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Für Babyboomer ist 65 doch kein Alter mehr

Abb 1: Diese Tätigkeiten können sich Chirurgen nach dem Renteneintritt vorstellen

Mit 65 in Rente? Die Mehrzahl der Chirurgen würde gerne weiterarbeiten und ist auch offen für Veränderungen – doch nicht zu jedem Preis. Was sich „Silver Worker“ wünschen und welchen Mehrwert sie Kliniken bringen, weiß Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen.

Die Chirurgie hat – wie andere medizinischen Fachgebiete auch – ein Nachwuchsproblem. Silver Workern kommt daher eine wachsende Bedeutung zu. Nach der Ärztestatistik der Bundesärztekammer sind heute bereits 7 Prozent aller berufstätigen Ärzte älter als 65 Jahre, bei den Chirurgen sind es 6,6 Prozent. Dieser Anteil wird voraussichtlich weiter steigen. Eine Umfrage des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen (BDC) unter 1.400 Mitgliedern aller Altersgruppen zeigt: Die Hauptmotivation nach dem Renteneintritt weiterzuarbeiten, ist für die große Mehrheit, den Selbstwert zu erhalten, Wertschätzung zu erfahren sowie das Gefühl, noch gebraucht zu werden.

Doch weiterarbeiten heißt nicht unbedingt, ab morgens um sieben für zwölf Stunden am OP-Tisch zu stehen. Wer 35 Chirurgenjahre auf dem Buckel hat, könnte auch ein wenig kürzertreten oder andere Tätigkeiten übernehmen, etwa in der Nachwuchsförderung. So können sich rund drei Viertel der befragten Chirurgen eine Lehrtätigkeit oder ein Mentoring nach dem Renteneintritt vorstellen und ebenso viele würden sich eine ärztliche Tätigkeit in Teilzeit wünschen.

Welchen Vorteil hat das für die Kliniken? „Kliniken können enorm von Silver Workern profitieren“, meint BDC-Präsident Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer. Allerdings müssten sie ihren Chirurgen akzeptable Bedingungen bieten – und das sei noch nicht immer gegeben. Prof. Meyer ist selbst Silver Worker und vertritt neben dem Berufsverband auch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie als Generalsekretär.

Abb. 2: Sind altersgemischte Teams erfolgreicher als andere Teamkonstellationen? Das denken…

„Silver Worker brauchen akzeptable Bedingungen“

Health Relations (HR): Herr Professor Meyer, was halten Sie davon, wenn ein 70-Jähriger noch operiert?

Meyer: Wenn jemand noch fit ist, spricht überhaupt nichts dagegen. Für die Generation der Babyboomer ist 65 doch kein Alter mehr. Klar gibt es individuelle Unterschiede, und ich rede nicht davon, dass jemand mit Gehhilfe am OP-Tisch steht. Aber viele von uns sind in so einer guten mentalen und körperlichen Verfassung, dass sie selbst noch mit 75 gute Arbeit leisten können. Bis zu diesem Alter ist eine chirurgische Tätigkeit meines Erachtens durchaus verantwortbar.

HR: Wie groß ist die Bereitschaft unter Ihren Kollegen, nach dem Renteneintrittsalter weiterzuarbeiten?

Meyer: Der Großteil wird mit 65 sicherlich nicht die Kelle fallen lassen. Ich glaube sogar, dass wird künftig eher die Ausnahme sein. Das zeigt ja auch unsere Umfrage ziemlich deutlich.

HR: Das sind doch gute Aussichten für Kliniken, die händeringend Nachwuchs suchen, oder?

Meyer: Das Nachwuchsproblem wird durch die Silver Worker allein natürlich nicht gelöst. Aber sie können indirekt zu einer Lösung beitragen, indem sie junge Leute für das Fach begeistern, sei es durch Vorlesungen, Vorträge, Publikationen und – ganz wichtig – bei der Betreuung von Medizinstudenten im Praktischen Jahr. Hier werden die entscheidenden Weichen gestellt, ob jemand den Traumjob Chirurg ergreift oder eben nicht. ‘Silberlöwen’ wie ich haben in der Regel eine große Leidenschaft für ihren Beruf und einen riesigen Erfahrungsschatz: Es wäre nicht klug, dieses Potenzial zu verschenken. Übrigens zeigt auch unsere Umfrage, dass alle Generationen der Meinung sind, dass altersgemischte Teams erfolgreicher sind als andere Teamkonstellationen.

HR: Was müssen Kliniken denn tun, um ihre Silberlöwen zu halten?

Meyer: Es müssen akzeptable Bedingungen geboten werden. Wenn einer mit 65 zum Beispiel keinen Nachtdienst mehr machen möchte, ist das genauso nachvollziehbar, wie der Wunsch, unter den gleichen Konditionen wie bisher weiterzuarbeiten. Bedauerlicherweise zeigen sich viele Häuser da heute noch wenig flexibel. Es gibt jedoch einige Beispiele in Deutschland, wo Best Ager weiter in führenden Positionen sind oder Spezialaufgaben übernommen haben. Ich kenne Kollegen, die sind sogar noch mal an Universitätskliniken gewechselt, um dort spezielle Eingriffe vorzunehmen. Von solchen Arrangements profitieren beide Seiten enorm.

HR: Sie sagen, die Bedingungen müssen stimmen. Wie attraktiv ist es für einen Seniorkliniker, noch mal eigener Chef zu werden und sich in einer Praxis niederzulassen?

Meyer: Zahlen zu solchen Seitenwechslern haben wir leider nicht. Ich kann mir für die eigene Person aber ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Niederlassung eine attraktive Alternative zur früheren Klinikwelt darstellen kann. Meiner Ansicht nach gibt es in Kliniken genügend Betätigungsfelder, auch außerhalb des OPs.

HR: Welche Aufgaben haben Sie konkret im Sinn?

Meyer: Silver Worker können Klinikteams beratend unterstützen, fachlich und im organisatorischen Bereich. Vorstellbar ist auch eine Doppelspitze der Klinikleitung für einen überschaubaren Zeitraum. Silver Worker können sich an akademischen Lehrkrankenhäusern in die Lehre einbringen und damit Operateure enorm entlasten und gleichzeitig etwas für den dringend benötigten Nachwuchs tun. Oder sie können jungen Forschern helfen, Forschungsanträge zu schreiben und bei Literaturrecherchen unterstützen. Warum sind wir Chirurgen denn forschungsmäßig im Vergleich zu den Neurowissenschaften so weit hinten? Weil wir den Großteil des Tages am OP-Tisch stehen!

HR: Ein Schlusswort?

