Alle Artikel von Peter Kalbe

Haben Sie diese BG-Ziffern schon mal abgerechnet? Neues und wenig Bekanntes aus der UV-GOÄ

In den letzten Jahren wurden einige Neuerungen in die UV-GOÄ aufgenommen, die teilweise wenig bekannt sind und im Alltag der D-Ärzte durchaus eine wichtige Rolle spielen können. Darauf möchte ich in diesem Artikel hinweisen.

UV-GOÄ Nr. 34

„Zweitmeinung“ 65,00 Euro

„Vom Unfallversicherungsträger beauftragte bzw. auf Veranlassung des Versicherten durchgeführte Untersuchung einschließlich Einschätzung zum bisherigen Verlauf, zum Stand des Heilverfahrens und/oder zu laufenden oder geplanten Maßnahmen der medizinischen Behandlung bzw. Rehabilitation durch einen anderen als den behandelnden Arzt. Sofern die Untersuchung auf Veranlassung des Versicherten erfolgen soll, kann diese nach dieser Nummer abgerechnet werden, wenn der Unfallversicherungsträger im Sinne der Heilverfahrenssteuerung über die beabsichtigte Untersuchung informiert wurde und die Kostenübernahme bestätigt hat. Die Leistung kann einmal pro Behandlungsfall abgerechnet werden. Eine nochmalige Abrechnung durch denselben Arzt ist nicht zulässig. Die Leistung umfasst die Sichtung und Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen einschließlich bildgebender Diagnostik, eine umfassende Untersuchung und Beratung im Sinne der Nummer 6 sowie die zeitnahe Erstattung eines Berichts über das Ergebnis der Untersuchung. Bestandteil des Berichts sind bei Beauftragung durch den Unfallversicherungsträger die Beantwortung der durch diese formulierten Fragestellungen, Empfehlungen zu weiteren diagnostischen und/oder therapeutischen Maßnahmen, Einschätzung der weiteren Dauer der Arbeitsunfähigkeit und eventuell erforderlicher Teilhabeleistungen. Bei Veranlassung der Untersuchung durch den Versicherten ist der Unfallversicherungsträger über Inhalt und Ergebnis der erfolgten Beratung zu informieren. Alle Untersuchungs- und Beratungsleistungen – mit Ausnahme bildgebender Diagnostik sowie weiterer zur Diagnostik erforderlicher Maßnahmen (z. B. Funktionsmessungen, Laboruntersuchungen) sind mit der Gebühr abgegolten.“

Schon der Umfang des Legendentextes lässt erahnen, dass an die Abrechnung zahlreiche einschränkende Bedingungen geknüpft werden. Allerdings wurde hier von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) auf Intervention der D-Ärzteschaft endlich der Aufwand für den zunehmenden Trend der Unfallverletzten, eine Zweitmeinung einzuholen, einigermaßen honoriert. Damit ist auch der meist erhebliche Aufwand für die Auswertung der auf CD mitgebrachten Bildgebung umfasst. Die Erstellung eines Berichtes ist in diesem Zusammenhang selbstverständlich. Weitere Untersuchungs- und Beratungsziffern und die Ziffer 17 sind nicht gleichzeitig anzusetzen, wohl aber ­ sofern notwendig ­ weitere technische Diagnostik, z. B. Sonographie, Röntgen etc.

Die D-Ärzteschaft hat sich lange daran gestoßen, dass die Nr. 34 nur auf Veranlassung des UV-Trägers veranlasst bzw. beauftragt werden kann. Daraufhin wurde der folgende relativierende Satz eingefügt:

„Sofern die Untersuchung auf Veranlassung des Versicherten erfolgen soll, kann diese nach dieser Nummer abgerechnet werden, wenn der Unfallversicherungsträger im Sinne der Heilverfahrenssteuerung über die beabsichtigte Untersuchung informiert wurde und die Kostenübernahme bestätigt hat.“

Dies ist durchaus von Bedeutung, weil es häufig genug die Verletzten sind, die eine Zweitmeinung initiieren. Die Erfahrung zeigt, dass dann ein kurzer Anruf beim Sachbearbeiter der BG am Untersuchungstag (oder auch kurz danach) in der Regel ausreicht, um die Abrechnung der Nr. 34 zu legitimieren. Andererseits ist eine gewisse Kontrolle durch die BG-Verwaltung auch sinnvoll, um eine ausufernde Einholung von Zweit-, Dritt- und Viertmeinungen zu unterbinden. Nutzen Sie die Abrechnung der Nr. 34, um Ihren Aufwand zu honorieren!

UV-GOÄ Nr. 116 statt 117

Für das Ausfüllen der Vordrucke F3110 (Belastungserprobung) und F3112 (Arbeitsplatzbeschreibung), 19,04 Euro

Diese Leistung hat seit 2020 eine eigene Gebührenposition und wird nach der Nr. 116 UV-GOÄ abgerechnet. Die Honorar-Bewertung der GO.-Nrn. 116 und 117 ist identisch.

UV-GOÄ Nr. 2339

Einrichtung des gebrochenen Großzehenknochens oder von Frakturen an Grund- oder Mittelgliedknochen oder des knöchernen Strecksehnenausrisses am Endglied der Finger mit Osteosynthese, <Bei Amb. Op.: ggf. Zuschlag nach Nr. 443>

Neu in die Nr. 2339 aufgenommen wurde die Osteosynthese des knöchernen Strecksehnenausrisses am Endglied der Finger („Busch-Fraktur“, unterstrichener Anteil der Leistungslegende), sofern man diese nicht konservativ behandeln kann oder möchte. Dafür stand bisher keine passende Abrechnungsnummer zu Verfügung.

UV-GOÄ Nr. 227

Thermoplastische Fingerschiene (einschließlich individueller Zurichtung und Anpassung), Allg. HB 11,23 Euro, Bes. HB 13,97 Euro, Besondere Kosten 7,46 Euro

Diese Ziffer konnten Sie bisher nicht kennen und damit auch nicht abrechnen, weil sie erst zum 01.10.2020 auf D-ärztlichen Wunsch in die UV-GOÄ aufgenommen wurde. Damit wird der modernen Form der Ruhigstellung bei isolierten Fingerverletzungen mittels einer individuell angefertigten und angepassten thermoplastischen Fingerschiene Rechnung getragen. Bitte beachten Sie, dass nur die erstmalige Anlage der Schiene nach der Nr. 227 abgerechnet werden kann, allfällige Wechsel sind nach der Nr. 211 abzurechnen.

UV-GOÄ Nr. 4 und Nr. 14

Erhöhte Gebühren für Grundleistungen auch am Samstagvormittag

Die bisherigen Nrn. 5 und 15 sind weggefallen. Dies ist eine logische Folge der Änderung der D-Arzt-Bedingungen, die schon lange keine unfallärztliche Bereitschaft mehr an Samstagen bis 12 Uhr vorschreiben. Somit ist es logisch, dass der „Unzeit-Aufschlag“ für die Grundleistungen auch schon an Samstagvormittagen (und natürlich weiterhin an Samstagnachmittagen, Sonn- und Feiertagen) honoriert wird.

Hygiene-Ausgleich für Pandemie-Kosten

4,00 Euro pro Sitzung (bei direktem Patientenkontakt)

Auch der BDC beurteilt den Betrag in Anbetracht der erheblichen Pandemie-bedingten Ausfälle als unzureichend. Die DGUV war diesbezüglich unter Hinweis auf eigene zukünftige Beitragsausfälle zu einem höheren Betrag nicht bereit. Der Hygieneausgleich ist zum Stand der Erstellung dieses Artikels befristet bis zum 31.12.2020 anzusetzen. Der BDC setzt sich dafür ein, dass dieser Ausgleich solange weiter gewährt wird, bis ein Ende der Pandemie verkündet ist.

Lineare Anhebung der UV-GOÄ Gebühren um 3 Prozent zum 01.10.2020

Am 01.10.2020 wird der letzte von vier bereits 2017 vereinbarten Schritten zur Anhebung der Gebühren der UV-GOÄ umgesetzt. Bitte achten Sie darauf, dass dies im aktuellen Update Ihrer Praxis-EDV auch realisiert wurde. Die Gebühren der UV-GOÄ wurden somit bis auf wenige Ausnahmen in den letzten vier Jahren linear um 18 Prozent angehoben, kein schlechtes Ergebnis, wenn man dies mit den Steigerungsraten im EBM vergleicht, von der Privat-GOÄ ganz zu schweigen.

„Hygiene-Aufschlag light“ durch die DGUV

Darüber hinaus ist die DGUV in einem ersten Schritt unserer Forderung nach einem finanziellen Ausgleich für die erhöhten Hygiene-Kosten, z. B. für zusätzliche Qualifizierungen des Praxis-Personals und für die Aufbereitung des Instrumentariums, nachgekommen. Mit Wirkung zum 01.10.2020 wurden die Aufschlags-Ziffern für die ambulanten Operationen (Nr. 442 bis 445 UV-GOÄ) um 18 Prozent angehoben. Als erstes Zeichen, dass unsere Forderungen berechtigt sind, ist dies zu begrüßen, auch wenn der Umfang der Honoraranhebung die tatsächlichen Hygiene-Kosten bei weitem nicht ausgleicht.

Der BDC ist in den entscheidenden Verhandlungsgremien zwischen der KBV und der DGUV durch den Autor vertreten und hat die oben aufgeführten Änderungen teilweise initiiert, auf jeden Fall aber unterstützend begleitet. Wenn Sie Vorschläge zur Weiterentwicklung der UV-GOÄ haben können Sie sich gerne an mich wenden.

Kalbe P: Haben Sie diese BG-Ziffern schon mal abgerechnet? Neues und wenig Bekanntes aus der UV-GOÄ. Passion Chirurgie. 2020 November; 10(11): Artikel 04_07.

Zweitmeinung vor elektiver Schulterarthroskopie

Aufgrund gesetzlicher Vorgaben (§27b SGB V) hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seine Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren [1] auf die elektive Schulterarthroskopie ausgeweitet.

In der Versorgungsrealität wird das Recht auf die Einholung einer Zweitmeinung schon immer und in den letzten Jahren zunehmend von Patientinnen und Patienten in Anspruch genommen. Nicht immer legen sie dabei den Anlass für einen weiteren Arztbesuch offen. Oft wird dieser erst deutlich, wenn nach früheren Untersuchungen und Befunden gefragt wird. Gefühlt nimmt diese extensive Inanspruchnahme gerade fachärztlicher Leistungen permanent zu, ohne dass darüber verlässliche Zahlen vorliegen. Der unbeschränkte Einsatz der Versichertenkarte könnte nur durch die Krankenkassen kontrolliert und reguliert werden, was jedoch offensichtlich nicht erfolgt. Andererseits propagieren einzelne Krankenkassen über die gesetzlich festgelegten Indikationen hinaus weitere eigene Zweitmeinungsverfahren, z. B. vor Wirbelsäulen-Operationen.

Neu in der G-BA-Richtlinie ist die gesetzliche Verankerung des Rechts auf die Einholung einer Zweitmeinung jetzt auch vor geplanten Schulter-Arthroskopien. So sehr dies aus Patientensicht nachvollziehbar ist, so sehr wird berechtigter Weise von der Fachärzteschaft kritisiert, dass damit auch der Generalverdacht einer nicht sachgerechten Indikationsstellung für diese Operation verbunden ist.

Auswirkungen auf den indikationsstellenden Facharzt („Erstmeiner“)

Die Richtlinie des G-BA schreibt verbindlich vor, dass der indikationsstellende Arzt die Patientinnen und Patienten auf ihr gesetzliches Recht auf die Einholung einer Zweitmeinung hinweisen muss. Darüber hinaus soll auf das entsprechende Merkblatt des G-BA [2] verwiesen werden. Der BDC empfiehlt dringend, die erfolgte Information schriftlich zu dokumentieren, z. B. als Ergänzung in der schriftlichen Operationseinwilligung.

