versorgungswerk bzw. mit der DRV in Verbindung zu setzen, um abzuklären, ob eine aktuell wirksame Befreiung für die aktuell ausgeübte Beschäftigung/Tätigkeit vorliegt und zur Sicherheit einen Befreiungsantrag zu stellen.

Sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung weder ein alter noch ein aktueller Befreiungsbescheid für den Arbeitnehmer in den Unterlagen des Arbeitgebers vorliegen, werden die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung für den vergangenen Zeitraum unmittelbar eingefordert. Es kann hier zu hohen Nachforderungen seitens der gesetzlichen Rentenversicherung kommen, wenn kein positiver aktueller Befreiungsbescheid vorgelegt werden kann. Dies gilt es folglich zu vermeiden.

Heberer J. Änderung der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Passion Chirurgie. 2014 Juni; 4(06): Artikel 06_01.

Dürfen präventivmedizinische Leistungen in der privatärztlichen Praxis erbracht werden?

Frage:

Eine niedergelassene Chirurgin fragt an, ob sie als Fachärztin für Chirurgie auch präventivmedizinische Leistungen, wie beispielsweise kosmetische Anti-Aging-Behandlungen oder Botoxinjektionen, in ihrer privatärztlichen Praxis erbringen darf.

Antwort:

Gemäß § 1 Abs. 2 Heilpraktikergesetz (HeilPrG) ist Ausübung der Heilkunde jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Zur Ausübung der Heilkunde benötigt man gemäß § 1 Abs. 1 HeilPrG entweder die Bestallung als Ärztin oder eine Heilpraktikererlaubnis. Aufgrund der Approbation ist man zunächst zur Ausübung der Heilkunde berechtigt, auch wenn es sich hier um nichtärztliche bzw. nichtoperative Leistungen handelt.

Inwieweit die angebotenen präventivmedizinischen Leistungen unter den Heilkundebegriff zu subsumieren sind, obliegt einer rein medizinischen Einschätzung. Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass die rechtliche Einordnung kosmetischer Behandlungen als Heilbehandlung nach wie vor umstritten ist und diese Frage nicht generell, sondern stets nur im konkreten Einzelfall entschieden werden kann. Wird beispielsweise lediglich eine Verschönerung des äußeren Erscheinungsbildes bezweckt, ohne dass eine medizinische Indikation vorliegt, so ist keine Heilbehandlung gegeben. Andererseits können aber auch ästhetische Eingriffe zur Beseitigung einer körperlichen Verunstaltung dienen, welche für den Patienten eine seelische Belastung und damit ein psychisches Krankheitsbild und somit eine Heilbehandlung darstellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.07.2006 – 9 S 519/06).

Im Rahmen der Heilkundeerbringung sind sodann maßgeblich für die Frage, welche Leistungen als Fachärztin für Chirurgie erbracht werden dürfen, die Regelungen des Berufsrechts, also das jeweils geltende Heilberufe-Kammergesetz und die geltende Weiterbildungsordnung nebst den hierzu erlassenen WBO-Richtlinien. Wenn die geplanten präventivmedizinischen Leistungen hiernach Bestandteil des Fachgebietes, eines erworbenen Schwerpunktes oder einer erworbenen Zusatzbezeichnung sind, dürfen diese von einer Fachärztin für Chirurgie auch erbracht werden, wobei man bei der Leistungserbringung grundsätzlich an die Grenzen des Fachgebietes gebunden bleibt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 01.02.2011 – 1 BvR 2383/10 entschieden, dass Ärzte im privatärztlichen Bereich fachfremde Leistungen auch systematisch und dauerhaft erbringen können, soweit es sich nur um einen geringfügigen Leistungsumfang (ca. 5% der Gesamtleistungen) handelt. Allerdings muss hier wohl auf die Art der fachgebietsfremden Leistung abgestellt werden.

Stehen diese Leistungen nicht unter einem Fachgebietsvorbehalt, sondern dürfen diese unabhängig von den Fachgebietsgrenzen von jedem Arzt erbracht werden, so können nach Auffassung des Verfassers auch Fachärzte für Chirurgie diese Leistungen erbringen. Somit muss für jede Leistung, die angeboten werden soll, geprüft werden, ob diese unter die Fachgrenzen eines Gebietes, Schwerpunktes oder einer Zusatzbezeichnung nach der geltenden WBO fallen oder nicht. Für diese detaillierte Auskunft empfiehlt der Verfasser, sich an die zuständige Landesärztekammer zu wenden.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
justitiar@bdc.de

Heberer J. Dürfen präventivmedizinische Leistungen in der privatärztlichen Praxis erbracht werden? Passion Chirurgie. 2014 Mai; 4(05): Artikel 08_02.

Datenschutz bei Abrechnung durch private Abrechnungsstelle

Der Datenschutz hat gerade in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Die Öffentlichkeit wurde insbesondere auch durch die Medien hinsichtlich der Beachtung des Datenschutzes sensibilisiert. Dies hat vor allem auch Auswirkungen auf das Arzt-Patienten-Verhältnis, gerade im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht. Von gesonderter Problematik ist hier die Abrechnung der ärztlichen Leistungen durch externe private Abrechnungsstellen. Da hierzu die Weitergabe der Patientendaten sowie der durch den Arzt erbrachten ärztlichen Leistungen und oftmals auch der gestellten Diagnose erfolgt, stellt sich die Frage, ob und in welchen Fällen dies zulässig ist.

Die wichtigsten gesetzlichen Regelungen

1. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB

Diese Vorschrift stellt den Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht unter Strafe. Hierin heißt es:

„Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als Arzt anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, macht sich strafbar.“

Gemäß Absatz 4 gilt dies auch über den Tod des Betroffenen hinaus.

Der Begriff des Geheimnisses meint Tatsachen, die sich auf die Person des Betroffenen sowie seine vergangenen und bestehenden Lebensverhältnisse beziehen. Dies können auch Tatsachen der Identifikation, wie beispielsweise der Patientenname sein (vgl. Fischer T., Strafgesetzbuch, Kommentar, § 203 Rn. 4, 55. Auflage 2008, Verlag C. H. Beck). Selbstverständlich fallen insbesondere Gesundheitsdaten hierunter.