Meyer: In Zeiten, wo wir über Ärztemangel, Wettbewerbsdruck und den Trend zur Spezialisierung reden, wären Kliniken gut beraten, ihren erfahrensten Mitarbeitern individuell passende Angebote zu machen. Denn mit jedem, der geht, geht auch eine „Goldgrube“ an Wissen und Fähigkeiten verloren.

Erstveröffentlichung in Health Relations, dem Online-Magazin des Deutschen Ärzteverlags für die Healthcare-Branche. Das Interview führte Beatrice Hamberger.

Meyer HJ: Für Babyboomer ist 65 doch kein Alter mehr. Passion Chirurgie. 2020 Februar, 10(02): Artikel 04_05.

Wir feiern 60 Jahre BDC!

Editorial

Ich hoffe sehr, Sie alle hatten einen guten Start ins neue Jahr! Ein neues Jahr, das für uns besonderer Anlass zur Freude ist: Der BDC feiert nämlich seinen 60-jährigen Geburtstag!

Auf der Gründungssitzung im Jahr 1960 wählten die 40 anwesenden Chirurgen Herrn Prof. Dr. med. H. Killian aus Freiburg zum ersten Vorsitzenden. Ihm zur Seite wurden neun Beisitzer ausgewählt, die mit dem Aufbau der zu gründenden Landesverbände betraut wurden. Die Strukturen seit der Gründung haben sich natürlich entsprechend geändert, aber so manche Leitidee hat bis heute ihre Bedeutung behalten. Die Wahrung der Einheit der Chirurgie und die damit einhergehende Abgrenzung zu Nachbargebieten beispielsweise. Eine Idee, die den BDC und auch die DGCH immer beschäftigt hat und weiterhin wird. Aber man kann sicherlich feststellen, dass die Fachgesellschaft und der Berufsverband wahrscheinlich noch nie enger Hand in Hand zusammengearbeitet haben als heute.

60 Jahre BDC bedeutet aber vor allem Danke zu sagen! Danke an alle unsere Mitglieder, die uns seit vielen Jahren die Treue halten. Den Worten lassen wir natürlich auch Taten folgen: Aktuell können Sie einen Rabatt für Ihren Mitgliedsbeitrag für dieses Jahr gewinnen. Mehr Informationen dazu finden Sie nach dem Editorial.

Ich möchte die Gelegenheit aber auch nutzen, um Sie zum Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg und zum DCK 2020, also dem Deutschen Chirurgenkongress, in Berlin einzuladen. Unter dem diesjährigen Motto „Intelligenz, Intuition und Individualität“ hat der amtierende DGCH-Präsident Prof. Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen ein umfangreiches Programm zusammengestellt, so u. a. zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz bis hin zur Robotik. Einzelheiten zur Anmeldung und zum Programm finden Sie hier im Heft. Bei den Kongressen wird man auch an den BDC-Messeständen erkennen können, dass wir unser 60-jähriges Jubiläum feiern – wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Die erste Printausgabe PASSION CHIRURGIE im März wird im Zeichen dieses Jubiläums stehen. Wir werden die Arbeit des BDC der letzten Jahrzehnte Revue passieren lassen, vor allem aber auf Projekte und anstehende Herausforderungen der kommenden Jahre eingehen.

Einladung zur BDC-Mitgliederversammlung

Bitte merken Sie sich den Termin für die nächste Mitgliederversammlung (Zutritt nur mit gültiger Mitgliedskarte) vor:

Termin: Freitag, 24. April 2020, 12:10 – 13:10 Uhr

Ort: CityCube Berlin, Level 3 – Saal M1, im Rahmen des 137. Chirurgenkongresses

Ebenfalls am Freitag findet von 09:00 Uhr bis 12:00 Uhr eine Rechtsberatung für BDC-Mitglieder statt. Unser Justitiar, Herr Dr. Jörg Heberer, steht Ihnen dafür im Raum 0.12 zur Verfügung. Eine Anmeldung via [email protected] ist zwingend erforderlich.

In dieser Ausgabe stehen die Behandlungsmöglichkeiten der Leistenhernie im Fokus – wie immer ergänzt durch Neuigkeiten aus der chirurgischen Aus-, Weiter- und Fortbildung sowie aus den Bereichen Recht und Patientensicherheit: Viel Freude bei der Lektüre!

Ich wünsche Ihnen nun für das Jahr 2020 viel Glück und vor allem aber Gesundheit, Erfolg und Zufriedenheit im privaten wie beruflichen Umfeld.

Meyer HJ: Editorial: Wir feiern 60 Jahre BDC! Passion Chirurgie. 2019 Januar; 10(01): Artikel 01.

Spahn bringt Gesundheitspolitik dauerhaft in die Schlagzeilen

Interview mit Prof. Dr. med. Dr. h.c. H.-J. Meyer, BDC-Präsident und Generalsekretär der DGCH

Kongresszeitung: Gesundheitsminister Jens Spahn ist seit März 2018 im Amt und hat die Gesundheitspolitik in dieser Zeit dauerhaft in die Schlagzeilen gebracht. Fast täglich lesen wir auch in der Laienpresse, worum der Gesundheitsminister sich kümmern will – ob es nun um die Verordnung von Hilfsmitteln, die schnellere Zulassung neuer Behandlungsmethoden, die Förderung der Organtransplantation, die Einführung der digitalen Gesundheitskarte, das Verbot von Therapien gegen Homosexualität oder die Lenkungsfunktion des Hausarztes geht. Der „Hauruck-Minister“, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel ihn kürzlich nannte, positioniert sich sehr deutlich zu den unterschiedlichsten Themen. Wie beurteilen Sie diese Vorgehensweise?

