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Abrechnungs-Tipps für GOÄ und UV-GOÄ – Teil 1

Grundleistungen: Untersuchung und Beratung – Teil 1

Die Einzelpositionen der Untersuchungen und Beratungen erscheinen auf Grund der relativ geringen Honorarbeträge auf den ersten Blick unbedeutend. Da dies jedoch die häufigsten Abrechnungspositionen sind, spielen sie für das Gesamthonorar eine wichtige Rolle. Die optimale Abrechnung dieser Leistungen sollte also nicht unterschätzt werden. Insbesondere bei nicht operativen Fällen wird das Honorar (neben den technischen Leistungen) vor allem aus diesen Positionen generiert. Grundsätzlich sind diese Leistungen nach unserer Einschätzung unterbewertet, sodass bei der für dieses Jahr geplanten GOÄ-Reform eine Aufwertung angestrebt wird.

Erstbehandlung in einfachen Fällen und Kontrolluntersuchungen
GO-Nr. 1 (UV-GOÄ) bzw. 1 und 5 (GOÄ)

Dies ist der Standard für alle persönlichen Arzt-Patientenkontakte. Bei der UV-GOÄ ist die „symptomzentrierte Untersuchung bei Unfallverletzungen …“ bereits in die Nr. 1 einkalkuliert. Im Bereich der Privat-GOÄ wird die GO-Nr. 1 als Beratung getrennt von den Untersuchungen abgerechnet. Die GO-Nr. 5 steht dort für eine „symptombezogene Untersuchung“. Dies dürfte für die meisten Einzelverletzungen und alle Kontrollen zutreffen. Leider ist die GO-Nr. 5 pro Sitzung nur einmal abzurechnen, auch wenn mehrere Verletzungen oder Erkrankungen untersucht werden.

Tipp: Der Aufwand für die Behandlung zahlreicher oder schwierig zu behandelnder Einzelverletzungen kann über einen erhöhten Steigerungssatz (z. B. 3,5-fach) abgebildet werden.

Tipp: Mehrfachberechnung an einem Tag (unter Angabe der jeweiligen Uhrzeit) ist möglich, wenn dies in mehreren Sitzungen erfolgt. Eine Sitzung ist ein zusammenhängender Aufenthalt in der Praxis. Kommt ein Patient zum Beispiel einmal am Vormittag und einmal am Nachmittag, liegen 2 Sitzungen vor. Wenn ein Patient am Nachmittag nur noch einmal anruft und beraten wird, kann die GO-Nr.1 (GOÄ) bzw. 11 (UV-GOÄ) jeweils mit Angabe der Uhrzeit angesetzt werden.


Darüber hinaus sind Grundleistungen nur einmal im Behandlungsfall (Definition s. Passion Chirurgie 9/2011) neben Sonderleistungen abzurechnen. Daher ist für alle Kontrolluntersuchungen zu prüfen, ob die Abrechnung der GO-Nr. 1 (UV-GOÄ) oder 1 und 5 (GOÄ) im Betrag günstiger ist oder die Abrechnung erbrachter Sonderleistungen, z. B. für das Débridement sekundär heilender Wunden, für Verbände, Übungsbehandlung etc.

Tipp: Sollte sich herausstellen, dass die Abrechnung der Untersuchung und Beratung einen höheren Betrag ergibt als die durchgeführten Sonderleistungen, so können aber auf jeden Fall die Sachkosten nach § 10 der Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ bzw. die „Besonderen Kosten“ der UV-GOÄ zusätzlich angesetzt werden. Dazu sollte man sich im Praxis-Verwaltungs-System (PVS) so genannte „Kunstziffern“ anlegen. Dies wird hier an einem Beispiel erläutert:

Ein Patient kommt zur Kontrolle bei Ruhigstellung mit einer dorsalen Unterarmschiene. Er klagt über Druckbeschwerden, so dass die Schiene zur Kontrolle der Hautverhältnisse abgenommen und danach wieder angelegt wird. Sofern in diesem Zusammenhang keine Übungsbehandlung durchgeführt wird, kann nur die Leistung nach der GO-Nr. 229 abgerechnet werden. Bei einer BG-Behandlung ist es günstiger, die GO-Nr. 229 anstelle der GO-Nr. 1 anzusetzen. Bei einem Privatpatienten ist es dagegen günstiger, die GO-Nrn. 1 und 5 abzurechnen. Zusätzlich kann man die Sachkosten für die Wiederanlage der Schiene, also z. B. für die verwendeten Binden ansetzen. Die Kosten sind in einer „Kunstziffer“ im PVS hinterlegt worden, z. B. als „0229“. Diese ist mit 0 € Honorar und den in der Praxis in der Regel anfallenden Sachkosten (z. B. 3,40 €) hinterlegt und erscheint auf der Rechnung nur als „Sachkosten nach § 10 GOÄ“. Die richtige Abrechnung für diesen Tag lautet dann also: 1 und 5 und 0229.

Eingehende Beratung nach GO-Nr. 3 (nur Privat-GOÄ)

Diese Ziffer ist auf den ersten Blick attraktiv. Laut Leistungslegende muss die Beratung allerdings eingehend sein und das gewöhnliche Maß überschreiten. Dauer mindestens 10 Minuten. Mehrfachabrechnung ist im Behandlungsfall nur mit besonderer Begründung möglich. Die GO-Nr. 3 kann z. B. für die Besprechung eines MRT-Befundes angesetzt werden. Wenn in der gleichen Sitzung auch eine Untersuchung nach den GO-Nr. 5, 6, 7, 8, 800 oder 801 erfolgt, kann diese daneben abgerechnet werden. Ansonsten können in gleicher Sitzung keinerlei Leistungen (vor allem keine technischen Leistungen) neben der GO-Nr. 3 abgerechnet werden, was die Attraktivität für Chirurgen erheblich schmälert.

Fremdanamnese und Unterweisung von Bezugspersonen nach GO-Nr. 4 (nur Privat-GOÄ)

Der Text der Leistungslegende lautet:

Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) – im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken.

Immer wieder wird diese Leistung von privaten Krankenkassen beanstandet mit der Behauptung, diese sei nur ansatzfähig bei behinderten Kindern, bewusstseinsgestörten Patienten oder Unfallpatienten. Dies ist aus der Leistungslegende nicht zu entnehmen und widerspricht der Kommentierung durch die Ärztekammern. Demnach kann diese Leistung auch angesetzt werden bei der Behandlung von Kleinkindern oder anderen Personen, von denen keine verlässlichen Informationen über die Anamnese zu erhalten sind. Desgleichen auch dann, wenn eine Unterweisung von Bezugspersonen aus medizinischen Gründen erforderlich ist.

Tipp: Eine Unterweisung von Bezugspersonen, z. B. von Familienmitgliedern oder Freunden ist regelmäßig nach ambulanten Operationen medizinisch geboten. Dies kann ausnahmsweise auch telefonisch erfolgen.

Tipp: Die GO-Nr. 1 kann neben der GO-Nr. 4 abgerechnet werden, es sei denn, dass sich sämtliche Bestandteile der Leistungslegende an ein und dieselbe Person richten. Dies wäre z. B. der Fall bei Mutter und Kleinkind oder bei einem schwer kommunikationsgestörten Patienten und seinem Betreuer. In allen anderen Fällen ist die zusätzliche Abrechnung der GO-Nr. 1 möglich, wenn der Leistungsinhalt (Beratung des Patienten) erfüllt wurde.

Ausführliche Untersuchungen (Privat-GOÄ)

Bei den relativ geringen Bewertungen der Grundleistungen sollte regelmäßig geprüft werden, ob man statt der GO-Nr. 5 eine der höher bewerteten GO-Nummern 6 bis 8 ansetzen kann.

GOÄ Nr. 6:

Vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines der folgenden Organsysteme: alle Augenabschnitte, der gesamte HNO-Bereich, das stomatognathe System, die Nieren und ableitenden Harnwege (bei Männern auch gegebenenfalls einschließlich der männlichen Geschlechtsorgane) oder Untersuchung zur Erhebung
eines vollständigen Gefäßstatus – gegebenenfalls einschließlich Dokumentation.

Für Chirurgen kommt hier vor allem das Gefäßsystem in Betracht. Allein die routinemäßige Prüfung der „DMS“ erfüllt nicht den Leistungsinhalt. Bei Vorliegen einer AVK oder einer venösen Durchblutungsstörung gehört der Gefäßstatus zum medizinischen Standard. In den einschlägigen Kommentaren wird der Leistungsinhalt so interpretiert:

Palpation und gegebenenfalls Auskultation der Arterien an beiden Handgelenken, Ellenbeugen, Achseln, Fußrücken, Sprunggelenken, Kniekehlen, Leisten sowie der tastbaren Arterien an Hals und Kopf, Inspektion und gegebenenfalls Palpation der oberflächlichen Bein- und Halsvenen.

Die Dokumentation ist zwar eine optionale Leistung, wird gleichwohl allein schon aus Gründen der Beweissicherung dringend empfohlen. Dies verbessert auch die Position des Arztes bei evtl. aus der Abrechnung resultierenden Streitigkeiten.

GOÄ Nr. 7:

Vollständige körperliche Untersuchung mindestens eines der folgenden Organsysteme: das gesamte Hautorgan, die Stütz- und Bewegungsorgane, alle Brustorgane, alle Bauchorgane, der gesamte weibliche Genitaltrakt (gegebenenfalls einschließlich Nieren und ableitende Harnwege) – gegebenenfalls einschließlich Dokumentation.

Dies dürfte die für Chirurgen am häufigsten zutreffende umfassende Untersuchungsleistung sein. Für die Bewegungsorgane wird z. B. in den Kommentaren folgender Umfang vorgeschlagen:

 

Inspektion, Palpation und orientierende Funktionsprüfung der Gelenke und der Wirbelsäule einschließlich Prüfung der Reflexe.

GOÄ Nr. 8:

Untersuchung zur Erhebung des Ganzkörperstatus, gegebenenfalls einschließlich Dokumentation.

Diese Leistung dürften Chirurgen eher selten erbringen. Denkbar aber z. B. als IGeL bei einem Check-Up oder im Rahmen von Gutachten. Der Leistungsinhalt wird so interpretiert:

 

Der Ganzkörperstatus beinhaltet die Untersuchung der Haut, der sichtbaren Schleimhäute, der Brust- und Bauchorgane, der Stütz- und Bewegungsorgane, sowie eine orientierende neurologische Untersuchung.

Da die Leistungen nach GOÄ Nr. 6 bis 8 nicht nebeneinander abgerechnet werden können, bietet die GO-Nr. 8 eine Alternative, wenn mehrere Organsysteme untersucht wurden und der Leistungsinhalt erfüllt ist. Ansonsten bleibt nur die Möglichkeit, die GOÄ Nr. 6 bzw. 7 mit der entsprechenden Begründung zu steigern (z. B. 3,5 –fach).

Ausführliche Untersuchungen (UV-GOÄ)

Für die BG-Abrechnung gilt eine grundsätzlich abweichende Systematik.


Die GO-Nr. 11 der UV-GOÄ beinhaltet eine alleinige Beratung des Unfallverletzten (auch telefonisch), wird aber selten verwendet, da in aller Regel auch eine Untersuchung erfolgt. Dann ist die GO-Nr. 1 anzusetzen, die in der UV-GOÄ eine Untersuchung einschließlich Beratung beinhaltet.

GO-Nr. 6 (UV-GOÄ)

Schwierigkeiten bereitet immer wieder die Abgrenzung zur GO-Nr. 6, die folgende Leistungslegende hat:

Umfassende Untersuchung verbunden mit nach Umfang und Zeit besonderem differenzialdiagnostischen Aufwand und/oder Beteiligung mehrerer Organe einschl. Klärung oder Überprüfung des Zusammenhangs mit der Berufstätigkeit sowie der notwendigen Beratung.

Diese GO-Nr. hebt also zum einen auf einen besonderen Aufwand bei der Differenzialdiagnose und zum anderen auf die Beteiligung mehrerer Organe ab. Aus den Arbeitshinweisen der BG ist zu entnehmen, wann die BG dies regelmäßig anerkennt (vorausgesetzt, der Leistungsinhalt wurde erbracht!)

    • bei Knieverletzungen, wenn eine umfassende Untersuchung durchgeführt wird (am besten dokumentiert durch den „Kniebogen“),
    • bei einer Kopfverletzung mit Verdacht auf Hirnbeteiligung,

      • vor einer Vollnarkose,
      • bei einer Generaluntersuchung für eine Begutachtung.

Dies benennt Umstände, die von den prüfenden Sachbearbeitern in der Regel akzeptiert werden. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. So würde z. B. eine aufwändige körperliche und neurologische Untersuchung in Folge einer schweren HWS-Distorsion analog zu einer Kopfverletzung mit Verdacht auf Hirnbeteiligung bzw. neurologische Ausfälle ebenfalls den Leistungsinhalt erfüllen. Im Gegensatz zur GOÄ ist die GO-Nr. 800 in der UV-GOÄ ausdrücklich nur von Neurologen anzusetzen.

