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Internetbewertungsportale

Arzt-Bewertungsportale erfreuen sich seit geraumer Zeit immer größerer Beliebtheit. Gerade, wenn die Inhalte allerdings negativ sind, stellt sich die Frage, welche Bewertungen der bewertete Arzt hinnehmen muss und inwieweit er gegen den Bewertenden bzw. den Portalbetreiber einen Unterlassungsanspruch hat, diese Bewertung weiter zu verbreiten.

Vorab ist zu betonen, dass die Zulässigkeit von Internetportalen zur Bewertung von Ärzten zu bejahen ist. Sogar die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben mit Stand Dezember 2009 ein Schriftstück publiziert, welches von der grundsätzlichen Zulässigkeit ausgeht und Qualitätsanforderungen für Arztbewertungsportale aufstellt. Ein Verstoß gegen diese Richtlinie zur Qualitätsanforderung stellt jedoch keinen justitiablen Aspekt dar.

Grundrecht der Meinungsfreiheit – Rechtsprechung

Für die Zulässigkeit der einzelnen Bewertung kommt es aber in jedem Einzelfall darauf an, ob die Bewertung als Meinungsäußerung von der durch das Grundgesetz geschützten Meinungsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 GG juristisch gedeckt ist. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass eine Äußerung, die durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sei, als Meinung von Art. 5 Abs. 1 GG geschützt sei (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.05.2007 – 1 BvR 193/05). Dementsprechend geht ebenso der BGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG sich auch auf Äußerungen von Tatsachen erstreckt, soweit sie Dritten zur Meinungsbildung dienen können, sowie auf Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermischen und die insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt werden (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.2009 – VI ZR 36/07).

Persönliche Wertungen und Einschätzungen des Patienten sind damit vom Recht der freien Meinungsäußerung grundsätzlich gedeckt.

Fällt eine Äußerung in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, so steht diesem Grundrecht des Patienten aber das Recht der informationellen Selbstbestimmung des bewerteten Arztes gegenüber. Deshalb muss sodann eine Abwägung dieser betroffenen Interessen stattfinden, um die Zulässigkeit der Äußerung beurteilen zu können.

Den Entscheidungen der Rechtsprechung kann man nach Ansicht des Verfassers entnehmen, dass der Arzt grundsätzliche Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen muss, insbesondere wenn nur die Sozialsphäre durch die Bewertung betroffen ist und nicht auch die Privat-, Intim- oder Geheimsphäre. Die Bewertung der beruflichen Tätigkeit zählt zur Sozialsphäre, also zu einem Bereich, in dem sich aus Sicht der Rechtsprechung die persönliche Entfaltung von vornherein in Kontakt mit der Umwelt vollzieht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2011 – I-3 U 196/10). Das OLG Hamm ging in seinem Beschluss in dem zu Grunde liegenden Fall zudem davon aus, dass soweit die Bewertung auch persönliche Eigenschaften des Arztes betraf, diese dem Arzt offenkundig allein aufgrund seines Auftretens innerhalb seines beruflichen Wirkungskreises beigelegt werden und somit auch diese Bewertung ausschließlich der Sozialsphäre beizuordnen sei. Solange hierdurch für den Arzt keine gravierenden Folgen wie Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder eine Prangerwirkung zu befürchten seien, seien negative Sanktionen bei allein die Sozialsphäre betreffenden Äußerungen nicht zulässig, so das Gericht.

Insbesondere folgende Entscheidungen verdeutlichen, dass die Abwägung der Gerichte zwischen der Meinungsfreiheit und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Fällen der Bewertungen in Arztbewertungsportalen bisher eher zu Gunsten der Patienten, also der Meinungsfreiheit, ausfiel:

Das OLG Frankfurt am Main urteilte, dass Ärzte eine anonyme Bewertung auf solchen Portalen grundsätzlich hinnehmen müssen. Nach Auffassung des Gerichts seien die Bewertungen vom Recht der freien Meinungsäußerung grundsätzlich gedeckt. Insbesondere ließen die Richter hier das Argument nicht gelten, die Bewertung sei von einem medizinischen Laien abgegeben worden. Denn nach Ansicht des Gerichts sei das Recht der freien Meinungsäußerung nicht auf allgemeingültige Werturteile beschränkt und jeder Leser wisse zudem, dass es sich in diesen Fällen nicht um eine wissenschaftlich fundierte Bewertung handele. Ferner äußerten sich die Richter dahingehend, dass sich Ärzte im Hinblick auf das Recht der freien Arztwahl dem ärztlichen Wettbewerb stellen müssen und insoweit den Marktmechanismen, zu denen eben auch solch öffentlich zugängliche Internetbewertungsportale gehören, ausgesetzt seien. Der Antrag der betroffenen Ärztin auf Löschung der Bewertung wurde deshalb abgelehnt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.03.2012 – 16 U 125/11).

Ebenso hat das OLG Hamm, wie oben dargestellt, befunden, dass Ärzte die Bewertung ihrer Arbeit auf solchen Internetbewertungsportalen grundsätzlich akzeptieren müssen. Denn nachdem sich das Angebot der beruflichen, ärztlichen Dienstleistungen an jedermann richte, sei ein generelles öffentliches Interesse der Patienten anzunehmen, die Bewertung durch Dritte zu erfahren, (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Sofern solch ein besonderes öffentliches Interesse besteht, muss sogar eine möglicherweise polemische und überspitzte Kritik hingenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.2009 – VI ZR 36/07).

Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung umfasst jedoch nicht unzutreffende Tatsachenbehauptungen. Die Rechtsprechung geht bei der Beurteilung solcher Bewertungen grundsätzlich sehr großzügig vor und nimmt immer dann eine Meinungsäußerung an, wenn die Äußerung nicht objektiv überprüfbar ist (so beispielsweise LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 13.01.2010, Az. 3 O 3692/09; so auch LG Hannover, Urteil vom 13.05.2009, Az. 6 O 102/08). Beurteilt werden muss jedoch stets der vollständige Aussagegehalt in seinem Gesamtzusammenhang. Wie bereits erläutert, sind deshalb auch Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, von der Meinungsfreiheit umfasst, wenn sie nach ihrem Gesamtzusammenhang durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind.

Außerdem findet die Meinungsäußerungsfreiheit dann ihre Grenze, wenn es sich um Formalbeleidigungen oder einen Angriff auf die Menschenwürde handelt, was hauptsächlich bei unsachlicher Schmähkritik angenommen wird (vgl. BGH, Versicherungsrecht 2007, 249).

So hat beispielsweise das Amtsgericht Oldenburg entschieden, dass ein Widerrufsanspruch wegen einer eingestellten Bewertung dann nicht besteht, wenn die Bewertung bei objektiver Betrachtungsweise nicht als Schmähkritik angesehen werden kann, sondern vielmehr einen sachlichen Bezug aufweist und im Übrigen weitgehend persönliche Wertungen und Einschätzungen des Bewertenden wiedergegeben werden (vgl. AG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2007 – 23 (22) C 678/07).

Die höchstrichterliche Rechtsprechung legt für die Bewertung einer Äußerung als Schmähkritik jedoch strenge Maßstäbe an. Danach nimmt eine Äußerung den Charakter einer unzulässigen Schmähkritik an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person, ihre Diffamierung im Vordergrund steht, jenseits polemischer und überspitzter Kritik die Person herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.2009 – VI ZR 36/07).

Zusammenfassend gilt das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nicht für unzutreffende, objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptungen, Formalbeleidigungen sowie bei Angriffen auf die Menschenwürde.

Rechtsschutzmöglichkeiten, abschließende Empfehlung

Sollten in der Bewertung somit Tatsachen behauptet werden, die grundsätzlich objektiv überprüfbar sind und auch als unzutreffend nachgewiesen werden können bzw. sollte eine unsachliche Schmähkritik vorliegen, bestehen natürlich Möglichkeiten, die Bewertung anzugreifen. Sowohl gegen den Bewertenden, als auch gegen den Portalbetreiber können in solchen Fällen u. a. Unterlassungs-, Löschungs-, Gegendarstellungs- oder auch Schadensersatzansprüche bestehen.

In diesem Zusammenhang hat das LG Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 08.05.2012 – 11 O 2608/12 dem Antrag eines Zahnarztes auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung gegen die Internetportalbetreiberfirma aufgrund der sog. Störerhaftung stattgegeben. Dies deshalb, da das Gericht einen Sorgfaltsverstoß der Betreiberfirma gegen deren Prüfpflichten annahm. Denn die Betreiberfirma hätte sich nach dem Löschungsantrag des Zahnarztes von seinem Kunden (Patienten) einen Nachweis dafür vorlegen lassen müssen, dass die Behandlung tatsächlich stattgefunden habe. Weil dies nicht geschehen sei und eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Zahnarztes gegeben sein könnte, hafte nach Ansicht des Gerichts der Betreiber auf Unterlassung, ungeachtet der Frage, ob die Bewertung zutreffend sei. Allerdings wurde in diesem Verfahren nicht beurteilt, ob die vorgenommene Bewertung im Rahmen der Meinungsfreiheit lag und damit zulässig war.

Die Störerhaftung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbare Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahr notwendig sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2007, Az.: I ZR 18/04). Als Störer kann dabei grundsätzlich jeder haften, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Art und Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Auf eine Kenntnis oder gar ein Verschulden des Dritten kommt es dabei nicht an.

Indem das in diesem Fall verklagte Bewertungsportal eine Website betreibe, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern verfassten Beiträge bzw. Bewertungen bereitstelle und den Abruf dieser Website über das Internet ermögliche, trage es nach Auffassung des Gerichts willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen können.

Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt nach Meinung der Gerichte die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten voraus. Insofern sind nach der Rechtsprechung Internetportale gehalten, von den Patienten, die eine negative Bewertung über einen Arzt abgeben, sich hierfür einen Nachweis vorlegen zu lassen. Dies spätestens dann, wenn das Bewertungsportal vom betroffenen Arzt von Beanstandungen Kenntnis erlangt. Dann muss das Portal nach Auffassung der Rechtsprechung Ermittlungen anstellen und eine Bewertung des gesamten Sachverhaltes vornehmen (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 08.05.2012, Az.: 11 O 2608/12). Folglich muss nach Ansicht des Verfassers dem Portal aber auch eine Prüfpflicht durch den Arzt eingeräumt werden.

Aus diesen Gründen bestehen aus Sicht des Verfassers insbesondere die beiden nachfolgenden Möglichkeiten, um gegen eine unrichtige oder der Schmähkritik unterfallende Bewertung schnellstmöglich vorzugehen, vor allem wenn die Bewertung anonym vorgenommen wurde.

Zum einen kann der betroffene Arzt selbst eine in der Regel kostenlose Überprüfung durch den Portalbetreiber beantragen. Hierzu gibt es meistens nach der Bewertung Buttons wie beispielsweise „Missbrauch melden“ oder „Gegendarstellung“, worin sodann der Sachverhalt aus Sicht des Arztes dargelegt werden kann. Hierbei sollte geschildert werden, inwiefern die Behauptungen des Patienten falsch sind und den tatsächlichen Gegebenheiten objektiv nachprüfbar widersprechen. Zudem sollte beantragt werden, die Bewertung deshalb vollständig zu löschen.

Zum anderen bestünde natürlich auch die Möglichkeit, dass der Betreiber durch eine Anwaltskanzlei zur Entfernung der Bewertung aufgefordert wird bzw. eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Veröffentlichung der Bewertung bzw. auf Löschung der Bewertung bei Gericht eingereicht wird. Dies löst jedoch nicht ganz unerhebliche Anwalts- und Gerichtskosten aus, denn die Gegenstandswerte in solchen Verfahren liegen regelmäßig sehr hoch.

Aus diesen Gründen empfiehlt der Verfassers in derartigen Angelegenheiten regelmäßig, damit der Portalbetreiber auch den von der Rechtsprechung geforderten Prüfplichten nachkommen kann, zunächst selbst das Problem auf dem Portal zu melden und die Überprüfung sowie Entfernung – ggf. unter Fristsetzung – zu beantragen. Der Erfahrung nach wird so eine Überprüfung von den Betreibern auch vorgenommen. Wird hierdurch nicht der gewünschte Erfolg erreicht, sollte man sich anwaltlich beraten und das Bestehen weiterer Ansprüche im konkreten Fall, insbesondere auch gegenüber dem Bewertenden, sowie etwaige Erfolgsaussichten einer gerichtlichen Geltendmachung prüfen lassen.

Heberer J. Internetbewertungsportale. Passion Chirurgie. 2014 März; 4(03): Artikel 06_01.

Kann rechtlich gegen schlechte Bewertungen von Patienten auf Internetportalen vorgegangen werden?

Frage

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob gegen die Bewertung eines Patienten in einem Internetbewertungsportal mit der Aussage „schlechter Service, unfreundliches Personal, abweisend, geldgierig“, rechtlich vorgegangen werden kann.

Antwort

Die Thematik der Bewertungen von Ärzten durch Patienten in Internetportalen ist nach wie vor häufig Gegenstand rechtlicher Beratung und weiterhin aktuell.

Zum Leidwesen der Ärzteschaft ist die Rechtsprechung bei der Beurteilung solcher Bewertungen grundsätzlich sehr großzügig ist. Es wird immer dann von einer Meinungsäußerung ausgegangen, wenn die Äußerung nicht objektiv überprüfbar ist (so beispielsweise LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 13.01.2010, Az. 3 O 3692/09; so auch LG Hannover, Urteil vom 13.05.2009, Az. 6 O 102/08).

Das OLG Frankfurt am Main hat in diesem Zusammenhang jüngst entschieden, dass Ärzte eine anonyme Bewertung auf solchen Portalen grundsätzlich hinnehmen müssen. Nach Auffassung des Gerichts seien die Bewertungen vom Recht der freien Meinungsäußerung grundsätzlich gedeckt. Insbesondere ließen die Richter hier das Argument nicht gelten, die Bewertung sei von einem medizinischen Laien abgegeben worden. Denn nach Ansicht des Gerichts sei das Recht der freien Meinungsäußerung nicht auf allgemeingültige Werturteile beschränkt und jeder Leser wisse zudem, dass es sich in diesen Fällen nicht um eine wissenschaftlich fundierte Bewertung handele. Der Antrag einer Ärztin auf Löschung wurde deshalb abgelehnt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.03.2012 – 16 U 125/11). Nachdem das OLG die Sache wegen der grundsätzlichen Bedeutung zur Revision zugelassen hat, bleibt abzuwarten, ob und wie der BGH entscheiden wird.

Dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung steht selbstverständlich das Recht der informationellen Selbstbestimmung des Bewerteten gegenüber. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes im sog. Spick-mich-Urteil kann man aber entnehmen, dass der Einzelne grundsätzliche Einschränkungen seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hinnehmen muss, wenn und soweit solche Beschränkungen von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden und bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist.

Grenzen dieser Meinungsäußerung werden dann angenommen, wenn es sich um Formalbeleidigungen oder einen Angriff auf die Menschenwürde handelt, was im Wesentlichen bei unsachlicher Schmähkritik angenommen wird (vgl. BGH, Versicherungsrecht 2007, 249).

Aufgrund der grundsätzlichen Zulässigkeit derartiger Bewertungsportale und der Anonymität der Bewertenden ist es nicht immer einfach, entsprechende Bewertungen widerrufen bzw. löschen zu lassen. Auch hier wird wiederum die Schmähkritik als dasjenige herangezogen, was die Grenze der freien Meinungsäußerung darstellt. So hat beispielsweise das Amtsgericht Oldenburg entschieden, dass ein Widerrufsanspruch wegen einer eingestellten Bewertung dann nicht besteht, wenn die Bewertung bei objektiver Betrachtungsweise nicht als Schmähkritik angesehen werden kann, sondern vielmehr einen sachlichen Bezug aufweist und im Übrigen weitgehend persönliche Wertungen und Einschätzungen des Bewertenden wiedergegeben werden.

Der Verfasser ist der Auffassung, dass die Aussagen des Patienten wie „schlechter Service, unfreundliches Personal, abweisend, geldgierig“ nach rechtlicher Beurteilung lediglich als persönliche Wertungen und Einschätzungen des Patienten, die vom Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt sind, einzustufen sind. Diese Äußerungen sind aus Sicht des Verfassers aber in jedem Falle nicht als Schmähkritik im rechtlichen Sinne zu werten.

Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gilt jedoch nicht für unzutreffende, objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptungen. Sofern hier Tatsachen behauptet werden würden, die grundsätzlich objektiv überprüfbar wären, bestünde eine Möglichkeit, die Bewertung anzugreifen, sofern solche Behauptungen als unzutreffend nachgewiesen werden könnten.

Dementsprechend hat beispielsweise das LG Nürnberg-Fürth mit Urteil vom 08.05.2012 – 11 O 2608/12 einem Antrag eines Zahnarztes auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung gegen die Internetportalbetreiberfirma aufgrund der sog. Störerhaftung stattgegeben. Dies deshalb, da das Gericht einen Sorgfaltsverstoß der Betreiberfirma gegen deren Prüfpflichten annahm. Denn die Betreiberfirma hätte sich nach dem Löschungsantrag des Zahnarztes von ihrem Kunden einen Nachweis dafür vorlegen lassen müssen, dass die Behandlung tatsächlich stattgefunden habe. Weil dies nicht geschehen sei und eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Zahnarztes gegeben sein könnte, hafte nach Ansicht des Gerichts der Betreiber auf Unterlassung, ungeachtet der Frage, ob die Bewertung zutreffend sei.

Die Störerhaftung beruht auf dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jeder, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbare Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der daraus Dritten drohenden Gefahr notwendig sind. Als Störer kann dabei grundsätzlich jeder haften, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Art und Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Auf eine Kenntnis oder gar ein Verschulden des Dritten kommt es dabei nicht an. Indem das in diesem Fall verklagte Bewertungsportal eine Website betreibe, dabei den Speicherplatz für die von den Nutzern verfassten Beiträge bzw. Bewertungen bereitstelle und den Abruf dieser Website über das Internet ermögliche, trage es nach Auffassung des Gerichts willentlich und adäquat kausal zur Verbreitung von Äußerungen bei, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht Dritter beeinträchtigen können. Die Störerhaftung dürfe jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt nach Ansicht der Gerichte die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten voraus. Insofern sind nach der Rechtsprechung Internetportale gehalten, von den Patienten, die eine negative Bewertung über einen Arzt abgeben, sich hierfür einen Nachweis vorlegen zu lassen. Dies spätestens dann, wenn das Bewertungsportal durch den betroffenen Arzt über Beanstandungen informiert wird. Dem Portalbetreiber kommt dann eine Pflicht zur Anstellung eigener Ermittlungen und zur Vornahme einer Bewertung des gesamten Sachverhaltes zu. Aus diesem Grund muss dem Portal allerdings auch eine Prüfpflicht eingeräumt werden.

Folglich bestehen aus Sicht des Verfassers in der Regel zwei Möglichkeiten, um gegen die Bewertungen vorzugehen.

Zum einen kann der Arzt selbst eine Überprüfung durch den Portalbetreiber beantragen. Hierzu gibt es meistens direkt unter der Bewertung ein Feld mit einem entsprechenden Hinweis (z. B. Problem melden), worin der Arzt den Sachverhalt aus seiner Sicht darlegen kann. Hierbei sollte geschildert werden, dass die Behauptungen falsch sind und den tatsächlichen Gegebenheiten objektiv nachprüfbar widersprechen, sofern hier solche objektiv nachprüfbaren Tatsachen wahrheitswidrig behauptet wurden. Zudem sollte die vollständige Löschung der Bewertung beantragt werden. Bei Äußerungen, die unter die freie Meinungsäußerung fallen, muss eine Löschung aber nicht vorgenommen werden.