Prof. Meyer: Der seit etwa einem Jahr vorherrschende, sehr persönliche Politikstil des Ministers Spahn im Umgang mit den Akteuren im Gesundheitswesen ist schon etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn auch sein Vorgänger im Amt, Hermann Gröhe, mit 25 Gesetzesvorlagen außerordentlich produktiv war, zeigte er sich jedoch stets bemüht, die Veränderungen möglichst im Konsens mit den Beteiligten umzusetzen. J. Spahn hingegen agiert nach dem Motto: „Ich bin gewählt worden, um zu entscheiden!“ Seit 2002 in den Bundestag gewählt und als langjähriger gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion kennt er dabei alle Facetten des Gesundheitssystems in unserem Land sehr genau. Nach kurzem Abstecher in die Finanzpolitik sagte er dann als Minister, dass man nach Rückkehr in die Gesundheitspolitik feststellen kann, in der Diskussion gar nicht so viel verpasst zu haben. Nach seinem Credo, was er auch bei der Bewerbung um den Parteivorsitz der CDU vortrug, braucht die Zukunft Ungeduld, braucht Tatendrang! Dieses bekam man bei der Darstellung seiner Vorstellungen, wobei er keiner Konfrontation aus dem Wege geht, mehr als deutlich zu spüren. Nach einem geschickten Umbau seines Ministeriums mit einem kompetenten, auch gesundheitspolitisch erfahrenen Team, also nach der „Inhouse-Politik“, wurde man fast trommelfeuerartig mit neuen Gesetzesvorlagen konfrontiert, die teilweise aber genauso schnell revidiert oder in andere Gesetze verschoben wurden. Dabei gelang es J. Spahn, sein Ministerium und sich selbst ins Rampenlicht mit entsprechend medialer Beachtung zu setzen, unterstützt durch zahlreiche Äußerungen in den sozialen Medien auf allen Kanälen. Unter den nachfolgenden zahlreichen Gesetzesvorlagen seien nur das Versichertenentlastungs-, Pflegepersonal- stärkungs- oder das Terminservice-Versorgungsgesetz genannt. Nach Meinung von K. Lauterbach würden gerade letztere beiden das deutsche Gesundheitssystem entscheidend verändern. Dies trifft allerdings nur mit erheblichen Einschränkungen zu. Die Aufstockung des Pflegepersonals um 13.000 Vollkräfte wurde anfänglich zwar begrüßt, wobei sich die positive Resonanz schnell relativierte, als es um die Festlegung der Pflegepersonaluntergrenzen in vier pflegeintensiven Bereichen ging. Als die Selbstverwaltungsorgane, vertreten durch die deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV), keine Einigung in diesem Punkt erzielen konnten, zeigte der Minister seine Qualitäten als Entscheider, in dem die Personal- untergrenzen durch sein Ministerium festgelegt wurden; dies auch im Bewusstsein, dass die Vorgaben nicht allerorts zu realisieren sind.

Sämtliche Diskussionen um das Terminservice- und Versorgungsgesetz gehören jetzt der Vergangenheit an, denn am 14. März 2019 ist der mittlerweile auf mehr als 200 Seiten angewachsene Gesetzesentwurf vom Bundestag mit den Stimmen der Regierungskoalition verabschiedet worden und kann zum 1. Mai 2019 in Kraft treten. Nach Meinung von J. Spahn wird dieses Mammutwerk die Versorgung schneller, besser und digitaler machen. Es finden sich auch finanzielle Anreize für die Ärzte, allerdings wird von der Ärzteschaft dieses nicht als Mehrvergütung angesehen, sondern lediglich als Ausgleich für tatsächlich erbrachte Leistungen. Mit Blick auf die elektronische Gesundheitskarte bestätigte der Minister zwar eine Entmachtung der Selbstverwaltung, aber nur deshalb, weil sie nicht in der Lage war, notwendige Entwicklungen voranzutreiben. Vom Koalitionspartner SPD wird das verabschiedete Gesetz als Abschaffung der Zweiklassenmedizin und als wichtiger Schritt in Richtung Bürgerversicherung begrüßt, denn nach K. Lauterbach werde dieses Ziel immer noch langfristig weiter verfolgt. Nach Einschätzung des Gesundheitsministers werden die durch das Gesetz verursachten Mehrkosten knapp 2 Milliarden € im Jahr ausmachen, um den Versorgungsalltag der Bevölkerung zu verbessern.

Kongresszeitung: Mit einer nahezu unüberschaubaren Flut von Gesetzen, Änderungsanträgen und Ideen hat Minister Spahn zahlreiche Akteure des Gesundheitswesens gegen sich aufgebracht: Ob es nun um die Einführung der Liposuktion beim Lipödem als Kassenleistung oder die Übernahme der Mehrheitsanteile der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte – Gematik – geht, die Reaktionen des Gemeinsamen Bundesausschusses, der Bundesärztekammer oder der Krankenkassenvertreter reichen von frostig bis hochgradig verärgert. Wie ist die Stimmung bei der DGCH und beim BDC?

Prof. Meyer: Unabhängig vom neuen Gesundheitsminister ist die Stimmung bei der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie(DGCH) und dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) intern erfreulicherweise sehr derzeit sehr gut, bedingt durch die wenig konfrontative Zusammenarbeit zwischen der wissenschaftlichen Fachgesellschaft und dem Berufsverband. Was die Stimmung allerdings vor allem bei den niedergelassenen Vertragsärzten erheblich gestört hat, waren die im geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz aufgeführten Vorgaben der Sprechzeiten mit einer Erhöhung auf 25 Stunden wöchentlich sowie die Bereitstellung von fünf freien Sprechstunden. Der teilweise weiterhin bestehenden Proteste der Ärzteschaft konnten auch nicht dadurch abgemildert werden, dass der Minister erklärte, diese Gesetzesvorlage sei als Kompromiss zum Erhalt der privaten Krankenversicherungen, also zur Vermeidung der von anderen Parteien geforderten Bürgerversicherung, zu sehen. Die von Sachverstand unterstützte und vorgetragene Realität zur Tätigkeit der niedergelassenen Kollegen wurde weitgehend ignoriert und von Seiten der großen Koalition wurde ein Festhalten an der 25-Stundenregelung bestätigt, auch wenn eine solch geplante Gesetzgebung als massiver Eingriff in die Freiberuflichkeit der Ärzte wie auch der Aufgaben der Selbstverwaltung zu bezeichnen ist. J. Spahn stellte sich dann sogar einer Diskussionsrunde mit den Vertragsärzten und zeigte sich über die Reaktion dieser erstaunt, wenn doch die Sprechstundenzeiten sowieso erreicht würden und stellte gleichzeitig eine verbesserte Vergütung in Aussicht. Völlig absurd muss in diesem Zusammenhang aber die Forderung der Deutschen Stiftung Patientenschutz angesehen werden, wenn eine genaue Kontrolle der Praxissprechzeiten zu erfolgen hat. Ähnliche Ansichten werden auch vom GKV-SV geteilt, die eine Erweiterung der Sprechstunden am Wochenende einfordern. Nicht nur nach meiner Meinung werden durch solche Äußerungen eindeutig die roten Linien überschritten!

Kongresszeitung: Die Liposuktion beim Lipödem betrifft ja direkt ein chirurgisches Fachgebiet. Plastische Chirurgen beklagen bereits seit längerem die restriktive Kostenübernahme durch die GKV für ein ihrer Erfahrung nach hocheffektives Verfahren, das den betroffenen Patientinnen im Gegensatz zur konservativen Therapie dauerhaft helfen kann. Von Seiten der DGPRÄC wurde der Vorstoß des Gesundheitsministers dann auch begrüßt. Wie ist die Position der DGCH hierzu – sollte der Gesundheitsminister in bestimmten Fällen das Bewertungsverfahren des GBA umgehen und qua Verordnung Therapien in den Leistungskatalog aufnehmen können?