Die GO-Nr. 6 hat darüber hinaus den Charme, dass sie (in begründeten Fällen) bis zu 3-mal im Behandlungsfall (3 Monate bei BG-Patienten) angesetzt werden kann und im Gegensatz zur GO-Nr. 1 keinen Leistungsausschluss gegenüber Sonderleistungen hat. Allerdings besteht ein Abrechungsausschluss gegen die GO-Nr. 1. Bei mehr als einmaliger Berechnung der GO-Nr. 6 wird die BG die Berechtigung kritisch prüfen.

Tipp: Grundlage der Rechnungsprüfung durch die Sachbearbeiter wird die dort vorliegende Dokumentation sein. Es ist daher empfehlenswert, die bei der Erstuntersuchung erhobenen Befunde im D-Arzt-Bericht bzw. Zusatzberichten und die Besonderheiten im Heilverlauf durch Zwischenberichte ausführlich zu dokumentieren.

Tipp: Wenn bei der Erstuntersuchung z. B. bei einer Knieverletzung die GO-Nr. 6 zusammen mit Sonderleistungen (z. B. Röntgen, Ultraschall, Punktion etc.) abgerechnet wurde, kann im weiteren Verlauf an einem anderen Tag die GO-Nr. 1 noch neben Sonderleistungen abgerechnet werden (einmal im Behandlungsfall).

Untersuchung und Beratung zu Unzeiten: GO-Nr. 2 und 5 (UV-GOÄ)

In der UV-GOÄ stehen die GO-Nrn. 2 bis 5 für Untersuchungen und Beratungen zu Unzeiten. Die Abrechnung der GO-Nr. 2 für Untersuchungen und Beratungen von BG-Patienten am Sonnabend bis 12.00 Uhr und der GO-Nr. 5 am Sonnabend ab 12.00 Uhr erscheint für niedergelassene D-Ärzte sachgerecht. Da in den Bedingungen für die D-Arzt-Tätigkeit seit 2012 die Unfallbereitschaft am Sonnabend weggefallen ist, können die GO-Nr. 2 bzw. 5 statt der GO-Nr. 1 am Sonnabend abgerechnet werden, es sei denn es werden zu den fraglichen Zeiten Sprechstunden abgehalten. Die in den Kommentaren der BG aufgestellte Forderung, die GO-Nr. 2 könne nur dann abgerechnet werden, wenn der Arzt nicht in der Praxis erreichbar war und diese erst zur Behandlung aufsuchen müsse, ist aus der Leistungslegende nicht abzuleiten. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass ein Aufschlag auf die GO-Nr. 1 von 1,20 € (für die GO-Nr. 2) bzw. 3,61 € (für die GO-Nr. 5) den Aufwand für das Aufsuchen der Praxis auch nur annähernd ausgleichen könnte.

In der Ausgabe 05/2012 ‚Passion Chirurgie’ werden weitere Leistungen aus dem Kapitel B vorgestellt und kommentiert.

Exkurs: Sind BDC-Abrechnungstipps eine „Anstiftung zum Abrechnungsbetrug“?

Die erste Folge der Abrechungstipps (Passion Chirurgie 09/2011) hat neben Zustimmung auch Kritik geerntet. Es wurde von einem beratenden Arzt der Berufsgenossenschaften mit harten Worten bemängelt, in der Kolumne seien unzulässige Abrechnungsketten empfohlen worden. Dies gibt Anlass zu folgender Klarstellung:

Wenn in dieser BDC-Kolumne Empfehlungen ausgesprochen werden, so basieren diese stets auf einer gründlichen Recherche der Gebührenordnungen und deren Auslegungen. Grundlage ist die jeweils zutreffende Leistungslegende der abgerechneten GO-Nr. Dabei gibt es stets einen gewissen Interpretationsspielraum. Allein die zahlreichen Auslegungshinweise der Bundesärztekammer sowie die ausgiebige Rechtsprechung zu strittigen Abrechnungsfragen und die Standardwerke der Fachkommentare beweisen, dass die Auslegung der Gebührenordnungen durchaus unterschiedlich sein kann. Dies liegt auch daran, dass die Legendierung der aktuell (noch) gültigen GOÄ völlig veraltet ist. Grundlage jeder Gebührenabrechnung ist der Grundsatz, dass nur Leistungen abgerechnet werden können, die auch tatsächlich erbracht worden sind. Sofern eine Leistung erbracht wurde, so kann die Honorierung aber auch nicht ohne weiteres mit dem Argument verwehrt werden, sie sei nicht notwendig oder unwirtschaftlich gewesen.

Während es bei der GOÄ vor allem auf die medizinische Plausibilität und die „Angemessenheit“ der Gebühren ankommt, ist im Bereich des D-Arztwesens eine Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit festgeschrieben: So heißt es in den „Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger … zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren“ unter 5.2.:

„Der Durchgangsarzt verpflichtet sich ferner…

…die durchgangsärztliche Tätigkeit persönlich und unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit auszuüben.“

Auch im Vertrag zwischen der KBV und der DGUV findet sich im § 8 eine entsprechende Formulierung:

(1) Die ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit der Ärzte, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist und das Gebot der Wirtschaftlichkeit erfüllt.

Daraus ergibt sich naturgemäß ein Spannungsfeld zwischen der Therapiefreiheit des D-Arztes und dem Anspruch der Berufsgenossenschaften, die Unfallverletzten „mit allen geeigneten Mitteln“ zu versorgen einerseits und dem Wirtschaftlichkeitsgebot andererseits.

Demgemäß wird in den „Arbeitshinweisen der Unfallversicherungsträger zur Bearbeitung von Arztrechnungen“ folgender Hinweis an die prüfenden Sachbearbeiter gegeben:

„Bestehen Zweifel an der Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer abgerechneten ärztlichen Behandlung (Art, Umfang, Intensität, Behandlungsabstände), sollte der beratende Arzt bzw. ein für das jeweilige Gebiet kompetenter Facharzt gehört werden. Dieser hat die notwendige Fachkompetenz zu entscheiden, ob die Grenzen der ärztl. Therapiefreiheit im Einzelfall überschritten sind.“

Eine grundsätzliche Streichung von erbrachten und abgerechneten ärztlichen Leistungen durch die Sachbearbeiter ist dadurch nicht gedeckt.

Im konkreten Fall wurde die Abrechung der GO-Nr. 510 bei der ersten Kontrolle und nach Wiederanlage einer ruhig stellenden Schiene bei einer unverschobenen distalen Radiusfraktur als nicht sachgerecht bemängelt. Dies ist nicht ohne weiteres akzeptabel. Dazu wird auf die Leistungslegende verwiesen:

Nr. 510: Übungsbehandlung auch mit Anwendung medikomechanischer Apparate, je Sitzung.

Aus der Formulierung „auch“ kann nicht geschlossen werden, dass die Anwendung medikomechanischer Apparate obligater Leistungsbestandteil wäre. Somit erfüllt eine durchgeführte Übungsbehandlung den Leistungsinhalt. Es ist unstrittig, dass dies nicht gleichbedeutend ist mit einer reinen Überprüfung der Gelenkbeweglichkeit. Vielmehr erfordert diese ärztliche Leistung, wie zutreffend in den Arbeitshinweisen ausgeführt wird:

„auch – zusammen mit entsprechenden Verhaltensmaßregeln – eine Demonstration der vom Verletzten selbstständig fortzuführenden Übungen“.

Wurde dieser Leistungsinhalt erbracht, so kann die Leistung nicht als unwirtschaftlich gestrichen werden. Schon gar nicht generell, sondern allenfalls – wie in den Arbeitshinweisen ausgeführt – im Einzelfall. Wird also bei einer Wiederanlage einer ruhig stellenden Schiene eine Übungsbehandlung der nicht ruhig gestellten Gelenke (hier insbesondere der Fingergelenke und der Schultern) durchgeführt und der Verletzte entsprechend zu Eigenübungen angeleitet und überprüft, so ist der Leistungsinhalt erfüllt und die Abrechnung der GO-Nr. 510 gerechtfertigt.

Es wird zusammenfassend nochmals darauf hingewiesen, dass der BDC keinesfalls die Abrechnung von Leistungen empfehlen würde, die nicht erbracht worden sind. Gleichwohl unterstützt der Berufsverband selbstverständlich seine Mitglieder, wenn es darum geht, das optimale Honorar für tatsächlich erbrachte ärztliche Leistungen einzufordern.

Kalbe P. Abrechnungs-Tipps für GOÄ und UV-GOÄ – Teil 1. Passion Chirurgie. 2012 März; 2(03): Artikel 04_01.

Rezension: Behandlungsfehler und Haftpflicht in der Viszeralchirurgie

Behandlungsfehler und Haftpflicht in der Viszeralchirurgie
Bauch, J.; Bruch, H.-P.; Heberer, J.; Jähne, J. (Hrsg.)
Springer Medizin Verlag, 1st Edition, 2010, 383 S. 50 Abb.
ISBN 978-3-642-05371-9, 79,95 Euro
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Die Bewertung von Behandlungsfehlern durch die Ärzteschaft befindet sich in einem grundsätzlichen Änderungsprozess. Die noch vor Jahren weit verbreitete grundsätzliche Negierung weicht immer mehr einem aktiven qualitätsbewussten Fehlermanagement. Die Herausgeber Bauch, Bruch, Heberer und Jähne unterstützen diesen Prozess in Zusammenarbeit mit dem BDC und der wissenschaftlichen Fachgesellschaft der Viszeralchirurgie durch eine offene und konstruktive Darstellung von Gefahren und möglichen Fehlern in der Viszeralchirurgie. Die Kompetenz der Autoren ergibt sich zum einen aus ihrer eigenen chirurgischen Erfahrung, zum anderen aus der langjährigen Tätigkeit als Gutachter, ehrenamtlicher Richter und als juristischer Beistand.

Der allgemeine Teil bietet eine Synopsis der aktuellen rechtlichen Grundlagen und hebt immer wieder auf die immense Bedeutung einer ausführlichen präoperativen Patientenaufklärung und einer aussagekräftigen Dokumentation ab. Neben allgemeinen Verhaltensregeln zur Vermeidung von Behandlungsfehlern finden sich praktische Hinweise zum offenen, wenngleich juristisch unverfänglichen Vorgehen beim Eintreten eines Behandlungsfehlers. Auf häufige Streitpunkte wie die Thrombembolieprophylaxe und postoperative Wundinfektionen wird dezidiert eingegangen. Ein eigenes Kapitel ist der Begutachtung durch den MDK gewidmet.

Der spezielle Teil bietet in den Kapiteln 7 bis 28 eine organ- bzw. methodenbezogene Übersicht über sämtliche allgemein- und viszeralchirurgischen Eingriffe von der Oesophaguschirurgie bis zur Leber- und Nierentransplantation. Ausgewiesene Experten ihrer Fächer stellen systematisch den aktuellen Stand der chirurgischen Behandlung anhand der Unterkapitel präoperative Diagnostik, Indikation, Aufklärung, OP-Vorbereitung, Operation und postoperative Behandlung dar. In fast allen Kapiteln finden sich zusätzlich hilfreiche tabellarische Übersichten über typische und häufige Komplikationen, welche als Grundlage für die präoperative Patientenaufklärung dienen können. Der spezielle Fokus liegt in allen Kapiteln nicht auf operationstechnischen Details, sondern auf den typischen Gefahren und deren Vermeidung. Dies nicht nur im Hinblick auf die Operation selbst, sondern vor allem auch bezüglich der Indikation und organisatorischer Maßnahmen vor allem bei Notfällen. Grundsätzlich findet der Leser eindeutige und durch Literatur belegte Aussagen zum aktuellen Stand der Viszeralchirurgie und auch zu heute obsoleten, wenngleich noch verbreitet anzutreffenden Behandlungsmethoden.

Auch für den nicht vizeralchirurgisch tätigen Chirurgen ist dieses Buch hilfreich, denn es bietet auf 383 Seiten mit 50 Abbildungen für 79,95 € in komprimierter Form einen aktuellen Überblick über den Goldstandard viszeralchirurgischer Operationen. Insgesamt somit sehr zu empfehlen für alle Kliniker, aber auch für niedergelassene Chirurgen, die sich ohne großen Aufwand einen Überblick über den aktuellen Standard in der Viszeralchirurgie verschaffen wollen.

Kalbe P. Rezension: Behandlungsfehler und Haftpflicht in der Viszeralchirurgie. Passion Chirurgie. 2011 Dezember; 1(12): Artikel 03_07.

