Alle Artikel von Jörg Heberer

Verlängerung des Arbeitsvertrages durch Mutterschutz bzw. Elternzeit

Frage:

Eine Assistenzärztin fragt an, inwieweit Zeiten des Mutterschutzes und der Elternzeit zu einer Verlängerung der Befristung des Arbeitsvertrages führen.

Antwort:

Nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) können die vorbenannten Zeiten zu einer Verlängerung des Arbeitsvertrages führen. Denn nach § 1 Abs. 4 Ziffer 3 des ÄArbVtrG werden Zeiten des Beschäftigungsverbotes, des Elternzeitgesetzes und des Mutterschutzgesetzes, die eine Tätigkeit der Ärztin nicht zugelassen haben, nicht auf die Dauer der Befristung angerechnet, wenn dies die Weiterbildungsassistentin wünscht. Denn nur im Einvernehmen mit ihr kann eine Verlängerung vereinbart werden.

Sofern dies die Weiterbildungsassistentin also wünscht, sollte sie an den Arbeitgeber herantreten und darauf hinweisen, dass sie die Fehlzeiten aufgrund Elternzeit etc. nachholen möchte und deswegen eine Verlängerung der Befristung wünscht. Diese muss dann nach dem Wortlaut des Gesetzes auch gewährt werden.

Außertarifliche Verträge – Aus Sicht des BDC-Justitiars

Die Beschäftigung in einem Krankenhaus fußt regelmäßig auf vertraglichen Grundlagen unterschiedlicher Ausgestaltung. So ist es bei Chefärzten die Regel, dass diese einen außertariflichen Vertrag erhalten, der – wenn überhaupt- nur punktuell Bezug nimmt auf einen der maßgeblichen Tarifverträge. Die Bezugnahme umfasst dann regelmäßig Punkte wie den Verfall von Ansprüchen, die Stellung von Dienstkleidung oder auch, wenn auch in heutiger Zeit seltener, die Vergütung im Sinne der Grundvergütung.

Bei Oberärzten dürfte in Abhängigkeit von der Klinik sich die vertragliche Ausgestaltung zwischen außertariflichem Vertrag und Vertrag mit tarifvertraglicher Bezugnahme in etwa die Waage halten. Hier erfolgt dann die Bezugnahme äußerst umfangreich und lediglich Regelungen wie beispielsweise die Dienstteilnahme, die Verpflichtung zur Erstellung von Gutachten oder Blutentnahmen zum Zwecke der Bestimmung der Alkoholkonzentration werden hier auf wenigen Passagen geregelt.

Die vertraglichen Vereinbarungen für Assistenzärzte sind dann nahezu einheitlich mit Bezugnahme auf den maßgeblichen Tarifvertrag versehen und enthalten nur wenige außertarifliche Regelungen, die sich an dasjenige anlehnen, was im Zusammenhang mit den Oberärzten bereits kund getan wurde.

Es stellt sich also die Frage, inwiefern also ein außertariflicher Vertrag erstrebenswert ist und was aus juristischer Sicht zu beachten sein wird, damit ein außertariflicher Vertrag nicht die Rechte des Angestellten beschneidet.

Sinn eines außertariflichen Vertrages

Auf den ersten Blick verschafft ein außertariflicher Vertrag natürlich viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten, als die starre Bezugnahme auf einen Tarifvertrag. So kann man sicherlich im Zusammenhang mit der Entgeltfortzahlung, den Fortbildungstagen, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und schließlich mit der Vergütung variabler verfahren. Zudem bietet sich natürlich für den Krankenhausträger die Möglichkeit mit pauschalen Abgeltungen die administrativ aufwendige Spitzabrechnung von Überstunden und Diensten zu vermeiden. Ein Versuch, der regelmäßig zum Scheitern verurteilt sein wird ist Oberärzte über außertarifliche Verträge aus den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes heraus zu halten. Denn um leitender Angestellter im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zu sein, mit der Folge, dass dieses dann nicht zur Anwendung kommt, muss man sich an den Begriff des Betriebsverfassungsgesetzes anlehnen. Hier sind die Hürden der Art hoch, dass weder im Hinblick auf den Verdienst, noch auf die administrative Einordnung in die Hierarchie-Ebene, der Oberarzt als leitender Angestellter angesehen werden kann.