Unbefugt bedeutet ohne Einwilligung bzw. mutmaßliche Einwilligung des Betroffenen oder ohne gesetzliche Offenbarungspflicht.

2. § 9 Muster-Berufsordnung Ärzte (MBO-Ä)

Auch berufsrechtlich ist die ärztliche Schweigepflicht umfassend normiert. Danach haben Ärztinnen und Ärzte gemäß Absatz 1 über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus – zu schweigen. Schriftliche Mitteilungen der Patienten, Aufzeichnungen über Patienten, Röntgenaufnahmen und sonstige Untersuchungsbefunde zählen auch hierzu.

Absatz 2 legt berufsrechtlich eine Befugnis zur Offenbarung fest, wonach diese besteht, soweit der Arzt/die Ärztin von der Schweigepflicht entbunden worden ist oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist. Unberührt hiervon bleiben gesetzliche Aussage- und Anzeigepflichten. Ist die ärztliche Schweigepflicht durch gesetzliche Vorschriften eingeschränkt, so soll der Patient darüber unterrichtet werden.

Zudem sieht Absatz 4 vor, dass für den Fall, dass mehrere Ärztinnen und Ärzte gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten untersuchen oder behandeln, sie untereinander nur insoweit von der Schweigepflicht befreit sind, als das Einverständnis des Patienten vorliegt oder anzunehmen ist.

3. Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

Dem Bundesdatenschutzgesetz kommt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten eine zentrale Stellung zu, dessen Vorschriften grundsätzlich von Jedermann zu beachten sind. Daneben können aber noch weitere Gesetze bestehen, die Geltung besitzen oder als Spezialvorschriften primären Vorrang haben. Zu nennen sind hier insbesondere die Landesdatenschutzgesetze, die für Krankenhäuser geltenden Krankenhausgesetze der Länder oder auch das SGB V für die vertragsärztliche Versorgung.

Personenbezogene Daten sind nach § 3 Abs. 1 BDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, wie zum Beispiel Name, Anschrift und Geburtsdatum.

Besondere personenbezogene Daten sind nach § 3 Abs. 9 BDSG Angaben über die ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.

Nach § 4 Abs. 1 BDSG sind die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn eine gesetzliche Rechtsgrundlage nach dem BDSG oder einem anderen Gesetz dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene hierzu seine Einwilligung erteilt hat. Dies gilt nach Auffassung des Verfassers erst recht für besondere personenbezogene Daten. Folglich setzt die Zulässigkeit der Übermittlung von Patientendaten hiernach entweder eine gesetzliche Grundlage oder die Einwilligung des Patienten voraus.

Die Einwilligung ist jedoch gemäß § 4a Abs. 1 BDSG nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Zudem bestehen hiernach Hinweispflichten gegenüber dem Betroffenen hinsichtlich des Zwecks der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, bei Erforderlichkeit oder auf Verlangen des Betroffenen, der Folgen der Verweigerung der Einwilligung. Die Einwilligung bedarf grundsätzlich der Schriftform. Wenn die Einwilligung zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt wird, muss sie besonders hervorgehoben werden.

Soweit besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, muss sich die Einwilligung darüber hinaus ausdrücklich auf diese Daten beziehen (§ 4a Abs. 3 BDSG).

§ 39 BDSG unterstellt die Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegen und die von der zur Verschwiegenheit verpflichteten Stelle (also z. B. dem Arzt) in Ausübung ihrer Berufs- oder Amtspflicht zur Verfügung gestellt worden sind, einer Zweckbindung, d. h. sie dürfen von der verantwortlichen Stelle nur für den Zweck verarbeitet oder genutzt werden, für den sie sie erhalten hat. Eine Verarbeitung oder Nutzung zu einem anderen Zweck ist nur zulässig, wenn die Änderung des Zwecks durch besonderes Gesetz zugelassen ist.

Rechtsprechung

a. Privatpatienten

Für die Übermittlung, Verarbeitung, Nutzung und Speicherung der Patientendaten zum Zwecke der Abrechnung an eine externe private Abrechnungsstelle benötigt der Arzt vom Privatpatienten nach ständiger Rechtsprechung mangels gesetzlicher Grundlage zwingend eine ausdrückliche Schweigepflichtentbindungserklärung sowie eine datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung (vgl. BGH, NJW 1991, 2955; OLG Karlsruhe, NJW 1998, 831; OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.08.2007 – I-16 U 209/05; BGH, Urteil vom 10.10.2013 – III ZR 325/12). Ohne Vorliegen dieser Erklärungen bzw. bei Verweigerung der Unterzeichnung der Erklärungen durch den Patienten dürfen die Daten nicht an die Abrechnungsstelle weitergegeben werden. Ferner reicht nach ständiger Rechtsprechung eine konkludente Einwilligung zur Legitimation der Datenübermittlung nicht aus. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob die externe gewerbliche Abrechnungsstelle nur mit der Rechnungserstellung beauftragt ist, oder ob die ärztliche Forderung zudem an diese zur Einziehung abgetreten wurde (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2013 – III ZR 325/12).

Hinsichtlich des Zugriffs der externen Abrechnungsstelle durch Einwahl in das Praxisprogramm zur Kontrolle der Privatliquidation anhand der Karteikarteneinträge ist dies aus datenschutzrechtlicher Sicht nach Meinung des Verfassers durchaus höchst problematisch.

Denn die Einwilligungserklärung des Patienten bezieht sich in der Regel ausschließlich auf diejenigen Daten, die zur Abrechnung erforderlich sind. Sofern durch die Einwahl in das Praxisprogramm bei dem jeweiligen Patienten durch die Abrechnungsstelle auch Daten zur Kenntnis genommen werden können, die für die Abrechnung nicht erforderlich sind und hiermit nichts zu tun haben, ist dies aus Sicht des Verfassers unzulässig und überdies auch nicht mehr von der Einverständniserklärung des Patienten gedeckt. Alle Daten, die somit nicht für die Abrechnung erforderlich sind, müssen vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt werden. Ansonsten liegt sowohl ein datenschutzrechtlicher als auch ein strafrechtlicher Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht vor. Umfassen jedoch die Schweigepflichtentbindungs- und die Datenschutzerklärungen auch diese Vorgehensweise, wird der Patient hierüber informiert und willigt er ausdrücklich ein, so wäre dies nach Meinung des Verfassers rechtlich zulässig.