Prof. Meyer: Die Entscheidungen der Selbstverwaltungsorgane, so auch die des G-BA, können sich in der Tat über mehrere Jahre hinziehen. Diese scheinbaren Verzögerungen sind in aller Regel durch aufwendige Recherchen und Analysen im Sinne einer evidenzbasierten Medizin bedingt, stören aber den ungeduldigen Gesundheitsminister doch erheblich. Wie bei der Festlegung der Pflegepersonalunter- grenzen trifft dies auch für die Liposuktion beim Lipödem zu, mit der nicht nur nach Meinung einzelner medizinischen Fachgesellschaften, sondern auch der des Ministers einer großen Zahl, meist weiblicher Patienten geholfen werden könne. Da vom G-BA keine eindeutig positive Ergebnisanalyse zu dieser Therapieoption vorgelegt wurde, soll es nun durch Veränderung des Methodenbewertungssystems dem Gesundheitsministerium ermöglicht werden, per Verordnungsgesetz diagnostische und therapeutische Verfahren festzulegen, die dann in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen werden sollen. Als Vorsitzender des G-BA sprach J.Hecken von einem deutlichen Systembruch. Lediglich die DKG sah in diesem Vorgehen eine Innovationsstärkung des Gesundheitswesens, vor allem in der Onkologie; alle anderen wissenschaftlichen Fachgesellschaften oder Institutionen sprachen von einer Missachtung der evidenzbasierten Medizin oder einem Vorgehen nach Gutsherrenart auf dem Weg in die Beliebigkeit und Staatsmedizin. Zukünftig soll nun dem G-BA zur Entscheidungsfindung bei der Methodenbewertung ein Zeitraum von zwei Jahren zugestanden werden; danach könnte das Gesundheitsministerium per Verordnungsgesetz ein Urteil fällen. Von der Bundesärztekammer wird dies als staatlicher Dirigismus in Reinkultur bezeichnet.

Kongresszeitung: Als der öffentliche Gegenwind gegenüber diesen Plänen zu stark wurde, verschwand die entsprechende Regelung aus dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), wo die Änderung ursprünglich angesiedelt werden sollte – um schließlich als Anhang im Implantateregistergesetz erneut aufzutauchen. Schließlich lenkte der GBA ein und schlug eine Übergangsregelung vor. Offenbar hat der „Aufmischer der Gesundheitspolitik“ (Ärzteblatt) also zumindest teilweise Erfolg mit seiner Konfrontationsstrategie. Wie bewerten Sie diese Vorgehensweise auch im Hinblick auf die zukünftige Zusammenarbeit im Gesundheitswesen?

Prof. Meyer: Der Gesetzesentwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz ist immer umfangreicher geworden und entwickelte sich fast zu einem Flickenteppich, dessen Inhalt kaum noch zu überblicken war (s.o.). Die Veränderung des Methodenbewertungssystems wurde bei entsprechenden Gegenreaktionen kurzerhand aus diesem Gesetz herausgekegelt und soll nun durch die Hintertür wieder zurück in die Gesetzgebung kommen. Geplant ist dabei die Anheftung einer Formulierungshilfe an das Gesetz zum deutschen Implantateregister. Von verschiedenen Seiten wird ein solches Manöver im Sinne eines Verschiebebahnhofs als“ Gesetzgebung auf dem Flur“ oder sogar als Dehnung des Rechtsstaates angesehen. Insgesamt beklagt nicht nur die Ärzteschaft die massiven Eingriffe von Seiten der Politik in die Freiberuflichkeit ihrer Tätigkeit, auch die Vertreter des GKV-SV müssen Eingriffe des Ministers in die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen ertragen, sodass sogar ein Machtwort der Bundeskanzlerin gefordert wird. Es geht dabei zum einen um die Forderung von J. Spahn nach 51% Gesellschafteranteile für den Bund bei der Gematik, also bei der Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte. Zum anderen werden aber auch die Veränderungen der Methodenbewertung, Vergütungsvorgaben bei Vorständen der Versicherungen und Selbstverwaltungsorgane sowie Kundeninformationen über günstigere Beitragssätze bei konkurrierenden Krankenkassen angeführt. Alle diese Entwicklungen machen die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen nicht einfacher, umso weniger, da der Minister sich auch über für ihn fachfremde Gebiete äußert, indem er durch Änderungen der EU-Regularien eine Abwanderung deutsche Ärzte in das Ausland verhindern will. Er äußerte sich sogar zur Therapie maligner Tumoren, wenn er entgegen besseren Wissens in zehn Jahren den Krebs besiegen will. Bei der jetzigen Polypragmasie kann man vielleicht von einer Bewegung in der Gesundheitspolitik sprechen, unklar bleibt allerdings, in welche Richtung sich durch die Hyperaktivitäten des Ministers beeinflusst das deutsche Gesundheitssystem eigentlich bewegen soll.

Kongresszeitung: Der Gesundheitsminister hat auch in diesem Jahr die Einladung zum Chirurgenkongress – und die Teilnahme am Organspendelauf – ausgeschlagen. Wie interpretieren Sie das?

