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Auszeichnungen und Ernennungen von BDC-Mitgliedern – Oktober 2017

Prof. Dr. med. Ahmet Bozkurt ist neuer Chefarzt der Klinik für Plastische und Handchirurgie, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie am HELIOS Klinikum Wuppertal.

Dr. med. Philipp Kaudel ist seit dem 15. August 2017 neuer Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Krankenhaus Ludmillenstift. Der ehemalige Oberarzt der Dr. Horst Schmidt Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in Wiesbaden übernimmt die Nachfolge von Dr. Volker Lauff.

Dr. med. Jörg Nötzel ist seit August 2018 Chefarzt der Klinik für Unfall- und Gelenkchirurgie am Klinikum Obergöltzsch Rodewisch. Seit 1997 ist er als Facharzt im Klinikum Obergöltzsch Rodewisch beschäftigt, seit 2003 als Oberarzt. Er ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Spezielle Unfallchirurgie.

Dr. med. Lutz Pickart wechselte als Chefarzt vom Hufeland Klinikum in Bad Langensalza in die Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Eichsfeld Klinikums Haus „Reifen­stein“ im thüringischen Kleinbartloff.

Prof. Dr. med. Rudolf Roka wurde von der Sigmund Freud-Universität in Wien zum Lehrstuhlinhaber CHIRURGIE-Endokrine und Akutchirurgie ernannt.

Dr. med. Stephan Rudolph ist seit August 2017 der neue Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie im AMEOS Klinikum Aschersleben. Der Facharzt für Spezielle Viszeralchirurgie war zuvor als Oberarzt im Klinikum Magdeburg tätig wo er das Versorgungszentrum für interdisziplinäre gastroenterologische Onkologie geleitet und das dortige Darmzentrum mit aufgebaut hat.

Prof. Dr. med. Hartmut Siebert, ehemaliger Generalsekretär der DGOU und DGU, wurde im März 2017 im Auftrag des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Er wurde damit für sein Engagement und seine Verdienste um das Gemeinwohl ausgezeichnet.

Thomas Schumann leitet als neuer Chefarzt seit Anfang August 2017 die Viszeralchirurgie der Kreisklinik Groß-Gerau. Der gebürtige Berliner war zuvor als Oberarzt im DRK-Krankenhaus Luckenwalde und in den HELIOS Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden tätig.

Dr. med. Dieter Telker, zuvor langjähriger Leitender Oberarzt am Marienhospital Wesel, wechselte zum 1. August 2017 an das St. Martinus Krankenhaus Düsseldorf. Dort übernahm er die Position des Chefarztes der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie die Leitung des zertifizierten Hernienzentrums und der Adipositaschirurgie.

Prof. Dr. med. Jörg Theisen ist seit Mitte September 2017 neuer Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Klinikum Landkreis Erding. Dort möchte er die minimal-invasiven Operationen ebenso ausbauen wie die Behandlungen proktologischer Erkrankungen.

Dr. med. Marco Tinelli hat zum 1. August 2017 den Chefarztposten der Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Endoprothetik der GRN-Klinik Sinsheim übernommen. Der ehemalige Oberarzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen bringt jahrelange Erfahrung im gesamten unfallchirurgischen Spektrum einschließlich schwieriger Eingriffe bei Becken- und Wirbelbrüchen mit und war mehrere Jahre als Notarzt für Schwerstverletzte tätig.

KBV legt Positionspapier zur Digitalisierung im Gesundheitswesen vor

KBV legt Positionspapier zur Digitalisierung im Gesundheitswesen vor

Für eine übergreifende E-Health-Strategie der Politik hat sich der Vorstand der KBV in einem Positionspapier ausgesprochen. Sie sei nötig, um das volle Potenzial der Digitalisierung für die vertragsärztliche Versorgung auszuschöpfen.

Aus Sicht der KBV ist es Aufgabe der Politik, eine solche Strategie gemeinsam mit allen Akteuren, insbesondere der Selbstverwaltung, zu entwickeln. Das gelte auch für die europäische Ebene, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel bei der Vorstellung des Positionspapiers zur Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung am vergangenen Freitag auf der Vertreterversammlung in Berlin.