Zum anderen bestünde natürlich auch die Möglichkeit, dass der Betreiber durch eine Anwaltskanzlei zur Entfernung der Bewertung aufgefordert wird bzw. eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Veröffentlichung der Bewertung bei Gericht eingereicht wird. Dies löst jedoch nicht ganz unerhebliche Kosten aus, die zunächst vom Arzt vorzuverauslagen wären. Die Gegenstandswerte in solchen Verfahren liegen regelmäßig sehr hoch zwischen EUR 5.000,00 und EUR 10.000,00.

Deshalb empfiehlt der Verfasser regelmäßig in derartigen Angelegenheiten dem Arzt zunächst, damit der Portalbetreiber auch den von der Rechtsprechung geforderten Prüfpflichten nachkommen kann, selbst das Problem auf dem Portal zu melden und die Überprüfung sowie Entfernung – ggf. unter Fristsetzung – zu beantragen. Der anwaltlichen Erfahrung nach wird so eine Überprüfung auch vorgenommen.

Sollte die Bewertung nicht entfernt werden, bestünde natürlich auch noch die Möglichkeit dem negativen Eindruck dieser Bewertung durch ca. drei/vier positive Bewertungen von anderen Patienten, Bekannten etc. entgegen zu steuern.

Heberer J. Kann rechtlich gegen schlechte Bewertungen von Patienten auf Internetportalen vorgegangen werden? Passion Chirurgie. 2013 November; 3(11): Artikel 08_01.

Privatärztliche Abrechnung von (Spezial-) Laborleistungen im Krankenhaus

Bei der Frage der Delegation und Abrechnung von Laborleistungen kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen hinsichtlich der geltenden Rechtslage. Dies betrifft auch den Bereich der privatärztlichen Abrechnung von Laborleistungen im Krankenhaus.

Systematik des Abschnitts M der GOÄ

Die Erbringung von Laborleistungen ist nach den für die Behandlung von Privatpatienten einschlägigen Regelungen der GOÄ in vier Bereiche gegliedert, die nach den vier Kapiteln der Anlage M unterschieden werden.

Untersuchungen der Klasse M-I müssen vom untersuchenden Arzt persönlich oder durch von ihm beaufsichtigte und angeleitete Dritte in einem Labor durchgeführt werden (sog. Vorhalteleistungen). Dafür, dass der Arzt extra ein Labor für die Erbringung dieser Leistungen vorhält, sind diese Leistungen bei einfachem bis mittlerem Schwierigkeitsgrad verhältnismäßig gut dotiert. Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung ergibt sich ausdrücklich aus § 4 Abs. 2 S. 1, S. 2 GOÄ.

Die Untersuchungen der Klasse M-II („Basislabor“) gelten auch dann als persönliche Leistungen, wenn sie tatsächlich in einer Laborgemeinschaft unter Aufsicht eines dort tätigen Arztes (oder durch einen Arzt ohne eigene Liquidationsbefugnis) erbracht werden, auch ohne Mitwirkung oder persönliche Anwesenheit des abrechnenden Arztes bei der Durchführung der Leistung. Es handelt sich um sog. delegierbare Leistungen des Basislabors.

Technisch sind diese Leistungen ebenfalls von einfachem bis mittlerem Schwierigkeitsgrad. Den aus der möglichen Delegation in einer Laborgemeinschaft resultierenden Rationalisierungsvorteilen wird dadurch Rechnung getragen, dass diese Leistungen etwas niedriger honoriert werden, als etwa die Vorhalteleistungen.

In den Klassen M-III und M-IV der GOÄ finden sich komplexe Laboruntersuchungen (sog. „Speziallabor“), deren Durchführung nicht nur einen wesentlich besser ausgerüsteten Maschinenpark erfordert, sondern die wegen ihrer Komplexität auch erhöhte Anforderungen an die labormedizinische Qualifikation des Arztes stellen. Die Abrechnung von Leistungen dieser Kategorie ist nach § 4 Abs. 2 S. 1, S. 2 GOÄ wiederum nur dem Arzt gestattet, der sie persönlich erbringt oder der während der Durchführung dieser Leistungen die Aufsicht führt und die fachlichen Weisungen erteilt.

Die Anforderung des § 4 Abs. 2 GOÄ sind grundsätzlich auch Voraussetzung für die Abrechnung von Laborleistungen gegenüber Privatpatienten, die im Krankenhaus erbracht werden. Dass hat z. B. zur Folge, dass Krankenhäuser, die ihr eigenes Labor schließen und ein externes Labor mit der Erstellung der Laborparameter beauftragen („outsourcing“ des Krankenhauslabors), damit ihren liquidationsberechtigten Krankenhausärzten jede Grundlage zur Abrechnung von Laborleistungen entziehen. In einem solchen Fall sind die Krankenhausärzte daher überhaupt nicht mehr berechtigt, irgendwelche Laborleistungen selbst abzurechnen.

Rechtslage nach GOÄ-Änderung

Bereits mit der Neufassung der GOÄ zum 01.01.1996 wurden die Anforderungen an die persönliche Leistungserbringung erhöht, auch gerade für Speziallaborleistungen der Abschnitte M-III und M-IV GOÄ. Die Ärzteschaft war hierüber teilweise verwundert, da bei fortschreitender Weiterentwicklung der Technik (Automatisierung) die Einwirkungsmöglichkeit des Arztes bei diesen Leistungen weiter reduziert ist und Anforderungen an die Aufsicht daher eigentlich gemindert werden müssten.

Die Intention des Gesetzgebers war jedoch genau entgegengesetzt, so heißt es beispielsweise in der amtlichen Begründung zur Neufassung der GOÄ:

„…. Gebührenanreizen zur Ausweitung von Laborleistungen über das medizinisch notwendige Maß hinaus soll zudem dadurch entgegengewirkt werden, dass die Beziehbarkeit von Laborleistungen, bei der aus Laborgemeinschaften kostengünstig bezogene Laborleistungen als eigene Leistungen abgerechnet werden können, auf ein eng begrenztes Segment häufig anfallender Leistungen beschränkt wird [1].“

Die Rechtsprechung hatte – von der Ärzteschaft weitgehend unbemerkt – in der Vergangenheit wiederholt Gelegenheit, sich mit den Voraussetzungen der Abrechnung von Laborleistungen, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, zu befassen.

Strittig war zunächst, in welchem Umfang die Anwesenheit des liquidierenden Arztes erforderlich ist. Während einzelne gerichtliche Entscheidungen eine Erreichbarkeit des liquidierenden Arztes im Laborgebäude noch als ausreichend erachtet hatten [2], verlangt die Rechtsprechung inzwischen überwiegend eine persönliche Anwesenheit des liquidierenden Arztes während des gesamten Labor-Untersuchungsvorgangs [3].

Das Landgericht Regensburg hatte bereits 2003 einen Chefarzt unter anderem wegen Betrugs und Untreue verurteilt, weil dieser M-II-Leistungen abgerechnet hatte, die ohne seine Beteiligung im Sinne von § 4 Abs. 2 GOÄ erbracht worden waren [4].

Ganz auf dieser Linie liegt auch eine jüngere Entscheidung des Landgerichts München I [5]. In diesem Verfahren wurde ein niedergelassener Arzt, der unter anderem M-III- und M-IV-Leistungen über einen externen Laboratoriumsmediziner bezogen und als eigene Leistung abgerechnet hatte (weitere Verstöße gegen § 4 Abs. 2 GOÄ gab es auch im Bereich der M-I- und M-II-Leistungen) zu einer Haftstrafe verurteilt. Diese Entscheidung ist leider jüngst durch den Bundesgerichtshof [6] ausdrücklich bestätigt worden.

Laborliquidation im Krankenhaus

Für die Abrechenbarkeit von Speziallaborleistungen als eigene Leistungen gelten die vorgenannten gesetzlichen Voraussetzungen auch bei der Leistungserbringung im Krankenhaus. Ferner muss der laborleitende Krankenhausarzt über die Liquidationsberechtigung zur Abrechnung von Laborleistungen verfügen. Dies bedeutet im Grundsatz, dass nur noch der Leiter des Labors bei Leistungen des Speziallabors liquidationsberechtigt ist, da er die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Eine Ausnahme gilt allerdings in denjenigen Fällen, in denen ein leitender Krankenhausarzt Speziallaborleistungen persönlich erbringt (die zudem erforderliche, fachliche Qualifikation jeweils vorausgesetzt). Leistungen des Speziallabors (M-III und M-IV) können daher nur von dem Krankenhausarzt liquidiert werden, der selbst die Aufsicht über das Krankenhauslabor hat und unter dessen Aufsicht und fachlicher Weisung sie erbracht werden. Die Übertragung des Liquidationsrechts für Leistungen des Speziallabors an leitende Krankenhausärzte, die solche Leistungen für ihre Patienten in Auftrag geben, selbst aber an der Leistungserbringung im Labor nicht persönlich beaufsichtigend mitwirken, ist danach ausgeschlossen. Diese Krankenhausärzte dürfen berufsrechtlich auch nicht an den Liquidationseinnahmen des Laborleiters für die von ihnen veranlassten Leistungen beteiligt werden (Verbot der Zuweisung von Untersuchungsmaterial gegen Entgelt). Ausgeschlossen ist ferner eine Übertragung der kollektiven Leitung des Labors an alle liquidationsberechtigten Krankenhausärzte, da dies erkennbar eine Umgehung des Zuweisungsverbots wäre.

Ein Honoraranspruch des zuweisenden Krankenhausarztes lässt sich leider auch nicht mit dem häufig vorgetragenen Argument begründen, dieser sei „im weitesten Sinne“ an der Leistungserbringung beteiligt.