Prof. Meyer: Im Gegensatz zu H. Gröhe und anderen ehemaligen Gesundheitsminister hat J. Spahn nun zum zweiten Mal einen Besuch der Eröffnungsveranstaltung der DGCH abgesagt und lässt sich erneut durch seine Staatssekretärin S. Weiss vertreten. Leider kann er auch nicht den Startschuss beim Organspendelauf geben, womit er sicherlich durch die als positiv anzusehenden Veränderungen des Transplantationsgesetzes hinsichtlich der Organspende ein entsprechendes Zeichen hätte setzen können. Es wird aber wieder einmal deutlich, wie wenig Akzeptanz und Einflussnahme große medizinische Fachgesellschaften, wie es die DGCH mit ihren assoziierten Fachgesellschaften zweifelsfrei darstellt, in unserem Gesundheitssystem besitzen. Dieses gilt in ähnlicher Weise auch bei den verschiedenen Selbstverwaltungsorganen. Weiterhin müssen wir allerdings bemüht sein, in der Ärzteschaft und besonders in der Chirurgie mit einer Sprache zu sprechen, um somit in den verschiedenen dominierenden Gremien unseres Gesundheitssystems überhaupt Gehör finden zu können. Dies gilt auch für die jetzige Gesundheitspolitik. Auch wenn dem Minister von den Medien vorgehalten wird, er überziehe mit seinem Aktionismus in manchen Fällen und er mache von allem zu viel als vermeintlich wichtigster und stärkster Mann im Gesundheitswesen im Vergleich zu den Selbstverwaltungsorganen, müssen wir auch als Chirurgen bemüht sein, uns verstärkt an den von J. Spahn immer wieder geforderten Debatten aktiv zu beteiligen, um unsere eigenen Interessen deutlich aufzuzeigen und manchmal auch dem Ärger über manche politische Entscheidungen einfach freien Lauf zu lassen. Man kann dem Minister zwar zustimmen, dass für zukünftige Entwicklungen alte Strukturen aufgebrochen werden müssen, allerdings sollte auf jeden Fall verhindert werden, dass das Bundesgesundheitsministerium den Weg einer von einer Rechts- zur Fachaufsicht weiterverfolgt und sich die Gesundheitspolitik zu einem gefährlichen Mixtum aus dirigistischer Staatsmedizin und ausschließlicher Patientenorientierung entwickelt. Die Politik sollte auch die Sicht der Agierenden im Gesundheitswesen nicht völlig ignorieren und aus den Augen verlieren. Dies gilt auch für einen Minister Spahn, dem aktuell von der Opposition vorgeworfen wird, dass er als „Kaiser Spahn“ entscheidet, was passiert bzw. dass er populistische Politik mache und sich als Minister inszeniert, der Dinge durchsetzt, also als „Macher“ zum Nutzen der eigenen politischen Karriere erscheinen will.

Mit freundlicher Genehmigung des Kaden Verlags übernommen aus der DGCH Kongresszeitung 2019 vom 28. März 2019, Seite 1.

Meyer HJ: Minister Spahns Politikstil ist gewöhnungsbedürftig. Passion Chirurgie. 2019 Juni, 9(06): Artikel 05_01.

Editorial: Unsere Kongresse: Alle Jahre wieder

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege

es ist zwar kein gesetzlicher Feiertag, der alljährlich ansteht, unsere wissenschaftlichen Kongresse sind aber für viele von uns eine ebenso feste Größe im Jahreskalender, vor allem für die jeweiligen Präsidenten und die chirurgischen Fachgesellschaften und Verbände. Und auch in diesem Jahr möchte ich die Gelegenheit nutzen, den wissenschaftlichen Leitern und ihren Teams ganz herzlich zu danken. Aus eigener Erfahrung kann ich gut nachempfinden, welche Belastungen und zeitliche Verpflichtungen notwendig sind, einen immer wieder interessanten Kongress bei Berücksichtigung der neuesten Entwicklungen zu planen und durchzuführen.

Knapp 5.000 Chirurginnen und Chirurgen kamen in diesem Jahr zum 136. Kongress der DGCH nach München und über 1.000 Chirurginnen und Chirurgen – viele davon in der Niederlassung – besuchten den Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg. Damit auch diejenigen, die nicht vor Ort waren, einen orientierenden Eindruck bekommen und einige aktuelle Themen nachlesen können, widmen wir die Juni-Ausgabe der Passion Chirurgie diesen beiden Kongressen.

Während des Chirurgenkongress in München fanden auch die Mitgliederversammlungen der DGCH und des BDC statt. Es freut mich besonders, dass Prof. Dr. med. Hauke Lang, Viszeralchirurg aus Mainz, zum 3. Vizepräsidenten 2019/20 und Präsidenten 2021/22 der DGCH gewählt worden ist. Bei der BDC-Mitgliederversammlung gab es in diesem Jahr ebenfalls die Wahl eines neuen Vizepräsidenten: Dr. med. Peter Kalbe löst Prof. Dr. med. Julia Seifert ab. Für ihre langjährige und engagierte Mitarbeit im Vorstand des BDC möchte ich Frau Professor Seifert an dieser Stelle nochmals ganz herzlich danken. Weitere Informationen dazu finden Sie u. a. in den Protokollen der Mitgliederversammlungen in diesem Heft.

Nach Beschluss im Präsidium der DGCH bekommt der deutsche Chirurgenkongress 2020 ein neues Akronym: DCK 2020 mit dem Untertitel Gemeinsam Lernen und Heilen. Im DGCH-INTERN-Teil dieser Ausgabe stellt sich auch der Incoming-Präsident der DGCH, Prof. Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen, vor und lädt offiziell zum nächsten Kongress der DGCH in Berlin ein: Unter dem Motto „Intelligenz, Intuition und Individualität“ werden wieder interessante und spannende Sitzungen zu erwarten sein.

Nach Lektüre unserer gemeinsamen Mitgliederzeitschrift können vielleicht doch noch mehr Kolleginnen und Kollegen motiviert werden, sich den Termin des nächsten Chirurgenkongresses vom 21.- 24. April 2020 in Berlin vorzumerken und an diesem teilzunehmen. Es lohnt sich auf jeden Fall!

Meyer HJ: Editorial. Unsere Kongresse: Alle Jahre wieder. Passion Chirurgie. 2019 Juni; 9(06): Artikel 01_02.

Das Referat für „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ stellt sich vor

Bei dem Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit denken die meisten in erster Linie an den Austausch mit der externen Öffentlichkeit. Im Berufsverband der Deutschen Chirurgen sind die Mitglieder – also sozusagen die interne Öffentlichkeit – mindestens genauso wichtig. Das Referat umfasst demnach neben der Erstellung von Pressemeldungen und der Beobachtung der Medien auch die Online-Kommunikation mit den Mitgliedern und vor allem die Mitgliederzeitschrift PASSION CHIRURGIE.

Die enge Zusammenarbeit der DGCH und des BDC spiegelt sich in diesem Referat besonders wider. Seit einiger Zeit wird die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gemeinsam gestaltet, um insgesamt die Wahrnehmung des Verbandes zu stärken und mit einer Stimme gehört zu werden. Weitere Fachgesellschaften unter dem Dach der DGCH sollen künftig in die Pressearbeit mit dem BDC und der DGCH einbezogen werden – immer mit dem Ziel, gemeinsam gesteigerte Aufmerksamkeit zu bekommen.

Bei unserer Mitgliederzeitschrift des BDC und der DGCH, PASSION CHIRURGIE, funktioniert die Zusammenarbeit schon sehr gut. Beide Geschäftsstellen gestalten in Abstimmung mit uns die Inhalte der Zeitschrift.