Im Zusammenhang mit den Chefarztdienstverträgen stellt sich dieses Problem regelmäßig nicht. Zwar werden auch Chefärzte regelmäßig nicht als leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes angesehen. Hier findet sich aber im Arbeitszeitgesetz eine ausdrückliche Regelung, dass das Arbeitszeitgesetz nicht für Chefärzte gilt. Insofern ist also ein Hauptargument, welches zunächst für einen außertariflichen Vertrag sprechen würde, nämlich die Umgehung des arbeitszeitlichen Problemkreises, bereits von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Tatsache, dass man mit einer pauschalen Abgeltung beispielsweise sich eine Spitze-Erfassung der Überstunden und der Dienstzeiten ersparen kann, führt ebenfalls nicht dazu, dass man die arbeitszeitrechtliche Problematik entschärft. Denn nach dem Arbeitszeitgesetz ist man bereits verpflichtet, entsprechende Überstunden und Mehrarbeit zu erfassen. Insofern ergibt sich aus der Pauschalregelung nur auf den ersten Blick eine Entschärfung des Problems.

Zudem muss man klar betonen, dass außertarifliche Vergütungen und insbesondere auch die pauschale Abgeltung von Überstunden, Mehrarbeit und Diensten natürlich auch dann möglich ist, wenn man überwiegend auf einen Tarifvertrag Bezug nimmt. Denn die individuelle Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verhindert es ja gerade nicht, dass man vereinzelt vom Tarifvertrag abweicht und eine eigenständige individuelle Regelung sucht und findet. Es ist also gerade im Hinblick darauf, dass man Vergütungsanreize setzen will, nicht notwendig, das Tarifgefüge zu verlassen.

Wichtiger Inhalt eines außertariflichen Vertrages

Da der Arbeitnehmer mit der Unterzeichnung eines außertariflichen Vertrages aus dem Tarifgefüge heraus fällt, muss er umso mehr darauf achten, dass zumindest die Essentialia Bestandteil des Vertrages sind. Hier zu nennen sind in erster Linie Regelungen des Urlaubes, der Entgeltfortzahlung und der Kündigungsfristen. Gerade im Zusammenhang mit den Kündigungsfristen gilt es auch zu beachten, dass die dann individuell vereinbarten Kündigungsfristen nicht kürzer sind, als der sich aufgrund der bisherigen Geltung eines Tarifvertrages erarbeitete Status Quo. Keinesfalls hinnehmbar aus Sicht des Arbeitnehmers ist es aber, wenn man beispielsweise keine explizite Regelung zu den Kündigungsfristen trifft, da dann immer die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten. Diese sind aber denkbar kurz und die nachteiligste Regelung, die man außertariflich vereinbaren könnte.

Im Zusammenhang mit der Entgeltfortzahlung ist in Abhängigkeit vom Lebensalter des Mitarbeiters darauf zu achten, dass hier erworbene Rechte nicht verloren gehen. Denn gerade ältere Mitarbeiter haben oftmals einen längeren Entgeltfortzahlungszeitraum zu beanspruchen, als die gesetzlichen sechs Wochen.

Wenn nur ein außertarifliches Gehalt vereinbart wird, so fällt man ebenfalls aus dem Tarifgefüge heraus. Zukünftige Gehaltssteigerungen im Hinblick auf die Grundvergütung, aber auch im Hinblick auf die Dienstgelder und Überstundenvergütungen kommen dann dem aus dem Tarifgefüge herausfallenden Mitarbeiter nicht mehr zugute. Eine automatische Anpassung des Gehaltes oder Berücksichtigung neuer Tarifabschlüsse erfolgt dann ebenfalls nicht. Es ist daher dringend anzuraten, dass man sich zumindest im Hinblick auf die Dynamisierung an denjenigen Tarifvertrag anlehnt, der im Krankenhaus für die Ärzteschaft gilt. Denn sonst läuft man Gefahr, dass die finanzielle Attraktivität Jahr für Jahr schwindet.