Nach der allgemeinen Bestimmung zu Abschnitt M Nr. 1 ist der Inhalt der Gebühren für Laborleistungen wie folgt definiert:

  • Eingangsbegutachtung des Probenmaterials
  • Probenvorbereitung
  • Durchführung der Untersuchung (einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen)
  • Erstellung des daraus resultierenden ärztlichen Laborbefundes

Der zuweisende Krankenhausarzt erbringt hingegen regelmäßig folgende Leistungen:

  • Indikationsstellung
  • Probenentnahme
  • Einordnung der Befunde in das Krankheitsbild

Diese Leistungen sind jedoch nach herrschender Meinung nicht Bestandteil der Laborleistung und daher auch nicht mit den Gebühren für Laboruntersuchungen abgegolten. Hierfür kann der Arzt die Gebühren für die ärztlichen Grundleistungen sowie die Entnahmen von Körpermaterial abrechnen. Daher erbringt der Laborleistungen veranlassende bzw. zuweisende Krankenhausarzt in der Regel keine substantiellen Teilleistungen, mit denen ein eigenständiger Honoraranspruch hinsichtlich der Speziallaborleistung begründet werden könnte.

[1] vgl. BT-Drucksache 211/94, Seite

[2] so etwa LG Duisburg, Urt. v. 18.06.1996 – 1 O 139/96

[3] so bereits LG Hamburg, Urt. v. 20.02.1996 – 312 O 57/96

[4] Landgericht Regensburg, Az. 2 Kls 103 Js 5189/00

[5] Az. 7 Kls 572 Js 46495/08

[6] Az. 1 StR 45/11

Heberer J. / Eicher M. Privatärztliche Abrechnung von (Spezial-) Laborleistungen im Krankenhaus. Passion Chirurgie. 2013 Juni; 3(06): Artikel 04_01.

Das Patientenrechtegesetz

Seit dem 26.02.2013 sind die Regelungen des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (Patientenrechtegesetz PatRG) umzusetzen. Insbesondere die hierdurch erfolgte grundsätzlich Normierung der bislang geltenden Rechtsprechung für den ärztlichen Behandlungsvertrag mit seinen sich ergebenden Rechten und Pflichten in §§ 630a ff. BGB hat in der Ärzteschaft für Aufsehen und Unruhe gesorgt. Aus diesem Grund werden in diesem Artikel die vermeintlichen Neuregelungen im BGB vorwiegend betrachtet, wobei auch ein Blick auf die wichtigsten Änderungen des SGB V und der Bundesärzteordnung (BÄO) geworfen wird.

Wenn man die Berichterstattung über dieses Gesetz verfolgt hatte, so wurde schnell der Eindruck vermittelt, dass es sich hierbei um eine bahnbrechende Neuerung und um eine erhebliche Verbesserung der Patientenrechte handelt.

Tatsächlich handelt es sich dabei aber in weiten Teilen lediglich um die Kodifizierung eines seit Jahrzehnten ausgefeilten und dennoch flexiblen Richterrechts.

Denn beispielsweise Fragen der Einsichtnahme in Patientenunterlagen, der Aufklärung und der Einwilligung, des Behandlungsvertrages und der wechselseitigen daraus resultierenden Rechte und Pflichten sind seit Jahrzehnten juristisch aufgearbeitete und geklärte Fragestellungen.

Es ist gerade also nicht so, dass der Patient in der Vergangenheit, wie der nunmehrige Name „Patientenrechtegesetz“ suggerieren mag, ohne Rechte seinem Arzt gegenüber gestanden hat. Vielmehr waren die allgemeinen Regelungen, die sich aus dem BGB beispielsweise für den Dienstvertrag ergeben, ausreichend, um auch diese Rechte und Pflichten von Arzt bzw. Patient zu regeln.

Man folgt mit dem Patientenrechtegesetz einem Trend immer speziellere Regelungen in die Gesetze einzuarbeiten. Dabei wird aber der große Vorteil der Flexibilität und der Möglichkeit der konkreten Anwendung eines abstrakten Gesetzes aufgegeben. Gerade diese Möglichkeiten haben es aber in der Vergangenheit zugelassen, flexibel, auch unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Wertvorstellungen, Recht zu sprechen.

Grund zur Aufgeregtheit besteht also im Hinblick darauf, dass die nunmehr „neuen“ Regelungen bereits seit Jahrzehnten gelten, eigentlich nicht.

Weiterführende Informationen
Ausführlicher Artikel „Das Patientenrechtegesetz“ mit Regelungen und Erklärungen zu allen Paragraphen

Heberer J. Das Patientenrechtegesetz. Passion Chirurgie. 2013 Juni; 3(06): Artikel 06_02.

Rechtmäßigkeit von Überweisungen eines niedergelassenen Chirurgen in ein Krankenhaus?

Frage:

Ein niedergelassener Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie fragt an, ob seine Überweisungen ins Krankenhaus in der nachfolgenden Situation rechtmäßig sind. Zwei in der Nähe befindliche Krankenhausärzte sind auf Überweisung durch niedergelassene Orthopäden und Unfallchirurgen zu ambulanten Leistungen in einem definierten Umfang ermächtigt. Nunmehr erscheinen zahlreiche Patienten, die vom Krankenhaus oder Hausarzt geschickt werden, lediglich um eine Überweisung ins Krankenhaus abzuholen. Sie wollen nicht von dem niedergelassenen Chirurgen behandelt werden, obwohl dieser die Behandlung erbringen könnte. Um den Krankenhauskollegen zu helfen, überweist er diese Patienten unbesehen ins Krankenhaus.

Antwort:

Diese Überweisungen halte ich keinesfalls für zulässig.

Einerseits widerspricht diese Vorgehensweise der Intension der Ermächtigung, dass nämlich durch eine solche Ermächtigung aus Sicherstellungsgründen ein Versorgungsbedarf abgedeckt werden soll, der ohne diese Ermächtigung nicht bedient werden kann. Zum anderen ist die Überweisung an einen anderen Arzt oder in das Krankenhaus nur für den Fall vorgesehen, dass der überweisende Arzt die entsprechenden Leistungen nicht selbst erbringen darf oder kann. Wenn ferner ohne Untersuchung bzw. ohne jedwede Behandlung die Versichertenkarte des Patienten beim Niedergelassenen eingelesen wird, lediglich zum Zwecke der Ausstellung des Überweisungsscheines, so würde hierdurch ein weiterer Behandlungsfall generiert und damit beispielsweise das RLV manipuliert. Wird hingegen die Versichertenkarte nicht eingelesen, so darf auch ein Überweisungsschein nicht ausgestellt werden, da nur ein vom niedergelassenen Chirurgen behandelter Patient an einen anderen Arzt überwiesen werden kann.

Aus diesen Gründen halte ich eine „Gefälligkeitsüberweisung“ für sehr problematisch, die insbesondere dazu führen kann, dass der niedergelassene Chirurg und Unfallchirurg selbst wegen Verstoßes gegen KV-rechtliche Bestimmungen zur Verantwortung gezogen werden kann.

Heberer J. Rechtmäßigkeit von Überweisungen eines niedergelassenen Chirurgen in ein Krankenhaus? Passion Chirurgie. 2012 November; 2(11): Artikel 08_02.

Rahmen und Möglichkeiten von chirurgischen Beschäftigungsverhältnissen


Die Möglichkeiten eines (werdenden) Chirurgen, berufstätig zu sein, sind mannigfaltig. So kann man grundsätzlich danach unterscheiden, ob der Arzt als Angestellter/Beamter oder als freiberuflich tätiger Arzt seinem Broterwerb nachgehen will. Rechtlich und tatsächlich sind daran erheblich unterschiedliche Konsequenzen geknüpft, die es zu beachten gilt.

1. Der Arzt als Angestellter/Beamter

Wenn sich der Arzt dazu entscheidet, Angestellter zu werden, so kann er dies grundsätzlich einmal in einer Klinik tun. Hier ist je nach fachlicher Qualifikation die Beschäftigung als Weiterbildungsassistent, als Facharzt, als Oberarzt oder auch als Chefarzt möglich. Neuerdings werden immer mehr hauptamtliche ärztliche Direktoren eingestellt, die unter Umständen auch ein eigenes Aufgabenspektrum der medizinischen Versorgung innehalten, sodass auch diese Beschäftigungsart mit in die Überlegungen einbezogen werden muss.

Darüber hinaus kann man sich natürlich auch in einer Praxis oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum anstellen lassen.

Jenseits der Tätigkeit am Patienten gibt es aber auch die Möglichkeit, sich bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) oder der Pharmaindustrie beschäftigen zu lassen. Hier wird dann in erster Linie eine beratende Tätigkeit im Vordergrund stehen, beim MDK beispielsweise die Gutachtertätigkeit.

Nicht mit dem Angestellten vergleichbar, aber dennoch im Verhältnis zur selbstständigen Tätigkeit näher daran, ist das Beamtenverhältnis. Dieses ist in Universitätskliniken (heute seltener), oder beispielsweise bei der Justiz (Anstaltsarzt etc.) gegeben.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass man auch für die Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland als Arzt tätig sein kann. Hier handelt es sich allerdings dann nicht um ein klassisches Beamtenverhältnis.

Im Rahmen der universitären Tätigkeit muss man zudem betonen, dass das Beamtenverhältnis zum einen oftmals weniger attraktiv ist, weil beispielsweise Überstunden nicht vergütet werden und zum anderen die Vergütung als solche nicht so hoch ist, wie nach den ärztespezifischen Tarifverträgen. Dies mag ein Grund dafür sein, dass diese Art der Beschäftigung immer seltener wird und letztlich das Anstellungsverhältnis auch an Universitätskliniken zunimmt.

1. a) Vertragsgrundlage

Je nachdem, in welchem Bereich und zu welchem Zeitpunkt der individuellen Karriere man tätig wird, unterscheiden sich auch die vertraglichen Grundlagen.