Eine wirksame Schweigepflichtentbindungserklärung setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass

der Patient eine im Wesentlichen zutreffende Vorstellung davon hat, worin er einwilligt,

er die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung überblicken kann,

er deshalb wissen muss, aus welchem Anlass und mit welcher Zielsetzung er welche Personen von ihrer Schweigepflicht entbindet und

er über Art und Umfang der Einschaltung Dritter (die genau benannt werden müssen mit Anschrift) unterrichtet wird (vgl. BGH, NJW 1992, 2348; ders. Urteil vom 10.10.2013 – III ZR 325/12).

Dies bedeutet vor allem im Falle der Abtretung der Forderung zur Einziehung, dass der Patient eindeutig und zweifelsfrei erkennen kann, wer Forderungsinhaber ist und zu welchem Zweck (also zum Beispiel Forderungseinziehung und gegebenenfalls gerichtliche Geltendmachung) die Behandlungsdaten weitergegeben werden sowie, dass der Patient darauf hingewiesen wird, dass etwaige Einwendungen gegen die ärztliche Honorarforderung in einem folgenden Prozess gegenüber der Abrechnungsstelle geltend zu machen sind und hierzu möglicherweise Einzelheiten aus der Krankengeschichte und der Behandlung offenbart werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2013 – III ZR 325/12).

Die datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung setzt nach Auffassung des Verfassers unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen voraus, dass

sie schriftlich abgegeben wird,

sie für den Fall, dass sie zusammen mit anderen Erklärungen erteilt wird, besonders deutlich hervorgehoben wird,

sie den Patientin auf den Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie der Folgen der Verweigerung der Einwilligung (dem Patienten sollte eine alternative Möglichkeit zur Abrechnung gegeben werden) hinweist,

sie deutlich erkennen lässt, an welches gewerbliche Abrechnungsunternehmen und welche Daten (personenbezogene und/oder besondere personenbezogene Daten, bei Forderungsabtretung i. d. R. die gesamten Behandlungsdokumente) übermittelt werden,

der Patient erkennen kann, ob die Erklärung nur für den konkreten Behandlungsfall gilt oder für die gesamte Dauer der ärztlichen Vertragsbeziehung (vgl. Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen, Übermittlung von Patientendaten an private Abrechnungsdienste, unter http://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Datenschutz/submenu_Datenschutzrecht/Inhalt/Gesundheit/Inhalt/01_Uebermittlung_von_Patientendaten_an_private_Abrechnungsdienste/01_Uebermittlung_von_Patientendaten_an_private_Abrechnungsdienste.php) und

sie den deutlichen Hinweis enthält, dass die Einwilligung freiwillig erteilt wird und vom Patienten jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann.

b. GKV-Patienten

Für den vertragsärztlichen Bereich hat das BSG allerdings entschieden, dass eine Weitergabe von Patientendaten an externe private Abrechnungsstellen grundsätzlich unzulässig ist mangels gesetzlicher Rechtsgrundlage und eine solche auch nicht entbehrlich wird durch eine schriftliche Einwilligungserklärung des GKV-Patienten zur Datenweitergabe (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2008 – B 6 KA 37/07 R).

Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB I und des SGB X finden aus Sicht des BSG auf vertragsärztliche Leistungserbringer keine Anwendung, da diese Vorschriften allein den Schutz von Sozialdaten im Verwaltungsverfahren der Sozialleistungsträger regeln. Die §§ 284 ff. SGB V enthalten diesbezüglich (nahezu) ausschließlich Bestimmungen, die sich mit datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Nutzung von Daten durch die KVen und die gesetzlichen Krankenkassen auseinandersetzen, jedoch (nahezu) keine Regelungen, die sich mit der Weitergabe von Patientendaten durch Leistungserbringer befassen. Von den im SGB V gesetzlich normierten oder als selbstverständlich vorausgesetzten Abrechnungswegen (Abrechnung zwischen Vertragsarzt-KV-Krankenkasse) sei deshalb nur dann eine Abweichung zulässig, wenn dies auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage beruhe. Die im SGB V zu findende unterschiedliche Regelungsdichte hinsichtlich der Einschaltung Dritter in den Datenfluss sei nach Auffassung des BSG nur dann nachvollziehbar, wenn davon ausgegangen werde, dass die Krankenkassen bzw. KVen die allein in Betracht kommenden Empfänger und Nutzer der von den Vertragsärzten weiterzugebenden Sozialdaten seien. Für die Zulässigkeit der Datenübermittlung an externe Abrechnungsstellen bedürfte es insoweit deshalb detaillierter datenschutzrechtlicher Bestimmungen, die denen für KV und Kassen entsprächen, welche allerdings fehlen. Die wenigen gesetzlich geregelten Ausnahmefälle (z. B. § 300 Abs. 2 Satz 2 und 3 SGB V) würden hingegen belegen, dass die Einschaltung Dritter dann gerade angemessenen datenschutzrechtlichen Beschränkungen unterworfen ist. Letztendlich sei die Weitergabe von Gesundheitsdaten nach der Konzeption des SGB V auf das Unerlässliche beschränkt. Die gegenüber den Vorschriften des SGB V subsidiären Vorschriften des BDSG können nach Meinung des BSG nur in solchen Fällen Anwendung finden, in denen die Vorschriften des SGB V ausdrücklich hierauf verweisen. Denn das Sozialgesetzbuch treffe in seinem Geltungsbereich als abschließend zu verstehende bereichsspezifische Regelungen, die eine entsprechende oder ergänzende Anwendung des BDSG verbieten. Folglich komme hiernach für eine zulässige Datenweitergabe und verarbeitung durch externe Abrechnungsstellen der Rückgriff auf die Einwilligung des Patienten als Ermächtigungsgrundlage weder direkt noch analog in Betracht. Dies vor allem auch im Hinblick darauf, dass an anderen Stellen eine Normierung der Zulässigkeit einer auf eine Einwilligung gestützten Datenübermittlung durch Leistungserbringer gerade für erforderlich angesehen wurde und ausdrücklich erfolgt sei (z. B. § 17 Abs. 3 Satz 6 KHEntgG, §§ 73 Abs. 1b Satz 1und 2, 137f Abs. 3 Satz 2, 63 Abs. 3a Satz 2 SGB V). Diese Grundsätze gelten entsprechend der Begründung des BSG für alle Personen und Institutionen, die Leistungen der ambulanten Krankenbehandlung erbringen (solange keine abweichende Gesetzesvorschrift besteht), sodass der Teilnahmestatus im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung insoweit unmaßgeblich ist. Mangels bestehender spezifischer Datenschutzregelungen in den Vorschriften über besondere Versorgungsformen (§§ 73b, 73c oder 140a SGB V) dürften aus Sicht des BSG dieselben Grundsätze gelten. Damit verbundene abrechnungs-organisatorische Einschränkungen der Ärzte und der Abrechnungsstellen seien zumutbar und im Übrigen zulässige Berufsausübungsregelungen (vgl. zu alledem: BSG, a. a. O.).