Zu beachten ist die Frist von mindestens 10 Tagen vor der Operation, die eine entsprechende Bedenkzeit und eine Frist zur Suche eines Zweitmeiners einräumen soll. Der Anspruch auf Zweitmeinung umfasst sämtliche arthroskopischen Operationen an der Schulter, auch Rupturen der Rotatorenmanschette.

Sofern von Patientenseite eine Zweitmeinung gewünscht wird, ist der Erstmeiner verpflichtet, die relevanten medizinischen Unterlagen zusammenzustellen und auszuhändigen. Dafür kann er eine Aufwandspauschale nach EBM 01645 (75 Punkte, z. Zt. 8,24 €) abrechnen. Der Erstmeiner braucht keine potenziell geeigneten Zweitmeiner zu benennen, kann aber die Patientinnen und Patienten auf die Internet-Quellen hinweisen. Der im G-BA Merkblatt aufgeführte Link auf die KBV-Homepage führt zurzeit für die Schulter-ASK noch ins Leere (Stand 16.06.2020): https://www.116117.de/de/zweitmeinung.php

Dagegen findet man zum Beispiel über die Homepage der KV Niedersachsen den Verweis auf insgesamt 9 zugelassene Zweitmeiner in Niedersachsen (Stand: 16.06.2020): https://www.kvn.de/internet_media/Patienten/Arztsuche/Zweitmeinungsverfahren_+Schulterarthroskopien-p-23562.pdf

Auswirkungen auf den „Zweitmeiner“

Die Zulassung als „Zweitmeiner“ muss bei der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung beantragt werden. Sofern keine Vertragsarzt-Zulassung oder Ermächtigung vorliegt, wird der Zweitmeiner ausdrücklich nur für diese Leistung für vertragsärztliche Leistungen ermächtigt. Voraussetzung ist eine Facharztqualifikation in Orthopädie und Unfallchirurgie oder Orthopädie oder Chirurgie mit Schwerpunkt/Teilgebiet Unfallchirurgie oder Physikalische Medizin und Rehabilitation. Darüber hinaus werden mindestens 5 Jahre Erfahrung in der unmittelbaren Patientenversorgung im Fachgebiet und „Kenntnisse über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung“ vorausgesetzt. Beurteilungskriterien dafür sind entweder die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung (!) oder eine Weiterbildungsbefugnis oder eine akademische Lehrbefugnis. Eigene praktische Erfahrungen mit der zu beurteilenden Operationsmethode werden nicht explizit gefordert.

Die Beurteilung der Op.-Indikation soll gemäß der G-BA Richtlinie in der Regel lediglich auf der Grundlage einer Anamneseerhebung und auf der Durchsicht der beim Erstmeiner erhobenen und zur Verfügung gestellten Befunde erfolgen. Es erscheint weltfremd, dass dabei keine körperliche Schulteruntersuchung durchgeführt wird. Gemäß der Richtlinie ist ein persönliches Beratungsgespräch erforderlich. Telefonische Beratungen oder Internet-basierte Verfahren sind nicht vorgesehen. Somit findet regelmäßig ein persönlicher Kontakt beim Zweitmeiner statt und dieser dürfte kaum auf die Gelegenheit verzichten, zur Beurteilung eine eigene orientierende Schulteruntersuchung durchzuführen.

Für die genannten Leistungen kann der zugelassene Zweitmeiner lediglich die Grundpauschale seines Fachgebietes abrechnen. (Für das Kapitel 18 des EBM also zwischen 20,00 € und 24,39 €). Diese wird extrabudgetär vergütet, wobei sich dieser „Vorteil“ durch die Regelungen des TSVG relativiert, weil es sich stets um „Neupatienten“ handeln dürfte, die ohnehin extrabudgetär vergütet werden. Weitere technische Untersuchungen sind möglich und auch abzurechnen, sofern nach Einschätzung des Zweitmeiners die überlassenen Unterlagen nicht ausreichen. Eine wesentliche Grundlage der Beurteilung dürfte dabei einem technisch einwandfreien MRT zukommen, für besondere Fragestellungen auch als Arthro-MRT, z. B. bei Läsionen am Labrum glenoidale.

Die Leistung des Zweitmeiners soll gemäß der Richtlinie auch die umfassende Beratung sowie eine schriftliche Zusammenfassung der Beurteilung zur Mitgabe und auf Wunsch des Patienten auch zur Weiterleitung an den Erstmeiner umfassen.

Diese im Grunde gutachterliche Leistung wird nicht gesondert vergütet.

Summa summarum ist die Zweitmeinung aus betriebswirtschaftlicher Sicht in keiner Weise auskömmlich bewertet, insbesondere, wenn man das Honorar für GKV Patienten mit der Bewertung in anderen Gebührenordnungen vergleicht. So gewährt die DGUV seit einiger Zeit für Zweitmeinungen im D-Arzt-Verfahren ein Honorar in Höhe von 65,00 € gemäß der UV-GOÄ Nr. 34, hier allerdings einschließlich einer umfassenden (und in der Realität auch notwendigen und durchgeführten) Untersuchung. Die Erstellung einer Zweitmeinung bei GKV-Versicherten ist somit überwiegend als Serviceleistung zu beurteilen. Die Motivation des Zweitmeiners kann somit vermutlich nur entweder mit Idealismus erklärt werden oder mit dem Wunsch, die eigene Einrichtung als Kompetenzzentrum für Schulterchirurgie zu profilieren.

Fazit

Die Einbeziehung der Schulter-Arthroskopie in das „strukturierte Zweitmeinungsverfahren“ seit Februar 2020 bietet für die Patientinnen und Patienten eine zusätzliche Möglichkeit, Sicherheit bei der Indikationsstellung vor diesen Operationen zu erlangen. Für die Operateure bedeutet das Verfahren eine zusätzliche zeitliche und bürokratische Belastung und das Ärgernis der Vermutung einer unsauberen Indikationsstellung. Die Tätigkeit als Zweitmeiner ist betriebswirtschaftlich unattraktiv. Der G-BA hat sich im § 10 der Richtlinie selbst die Aufgabe gestellt, die Umsetzung, die Auswirkungen und den Nutzen dieses Verfahrens wissenschaftlich durch ein externes Institut zu evaluieren. Erst wenn dazu erste Ergebnisse vorliegen, wird man sich ein definitives Urteil über die Auswirkungen dieses Verfahrens bilden können.

Literatur

1. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Konkretisierung des Anspruchs auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung gemäß § 27b Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2044/Zm-RL_2019-11-22_iK-2020-02-20.pdf zuletzt zugegriffen: 7.6.2020

2. Patientenmerkblatt Zweitmeinungsverfahren bei geplanten Eingriffen https://www.g-ba.de/downloads/17-98-4765/2019-10-28_G-BA_Patientenmerkblatt_Zweitmeinungsverfahren_bf.pdf zuletzt zugegriffen: 7.6.2020

Kalbe P: Zweitmeinung vor elektiver Schulterarthroskopie. Passion Chirurgie. 2020 Juni,10(7/8): Artikel 04_06.

Gemeinschaftspraxis oder MVZ für niedergelassene Chirurgen?

Der Trend zum Zusammenschluss niedergelassener Ärzte in Gemeinschaften ist ungebrochen. Für die gemeinsame Berufsausübung gab es vor 2004 lediglich die Möglichkeit, eine Gemeinschaftspraxis zu gründen. Durch vielfältige gesetzliche Änderungen hat sich das Portfolio der ärztlichen Kooperationen deutlich erweitert. Dazu zählen neben den klassischen Konstrukten der (fachübergreifenden) Gemeinschaftspraxis/Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und der Praxisgemeinschaft auch die medizinischen Versorgungszentren (MVZ).

Praxis-Gemeinschaft

Die einfachste Form der Zusammenarbeit ist die Praxis-Gemeinschaft, bei der die Räume, Geräte und das Personal gemeinsam genutzt werden, die ärztliche Berufsausübung und die KV-Abrechnung aber strikt getrennt erfolgen. Eine solche Zusammenarbeit bietet Chancen für eine optimierte Ressourcennutzung, beinhaltet aber auch stets ein Risiko der Plausibilitätsprüfung bei mehr als 20 Prozent (bzw. 30 Prozent bei fachübergreifenden Gemeinschaften) gemeinsamen Patienten. Seit der dementsprechenden mehrfachen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Az.: B 6 KA 2/14) hat die Attraktivität dieser Kooperationsform erheblich nachgelassen.

„Gemeinschaftspraxis“/Berufs­ausübungsgemeinschaft (BAG)

Bis zur Einführung der MVZ im Jahr 2004 war dies die klassische Gestaltung einer ärztlichen Kooperationsgemeinschaft. Im Gegensatz zur Praxis-Gemeinschaft wird hier die ärztliche Tätigkeit gemeinsam ausgeübt und ein gemeinsamer Betrieb geführt, meist in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer Partnerschaftsgesellschaft. Jeder Partner der Gesellschaft ist an unternehmerischen Entscheidungen sowie am Wert und am Gewinn beteiligt, haftet aber letztlich auch mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten. Einzelheiten zu den Gestaltungsmöglichkeiten einer BAG finden sich in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte [1, § 33]. Der Begriff „Gemeinschaftspraxis“ findet sich dort nicht mehr.

So angenehm diese kollegiale Zusammenarbeit in der BAG sich darstellt, so belastend und ärgerlich kann es werden, wenn einzelne Partner aus der Gesellschaft ausscheiden oder sich diese gar ganz auflöst. Ein ausgefeilter Gesellschaftsvertrag sollte daher die Grundlage der Kooperation sein und möglichst alle Eventualitäten umfassend regeln.

Für Chirurgen ist eine gemeinschaftliche ­Praxis-Tätigkeit besonders attraktiv, weil diese im Rahmen der gegenseitigen Vertretung die Möglichkeit erleichtert, z. B. als Belegarzt, als Kooperationsarzt oder als Teilzeit-Angestellter in einem Krankenhaus zu arbeiten. Dabei ist allerdings die aus der Rechtsprechung entwickelte Begrenzung einer anderweitigen Tätigkeit zu beachten.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

Diese Form der ärztlichen Kooperation wurde ab 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz im SGB V im § 95 verankert. Hintergrund war zum einen die Absicht des Gesetzgebers, damit die ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten zu fördern und zum anderen, den ehemaligen Polikliniken der DDR eine rechtliche Grundlage zum weiteren Betrieb zu schaffen. Der wesentliche Unterschied zur BAG ist, dass ein MVZ außer als Partnerschaftsgesellschaft bzw. GbR auch als Genossenschaft oder als GmbH betrieben werden kann. Seit der Einführung der MVZ hat es hierzu zahlreiche Anpassungen und Änderungen gegeben, die teilweise auf Missbrauch oder unerwünschte Effekte zurückzuführen waren. Zum Gründerkreis gehören insbesondere Vertragsärzte und Krankenhäuser. Neuerdings ist auch die Gründung durch Kommunen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform möglich.

Wesentlichster Unterschied zwischen BAG und MVZ ist also die Rechtsform bzw. die Frage nach dem Inhaber der Vertragsarztzulassung. Während bei der BAG grundsätzlich jeder Partner über eine eigene, personengebundene Zulassung verfügt und sich damit die Genehmigung der Gemeinschaft aus der Summe dieser Einzelzulassungen speist, ist beim MVZ die MVZ-Trägergesellschaft unmittelbar selbst Inhaberin der Zulassung. Man spricht in diesen Fällen von einer institutionellen Zulassung.