So werden ein Weiterbildungsassistent und auch ein Facharzt in der Regel einen Arbeitsvertrag erhalten, der vollinhaltlich auf den maßgeblichen Tarifvertrag Bezug nimmt. Derzeit existiert eine Fülle von Tarifverträgen, die sich im Wesentlichen aber an die zwei großen tariflichen Grundlagen, den TV-Ä/VKA (für Kommunale Arbeitgeber) und den TV-Ä/TDL (für Universitätskliniken) anlehnen. Hier sind oftmals nur die Vergütungsgruppen unterschiedlich, was sowohl für große Konzerntarifverträge, als auch für Haustarifverträge Gültigkeit hat.

In diesen, hauptsächlich an den gültigen Tarifvertrag angelehnten, Arbeitsverträgen wird dann oftmals nur noch beispielsweise eine Befristung geregelt und möglicherweise auch vereinbart, dass Dienste mit einer monatlichen Pauschale abgegolten sind. Wichtig für die Weiterbildungsassistenten ist noch, dass die Verträge oftmals nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung befristet werden. Hier handelt es sich allerdings bei der Befristung zur Weiterbildung nur um einen Befristungsgrund. Regelmäßig kann man hieraus kein Recht auf Weiterbildung herleiten. [1]

Bei Oberarztdienstverträgen wird dann regelmäßig bereits der Weg zu einem individuellen Arbeitsvertrag gefunden. Es wird darüber hinaus nur noch geregelt, dass teilweise der maßgebliche Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Insbesondere Kündigungsfristen, die Dienstaufgaben und gerade die Vergütung werden außertariflich vereinbart. Dies geschieht, weil die außertarifliche Vergütung es zulässt, attraktive Regelungen zu finden. Betonen muss man, dass auch bei beiderseitiger Tarifbindung ein außertariflicher Vertrag zulässig und möglich ist.

Bei Chefarztdienstverträgen und auch bei Verträgen mit der freien Wirtschaft bzw. bei einer Tätigkeit als hauptamtlicher ärztlicher Direktor wird vollständig individuell ein Vertragsgefüge ausgestaltet. Hier sind dann sehr umfangreiche Rechte und Pflichten geregelt und man muss aufgrund der vollständig fehlenden Bezugnahme auf einen maßgeblichen Tarifvertrag sehr genau darauf achten, dass alle wesentlichen Rechte und Pflichten vereinbart werden. [2]

Nicht nur in diesem Zusammenhang muss man zudem betonen, dass natürlich grundsätzlich Vertragsfreiheit gilt. Diese erfährt neuerdings nur dahingehend eine Einschränkung, das auch Arbeitsverträge am AGB-Recht (Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen) überprüft werden können. So sind viele Klauseln daher teilweise unzumutbar und intransparent und damit unwirksam, sodass stets auch bei festgeschriebenen Rechten und Pflichten hinterfragt werden muss, ob diese, gemessen an der aktuellen Rechtsprechung, noch ihre Gültigkeit haben. Ein hierfür sehr schönes und maßgebliches Beispiel ist die Tatsache, dass ein Großteil der „alten“ Entwicklungsklauseln in Chefarztdienstverträgen unwirksam ist. [3]

1. b) Die Vergütungsstruktur

Am einfachsten gestaltet sich die Vergütungsregelung bei Weiterbildungsassistenten und Fachärzten. Hier wird regelmäßig Bezug genommen auf die jeweilige Vergütungsgruppe im Tarifvertrag unter Berücksichtigung der jeweiligen Stufe. Hinzu kommt dann noch eine eventuell vereinbarte Dienstpauschale. Ein vom Chefarzt zu zahlendes Poolgeld wird regelmäßig nicht als vertraglicher Anspruch formuliert, sondern im Rahmen der standesrechtlichen Obliegenheiten ggf. ausgezahlt.

Bei den Oberärzten hält sich die Vertragsgestaltung im Verhältnis zur außertariflichen und tariflichen Vergütung die Waage. Oftmals wird das Tarifentgelt nach dem maßgeblichen Tarifvertrag bezahlt und zusätzlich eine Pauschale ausgelobt. Dies deshalb, um entsprechend qualifiziertes Personal entweder zu halten oder zu gewinnen. Dies hängt ein wenig auch von den regionalen Besonderheiten ab. Hinzu kommt dann ab und an eine sogenannte Zielvereinbarung, die eine weitere variable Vergütung für den Fall in Aussicht stellt, dass bestimmte Ziele der Abteilung oder des Unternehmens erreicht werden. Ergänzt wird dies dann ggf. durch eine Pauschale, die die Dienstabgeltung vorsieht. Derartige Pauschalen sind nicht ungewöhnlich und rechtlich auch zulässig. Eine absolute Abgeltung aller Überstunden ist hingegen nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte unwirksam. [4] Sehr selten wird Oberärzten auch ein eigenständiges Liquidationsrecht zugebilligt. Dies oftmals nur dann, wenn an einem vom Haupthaus entfernten Standort die Leitung einer Abteilung übernommen wird. Letztlich ist dies aber Verhandlungssache.

Chefärzte erhalten in neuerer Zeit regelmäßig keinen Vertrag mehr, der auf einen Tarifvertrag im Hinblick auf die Vergütung Bezug nimmt. Dies war zu Zeiten, als der BAT noch gegolten hat, oftmals anders. Man kann davon ausgehen, dass das nunmehr außertariflich vereinbarte Grundgehalt zwischen 100.000,00 EUR und 150.000,00 EUR liegt. Ausreißer in beide Richtungen sind natürlich möglich. Hinzu kommt dann noch eine variable Vergütung, die einen prozentualen Anteil an der Privatliquidation, einer etwaigen KV-Ermächtigung, einer BG Zulassung oder sonstigem vorsieht.

Auch Erträge aus nicht stationären und stationären Gutachten sollten entsprechend zumindest zu einem Prozentsatz dem Chefarzt zufließen. Hinzu kommt dann in der Regel noch eine Zielvereinbarung, die in der Gesamtheit der wirtschaftlichen Betrachtung des Vertrages allerdings nicht die entscheidende Rolle spielen sollte. Insofern ist Verträgen, die die überwiegende Liquidation über eine Zielvereinbarung regeln, regelmäßig eine Absage zu erteilen.

Im Zusammenhang mit der variablen Vergütung ist auch bei Kollegialsystemen Vorsicht geboten, da es zu ungleichen Aufteilungen kommen kann, wenn beispielsweise der individuelle Anklang des jeweiligen Chefarztes bei der Bevölkerung unterschiedlich ist oder auch die Arbeitseinsätze voneinander abweichen. Dies kann dann sehr schnell zu Verstimmungen führen, weshalb ein vertraglich schlecht gestaltetes Kollegialsystem höchst konfliktträchtig ist.

Dies umso mehr, weil die „Kollegialität“ meistens dadurch begrenzt wird, dass ein Hauptansprechpartner und ein Hauptverantwortlicher in den Verträgen benannt wird, sodass es eben doch keine Gleichstellung aller Beteiligten ist, sondern einer der Chefärzte wird immer „gleicher“ sein, als der andere.

Bei Beamten erfolgt die Vergütung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bzw. bei der Bundeswehr nach dem entsprechenden Dienstrang.

1. c) Teilzeitbeschäftigung

Gerade die Frage, wie man Karriere und Familie unter „einen Hut“ bekommen kann, ist derzeit viel diskutiert. Dies insbesondere auch deshalb, weil hier gerade beim Arztberuf das größte Konfliktpotential besteht.

Vergessen werden darf dabei aber nicht, dass auch Ärzte Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz haben können. Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann daher grundsätzlich einmal verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Diesem Wunsch hat der Arbeitgeber auch grundsätzlich Folge zu leisten, wobei er dann die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen hat.

Allerdings gibt es die Möglichkeit für den Arbeitgeber, dieses Ansinnen zu negieren. Dies dann, wenn dringende betriebliche Gründe dem Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung entgegen stehen. Der Begriff des dringenden betrieblichen Grundes ist hierbei nicht näher definiert. Man wird beispielsweise im Klinikbetrieb davon ausgehen, dass eine Behinderung des Arbeitsablaufes, eine Gefährdung der Sicherheit – nicht nur der Patienten – und unverhältnismäßig hohe Kosten als Grund vorliegen könnten. So kann man festhalten, dass dem Grunde nach zwar ein Anspruch besteht, dieser aber nicht ohne weiteres vom Arbeitgeber umgesetzt werden muss.

Gleiches gilt für eine Beschäftigung im Rahmen der Altersteilzeit. Auch hier können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zunächst frei entscheiden, ob sie der Altersteilzeitarbeit zustimmen wollen. Wenn allerdings der Tarifvertrag über Altersteilzeit gilt, dann kann der Arbeitgeber den dann grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Altersteilzeit nur aus dringenden betrieblichen Belangen ablehnen.

Grundsätzlich ist man bei der Gestaltung des Altersteilzeitvertrages im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit regelmäßig frei. Denn das Altersteilzeitgesetz, welches zur Anwendung käme, regelt nur die Voraussetzungen, unter welchen eine staatliche Förderung ermöglicht wird. Dies ist allerdings immer nur dann möglich, wenn ein Arbeitsloser anstelle des in Altersteilzeit gehenden Mitarbeiters eingestellt wird. Aufgrund der derzeitigen Situation ist es aber eher unwahrscheinlich, dass arbeitslose Ärzte zur Verfügung stehen.

Insofern kann man festhalten, dass im Rahmen der Altersteilzeit nur dann ein Anspruch besteht, wenn der entsprechende Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Dann kann der Arbeitgeber allerdings dringende betriebliche Belange für sich beanspruchen. Die vertragliche Gestaltung ist letztlich aufgrund der fehlenden Relevanz des Altersteilzeitgesetzes frei.