Ein Hauptaugenmerk ist sicherlich auch darauf zu richten, dass die Haftpflichtversicherung geregelt ist bzw. klar aufgenommen wird, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von Haftungsansprüchen Dritter freistellt. Nach den Tarifverträgen verhält es sich zudem so, dass Ärzte regelmäßig nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften. Wenn man das Tarifgefüge verlässt, so haftet man dann wiederum nach allgemeinen arbeitsvertraglichen Grundsätzen, mithin auch für einfache Fahrlässigkeit, zumindest dann anteilig. Insofern muss man also auch darauf achten, dass nicht nur die Schadensersatzansprüche Dritter, sondern auch der Arbeitgeberregress mitversichert ist. Denn der Arbeitgeber hat im Falle der Haftung, die durch ein Verschulden des Arbeitnehmers eintritt, die Möglichkeit, beim Arbeitnehmer zu regressieren. Dies, wie bereits ausgeführt, bei außertariflichen Verträgen ohne entsprechende Regelung auch schon bei einfacher Fahrlässigkeit.

Die vorbenannten Essentialia gelten gleichbedeutend auch für Chefärzte, wenngleich hier eine ausschließliche Tarifbezugnahme eigentlich nicht möglich sein dürfte. Denn bei Chefärzten gibt es so viele Dinge zu regeln, die tarifvertraglich nicht vorgesehen sind, dass eine Bezugnahme in wesentlichen Teilen auf den Tarifvertrag eigentlich nicht sachdienlich ist. Chefärzte müssen entsprechende Personalkompetenzen haben, sie werden eine Budgetverantwortung erhalten, haben sehr viele organisatorische Verpflichtungen, die sich allesamt in den Tarifverträgen nicht wiederspiegeln. Insofern ist ein außertariflicher Vertrag für einen Chefarzt zwingend geboten.

Abschließende Betrachtung

Zusammenfassend kann man also festhalten, dass außertarifliche Verträge eigentlich nur bei Chefärzten ihre Daseinsberechtigung haben. Sofern leitende Oberärzte die eigenständige Leitung einer Sektion innerhalb einer Klinik innehalten, ist aus den vorgenannten Gründen unter Hinweis auf die Chefarztdienstverträge sicherlich auch hier Raum für außertarifliche Vertragsgestaltungen. Denn dann muss der individuelle Charakter der Tätigkeit berücksichtigt werden. Für eine Vielzahl von ärztlichen Mitarbeitern abgeschlossene Tarifverträge tragen dann dem individuellen Notwendigen keine Rechnung.

Für darüber hinaus gehende außertarifliche Vertragsgestaltungen ist eigentlich keine Notwendigkeit gegeben. Die zentralen Probleme lassen sich mit einem solchen außertariflichen Vertrag nicht umgehen. Sofern man sich für einen außertariflichen Vertrag entscheidet, müssen aber die vorbenannten Kriterien berücksichtigt werden. Insbesondere empfiehlt sich aber zusätzlich, den vorgelegten Vertrag auf seine möglicherweise beinhalteten juristischen Fallstricke zu überprüfen.

Der BDC als Rechtsbeistand für deutsche Chirurgen

Nachdem im April 1960 der Berufsverband gegründet war, beschloss acht Jahre später der geschäftsführende Vorstand in Hamburg in seiner Sitzung am 10.02.1968 die Schaffung eines Justitiariats und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit dem Justitiar, Professor Dr. med. h. c. W. Weißauer. Weißauer erklärte sich damals bereit, zur Beratung in grundsätzlichen rechtlichen Fragen, die mit der Berufspolitik zusammenhängen zur Verfügung zu stehen und zwar in folgenden juristischen Bereichen: Arzt-, Straf-, Zivil-, Verfassungs- und öffentliches Recht. 1968 hatte der BDC 1.433 Mitglieder, sein Kassenstand betrug 50.158,61 DM.