Abrechnungs-Tipps für GOÄ und UV-GOÄ

Begriffsbestimmung: Behandlungsfall

Der Behandlungsfall dauert bei Privatpatienten einen Monat und bei BG-Patienten drei Monate. Ein Behandlungsfall ist für die GOÄ also verstrichen, wenn sich der Monatsname geändert und das Datum um mindestens eins erhöht hat. Wenn ein Privatpatient erstmals am 1. September behandelt wird, beginnt der neue Behandlungsfall am 2. Oktober. Für einen BG-Patienten jedoch erst am 2. Dezember.

Wofür hat dies Bedeutung? Die GOÄ schreibt vor, dass nur einmal im Behandlungsfall die häufige Kombination aus den GON 1 und 5 (Beratung und symptombezogene Untersuchung) neben Sonderleistungen abgerechnet werden kann. Diese Ausschlussregelung der Allgemeinen Bestimmungen in der GOÄ bezieht sich nur auf die Kombination mit Sonderleistungen nach den Kapiteln C bis O. Jedoch können Leistungen des Kapitels B der GOÄ durchaus auch mehrfach im Behandlungsfall neben der 1 bzw. 5 berechnet werden. Dazu gehören beispielsweise der Arztbrief nach der GON 75, das Konsilium nach der GON 60 und die GON 70 für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Analog gilt dies auch für die UV-GOÄ, wobei hier die Leistungen der Beratung und der symptombezogenen Untersuchung in der GON 1 zusammengefasst sind.Beispiel:Dies wird in der Tabelle 1 am Beispiel einer unverschobenen distalen Radiusfraktur erläutert. Am Unfalltag wird die Beratung und Untersuchung nach den GON 1 und 5 (Privat) bzw. GON 1 (BG) abgerechnet. Dazu kommen die Leistungen des Röntgens und der Schienenanlage. Ggf. zusätzlich die AU-Bescheinigung und der Arztbrief. Am Tag danach die Schienenkontrolle. Hier ist die Kombination der GON 1-5 günstiger als die durchgeführte Übungsbehandlung nach GON 510.

Tab.1: Beispiel unverschobene distale Radiusfraktur

Beh.-Tag Leistung GOÄ UV-GOÄ Sachkosten Bemerkung
1 U/B/Rö./Schiene/

Arztbrief (DAB)/AU

1-5-5020-228-75-70 1-5020-228B*3-132-143 *1 zusätzliche Leistungen, wie z. B. Eisanwendung (530) möglich
2 Kontrolle, Übungen 1-5 1 keine besser als 510
5 Kontrolle auf Druckstelle, Übungen 229-510 229-510*2 *1 besser als 1-5 (Privat) bzw. 1(BG)
8 Geschl. „Gips,“ Übungen 230-510-5020 230B*3-510*2-5020 *1
9 Kontrolle, Übungen 1-5 1 keine besser als 510
15 Kontrolle, Übungen 1-5 1 keine besser als 510, ggf. Rö-Ko., dann Abrechnung 510-5020
29 „Gips“-Entfernung/

Übungen, Rö. Ko.

246-510-5020 246-510*2-5020 *1
1 Monat

+ 1 Tag

Ergebniskontrolle/

Übungen

1-5-510 1 keine für Privat-GOÄ neuer Behandlungsfall, für BG dauert Behandlungsfall noch an
3 Monate

+ 1 Tag

Z. B. Spätkomplikation CRPS, U/B/Rö. bds./

Übungen, ggf. AU

1-5-5020 x 2-510-70 1-5020 x 2-510*2-115-143 Keine, ggf.

Medikamente

jetzt auch für die BG neuer Behandlungsfall, kein neuer D-Bericht, Zwischenbericht

*1 Sachkosten können nach § 10 der Allgemeinen Bestimmungen der GOÄ als „Ersatz von Auslagen“ stets abgerechnet werden. Nach der UV-GOÄ sind die „Besonderen Kosten“ vertraglich festgelegt. Das Thema „Sachkosten“ wird in einer späteren Ausgabe der „Passion Chirurgie“ ausführlich behandelt.

*2 Übungsbehandlung. Der Leistungsinhalt wird nicht durch bloße Funktionsprüfung erfüllt. Häufig durch BG gestrichen.

*3 In der UV-GOÄ unterschiedliche Zusatz-Buchstaben je nach verwendetem Fixier-Material. Heute meist Kunststoff (Cast).

In unserem Beispiel kommt der Patient aber zwei Tage später wieder und klagt über Druckbeschwerden. Die Schiene wird abgenommen, um Druckstellen auszuschließen und danach wieder angelegt, da sie in Ordnung ist. Es können an diesem Tag entweder nur die Grundleistungen oder die Sonderleistungen abgerechnet werden. Es muss kalkuliert werden, was günstiger ist. Hier die Kombination der GON 229-510.In jedem Fall aber können die angefallenen Sachkosten nach § 6 der GOÄ bzw. die „Besonderen Kosten“ nach der UV-GOÄ und ggf. erbrachte weitere Leistungen aus dem Kapitel B angesetzt werden. In unserem Bespiel dauert der Behandlungsfall nach vier Wochen Ruhigstellung (Tag 29) noch an. Erst bei der Spätkontrolle kann die GON 1 und 5 wieder einmalig neben der durchgeführten Übungsbehandlung abgerechnet werden. Unter der Annahme einer erneuten Vorstellung mit einer Spätkomplikation (z. B. CRPS) nach mehr als drei Monaten besteht dann sowohl für die GOÄ als auch für die UV-GOÄ ein neuer Behandlungsfall mit entsprechender Abrechnungsmöglichkeit.

Ausnahmen: Bei Privatpatienten begründet jede weitere behandelte Erkrankung einen neuen Behandlungsfall. Dies sollte in der Rechnung durch eine entsprechende Erläuterung der Beratungs- und Untersuchungsleistungen und Angabe der Diagnose begründet werden, z. B. 1 (neue Erkrankung, grippaler Infekt) bis fünf (neue Erkrankung, grippaler Infekt). Sämtliche begründenden Diagnosen müssen in der Rechnung aufgeführt werden. Theoretisch könnte man Privatpatienten also tageweise zur Abarbeitung einer ganzen Reihe von degenerativen Erkrankungen der Bewegungsorgane einbestellen. Dies dürfte jedoch gerade von dieser Klientel nur in sehr engen Grenzen toleriert werden.

Für die Beurteilung, ob eine weitere Diagnose eine neue Erkrankung darstellt oder ob es sich nur um eine Begleiterscheinung und/oder Komplikation der ursprünglichen Krankheit handelt, besteht eine gewisse Grauzone und Konfliktpotenzial mit den Kostenträgern.Eine weitere Besonderheit bei Privatpatienten liegt vor, wenn am ersten Behandlungstag nicht die GON 5, sondern die GON 7 (komplette Untersuchung eines Organsystems, hier Bewegungsorgane) abgerechnet wurde. Wenn in unserem Beispiel der Sturz mit multiplen zusätzlichen Prellungen verbunden gewesen wäre und eine komplette körperliche Untersuchung erfordert hätte, wäre der Ansatz der GON 7 gerechtfertigt gewesen. Dann könnte an einem späteren Behandlungstag die GON 5 noch neben anderen Leistungen abgerechnet werden, weil diese GON im Behandlungsfall noch nicht neben Sonderleistungen abgerechnet worden war.

Bei BG-Patienten kann es vorkommen, dass sich ein Unfallverletzter gleichzeitig wegen verschiedener Unfälle in Behandlung befindet. Beispiel: Ein Verletzter wird wegen einer frischen Außenbandruptur des rechten OSG D-ärztlich behandelt. Im Rahmen der Kontrollen klagt er auch über Schmerzen als Folge eines früheren Arbeitsunfalls mit fehlverheiltem Unterschenkelbruch links. Beide Fälle müssen getrennt geführt und abgerechnet werden. Die Praxis-Software sollte eine Zuordnung der BG-Leistungsziffern zu den unterschiedlichen D-Arztberichten/Unfällen ermöglichen.

Dann kann z. B. an einem Tag zweimal die GON 1 abgerechnet werden, wenn beide Unfälle behandlungsrelevant sind.Die BG-Rechnungen müssen dann getrennt und auf die jeweiligen Unfälle bezogen erstellt werden. Dies schon allein deswegen, weil u. U. verschiedene Berufsgenossenschaften als Kostenträger zuständig sind.Diese und andere Abrechnungsfragen werden ausführlich in den Seminaren abgehandelt, die der BDC über seine Fortbildungs-Akademie für niedergelassene Chirurgen anbietet.

Kalbe P. Abrechnungs-Tipps für GOÄ und UV-GOÄ. Passion Chirurgie. 2011 September; 1(9): Artikel 04_01.

Auswirkungen der Neuordnung des D-Arzt-Verfahrens ab 2011

Ein Kommentar der Gemeinsamen BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände (GBK)

Seit mehreren Jahren war eine Neuordnung des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) angekündigt worden. Sowohl die Berufsverbände als auch die wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Unfallchirurgen und Orthopäden wurden im Vorfeld dazu gehört und teilweise sind deren Vorstellungen und Wünsche auch in die Reform eingeflossen. Für den Bereich der Niedergelassenen wurde die Neuordnung zum 1.1.2011 wirksam, für den (noch schwieriger zu regelnden) stationären Bereich sollen die Veränderungen im Laufe des Jahres 2011 umgesetzt werden.

Die GBK hat sich ausführlich mit den neuen Bestimmungen auseinandergesetzt. In diesem Beitrag werden die Auswirkungen analysiert und mit allen Beteiligten abgestimmte Handlungsempfehlungen gegeben.

Grundsätzlich sind die Beziehungen zwischen den Vertragsärzten und der DGUV gemäß § 34 Abs. 3 des SGB VII vertraglich geregelt. Der entsprechende Vertrag wird zwischen der KBV und der DGUV geschlossen. Im Deutschen Ärzteblatt Nr. 41 vom 15.10.2010 [1] wurde die aktuelle Fassung veröffentlicht. Darüber hinaus gelten die „Anforderungen der Gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 SGB VII zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren“ [2], die zum 1.1.2011 novelliert worden sind. Auf die relevanten Änderungen im Vergleich zum Stand vom 1.1.2005 wird jeweils eingegangen.

Der Vertragstext, die dazu gehörigen Zulassungsvoraussetzungen und Auslegungsgrundsätze sind von den Homepages des BDC, des BVBGÄ und der DGUV herunterzuladen.

D-Ärzte

Nach Bekanntwerden der Eckpunkte zur Neuausrichtung der Heilverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahr 2008 und Gründung einer AG Berufsgenossenschaften in der ehemaligen Union Orthopädie und Unfallchirurgie mit Beteiligung beider Fachgesellschaften DGU und DGOOC entwickelte sich in der Diskussion mit der DGUV ein dreistufiges D-Arztmodell, welches dem neuen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Rechnung tragen sollte. Es ist mittlerweile Konsens, dass es einen Basis-D-Arzt geben soll, der Facharzt für O/U ist und nach seiner Anerkennung noch ein Jahr an einer für das Verletzungsartenverfahren (VAV) zugelassenen Klinik gearbeitet haben muss. Während der Weiterbildung werden Kurse in der Führung und Organisation der Heilverfahren, in Begutachtung und Rehabilitation besucht werden müssen. Exakte Kriterien für diese Anforderungen liegen noch nicht fest, sind aber in Bearbeitung. Die operativen Eingriffe, die diese Basis-D-Ärzte ausführen dürfen, sind in den Grundsätzen ambulantes Operieren in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) in der Fassung vom 1.1.2011 [4] nachzulesen (s. Homepages).

Dies gilt für alle bis zum 31.12.2010 beteiligten niedergelassenen oder an Krankenhäusern tätigen D-Ärzte. Andere sind zur Durchführung ambulanter Operationen nur berechtigt mit der Schwerpunktbezeichnung „Unfallchirurgie“ oder der Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“. Durchgangsärzte ohne diese Voraussetzungen dürfen nur solche ambulanten Operationen durchführen und abrechnen, die in den GON 442 bis 445 mit einem „*“ gekennzeichnet sind, andere Operationen nur nach vorheriger Genehmigung durch den Unfallversicherungsträger. Weitere Voraussetzung ist die Anerkennung der fachlichen und räumlich-apparativen Voraussetzungen und Pflichten der DGUV. Eine Liste der Operationen kann unter „Grundsätze ambulantes Operieren“ eingesehen werden.

H-Ärzte können auf Antrag zum Basis-D-Arzt übergeführt werden, wenn sie eine Mindestfallzahl von 250 Erstfällen an einem Standort pro Jahr in den letzten 3 Jahren oder in der Zukunft bis zum 31.12.2015 nachweisen können. Neue H-Ärzte werden seit 1.1.2011 nicht mehr zugelassen. Zu den Regelungen der H-Arztüberleitungsverfahren aus Sicht der BVOU wird ein Artikel von G. Rauch in den Orthopädie Mitteilungen 3/2011 erscheinen [5].