Exkurs: Minderjährige

Bei minderjährigen Patienten gelten nach Auffassung des Verfassers grundsätzlich die gleichen Maßstäbe wie für die Aufklärung von Minderjährigen. Die Schweigepflichtentbindungs- und die Datenschutzerklärung sind generell von dem Patienten zu erteilen.

Minderjährige können dann die vorgenannten Erklärungen selbständig abgeben, wenn sie einsichts- und einwilligungsfähig sind, d. h. sie eine im Wesentlichen zutreffende Vorstellung davon haben, worin sie einwilligen, und die Bedeutung und Tragweite ihrer Entscheidung zu überblicken vermögen. Dies ist sicherlich bei Minderjährigen zwischen 14 und 18 Jahren in der Regel anzunehmen (vgl. BGH, NJW 1959, 811). Eine konkrete Feststellung der Einsichtsfähigkeit hat dennoch stets in jedem Einzelfall durch den Arzt zu erfolgen. Deshalb sollten diese Patienten die Schweigepflichtentbindungs- und die Datenschutzerklärung (mit ) unterschreiben. Da hier regelmäßig auch Daten der Eltern, die als Versicherte die Rechnung erhalten, weitergegeben werden, müssen diese jedoch auch die jeweiligen Erklärungen nach Meinung des Verfassers unterschreiben.

Nachdem bei Minderjährigen unter 14 Jahren die Einsichtsfähigkeit in der Regel abzulehnen sein wird, ist es hier aus Sicht des Verfassers zwingend, die Erklärungen von den Eltern einzuholen.

Rechtsfolgen bei Verstoß

Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 203 Abs.1 StGB sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe als Bestrafung vor.

Aus dem BDSG ergibt sich zum einen, dass nach § 6 Abs. 1 der Betroffene ein Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung oder Sperrung seiner Daten hat und dieses Recht auch nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden kann.

Zum anderen normiert § 7 BDSG eine Schadensersatzpflicht der verantwortlichen Stelle gegenüber dem Betroffenen bei einer nach dem BDSG oder nach anderen Vorschriften über den Datenschutz unzulässigen oder unrichtigen Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten, wenn dem Betroffenen hierdurch ein Schaden zugefügt wird. Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt durch die verantwortliche Stelle kann die Ersatzpflicht jedoch entfallen.

Überdies sieht das BDSG sowohl für einige Verstöße gemäß § 43 BDSG ein Bußgeld vor. Beispielsweise für die Fälle, dass jemand entgegen § 28 Abs. 5 Satz 2 BDSG personenbezogene Daten übermittelt oder nutzt (Abs. 1 Nr. 4) oder wenn vorsätzlich oder fahrlässig unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhoben oder verarbeitet werden (Abs. 2).

Absatz 3 sieht für Ordnungswidrigkeiten im Fall des Absatzes 1 eine Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 eine Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro vor. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen, wobei die vorgenannten Beträge nach Absatz 3 Satz 3 überschritten werden können, wenn sie hierfür nicht ausreichen.

Des Weiteren wird in § 44 BDSG ein Straftatbestand geschaffen, wenn eine in § 43 Abs. 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, begangen wird. Hier droht eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Diese Tat wird jedoch nur bei Stellung eines Strafantrages verfolgt.

Bei einem Verstoß gegen die berufsrechtliche Vorschrift des § 9 MBO-Ä muss u. a. mit einer Rüge, einer Geldauflage oder auch mit der Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens gerechnet werden. Maßgeblich sind die Vorschriften in den Heilberufe-Kammergesetzen der jeweiligen Bundesländer.

In diesem Zusammenhang darf der Verfasser darauf hinweisen, dass die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung „Empfehlungen zu ärztlicher Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis“ herausgegeben haben, die unter www.bundesaerztekammer.de/downloads/Empfehlung_Schweigepflicht_Datenschutz.pdf eingesehen und heruntergeladen werden können. Dieser Empfehlung ist eine technische Anlage beigefügt zur Etablierung und Aufrechterhaltung eines angemessenen IT-Sicherheitsstandards in der ärztlichen Praxis. Ferner hat die KBV einen Leitfaden für Ärzte zu den Anforderungen an Hard- und Software veröffentlicht mit Hinweisen zum Datenschutz, der unter www.kbv.de/25718.html eingesehen werden kann.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass bei Nichteinhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften sowie bei einem Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht dem Arzt somit insgesamt erhebliche Konsequenzen drohen können.

Heberer J. Datenschutz bei Abrechnung durch private Abrechnungsstelle. Passion Chirurgie. 2014 Mai; 4(05): Artikel 06_01.

Wie ist der urheberrechtliche Schutz bei medizinischen Gutachten für die BG?