Rund drei Jahrzehnte arbeitete Weißauer überaus erfolgreich und segensreich für die Mitglieder des BDC sowie in engem Vertrauen mit dem Präsidenten und den Vorstandsmitgliedern des Berufsverbandes.

Maßgeblich war Weißauer an der Entwicklung der guten Serviceleistungen des Berufsverbandes beteiligt. In diesem Zusammenhang sei beispielshaft die 1980 eingeführte Strafrechtsschutz-Versicherung für die Mitglieder des Berufsverbandes erwähnt. Im Jahre 1985 betrug die Jahresprämie hierfür 45,- DM. Als weitere Serviceleistung wurde 1986 die juristische Beratung von sogenannten Chefarztdienstverträgen angeboten. Bis heute konnte auf diesen Serviceleistungen aufgebaut und dieselben ganz erheblich erweitert werden. Durch die Weiterentwicklung konnte die Berufs-Rechtsschutz-Versicherung in den letzten zehn Jahren und auch die Vertragsberatung um ein vielfaches erweitert werden. Umso erstaunlicher ist die Prämienentwicklung von heute sage und schreibe lediglich 45,- Euro für die seit 25 Jahren währende und immer wieder um weitere Rechtsgebiete erweiterte und verbesserte Berufs-Rechtsschutz-Versicherung für unsere Mitglieder.

In den 90er Jahren sind weitere Aktivitäten des Justitiars Weißauer zu Fragen medico-legaler Bedeutung besonders der Aufklärung und zum sogenannten Facharzturteil, zur Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen etc. wegweisend beantwortet worden. Die klare Denkweise des Juristen Weißauer wurde nicht nur von Professor Hempel in der Chronik „40 Jahre BDC“ gelobt, sondern seine „juristische Lehre“ setzte auch über die Grenzen der Chirurgie wichtige Klarstellungen. Im Jahre 1997 äußerte Weißauer die Absicht, mit dem anstehenden Präsidentenwechsel im Jahre 1998 seine Tätigkeit als Justitiar des Berufsverbandes zu beenden.

Wie ebenfalls aus der Chronik von Hempel zu entnehmen, standen einige hochqualifizierte Juristen als Nachfolger für Weißauer zur Auswahl. Nach eingehender Diskussion im geschäftsführenden Präsidium im November 1997 fiel die Wahl einstimmig auf den Verfasser dieses Berichtes.

Ich erinnere mich an meinen Beginn als Nachfolger von Weißauer mit großer Dankbarkeit an den damaligen Präsidenten und heutigen Ehrenpräsidenten Herrn Hempel, mit dem ich bis zu dem Präsidentenwechsel an Professor Witte eng und vertrauensvoll zusammen gearbeitet habe. Jedesmal wenn ich wöchentlich in Hamburg eintraf, haben wir die täglichen medico-legalen Alltagsprobleme der Chirurgen sowie Grundsatzfragen und Hintergründe und Zusammenhänge des chirurgischen Alltages und dessen Probleme ausführlichst besprochen.

Nach drei Jahrzehnten erfolgreicher Justitiartätigkeit durch Weißauer war es für mich eine große Aufgabe, das Justitiariat in den seither vergangenen 13 Jahren beständig weiterzuentwickeln. Damals, bei Beginn meiner Aufgabenbewältigung als Justitiar, hatte der Berufsverband knapp 10.000 Mitglieder, heute zählt er gut 16.000. Geht man daher von einer 50 %-igen Steigerung der Mitgliederzahl und einer erheblichen Vermehrung der Verrechtlichung in der Medizin und im besonderen in der Chirurgie aus, so hat sich das Arbeitsaufkommen des Justitiars in dieser Zeit weit mehr als verdoppelt.