Wie wir alle wissen, sind Social Media, gerade für die jüngere Generation der Chirurginnen und Chirurgen, eine sehr wichtige und nicht wegzudenkende Kommunikationsform. Wir sind schon lange aktiv in sozialen Netzwerken und werden diesen Bereich künftig ausweiten. Aktuell bauen wir beispielsweise das Instagram-Profil des BDC auf. Folgen Sie uns gern!

Kooperationen mit Studierendenverbänden, dem Perspektivforum Junge Chirurgie oder auch dem Bündnis Junge Ärzte werden im Social Web schon länger umgesetzt. Das soll in Zukunft Hand in Hand mit den Nachwuchsvertretern in weiteren Kampagnen intensiviert werden.

Neue Mitglieder für den BDC zu gewinnen ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, auch für unser Referat. Wir entwickeln vor allem mit den Nachwuchsvertretern und -koordinatorinnen Ansprachen an junge Kolleginnen und Kollegen, um zu zeigen, warum es sich lohnt, Teil unseres starken Netzwerkes zu sein. Unsere Mitgliederstrukturen verändern sich zunehmend in Richtung der jüngeren Generationen, denn die Babyboomer verabschieden sich langsam wohlverdient aus dem Arbeitsleben. Wir legen den Fokus in Zukunft vermehrt auf Studierende, PJler und Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, um sie in berufspolitischen Zielen zu unterstützen, aber auch, um in den eigenen Reihen Verbesserungen zu erreichen.

Zusammengefasst bleiben wir mit unseren Kommunikationskanälen, extern und intern, am Puls der Zeit und werden die „klassische“ Pressearbeit in enger Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften und den Themen- bzw. Fach-Referaten im BDC weiter ausweiten.

Noch ein Wort zum Abschluss: Seien Sie selber aktiv und schicken Sie uns gerne eigene Artikel, von denen Sie meinen, dass Ihre Kollegen, also unsere Leser, davon einen Gewinn haben könnten.

Meyer HJ, Rüggeberg JA: Das Referat für „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit „ stellt sich vor. Passion Chirurgie. 2019 April, 9(04): Artikel 07_02.

Nachruf auf Dr. rer. pol. Ronny Dittmar

Am 26. Februar. 2019 ist nach langer, tapfer ertragener Krankheit Dr. Ronny Dittmar, unser hoch geschätzter Geschäftsführer des BDC, kurz vor Erreichen seines 43. Lebensjahres verstorben.

Dr. Dittmar hat erste Erfahrungen in der medizinischen Versorgung als ausgebildeter Altenpfleger gesammelt, bevor er sich an der Universität Bayreuth dem Studium der Gesundheitsökonomie zugewandt hat. Dort hat er den Hochschulabschluss sowie die Promotion zum Thema „Informationstechnologische Innovationen im Gesundheitswesen“ erreicht. Im Mai 2012 hat Dr. Dittmar als Referent für Projektentwicklung und Neue Medien im BDC unter der innerbetrieblichen Leitung der damaligen Geschäftsführung seine umfassenden Kenntnisse und Fähigkeiten einsetzen können. Ab November 2015 übernahm er die Position des alleinverant­wortlichen Geschäftsführers, die er bis zu seinem tragischen krankheitsbedingten Ausfall im Frühjahr 2018 voller Einsatz ausgefüllt hat.

Dr. Dittmar hat im BDC maßgeblich an der Entwicklung neuer Projekte gearbeitet, unter anderem an der neuen Webinar-Plattform, an der Weiterentwicklung des BDC-eigenen E-Learnings zur chirurgischen Fort- und Weiterbildung sowie im Management der Deutschen Akademie für chirurgische Fort- und Weiterbildung. Die dort neu eingeführten Strukturen tragen wesentlich seine Handschrift. Ebenfalls herausragenden Verdienst hat er in der Weiterentwicklung der Homepage, des Mitgliederverwaltungssystems, der Neustrukturierung unserer Verbandszeitschrift PASSION CHIRURGIE und vieler neuer webbasierter Angebote für unsere Mitglieder. Sein Fachwissen auf dem Gebiet der Informationstechnologie ist Grundlage für den Aufbruch des BDC in ein neues Zeitalter der Kommunikation und Dienstleistung.

Viele innovative Ideen hat Herr Dr. Dittmar dem Vorstand vortragen können. Kaum jemals gab es dabei ein negatives Votum. Ohne seinen unermüdlichen Einsatz ist es nicht vorstellbar, dass der BDC die heutige starke Position in der Verbändelandschaft gefunden hätte. Wir verlieren in Dr. Dittmar einen schwer zu ersetzenden Motor und werden täglich an ihn erinnert durch die vielen laufenden Projekte, die seine Handschrift tragen.

Der eigentliche Verlust betrifft aber natürlich den Menschen Ronny Dittmar. Es ist unfassbar tragisch, dass ein so junger Mann noch vor der vollen Entfaltung seiner Möglichkeiten aus dem Leben gerissen wird. Es ist ungerecht, dass er die Früchte seiner Arbeit nicht hat ernten dürfen. Umso bewundernswerter ist es, dass er in voller Kenntnis seines ihm drohenden Schicksals niemals sich selbst aufgegeben hat und solange es möglich war, ohne Klagen an seinem Arbeitsplatz geblieben ist.

Ronny Dittmar war im BDC vom gesamten Team hochgeschätzt und mit den meisten freundschaftlich verbunden. Trotz der hierarchischen Stellung als Vorgesetzter hat er sich immer als Teil eines Gesamtwerks verstanden und stand allen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Auch gegenüber dem Vorstand des BDC hat er in der ihm eigenen bescheidenen Art stets die Sache über die Person gestellt. Wir alle konnten ihm bedingungslos vertrauen und haben seine Anregungen immer gerne aufgenommen.

Ronny Dittmar hat für den BDC gelebt, ja gebrannt. Jeder, der ihn auch außerhalb der Geschäftsräume, z. B. bei Seminareröffnungen erleben durfte, hat spüren können, dass hier ein Mensch seine Idealvorstellungen verwirklicht. Nur so ist der große Erfolg seiner Arbeit möglich geworden.

Wir verlieren mit Dr. Ronny Dittmar einen im Auftreten bescheidenen und zurückhaltenden lieben Menschen, der in seiner Arbeit unermüdlich den Fortschritt im Blick hatte und nachhaltige Verbesserungen für alle Mitglieder des BDC bewirkt hat.

Unser Mitgefühl gilt in dieser schweren Zeit seinen Angehörigen, insbesondere seinen Eltern, seiner Frau und seinen Kindern. Der persönliche Verlust wiegt immer schwerer und ist durch nichts zu begleichen.

Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen wird das Andenken an Dr. Dittmar mit großer Dankbarkeit bewahren.