Die Besonderheit der MVZ liegt somit darin, dass sie formal als juristische Person an der Versorgung der GKV-Versicherten teilnehmen. Dadurch entstehen häufig Strukturen, bei denen die Ebene der ärztlichen Leistungserbringung von der Ebene der Verwaltung bzw. der Träger getrennt ist, während in Gemeinschaftspraxen eine Personenidentität zwischen ärztlichen Partnern und Gesellschaftern per Definition vorgegeben ist.

Zulassungsbeschränkungen nach der Bedarfsplanung gelten allerdings für Vertragsärzte wie MVZ gleichermaßen. Die statistischen Trends aus den letzten Jahren werden im Kasten „Haben Sie gewusst…“ dargestellt. Die Abbildung 1 demonstriert den Trend zum MVZ in den letzten Jahren.

Abb. 1: Zunahme der Anzahl der MVZ von 2008 bis 2018. (Quelle: KBV, Bundesarztregister)

Motivation für MVZ- Gründungen aus der Sicht der Krankenhäuser

Für Krankenhäuser eröffnet die Gründung eines MVZ einen umfassenden Zugang zum ambulanten vertragsärztlichen Versorgungsbereich. Dieser ist ansonsten nur über die zeitlich und vom Umfang her begrenzten, bedarfsabhängigen Ermächtigungen von leitenden Ärzten zugänglich. Die Zulassungsausschüsse (ZA) handhaben in vielen Regionen die Gewährung von Ermächtigungen äußerst restriktiv. Dies wird häufig zu Recht kritisiert, denn der Zugang zur fachlichen Expertise von Spezialisten in den Kliniken ist auch für die Versorgung von ambulanten chirurgischen Patienten wertvoll. Nach Auffassung des Autors sind Ermächtigungen daher grundsätzlich sachgerecht, solange sie auf Überweisungen durch fachgleiche niedergelassene Vertragsärzte eingeschränkt und von den ermächtigten Krankenhausärzten auch persönlich ausgeübt werden. Eine Prüfung des Versorgungsbedarfs ist bei persönlichen Ermächtigungen allerdings gesetzlich vorgegeben.

Sollen die Beschränkungen der Ermächtigungen vermieden werden bietet sich für die Krankenhäuser die Gründung eines MVZ an. Im MVZ müssen mindestens zwei Ärzte im Umfang mindestens eines Vertragsarztsitzes tätig werden. Dazu ist i. d. R. der Aufkauf mindestens einer vertragsärztlichen Praxis (mit Zulassung/Vertragsarztsitz) erforderlich. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die MVZ-Gründung wurden in den letzten Jahren immer weiter abgesenkt. Entsprechend der ursprünglichen Idee einer umfassenden medizinischen Versorgung (entsprechend den Polikliniken in der ehemaligen DDR) war es bis Juli 2015 erforderlich, dass in einem MVZ mindestens zwei Fachgruppen vertreten sind. Diese Voraussetzung besteht nunmehr seit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) nicht mehr.

Über die Motivation der Krankenhausverwaltungen hinaus ist durchaus auch der Wunsch der leitenden Krankenhauschirurgen nachvollziehbar, einzelne Patienten im gesamten Verlauf der Erkrankung, also auch im Rahmen der Diagnostik, vor allem aber im postoperativen Verlauf zu betreuen.

Motivation für die Tätigkeit in einem MVZ aus der Sicht der niedergelassenen Chirurgen

Für niedergelassene Chirurgen ist es teilweise sogar in attraktiven großstädtischen Lagen schwierig, Nachfolger für ihre Praxen zu finden. Dies liegt zum einen an den abweichenden Lebensmodellen der potenziellen Nachfolger, zum anderen aber häufig daran, dass ambulante Operationszentren betrieben werden, so dass der Kapitaleinsatz für eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger abschreckend hoch wäre. Hier wählen nicht wenige chirurgische Kollegen den Weg eines Verzichts auf die eigene Zulassung zu Gunsten einer Anstellung in einem MVZ. War dies früher ein gerne gewählter strategischer Schachzug, so hat das Bundessozialgericht dieses Vorgehen mit einem Urteil vom Mai 2016 (Az.: B 6 KA 21/15 R) eingeschränkt. Dort wurde festgelegt, dass die Nachbesetzung einer Arztstelle erst dann möglich ist, wenn bei dem verzichtenden Arzt die Absicht besteht, zumindest drei Jahre lang als Angestellter tätig zu sein. Trotz dieser Einschränkung stellt dies für Chirurgen eine Möglichkeit dar, gleitend aus dem Berufsleben auszuscheiden und noch einen auskömmlichen Beitrag zur Alterssicherung aus dem Verkauf der Praxis und des Patientenstamms zu erzielen.

Dieser Artikel soll im Folgenden die Frage beleuchten, welche Argumente es für die wachsende Anzahl von chirurgischen Gemeinschaften gibt, entweder weiterhin als Gemeinschaftspraxis oder als MVZ zu firmieren. Die Perspektive der angestellten Ärzte steht nicht im Fokus dieses Beitrags und soll in einem späteren Artikel in der Passion Chirurgie betrachtet werden.

Anteil angestellter Ärzte in chirurgischen Praxen = 37,40%

Status

Gesamt nach Personen 2017

Gesamt nach Personen 2018

Vertragsärzte

3.068

2.858

Partnerärzte (Job-Sharing)

23

26

Angestellte Ärzte in Einrichtungen

1.084

1.365

Angestellte Ärzte in in freier Praxis

334

359

Chirurgen gesamt

4.509

4.608

Abb. 2: Steigender Anteil von angestellten Ärzten in der chirurgischen Niederlassung (Quelle: KBV, Bundesarztregister)

Haben Sie gewusst, dass…

… nach Angaben der Bundesärztekammer (2018) rund 28.700 ChirurgInnen bundesweit tätig sind, davon ca. 4.700 vertragsärztlich (ohne Ermächtigte)?

… mehr als ein Drittel dieser rund 4.700 vertragsärztlich tätigen ChirurgInnen im Angestelltenverhältnis tätig sind?

… 2010 noch ca. 1.800 ChirurgInnen in Einzelpraxen tätig waren und die Anzahl bis 2018 auf unter 1.500 gefallen ist?

… die Anzahl ChirurgInnen in Berufsausübungsgemeinschaften (BAG, „alte“ Gemeinschaftspraxis) dabei in den letzten 10 Jahren nahezu konstant geblieben ist und leicht über 1.600 liegt?

… sich gleichzeitig die Anzahl der im MVZ tätigen Chirurgen von gut 600 auf rund 1.400 mehr als verdoppelt hat? Dies entspricht dem allgemeinen Trend über alle Fachgruppen hinweg.

… die niedergelassenen ChirurgInnen sich damit aktuell sehr gleichmäßig auf Einzelpraxen, BAG und MVZ verteilen?

… mit Abstand die meisten Chirurgen im MVZ in Bayern tätig sind?

… innerhalb aller ärztlichen Fachgruppen die Chirurgen und Orthopäden zusammen die drittgrößte Gruppe angestellter Ärzte, nach den Internisten und Allgemeinärzten, stellen?

… knapp sich die Hälfte aller MVZ sich in Trägerschaft von Krankenhäusern befindet?

Quellen: Statistische Informationen aus dem Bundesarztregister, KBV (2018) und Ärztestatistik der Bundesärztekammer (2018)

Gemeinschaftspraxis oder MVZ – Vor- und Nachteile

Aus eigener Betroffenheit beschäftigt sich der Autor seit vielen Jahren mit der Frage, ob die bestehende BAG in ein MVZ umgewandelt werden sollte. Die stetig sich weiter entwickelnden gesetzlichen Bedingungen erfordern eine regelmäßige Überprüfung der Entscheidungsgrundlagen.

Anstellung von Ärzten

Der Anteil angestellter Ärztinnen und Ärzte nimmt kontinuierlich zu und beträgt bei den niedergelassenen Chirurgen schon mehr als ein Drittel (Abb. 2). Insbesondere junge Chirurginnen und Chirurgen suchen auch im vertragsärztlichen Bereich (zumindest vorübergehend) eine Anstellung. Für die Geschäftsführung der BAG bzw. des MVZ ist es wichtig, den Prozess der Anstellungs-Genehmigung bürokratiearm zu gestalten. Die Umwandlung einer vertragsärztlichen Zulassung in eine Anstellung muss beim ZA beantragt und von dort genehmigt werden.

Grundsätzlich können je Vollzulassung bis zu drei Ärzte (bei technischen Fächern vier Ärzte) angestellt werden. Je Teilzulassung können ein Arzt vollschichtig oder maximal zwei Ärzte teilschichtig angestellt werden. Diese Begrenzung gilt nur für einzelne Ärzte oder BAG, jedoch nicht für MVZ.

Die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten ist jedoch sowohl in einer BAG als auch in einem MVZ nur im Rahmen der vorhandenen Vertragsarztsitze möglich. Dabei zählen alle Anstellungen bis zu zehn Stunden als Viertel-Sitz, bis 20 Stunden als ein halber, bis 30 Stunden als Drei-Viertel- und über 30 Stunden als voller Sitz in der Bedarfsplanung. Kleinere Stückelungen der Sitze sind nicht vorgesehen. Eine Niederlassung auf einem Drei-Viertel-Sitz ist nicht möglich, lediglich eine Anstellung.

Eine hohe Anzahl von angestellten Ärzten birgt die Gefahr der Gewerbesteuerpflicht. Als Freiberufler sind niedergelassene Ärzte grundsätzlich von der Gewerbesteuer befreit. Dies erfordert jedoch, dass der anstellende Arzt die Grundzüge für die Organisation der Praxis und die Durchführung der Tätigkeiten verbindlich festlegt und regelmäßig überwacht. Er muss aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrollen auf die Behandlung jedes einzelnen Patienten Einfluss nehmen. So muss er an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang persönlich teilnehmen. Hierin spiegelt sich das Verständnis der Rechtsprechung vom Berufsbild des Arztes wider, das durch den persönlichen, individuellen Dienst am Patienten geprägt ist. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die persönliche Prägung der Tätigkeit nicht möglich ist, wenn mehr als drei Angestellte beschäftigt werden oder ein angestellter Arzt ausschließlich in einer Zweigpraxis (sofern dies überhaupt zulässig ist) tätig ist.

Der Vorteil des MVZ gegenüber der BAG relativiert sich somit, es sei denn, dass eine eventuelle Gewerbesteuerpflicht als nicht relevant beurteilt wird.

Nachbesetzung von Angestellten-Arztsitzen

Hier gibt es keinen Unterschied zwischen BAG und MVZ. Sämtliche Änderungen sind beim ZA zu beantragen und genehmigungspflichtig. Der ZA prüft dabei die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen der Angestellten. Eine Ausschreibung ist nicht erforderlich, solange nur vorhandene Arztsitze mit anderen Ärzten nachbesetzt werden.

Leerbewerbung auf ausgeschriebene Vertragsarztsitze z. Zt. nicht zulässig

Grundsätzlich ist die Bewerbung auf einen ausgeschriebenen Sitz nur persönlich möglich. Bei Konkurrenzbewerbungen hatte der Gesetzgeber bislang im § 103 SGB V mit der Möglichkeit, die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots geltend zu machen, einen Vorteil für die MVZ bei der Auswahlentscheidung festgeschrieben. Nach dem TSVG gilt dies nunmehr auch für Vertragsärzte und BAG mit einem besonderen Versorgungsangebot entsprechend. Aktuell hat das BSG (Az.: B 6 KA 5/18 R) entschieden, dass sich MVZ und Vertragsärzte derzeit nicht auf einen ausgeschriebenen Sitz bewerben können, ohne dafür einen konkreten Bewerber zu benennen. Das BSG hat somit eine so genannte „Leerbewerbung“ abgelehnt. Es sei dem Zulassungsrecht und dem SGB V fremd, dass „leere Arztstellen“ vergeben werden können, so dass der Gesetzgeber hier zunächst die weitere Ausgestaltung nachbessern müsse, um diese Möglichkeit zu eröffnen.