Der D-Arzt „Operative Tätigkeit“ muss neben den Facharzt für O/U weitere 3 Jahre in einer VAV-Klinik mit entsprechender Weiterbildungsbefugnis tätig sein und die zusätzlichen Qualifikationen in Kursen für Heilverfahrensführung, Gutachten und Rehabilitation erwerben.

Der D-Arzt in einer VAV-Klinik braucht über die Qualifikation zum D-Arzt “Operative Tätigkeit“ hinaus weitere 3 Jahre Tätigkeit in einer VAV-Klinik oder SGB-VII-Klinik und damit mindestens 12 Jahre Weiterbildungszeit.

Mit der dreistufigen Gliederung der D-Arzttätigkeit wurden der Bestandsschutz, die Neuanpassungen an die Weiterbildung zum Facharzt O/U und die speziellen Tätigkeiten des D-Arztes unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen der DGUV nach Qualitätsgesichtspunkten berücksichtigt. Es liegt im vitalen Interesse der D-Ärzte und der von ihnen betreuten Unfallpatienten, die Qualität der Versorgung mindestens auf dem bisherigen Niveau zu erhalten und stetig zu verbessern.

Grundsätzlich haben jetzt bereits zugelassene D-Ärzte Bestandsschutz für ihre geltende Zulassung. Weiterhin ist von entscheidender Bedeutung die Formulierung unter Punkt 2.4 in den Voraussetzungen für D-Ärzte: Ärzte mit der Facharztbezeichnung „Chirurgie“ und der deutschen Schwerpunktbezeichnung “Unfallchirurgie“ werden dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit der Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“ gleichgestellt. Damit ist sichergestellt, dass auch bereits niedergelassene D-Ärzte nach alter Weiterbildungsordnung weiterhin ihrer operativen Tätigkeit bei BG-Patienten nachkommen können, auch wenn sie nicht über die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ verfügen. Damit verfügen die nach alter Weiterbildungsordnung zugelassenen D-Ärzte über einen besonderen und herausgehobenen Status, der auf ihrer zielgerichteten unfallchirurgischen Weiterbildung beruht. Allerdings soll dem Vernehmen nach die unter Punkt 6.4 der D-Arzt-Anforderungen aufgeführte Überprüfung der Beteiligung nach 5 Jahren auch für bereits zugelassene D-Ärzte gelten. Der Bestandsschutz ist somit formal zeitlich begrenzt. Die DGUV hatte im Vorfeld und in den Diskussionen großen Wert darauf gelegt, ein Qualitätssicherungsverfahren für D-Ärzte einzuführen. Die dort zugrunde zu legenden Beurteilungskriterien sollen in naher Zukunft in enger Kooperation mit den Berufsverbänden entwickelt werden.

Fortbildung

Die deutlich verschärfte Fortbildungsverpflichtung gilt auch für bereits jetzt niedergelassene D-Ärzte. In den alten Anforderungen (Stand 2005) wurde unter Punkt 5.10 lediglich die Verpflichtung „zur ständigen unfallchirurgischen Fortbildung und zur Teilnahme an mindestens einer unfallchirurgischen Fortbildungsveranstaltung“ festgeschrieben.

Der Fortbildungs-Nachweis wurde mit der jährlichen BG-Statistik angefordert und soweit bekannt, wurden jegliche unfallchirurgischen Fortbildungsveranstaltungen anerkannt. Dies ist jetzt (Stand 2011) grundlegend anders, denn die neuen Anforderungen verlangen unter 5.12 innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren darüber hinaus jeweils je eine der nachfolgend genannten, grundsätzlich von den Landesärztekammern zertifizierten Fortbildungen in den Bereichen:

  • „Rehabilitationsmanagement“ und „Rehabilitationsmedizin“
  • Begutachtungswesen
  • Kindertraumatologie.

Weiterhin ist die Teilnahme an zwei unfallmedizinischen Tagungen der DGUV-Landesverbände nachzuweisen. Die DGUV hat angekündigt, hierzu noch nähere Auslegungsgrundsätze vorzulegen. Dem Vernehmen nach ist die verschärfte Fortbildungsverpflichtung Folge vereinzelt festgestellter Qualitätsmängel. Die Berufsverbände werden in Kooperation mit der DGUV geeignete Fortbildungs-Curricula und Seminare entwickeln und anbieten.

Mindestmengen bzw. “Bedarfsplanung“

Die Mindestmenge an D-Fällen pro Jahr wurde von 150 auf 250 angehoben (6.5.1), dies im Durchschnitt der letzten 5 Jahre oder regelmäßig in den letzten 3 Jahren. Dies dürfte nach den vorliegenden statistischen Daten für die meisten D-Ärzte kein Problem darstellen. Gemäß den ergänzenden Erläuterungen der DGUV wird darüber hinaus diese Mindestfallzahl in Berufsausübungsgemeinschaften nicht pro D-Arzt, sondern pro Standort berechnet. Im Vorfeld war von der DGUV eine „Bedarfsplanung“ für D-Ärzte angekündigt worden. Nunmehr stellt sich heraus, dass damit die oben beschriebene Anpassung der Mindestfallzahl gemeint ist. Für den Fall drohender Unterversorgung sind Ausnahmen möglich. Unterversorgung wird definiert als weniger als 1 D-Arzt pro 30.000 Einwohner oder fehlende Erreichbarkeit eines D-Arztes innerhalb von 30 Minuten.

Unfallärztliche Bereitschaft/D-ärztliche Vertretung

Auf dringenden Wunsch der Berufsverbände ist die bisherige unfallärztliche Bereitschaft am Sonnabend entfallen. Nach wie vor besteht aber die Verpflichtung der Erreichbarkeit werktags von 8 bis 18 Uhr, also auch am Mittwochnachmittag. Der Begriff der „Unfallärztlichen Bereitschaft“ ist in den Auslegungsgrundsätzen[3] präzisiert worden. Grundsätzlich wird die Anwesenheit des D-Arztes gefordert. Bei kurzzeitiger Abwesenheit des D-Arztes muss die Praxis geöffnet sein und der D-Arzt muss diese innerhalb „kürzester Zeit“ erreichen können. Eine vorübergehende Vertretung in der Praxis (Urlaub, kurzfristige Erkrankung, Fortbildung) durch eine Facharzt O/U oder Facharzt für Chirurgie mit besonderen Kenntnissen in der Behandlung von Unfallverletzten ist möglich.

Die bisher schon mögliche durchgangsärztliche Vertretung ist in den Auslegungsgrundsätzen [3] exakt definiert worden. Demnach kann sich der Durchgangsarzt an zwei halben oder einem ganzen Tag pro Woche vertreten lassen, vorzugsweise mit Präsenz des Vertreters in der Praxis. Falls dies nicht möglich ist, kann der nächstgelegene Durchgangsarzt die Vertretung übernehmen, sofern dessen Praxis nicht weiter als 5 km entfernt oder innerhalb 15 Minuten erreichbar ist. Wenn allerdings in Berufsausübungsgemeinschaften mehr als ein D-Arzt zugelassen ist, muss die Vertretung intern gewährleistet werden. Die Vertretung kann auch in Absprache mit einem stationär tätigen D-Arzt am Krankenhaus erfolgen. Entsprechende Regelungen müssen für den Patienten gut erkennbar sichtbar sein. Dies gilt auch für die „Unfallärztliche Bereitschaft“. Diese Regelung löst zumindest ansatzweise die Probleme von D-Ärzten in einer Einzelpraxis, die an bestimmten Tagen in einem ambulanten Operationszentrum tätig sind.

Neu ist auch die Möglichkeit analog zum D-Arzt im Krankenhaus einen ständigen Vertreter zu benennen. Dieser muss über die Qualifikation zum D-Arzt verfügen und vom zuständigen Landesverband der DGUV anerkannt sein. Damit ist allerdings immer noch nicht ganz die Forderung der Berufsverbände erfüllt, eine pragmatische Regelung für die D-ärztliche Versorgung von Unfallverletzten in den zunehmend verbreiteten Praxisverbünden mit ausgelagerten Betriebstätten und Filialen zu ermöglichen. Diese gewünschte Flexibilisierung soll in weitere Verhandlungen mit der DGUV eingebracht werden. Es wird angestrebt, dass analog zu den Krankenhausambulanzen in ausgelagerten Praxisräumen und Filialen nicht zwingend die gesamten persönlichen und strukturellen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Der D-Arzt in der zentralen Praxis würde gleichwohl die ungeteilte persönliche Verantwortung für alle Behandlungen, Verordnungen und Berichte tragen.

Strukturelle Voraussetzungen

Wie bisher müssen mindestens zwei Eingriffsräume vorgehalten werden. Verschärfend kommt allerdings seit 1.1.2011 dazu, dass einer der beiden Eingriffsräume die strukturellen Voraussetzungen eines OP-Raumes entsprechend der Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 115b SGB V erfüllen muss. Wie dies interpretiert wird, wenn ein solcher OP in einem ausgelagerten Operationszentrum genutzt werden kann, bedarf noch der Klärung. Es erscheint wenig sachgerecht, dass diese Verpflichtung auch für D-Ärzte gilt, die nicht über die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ verfügen und keine ambulante Operationstätigkeit in ihrer Praxis anstreben. Für die allfälligen Wundversorgungen bei Unfallverletzten reichen die strukturellen Voraussetzungen von Eingriffsräumen vollkommen aus. In dieser Weise scheint die DGUV diese Regelung auch zu interpretieren, denn für die Übergangsregelung für die bisherigen H-Ärzte wurde auf den Nachweis eines Paragraph-115b – Operationsraumes verzichtet (s. a. Artikel von Rauch in den Orthopädie Mitteilungen 3/2011 [5]).

Ärzte in der Weiterbildung mit dem Ziel der Niederlassung als D-Arzt

Sofern die Entscheidung zur Niederlassung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit D-Arzt Tätigkeit gefallen ist, muss die Weiterbildung entsprechend ausgerichtet werden. Nach (nicht während!) der Facharztanerkennung muss ein weiteres Jahr unfallchirurgische Weiterbildung in einem Krankenhaus erfolgen, das zum Verletzungsartenverfahren zugelassen ist (VAV-Krankenhaus). Es empfiehlt sich, dies frühzeitig zu planen. Da die DGUV plant, die Anzahl der VAV-Krankenhäuser in den nächsten Jahren von ca. 600 in etwa zu halbieren, dürfte dieser Weiterbildungsabschnitt in der Zukunft voraussichtlich den „Flaschenhals“ darstellen. Rechtzeitige Planung ist daher angezeigt.

Wenn eine ambulante operative Tätigkeit bei BG-Patienten angestrebt wird, sollte die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ erworben werden, mit der man auf jeden Fall bezüglich einer Tätigkeit als niedergelassener D-Arzt auf der sicheren Seite ist.

H-Ärzte

Die jetzigen H-Ärzte sind zweifellos von der Neuordnung des Verfahrens am stärksten betroffen. Das H-Arzt-Verfahren läuft zum 31.12.2015 komplett aus. Nach § 30(4) des Vertrages und Absatz 2.5 der D-Arzt-Anforderungen [2] haben jetzt zugelassene H-Ärzte die Möglichkeit, auf Antrag den Status eines D-Arztes zu erhalten, wenn sie die personellen, sachlichen und pflichtgemäßen Anforderungen erfüllen. Bezüglich der Mindestfallzahl sind Ausnahmen möglich, wenn ansonsten die Versorgung gefährdet wäre (s. o.). Es erscheint sachgerecht, dass die fachliche Befähigung (Absatz 2 der D-Anforderungen) ausgeklammert wird, denn ein bereits niedergelassener H-Arzt könnte die dort geforderte Tätigkeit an einem VAV-Krankenhaus nicht mehr nachholen. Die Mehrzahl der jetzt zugelassenen H-Ärzte sind Orthopäden nach alter Weiterbildungsordnung (WBO) bzw. Fachärzte O/U. Nach internen Recherchen des BVOU [5] dürften nur ca. 15-20 Prozent dieser Kollegen die Mindestfallzahl erreichen.

Für sie und die wenigen niedergelassenen H-Ärzte, die Chirurgen nach alter WBO sind, stellt sich jetzt die Frage, ob eine Antragstellung auf D-Arzt-Zulassung sinnvoll ist. Dies ist im Einzelfall entscheidend von der aktuellen und der in der Zukunft zu erwartenden Fallzahl abhängig. Die strukturellen Anforderungen an die Operationsräume nach Absatz 4.3.1 der Anforderungen [2] werden dem Vernehmen nach von der DGUV flexibel gehandhabt. Dies bedeutet, dass auch die Vorhaltung von Eingriffsräumen ausreicht, wenn keine ambulanten Operationen durchgeführt werden sollen. Im Einzelfall muss abgewogen werden, ob sich allein für das Erreichen des D-Arzt-Status bauliche Investitionen betriebswirtschaftlich rechnen würden. Die Berufsverbände bieten hierzu Einzelfallberatungen an. Es ist unbedingt zu beachten, dass der entsprechende Antrag spätestens bis zum 31.12.2014, also ein Jahr vor Ablauf der Übergangsfrist, gestellt werden muss.