2. Freiberufliche Kooperationsformen

Neben der bekannten und etablierten belegärztlichen Tätigkeit des Arztes im Krankenhaus haben sich gerade in den letzten Jahren weitere Kooperationsformen herausgebildet, deren rechtliche Einordnung und damit auch Legitimation jedenfalls teilweise bis heute sehr kontrovers diskutiert werden.

2. a) Belegarzt

Der „klassische“ Belegarzt behandelt gem. § 121 Abs. 2 SGB V eigene Patienten in Belegbetten des Krankenhauses. Eine Voraussetzung für die belegärztliche Tätigkeit ist also die Zulassung als Vertragsarzt. Erforderlich ist zudem die Anerkennung als Belegarzt durch die Kassenärztliche Vereinigung.

Findet der Krankenhausträger keinen zugelassenen Vertragsarzt im Planungsbereich für eine vakante Belegarztstelle, so kann im Wege der sog. Belegarztzulassung gem. § 103 Abs. 7 SGB V ein bisher nicht zugelassener Arzt über diese Belegarztstelle eine vertragsärztliche Zulassung erlangen.

Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung durch den Arzt gem. § 121 Abs. 3 SGB V, das Krankenhaus erhält das Beleg-DRG für die nichtärztlichen Leistungen.

Zum März 2009 wurde mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz im
§ 121 Abs. 5 SGB V der „Honorar-Belegarzt“ eingeführt, der im Unterschied zum Belegarzt gem. § 121 Abs. 2 SGB V seine ärztlichen Leistungen nicht mit der KV abrechnet, sondern vom Krankenhaus sein Honorar erhält. Ergänzend zu dieser Regelung bestimmt § 18 Abs. 3 KHEntgG, dass der Krankenhausträger für die Leistungen des Honorar-Belegarztes lediglich 80 Prozent der Hauptabteilungs-Fallpauschale abrechnen darf. Das Beleg-DRG ist in diesem Fall also nicht relevant.

Das Honorar, welches der Belegarzt vom Krankenhaus für seine Leistungen erhält, ist hingegen frei verhandelbar. Im Hinblick auf den 20 prozentigen Verlust beim DRG im Vergleich mit der Leistungserbringung durch einen angestellten Arzt oder einen Konsiliararzt ist es jedoch nicht verwunderlich, dass das Modell des Honorar-Belegarztes sich bisher nicht allzu großer Beliebtheit erfreut.

Sowohl der klassische Belegarzt gem. § 121 Abs. 2 SGB V als auch der Honorar-Belegarzt gem. § 121 Abs. 5 SGB V unterliegen nicht der zeitlichen Grenze für Nebentätigkeiten gem. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV. Gem. § 17 Abs. 1b BMV-Ä gilt für Belegärzte auch die Mindestsprechstundenzeit von 20 Stunden wöchentlich nicht. Dies ist ein erheblicher Vorteil gegenüber anderen Honorararztmodellen, jedenfalls für Vertragsärzte.

2. b) Konsiliar-, Honorar- oder Kooperationsarzt

Sowohl der Konsiliararzt als auch der Honorar- oder Kooperationsarzt finden sich nicht im Gesetz. Nach herkömmlichem Verständnis ist derjenige Arzt konsiliarisch tätig, der im Einzelfall auf Anforderung eines Krankenhausarztes einer anderen Fachgruppe hinzukommt, wenn die entsprechende Qualifikation im Krankenhaus nicht vorgehalten wird.

Das Modell des Konsiliar- bzw. Honorararztes im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit dem Krankenhausträger bietet für beide Seiten zunächst viele Vorteile. Es bietet im Gegensatz zum angestellten Arzt eine hohe Flexibilität für Arzt und Krankenhausträger bzgl. Art, Umfang, Dauer und Konditionen der Zusammenarbeit.

Es verwundert deshalb nicht, dass ein rasantes Wachstum in diesem Bereich der Kooperation zu verzeichnen ist, derzeit üben geschätzte drei- bis fünftausend Honorarärzte ihre Tätigkeit in Deutschland jedenfalls zeitweise aus.

Das vom Bundestag am 14. Juni 2012 verabschiedete Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-EntG) wurde auch vom Bundesrat in seiner Sitzung am 06. Juli 2012 gebilligt.

Unter anderem wird das zum 01.01.2013 in Kraft tretende Psych-Entgeltgesetz eine Änderung des § 2 Abs. 1 KHEntgG bringen, die dann vorsieht, dass Krankenhäuser ihre allgemeinen Krankenhausleistungen auch durch nicht fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte erbringen können.

Diese Neuregelung wird ergänzt durch die Anführung eines Absatz 3, wonach bei der Erbringung von allgemeinen Krankenhausleistungen durch nicht im Krankenhaus fest angestellte Ärztinnen und Ärzte das Krankenhaus sicher zu stellen hat, dass diese für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen erfüllen, wie sie auch für fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte gelten.

Dennoch sind nach wie vor bestimmte Voraussetzungen für die kooperationsärztliche Tätigkeit erforderlich, so darf es zu keiner Ausweitung des Versorgungauftrages des Krankenhauses kommen, zudem ist die Behandlung von selbst eingewiesenen Patienten problematisch. Denn einerseits kann hierdurch das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt tangiert sein, zum anderen entspricht die Behandlung eigener Patienten im Krankenhaus durch den niedergelassenen Arzt originär der Definition des Belegarztes, der aber eine entsprechende Belegarztanerkennung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung erfordert.

Vorsicht geboten ist auch bei der Erbringung von Wahlleistungen. So beschränkt
§ 17 Abs. 1 KHEntgG die Erbringung wahlärztlicher Leistungen dem Wortlaut nach ausdrücklich auf angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses bzw. die von diesen Ärzten veranlassten Leistungen außerhalb des Krankenhauses (Labor etc.). Der Einsatz von Honorarärzten ist nach diesseitiger Auffassung deshalb im Wahlleistungsbereich wesentlich problematischer. Dementsprechend verweigern auch einige private Krankenversicherungen kategorisch die Kostenübernahme für Wahlleistungen durch Konsiliar- bzw. Honorarärzte.

Eine wahlärztliche Leistungserbringung des externen Honorararztes und dessen Einbeziehung in die Wahlarztkette ist deshalb nur möglich, wenn sie auf Veranlassung eines solchen angestellten oder beamteten Wahlarztes des Krankenhauses erfolgt, weil das entsprechende Fachgebiet sonst dort nicht vertreten ist (etwa Radiologen oder Laborärzte). Die Leistungen dieser externen Wahlärzte unterliegt der 15 %igen Honorarminderungspflicht gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ. Gleichzeitig ist er jedoch auch berechtigt, den Wahlleistungspatienten seine Auslagen gemäß § 10 GOÄ gesondert zu berechnen, da diese im Krankenhaus nicht vorgehalten werden (so im Ergebnis auch BGH, Urteil vom 04.11.2010, Az. III ZR 323/09).

Des Weiteren ist beim Honorararzt auch das Thema „Scheinselbstständigkeit“ durchaus von Relevanz. Es prüfen die Rentenversicherungsträger im Hinblick auf die Einbindung des Arztes in die Organisation der Klinik in zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Würde sich herausstellen, dass Honorarärzte als Scheinselbstständige einzustufen sind, so müssten die Kliniken Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachzahlen.

2. c) Vor- und nachstationäre Versorgung

Die vor- und nachstationäre Versorgung gemäß § 115 a SGB V ist ausdrücklich Teil der stationären Versorgung. Sie ist in Räumen des Krankenhauses zu erbringen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Erbringung dieser Leistungen in den Räumen des niedergelassenen Arztes bereits die Erforderlichkeit der stationären Versorgung im Grunde entfallen lässt. Diese Vorgaben wurden durch die Neufassung des § 115 a Abs. 1 Satz 2 SGB V mit dem zum 01.01.2012 in Kraft getretenen GKV Versorgungsstrukturgesetz gelockert, die Leistungen gem. § 115a SGB V kann der extern beauftrage Arzt nunmehr ausdrücklich auch in der Arztpraxis erbringen.

2. d) Ambulante Operationen im Krankenhaus

Auch bei den ambulanten Operationen gemäß § 115 b SGB V i. V. m. dem AOP-Vertrag wurde durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vorgesehen, dass die Vertragspartner die Möglichkeit der Erbringung ambulanter Operationsleistungen durch niedergelassene Ärzte ausdrücklich regeln müssen. Durch die zwischenzeitlich erfolgte entsprechende Neufassung des AOP-Vertrages wurde diese Vorgabe umgesetzt, sodass auch in diesem Bereich die Beauftragung niedergelassener Ärzte durch das Krankenhaus zur Erbringung ambulanter Operationsleistungen auf Honorarbasis ausdrücklich zulässig ist.

Literatur

[1] vgl. zur Befristung allgemein: Hüttl: Arbeitsrecht in Krankenhaus und Arztpraxis, Seite 67 ff.

[2] vgl. zum Chefarztdienstvertrag: Hüttl: Seite 85 ff.

[3] vgl. Hüttl: Seite 101 ff.

[4] LAG Hamm, Urteil vom 18.03.2009, Az.: 2 SA 1108/08

Heberer J. / Hüttl P. / Butzmann O. Rahmen und Möglichkeiten von chirurgischen Beschäftigungsverhältnissen. Passion Chirurgie. 2012 Oktober; 2(10): Artikel 02_01.

Beschneidung bei Minderjährigen: Urteil des Landgerichts Köln vom 07.05.2012

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 07.05.2012 einen Arzt vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen, der bei einem seinerzeit vierjährigen Kind ohne medizinische Indikation eine Beschneidung vorgenommen hat.