Nachruf zum Tod von Prof. h.c. Dr. med. Karl Hempel

in memoriam

Prof. h.c. Dr. med.

Karl Hempel

(*12.06.1923 – † 07.12.2018)

 

Am 7.12.2018 verstarb im 96. Lebensjahr der langjährige Präsident und Ehrenpräsident des BDC, Professor h.c. Dr. med. Karl Hempel. Wie kein Zweiter hat Prof. Hempel die Geschicke des BDC in einer äußerst bewegten Zeit mit Ruhe und Besonnenheit bestimmt. Wir gedenken Seiner mit tief empfundener Hochachtung.

Karl Hempel („der Preuße“) wurde am 12. Juni 1923 in Kolberg/Pommern geboren, absolvierte das Abitur am humanistischen Domgymnasium, anschließend das Medizinstudium in Berlin und Würzburg mit Unterbrechungen durch Wehrdienst und Fronteinsatz. 1946 folgte der Abschluss mit Staatsexamen und Promotion in Hamburg. Nach Assistenz- und Oberarztjahren wurde er 1969 als Chefarzt der Chirurgischen Abteilung am AK Hamburg Wandsbek gewählt und war dort zusätzlich als Ärztlicher Direktor bis zu seiner Pensionierung 1988 tätig.

Während seiner chirurgischen Tätigkeit unternahm er zahlreiche Studienreisen ins Ausland, u. a. nach Kopenhagen, Chur, London, Glasgow und vor allem in die USA (Harvard, New York, Newark und North Carolina). 1982, also noch während seiner aktiven Zeit, wurde Karl Hempel vom Präsidium des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen (BDC) einstimmig als Nachfolger von Prof. Müller-Osten zum Präsidenten gewählt, ein Amt, das er über vier Wahlperioden bis 1998 ausübte. Bei der Amtsübergabe an seinen Nachfolger Prof. Witte wurde Karl Hempel wiederum einstimmig vom geschäftsführenden Präsidium des BDC zum Ehrenpräsidenten ernannt. Im November 1998 wird ihm neben der Ehrenmitgliedschaft die Ehrenmedaille des BDC verliehen. Zu seinem 95. Geburtstag durften wir ihm die Wolfgang-Müller-Osten Medaille noch persönlich in Hamburg überreichen.

Seine Präsidentschaft wird immer verbunden sein mit dem Ausbau des BDC zur größten Chirurgenvereinigung Europas und der klaren Aufgabentrennung eines Berufsverbandes gegenüber wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Von ihm stammt das prägende Wort: „Die Gesellschaft ist für die Chirurgie da, der BDC für die Chirurgen!“ In seiner Amtszeit nahm die Mitgliederzahl des BDC von 3.400 (1982) auf 12.539 (1998) zu.

Besonders bewegend für den „Preußen“ Karl Hempel war die Wiedervereinigung Deutschlands 1989. Sobald wie möglich wurden die Chirurgen in der ehemaligen DDR besucht und mit „Rat und Tat“, vor allem durch Fachbücher und Zeitschriften, unterstützt. Viele Kolleginnen und Kollegen konnten für die Mitgliedschaft und Mitarbeit im BDC gewonnen werden und wurden zu persönlichen Freunden. Vorbildhaft ist Karl Hempel dabei vorurteilsfrei mit selbstverständlicher und menschlicher Art mit den oft schwierigen Biographien der Kollegen umgegangen.

Ein weiterer Meilenstein seiner Präsidentschaft war die Gründung der „Akademie für Chirurgische Weiter- und praktische Fortbildung“, heute die größte Akademie für die Durchführung zahlreicher Seminare zur Fort- und Weiterbildung für junge Chirurgen, für Postgraduierte sowie leitende Krankenhausärzte und Niedergelassene.

Der Ausbau der Rechtsberatung und vor allem eine enge Zusammenarbeit mit dem Vorstand und Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), deren Ehrenmitglied er war, haben den Mitgliedern des BDC den Wert des Verbandes verdeutlicht sowie mögliche Animositäten und Reibungsverluste erfreulicherweise deutlich minimiert.

Karl Hempel leitete die Sitzungen des BDC souverän, ruhig, jedoch scharfen Bemerkungen nicht abgeneigt („völliger Blödsinn!“). Langatmige Stellungnahmen waren ihm ein Gräuel; der aufmerksame Beobachter merkte es an den „Restless Legs“. Objektive Kritik, die ihm subjektiv überzogen schien, ließ er zu und in die Entscheidungen einfließen, allerdings „contre cœur“.

Karl Hempel war stets bescheiden und zurückhaltend, aber bestimmt in seinem Auftreten. Alles Extrovertierte oder gar Bombastische war ihm fremd, dabei vermochte er durchaus mit einem gewissen Schalk sein Gegenüber auf das rechte Maß zu bringen. Eine kleine Anekdote mag dies verdeutlichen: Ein aufgebrachter Kollege kam in die Hamburger Geschäftsstelle, um sofort eine Lösung für sein Problem zu bekommen. Hempel bat ihn auf das etwas abgenutzte Sofa und ließ ihn reden, bis alles gesagt war, ohne selber einzugreifen. Am Ende stand der Kollege auf, bedankte sich überschwänglich und verließ das Büro in der Überzeugung, tatkräftige Hilfe gefunden zu haben, ohne dass sich an der Ausgangslage irgendetwas geändert hätte.

Alle die ihn erleben durften, ob Schüler, Mitarbeiter, Mitstreiter, Kollegen oder Freunde respektierten und schätzten ihn und seine unkomplizierte, gradlinige, humorvolle Art. Wir werden seinen Ausspruch: „Chirurgie muss dem Patienten nutzen und nicht dem Chirurgen“ immer als Leitspruch bewahren und sein Andenken in dauerhaften Ehren halten.

Karl Hempel hat sich um die deutsche Chirurgie und die deutschen Chirurgen verdient gemacht, die Historie des BDC ist ohne ihn nicht vorstellbar.

Editorial: Kongress-Hochsaison

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

in diesen Tagen findet der 136. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in München statt. Hochkarätige Referenten aller chirurgischen Fachgesellschaften stellen die aktuellen Entwicklungen in unserem Fachgebiet vor und geben dabei die Gelegenheit für einen intensiven wissenschaftlichen Austausch. Wir freuen uns, Chirurginnen und Chirurgen aus aller Welt mit dem Sultanat Oman als Gastnation bei dem Kongress begrüßen zu dürfen.