Frage:

Ein Chefarzt fragt an, wie es sich mit dem Urheberrechtsschutz bei medizinischen Gutachten für die Berufsgenossenschaft verhält.

Antwort:

Medizinische Gutachten genießen aus Sicht des Verfassers entgegen wohl weitverbreitetem Glauben leider nur ausnahmsweise Urheberrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Dies nämlich gemäß § 2 Abs. 2 UrhG nur dann, wenn sie eine gewisse Schöpfungshöhe aufweisen. Da die Rechtsprechung, wann diese Gestaltungshöhe erreicht ist, nicht einheitlich ist und sich stets an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientiert, ist somit die Frage hier schwierig zu beantworten. Einigkeit besteht jedoch darin, dass es bei der Schutzfähigkeit nicht auf den wissenschaftlichen Inhalt ankommt, sondern allein auf die Form der Darstellung. Kriterien sind hier die Einteilung, Umstände der Sammlung, Originalität und Besonderheit der Darstellung. Um schutzfähig zu sein, muss das Gutachten deshalb eine deutliche Überschreitung des alltäglichen Maßes der üblichen Darstellung in der Gliederung und der Verarbeitung des Materials aufweisen, es darf sich also nicht auf einem selbstverständlichen Niveau bewegen. Der geistig-schöpferische Gehalt muss somit in der fachlichen Gedankenführung über das übliche Maß hinausgehen. Der Inhalt und damit die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nicht schutzfähig. Der häufig zu findende Urheberrechtsvermerk auf den Gutachten ist im Hinblick hierauf insoweit grundsätzlich nicht von Bedeutung.

Bei medizinischen Standardgutachten wird die erforderliche Schöpfungshöhe somit in der Regel fehlen. Der wissenschaftliche Inhalt ist ohnehin nicht geschützt.

Genießt das ärztliche Gutachten hiernach ausnahmsweise Urheberrechtsschutz, darf eine Nutzung bzw. Verwertung des Gutachtens grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arztes erfolgen. Ist der Urheberrechtsschutz abzulehnen, können aber unabhängig hiervon mit der auftraggebenden BG vertraglich Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte vereinbart werden.

Nachdem die BG Auftraggeberin des Gutachtens und somit alleinige Vertragspartnerin des Arztes ist, darf das Gutachten ohne deren Zustimmung nach Auffassung des Verfassers aber grundsätzlich nicht an die untersuchte Person oder an andere Dritte übersandt bzw. diesen zum weiteren Gebrauch überlassen werden. Ein Rechtsverhältniss zwischen untersuchter Person bzw. Drittem und begutachtendem Arzt besteht nämlich nicht, weshalb auch ein Anspruch auf Einsichtnahme dieser Personen gegenüber dem Gutachter ausscheidet. Allenfalls bestünde ein solcher Anspruch nur gegen die BG bei einem rechtlichen Interesse.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
justitiar@bdc.de

Heberer J. Wie ist der urheberrechtliche Schutz bei medizinischen Gutachten für die BG? Passion Chirurgie. 2014 Mai; 4(05): Artikel 08_01.

Das Urheberrecht bei Vorträgen

Medizinische Kongresse oder ähnliche Veranstaltungen zeichnen sich oftmals unter anderem dadurch aus, dass vom Veranstalter gebuchte Referenten Vorträge zu interessanten Themen vor einem öffentlichen Publikum halten. Der Vortrag des Referenten setzt sich dabei grundsätzlich zusammen aus der persönlichen Darbietung des Referenten sowie einer von ihm erstellten Präsentation auf Bild- oder Tonträgern (z. B. PowerPoint-Präsentation). Dem medialen Fortschritt ist es wohl geschuldet, dass es immer öfter dazu kommt, dass die Teilnehmer den Vortrag beispielsweise per Handy aufnehmen bzw. die gezeigten Folien etc. fotografieren. Dies geschieht oftmals ohne vorherige Einwilligung des Referenten. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob durch die Foto-, Video- und/oder Audioaufnahmen der Teilnehmer von Vorträgen das Urheberrecht des Referenten verletzt wird.

Grundsätzliche urheberrechtliche Regelung

Da in diesem Artikel davon ausgegangen wird, dass der vortragende Referent den Vortrag selbst erstellt hat und somit Urheber des Werks ist, steht ihm gemäß § 15 Abs. 1 Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) das ausschließliche Recht zu, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten. Dies umfasst insbesondere das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), das Verbreitungsrecht (§17 UrhG) und das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG).

Des Weiteren ist es das ausschließliche Recht des Urhebers, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG. Hierzu zählt insbesondere das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG), das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) und das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21 UrhG).

Da die Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG öffentlich sein muss, wird in § 15 Abs. 3 Satz 1 UrhG definiert, dass dies der Fall ist, wenn die Wiedergabe für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Gemäß Absatz 3 Satz 2 gehört jeder zur Öffentlichkeit, der nicht mit dem Urheber oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist. Aus Sicht des Verfassers gehören somit die zuhörenden Teilnehmer einer solchen Vortragsveranstaltung, wie einleitend dargestellt, grundsätzlich zur Öffentlichkeit.

Der Referent als Urheber des Vortrags kann somit grundsätzlich jederzeit und gegenüber jedermann bestimmen, ob dieser zur Verwertung und/oder Wiedergabe seines Vortrags, der hiermit verbundenen Folien/Grafiken etc. berechtigt sein soll oder nicht. Im Folgenden werden nun die nach Meinung des Verfassers relevantesten Rechte näher dargestellt.

§ 16 UrhG Vervielfältigungsrecht

Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob, in welchem Verfahren und in welcher Zahl Vervielfältigungsstücke (Kopien) seines Werks (= Vortrag) hergestellt werden dürfen. Als Vervielfältigung gilt dabei auch die Übertragung des Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonaufnahmen (Bild- oder Tonträger) gemäß § 16 Abs. 2 UrhG. Sowohl dauerhafte als auch vorübergehende Vervielfältigungen sind hiervon umfasst.