Das Ergebnis dieser Verhandlung und somit das Urteil des Landgerichts Köln ist zunächst einmal für den Arzt daher sehr positiv. Er wurde nicht verurteilt, obgleich das Landgericht Köln in den Urteilsgründen davon ausgeht, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Körperverletzung gehandelt hat. Das Landgericht Köln nimmt lediglich zugunsten des Arztes an, dass er sich in einem sogenannten unvermeidbaren Verbotsirrtum befand, als er die Handlung vorgenommen hat. Damit handelt er also ohne Schuld (vgl. § 17 Satz 1 StGB). [1]

Das Urteil als solches vermittelt zunächst daher keinen negativen Eindruck, da der Angeklagte Arzt ja freigesprochen wurde.

Problematisch an dieser Entscheidung sind allerdings die Urteilsgründe, die an der Tatbestandsmäßigkeit (im Sinne einer Körperverletzung) der rituellen Beschneidung eines Minderjährigen keinen Zweifel lassen.

Die Urteilsgründe des Landgerichts Köln

Das Landgericht Köln geht davon aus, dass der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist. Nicht erfüllt hingegen ist nach Auffassung des Landgerichts Köln der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung, da das Skalpell zwar grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug ist, aber hier, seiner Bestimmung gemäß, durch einen Arzt verwendet wurde. Dies lässt eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung daher nicht zu. Aber auch der Vorwurf der Körperverletzung als solches ist bereits erheblich, da diese mit Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sanktioniert ist.

Das Landgericht Köln betont zudem deutlich, dass die aufgrund elterlicher Einwilligung aus religiösen Gründen von einem Arzt ordnungsgemäß durchgeführte Beschneidung eines nicht einwilligungsfähigen Knaben bereits aufgrund der sogenannten Sozialadäquanz nicht von der Strafbarkeit ausgeschlossen ist. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass zwar grundsätzlich eine Strafbarkeit anzunehmen wäre, da ein gegen das Kindeswohl verstoßendes und nicht zu entschuldigendes Verhalten vorliegt.

Dies sei aber, so der Gedanke der Sozialadäquanz, sozial unauffällig, allgemein gebilligt und geschichtlich üblich und daher dem formellen Strafbarkeitsverdikt entzogen. Dieser Möglichkeit, die Strafbarkeit entfallen zu lassen, erteilt das Landgericht Köln aber eine deutliche Absage.

Das Verhalten des Angeklagten Arztes war, und dies ist wohl die Kernaussage der Entscheidung, auch nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt. Eine Einwilligung des seinerzeit vierjährigen Kindes lag nicht vor und konnte mangels hinreichender Verstandesreife auch nicht in Betracht gezogen werden. Die Einwilligung der Eltern lag zwar vor, vermochte indes die tatbestandsmäßige Körperverletzung nicht zu rechtfertigen.

Hierzu führt das Landgericht Köln wörtlich aus:

„Gemäß § 1627 Satz 1 BGB sind vom Sorgerecht nur Erziehungsmaßnahmen gedeckt, die dem Wohl des Kindes dienen. Nach wohl herrschender Auffassung in der Literatur entspricht die Beschneidung des nicht einwilligungsfähigen Knaben weder unter dem Blickwinkel der Vermeidung einer Ausgrenzung innerhalb des jeweiligen religiös-gesellschaftlichen Umfeldes, noch unter dem des elterlichen Erziehungsrechtes dem Wohl des Kindes. Die Grundrechte der Eltern aus Artikel 4 Abs. 1, 6 Abs. 2 GG werden ihrerseits durch das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Abs. 2 und 2 Satz 1 GG begrenzt. Das Ergebnis folgt möglicherweise bereits aus Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 136 Abs. 1 WRV, wonach die staatsbürgerlichen Rechte durch die Ausübung der Religionsfreiheit nicht beschränkt werden (so Herzberg, JZ 2009, 332, 337; derselbe MedR 2012, 169, 173).

Jedenfalls zieht Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG selbst den Grundrechten der Eltern eine verfassungsimmanente Grenze. Bei der Abstimmung der betroffenen Grundrechte ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die in der Beschneidung zur religiösen Erziehung liegende Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist, wenn sie denn erforderlich sein sollte, jedenfalls unangemessen. Das folgt aus der Wertung des § 1631 Abs. 2 Satz 1 BGB. Zudem wird der Körper des Kindes durch die Beschneidung dauerhaft und irreparabel verändert. Diese Veränderung läuft dem Interesse des Kindes, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können, zuwider. Umgekehrt wird das Erziehungsrecht der Eltern nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten sind, abzuwarten, ob sich der Knabe später, wenn er mündig ist, selbst für die Beschneidung als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam entscheidet.“

Das Landgericht Köln nimmt also eine Abwägung der wechselseitig bestehenden Grundrechte vor und kommt deshalb zu dem Entschluss, dass die Beschneidung als solches nicht dem Kindeswohl dient und somit auch die Einwilligung der Eltern hierin nicht wirksam war. Der Arzt konnte sich nur deshalb einer Strafbarkeit entziehen, weil das Landgericht Köln zu seinen Gunsten schuldloses Verhalten angenommen hat, weil er sich in einem Verbotsirrtum befunden hat.

Diese Möglichkeit wird zukünftig aber insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Diskussion der Strafbarkeit der rituellen Beschneidung wohl nicht mehr gegeben sein.

Kommentar

Das Landgericht Köln hat als erstes Gericht hier die Strafbarkeit der Zirkumzision aufgrund fehlender Einwilligung und damit Rechtfertigung angenommen.

Es gab aber in der Vergangenheit bereits Urteile, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. So hat beispielsweise das AG Düsseldorf bereits im Jahr 2004 einen Beschneider wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dies allerdings deshalb, weil der 77-jährige ein verschmutztes Besteck verwendet hat. An der Frage, ob die Beschneidung als solches gerechtfertigt war, wurde kein Anstoß genommen.[2]

In der zivilrechtlichen Judikatur wurde ein Schadensersatzprozess eines neunjährigen Jungen gegen seine Beschneidung und die darin sich anschließenden zwei Klinikaufenthalte mit Hauttransplantationen bereits vor längerem beschrieben. Das Landgericht Frankenthal hat zu diesem Zeitpunkt die Einwilligung des neunjährigen Kindes für unerheblich erklärt. Auch hat es die Einwilligung der Eltern in den medizinisch nicht indizierten, von einem Nichtmediziner unter unsterilen Bedingungen durchgeführten körperlichen Eingriff als ebenfalls unwirksam erachtet. Dies deshalb, weil die Einwilligung in eine solche Art des Eingriffes nach Auffassung der damaligen Kammer gegen das Kindeswohl verstößt und damit nicht mehr vom elterlichen Sorgerecht gedeckt war. [3] Auszugehen war nach dem Landgericht Frankenthal damals davon, dass die Eltern nicht die Befugnis hätten, unvernünftige Entscheidungen zum Nachteil ihres Kindes zu treffen, weshalb ihre Entscheidungsfreiheit in aller Regel auf medizinisch indizierte Eingriffe beschränkt sei. Das Landgericht Frankenthal ging allerdings davon aus, dass die Eltern ohne Probleme bei einem Mediziner, der den medizinischen Mindeststandard einhalte, die Beschneidung hätten vornehmen lassen können.

Dies zeigt, dass die rituelle Beschneidung bei Minderjährigen bereits in der Vergangenheit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war, wenngleich die Urteilsgründe nicht so drastisch gegen die Beschneidung gesprochen haben.

Gleichwohl wird immer deutlich, dass hier letztlich zwei Grundrechte gegeneinander prallen und die Frage gestellt werden muss, welche Grundrechte hier Vorrang haben. Diese Frage ist sicherlich nicht einfach zu beansixrten, da sowohl im Islam als auch im Judentum die Beschneidung einen religiösen Grundpfeiler darstellt. [4]

Zudem ist festzustellen, dass die Beschneidung von zentraler Bedeutung für das kulturell-religiöse Selbstverständnis des Betroffenen ist. [5]

Bei der Abwägung der Grundrecht untereinander muss man aber auch berücksichtigen, dass dem Kind grundsätzlich zuzubilligen ist, dass es ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat, wie es Ausfluss aus Artikel 2 Abs. 2 GG und Artikel 2 Abs. 1 GG ist. Zudem ist das Recht auf Wahrung der Persönlichkeit hier ebenfalls zu berücksichtigen, wie es in Artikel 1 Abs. 1 GG festgeschrieben ist. Demgegenüber stehen die Rechte der Eltern auf Erziehung gemäß §§ 1626, 1629 BGB als Ausfluss des Artikel 6 Abs. 2 GG, dem Recht der Eltern auf religiöse Kindererziehung gemäß Artikel 4 Abs. 1 i. V. m. Artikel 6 Abs. 21 GG und natürlich deren Religions- bzw. Religionsausübungsfreiheit aus Artikel 41, 2 GG. [6]

Es stellt sich also die Frage, ob die Religionsfreiheit und die Erziehungsrechte die Beschneidung rechtfertigen. Genießen also die Religionsfreiheit der Eltern und das elterliche Erziehungsrecht den Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit eines Menschen? [7]

Diese Frage muss nach Auffassung der Verfasser vom Bundesverfassungsgericht beansixrtet werden. Insofern erscheint es auch nicht notwendig, hier eine eigenständige Gesetzgebung anzustrengen und auch anzustoßen. Denn der rechtliche Rahmen, die rituelle Beschneidung bei Minderjährigen juristisch einzuordnen, besteht längst. Allein die Tatsache, dass ein Richter im Rahmen seiner ihm gesetzlich und rechtsstaatlich garantierten Unabhängigkeit ein Urteil nach bestem Wissen und Gewissen gefällt hat, kann nicht dazu führen, dass man schlicht ein neues Gesetz erlässt. Vielmehr müsste man hier mit der gebotenen Gelassenheit, denn letztlich handelt es sich hierbei um die Rechtsprechung des Landgerichtes Köln und somit nicht um eine höchst richterliche Entscheidung, zuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht, das dazu berufen ist, über die Grundrechte eines jeden zu wachen, über diesen Sachverhalt entscheidet.