Änderungen der Arbeitszeiten von angestellten Ärzten

Eine Änderung der wöchentlichen Stundenzahl eines angestellten Arztes muss dem ZA mitgeteilt werden. Sie ist genehmigungspflichtig, wenn dadurch bei einem angestellten Arzt eine Erhöhung des Anrechnungsfaktors in der Bedarfsplanung eintritt (z. B. von zehn (viertel Arztstelle) auf 20 Stunden (halbe Arztstelle). Eine Genehmigung ist möglich, wenn die Erhöhung mit einer entsprechenden Reduzierung der Arbeitszeit eines anderen angestellten Arztes einhergeht und damit bedarfsplanungsneutral erfolgt.

Tätigkeit an mehreren Standorten

Berufsrechtlich ist die Tätigkeit eines Vertragsarztes auf maximal 2 zusätzliche „Nebenbetriebsstätten“ neben dem Praxissitz, z. B. Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisräume, begrenzt. Eine solche Limitierung gibt es für MVZ nach der Rechtsprechung nicht. Allerdings darf jeder im MVZ tätige Arzt nur an jeweils maximal zwei anderen Betriebsstätten tätig sein. Dies ist in den Arbeitsverträgen und Organisationsanweisungen des MVZ sicherzustellen.

Weiterhin gilt für BAG die Begrenzung, dass der zeitliche Umfang der Tätigkeit eines jeden zugelassenen Arztes am Hauptstandort den zeitlichen Umfang der Tätigkeit an weiteren genehmigten Orten der Leistungserbringung überwiegen muss. Diese Regelung gilt grundsätzlich auch für Ärzte in MVZ, jedoch nicht für den einzelnen Arzt, sondern für die Leistungen der betreffenden Fachgruppe und für die Leistungen des MVZ insgesamt.

Diese Aspekte der Filialisierung können bei größeren Gemeinschaften einen durchaus relevanten Vorteil für die MVZ bei der strategischen Ausrichtung, aber auch bei der Personal- und Arbeitsplanung darstellen.

Interne Vertretungsregelung

Gemäß einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: B 6 KA 9/18 R) vom 30.10.2019 ist die ärztliche Vertretung innerhalb eines MVZ nur im Rahmen der Bedingungen der Zulassungsverordnung für Ärzte zulässig, also wegen Urlaub, Krankheit oder Fortbildung bis zu einer Vertretungsdauer von drei Monaten innerhalb von 12 Monaten. Darüber hinaus bedarf die Innenvertretung durch einen anderen angestellten Arzt im MVZ der vorherigen Genehmigung durch die KV. Für die BAG ist die gegenseitige Vertretung deutlich flexibler möglich, allerdings auch limitiert durch die Fachgleichheit der jeweiligen Versorgungsbereiche bei fachübergreifenden BAG, durch Budgets und die Notwendigkeit, den Versorgungsauftrag auszufüllen. Hier hat die BAG allerdings Vorteile gegenüber einem MVZ.

Investitionen und Kapitalbeschaffung

Insbesondere in den methodenbasierten Fächern, z. B. in der Labormedizin, in der Radiologie und in der Dialyse besteht häufig ein hoher Kapitalbedarf für Investitionen in aktuelle und innovative Technik. Hier stoßen ärztliche Gemeinschaften gelegentlich an ihre finanziellen Grenzen, so dass sich die Frage von externen Kapitalgebern stellt. Finanzinvestoren in der ambulanten Versorgung werden in letzter Zeit zunehmend kritisch in der Presse, der Ärzteschaft und der Politik bewertet. Die allgemeine Befürchtung ist, dass ausländische Investoren sich über Private Equity Gesellschaften in die ambulante Versorgung einkaufen mit dem Ziel, die Patientenversorgung auf Rendite zu trimmen. Dieser Trend ist in bestimmten Bereichen, aktuell vor allem in der Zahnmedizin und in der Augenheilkunde, zu erkennen. Die Chirurgie scheint davon (noch) nicht betroffen zu sein.

Allgemein ist zu kritisieren, dass zum Engagement von Kapitalgesellschaften bei MVZ jegliche Transparenz fehlt und somit eine Beurteilung schwierig ist. Es laufen zurzeit zahlreiche Initiativen auf regionaler Ebene und auch über den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, der sich erst am 04.03.2020 mit diesem Thema beschäftigt hat.

Fazit

Der Trend zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in der Niederlassung ist auch im Bereich der Chirurgie unaufhaltsam. Dies entspricht den Wünschen der nachrückenden Chirurgengeneration nach fachlichem Austausch, geregelten Arbeitszeiten, Minimierung von bürokratischen Aufgaben und flachen Hierarchien. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen gestatten zur Umsetzung dieser Konzepte eine Vielzahl von rechtlichen Konstruktionen sowohl als klassische (fachübergreifende) BAG als auch als MVZ. Die Entscheidung für oder gegen eine der möglichen rechtlichen Konstruktionen ist von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig. Dabei spielen historische, regionale, juristische und betriebswirtschaftliche Erwägungen ebenso eine Rolle wie steuerliche Aspekte und persönliche Präferenzen. Die Beurteilung und Bewertung der Argumente erfordert hohen Sachverstand und übersteigt in der Regel die betriebswirtschaftliche Kompetenz von Chirurgen. Daher ist für diese Entscheidungen eine fachliche Beratung durch die Kassenärztliche Vereinigung sowie durch erfahrene Medizin-Juristen und durch Steuerberater unumgänglich. Eine erste Orientierung bietet eine umfangreiche Informationsbroschüre der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) [2]. Für spezielle Fragen, insbesondere was das Fach Chirurgie betrifft, steht der BDC gerne beratend zur Verfügung.

Mein herzlicher Dank für juristischen Rat zum Thema und Durchsicht des Manuskripts geht an Herrn Dr. jur. Bernhard Specker, Hannover.

Tab. 1: Stichwortartige Übersicht über Vor- und Nachteile vom Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ) für die Betreiber von chirurgischen Gemeinschaften

Pro BAG – Contra MVZ

Pro MVZ – Contra BAG

Viele rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten wie bei MVZ

Vielfältige Rechtsformen, Krankenhäuser als Gründer möglich

Mehr Freiheiten bei der gegenseitigen fachlichen Vertretung

Flexiblere Gestaltung von Anstellungen

Anzahl der Nebenbetriebsstätten unbegrenzt

Anzahl der angestellten Ärzte unbegrenzt

Finanzierung durch Kapitalgesellschaften möglich

Vermeidung eines möglichen Negativ-Images

Offensives Marketing über Konzerne

Einfache Steuererklärung durch Gewinn- und Verlustrechnung

Flexible steuerliche Gestaltung, aber Bilanzierung vorgeschrieben

Inhabergeführte Geschäftsführung die Regel

Komplexe rechtliche und betriebswirtschaftliche Konstruktionen erfordern hohen Beratungsaufwand und eigenständige Geschäftsführung

Literatur

[1] Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) https://www.gesetze-im-internet.de/zo-_rzte/BJNR005720957.html, zuletzt zugegriffen 3.5.2020

[2] Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.) Medizinische Versorgungszentren. Ein Leitfaden für Gründer. 4. Auflage 2018. ISBN 978-3-7691-3591-6

Kalbe P: Gemeinschaftspraxis oder MVZ für niedergelassene Chirurgen? Passion Chirurgie. 2020 Juni,10(06): Artikel 03_02.

Deutliches Wachstum niedergelassener Chirurgen im BDC

Jubiläen sind stets auch Anlass für eine Rückschau und Bewertung von Entwicklungen. Standen in meinem Beitrag im Chirurg BDC im April 2010 zum 50-jährigen Jubiläum des BDC noch die speziellen Interessen der niedergelassenen Chirurgen ganz im Vordergrund, so hat sich der Fokus des BDC in den letzten zehn Jahren tendenziell mehr auf die Analyse und Förderung von intersektoralen Versorgungskonzepten verlagert. Dem ist das Referat niedergelassenen Chirurgen formal und inhaltlich durch die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte (AGBeKo) unter der Leitung von Dirk Farghal nachgekommen. Das Thema „intersektorale Versorgungskonzepte“ ist daher auch regelmäßig auf den chirurgischen Kongressen mit BDC-Beteiligung vertreten. Der mit BDC-Unterstützung in Thüringen entwickelte Modellversuch der Hybrid-DRGs könnte eine Lösung der betriebswirtschaftlichen Widerstände gegen die Umsetzung des allgemein akzeptierten Prinzips „ambulant vor stationär“ darstellen.

Das klassische und rechtlich einwandfreie Belegarztsystem leidet bekanntermaßen unter den mangelnden Erträgen aus den reduzierten Belegarzt-DRGs. Die Anzahl der Belegärzte und der durchgeführten Operationen ist kontinuierlich rückläufig. Daran hat auch das so genannte „Antikorruptionsgesetz“ nichts geändert. Daher haben sich zunehmend alternative Kooperations-Konzepte zwischen Kliniken und niedergelassenen Chirurgen entwickelt. Welches Konzept jeweils das passende und richtige ist hängt stark von den regionalen Gegebenheiten und auch von der historischen Entwicklung vor Ort ab. Der BDC wird auch weiterhin sowohl die Belegärzte als auch die Kooperationsärzte politisch und juristisch unterstützen und fordert nachdrücklich eine Fortentwicklung der gesetzlichen Möglichkeiten für sachgerechte intersektorale Versorgungskonzepte. Es darf bezweifelt werden, dass die von unserem umtriebigen Bundesgesundheitsminister Spahn eingesetzte Bund-Länder-Kommission im Jahr 2020 hierzu den Stein der Weisen finden wird.

Der Trend zu größeren Einheiten in Form von Gemeinschaftspraxen und MVZs im ambulanten Bereich hat sich in den letzten zehn Jahren noch verstärkt. Die wachsenden Anforderungen an die Hygiene und das Qualitätsmanagement lassen sich heute in Einzelpraxen nur schwerlich realisieren. Darüber hinaus hat sich in den letzten zehn Jahren ein massiver und 2010 noch nicht absehbarer Trend zur Tätigkeit als angestellte Chirurgin bzw. angestellter Chirurg entwickelt. Schon heute sind mehr als ein Drittel der in chirurgischen Praxen tätigen Ärztinnen und Ärzte Angestellte. Dies entspricht den Vorstellungen und Wünschen der nachrückenden Ärztegeneration, wie aktuell im Berufsmonitor der Studierenden 2018 dargestellt. Arbeitsplätze für angestellte Ärzte und insbesondere auch Teilzeitarbeit oder die Möglichkeit einer „Babypause“ für junge Eltern werden sich jedenfalls nur in größeren Gemeinschaftspraxen oder MVZs realisieren lassen. Der BDC unterstützt seine Mitglieder logistisch und rechtlich bei der Konzeption von Gemeinschaftspraxen und anderen Kooperationen. Er tritt aber gleichermaßen auch für die wirtschaftlichen Interessen der jetzt niedergelassenen oder in den nächsten Jahren ausscheidenden Chirurgen in Einzelpraxen aus der „Baby-Boomer-Generation“ ein, die ihre Patienten auch in der Zukunft gut versorgt sehen wollen.