Alle Bereiche des Straf-, Zivil-, Sozial- und insbesondere des Arbeitsrechts haben deutlich zugenommen. Veröffentlichungen und Seminare vermehrten auch im juristischen Bereich das Tätigkeitsfeld des Berufsverbandes. Während damals die Schreibarbeiten, als persönliche Eigenart des damaligen Justitiars handschriftlich und dann von der Geschäftsstelle in Brief und Fax umgesetzt wurden, sind heute das Diktat, das Schreiben und Versenden vornehmlich als E-Mail von der Geschäftsstelle des Berufsverbandes nach München in meine Kanzlei verlagert.

Regelmäßig bin ich einen Tag in der Woche in der Geschäftsstelle zunächst in Hamburg und nunmehr seit zehn Jahren in Berlin anwesend. Daneben bin ich täglich in meiner Kanzlei in München persönlich, telefonisch, per Fax oder E-Mail immer erreichbar. Im Schnitt erreichen mich pro Tag ca. 12 Fragen von Mitgliedern des Berufsverbandes. Hierunter zählen schriftliche Anfragen – überwiegend mittlerweile per E-Mail – sowie im Besonderen kurze und auch überaus ausführliche Telefongespräche. Hierbei stehen natürlich in der Hauptsache berufliche Belange im Vordergrund, teilweise aber auch sehr persönliche Anfragen bis hin zu Ehe- und Erbstreitigkeiten. Ich bin froh und dankbar, dass ich dabei auf die volle Unterstützung meiner Kanzlei bauen kann und darf an dieser Stelle erwähnen, dass die umfangreiche Arbeit ohne die Unterstützung meiner Kollegen und Fachanwälte für Medizinrecht, Strafrecht und Arbeitsrecht in der Kanzlei sicherlich nicht in dieser Form möglich wäre.

Trotz der Fülle der Anfragen ist es mir ein Anliegen, dass auch alle schriftlichen Anfragen zeitgerecht (oftmals noch am selben Tag) beantwortet werden. Insgesamt wurden im Jahr 2009 nahezu 100 Gutachten für Dienstverträge vornehmlich der Chefärzte aber auch der Oberärzte erstellt. So haben wir beispielsweise im Jahr 2009 insgesamt ca. 1.500 Stunden, also rund 40 Arbeitswochen (gerechnet auf einen Anwalt) aufgewandt, um die Mitglieder des Berufsverbandes zu beraten.

Nicht mit eingerechnet sind dabei die Anwesenheitszeiten in Berlin, die für mich einen der zentralen Punkte meiner Tätigkeit darstellen. Gerade auch das erfreuliche und von wechselseitiger Wertschätzung und Unterstützung getragene Teamwork mit den Mitarbeitern des Berufsverbandes, allen voran natürlich Professor Polonius als Präsident und dem Geschäftsführer, Dr. Ansorg, mit welchem mich nicht nur der gemeinsame Vorname verbindet, ist eine der Säulen der erfolgreichen Tätigkeit als Justitiar eines Verbandes mit einer so großen Mitgliederzahl.

Beispielhaft für die höchst vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit mit den Gremien des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen sei das außerordentlich gute und konstruktive Verhältnis mit den drei Präsidenten, Prof. Hempel, Prof. Witte und Prof. Polonius von mir dankbar erwähnt. Die steten Zusammentreffen in Sitzungen, an meinen Arbeitstagen in Berlin sowie in zahlreichen Telefongesprächen halfen und helfen mir bei der Bewältigung der juristischen Aufgaben des Berufsverbandes sehr viel weiter.

Die Verrechtlichung der Medizin und auch die Zahl der Haftungs- und Strafverfahren werden langsam steigen, sicher aber nicht sprunghaft, wie dies manche Kommentare in der Literatur befürchten. Ich gehe zuversichtlich davon aus, dass ich mich weiter mit großer Freude und mit großem Engagement für die Belange unserer sämtlichen Mitglieder des Berufsverbandes auch in der Zukunft werde einsetzen können.