Anlaufstelle für Start-up-Unternehmen geplant

Kriedel kündigte an, Entwickler aus der Start-up-Szene mit Fachwissen unterstützen zu wollen. Noch in diesem Jahr solle dazu bei der KV Telematik GmbH eine Anlaufstelle für Gründer, Unternehmen und Investoren eingerichtet werden. In der „KBV Zukunftspraxis“ könnten dann neue Produkte erprobt werden.

Außerdem plant die KBV einen Digitalisierungsmonitor, der sich mit dem Stand der Digitalisierung in den Praxen beschäftigen soll. Dazu sollen Ärzte und Psychotherapeuten befragt werden. Ein Ziel ist, dass sich künftig gesetzgeberische Maßnahmen besser an der Realität ausrichten, wie Kriedel erläuterte.

Positionspapier mit konkreten Vorschlägen

Das Positionspapier enthält Ideen und Vorschläge, wie die Digitalisierung im Gesundheitswesen sinnvoll vorangetrieben werden kann. Es wird auch benannt, welche Voraussetzungen nötig sind, damit die verschiedenen Lösungen tatsächlich der Patientenversorgung zugutekommen.

Systeme müssen interoperabel sein

Dazu gehört für die KBV neben dem Nutzen der Systeme vor allem die Interoperabilität. Sie sei für einen nahtlosen Informationsfluss unabdingbar, heißt es in dem Papier. Mit der Gesetzgebung zu offenen und einheitlichen Schnittstellen in den IT-Systemen von Praxen habe die Politik den richtigen Weg eingeschlagen. Notwendig sei jetzt eine gesetzliche Grundlage, dass die Selbstverwaltung Standards sowohl für die vertragsärztliche als auch für die sektorenübergreifende Versorgung verpflichtend vorgeben könne.

E-Patientenakte braucht einheitliche Standards

Einheitliche Standards will die KBV auch für die elektronische Patientenakte durchsetzen, deren Einführung das E-Health-Gesetz vorschreibt. Diese könne die Effizienz und Qualität der Versorgung durch verbesserte Kommunikation steigern. Dazu müssten aber eindeutige Regeln für den Umgang mit der Patientenakte unter führender Beteiligung der Ärzteschaft vereinbart werden, fordert die KBV, die dazu ein weiteres Positionspapier erstellt hat.

Die KBV spricht sich ferner dafür aus, Ärzte und Patienten bei der Orientierung im stetig wachsenden Markt an digitalen Anwendungen stärker zu unterstützen. „Es muss eine Auswahl an sinnvollen IT-Anwendungen getroffen werden, die in die vertragsärztliche Versorgung integriert werden sollen“, heißt es in dem Papier weiter. Gesundheits-Apps zum Beispiel sollten dazu von einer unabhängigen Institution geprüft und zugelassen werden.

TI-Technik zu angemessenen Preisen

Bezüglich der Telematikinfrastruktur, die künftig alle Akteure im Gesundheitswesen elektronisch vernetzen soll, macht die KBV in ihrem Papier deutlich, dass es Aufgabe der Industrie sei, „qualitativ hochwertige technische Komponenten zeitgerecht, interoperabel und zu angemessenen Preisen am Markt verfügbar zu machen“. Anderenfalls müsse es der KBV möglich sein, eigene Produkte anzubieten oder deren Entwicklung zu beauftragen.

Anwendungen mit Nutzen statt digitaler Placebos

„Wir brauchen eine Digitalisierung, die sicher, interoperabel, aufwandsneutral und für die Versorgung nutzbringend ist“, betonte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen auf der Vertreterversammlung. Was die Ärzte und Psychotherapeuten nicht bräuchten, seien „digitale Placebos oder Gewinnmaximierungsprogramme für eine sich zunehmend monopolisierende Softwareindustrie“.