In den letzten zehn Jahren hat der BDC das Service-Angebot für seine niedergelassenen Mitglieder stetig ausgebaut. Die Kooperation mit unserem Versicherungspartner Ecclesia bietet ein breites Portfolio an beruflichen und privaten Versicherungen und einen besonders umfassenden und günstigen Service bei der Berufshaftpflicht-Versicherung. Zusätzlich zu den schon traditionellen BDC-Abrechnungs-Seminaren wird regelmäßig ein Management-Seminar zur Praxis-Optimierung angeboten, ab 2020 in Anbindung an den Chirurgenkongress DCK. In enger Zusammenarbeit mit der DGCH wurde der Freitag des DCK als „Tag der Niedergelassenen“ konzipiert und fortentwickelt. Darüber hinaus stehen die Leiter des Referats und die BDC-Regionalvertreter regelmäßig Rede und Antwort bei zahlreichen Anfragen der Mitglieder zu Zulassungen, zur Hygiene, zur Abrechnung und zu vielen anderen Problemen der chirurgischen Praxis.

Mein vor zehn Jahren formulierter Wunsch einer weitergehenden Integration der verschiedenen chirurgischen Berufsverbände hat sich nicht realisieren lassen. Weiterhin wird bedauerlicher Weise viel Arbeitskraft und Gehirnzeit unnötig aufgebracht, um in unterschiedlichen Berufsverbänden zu den gleichen Themen nur marginal unterschiedliche Standpunkte zu erarbeiten und zu vertreten. Umso erfreulicher ist es, dass wir mit der „Einheit der Chirurgie“ und der Kooperation zwischen der DGCH und dem BDC in den letzten zehn Jahren deutlich vorangekommen sind. Sichtbare Signale sind unser Präsident Professor Meyer, der gleichzeitig Generalsekretär der DGCH ist, unsere gemeinsame Zeitschrift „Passion Chirurgie“ und der stetig wachsende Beitrag des BDC zu den Inhalten und Fortbildungsangeboten beim deutschen Chirurgenkongress (DCK). Dies wünschen wir uns in der Zukunft in Zusammenarbeit mit dem BVOU auch beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU).

Mehr als 2.700 niedergelassene Chirurgen sind Mitglied im BDC. Das sind zehn Prozent mehr als im Jahr 2010. Das Referat niedergelassene Chirurgen im BDC dankt für diesen Vertrauensbeweis und wird sich auch in der Zukunft mit aller Kraft für die Interessen der Mitglieder einsetzen.

Kalbe P: Deutlicher Wachstum niedergelassener Chirurgen im BDC. Passion Chirurgie. 2020 März, 10(03): Artikel 04_02.

Änderungen bei der praktischen Umsetzung des „Terminservice-Gesetzes“ (TSVG)

In der Dezemberausgabe der PASSION CHIRURGIE berichteten wir zuletzt über die Änderungen durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für die niedergelassenen Chirurgen. Dabei hatten wir im vorletzten Absatz über Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) berichtet. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2019 hat das BMG nun mitgeteilt, an den Auflagen für die Sachverhalte LANR statt BSNR und Behandlungsfall statt Arztgruppenfall nicht mehr festzuhalten.

Dies hat Auswirkungen auf die praktische Umsetzung, die wir hier kurz darstellen:

  • Dringliche Hausarzt-Überweisung:

Es bleibt nunmehr bei der ursprünglichen Festlegung durch den Bewertungsausschuss, dass der vermittelnde Hausarzt die Betriebsstätten-Nummer (BSNR) der Facharzt-Praxis angeben muss, in welche die Vermittlung erfolgte (also nicht die LANR des Facharztes).

  • Extrabudgetäre Vergütung für TSVG-Fälle:

Die extrabudgetäre Vergütung betrifft nach Rücknahme der Beanstandung des BMG jetzt doch nur – wie ursprünglich vom Bewertungsausschuss beschlossen – den Arztgruppenfall und nicht den gesamten Behandlungsfall. Dies hat nur Auswirkungen auf fachübergreifende Gemeinschaftspraxen und MVZ.

  • TSVG-Aufschläge auch für Ermächtigte Ärzte:

Darüber hinaus wurden auf Intervention des BMG die prozentualen Aufschläge auf die Grundpauschale für die rasche Terminvermittlung (Septemberausgabe der PASSION CHIRURGIE) auch für die beschleunigte Terminvergabe bei ermächtigten Krankenhausärzten freigegeben.

Über Auswirkungen des TSVG werden wir Sie weiter informieren.

Kalbe P: Änderungen und Auflagen zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Passion Chirurgie. 2020 Januar, 10(01): Artikel 04_07.

Strategischer Umgang mit den extrabudgetären Fallkonstellationen nach dem TSVG

In der Septemberausgabe PASSION CHIRURGIE (09/2019) wurden die Änderungen durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für die niedergelassenen Chirurgen dargestellt. Die mit dem TSVG für bestimmte Fallkonstellationen eingeführte Budgetbefreiung erfordert einige strategische Überlegungen.

Denn je mehr Fälle extrabudgetär gestellt werden, desto mehr Fälle werden bereinigt. Dies führt zu einem verminderten Finanzvolumen für das Budget der Fachgruppe. Es ist also damit zu rechnen, dass der Mindest-Fallwert der fachärztlichen Fachgruppen ab dem Quartal 4/2019 unter den bisherigen Regelleistungsvolumen-Fallwert sinken wird. Dies könnte für die folgenden Jahre zu verminderten Honoraren für den budgetierten Bereich der Vergütung führen. Es liegt also im Interesse der Fachgruppe und auch des einzelnen Chirurgen/Orthopäden, jeweils abzuwägen, welche Vorteile die Budgetbefreiung im Einzelnen bringt.

Für die Chirurgen und Orthopäden kann im Durchschnitt der Fachgruppe davon ausgegangen werden, dass ca. 15 Prozent des Honorars aus Budget-Gründen nicht bezahlt wird. Daraus abgeleitet kann man den Honoraranstieg allein durch die Ausbudgetierung (ohne Zuschläge für rasche Termine) für einige typischen Fallkonstellationen (Tab. 1) wie folgt überschlägig schätzen:

Tabelle 1: Schätzung der Honorarsteigerung allein durch extrabudgetäre Abrechnung (ohne Zuschläge)

Konstellation

Grund-pauschale/07210-12 ggf. Komplex in €

PFG 07220-07222

in €

Röntgen in €

Wund-versorgung in €

Schiene €

Honorarsteigerung durch extrabudgetäre Abrechnung in € (ca. 15 Prozent)

Nur Untersuchung und Beratung

23,92

4,43

4,26

Plus Röntgen Extremitäten

23,92

4,43

11,47

5,97

Plus Wundversorgung 02301

23,92

4,43

13,96

8,07

Plus Schiene ohne Wundversorgung

23,92

4,43

11,47

7,69

Plus 2 x Rö. und Behandlungskomplex

23,92+23,49

4,43

22,94

In Komplex

10,55

Wenn in der Zukunft eine über den zeitlichen Verlauf gleichmäßige Fallzahl extrabudgetär angesetzt wird, dürfte es über die Bereinigungseffekte hinaus keine wesentlichen Veränderungen der Fallwerte in den Regelleistungsvolumina (RLV) und Qualifikationsgebundene Zusatzvolumina (QZV) geben.

Allerdings wird nur derjenige von den zusätzlichen Honoraren profitieren, der extrabudgetäre Fälle generiert. Die Chirurgen und Orthopäden haben laut einer Statistik der Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz einen hohen Anteil an „Neu-Patienten“ (54 Prozent bei Chirurgen, 43 Prozent bei Orthopäden). Im Gegensatz zu den Fällen aus der offenen Sprechstunde (maximal 17,5 Prozent der Fälle) ist die Anzahl der „Neu-Patienten“ nicht limitiert. Dies führt dazu, dass Chirurgen durchschnittlich mehr als die Hälfte der Patienten extrabudgetär abrechnen können.

Ein theoretisches Risiko sind allerdings schwankende Fallzahlen in der zukünftigen Entwicklung. Dazu sollen zwei unterschiedliche Szenarien betrachtet werden:

Szenario 1

Die Anzahl der extrabudgetär abgerechneten Fälle steigt langsam an und entwickelt erst ein Jahr nach der Einführung eine starke Dynamik.

Dies wäre die für alle Fachärzte günstigste Variante. Dies würde nämlich bedeuten, dass während des Bereinigungsjahres nur eine überschaubare Anzahl von Fällen aus der Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) herausgerechnet wird und das verbleibende Finanzvolumen in der Zukunft ausreichen würde, den RLV- und QZV-Fallwert für die verbleibenden nicht extrabudgetären Fälle einigermaßen stabil zu halten. Eine extrabudgetäre Fallzahldynamik ab dem Jahr 2021 wäre dann komplett von den Krankenkassen zu finanzieren. Es wird daher von allen fachärztlichen Berufsverbänden dringend angeraten, sich im ersten Jahr und damit bis Ende 2020 mit der Generierung von TSVG-Ausnahmefällen zurückzuhalten.

Szenario 2

Es könnte sein, dass im Überschwang der ersten Begeisterung zahlreiche extrabudgetäre Fälle generiert werden, z. B. über Meldung freier Termine an die Terminservicestellen und durch (organisierte) dringliche Hausarztüberweisungen.

Für die Chirurgen ergeben sich extrabudgetäre Fälle mehr oder weniger automatisch durch die zahlreichen Neu-Patienten. Es könnte allerdings passieren, dass die Begeisterung über die Vorteile der extrabudgetären Honorare wegen vermehrter Bürokratie oder wegen nur geringer Honorarsteigerungen nach einem Jahr deutlich nachlässt. Dies würde dann Honorarverluste erzeugen, denn die wieder vermehrten Fallzahlen innerhalb der Budgets würden unweigerlich zu einem verminderten Fallwert im RLV und in den QZV führen. Darüber hinaus enthalten die meisten Honorarverteilungsmaßstäbe Fallzahlzuwachsbegrenzungen, die es zusätzlich erschweren würden, rasch wieder auf die alte Fallzahl innerhalb der RLV zu steigern.

Man sollte es also mit dem Einstieg in die steuerbaren Anteile der extrabudgetären Abrechnung so halten wie es der damalige Bundeskanzler Ludwig Ehrhardt schon 1965 empfohlen hatte: „Maß halten“.

Darüber hinaus hat der Bewertungsausschuss eine perfide Abstaffelungsregelung für die über 17,5 Prozent hinausgehenden Fälle in der offenen Sprechstunde beschlossen: Bei Überschreitung dieser Schwelle wird nämlich nicht etwa quotiert, sondern es werden nach dem Zufallsprinzip einzelne Fälle aus der extrabudgetären Vergütung herausgenommen. So kann es im schlimmsten Falle alle aufwändigen Fälle mit hohem Honoraraufkommen treffen. Die 17,5 Prozent -Grenze sollte daher keinesfalls überschritten werden.

Ansonsten sind die Gestaltungsmöglichkeiten leider begrenzt. Das bedeutet, dass auch extrabudgetär abgerechnet werden muss, was extrabudgetär abgerechnet werden kann. Die Krankenkassen haben gegenüber den Kassenärztliche Vereinigungen (KV) bereits entsprechende Prüfanträge angekündigt. Ob dies auch schon für den Monat September 2019 mit all den Unsicherheiten in der Umstellungsphase gelten kann mag dahingestellt bleiben.