Durchführung einer tomographischen Notfalldiagnostik ohne Radiologen vor Ort

Frage:

Ein Chefarzt fragt an, ob es zulässig ist, dass im Rahmen der Notfalldiagnostik mit Hilfe der Computertomographie die Kontrastmittelapplikation und Durchführung der Tomographie durch den diensthabenden chirurgischen Assistenten bzw. Oberarzt unter Hinzuziehung einer MTA erfolgt. Der Radiologe solle die Bilder dann von Zuhause am PC befunden und das Ergebnis zusenden.

Antwort:

Meiner Auffassung nach birgt diese Vorgehensweise erhebliche haftungsrechtliche Risiken, da die Kontrastmittelgabe und Durchführung der Computertomographie nicht zum Fachgebiet des Chirurgen gehört und somit organisatorisch nicht nur der Facharztstandard nicht gewährleistet ist, sondern sogar im Rahmen der Notfallversorgung fachgebietsfremde Leistungen erbracht werden. Im Schadensfall ergibt sich aus dieser Vorgehensweise bereits ein Indiz für eine schuldhafte Pflichtverletzung des diensthabenden Arztes bzw. auch des für die Organisation verantwortlichen Krankenhausträgers.

Aus den vorgenannten Gründen halte ich deshalb die beschriebene Organisation des Notfalldienstes für sogar gefährlich und sollte auch im Sinne des Krankenhausträgers selbst so organisiert werden, dass jedenfalls die Fachgebietsgrenzen strikt eingehalten werden.

Hinzuweisen ist noch auf Folgendes:
Die Frage betrifft ergänzend die Tatsache, dass die Teilradiologie aus den Weiterbildungsinhalten gerade auch der Chirurgie beseitigt werden soll. Dies ist im Hinblick auf die Wichtigkeit dieses Leistungsbereiches berufspolitisch bedauerlich.

Auch im geschilderten Fall wäre die Leistungserbringung durch den chirurgischen Assistenzarzt unter Weisung und in der Organisationsverantwortung des verantwortlichen Radiologen möglich. Die Tätigkeit wäre dann auch für die Weiterbildung der chirurgischen Assistenten im Fach Radiologie verwendbar.

Chefarztgehalt – Verjährung der Überleitungsansprüche

Wie bereits Anfang des Jahres dargestellt, sind zwischenzeitlich zahlreiche landesarbeitsgerichtliche Entscheidungen ergangen, die den Chefärzten einen Überführungsanspruch in die ärztespezifischen Tarifverträge zubilligen. Zu Beginn des Jahres gab es eine landesarbeitsgerichtliche Entscheidung, die den Überführungsanspruch der Chefärzte negiert hat. Als einziges Landesarbeitsgericht (LAG) hat das LAG Hessen derartige Ansprüche bislang den Chefärzten nicht zugebilligt.

Aktuelle Rechtslage

Nunmehr kommen aber auch vom LAG Hessen eindeutige Signale, wonach der Überführungsanspruch der Chefärzte auch dort als gegeben angesehen wird. Denn das hessische LAG hat nunmehr am 22.05.2009 den Chefärzten einen Überführungsanspruch in den ärztespezifischen Tarifvertrag zugebilligt. Das LAG Hessen geht dabei davon aus, dass eine Verweisungsklausel im Dienstvertrag auf Tarifverträge, die den BAT ersetzen, dazu führt, dass es mehrere mögliche Lösungsansätze gibt, wie diese Klausel zu verstehen ist.

Das LAG Hessen vertritt die Auffassung, dass sowohl der TVöD, als auch der TV-Ärzte/VKA im Sinne der Klausel Tarifverträge darstellen, die den BAT ersetzen. Dabei erklärt das LAG Hessen der Auffassung der Arbeitgeber, mit einer einmaligen Überführung in den zeitlich vorangehenden TVöD hätte es sein Bewenden, eine klare Absage. Denn nach Auffassung des LAG Hessen sind von der Bezugnahmeklausel nicht nur ein den BAT unmittelbar ablösender, sondern auch ein den zunächst an die Stelle des BAT getretenen Tarifvertrags ablösender weiterer Tarifvertrag umfasst.