Chance für Sicherheit der Arzneimitteltherapie

Ärzte und Apotheker wollen die Chancen der Digitalisierung gemeinsam nutzen. Die KBV und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) haben dazu gemeinsam eine Absichtserklärung („Letter of Intent“) unterzeichnet. Beide sind sich einig, „dass es schnellstmöglich zu einer verbesserten, sicheren direkten elektronischen Kommunikation zwischen Heilberuflern kommen muss, damit die Arzneimitteltherapiesicherheit gerade im Falle von Polymedikation verbessert wird“, heißt es darin. Der bundesweite Medikationsplan sei nur ein erster Schritt und nicht ausreichend.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, Praxisnachrichten, 28.09.2017

DGTHG: Bundesweite herzchirurgische Versorgung durchgängig gesichert

Fachgesellschaft der deutschen Herzchirurgen veröffentlicht neueste DGTHG-Leistungsstatistik mit aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2016

Die Fachgesellschaft der deutschen Herzchirurgen, die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), hat die diesjährigen herzchirurgischen Leistungszahlen, kategorisiert nach Eingriffen und Überlebensraten, für das Jahr 2016 veröffentlicht. Danach ist die Gesamtzahl der Operationen in den 78 Fachabteilungen für Herzchirurgie in Deutschland vom Jahr 2015 auf 2016 um 0,8 Prozent gesunken und liegt bei 103.128 (2015:103.967). Nach Eingriffskategorien differenziert, zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen.

Zählt man die Herzschrittmacher- und Defibrillator-Eingriffe, sowie die Operationen der herznahen Hauptschlagader ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine dazu, summiert sich die Anzahl auf 130.345 (Eingriffe im Jahr 2015: 128.175), die die rund 930 in Deutschland tätigen Herzchirurgen vorgenommen haben.

Trotz der jährlichen Zunahme älterer Patienten in den herzchirurgischen Fachabteilungen – 37,1 % waren im vergangenen Jahr 70-79 Jahre alt und 15,7 Prozent 80 Jahre und älter – und dem damit häufigeren Vorhandensein von Begleiterkrankungen – blieben die Krankenhaus-Überlebensraten in den einzelnen Eingriffskategorien durchweg stabil.

Herzchirurgische Standorte flächendeckend verteilt

Die Anzahl der Zahl der Fachabteilungen für Herzchirurgie bleibt konstant. „Die 78 Fachabteilungen verteilen sich in Abhängigkeit der regionalen Bevölkerungsdichte über die gesamte Bundesrepublik. Angesichts der nachgewiesen durchgängigen und flächendeckenden Patientenversorgung und der aktuellen Behandlungszahlen ist keinerlei Notwendigkeit für die Einrichtung weiterer Fachabteilungen für Herzchirurgie erkennbar“, erklärte Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer, Präsident der DGTHG.

Koronar-Bypass-Operationen: Marginale Abnahme

Ein Rückgang der isolierten und kombinierten koronaren Bypass-Operationen ist gegenüber dem Vorjahr (2015) zu verzeichnen. So veränderte sich die Anzahl marginal von 50.114 im Jahr 2016 gegenüber 51.941 im Vorjahr (2015). Hintergrund dieser seit Jahren zu verzeichnenden Entwicklung ist, dass die `Koronare Herzkrankheit´ (KHK) in steigendem Maße durch eine Katheterintervention mit Einsetzen eines Stents behandelt wird. Dies ist nur bedingt nachvollziehbar, da die Ergebnisse diverser medizinischer Studien zeigen, dass die koronare Bypass-Operation bei Befall mehrerer Herzkranzgefäße sowie bei komplexeren Verengungen der Herzkranzgefäße für den Patienten sowohl in Hinblick auf die Überlebensrate als auch auf die Lebensqualität die bessere Wahl sind. Zudem spiegeln sich diese Erkenntnisse auch in den aktuellen Empfehlungen wissenschaftlich-medizinischer Leitlinien wie der Nationalen Versorgungsrichtlinie „Chronische Koronare Herzkrankheit“ nachvollziehbar wieder. „Wir begrüßen ausdrücklich ein verbindlich strukturiertes Herzteam-Konzept; dies im Hinblick auf alle Therapieverfahren in der Herzmedizin. Für die Behandlung der Koronaren Herzkrankheit gibt es aus Sicht der Herzchirurgen noch weiteres Verbesserungspotential“, betont Wolfgang Harringer.

Zahl der Herzklappeneingriffe steigt weiter an

Europaweit gehört die Verengung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose) zu den häufigsten Herzklappen-erkrankungen, die verschleißbedingt, insbesondere im hohen Lebensalter, auftritt. „Die Aortenklappenstenose ist derzeit die häufigste invasiv therapierte Herzklappenerkrankung, gefolgt von der Mitralklappeninsuffizienz“, erklärt Wolfgang Harringer. Insbesondere durch den Einsatz kathetergestützter Therapieverfahren steigt die Zahl der Eingriffe bei Patienten mit erworbenen Defekten der Herzklappen seit Jahren spürbar an. Wurden 2015 noch 32.346 Herzklappen-Operationen gezählt, waren es im vergangenen Jahr bereits 33.451– eine Steigerung von ca. 3,4 Prozent.