Für spezialisierte Operateure (z. B. Spezialisten für Knie- und Schulterarthroskopie) bietet sich die Möglichkeit nach Genehmigung durch den Landesverband der DGUV auf Überweisung von D-Ärzten tätig zu werden. Hierzu ist kein eigener D-Arzt-Status erforderlich.

Berufsausübungsgesellschaften/Gemeinschaftspraxen/MVZ

Von der Neuordnung war erhofft worden, dass eine flexiblere Lösung für die in zunehmender Zahl etablierten Filialen und ausgelagerten Praxisräume einfließen würde. Dies könnte zum Bespiel so aussehen, dass auch in Bereich der niedergelassenen D-Ärzte die Erstbehandlung ggf. durch entsprechend qualifizierte – u. U. auch angestellte – Ärzte erfolgt, die Überprüfung der erhobenen Befunde und die Endverantwortung letztlich beim D-Arzt liegt. Diese Regelung wäre nicht unähnlich der gelebten Praxis in den meisten Krankenhäusern. In den Auslegungsgrundsätzen der DGUV wird allerdings weiterhin auf die persönliche Erbringung der Kernleistungen des niedergelassenen D-Arztes abgestellt, während der D-Arzt am Krankenhaus diese Forderung nach persönlicher Leistungserbringung ebenfalls erfüllen muss, sie aber an nachgeordnete Ärzte mit gleicher Qualifikation oder Fachärzte für O/U mit besonderen Kenntnissen in der Behandlung von Unfallverletzten delegieren kann. Allein die Möglichkeit, dass jetzt auch jeder niedergelassene D-Arzt einen ständigen Vertreter beim Landesverband anerkennen lassen kann, ist als Erleichterung anzusehen. Dies kann allerdings nicht die Ungleichbehandlung von D-Ärzten im Krankenhaus und in der Niederlassung ausgleichen.

Chefärzte

Für die leitenden Ärzte an Krankenhäusern hat sich (noch) nicht viel geändert. Allerdings ist zu beachten, dass für die Tätigkeit als D-Arzt an einem Krankenhaus oder einer Klinik die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ Voraussetzung ist. Hier gelten die gleichen Übergangsbestimmungen wie bei den Niedergelassenen, d. h. die alte Facharztbezeichnung Chirurgie/Unfallchirurgie wird der Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ gleichgestellt.

Die DGUV wird sich an die Strukturen des Trauma-Netzwerkes der DGU anpassen. Es ist vorgesehen, die Kliniken der Grund- und Regelversorgung, diejenigen des bisherigen VAV-Verfahrens und neu zu definierende Kliniken der Maximalversorgung zu unterscheiden. Ziel der Untergliederung ist eine zielgenaue und schnellstmögliche Steuerung des Unfallverletzten in die jeweils geeignete Klinik. Es soll ausgeschlossen werden, dass Fälle in Krankenhäusern behandelt werden, die nicht zugelassen sind oder nicht die erforderliche Qualität der Versorgung bieten. Erstmals ist hier von Sanktionen die Rede, die bei Nichtbeachtung auch finanzielle Folgen haben könnten. Der Begriff „Qualität der Versorgung“ wird zunehmend in den Vordergrund gerückt. Kriterien müssen noch erarbeitet werden. Hier spielen Mindestmengen ebenfalls eine Rolle. Zunächst gilt noch der Bestandsschutz. Neu zu besetzende Kliniken werden sich allerdings einer Überprüfung unterziehen müssen. Die Zugehörigkeit zu einem Trauma-Netzwerk der DGU, die Qualifikation und die organisatorische und fachliche Unabhängigkeit des Leiters sind neben den möglichen Mindestmengen wichtige Entscheidungskriterien. Feste Zahlen existieren noch nicht, aber 100 VAV-Fälle/Jahr könnten für eine VAV-Klinik realistisch sein. Es ist an eine Zertifizierung analog dem Trauma Netzwerk und eine Rezertifizierung alle drei bis fünf Jahre gedacht.

Die Vergütung der Leistungen sollen möglicherweise den Qualitätsstufen der Krankenhäuser und dem medizinisch-therapeutischen Aufwand angepasst werden. Zunehmend werden auch Reha-Gesichtspunkte im Akutkrankenhaus eine Rolle spielen. Andererseits sollen auch Bedarfsgesichtspunkte in der Zukunft eine größere Rolle spielen. In diesem Zusammenhang sind auch einzelvertragliche Regelungen mit spezialisierten Leistungserbringern für planbare Eingriffe vorgesehen.

Zunächst aber soll eine Zulassung in einem dreistufigen Modell erfolgen. Die Reform des stationären Heilverfahrens steht noch an und es ist damit zu rechnen, dass die Anzahl der Krankenhäuser die zum VAV-Verfahren zugelassen sind, deutlich verringert wird. Für eine Leitungsposition an einem VAV-Krankenhaus sind über die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ hinaus drei weitere Jahre Tätigkeit in einem VAV-Haus und ein qualifizierendes Zeugnis Voraussetzung.

Stationäre Weiterbehandlung (BGSW/KSR)

Der Trend zur Schwerpunktbildung und Spezialisierung in den Rehabilitationskliniken und bisher fehlende Vorgaben für eine bedarfsgerechte Zuweisungssteuerung sollen die Bildung von Schwerpunktkliniken nach sich ziehen, auch in der Anschlussrehabilitation. Regelmäßige Kontrollen der Rehabilitationsergebnisse und Aspekte der Vernetzung sowie berufsbezogene Bestandteile der angebotenen Reha werden eine wichtige Rolle spielen. Es sollen Reha-Verfahren mit unterschiedlichen Qualitätsstufen entwickelt werden von einer „einfachen“ Anschlussrehabilitation, über die BGSW bis hin zu komplexen Maßnahmen im Sinne der Komplexen stationären Rehabilitation (KSR). Speziell die medizinisch-berufliche Förderung (Arbeitsplatzorientierte Muskuloskelettale Rehabilitation (AOMR) und ähnliche) sollen fortentwickelt werden.

Sobald diese Kriterien im Einzelnen bekannt und festgelegt sind, wird die Gemeinsame BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände dazu Stellung nehmen. Die Autoren und die Mitglieder der Gemeinsamen BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände (GBK) stehen für Einzelfallberatungen gern zur Verfügung.

Literatur:

[1] Vertrag gem. § 34 Abs. 3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin, dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-SpV), Kassel, einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, K.d.ö.R., Berlin, andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte / Unfallversicherungsträger) gültig ab 1. Januar 2011 Deutsches Ärzteblatt (2010) 107, 41 Seite 1999-2010

[2] Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 SGB VII zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren (in der Fassung vom 1. Januar 2011) www.dguv.de

[3] Auslegungsgrundsätze zu den Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren in der Fassung vom 01.01.2011 www.dguv.de

[4] Grundsätze Ambulantes Operieren in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) in der Fassung vom 1. Januar 2011 www.dguv.de

[5] Rauch, G.: Übergangsregelung vom H-Arzt zum D-Arzt Orthopädische Mitteilungen 3/2011

Kalbe P, Bonnaire F, Kübke R. Auswirkungen der Neuordnung des D-Arzt-Verfahrens ab 2011. Passion Chirurgie. 2011 Mai/Juni; 1(5/6): Artikel 02_01

Ärger mit Kürzungen bei den BG-Rechnungen

In den letzten Jahren erreichen den BDC immer wieder Klagen von Kollegen über vermeintlich willkürliche Streichungen von einzelnen Positionen in den Rechnungen für berufsgenossenschaftlich behandelte Patienten. Es ist nicht zu übersehen, dass sich die „Kürzungswut“ der Berufsgenossenschaften und (insbesondere) der Unfallkassen auf einzelne Kostenträger, einzelne Sachbearbeiter, bestimmte Kollegen und vor allem immer wieder strittige Gebührenordnungsziffern konzentriert. Besonders ärgerlich ist die Tatsache, dass es sich oft um kleine Beträge unter 10 Euro handelt, bei denen eine Reklamation und aufwändige Nachforderung wegen der damit verbundenen Bürokratiekosten betriebswirtschaftlich wenig Sinn haben. Gleichwohl addieren sich durch die Häufigkeit der Streichungen durchaus erhebliche Honorarverluste.

Lage etwas gebessert

Dieses Problem war unter anderem ein Thema bei der 1. Jahrestagung des Bundesverbandes der für die Berufsgenossenschaften tätigen Ärzte (BVBGÄ) am 2.10.2008 in Berlin. Die dort anwesenden leitenden Mitarbeiter der DGUV waren (glaubhaft) überrascht über den von den Vortragenden und im Plenum artikulierten Unmut über die Rechnungskürzungen, die als Eingriffe von medizinisch höchstens angelernten Sachbearbeitern in die Behandlungs- bzw. Abrechnungshoheit der D-Ärzte empfunden werden. Allerdings hat sich nach den aktuellen Meldungen der Regionalvertreter des BDC die Lage nach der genannten Jahrestagung des BVBGÄ und nach der letzten Überarbeitung der „Arbeitshinweise“ (s. u.) tendenziell etwas gebessert.

Arbeitshinweise der Unfallversicherungsträger

Es wird gern übersehen, dass beide Seiten ihre „Truppen“ bezüglich der BG-Abrechnung durchaus schulen. So wie der BDC Seminare zur Abrechnung nach GOÄ und UV-GOÄ anbietet so werden natürlich auch die Sachbearbeiter der Berufsgenossenschaften entsprechend in speziellen Seminaren mit der Prüfung der Rechnungen vertraut gemacht. Grundlage für die Rechnungsprüfung sind die so genannten „Arbeitshinweise der Unfallversicherungsträger zur Bearbeitung von Arztrechnungen“. Lange Zeit wurde dieses Werk (BG-intern früher als „Jäger-Papier“ tituliert) lediglich mehr oder weniger konspirativ weitergegeben. Seit einigen Jahren sind die Arbeitshinweise jedoch problemlos von der Homepage der DGUV herunter zu laden. Die aktuelle Version findet sich zum Download auch auf der Homepage des BDC am selben Ort wie dieser Artikel.

Interpretation der Gebührenordnung durch den DGUV

Die Versionen 4/2006 und 4/2008 wurden von den für die D-Ärzte tätigen Berufsverbänden in vielen Details kritisiert. In der im Jahr 2010 veröffentlichten aktuellen Version (8/2010) sind zwar immer noch nicht alle Wünsche der D-Ärzte berücksichtigt worden, jedoch sind viele Verbesserungsvorschläge vor allem im Kapitel C „Nicht gebietsbezogene Sonderleistungen“ (= Verbände und Ruhigstellung) eingeflossen. Der BDC empfiehlt allen D-Ärzten, sich dieses Werk von der DGUV- oder der BDC-Homepage zu besorgen und den Inhalt mit den für die Abrechnung in der Praxis bzw. Klinik zuständigen Mitarbeitern/-innen durchzuarbeiten. Die profunde Kenntnis der einheitlichen Prinzipien der Rechnungsprüfung kann durchaus auch erweiterte Abrechnungsmöglichkeiten eröffnen, die zuvor nicht bekannt oder nur unzureichend bewusst waren. Auch wenn man noch nicht in allen Punkten mit der Interpretation der Gebührenordnung durch die DGUV (und seine beratenden Ärzte) zufrieden sein kann, so bieten doch die „Arbeitshinweise“ eine vernünftige Orientierungshilfe für eine weitgehend stressfreie BG-Abrechnung.

Es empfiehlt sich, die Datei im PDF-Format zu speichern und jeweils nur die chirurgisch relevanten Kapitel anzusehen bzw. auszudrucken, da weite Passagen, wie z. B. Labor und Psychiatrie/Psychotherapie keine Relevanz für die Unfallchirurgen haben. Im Inhaltsverzeichnis wird die jeweils gültige Revision angegeben. Wenn aktuelle Überarbeitungen vorliegen, werden diese rot markiert.

Der BDC wird in den kommenden Ausgaben der Mitgliederzeitschrift „Passion Chirurgie“ in einer regelmäßigen Kolumne zu den Grundlagen und zu einzelnen immer wieder streitigen Gebührenordnungsnummern der UV-GOÄ Stellung nehmen.

Kalbe P, Kübke R. Ärger mit Kürzungen bei den BG- Rechnungen. Passion Chirurgie. 2011 Mai/Juni; 1(5/6): Artikel 04_01.