Letztlich löst das LAG Hessen die Problematik, dass zwei Tarifverträge Anwendung finden mit den Unklarheitsregeln nach § 305 c Abs.2 BGB. Denn danach muss die für den Chefarzt günstigste Auslegung herangezogen werden. Im Hinblick auf die Vergütung ist dies die ab dem 01.08.2006 geltende Entgeltgruppe IV des TV-Ärzte/ VKA. Insofern kann man festhalten, dass nunmehr sämtliche mit dieser Problematik befassten Landesarbeitsgerichte einheitlich, wenn auch aus unterschiedlichen Begründungen heraus, den Chefärzten einen Überführungsanspruch zubilligen.

Drohende Verjährung Ende 2009

Obgleich es nunmehr eine Phalanx der Rechtsprechung der LAG´s gibt, werden die Chefärzte aber nicht automatisch überführt, sondern die Arbeitgeber warten auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG). Die ärztespezifischen Tarifverträge sind aber bereits am 01.08.2006 in Kraft getreten. Die regelmäßige Verjährung für Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag beträgt drei Jahre, so dass zum Ende des Jahres 2009 die Verjährung der Ansprüche drohen könnte.

Ob dies den Anspruchsgrund betrifft, also der Überführungsanspruch insgesamt wegfällt oder ähnlich den Verfallsklauseln nur monatlich, ist derzeit offen. Viel spricht aber dafür, dass nur Monat für Monat eine Verjährung eintreten kann, da der Vergütungsanspruch auch nur Monat für Monat besteht. Insofern würden dann also nur diejenigen Ansprüche verjähren, die im Jahr 2006 bestanden hätten. Um diese Unwägbarkeit allerdings gar nicht erst problematisieren zu müssen, könnte man nunmehr fristwahrend Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben, um die korrekte Eingruppierung gerichtlich durchzusetzen. Eine derartige Klage würde auch die Verjährung verhindern. Da ein Klageverfahren regelmäßig durchaus eine gewisse Eintrübung des Arbeitsverhältnisses zur Folge haben kann, wäre auch eine einvernehmliche Regelung mit dem Arbeitgeber anzudenken. Dieser müsste sich dann schriftlich dazu bereit erklären, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Dieser Verzicht müsste nicht einmal unendlich sein, sondern man könnte sich auf den Zeitpunkt einigen, bis das BAG die Sache rechtsverbindlich entschieden hat.

Nach derzeitigem Kenntnisstand steht zu erwarten, dass spätestens zum Ende des zweiten Quartals 2010 eine entsprechende Entscheidung vorliegt. Sollte sich der Arbeitgeber zu einer solchen Erklärung jedoch nicht bereitfinden, müsste man in der Tat zu einem Klageverfahren raten, um nicht etwaiger Ansprüche verlustig zu gehen.

Zusammenfassung

Mit der aktuellen Entscheidung des LAG Hessen besteht nunmehr Einheitlichkeit bei den Obergerichten dahingehend, dass Chefärzte, aus welcher Begründung heraus auch immer, einen Überführungsanspruch in die ärztespezifischen Tarifverträge haben. In einer Vielzahl der Verfahren wurden die Revisionen zum BAG zugelassen, so dass von dort nunmehr eine rechtsverbindliche Entscheidung zu erwarten ist.

Diese wurde für Ende des zweiten Quartals 2010 angekündigt. Bis zu diesem Zeitpunkt drohen etwaige Ansprüche (zumindest teilweise) zu verjähren, so dass man sich mit dem Arbeitgeber dahingehend einigen sollte, eine Erklärung abzugeben, mit welcher dieser auf die Einrede der Verjährung bis zur Entscheidung des BAG verzichtet. Sobald dann die Entscheidung vorliegt, müsste man nochmals eine außergerichtliche Einigung anstreben bzw. dann eben gerichtlich unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG die Ansprüche durchsetzen, sofern das BAG im Sinne der Chefärzte entscheidet. Sofern eine solche Erklärung nicht zu erreichen ist, muss bereits jetzt ein Klageverfahren empfohlen werden.