Der überwiegende Teil der Herzklappen-Operationen betrifft die Aortenklappe. Bei allein 10.879 Patienten wurde ein isolierter herzchirurgischer Aortenklappenersatz im Jahr 2016 in Deutschland durchgeführt (2015:11.183). Die Krankenhaus-Überlebensrate zeigt mit ca. 97 Prozent seit mehreren Jahren ein bemerkenswert konstantes Niveau. In weiteren 1.401 Kombinations-Eingriffen wurde die Aortenklappe ersetzt und gleichzeitig auch die Mitralklappe rekonstruiert oder ersetzt.

Die Zahl der in der DGTHG-Leistungsstatistik erfassten kathetergestützter Aortenklappenimplantationen lag für das Jahr 2016 bei 10.879 (2015: 9.831). Allerdings erfasst die DGTHG-Leistungsstatistik für diese Kategorie nur diejenigen Eingriffe, die aus den Fachabteilungen für Herzchirurgie übermittelt wurden. Seit Juli 2015 gilt in diesem Behandlungskontext die „Richtlinie minimalinvasive Herzklappeninternventionen“ des Gemeinsamen Bundesausschusses, die für die Patientensicherheit im Zusammenhang mit diesen Verfahren, Struktur-, Prozess- und Personalvoraussetzungen verbindlich festlegt.

Bei den 6.217 (2015: 6.027) isolierten Mitralklappen-Operationen setzte sich der Trend der letzten Jahre fort: Bei rund zwei Drittel bzw. 62,9 Prozent der Operationen konnte die patienteneigene Mitralklappe rekonstruiert werden (3.908 Rekonstruktionen). In den übrigen Fällen wurde die Mitralklappe durch eine Prothese ersetzt. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nicht jeder Herzklappenfehler für eine Rekonstruktion zugänglich ist. Auch die In-Hospital-Überlebensraten zeigen seit Jahren ein konstant hohes Niveau von ca. 98 Prozent für die Rekonstruktionen.

Anzahl von Herztransplantationen weiterhin bedenklich niedrig

Nahezu keine Änderung konnte die herzchirurgische Fachgesellschaft bei der Zahl der Herztransplantationen verzeichnen. So wurden 2016 insgesamt 291 Herztransplantationen durchgeführt werden, nachdem im vorvergangenen Jahr nur 283 Herz-Transplantationen vorgenommen werden konnten. Gegenüber dem Rekordjahr 1998, in dem der vorläufige Höchststand mit 526 Herztransplantationen erreicht worden war, ist das aktuelle Niveau dennoch mehr als bedenklich und seit Jahren im Abwärtstrend. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die zurückgehende Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende. Ein deutliches Zeichen setzen die Herzchirurgen mit ihrem persönlichen Bekenntnis zur Organspende auf ihrer diesjährigen Jahrestagung in Leipzig. „Wir haben nach wie vor einen sehr großen Mangel an Spenderherzen“, erklärt Herzchirurg Harringer und ruft dazu auf, sich mit dem Thema Organspende weiter differenziert auseinanderzusetzen.

Um Patienten mit Herzschwäche im Endstadium am Leben halten zu können, bis ein für sie geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht, kommen Herzunterstützungssysteme zum Einsatz: Die Zahl der implantierten Herzunterstützungssysteme ist deutlich von 350 im Jahr 2005 auf 1.001 im vergangenen Jahr angestiegen, wobei die Systeme, die entweder die linke oder die rechte Herzkammer unterstützen, bei mehr als 90% der Patienten zum Einsatz kommen.