Bereits die erste körperliche Festlegung des Werkes (Erstfixierung) stellt eine Vervielfältigung dar, wie beispielsweise das Mitschreiben oder der Mitschnitt eines frei gehaltenen Vortrages (vgl. Dustmann in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, § 16 UrhG Vervielfältigungsrecht Rn. 10, 10. Auflage 2008, Verlag W. Kohlhammer). Auch die Fotografie eines urheberrechtlich geschützten Werkes oder dessen digitale Speicherung, unabhängig davon ob es sich um eine Erstspeicherung (Digitalisierung durch Scannen) oder eine Übertragung von einem Speichermedium in ein anderes handelt, stellen eine Vervielfältigung dar (vgl. Dustmann, a. a. O., § 16 Rn. 12). Erforderlich für eine Vervielfältigung ist dabei stets die Geeignetheit der Festlegung des Werks zur unmittelbaren oder mittelbaren Wahrnehmbarmachung. Von einer mittelbaren Wahrnehmbarmachung spricht man, wenn die Signale erst in analoge Signale umgewandelt werden müssen, damit sie wahrgenommen werden können.

Nach § 16 Abs. 2 UrhG zählt aber auch die Herstellung von Tonband- oder Filmaufnahmen eines Werkes zum Vervielfältigungsrecht. Insbesondere unterfallen alle Formen digitaler Datenträger dem Begriff „Bild- und Tonträger“.

Mit welchem Verfahren Vervielfältigungen vorgenommen werden, ist unerheblich, da jegliche Techniken zur Vervielfältigung von § 16 UrhG erfasst sind. Vervielfältig werden muss nicht nur das vollständige Werk. Vielmehr umfasst das Vervielfältigungsrecht auch lediglich einzelne Teile. Ebenso sind Anzahl der vervielfältigten Stücke und der Vervielfältigungszweck (privat oder gewerblich) völlig unmaßgeblich.

Aus Sicht des Verfassers stellen somit beispielsweise das Abfotografieren von Folien während eines Vortrages oder der Mitschnitt/die Aufnahme eines Vortrages grundsätzlich Vervielfältigungen dar, an denen der Referent zunächst einmal das ausschließliche Recht besitzt und diese somit untersagen kann.

§ 19 UrhG Vortrags- und Vorführungsrecht

§ 19 Abs. 1 UrhG schützt das Vortragsrecht des Urhebers. Dies meint das Recht, ein Sprachwerk durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen. Das Werk wird in diesem Fall einem unmittelbar anwesenden Publikum in unkörperlicher Form, also nicht durch Bild- oder Tonträger, dargeboten (vgl. Dustmann, a. a. O., § 19 Rn. 1). Somit hat der Urheber das Recht, seinen von ihm verfassten Vortrag den anwesenden Teilnehmern unmittelbar (live) vorzutragen.

Hingegen unterfallen die Aufnahme oder die Vervielfältigung eines Vortrages nicht dem Recht aus § 19 Abs. 1 UrhG, sondern dem Vervielfältigungsrecht des § 16 UrhG. Von § 21 UrhG wird überdies die öffentliche Wiedergabe eines aufgezeichneten Vortrags durch Bild- oder Tonträger erfasst (vgl. Dustmann, a. a. O., § 19 Rn. 10).

Das Vorführungsrecht gemäß § 19 Abs. 4 UrhG ist das Recht, ein Werk der bildenden Künste, ein Lichtbildwerk, ein Filmwerk oder Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art durch technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen. Hierunter ist zum Beispiel die öffentliche Powerpoint-Präsentation wissenschaftlicher Darstellungen zu subsumieren (vgl. Dustmann, a. a. O., § 19 Rn. 27). Geschützt vom Anwendungsbereich des Absatzes 4 werden aber nur die hier abschließend aufgezählten Werke. Die öffentliche Wiedergabe eines Sprachwerks ist hiervon nicht umfasst. Unterstützt folglich der Referent seinen persönlichen Vortrag durch eine Powerpoint-Präsentation, so können hier unterschiedliche Verwertungsrechte bestehen. Beinhaltet die Powerpoint-Präsentation auch die Wiedergabe wissenschaftlicher Darstellungen, so greift hier zusätzlich zu den Rechten aus §§ 16, 21 UrhG auch das Recht des § 19 Abs. 4 UrhG.

Als technische Einrichtung im Sinne des Absatzes 4 sind Abspielgeräte und Projektoren jeglicher Art zu verstehen, die Bilder oder Bildfolgen für den Betrachter wahrnehmbar machen können (vgl. Dustmann, a. a. O., § 19 Rn. 29).

§ 21 Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger

Gemäß § 21 UrhG ist das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger das Recht, Vorträge des Werkes mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar zu machen. Dieses Recht stellt ein sog. Zweitverwertungsrecht dar, da Voraussetzung hierfür die Vervielfältigung des Werks durch Herstellung eines Bild- oder Tonträgers nach § 16 Abs. 2 UrhG durch den Urheber ist (vgl. Dustmann, a. a. O., § 21 Rn. 1). Dementsprechend muss der Vortrag schon einmal stattgefunden haben und aufgenommen worden sein, braucht aber selbst nicht öffentlich gewesen sein (vgl. Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, § 21 Rn. 5, 8, 3. Auflage 2013, Verlag Hüthig Jehle Rehm GmbH).

Damit dieses Wiedergaberecht einschlägig ist, muss ein Vortrag nach § 19 Abs. 1 UrhG, damit also ein Sprachwerk, durch Abspielen von einem Bild- oder Tonträger öffentlich wiedergegeben werden. Auch diese Vorschrift bezieht sich auf alle analogen oder digitalen Datenträger jeglicher Art, die geeignet sind, Texte und Musik wiederzugeben. Werden somit Texte mittels Powerpoint-Präsentation, Dia- oder Overheadprojektor durch einen Anderen als den Urheber ohne dessen Einwilligung wiedergegeben, liegt ein Verstoß gegen § 21 UrhG vor (vgl. Dustmann, a. a. O., § 21 Rn. 8; Dreyer/Kotthoff/Meckel, a. a. O., § 21 Rn. 14).