Bericht des Justitiars aus dem vergangenen Jahr 2006

Seit nunmehr ziemlich auf den Tag genau zehn Jahren berate ich mit Freude in juristischen Fragen die Mitglieder des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen. Regelmäßig erreichen mich wöchentlich sehr viele schriftliche Anfragen. Diese werden üblicherweise binnen ein bis maximal zwei Wochen beantwortet, vornehmlich schriftlich, postalisch oder durch Fax, vermehrt mittlerweile auch durch E-Mail-Antworten und in seltenen Fällen telefonisch oder persönlich. Regelmäßig bin ich montags oder dienstags ganztägig in der Geschäftsstelle des BDC in Berlin anwesend. Darüber hinaus bin ich in eiligen Fällen täglich für die BDC-Mitglieder auch telefonisch zu erreichen.

Das Spektrum der Anfragen ist sehr groß. Grob geschätzt betreffen die Anfragen – von aktuellen gesetzgeberischen und berufspolitischen Schwankungen abgesehen – etwa 30 Prozent arbeitsrechtliche Probleme aus dem Krankenhausbereich, je zehn Prozenzt sozialrechtliche Probleme aus dem niedergelassenen Bereich, strafrechtliche Fragen, haftungsrechtliche Bereiche, Rechtsschutz- und sonstige Versicherungsfragen sowie Fragen zum Privatliquidationsbereich der Krankenhaus- und niedergelassenen Chirurgen gleichermaßen. Die restlichen 20 Prozent betreffen das weite Spektrum des Chirurgenalltages, welches nur sehr schwer und differenziert zu schildern und aufzuteilen wäre, was hier den Rahmen sprengen würde.

Selbstverständlich sind die aus wirklich sämtlichen Bereichen des Chirurgenalltages aus Klinik und Praxis herrührenden juristischen Fragestellungen nicht immer mit der gewünschten Sicherheit zu beantworten. Die jeweils mögliche Auslegung und Entscheidungsfindung der Gerichte kann nur unsicher prophezeit werden, gerade bei neuen Gesetzesvorgaben, wie im Tarifgefüge, aber auch bei unveränderter Gesetzeslage, in der trotzdem oftmals Unterschiede in der Rechtsprechung zu beobachten sind. Ebenso sind manchmal nicht oder kaum justitiable Vorgänge – beispielsweise im Kollegialitätsbereich untereinander – angesprochen, die nur einvernehmlich im Sinne der Vertragsfreiheit einer Regelung zugeführt werden können.

Dennoch ist es mir in den allermeisten Anfragen möglich, eine Hilfestellung den anfragenden Chirurgen oder in Ausbildung zu diesem Fach befindlichen zu erteilen. Ferner ergeben sich aus der Justitiartätigkeit eine Vielzahl von Veröffentlichungen, beispielsweise in der Rubrik „Fragen–Antworten“ und Artikel zu aktuellen Problemen in unserer Zeitschrift „Der Chirurg-BDC“ und sonstigen Veröffentlichungen. Abschließend bedanke ich mich bei den Mitgliedern unseres Verbandes für die allermeist sehr erfreuliche Resonanz sowie auch für die kritischen Anregungen. Sämtliche Anfragen bleiben selbstverständlich anonym; auch in den „Fragen-Antworten“ sind die Sachverhalte so abgeändert, dass sie keinen Rückschluss auf Personen oder Institutionen zulassen. Ich danke dem BDC und den Mitgliedern für das mir erteilte Vertrauen und die Unterstützung, werde meine ganze Kraft in eine kompetente und vertrauensvolle Rechtsberatung unserer Mitglieder und Gremien einbringen und freue mich auf eine allzeit weiterhin vertrauensvolle Zusammenarbeit