Abb. 1: Anteil der Neupatienten am Patientenaufk ommen (Quelle: Ärztezeitung)

Aktuelle Änderungen der Beschlüsse des Bewertungsausschusses auf Grund von Beanstandungen des BMG

Aufgrund von Beanstandungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) an den im letzten Rundbrief und in der PASSION CHIRURGIE 09/2019 erläuterten Beschlüssen des Bewertungsausschusses (BA) sind allerdings noch Änderungen im Detail zu erwarten. Neben formalen Korrekturen betreffen uns Chirurgen folgende abweichende Regelungen:

1.Bei der dringlichen Hausarzt-Überweisung muss der Hausarzt statt der BSNR jetzt die lebenslange Arztnummer (LANR) des empfangenden Arztes angeben. Dies soll bei einer Überweisung in fachübergreifenden BAGs sicherstellen, dass die Vermittlung auch an die erforderliche Facharzt-Gruppe erfolgt.

2.Weiterhin hat das BMG festgestellt, dass die Beschlüsse des BA, die eine extrabudgetäre Vergütung der Leistungen in den jeweiligen TSVG-Konstellationen lediglich im Arztgruppenfall vorsehen, nicht dem gesetzlichen Auftrag entsprechen. Das SGB V würde explizit jeweils auf den Begriff „Behandlungsfall“ abheben. Dementsprechend müssten alle ärztlichen Leistungen im Behandlungsfall außerhalb der MGV vergütet werden. Dies bedeutet eine deutliche Verbesserung für Gemeinschaftspraxen und MVZ und macht den Bezug auf den gerade erst neu eingeführten Begriff des Arztgruppenfalls obsolet.

Hier hat das BMG erneut in Beschlüsse der Selbstverwaltung eingegriffen. Unabhängig von der Frage, ob damit eine gesetzeskonforme Umsetzung gewährleistet wird, baut das Ministerium von Jens Spahn damit unser Gesundheitswesen immer weiter in Richtung Staatsmedizin um.

Detail-Regelungen im Bundesmantelvertrag

In Beitrag zum TSVG in der Passion Chirurgie 09/2019 mussten noch einige Details offenbleiben, die mittlerweile geklärt sind.

Zur Frage, was zu den Sprechstunden zählt, gab es eine Klarstellung im Bundesmantelvertrag zwischen Ärzten und Krankenkassen. Wichtig für die Chirurgen: Sprechstundenzeiten sind alle Zeiten, in denen der Vertragsarzt für die Versorgung der Versicherten unmittelbar zur Verfügung steht. Somit können auch spezialisierte Tätigkeiten, also z. B. Operationen, als Sprechstundenzeiten gezählt werden.

Auch zu den verpflichtenden offenen Sprechstunden wurden Details vereinbart: Offene Sprechstunden sind demnach grundsätzlich von jedem Arzt anzubieten, jedoch können Berufsausübungsgemeinschaften sowie Praxen und MVZ mit angestellten Ärzten flexibel handhaben, welcher Arzt der jeweiligen Arztgruppe die Versorgung in der offenen Sprechstunde übernimmt. Entscheidend ist, dass die aus der Anzahl der Ärzte der Arztgruppe folgende Gesamtzahl an offenen Sprechstunden von der Praxis erfüllt wird. So ist es zum Beispiel zulässig, dass innerhalb einer Praxis mit drei ganztags tätigen Ärzten einer Arztgruppe die Ärzte jeweils fünf offene Sprechstunden gleichzeitig anbieten oder ein Vertragsarzt beziehungsweise ein angestellter Arzt die 15 offenen Sprechstunden für die Praxis insgesamt übernimmt. Die offenen Sprechstundenzeiten müssen gegenüber der KV angegeben und von dieser veröffentlicht werden, brauchen jedoch nicht auf dem Praxis-Schild ausgewiesen werden.

Kalbe P: Strategischer Umgang mit den extrabudgetären Fallkonstellationen nach dem TSVG. Passion Chirurgie. 2019 Dezember, 9(12): Artikel 04_07.

Famulatur in der Niederlassung – Studierende in der chirurgischen Praxis

Allenthalben wird der fehlende ärztliche Nachwuchs beklagt. Dies betrifft neben den Krankenhäusern zunehmend auch die chirurgischen Facharztpraxen. Gemäß aktuellem Berufsmonitor 2018 [1] können sich immerhin 53,5 % der Studierenden eine Tätigkeit in einer eigenen Praxis vorstellen (2014: 60,3 %). Dabei geht der Trend eindeutig in Richtung Gemeinschaftspraxis (50,6 % vs. 39,9 % 2014) und zur Anstellung. Leider schwindet die Attraktivität des Fachs „Chirurgie“ mit der Dauer des Studiums: Während der Vorklinik können noch fast ein Drittel der Studierenden eine Tätigkeit in der Chirurgie vorstellen. Bis zum Praktischen Jahr (PJ) sinkt dieser Wert auf 18,1 % und es ist belegt, dass nach dem PJ nurmehr etwa 5 % Begeisterung für die Chirurgie aufbringen.

Bei der Frage nach Niederlassungshindernissen führen die Studierenden vor allem die Sorge vor einem hohen Maß an Bürokratie (62,3 %), vor einem hohen finanziellen Risiko (57,5 %), vor Regressen (46,7 %) und die Sorge vor geringem fachlichem Austausch (46,4 %) an.

Was bringt eine Famulatur in der Chirurgie?

Studierende beklagen vor allem mangelnde Einblicke in die Arbeitswirklichkeit chirurgischer Praxen. Die Ausbildung bezieht sich (bis auf die Allgemeinmedizin) fast ausschließlich auf klinisch relevante Krankheitsbilder und Krankenhausbehandlungen. Bei einem Workshop mit der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd) beim Gemeinsamen Bundeskongress Chirurgie 2019 in Nürnberg wiesen deren Vertreter darauf hin, dass Facharztpraxen in den Curricula des klinischen Medizinstudiums praktisch keine Berücksichtigung finden. Dies obwohl die „Chirurgie des Häufigen“ ambulant und damit meist in den Praxen der niedergelassenen Chirurgen diagnostiziert und behandelt wird. Bezeichnender Weise sind in der aktuell gültigen Approbationsordnung (App. Ord.) nur je eine einmonatige Famulatur in einer allgemeinmedizinischen Praxis und eine zweimonatige Famulatur in einem Krankenhaus oder einer Reha-Einrichtung verpflichtend vorgeschrieben (Tab. 1). Den Hausärzten ist es bekanntermaßen gelungen, den drohenden Nachwuchsmangel politisch so zu platzieren, dass gesetzliche Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Tab. 1: § 7 der aktuell gültigen Approbationsordnung für Ärzte

§ 7 Famulatur

(1) Die Famulatur hat den Zweck, die Studierenden mit der ärztlichen Patientenversorgung in Einrichtungen der ambulanten und stationären Krankenversorgung vertraut zu machen.

(2) Die Famulatur wird abgeleistet

1.für die Dauer eines Monats in einer Einrichtung der ambulanten Krankenversorgung, die ärztlich geleitet wird, oder einer geeigneten ärztlichen Praxis,

2.für die Dauer von zwei Monaten in einem Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung und

3.für die Dauer eines Monats in einer Einrichtung der hausärztlichen Versorgung.

Satz 1 Nummer 3 ist auf Studierende, die bis zum 10. Juni 2015 erstmals den Antrag auf Zulassung zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung gestellt haben, in der am 30. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden. Wurde das Studium wegen Krankheit, Schwangerschaft, der Betreuung minderjähriger Kinder oder pflegebedürftiger Angehöriger unterbrochen, verlängert sich die in Satz 2 genannte Frist um ein Jahr.

(3) Eine im Ausland in einer Einrichtung der ambulanten ärztlichen Krankenversorgung oder in einem Krankenhaus abgeleistete Famulatur kann angerechnet werden.

(4) Die viermonatige Famulatur (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4) ist während der unterrichtsfreien Zeiten zwischen dem Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung und dem Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung abzuleisten. Sie ist bei der Meldung zum Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung in den Fällen des Absatzes 2 durch Bescheinigungen nach dem Muster der Anlage 6 zu dieser Verordnung nachzuweisen.

Es bleibt den Studierenden aber immerhin die Chance, in der wahlfreien Zeit (gemäß §1 (2) 1 der App. Ord.) eine einmonatige Famulatur in einer chirurgischen Praxis (Tab. 2) abzuleisten. Diese Möglichkeit sollten wir in den medizinischen Fakultäten propagieren und entsprechende Plätze für Famulaturen in unseren Praxen anbieten. Das eröffnet uns die Chance, einen großen Teil der oben erwähnten Vorurteile der Studierenden (bis auf die Bürokratie) zu entkräften.

Tab. 2.: Bescheinigung über Famulatur gemäß Anlage 6 der Approbationsordnung

Der/Die Studierende der Medizin ……………………………………….. ……………………………….

geboren am ………………………… in ……………………………… ist nach Bestehen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung vom …….. bis zum …………………………….. in der unten bezeichneten Einrichtung unter meiner Aufsicht und Leitung als Famulus tätig gewesen. Während dieser Zeit ist der/die Studierende vorzugsweise mit Tätigkeiten auf dem Gebiet ……………………………………………………………………. beschäftigt worden.

Die Ausbildung ist

()   unterbrochen worden vom ……………….     bis zum ……………………………..

()   nicht unterbrochen worden

…………………………………,  den …………………

……………………………………………………………

(Bezeichnung der Einrichtung, bei öffentlicher Stelle/Siegel)

………………………………………………….

(Unterschrift des/des ausbildenden Arztes/Ärzte)

Persönliches Engagement für den chirurgischen Nachwuchs

Wenn wir die jungen Medizinerinnen und Mediziner für die Chirurgie begeistern wollen werden wir nicht darum herumkommen, uns vermehrt in die Nachwuchsgewinnung aktiv einzubringen, und dies auf verschiedenen Stufen der Ausbildung:

Informationen über den Beruf des Chirurgen in Gymnasien

Unser Vizepräsident Dr. Rüggeberg hat schon erste Erfahrungen mit einer “Hands-on“- Veranstaltung in der Oberstufe eines Gymnasiums gesammelt. Die Schüler waren hellauf begeistert vom Naht- und Knotenkurs und einem einfachen Laparoskopie-Simulator. Es gibt zwar keinerlei Evidenz, dass dies einen positiven Einfluss auf die spätere Entscheidung für die Chirurgie hat, dürfte aber zumindest einen wichtigen ersten Schritt darstellen.

Wenn Sie auch am Gymnasium in der Nachbarschaft oder der Schule Ihrer Kinder für die Chirurgie werben wollen, können Sie über die Geschäftsstelle des BDC Unterstützung erhalten.

Chirurgie in der Niederlassung als Inhalt der Hauptvorlesung Chirurgie

In der nächsten Stufe der Ausbildung in den klinischen Semestern müssen wir den Kontakt mit den benachbarten medizinischen Fakultäten und den chirurgischen Hochschullehrern suchen und auch ein Engagement in der Hauptvorlesung „Chirurgie“ mit Themen aus der ambulanten Chirurgie anbieten. Eine solche Kooperation ist z. B. in der inneren Medizin aus der Medizinischen Hochschule Hannover bekannt. Dies sollte auch für die Chirurgie und regelmäßig an allen medizinischen Fakultäten angestrebt werden.

Famulatur in chirurgischen Praxen

In der nächsten Stufe müssen wir dann die oben erwähnten Praxis-Famulaturen anbieten und den Studierenden einen Einblick in die Arbeitstätigkeit der niedergelassenen Chirurgen bieten. Hier besteht erheblicher Nachholbedarf. Der Besorgnis der Studierenden über überbordende Bürokratie können wir mit dem Hinweis begegnen, dass sich die potenziellen Interessenten ohnehin zunächst als Angestellte und in der großen Mehrzahl in Gemeinschaftspraxen sehen. In diesen Konstrukten dürfte es ohnehin üblich sein, dass die administrative Last – zumindest vorübergehend – beim Seniorpartner verbleibt.