„Erfreulicherweise werden die Herzunterstützungssysteme immer kleiner, leistungsfähiger und einfacher in der Handhabung. Allerdings wird es nach heutigem Stand noch eine längere Zeit dauern, bis künstliche Systeme einem transplantierten Herz zumindest gleichwertig sind. Dies zeigt sich auch daran, dass die Zahl der sogenannten Kunstherzen, die das menschliche Herz in toto nur bei sehr speziellen Indikationen ersetzen, äußerst selten Verwendung finden, und somit nur eine untergeordnete Rolle spielen“, so DGTHG-Präsident Harringer.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgthg.de,  22.09.2017

 

Notfallversorgung: Was ist wichtig für Kinder?

Die Zahl der Notfallbehandlungen in den Krankenhäusern hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Die „Not der Notaufnahmen“ und die Neustrukturierung der Notfallversorgung werden viel diskutiert und sind aktuell große Themen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V. (DGKCH) fordert alle beteiligten Akteure dazu auf, die besonderen Bedürfnisse von Kindern nicht zu vergessen. „Bei der Neustrukturierung der Notfallversorgung darf bei allen Vergütungs-, Belegungs-, Budgetierungs- und Verteilungsinteressen nicht untergehen, dass unsere kleinsten Patienten und auch deren Eltern in der Notaufnahme sehr spezielle Bedürfnisse haben“, erklärt der Präsident der DGKCH, Prof. Dr. med. Peter Schmittenbecher anlässlich der Herbsttagung der DGKCH in Köln.

Der Notfall im Kindesalter bedürfe einer entsprechenden Beachtung, denn auch in den Kindernotaufnahmen seien die Zahlen gestiegen. Und das, obwohl es schon an vielen Stellen und seit geraumer Zeit die Integration kinderärztlicher Notfallpraxen in Kinderkliniken gibt. Erfreulicherweise ist die Kinderheilkunde ja noch ein Fach, in dem es vielerorts einen fachärztlichen Notdienst gibt. „Notfälle im Kindesalter sind immer von besonderer emotionaler Brisanz für die Familien“, betont Schmittenbecher. Sie machen (bis zum 18. Lebensjahr) knapp zehn Prozent aller Notfälle aus. „Selbst bei offensichtlichen Bagatellverletzungen dauert es im Einzelfall meist länger als die dafür vorgesehenen zwei Minuten, besorgte Eltern von der begrenzten Schwere der Verletzung zu überzeugen und damit länger als die Verletzung tatsächlich zu versorgen.“ Zudem sei aufgrund der altersbedingt oft begrenzten Kommunikationsmöglichkeit mit den kleinen Patienten die Festlegung der Verletzung als „Bagatelle“ sehr schwierig. „Da helfen auch die in der neuen Vergütungsstruktur ausgelobten 9,48 Euro Zuschlag wegen schwieriger Kommunikation – aber nur nachts; tagsüber hält man Kinder offensichtlich für kommunikativer – nicht entscheidend weiter“, so der Präsident der DGKCH.

Kindernotfälle umfassen nicht nur internistische Krankheitsbilder, sondern auch chirurgische. Die Kinderchirurgie ist eines der Fachgebiete, in denen das Netz der niedergelassenen Ärzte so weitmaschig ist, dass eine entsprechende Notfallversorgungsstruktur nicht realisierbar ist. Kinderchirurgische Kassensitze zählen zur Chirurgie. Ist also der chirurgische kassenärztliche Bereitschaftsdienst zuständig? „Nur partiell, möchte man sagen, denn auch für kinderchirurgische Notfälle gilt, dass sich hier viele Krankheitsfälle anders darstellen als bei Erwachsenen, im Erwachsenenalter überhaupt nicht vorkommen oder aber eine besondere Diagnostik/Therapie erfordern“, erklärt Schmittenbecher. Daraus resultiert die Forderung der DGKCH nach einer separaten Regelung der Notfallversorgung im Kindesalter mit eigenen Strukturen.