Niederlassung

Zukunftspläne – Referat niedergelassene Chirurgen

Zweiunddreißig Regionalvertreter in allen KV-Regionen stehen den niedergelassenen BDC Mitgliedern zusätzlich zu den Vorsitzenden der Landesverbände mit Rat und Tat zur Seite. Täglich werden individuelle Anfragen zu den Themen Bedarfsplanung und Zulassung, Abrechnung, Regelleistungsvolumen, Plausibilitätsprüfung, genehmigungspflichtige Leistungen, Weiterbildung, Betriebswirtschaft und viele andere praktische Probleme der chirurgischen Praxen beantwortet.

Die grundsätzlichen politischen Interessen der Niedergelassenen im BDC werden auf Bundesebene vom Leiter des Referates, Dr. Peter Kalbe (Rinteln), sowie seinen Stellvertretern, Dr. Werner Boxberg (Wuppertal) und Dr. Rainer Schmitz (Kiel), sowie vom Vizepräsidenten des BDC, Dr. Jörg Rüggeberg (Bremen), vertreten. Wegen der immensen Bedeutung für unser operatives Fach steht die Herstellung und Sicherung akzeptabler Bedingungen für die ambulanten und belegärztlichen Operateure ganz besonders im Fokus.

Die regional sehr unterschiedliche Honorarverteilung macht es erforderlich, dass sich die BDC-Repräsentanten auf Landesebene intensiv in die KV-Gremien einbringen. Dies geschieht in vielen Regionen in enger Kooperation bzw. sogar Personalunion mit den ANCs. Auf Bundesebene ist die Zusammenarbeit mit dem BNC weit vorangeschritten. Dies dokumentiert sich auch dadurch, dass der 25. Chirurgentag des BDC vom 5. bis 6. März 2011 parallel zum BNC-Bundeskongress in Nürnberg stattfinden wird.

Vogel friss oder stirb? – Die Position des BDC zu den Kodier-Richtlinien

Das neueste Bürokratie-Monster für die niedergelassenen Vertragsärzte fährt langsam schon die Krallen aus und auch die Chirurgen werden ihm möglicherweise nicht entkommen können.

Die Vorgeschichte der ICD-Kodierung

In Deutschland hätte bereits 1996 die vertragsärztliche Abrechnung ausschließlich auf Basis der Verschlüsselung nach ICD erfolgen sollen. Nach massivem Widerstand aus der Ärzteschaft wurde die ICD zunächst als freiwillige Option eingeführt, die Verwendung einer überarbeiteten Version ist jedoch seit 2000 Pflicht. Sie alle kennen diese lästige Tätigkeit aus der täglichen Praxis und wissen daher sicher auch um die fragwürdige Genauigkeit und Validität der für die KV Abrechnung angegebenen ICD Schlüssel. Man hat sich arrangiert, denn ohne ICD Code gab und gibt es kein Honorar. Die Software Firmen haben die Kodierung mehr oder weniger erleichtert und so werden schon seit Jahren die ICD Codes auch für die chirurgischen Patienten mitgeschleppt. Bisher gab es keine Veranlassung, an der Qualität der Verschlüsselung zu feilen, denn bis auf einige wenige Ausnahmen hat der eingetragene ICD Schlüssel keinen Einfluss auf das vertragsärztliche Honorar.

Was steckt dahinter?

Wie Sie vielleicht wissen, wurde mit der Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung (NVV) im Jahr 2009 die bis dahin gültige Anbindung der von den Krankenkassen zur Verfügung gestellten Gesamtvergütung für die ambulante Versorgung an die Entwicklung der Grundlohnsumme beendet. Stattdessen wurde eine langjährige Forderung der Ärzteschaft umgesetzt und die „Mobiditätsgewichtete Gesamtvergütung (MGV)“ eingeführt. Für das Jahr 2009 wurde die Morbidität (teilweise zu hoch!) geschätzt und für das Jahr 2010 lediglich mit den Faktoren Alter und Geschlecht adjustiert. Um den gesetzlichen Vorgaben nachzukommen, muss nunmehr auch ein geeignetes Messverfahren der Morbidität gefunden werden. Das technokratische Prinzip sieht vor, zusätzlich zu den vorgenannten demographischen Faktoren die jeweils relevanten ICD Ziffern einer „Grouper-Software“ zuzuführen und als Ergebnis jeden Versicherten einer bestimmten Risiko-Gruppe zuzuführen.
Besondere Bedeutung haben dabei jene 80 Diagnosen, die seit 2009 für den Risiko-Strukturausgleich der Krankenkassen herangezogen werden. Die Kassen haben naturgemäß ein massives Interesse daran, dass insbesondere in diesem Bereich „richtig“ kodiert wird, da dies erheblichen Einfluss auf ihre Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds hat. Diese Kodierung ist zum Beispiel auch essenzieller Bestandteil von Hausarztverträgen. Vor einem Jahr gab es große öffentliche Empörung, als einige Kassen versuchten, Vertragsärzte nachträglich zur Korrektur und „Verbesserung“ ihrer ICD-Verschlüsselung zu motivieren und dafür eine „Verwaltungspauschale“ in Höhe von 10 € pro nachkodiertem Fall auslobten. Dies mag illustrieren, dass die Qualität der ICD Kodierung von entscheidender Bedeutung für die Geldflüsse im ambulanten Bereich ist. Das Schicksal der Vertragsärzte ist dabei leider eng an das der regionalen Krankenkassen gekoppelt, denn, geht es der Kasse finanziell gut, steht auch mehr Geld für Honorare zur Verfügung.

Der aktuelle Stand

Das Institut beim Bewertungsausschuss (InBA) hat schon Ende letzten Jahres die Berufsverbände angeschrieben und um konstruktive Kommentare zu einer ersten Rohfassung der Kodier-Richtlinien gebeten. Der BDC hat in seiner Antwort die grundsätzliche Kritik an den Richtlinien formuliert und erneut darauf hingewiesen, dass der ICD zahlreiche Schwächen aufweist und für chirurgische Diagnosen teilweise ungeeignet ist. Dies insbesondere deswegen, weil die ICD nicht medizinischen oder praktischen Gesichtspunkten entspricht, sondern lediglich statistischen Erfordernissen folgt. Weiterhin wird nicht klar zwischen Diagnosen und Symptomen unterschieden und nicht jede Symptomatik entspricht einem Krankheitsbild nach ICD.

Zahlreiche Berufsverbände, der Hartmannbund, die „Potsdamer Runde“ und andere haus- und fachärztliche Organisationen lehnen die Einführung der Kodier-Richtlinien aus gutem Grund grundsätzlich ab. Zuletzt hat der 113. Deutsche Ärztetag 2010 in Dresden dazu folgenden Beschluss gefasst:

„Der Deutsche Ärztetag fordert die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf, die geplante Einführung der neuen Diagnose-Kodierrichtlinien umgehend zu stoppen. Hier werden Daten dazu missbraucht, um Honorarverteilung zu organisieren. Dabei geht man von der irrigen Meinung aus, der Wert und die Intensität der täglichen Arbeit in der Arztpraxis an den kodierten Diagnosen ablesen zu können. Darüber hinaus wird hier von Funktionären ein weiteres bürokratisches Monstrum geschaffen, vergleichbar mit den Kodierungen im Zusammenhang mit den Diagnosis Related Groups (DRGs) im Krankenhaus. So wie im Krankenhaus ganze Arztstellen für die Kodierung geschaffen werden mussten, wird eine geordnete Praxisverwaltung durch diese unsinnigen Kodierrichtlinien unmöglich gemacht und Zeit für die notwendige Patientenbetreuung gestohlen. In der Arztpraxis wird der Patient in der Gesamtheit seiner Beschwerden behandelt und es werden nicht irgendwelche Diagnosen zur Abrechnungsbegründung formuliert.“

Besser kann man die Gegenargumente nicht zusammenfassen. Der bisherige Widerstand hat immerhin schon zu einer deutlichen zeitlichen Verzögerung geführt. Die gesetzliche Grundlage ist der § 295 des SGB V, wo es u. a. heißt: „…die Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbaren erstmalig bis zum 30. Juni 2009 Richtlinien für die Vergabe und Dokumentation der Schlüssel nach Absatz 1 Satz 5 für die Abrechnung und Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (Kodierrichtlinien); ….“.Dieser Termin war offensichtlich nicht zu halten und auch die ursprünglich für den 1.7.2010 geplante Einführung ist bereits wieder auf den 1.1.2011 verschoben worden. Allerdings gibt es eine verbindliche Vereinbarung der Partner der Gesamtverträge, diese Richtlinie zum genannten Datum flächendeckend, d. h. in sämtlichen KV-Bereichen einzuführen. Eine Testphase soll mit ausgewählten Praxen in der KV Bayern ab 1.7.2010 erfolgen.

Was käme auf Sie zu?

Allein das Studium der Kodierrichtlinien macht jedem klar, welches bürokratische Monstrum da auf die Vertragsärzte losgelassen werden soll. Sie können die Kodier-Richtlinen von der Internet Seite der KBV herunterladen (http://www.kbv.de/kodieren/pdf-download.php). Dort wird Ihnen auf 161 Seiten in feinstem Bürokraten-Deutsch erklärt, wie Sie in Zukunft die ICD Kodierung durchzuführen haben.

Es wird in Zukunft eine bis dahin unbekannte und sicher auch nicht routinemäßig durchgeführte Tiefe und Vollständigkeit der Diagnosenverschlüsselung gefordert. Das trifft besonders auch die Chirurgie und Orthopädie. Bei Chirurgen steht z. B. an 3. Stelle der häufigsten ICD Codes „T14 – Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion“. Bei Orthopäden steht an erster Stelle der Hitliste die ICD „M54 – Rückenschmerzen“. Beide Verschlüsselungen wären nicht mehr zulässig. Statt der T14 müsset Sie also z. B. eine Gesichtsplatzwunde am Unterkiefer rechts mit „S01.43R“ (Offene Wunde: Unterkieferregion) verschlüsseln. Darüber hinaus gilt dies für sämtliche Diagnosen, die einzeln in dieser Tiefe codiert werden müssten. Sie werden wahrscheinlich Ihre komplette Verschlüsselungs-Datei überarbeiten müssen.

Leider reicht es auch nicht, sich auf die fachspezifischen Kapitel zu beschränken, denn auch alle internistischen und sonstigen Neben-Diagnosen müssen nach den gleichen Grundsätzen kodiert werden. Einzige „Erleichterung“ ist die Vorgabe, dass fachärztliche Diagnosen außerhalb des eigenen Fachgebietes nur bis zur 4. Stelle verschlüsselt werden brauchen.

Totalverweigerung oder kritische Distanz?

Aufgrund der mit den Kassen getroffenen Vereinbarungen verfolgen die KBV und die Landes KVen unverändert mit viel Engagement die Einführung der Kodierrichtlinien. Warum? Die KBV benötigt diese Daten um die Steigerung der Morbidität gegenüber den Kassen nachzuweisen und die jährliche Erhöhung der Gesamtvergütung auszuhandeln. Die Landes-KVen wiederum sind abhängig von der Aufteilung der bundesweiten Gesamtvergütung auf die Regionen, die in Zukunft ebenfalls von der „gemessenen“ Morbidität abhängig sein wird.

Sie können sich vorstellen, dass die oben geschilderte Bürokratie bei den Kollegen landauf landab auf massive Ablehnung stoßen wird. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass eine fehlerhafte Kodierung zunächst keine Auswirkungen auf das individuelle Honorar des einzelnen Arztes haben wird. Allerdings würde sich eine mangelhafte Darstellung der Morbidität im darauf folgenden Jahr negativ auf die Gesamtvergütung für die betreffende Region und damit auch auf das für die ärztlichen Honorare zur Verfügung stehende Geldvolumen auswirken. Ein solcher hochgradig abstrakter Zusammenhang dürfte nur schwerlich geeignet sein, die Ärzte zu stundenlangen zusätzlichen Kodier-Arbeiten zu motivieren.

Hier kommt jetzt der Bumerang der Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung zur KBV zurück, die in der Konzeption davon ausgegangen war, diesen bürokratischen Schritt der Ärzteschaft im Hinblick auf höhere Honorare schmackhaft machen zu können. Doch gerade dies wird in der aktuellen politischen Diskussion ad absurdum geführt: Die Honorare der niedergelassenen Ärzte stehen wieder einmal völlig zu Unrecht in der Kritik und statt der Orientierung an der Morbidität wird angesichts der Krankenkassendefizite über Nullrunden oder Kürzungen der ärztlichen Honorare diskutiert. Es bleibt das Geheimnis der KBV, wie sie angesichts dieser Gemengelage die niedergelassenen Ärzte motivieren will, neue und extreme bürokratische Belastungen auf sich zu nehmen. Dies auch noch in krassem Widerspruch zu der KBV-Forderung, die Bürokratie in der vertragsärztlichen Versorgung abzubauen. Auf die Unterstützung der Berufsverbände kann sie dabei jedenfalls nicht hoffen.