Nur Mut: Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn – Kampagne des BDC

Eine sehr wichtige Rolle in der Nachwuchsgewinnung spielen die regelmäßig ausgebuchten „Chirurgie zum Mitmachen“-Workshops des BDC (www.chirurg-werden.de), die nunmehr schon seit mehr als zehnten Jahren um chirurgischen Nachwuchs werben. In die gleiche Richtung wirkt der gemeinsam mit den internistischen Kollegen sehr erfolgreich aufgelegte Nachwuchs-Kongress „Staatexamen und Karriere“ (www.staatsexamen-und-karriere.de).

Optimierung der Ausbildung im Praktischen Jahr/Akademische Lehrpraxis Chirurgie

Die meisten Interessenten für unser Fach verlieren wir jedoch während des Praktischen Jahres. Dabei kritisieren die Studierenden vor allem den Einsatz als „billige Hilfskräfte im OP.“ Sie wünschen sich vor allem die Betreuung eigener Patienten unter Aufsicht und Anleitung. Hier bietet sich eine Chance auch für größere und sektorenübergreifend tätige chirurgische Praxen, sich als akademische Lehrpraxen für Chirurgie zu etablieren. Nach der Approbationsordnung (Tab. 3) können bis zu acht Wochen des jeweiligen Ausbildungsabschnittes (der drei Tertiale im PJ) im ambulanten Bereich erfolgen. Somit wären acht Wochen Chirurgie und acht Wochen im Wahlfach, zusammen also 16 Wochen in einer Praxis möglich. Dem BDC sind bisher keine akademischen Lehrpraxen im Fach Chirurgie bekannt. Ein Modellversuch dazu mit der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ist in Planung.

Tab. 3: Beteiligung akademischer Lehrpraxen am praktischen Jahr (§ 3 Abs. 2a der Approbationsordnung zum Praktischen Jahr)

Die Universitäten können geeignete ärztliche Praxen (Lehrpraxen) und andere geeignete Einrichtungen der ambulanten ärztlichen Krankenversorgung im Einvernehmen mit der zuständigen Gesundheitsbehörde in die Ausbildung einbeziehen; sie treffen hierzu Vereinbarungen mit den Lehrpraxen und Einrichtungen. Die jeweilige Lehrpraxis oder Einrichtung muss gewährleisten, das Logbuch der Universität einzuhalten. Die Ausbildung nach Absatz 1 in einer Lehrpraxis oder in einer anderen geeigneten Einrichtung der ambulanten ärztlichen Krankenversorgung dauert in der Regel höchstens acht Wochen je Ausbildungsabschnitt. Im Wahlfach Allgemeinmedizin wird die Ausbildung nach Absatz 1 während des gesamten Ausbildungsabschnitts in einer allgemeinmedizinischen Lehrpraxis absolviert.

Was haben wir davon?

Warum sollten wir diesen Aufwand betreiben, wodurch uns zunächst nur zusätzliche Arbeit und Kosten und u. U. auch Probleme mit der KV-Abrechnung entstehen? Auf diese berechtigte Frage kann ich nur recht abstrakt antworten, dass Sie sich dadurch die Chance eröffnen, einen Nachfolger oder besser gesagt Nachfolgerin für ihre chirurgische Praxis zu gewinnen. Eine Umfrage des BNC [2] hat gezeigt, dass das Interesse der niedergelassenen Chirurgen am Angebot einer Famulatur bisher leider nur gering ist: Von 1.125 angeschriebenen niedergelassenen Chirurgen waren nur 34 bereit, Hospitationen bzw. Famulaturen zu ermöglichen, also nur etwa 3 %. Das ist enttäuschend.

Hier ist unbedingt ein Wandel der persönlichen Einstellung der Niedergelassenen notwendig. Wir können es nicht unseren Krankenhauskollegen allein überlassen, für chirurgischen Nachwuchs zu sorgen, sondern müssen uns ebenfalls engagieren. Dazu gehört es auch, die durchaus berechtigten Klagen über marginale Vergütungen einzelner Leistungen und die Last der Bürokratie hintan zu stellen und auch einmal öffentlich darzustellen, dass wir mit Freude und Engagement in einem faszinierenden Beruf arbeiten.

Vonseiten des Berufsverbandes wird regelmäßig der drohende Nachwuchsmangel in der Chirurgie im politischen Diskurs platziert. Immerhin hat dies dazu geführt, dass mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) die Anzahl der bundesweit finanziell geförderten fachärztlichen Weiterbildungsplätze von 1.000 auf 2.000 angehoben wurde. Unser nächstes Ziel muss es nun sein, dass die chirurgische Weiterbildung davon auch profitieren kann.

Literatur

[1] Jacob, R., Kopp, J., Fellinger, P.: https://www.kbv.de/media/sp/Ergebnisse_Berufsmonitoring_2018_KBV_30.1._2019.pdf. Zuletzt zugegriffen 17.8.2019

[2] Schüürmann, C.: BNC-Spot vom 6.8.2019

Kalbe P: Famulatur in der Niederlassung – Studierende in der chirurgischen Praxis. Passion Chirurgie. 2019 Oktober, 9(10): Artikel 03_02.

Strategischer Umgang mit den extrabudgetären Fallkonstellationen nach TSVG

In der Septemberausgabe PASSION CHIRURGIE (09/2019) wurden die Änderungen durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für die niedergelassenen Chirurgen dargestellt. Die mit dem TSVG für bestimmte Fallkonstellationen eingeführte Budgetbefreiung erfordert einige strategische Überlegungen:

Je mehr Fälle extrabudgetär gestellt werden, desto mehr Fälle werden bereinigt. Dies führt zu einem verminderten Finanzvolumen für das Budget der Fachgruppe. Es ist also damit zu rechnen, dass der Mindest-Fallwert der fachärztlichen Fachgruppen ab dem Quartal 4/2019 unter den bisherigen Regelleistungsvolumen-Fallwert sinken wird. Dies könnte für die folgenden Jahre zu verminderten Honoraren für den budgetierten Bereich der Vergütung führen. Es liegt also im Interesse der Fachgruppe und auch des einzelnen Chirurgen/Orthopäden jeweils abzuwägen, welche Vorteile die Budgetbefreiung im Einzelnen bringt.

Für die Chirurgen und Orthopäden kann im Durchschnitt der Fachgruppe davon ausgegangen werden, dass ca. 15 Prozent des Honorars aus Budget-Gründen nicht bezahlt wird. Daraus abgeleitet kann man den Honoraranstieg allein durch die Ausbudgetierung (ohne Zuschläge für rasche Termine) für einige typischen Fallkonstellationen (Tab. 1) wie folgt überschlägig schätzen:

Konstellation Grund-pauschale/
07210-12
ggf.
Komplex
in €
PFG 07220-07222

in €

Röntgen
in €
Wund-versorgung in € Schiene € Honorar-

Steigerung durch extra-budgetäre

Abrechnung in € (ca. 15 Prozent )

Nur Untersuchung und Beratung 23,92 4,43       4,26
Plus Röntgen
Extremitäten
23,92 4,43 11,47 5,97
Plus Wundversorgung
02301
23,92 4,43 13,96 8,07
Plus Schiene ohne Wundversorgung 23,92 4,43 11,47 7,69
Plus 2 x Rö. und Behandlungs-komplex 23,92+
23,49
4,43 22,94 In Kom-plex 10,55

Tabelle 1: Schätzung der Honorarsteigerung allein durch extrabudgetäre Abrechnung (ohne Zuschläge)

Wenn in der Zukunft eine über den zeitlichen Verlauf gleichmäßige Fallzahl extrabudgetär angesetzt wird, dürfte es über die Bereinigungseffekte hinaus keine wesentlichen Veränderungen der Fallwerte in den Regelleistungsvolumina (RLV) und Qualifikationsgebundene Zusatzvolumina (QZV) geben.

Allerdings wird nur derjenige von den zusätzlichen Honoraren profitieren, der extrabudgetäre Fälle generiert. Die Chirurgen und Orthopäden haben laut einer Statistik der Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz einen hohen Anteil an „Neu-Patienten“ (54 Prozent bei Chirurgen, 43 Prozent bei Orthopäden). Im Gegensatz zu den Fällen aus der offenen Sprechstunde (maximal 17,5 Prozent der Fälle) ist die Anzahl der „Neu-Patienten“ nicht limitiert. Dies führt dazu, dass Chirurgen durchschnittlich mehr als die Hälfte der Patienten extrabudgetär abrechnen können.

Ein theoretisches Risiko sind allerdings schwankende Fallzahlen in der zukünftigen Entwicklung. Dazu sollen zwei unterschiedliche Szenarien betrachtet werden:

Szenario 1: Die Anzahl der extrabudgetär abgerechneten Fälle steigt langsam an und entwickelt erst ein Jahr nach der Einführung eine starke Dynamik.

Dies wäre die für alle Fachärzte günstigste Variante. Dies würde nämlich bedeuten, dass während des Bereinigungsjahres nur eine überschaubare Anzahl von Fällen aus der Morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) herausgerechnet wird und das verbleibende Finanzvolumen in der Zukunft ausreichen würde, den RLV- und QZV-Fallwert für die verbleibenden nicht extrabudgetären Fälle einigermaßen stabil zu halten. Eine extrabudgetäre Fallzahldynamik ab dem Jahr 2021 wäre dann komplett von den Krankenkassen zu finanzieren. Es wird daher von allen fachärztlichen Berufsverbänden dringend angeraten, sich im ersten Jahr und damit bis Ende 2020 mit der Generierung von TSVG-Ausnahmefällen zurückzuhalten.

Szenario 2: Es könnte sein, dass im Überschwang der ersten Begeisterung zahlreiche extrabudgetäre Fälle generiert werden, z. B. über Meldung freier Termine an die Terminservicestellen und durch (organisierte) dringliche Hausarztüberweisungen.

Für die Chirurgen ergeben sich extrabudgetäre Fälle mehr oder weniger automatisch durch die zahlreichen Neu-Patienten. Es könnte allerdings passieren, dass die Begeisterung über die Vorteile der extrabudgetären Honorare wegen vermehrter Bürokratie oder wegen nur geringer Honorarsteigerungen nach einem Jahr deutlich nachlässt. Dies würde dann Honorarverluste erzeugen, denn die wieder vermehrten Fallzahlen innerhalb der Budgets würden unweigerlich zu einem verminderten Fallwert im RLV und in den QZV führen. Darüber hinaus enthalten die meisten Honorarverteilungsmaßstäbe Fallzahlzuwachsbegrenzungen, die es zusätzlich erschweren würden, rasch wieder auf die alte Fallzahl innerhalb der RLV zu steigern.

Abb. 1.: Anteil der Neupatienten am Patientenaufkommen (Quelle: Ärztezeitung, KV Rheinland-Pfalz)

Man sollte es also mit dem Einstieg in die steuerbaren Anteile der extrabudgetären Abrechnung so halten wie es der damalige Bundeskanzler Ludwig Ehrhardt schon 1965 empfohlen hatte: „Maß halten“.

Darüber hinaus hat der Bewertungsausschuss eine perfide Abstaffelungsregelung für die über 17,5 Prozent hinausgehenden Fälle in der offenen Sprechstunde beschlossen: Bei Überschreitung dieser Schwelle wird nämlich nicht etwa quotiert, sondern es werden nach dem Zufallsprinzip einzelne Fälle aus der extrabudgetären Vergütung herausgenommen. So kann es im schlimmsten Falle alle aufwändigen Fälle mit hohem Honoraraufkommen treffen. Die 17,5 Prozent -Grenze sollte daher keinesfalls überschritten werden.