Der diesjährige Kongress steht unter dem Motto: „Volle Kraft voraus – mit Herz, Hand und Verstand!“ Dieses Leitthema liegt uns im wahrsten Sinne des Wortes am Herzen, denn unabhängig von allen Innovationen bei den Operationsverfahren, in Leitlinien oder Medizintechnik, stets muss der Patient und auch die ärztliche Empathie im Vordergrund stehen. Um die zweifelsfrei vorhandene Faszination und Leidenschaft unseres Berufs – auch im Umgang mit den anvertrauten Patienten – weiter zu erhalten und zudem junge Mediziner dafür zu begeistern, müssen wir nicht zuletzt auch die sich abzeichnenden politischen Rahmenbedingungen sehr genau und kritisch beobachten.

Die aktuelle Gesundheitspolitik stand vor Kurzem beim Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg im Fokus, die sowohl „Kliniker“ als auch den Alltag von niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen entscheidend treffen kann. Sitzungen und Workshops zu unfall­chirurgischen Themen, Hygiene und vieles mehr standen außerdem auf dem Programm. In der Juni-Ausgabe werden wir auf die Highlights beider Kongresse ausführlicher eingehen.

Im vorliegenden Heft geht es unter anderem um das wichtige Thema „Operieren in der Schwangerschaft“. Der BDC hatte gemeinsam mit der DGCH und der Initiative OpidS eine Umfrage durchgeführt, die hier detailliert dargestellt wird. Im Anschluss werden die Änderungen des Mutterschutzrechts zusammengefasst. Jede schwangere Ärztin soll schließlich den Schutz erhalten, der für sie und das ungeborene Leben stets erforderlich ist. Es muss in der freien Entscheidung der Kolleginnen bleiben, inwieweit sie auch in der Schwangerschaft operativ/interventionell tätig sein möchten.

Weitere Beiträge zur Kommunikation innerhalb des Teams, zur DRG-Kodierung 2019 – ICD-10-GM und OPS u. v. m. finden Sie zudem in dieser ersten Printausgabe 2019.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre!

Meyer HJ, Anthuber M: Editorial: Kongress-Hochsaison. Passion Chirurgie. 2019 März; 9(Q1): Artikel 01.

Einladung zur BDC-Mitgliederversammlung 2019

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

hiermit lade ich Sie satzungsgemäß zur Mitgliederversammlung (Zutritt nur mit gültigem Mitgliedsausweis) des BDC ein.

Termin: Freitag, 29. März 2019, 11:45 – 12:30 Uhr

Ort:Internationales Congress Center München (ICM München), Saal 2, im Rahmen des 136. Chirurgenkongresses.

Tagesordnung

TOP 1

Bericht des Präsidenten

Meyer

TOP 2

Bericht des Schatzmeisters

Mayer

TOP 3

Antrag auf Entlastung des Vorstands

TOP 4

Nachwahl Präsidiumsmitglieder

TOP 5

Beschlussfassung Beitragsordnung

TOP 6

Bericht des Justitiars

Heberer

TOP 7

Aktuelle Probleme in der Berufspolitik: Sie fragen, wir antworten

Mitglieder des Präsidiums

TOP 8

Verschiedenes

Am Freitag, den 29. März 2019, 09:30 Uhr bis 12:30 Uhr, findet eine Rechtsberatung für BDC-Mitglieder mit dem BDC-Justitiar, Dr. Jörg Heberer, im Raum Büro 0.336 statt. Eine Anmeldung via [email protected] ist erforderlich.

Editorial: Kongress-Highlights 2018

Auch in diesem Jahr können wir wieder auf erfolgreiche Kongresstage zurückblicken: Auf den 135. Kongress der DGCH in Berlin und den etwas „jüngeren Vertreter“, den 25. Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und noch einmal allen Organisatoren, Referenten, Besuchern und Ausstellern für die Ausgestaltung beider Kongresse danken, denn ohne sie wäre ein solcher Erfolg nicht möglich gewesen.

Beim diesjährigen Jubiläum des Bundeskongress Chirurgie Ende Februar standen die Auswirkungen des Koalitionsvertrages für niedergelassene Chirurgen im Vordergrund der politischen Diskussionen. Die Bedeutung und Gestaltung der sektorenübergreifenden Versorgung war ebenfalls wichtiges Thema. Der BDC hat gemeinsam mit dem BNC und BAO ein umfangreiches Fortbildungsprogramm zusammengestellt. Das Hauptaugenmerk beim Angebot an Fachvorträgen und Workshops lag ganz klar auf der praktischen Fortbildung unter dem Motto „How I do it“. Aber auch globale Themen wie „Ein Blick in die Zukunft des OP-Saals“ wurden in Sitzungen angesprochen. Einige ausgewählte Inhalte vom Bundeskongress können Sie in dieser Ausgabe nachlesen, so auch „Die Geschichte hinter der Geschichte“ von Nataly Bleuel, der diesjährigen Gewinnerin des Journalistenpreises der Deutschen Chirurgen, der in Nürnberg verliehen worden ist.

Der 135. Kongress der DGCH stand in diesem Jahr unter dem Motto „Tradition – Innovation – Globalisierung“. Es ist kaum möglich aus diesen vier Kongresstagen bei insgesamt 950 eingereichten Abstracts die zahlreichen Highlights für diese Ausgabe im Einzelnen als Kongressnachlese darzustellen. Daher haben wir mit verschiedenen Beiträgen vom Organspendelauf, bis hin zu den Themen Arztassistenten, chirurgischer Nachwuchs sowie Europäische Referenznetzwerken, Integration von ausländischen Mitarbeitern und einigen Kongress-Reden u. a. in der Rubrik DGCH INTERN versucht, eine „bunte Mischung“ zusammenzustellen, welche punktuell die Kongressinhalte widerspiegeln.

Gerade im Rückblick auf die beiden Kongresse möchte ich hervorheben, dass sich besonders in der wissenschaftlichen und berufspolitischen Entwicklung unseres Berufs – auch um zukünftig Nachwuchs für unser Fach zu begeistern – nur ein gemeinsames Auftreten und Vorgehen Beachtung finden kann. Wir müssen also innerhalb der verschiedenen Fachgesellschaften gemeinsam auch mit dem Berufsverband Lösungsansätze für die zahlreichen übergreifenden Probleme suchen, aber auch gleichzeitig stets mit allen Anstrengungen für unseren besonderen Beruf einstehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude bei der Lektüre und hoffe, Sie bereits jetzt für die Besuche der kommenden Kongresse motivieren zu können, da bekanntermaßen nach dem Kongress jeweils wieder vor dem Kongress ist.

Ihr H.-J. Meyer

Meyer HJ. Kongress-Highlights 2018. Passion Chirurgie. 2018 Juni; 8(06): Artikel 01.