Die alleinige Möglichkeit der Wahrnehmung reicht wohl allerdings für den Tatbestand des § 21 UrhG nicht aus, da hierfür die tatsächlich unmittelbar wahrnehmbare (ggf. spätere) Wiedergabe erforderlich ist.

Schranken des Urheberrechts

Die §§ 44a ff. UrhG unterstellen diese ausschließlichen Verwertungs- und Wiedergaberechte des Urhebers aber einigen Schranken.

Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist (§ 51 UrhG). Insbesondere ist dies zulässig, wenn nach Satz 2 Nr. 2 Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen Sprachwerk angeführt werden. Hierbei ist jedoch stets die Vorschrift des § 63 UrhG über die Erfordernisse einer Quellenangabe zu beachten.

Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 UrhG ist die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werks beispielsweise zulässig, wenn die Wiedergabe keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient, die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden und im Falle des Vortrags oder der Aufführung des Werkes keiner der ausübenden Künstler eine besondere Vergütung erhält.

Maßgeblich erscheint dem Verfasser für die hier behandelte Problematik vor allem die Einschränkung des § 53 UrhG zu sein.

Danach sind gemäß Absatz 1 grundsätzlich einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern zulässig, sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen und soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.

Unter Privatgebrauch wird der Gebrauch in der Privatsphäre zur Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse durch die eigene Person oder die mit ihr durch ein persönliches Band verbundenen Personen verstanden (vgl. Wilhelm Nordemann in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, § 53 UrhG Vervielfältigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch, Rn. 6, 10. Auflage 2008, Verlag W. Kohlhammer). Der Privatgebrauch muss ausschließlich sein, d. h. er darf weder mittelbar noch unmittelbar daneben Erwerbszwecken dienen. Jeglicher Zusammenhang mit dem Beruf muss deshalb aus Sicht des Verfassers ausgeschlossen sein.

Eine weitere Einschränkung liegt darin, dass auch zum Privatgebrauch nur einzelne Kopien hergestellt werden dürfen. Bei der Anzahl der Kopien, bei denen das Merkmal „einzelne“ noch als erfüllt angesehen werden kann, wird nicht ganz einheitlich beurteilt. Die Rechtsprechung geht von maximal 7 Stück aus, während Stimmen in der Literatur maximal drei Stück als zulässig erachten (vgl. W. Nordemann, a. a. O., § 53 Rn. 13).

Gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UrhG ist es beispielsweise auch zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes herzustellen oder herstellen zu lassen zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist und sie keinen gewerblichen Zwecken dient. Zum wissenschaftlichen Gebrauch meint eine wissenschaftliche Betätigung, wobei zur Wissenschaft nur das an einer Universität oder Hochschule Gelehrte zählt. Ein Arzt, der für eine medizinische Zeitschrift einen Aufsatz verfasst, ist danach wissenschaftlich tätig. Die Kopie ist zu diesem Zweck geboten, wenn der Erwerb oder die Ausleihe eines Werkexemplars unzumutbar sein würde (vgl. W. Nordemann, a. a. O., § 53 Rn. 19). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn hierdurch zu hohe Kosten entstehen oder ein zu hoher Beschaffungsaufwand verursacht werden würde.

Ferner ist nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4a die Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke erlaubt zum sonstigen eigenen Gebrauch, wenn es sich um kleine Teile eines erschienenen Werkes handelt. Unter einem kleinen Teil versteht die Rechtsprechung den Fall, dass der Gesamtumfang im Verhältnis zum Gesamtwerk noch als klein erscheint. Abzustellen ist wohl stets auf den jeweiligen Einzelfall, wobei prozentual in der Regel zwischen 10% und 20% als Maßstab herangezogen werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.05.1987, AZ: 6 U 31/86; W. Nordemann, a. a. O., § 53 Rn. 28).

§ 53 Abs. 6 Satz 1 UrhG verbietet jedoch sowohl die Verbreitung, als auch die öffentliche Wiedergabe der Vervielfältigungsstücke für alle Fälle der Absätze 1-5.

Die wichtigste Vorschrift für den Referenten stellt in diesem Zusammenhang § 53 Abs. 7 UrhG dar, der von dem in § 53 UrhG festgelegten Vervielfältigungsrecht wiederum eine Ausnahme macht. Denn hiernach ist die Aufnahme von öffentlichen Vorträgen, von Aufführungen oder Vorführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Die Rechte des Urhebers sind hier somit vorrangig. Dies bedeutet auch, dass die Einwilligung ausschließlich vom vortragenden Referenten erteilt werden kann.

Nach Ansicht des Verfassers gibt § 53 Abs. 7 UrhG den Referenten somit eine Rechtsgrundlage an die Hand, den Teilnehmern des Vortrags die Aufnahme oder den Mitschnitt des Vortrags zu verbieten, wenn dies nicht gewollt ist.

Sonstige Rechte/Rechtsfolgen

Bei Verstoß gegen das Urheberrecht oder ein sonstiges durch das Urhebergesetz geschütztes Recht kann der Berechtigte die Beseitigung der Beeinträchtigung sowie bei Wiederholungsgefahr Unterlassung verlangen. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht (§ 97 Abs. 1 UrhG). Zudem kann ein Schadensersatzanspruch des Berechtigten entstehen, wenn die verletzende Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vorgenommen wird (§ 97 Abs. 2 UrhG).

Gemäß § 22 Satz 1 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Wird also ein Foto des Referenten ohne dessen Einwilligung gemacht und dieses verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt, so kann hierin grundsätzlich ein Verstoß gegen diese Vorschrift gegeben sein. Satz 2 bestimmt aber, dass die Einwilligung im Zweifel als erteilt gilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Ob der Erhalt eines Referentenhonorars grundsätzlich ausreicht, damit diese Vermutungswirkung eintritt, wird nach Auffassung des Verfassers jedoch stark bezweifelt. Maßgeblich sind aber immer die Umstände des konkreten Einzelfalls.

