01.07.2014 Fragen&Antworten
Muss ein Arzt in Rente erste Hilfe leisten?

Frage:
Ein Oberarzt in Rente fragt an, ob er als ehemaliger Chirurg bei einem Unglücksfall im privaten Bereich vor allen anderen anwesenden Personen zur Hilfeleistung verpflichtet ist, obwohl er schon seit längerer Zeit in Rente ist.
Antwort:
Gemäß § 323c StGB macht sich der unterlassenen Hilfeleistung strafbar, wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not keine Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und nach den Umständen zumutbar wäre, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten. Folglich ist zunächst einmal jeder, unabhängig vom (ehemaligen) Beruf, im Unglücksfalle zur ersten Hilfe verpflichtet, wenn dies erforderlich und ihm zumutbar ist. Dies gilt somit nach Auffassung des Verfassers auch für Ärzte in Rente.
Zwar schafft § 323c StGB keine Sonderpflicht für den (ehemaligen) Arzt. Allerdings wird ein (ehemaliger) Arzt bei solchen Unglücksfällen meist am ehesten zur Hilfeleistung geeignet und deshalb dazu auch verpflichtet sein. Sofern also die Hilfeleistung erforderlich und dem ehemaligen Arzt den Umständen nach zuzumuten ist, ist er aus Sicht des Verfassers zur Hilfeleistung insoweit verpflichtet, auch wenn er schon in Rente ist.
Da § 323c StGB zugleich ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist, können hieraus bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung des Schutzgesetzes nach Ansicht des Verfassers möglicherweise sogar Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, wenn hierdurch ein kausaler Schaden beim Geschädigten entsteht.
Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
[email protected]
Heberer J. Muss ein Arzt in Rente erste Hilfe leisten? Passion Chirurgie. 2014 Juli; 4(07): Artikel 08_01.
Autor des Artikels

Dr. jur. Jörg Heberer
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