Es steht somit außer Frage, dass auch der BDC die Einführungen der Kodier-Richtlinien in der jetzt vorgesehenen Form strikt ablehnt. Gleichwohl muss bei aller Kritik ein Auffang-Szenario konzipiert werden für den Fall, dass die KBV und die regionalen KVen die Umsetzung der Kodierrichtlinien mit hoheitlicher Gewalt durchsetzen würden. Da es sich letztlich um die Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben aus dem SGB V handelt, dürfte in diesem Fall eine juristische Anfechtung wenig Ziel führend sein. Die KVen würden bei der zwangsweisen Umsetzung der Richtlinie wahrscheinlich rechtskonform handeln.

Die KBV hätte eine elegante Möglichkeit die Daumenschrauben anzulegen: Wie Sie wissen, muss jede Abrechnungs-Datei von einem KBV-Prüfmodul freigegeben werden. EDV-technisch wäre es ein leichtes, alle Datensätze als fehlerhaft zurückzuweisen, die keine mindestens 4-stellig kodierte ICD enthalten. Mit einer solchen dirigistischen Maßnahme würde die KBV allerdings den allerletzten Rest ihres Ansehens bei den Vertragsärzten verspielen, so dass auf einen Kompromiss gehofft werden darf. Gleichwohl wird sich der BDC darauf einrichten, Ihnen ggf. mit sachdienlicher Unterstützung zur Seite zu stehen für den Fall, dass sich trotz aller Proteste die genannte Richtlinie doch nicht verhindern lässt.

50 Jahre BDC – 50 Jahre Interessenvertretung für niedergelassene Chirurgen

„Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) ist ein Chefarzt-Verband!“

Dieses Menetekel haftete dem BDC aus der Sicht mancher niedergelassener Chirurgen über viele Jahre an. Vom BDC wurde dies natürlich stets zurückgewiesen und diese Behauptung war auch niemals in Zahlen oder Taten zu belegen. Gleichwohl war dies über viele Jahre das polemische Argument für spalterische Aktivitäten von berufspolitischen Rivalen.

Niedergelassene Chefärzte Gesamt
per 31. 12.2002 2290 1788 13992
per 30.10.2003 2292 1818 14294
per 30.10.2004 2360 1822 14627
per 30.10.2005 2407 1838 14848
per 30.10.2006 2432 1863 15006
per 16.10.2007 2469 1878 15319
per 14.10.2008 2489 1903 15538
per 14.10.2009 2475 1950 15701
per 28.02.2010 2466 1930 15633

An den Führungspersönlichkeiten kann es eigentlich nicht gelegen haben. Immerhin war der langjährige Präsident (1962-1982) des BDC in den Gründungsjahren Prof. Wolfgang Müller-Osten ein niedergelassener Chirurg. Aus den Sitzungsprotokollen und der Chronik des BDC ist zu entnehmen, dass schon immer vor allem die Honorar-Situation der Niedergelassenen regelmäßig auf der Agenda standen. Die strukturelle und finanzielle Förderung der ambulanten Operationen wurde schon seit den siebziger Jahren regelmäßig vom damaligen Präsidiumsmitglied Dr. Kurt Fritz propagiert. Kein neues Thema also und noch immer aktuell. Auch heute zählt mit Dr. Jörg Rüggeberg einer der bekanntesten und profiliertesten Vertreter der niedergelassenen Fachärzte zu den Auguren des Berufsverbandes. Gemeinsam mit Dr. Hans-Hinnerk Felsing, der später erster hauptamtlicher Geschäftsführer des BDC wurde, kämpfte Rüggeberg schon seit Anfang der 90er Jahre für die beruflichen Interessen der Chirurgen in der Praxis. Bereits 1991 wurde ein Arbeitskreis „Ambulantes Operieren“ im BDC gegründet.

Es müssen also zusätzliche äußere Faktoren gewesen sein, die seit 1995 zu zunehmender Unzufriedenheit der im BDC organisierten niedergelassenen Chirurgen führten. Tatsächlich kam es in diesen Jahren zu einer drastischen Verschlechterung der Honorarsituation der niedergelassenen Vertragsärzte im Allgemeinen und der niedergelassenen Chirurgen im Besonderen. Steigende Arztzahlen führten zu vermehrtem Wettbewerb und Zulassungsbeschränkungen ab 1993 zu zusätzlichem Verdruss. Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich (das Thema ist augenscheinlich ein Dauerbrenner) die vollkommen misslungene Honorar-Reform des EBM 96 und die daraus resultierende Notfallmaßnahme der Budgetierung. Es ist bemerkenswert und einigen Kollegen vielleicht schon nicht mehr präsent, dass das Konstrukt des Honorar-Budgets  ursprünglich nur als Provisorium für einige Quartale konzipiert war, dann aber mehr als ein Jahrzehnt überdauerte, schließlich erst mit der aktuellen Reform der Gebührenordnung im Januar 2009 beseitigt werden konnte. Die Aufhebung der Budgets und die Abkopplung der Gesamtvergütung von der Entwicklung der Grundlohnsumme mit der aktuellen Honorar-Reform stellen ganz wesentliche Verbesserungen dar, deren strukturelle Bedeutung vielfach im Getümmel von realen oder irrealen Verlustängsten untergegangen ist.

Im Jahr 1996 war Rüggeberg erstmals mit einer Seminarreihe zum EBM 96 durch die Republik unterwegs, um die schlimmsten Auswirkungen für die Chirurgen abzumildern. Aber wie es schon in der Antike Usus war, wurde er von den Gegnern des BDC als der Überbringer schlechter Nachrichten zu Unrecht für diese verantwortlich gemacht.

Schon damals wurden übrigens die völlig unzureichenden Röntgen-Budgets bemängelt, auch von unserer Gemeinschafts-praxis, wie der Schriftverkehr mit dem damaligen Präsidenten Prof. Karl Hempel zeigt. Unter maßgeblicher Beteiligung des BDC gelang es damals, zumindest eine Aufstockung für die niedergelassenen Unfallchirurgen zu erreichen.

KNIC – Konvent Niedergelassener Chirurgen im BDC

Das wachsende Engagement des BDC für die Niedergelassenen führte zur Gründung des KNIC, der seine erste Jahrestagung mit großer Resonanz am 01. und 02. Juni 1996 in Würzburg abhielt. Regelmäßige KNIC-Rundschreiben informierten die niedergelassenen Kollegen in der „Prä-Internet-Ära“ über aktuelle berufspolitische Entwicklungen. Die jährlichen KNIC-Tagungen wurden ab 2001 in den Chirurgentag integriert, bei dem nunmehr traditionell am Sonnabendvormittag die Themen der Niedergelassenen im Blickpunkt stehen. In das Jahr 1998, unter der Präsidentschaft von Jens Witte, fällt die Einführung des Referate-Systems im Präsidium des BDC, sodass seitdem die Niedergelassenen satzungsgemäß mit Sitz und Stimme in diesem Gremium vertreten sind.

In diese Zeit fällt auch der Beginn meiner berufspolitischen Aktivitäten für den BDC. 1998 trat ich als Landesvorsitzender in Niedersachsen die Nachfolge von Dr. Jürgen Bauch an, der im gleichen Jahr zum BDC-Vizepräsidenten gewählt wurde. Meine ersten Erfahrungen wurden sogleich durch einen Eklat geprägt: Niemals werde ich die aggressive und zum Zerreißen angespannte Atmosphäre vergessen, als anlässlich der BDC – Präsidiumssitzung  in Leipzig im gleichen Jahr der letzte vergebliche Versuch unternommen wurde, den 1996 in Köln neu gegründeten BNC als weitgehend autarken Teil in den Strukturen des BDC zu belassen bzw. zu integrieren.

Es steht außer Frage, dass der BDC als Ganzes die niedergelassenen Chirurgen auch damals und zu jeder Zeit kompetent vertreten hat. Genauso evident ist es aber auch, dass dies offenbar nicht allen betroffenen Mitgliedern vermittelbar war. Ein Rückblick ist auch immer eine Gelegenheit zu analysieren, was man damals hätte besser machen können. Aus heutiger Sicht muss als entscheidendes Manko des BDC zu dieser Zeit die teilweise fehlende Regionalisierung der Vertretung der Niedergelassenen angesehen werden. Zwar hatte der BDC immer schon Landesverbände in allen Kammer-Bereichen. Deren Besetzung und Aktivitätsniveau war jedoch mehr oder weniger arbiträr. In einzelnen Landesverbänden waren die Vorsitzenden Niedergelassene und auf dieser Ebene ausgesprochen aktiv und erfolgreich, z. B. im Saarland mit Dr. Rudolf Blandfort, im Rheinland mit Dr. Ekkehard Hierholzer, in Baden Württemberg mit Dr. Jacky Reydelet und in Niedersachsen mit Dr. Jürgen Bauch und später in meiner Person. Andererseits konnte es auch vorkommen, dass in einzelnen Landesverbänden überhaupt keine Niedergelassenen in der Führungsspitze vertreten waren.

Da aber gerade die regionalen Verhältnisse für niedergelassene Chirurgen in den verschiedenen KV-Bereichen stark variieren, war durch eine zentral aus Hamburg und später aus Berlin organisierte Interessenvertretung keine ausreichende Präsenz vor Ort gewährleistet. Die hohe Akzeptanz der regionalen Arbeitsgemeinschaften Niedergelassener Chirurgen (ANCs) spricht dazu Bände.

Die aktuelle Struktur des Referates Niedergelassene Chirurgen (RNC) im BDC

Aus dieser Erkenntnis heraus schaffte der BDC – gefördert vom Präsidenten Prof. Michael Polonius – einen grundlegenden strukturellen Wandel. Auf der Mitgliederversammlung 2006 wurde eine ganz wesentliche Satzungsänderung beschlossen, die neben der inhaltlichen jetzt auch die satzungsgemäße Vertretung der Niedergelassenen auf „Augenhöhe“ gewährleistet. Zusätzlich zu den Vorsitzenden der Landesverbände wählen allein die niedergelassenen Mitglieder ihre Regionalvertreter, die gemeinsam auf der Bundesebene das „Referat Niedergelassene Chirurgen im BDC“ bilden. Diese Struktur spiegelt sozusagen die erfolgreichen ANCs wider und strebt mit diesen eine enge Kooperation auf regionaler Ebene an. In einigen Bereichen (z. B. Hamburg, Rheinland, Berlin, Bayern, Westfalen-Lippe) bestehen bereits personelle Verflechtungen. Auf der Bundesebene wurde 2009 zwischen BNC und BDC eine Empfehlung für eine weitreichende Kooperation der ANCs und der BDC-Regionalvertretungen bei Fortbildungsveranstaltungen verabschiedet. Durch die Einfügung des § 12 in die BDC-Satzung im Jahr 2006 hat sich das Gewicht der Niedergelassenen im BDC deutlich erhöht. Die Wahl des Referatsleiters aus der Mitte der Regionalvertreter gewährleistet die lange angemahnte demokratische Legitimation dieser Position. Diese Position bekleide ich seit 2007 und ich kann resümieren, dass unser Referat sich in den letzten 2 Jahren zu einem aktiven und effizienten Gremium entwickelt hat. Seit 2009 sind in allen Ländern Regionalvertreter etabliert.

Obgleich bisher stets nach außen einvernehmliche berufspolitische Positionen des Präsidiums vertreten wurden und dies für die Zukunft auch stets angestrebt wird, würde die Satzung ggf. auch ein konfliktives Minderheitsvotum des Referates Niedergelassene Chirurgen abdecken. Ein eigenes Finanz-Budget für das Referat gewährleistet außerdem finanzielle Unabhängigkeit. Zusätzlich schreibt die neue Satzung seit 2006 im § 10.1 b)
vor, dass im Vorstand des BDC, bestehend aus Präsident und zwei Stellvertretern, mindestens einer davon ein niedergelassener Chirurg sein muss. Zurzeit füllt Rüggeberg als Vizepräsident diese Position aus.

Honorar ist nicht alles – Zukunftssicherung und Service

Alle Konzepte zu Reformen der Gebührenordnung wurden stets in Kooperation mit dem BNC und dem BVO (jetzt BVOU) formuliert und gegenüber der KBV und den Krankenkassen vertreten. So soll es auch in Zukunft sein.

Bei allen Diskussionen über die tatsächlich immer noch unbefriedigende Honorarsituation darf aber nicht vergessen werden, dass ein Berufsverband darüber hinaus vielfältige Aufgaben hat, die gepflegt und weiterentwickelt werden müssen. Die Kontakte auf der Leitungsebene mit dem BNC und dem BVOU haben weitere gemeinsame Initiativen zur Problemlösung auf den Gebieten Bedarfsplanung, Weiterbildungsordnung und Weiterentwicklung der Gebührenordnungen ermöglicht. Enge Kontakte zum Bundesverband der für BG tätigen Ärzte (BVBGÄ) und zu den wissenschaftlichen Fachgesellschaften DGU und DGOU gewährleisten, dass der BDC auch für die D-Ärzte und die zukünftigen Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie attraktiv bleibt.