Des Weiteren legt § 23 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 KunstUrhG fest, dass eine Einwilligung zur Verbreitung und zur Schaustellung nicht erforderlich ist bei Bildern, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen oder bei Bildern von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben. Allerdings gilt dies gemäß Absatz 2 nur soweit, solange durch die Verbreitung oder Schaustellung kein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. § 33 KunstUrhG sieht bei einem Verstoß gegen §§ 22, 23 KunstUrhG eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr vor, wobei die Tat nur auf Antrag verfolgt wird.

Auch zivilrechtlich kämen grundsätzlich ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch bei Verletzung bzw. Beeinträchtigung des Rechts am eigenen Bild analog § 1004 Abs. 1 BGB in Betracht.

Anspruchsgegner, also derjenige gegen den der Urheber seine berechtigten Ansprüche geltend machen kann, ist aus Sicht des Verfassers stets derjenige, der die Urheberrechtsverletzung unmittelbar begangen hat.

Fraglich ist, ob zudem der Veranstalter als Störer in Anspruch genommen werden kann, wenn dieser die Teilnehmer ungehindert während des Vortrags fotografieren oder aufnehmen lässt. Die Störerhaftung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahr notwendig sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2007, Az.: I ZR 18/04). Als Störer kann dabei grundsätzlich jeder haften, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Art und Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.1996 – I ZR 129/94). Folglich käme auch der Veranstalter als Störer in vorgenannter Fallkonstellation grundsätzlich in Betracht. Da nach ständiger Rechtsprechung die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten (speziell im Urheberrecht) voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung auf mögliche Rechtsverletzungen zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2004 – I ZR 304/01). Auch müssen sich die sonstigen Vorkehrungen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen im Rahmen des Zumutbaren halten (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 16.05.2012 – 23 S 296/11). Sofern also der Veranstalter besondere Vorkehrungen zur Verhinderung einer Urheberrechtsverletzung im Vorfeld getroffen hat, beispielsweise durch spezielle Hinweise auf das Verbot der Aufnahme bzw. des Fotografierens, muss nach Auffassung des Verfassers anhand der Gesamtumstände im konkreten Einzelfall geprüft werden, ob es diesem zumutbar ist, weitere Schutzvorkehrungen zu treffen bzw. ob dieser ihm alles Zumutbare unternommen hat, um Urheberrechtsverletzungen im Rahmen seiner Veranstaltung zu verhindern. Nach Meinung des Verfassers ist es deshalb auch dem Veranstalter, sofern dieser beim Vortrag selbst anwesend ist, zumutbar, die gegen das Urheberrecht verstoßenden Teilnehmer zur Unterlassung aufzufordern und anzuhalten. Ob es ihm auch zumutbar ist, einzelne Teilnehmer von der Veranstaltung auszuschließen, wird im jeweiligen Einzelfall zu prüfen sein und wohl nur bei schwerwiegenden oder beharrlichen Verstößen vertretbar sein. Ist der Veranstalter hingegen nicht vor Ort, so endet aus Sicht des Verfassers dessen Verantwortungsbereich und es beginnt hier die eigenständige Verantwortlichkeit des Referenten, sodass dieser selbst die Teilnehmer zur Beseitigung bzw. Unterlassung auffordern muss.

Zusammenfassung

Die Video- oder Audioaufnahme bzw. der Mitschnitt eines öffentlichen Vortrages auf Bild- oder Tonträger ist nach Meinung des Verfassers in jedem Falle nur mit Einwilligung des Urhebers (hier des Referenten) zulässig. Das Abfotografieren vom Referenten erstellter Folien etc. ist in der Regel nur für einzelne (also wenige) Vervielfältigungen und nur in bestimmten Fällen, wie beispielsweise zum ausschließlichen Privatgebrauch, auch ohne Einwilligung zulässig. Ein Bildnis des Referenten darf zudem grundsätzlich nur mit dessen Einwilligung verbreitet oder zur Schau gestellt werden.

Folglich können unberechtigte Foto-/Video-/Audioaufnahmen von Vorträgen zu diversen urheberrechtlichen Verletzungen mit entsprechenden negativen Konsequenzen, wie Beseitigungs-, Unterlassungs- oder auch Schadensersatzansprüchen des in seinem Urheberrecht Verletzten, führen.

Heberer J. Das Urheberrecht bei Vorträgen. Passion Chirurgie. 2014 April; 4(04): Artikel 06_01.

Zur Auskunftspflicht an Krankenkasse verpflichtet?

Frage:

Ein Oberarzt fragt an, ob er auf Anfrage der gesetzlichen Krankenkasse zur Auskunft verpflichtet ist, wenn sich der Patient die Verletzung im Rahmen einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Dritten zugezogen hat und die Kasse ihr Auskunftsbegehren auf § 294a SGB V stützt.

Antwort:

Gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen besteht in der Tat eine Auskunftspflicht gemäß § 294a Abs. 1 SGB V, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Krankheit u. a. die Folge oder Spätfolge eines Unfalls oder einer Körperverletzung ist oder wenn Hinweise auf drittverursachte Gesundheitsschäden vorliegen.

Nach dem Gesetz sind in solchen Fällen die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 SGB V verpflichtet, die erforderlichen Daten, einschließlich der Angaben über Ursachen und den möglichen Verursacher den Krankenkassen mitzuteilen.

Die Vorschrift des § 294a Abs. 1 SGB V stellt nach Auffassung des Verfassers eine gesetzliche Offenbarungspflicht dar, weshalb zur Mitteilung der in § 294a Abs. 1 SGB V genannten Daten/Informationen keine Schweigepflichtentbindungserklärung durch die Kasse vorzulegen ist bzw. beim Versicherten eingeholt werden muss.

Für Informationen, die allerdings über diese gesetzliche Offenbarungspflicht hinausgehen und für die keine anderweitige gesetzliche Grundlage zur Offenbarung besteht, muss aus Sicht des Verfassers jedoch eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten vorliegen.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
justitiar@bdc.de

Heberer J. Zur Auskunftspflicht an Krankenkasse verpflichtet? Passion Chirurgie. 2014 April; 4(04): Artikel 08_01.