Ansonsten sind die Gestaltungsmöglichkeiten leider begrenzt. Das bedeutet, dass auch extrabudgetär abgerechnet werden muss, was extrabudgetär abgerechnet werden kann. Die Krankenkassen haben gegenüber den Kassenärztliche Vereinigungen (KV) bereits entsprechende Prüfanträge angekündigt. Ob dies auch schon für den Monat September 2019 mit all den Unsicherheiten in der Umstellungsphase gelten kann mag dahingestellt bleiben.

Aktuelle Änderungen der Beschlüsse des Bewertungsausschusses auf Grund von Beanstandungen des BMG

Aufgrund von Beanstandungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) an den im letzten Rundbrief und in der PASSION CHIRURGIE 09/2019 erläuterten Beschlüssen des Bewertungsausschusses (BA) sind allerdings noch Änderungen im Detail zu erwarten. Neben formalen Korrekturen betreffen uns Chirurgen folgende abweichende Regelungen:

  1. Bei der dringlichen Hausarzt-Überweisung muss der Hausarzt statt der BSNR jetzt die lebenslange Arztnummer (LANR) des empfangenden Arztes angeben. Dies soll bei einer Überweisung in fachübergreifenden BAGs sicherstellen, dass die Vermittlung auch an die erforderliche Facharzt-Gruppe erfolgt.
  2. Weiterhin hat das BMG festgestellt, dass die Beschlüsse des BA, die eine extrabudgetäre Vergütung der Leistungen in den jeweiligen TSVG-Konstellationen lediglich im Arztgruppenfall vorsehen, nicht dem gesetzlichen Auftrag entsprechen. Das SGB V würde explizit jeweils auf den Begriff “Behandlungsfall” abheben. Dementsprechend müssten alle ärztlichen Leistungen im Behandlungsfall außerhalb der MGV vergütet werden. Dies bedeutet eine deutliche Verbesserung für Gemeinschaftspraxen und MVZ und macht den Bezug auf den gerade erst neu eingeführten Begriff des Arztgruppenfalls obsolet.

Hier hat das BMG erneut in Beschlüsse der Selbstverwaltung eingegriffen. Unabhängig von der Frage, ob damit eine gesetzeskonforme Umsetzung gewährleistet wird, baut das Ministerium von Jens Spahn damit unser Gesundheitswesen immer weiter in Richtung Staatsmedizin um.

Detail-Regelungen im Bundesmantelvertrag

In Beitrag zum TSVG in der Passion Chirurgie 09/2019 mussten noch einige Details offenbleiben, die mittlerweile geklärt sind.

Zur Frage, was zu den Sprechstunden zählt, gab es eine Klarstellung im Bundesmantelvertrag zwischen Ärzten und Krankenkassen. Wichtig für die Chirurgen: Sprechstundenzeiten sind alle Zeiten, in denen der Vertragsarzt für die Versorgung der Versicherten unmittelbar zur Verfügung steht. Somit können auch spezialisierte Tätigkeiten, also z. B. Operationen, als Sprechstundenzeiten gezählt werden.

Auch zu den verpflichtenden offenen Sprechstunden wurden Details vereinbart: Offene Sprechstunden sind demnach grundsätzlich von jedem Arzt anzubieten, jedoch können Berufsausübungsgemeinschaften sowie Praxen und MVZ mit angestellten Ärzten flexibel handhaben, welcher Arzt der jeweiligen Arztgruppe die Versorgung in der offenen Sprechstunde übernimmt. Entscheidend ist, dass die aus der Anzahl der Ärzte der Arztgruppe folgende Gesamtzahl an offenen Sprechstunden von der Praxis erfüllt wird. So ist es zum Beispiel zulässig, dass innerhalb einer Praxis mit drei ganztags tätigen Ärzten einer Arztgruppe die Ärzte jeweils fünf offene Sprechstunden gleichzeitig anbieten oder ein Vertragsarzt beziehungsweise ein angestellter Arzt die 15 offenen Sprechstunden für die Praxis insgesamt übernimmt.

Die offenen Sprechstundenzeiten müssen gegenüber der KV angegeben und von dieser veröffentlicht werden, brauchen jedoch nicht auf dem Praxis-Schild ausgewiesen werden.

Replik des BDC auf Leitartikel vom BNC

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

vor Kurzem haben viele von Ihnen die neuesten Mitteilungen des BNC (Chirurgenmagazin 93, August 2019) erhalten, in denen der Vorsitzende Dr. Schüürmann offen zum Austritt aus dem BDC aufruft. Wir wissen nicht, ob dies seine private Meinung ist, oder ob es die offizielle Verbandsaussage darstellt.

Mit solchen Worten, garniert mit dem martialischen Vorwurf einer Kriegserklärung seitens des BDC gegenüber niedergelassenen Allgemeinchirurgen, schürt man populistisch Ängste und treibt bewusst einen Keil in die Kollegenschaft. Die bisherige Kooperation in Sachfragen mit dem BDC soll offenbar vom BNC aufgekündigt werden. Das ist sehr bedauerlich und wenig hilfreich.

Was ist der Grund für diese grobe Attacke? Es geht offenbar darum, dass der Kollege Schüürmann die Existenz niedergelassener Allgemeinchirurgen durch uns bedroht sieht.

Richtig ist, dass der BDC in Übereinstimmung mit den chirurgischen Fachgesellschaften die Rolle der zukünftigen Säule „Allgemeinchirurgie“ gemäß der Musterweiterbildungsordnung 2018 skeptisch sieht. Während der BNC allein diese Säule der neuen Weiterbildungsordnung als die geeignete für die chirurgische Praxis der Zukunft propagiert sieht der BDC die niedergelassenen Chirurgen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eher in Gemeinschaften von mehreren verschiedenen Spezialisten, die sich in größeren Praxen organisieren und auch in sektorenübergreifenden Kooperationen mit Krankenhäusern den chirurgischen Bedarf der Bevölkerung abdecken. Dies entspricht auch den Wünschen der nachfolgenden Ärztegeneration und ist als Trend schon jetzt an den Niederlassungszahlen abzulesen: Bereits mehr als 30 Prozent der niedergelassenen Chirurgen arbeiten als Angestellte. Dabei geht der Trend eindeutig zur Säule Orthopädie und Unfallchirurgie, was auch dem statistischen Spektrum der häufigsten Erkrankungen, Verletzungen und Operationen in den chirurgischen Praxen entspricht. Es bliebt abzuwarten, welchen Platz in der Versorgung der zukünftige Facharzt für Allgemeinchirurgie finden wird. Alle Kolleginnen und Kollegen, die sich für diese Weiterbildung entscheiden, können jedoch darauf vertrauen, dass ihre Interessen vom BDC als Berufsverband aller Chirurgen genauso vertreten werden wie die Interessen der anderen Säulen, sei es Orthopädie und Unfallchirurgie, Viszeralchirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie oder Gefäßchirurgie.

Es ist vollkommen absurd, dass vonseiten des BNC in diesem Zusammenhang Unsicherheit unter den jetzt niedergelassenen Chirurgen nach den alten Weiterbildungsordnungen aus 1992 und 2003 geschürt wird. Das für die EBM-Reform 2021 angestrebte gemeinsame Kapitel 7 und 18 wird selbstverständlich einen Bestandsschutz für die Abrechnungsmöglichkeiten der jetzt schon niedergelassenen Allgemeinchirurgen (und auch Orthopäden) enthalten. Die aktuellen Meinungsverschiedenheiten beziehen sich allein auf die zukünftige Gestaltung der EBM-Abrechnung der „Säulenfachärzte“. Hier käme es darauf an, durch geduldige Verhandlungen Kompromisse zwischen den ehemaligen Arztgruppen Chirurgie (Kapitel 7) und Orthopädie (Kapitel 18) zu suchen. Dieses Ziel kann man aber nicht erreichen, indem man seine potenziellen Verhandlungspartner öffentlich verunglimpft.

Was also die Frage der Mitgliedschaft in welchem Verband auch immer betrifft, so empfehlen wir darüber nachzudenken, ob die alleinige Fokussierung auf das Thema Allgemeinchirurgie in der Niederlassung ausreicht oder ob es nicht besser ist, von einem Berufsverband mit mehr als 17.000 Mitgliedern mit dem entsprechenden Einfluss vertreten zu werden. Unabhängig davon werden wir auch weiter – sofern das von dieser Seite gewünscht ist – den Kontakt zum BNC aufrechterhalten, um letztlich in Ihrem Interesse Konflikte intern zu bereinigen, statt sie in der Öffentlichkeit zum Schaden aller auszutragen.

Rezension: Orthopädie und Unfallchirurgie essentials – Intensivkurs zur Weiterbildung

Orthopädie und Unfallchirurgie essentials – Intensivkurs zur Weiterbildung
Ruchholtz / Wirtz
3. Auflage 2019, Thieme Verlag
kartoniert, 872 Seiten, 1.231 Abbildungen
ISBN: 9783 1314 84437
129,99 Euro

Beim Verlag bestellen: http://bit.ly/OUessentias

„Dieses Buch ist einfach genial.“ Das ist nicht die Beurteilung eines Unfallchirurgen, der schon fast 40 Jahre dabei ist, sondern die spontane Bewertung durch unsere angestellte Fachärztin, die sich mit der zweiten Auflage dieses didaktisch optimalen Buchs intensiv und sehr erfolgreich auf die Facharztprüfung vorbereitet hat.

Ruchholtz als Unfallchirurg und Wirtz als Orthopäde haben mit Unterstützung durch zahlreiche Fachexperten das schon bisher sehr übersichtliche Werk vollständig überarbeitet und erweitert. Auf 872 Seiten mit zahlreichen Schemata, Röntgen-, CT- und MRT-Bildern und Schwarz-Weiß-Fotos werden die Grundlagen von „O+U“ übersichtlich und auf das Facharztwissen fokussiert dargestellt. Damit ist das Werk ideal sowohl als ständiger Begleiter während der Weiterbildung als auch als Repititorium zur Vorbereitung auf die Facharztprüfung. Hilfreich sind dazu vor allem die besonders hervorgehobenen Merktafeln und die Hinweise der Autoren auf bekannte und auch weniger bekannte Fallstricke in der Diagnostik und Therapie. Das Buch ist aber auch für den Erfahrenen als kompaktes Nachschlagewerk zu den Basics des Fachs geeignet. Dies wird erleichtert durch ein umfangreiches Sachverzeichnis, aktualisierte Literaturangaben zu den einzelnen Kapiteln und den Zugriff auf die Online-Version.

Neu in der dritten Auflage sind die Kapitel „Geriatrische Orthopädie und Unfallchirurgie“ und „Extremitäten-Rekonstruktion“. Hinzugekommen sind auch äußerst hilfreiche Therapie-Algorithmen, z. B. zur Behandlung der Hüftdysplasie und des Klumpfußes im Kapitel „Kinderorthopädie“. Das Kapitel „Neurologische Erkrankungen“ wurde überarbeitet und erweitert. Bei der Begutachtung wurden tabellarische Empfehlungen zur prozentualen Einschätzung ergänzt.

129,99 Euro sind gut angelegt für ein Buch, das vor allem dann nicht in der Bibliothek fehlen sollte, wenn Studierende oder Weiterbildungsassistenten in der Einrichtung tätig sind.

Kalbe P, Tegtmeier K: Rezension: Orthopädie und Unfallchirurgie essentials – Intensivkurs zur Weiterbildung. Passion Chirurgie. 2019 September, 9(09): Artikel 04_05.