Der BDC legt darüber hinaus ganz besonderen Wert auf seinen Service. Es kann kein Zufall sein, dass die Zahl der niedergelassenen Mitglieder des BDC über viele Jahre trotz der zahlreichen Kritiker kontinuierlich gestiegen ist. (Tab1). Gelegentlich wird kolportiert, dies sei nur so wegen der „guten Versicherungen über den BDC“. Das macht sicher nur einen kleinen Teil der Attraktivität aus, wirft aber doch ein Schlaglicht darauf, dass der BDC auch als kompetenter Service-Partner wahrgenommen wird.

Als zusätzliches Angebot speziell für Niedergelassene wurden in den letzten Jahren neben den stets gut besuchten und leider häufig notwendigen EBM-Seminaren weitere Seminare zur (UV-)GOÄ und zu betriebswirtschaftlichen Fragen sowie zum Qualitätsmanagement entwickelt. Darüber hinaus ist das Referat Niedergelassene Chirurgen fast täglich mit den verschiedensten individuellen Anfragen der Mitglieder zu den Bereichen Niederlassungsrecht, Kooperationen, Gebührenordnung, Qualitätssicherung etc. befasst. Dabei ist insbesondere die gute Zusammenarbeit mit unserem Justiziar Dr. Jörg Heberer von immenser Bedeutung. Der BDC vertritt seine Mitglieder auch in Musterprozessen vor den Sozialgerichten, wenn diese von allgemeiner Bedeutung sind.

Die zukünftige Vertretung der Niedergelassenen Chirurgen

In der Frage einer optimalen Vertretung wird immer wieder postuliert, nur eine „lupenreine“ Interessenvertretung der Niedergelassenen sei optimal, das bedeutet tendenziell konfrontativ zu den Krankenhausärzten. Obwohl dies im Einzelfall durchaus einmal notwendig sein kann, vertritt der BDC in dieser Hinsicht eine andere Zielrichtung und unterstützt die Entwicklung von kooperativen Strukturen zwischen Kliniken und Niedergelassenen durch Vereinbarungen auf Augenhöhe. Ich bin sicher, dass derartigen Versorgungsmodellen die Zukunft gehört. In den Ballungsgebieten dürften größere Berufsausübungsgemeinschaften gesuchte Kooperationspartner für die Krankenhäuser sein und im ländlichen Bereich wird man angesichts des drohenden oder teilweise schon eingetretenen Fachärztemangels gar nicht darum herumkommen, die verfügbaren fachärztlichen Kapazitäten in  kooperativen Einheiten ökonomisch sinnvoll einzusetzen. Das etwas abgegriffene Modell der „win-win-Situation“ soll hier nicht überstrapaziert werden, jedoch bieten sektorenübergreifende Kooperationen in der Zukunft nicht nur Krankenhäusern, sondern auch niedergelassenen Chirurgen reale Chancen auf eine befriedigende berufliche Tätigkeit unter angemessenen Bedingungen bezüglich Honorar und Arbeitsbelastung. Dabei wird der BDC stets seine Unterstützung im Hinblick auf die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Gestaltungsfragen anbieten.

Wie lange es in der Zukunft weiterhin vielfältige Parallelstrukturen der berufspolitischen Vertretung der niedergelassenen Chirurgen geben wird, ist schwierig zu sagen. Stand für den BDC über viele Jahre das Ziel einer Fusion der Berufsverbände im Vordergrund, so wird aktuell vorwiegend eine enge Kooperation als Zwischenschritt angestrebt. Dabei sind wir mit dem BNC, dem BVBGÄ und dem BVOU auf einem guten Weg. Allein schon aus Gründen des rationellen Umgangs mit den personellen Ressourcen der ehrenamtlich Engagierten sollte im Grunde der sachlichen Kooperation in Zukunft auch eine strukturelle Zusammenführung folgen. Dabei spielen natürlich auch vielfältige Traditionen und das lange gewachsene Selbstverständnis der Verbände eine wichtige Rolle. Solange es die Mitglieder akzeptieren, hohe Beiträge an mehrere und teilweise parallel an den gleichen Themen tätige Interessenvertretungen zu bezahlen, wird man davon ausgehen müssen, dass sie sich davon eine höhere Effektivität versprechen. Dieser Vermutung stelle ich die These entgegen, dass ein gemeinsamer Berufsverband durch die Bündelung von Sachverstand und personellen Ressourcen weitaus effizienter arbeiten könnte.  Dabei kann man sich ein Beispiel an der Fusion der wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Orthopäden und Unfallchirurgen nehmen, die ich als Präsidiumsmitglied der DGU begleitet habe. Auch an der bereits fusionierten gemeinsamen Interessenvertretung der Leitenden Krankenhausärzte (VLOU) kann man sich orientieren.

Mein persönliches Ziel ist es, die Kooperation und die zunehmende Integration der chirurgischen Berufsverbände zu begleiten und wann immer möglich zu fördern. Die Interessenlage ist bei allen im Grunde die gleiche und es wäre im Sinne der Mitglieder ideal, die Kräfte zu bündeln. In einem gemeinsamen Berufsverband könnten bestimmte Aufgaben auf Spezialisten
z. B. für Honorar, Weiterbildung, Integrierte Versorgung, Fortbildung, Qualitätsmanagement etc. im Sinne von „Ministerien“ konzentriert und in höchst möglicher Tiefe bearbeitet werden. Die Ergebnisse würden dem gemeinsamen Ziel der optimalen berufspolitischen Vertretung der niedergelassenen Chirurgen zugutekommen.

Wenn ich oder mein Nachfolger zum 60-jährigen Bestehen des BDC dazu „Vollzug melden“ dürfte, wäre dies alle Anstrengungen im Ehrenamt wert gewesen.

BDC| Landesverband Niedersachsen

Jahresbericht 2009

  • Informationsveranstaltung zur Honorarreform für Chirurgen und Orthopäden am 01.2009 in Oldenburg
  • Gemeinsame Fortbildungsveranstaltung des BDC Niedersachsen mit dem BDC Bremen und dem ANC Niedersachsen am 002.2009 in Hannover
  • Strategiegespräch am 02.2009 gemeinsam mit Prof. Jähne mit dem Vizepräsidenten (Dr. Voigt) und dem Vorsitzenden des Weiterbildungsausschusses (Prof. Haubitz) der Ärztekammer Niedersachsen zum Thema Weiterbildungsordnung und Umsetzung der Prüfungen zur Zusatzweiterbildung Diagnostische Radiologie des Skeletts
  • Verhandlungen und Abschluss eines Sondervertrag nach 73C SGB V mit der Deutschen BKK (Wolfsburg) für die Modellregionen Hannover und Emden/Aurich sowie Schulungen der beteiligten niedergelassenen Chirurgen. Gegenstand des Vertrages ist die bevorzugte Vergabe von Terminen und das Case Management bei Patienten mit langwierigen Behandlungsverläufen bei Erkrankungen der Bewegungsorgane.
    Sonderhonorare bis zu 70 Euro pro Fall.
  • Mitarbeit in den Gremien der KV Niedersachsen: Vertreterversammlung, Widerspruchsausschuss, Plausibilitätsausschuss etc.
  • Regelmäßige Vertretung der Fachgruppe Chirurgie in der GfB Niedersachsen und am runden Tisch der KV Niedersachsen
  • Initiative zur Änderung und Verbesserung der neuen Sprechstundenbedarfsvereinbarung in Niedersachsen
  • Vorbereitungen auf die Wahlen zur Selbstverwaltung im Jahr 2010
  • Mitgliederversammlung (ohne Wahlen) des BDC Niedersachsen und Informationen zur aktuellen Berufspolitik am Sonnabend, 11.2009 in Hannover

Klausurtagung der Niedergelassenen Chirurgen im BDC

Klausur – Tagung der Niedergelassenen im BDC – die Zweite

Referat Niedergelassene Chirurgen des BDC traf sich in Hannover

Nach dem Erfolg der Sitzung im Jahr 2009 hatte Referatsleiter Dr. Peter Kalbe die Regionalvertreter des BDC für den 05. und 06. Februar 2010 wieder zu einer Klausurtagung nach Hannover eingeladen. Fast alle konnten teilnehmen, so dass die niedergelassenen Chirurgen von Schleswig-Holstein bis Bayern und von Brandenburg bis zum Rheinland repräsentiert waren. Die konzentrierte Arbeits-Atmosphäre im historischen Pelikan-Viertel trug entscheidend zum Gelingen der Veranstaltung bei.

BDC Referat Niedergelassene Chirurgen

Zunächst wurden technische Fragen der Kommunikation untereinander und die Möglichkeit der direkten Information der Mitglieder im jeweiligen Landesverband durch Email Versand diskutiert und demonstriert. Der Nachmittag des ersten Tages stand dann ganz im Zeichen der Berichte aus den Regionen. Als neue Regionalvertreter stellten sich vor: Dr. Jaschke aus Freiburg (RV Baden-Württemberg), Herr Farghal aus Schweinfurt (RV Bayern) und Dr. Wagner aus Ludwigshafen (RV Pfalz). Die verschiedenen Selektivverträge wurden vorgestellt und ausgiebig diskutiert. Es wurde ein Austausch vereinbart, wobei v. a. der von Herrn Dr. Ralf Schmitz vorgestellte Strukturvertrag aus Schleswig-Holstein grundsätzlich ein Muster für Verhandlungen auch in anderen Regionen darstellen kann. Prinzipiell steht der BDC der Tendenz zu selektiven Verträgen kritisch gegenüber, sieht darin aber auch eine Chance für die Spezialisten. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass auch eine Unterstützung der Honorare von Chirurgen in der Basisversorgung und für konservative Leistungen dringend erforderlich ist.

Die AG Belegärzte im BDC wurde personell ergänzt und erhielt als Arbeitsauftrag die Bestandsanalyse und betriebswirtschaftliche sowie juristische Bewertung der Tätigkeiten als Belegarzt, Konsiliararzt und Honorararzt. Sowohl der Verbleib im System des Kapitels 36 des EBM als auch die Alternative frei ausgehandelter Verträge sollen bewertet und weiter verfolgt werden.

Einstimmig wurde beschlossen, die Abgabefrist für die Kosten- und Strukturerhebung des BDC zu verlängern, damit eine ausreichende Teilnehmerzahl für repräsentative Aussagen erreicht wird. Dr. Dittrich (RV Thüringen) als Programmdirektor des BNC Kongresses sagte zu, dass in Nürnberg noch einmal auf die essenzielle Bedeutung dieser Erhebung für die zukünftigen Honorare der ambulant tätigen Chirurgen hingewiesen wird.

Alternative Vergütungssysteme

Am Sonnabend stand eine Diskussion zu alternativen Vergütungssystemen im Vordergrund. Quintessenz war, dass bei anhaltend gedeckelter Gesamtvergütung substanzielle Verbesserungen für die niedergelassenen Chirurgen nur durch Einsparungen in anderen Bereichen, z. B. in den Krankenhäusern oder beim Krankengeld zu erreichen sind. Prinzipiell sind auch Sonderverträge zu abgestaffelten DRG Sätzen denkbar. Gemäß einem alten Beschluss aus dem Vorjahr sollen Selektivverträge einer möglichst breiten Beteiligung offen stehen, jedoch ist es unrealistisch, diese für alle Kollegen zu öffnen. Grundsätzlich wird eine Kostenerstattung mit sozialer Abfederung als Alternative zum Sachleistungssystem angestrebt.

Zukunft der KNIC

Breiten Raum in der Diskussion nahm auch die Zukunft des KNIC ein. Für das Jahr 2010 sind auf dem Chirurgentag 4 Sitzungen geplant, auf denen niedergelassene Chirurgen ihre Leistungen auf fachlicher Ebene präsentieren werden. Für die darauf folgenden Jahre soll die Kooperation mit dem BNC weiter vorangetrieben werden.

Fazit

Die föderale Vielfalt der Strukturen in der Bundesrepublik führt zu einer erheblich unterschiedlichen Umsetzung der gesetzlichen Bundesvorgaben auf regionaler Ebene. Der Erfahrungsaustausch im Rahmen der BDC – Klausurtagung trägt mit positiven und negativen Beispielen dazu bei, dass die BDC Regionalvertreter die Interessen der niedergelassenen Chirurgen –häufig im Schulterschluss mit den regionalen ANCs und dem BAO- besser durchsetzen können. Weiterhin unterstützt der BDC über die Geschäftsstelle in Berlin die Bearbeitung regionaler Probleme, z. B. mit den exorbitanten Kosten für die Röntgen – Qualitätssicherung in Hessen. Die nächsten Sitzungen des Referates Niedergelassene Chirurgen im BDC (RNC) sind für Juni und Oktober 2010 geplant und im Februar 2011 wird es erneut eine Klausurtagung in Hannover geben.