Bis zu diesem Zeitpunkt bietet die Entscheidung des Landgerichtes Köln aber nunmehr Rechtsicherheit dahingehend, dass von einer aus rein rituellen Gründen durchgeführten Beschneidung Abstand zu nehmen ist.

Bei der rein juristischen Betrachtung dieses Falles muss man sich auch von rein pragmatischen Lösungen, dass beispielsweise eine Beschneidung unter ärztlicher Aufsicht einer Beschneidung durch Nichtmediziner vorzuziehen ist, lösen. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht darum, Religionsgemeinschaften zu diskriminieren und Praktikabilitätserwägungen anzustellen, sondern es geht allein darum zu überprüfen, inwieweit die rituelle Zirkumzision bei einwilligungsunfähigen Knaben gegen geltendes Recht verstößt.

Zudem ist damit auch eine Grundfrage des ärztlichen Tuns, nämlich die ärztliche Ethik betroffen. [8]

In Übereinstimmung mit der Bundesärztekammer ist also davor zu warnen, derzeit eine rituelle Beschneidung vorzunehmen. [9]

Eine schnelle Lösung im Sinne einer eigenständigen Gesetzgebung scheint ohnehin nicht in Sicht zu sein, wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger anlässlich eines Interviews bei der Ärztezeitung vom 16.07.2012 zu erkennen gegeben hat.

Sie hat auch klar nochmals darauf abgehoben, dass es sich letztlich tatbestandsmäßig bei der Beschneidung um eine Körperverletzung handelt. Diese wurde aber, und dies sollte man nochmals betonen, bis heute strafrechtlich in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht sanktioniert.

Literatur:

[1] LG Köln, Urteil vom 07.05.2012, Az.: 151 Ns 169/11

[2] AG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2004, Az.: 411 Ds 60 JS 3518/00

[3] LG Frankenthal, Urteil vom 14.09.2004, Az.: 4 O 11/02

[4] so auch Jerouschek, NStZ 2008, 313 bis 319

[5] so auch Schwarz, JZ 2008, 1125 bis 1129

[6] Jerouschek, NStZ 2008, a.a.O.

[7] Jerouschek, a.a.O.

[8] so auch Stehr, Presseerklärung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zu dem Urteil des Landgerichtes Köln vom 07.05.2012 vom 04.07.2012

[9] Montgomerey, Spiegel online vom 14.07.2012

Heberer J. / Hüttl P. Beschneidung bei Minderjährigen. Passion Chirurgie. 2012 September; 2(09): Artikel 06_02.

Ambulante Operation durch Privatarzt im Auftrag eines Krankenhauses auf Honorarbasis?

Frage:

Ein niedergelassener, rein privatärztlich tätiger Arzt fragt an, ob er aufgrund der Änderungen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz zum 01.01.2012 nunmehr ambulante Operationen gem. § 115b SGB V im Auftrag eines Krankenhauses auf Honorarbasis in seiner Praxis vornehmen könne.

Antowrt:

Der Wortlaut des § 115 b Abs. 1 S. 4 SGB V ist durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz wie folgt gefasst worden:

„In der Vereinbarung ist vorzusehen, dass die Leistungen nach Satz 1 auch auf der Grundlage einer vertraglichen Zusammenarbeit des Krankenhauses mit niedergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus erbracht werden können.“

Nach dieser Regelung muss also zunächst der Gemeinsame Bundesausschuss die Vorgaben für den AOP-Vertrag neu fassen und dort vorsehen, dass zukünftig ambulante Operationsleistungen gemäß § 115 b SGB V durch niedergelassene Vertragsärzte im Auftrag des Krankenhauses und in Räumlichkeiten des Krankenhauses erbracht werden können.

Es ist also weder vorgesehen, dass reine Privatärzte diese Leistung erbringen, noch dass diese Leistungen im Auftrag des Krankenhauses in der Arztpraxis erbracht werden können.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass sich das SGB V als sozialversicherungsrechtliches Gesetzeswerk auch gar nicht mit reinen Privatärzten zu befassen hat. Da die Leistungen gemäß § 115 b SGB V jedoch reine GKV-Leistungen sind und es letztlich um die Abrechenbarkeit von GKV-Leistungen durch das Krankenhaus geht, dürfte sich die Kooperationsmöglichkeit des Krankenhauses meiner Auffassung nach dennoch auf Vertragsärzte beschränken.

Es war dem Arzt deshalb dazu raten, Leistungen gemäß § 115 b SGB V allenfalls im Rahmen eines (teilzeitigen) Anstellungsverhältnisses beim Krankenhaus und im Krankenhaus zu erbringen.

Heberer J. Ambulante Operation durch Privatarzt im Auftrag eines Krankenhauses auf Honorarbasis? Passion Chirurgie. 2012 September; 2 (09): Artikel 08_01.

Vorgaben für eine Entscheidung, ob ambulant oder stationär operiert wird

Frage:

Ein niedergelassener Arzt fragt an, nach welchen Vorgaben er entscheiden soll, wann ein operativer Eingriff ambulant durchgeführt werden kann und wann er stationär durchzuführen ist.

Antwort:

Zunächst gilt der bekannte Grundsatz ambulant vor stationär. Im operativen Bereich ist die ambulante Operation Teil der vertragsärztlichen Versorgung gemäß §§ 11, 27 und 73 SGB V.

Daneben gibt es den Bereich der ambulanten Operation gemäß AOP-Vertrag im Sinne des § 115 b SGB V sowie in einigen Bundesländern einen sogenannten Förderkatalog nach § 73 c SGB V. Die genauen Vorgaben der Abgrenzung ambulanter vor stationärer Versorgung findet sich zudem in § 39 Abs. 1 S. 2, § 73 Abs. 4 SGB V. Danach haben Versicherte nur dann einen Anspruch auf stationäre Behandlung, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante einschließlich häuslicher Krankenbehandlung erreicht werden kann.

Nach der Definition des BSG ist die ambulante Chirurgie wie folgt zusammenzufassen: Diagnostische und therapeutische Eingriffe an Patienten, die sowohl die Nacht davor als auch die Nacht danach außerhalb eines Krankenhauses verbringen. Somit sind z. B. weder die Durchführung einer Vollnarkose, die Inanspruchnahme eines Krankenhausbettes, die Aufnahme in das Krankenhaus oder die zeitweise Gewährung von Unterkunft und Verpflegung aussagekräftige Abgrenzungskriterien. Maßgeblich ist eben nur, ob der Patient die Nacht vor und die Nacht nach dem Eingriff im Krankenhaus verbringt.

Bei der vom Arzt zu treffenden Methodenwahl besteht zwar die ärztliche Therapiefreiheit und er hat nach seinem Ermessen das geeignetste Verfahren zu wählen. Er hat jedoch gleichzeitig den Grundsatz des Vorrangs des Ambulanten zu berücksichtigen. Wenn aber zwar eine generelle Eignung für eine ambulante Operation gegeben ist, der Patient aber aufgrund von Besonderheiten, beispielsweise seines Alters, einer vorhandenen Multimorbidität und insbesondere auch sein soziales Umfeld so ist, dass der Arzt seine sofortige Entlassung nicht verantworten kann, so ist ggf. dennoch die stationäre Versorgung zu wählen. Maßgeblich ist hier auch die Gewährleistung der ausreichenden Pflege zuhause sowie die räumlichen und apparativen Gegebenheiten, die bei dem Patienten zuhause im Einzelfall vorhanden sein müssen.

Sowohl die generelle Eignung für die ambulante Operation als auch entsprechende morbiditäts- und diagnosebedingte Risikofaktoren sind zudem im AOP-Vertrag nach § 115 b SGB V sowie dessen Anlagen 1 und 2 und der sogenannten Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 115 b SGB V dezidiert geregelt. Dort können die weiteren Details entnommen werden.

Heberer J. Vorgaben für eine Entscheidung, ob ambulant oder stationär operiert wird. Passion Chirurgie. 2012 Juni; 2 (06): Artikel 08_02.

Privatarzt als Belegarzt

Frage:

Ein niedergelassener Arzt ohne vertragsärztliche Zulassung fragt an, ob er einen Belegarztvertrag mit einer Klinik rein für privatärztliche Leistungen abschließen könne.

Antwort:

Diese Frage schneidet mehrere problematische Bereiche gleichzeitig an.

Zum einen widerspricht eine rein wahlärztliche Tätigkeit der Intention des Gesetzgebers bei der belegärztlichen Tätigkeit. Maßgeblich ist hierbei zunächst der Wortlaut des § 121 Abs. 2 SGB V bzw. der nahezu wortgleiche § 18 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz. Dort heißt es:

„Belegärzte im Sinne dieses Gesetzes sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und mittelstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.“

Nach dieser Legaldefinition können also nur Vertragsärzte und nicht reine Privatärzte als Belegärzte angesehen werden.

Oft handelt es sich bei derartigen „belegarztvertraglichen“ Regelungen jedoch im Grunde um eine honorarärztliche Tätigkeit. Doch auch im honorarärztlichen Bereich ist gerade die Erbringung wahlärztlicher Leistungen rechtlich problematisch. Denn § 17 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz regelt ausdrücklich, dass wahlärztliche Leistungen im Krankenhaus nur von in diesem Krankenhaus angestellten oder beamteten Ärzte erbracht werden können. Externe Ärzte haben die Leistungen auch extern zu erbringen bzw. werden im Einzelfall ggf. konsiliarisch hinzugezogen.

Im Ergebnis musste dem Arzt deshalb von dem geplanten Vertrag abgeraten werden.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
E-Mail: justitiar@bdc.de

Heberer J. Fragen und Antworten: Privatarzt als Belegarzt. Passion Chirurgie. 2011 November; 1(11): Artikel 08_02