Dem kommt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bereits nach, indem die Notfallversorgung im Kindesalter im Abschnitt VI der entsprechenden Entwurfs-Erstfassung verortet wurde (spezielle Notfallversorgung). Hier muss nun realisiert werden, dass eine Klinik, an der kein Kinderarzt/Kinderchirurg tätig ist, für das Kindesalter nur eine Basisversorgung (Stufe 3) leisten kann – unabhängig von der sonstigen Qualifikation. Nach klaren Kriterien und in einer etablierten Kommunikationsstruktur muss das Kind dann ggf. in die erweiterte Notfallversorgung (Stufe 2) transportiert werden, wo eine bettenführende pädiatrische Klinik mit ärztlichem und pflegerischem Fachpersonal (24/7) und kindgerechten Diagnostik-Algorithmen vorgehalten wird. Komplexere kinderchirurgische Fälle sind auf die Ebene der umfassenden Notfallversorgung (Stufe 1) zu verlegen, wo mindestens ein Facharzt für Kinderchirurgie in Rufbereitschaft ist.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V., Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgkch.de, 22.08.2017

Für die freiberufliche Berufsausübung im Sinne der Patienten

Ein Positionspapier der Allianz Deutscher Ärzteverbände

Präambel

Unser Gesundheitssystem steht vor großen strukturellen Veränderungen, die der demografischen Entwicklung einerseits und dem zunehmenden Ärztemangel andererseits geschuldet sind. Die Verbände der Allianz Deutscher Ärzteverbände sind bereit, Lösungen zu entwickeln und umzusetzen, mit dem Ziel des Erhalts der wohnortnahen Patientenversorgung durch selbstständige freiberufliche Praxen, angemessene stationäre Strukturen und eine intelligente Vernetzung der Sektoren. Um den Arztberuf wieder attraktiver werden zu lassen, müssen feste und angemessene Preise für die ärztliche Arbeit im ambulanten Bereich gezahlt werden, die Arbeitsbedingungen an den Kliniken müssen verbessert werden. Der Abbau überflüssiger Bürokratie in den Arztpraxen und feste Personalschlüssel auch für das ärztliche Personal an den Kliniken seien hier nur exemplarisch genannt. Geschieht dies nicht, wird die von den Patienten hoch geschätzte Versorgung durch selbstständige und freiberufliche Arztpraxen zum Auslaufmodell und durch den Personalmangel an den Kliniken wird die Versorgung gefährdet.

Positionen der Allianz Deutscher Ärzteverbände:

1. Erhalt des dualen Krankenversicherungssystems – neue GOÄ

Das Nebeneinander von Gesetzlicher (GKV) und Privater Krankenversicherung (PKV) sichert seit Jahrzehnten den Wettbewerb der Versicherungssysteme, der dazu führt, dass Patienten ein schneller Zugang zu Innovationen, und den Versicherten Wahlfreiheit ermöglicht wird. Dies führt im Ergebnis dazu, dass das deutsche Gesundheitswesen heute den umfangreichsten Leistungskatalog, einen niedrigschwelligen Zugang zur Versorgung, die weltweit kürzesten Wartezeiten auf OP-Termine, die niedrigsten Wartezeiten auf Haus- und Facharzttermine und keine Elemente der Priorisierung hat.

Es besteht eine weitestgehend gleiche medizinische Versorgung von GKV- und PKV-Versicherten, nur mit Unterschieden in Komfortbereichen. Die oft behauptete Zwei-Klassen-Medizin gibt es in Deutschland nicht. Eine Vereinheitlichung der Versicherungssysteme wird den Zugang der Patienten zur Versorgung erschweren und Wartezeiten verursachen. Die zahlreichen Beispiele im europäischen Ausland zeigen dies. Wartelistenmedizin sowie Rationierung werden die Folge sein, und es wird ein privat finanzierter ungeregelter „grauer Markt“ entstehen, der dann zu einer wirklichen Zwei-Klassen-Medizin führt beide Systeme müssen jedoch weiterentwickelt und reformiert werden, um das wettbewerbliche Nebeneinander fair und zukunftsgerecht zu gestalten. So ist der Ausbau von Selektivverträgen und der sektorenübergreifenden ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) im GKV-Bereich erforderlich. Parallel dazu bedarf es im PKV-Bereich mehr Wettbewerb durch einen Ausbau der Wechselmöglichkeiten mit einer Portabilität der Alterungsrückstellungen für Versicherte und eine Begrenzung der Provisions-Exzesse im Vertrieb von Krankenversicherungspolicen. Die Wahlmöglichkeiten der Versicherten – beispielsweise durch eine Senkung der Versicherungspflichtgrenze – sind auszubauen.

In dieser Diskussion kommt der Verabschiedung einer neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) eine zentrale Bedeutung zu. Ärztinnen und Ärzte arbeiten in Deutschland freiberuflich. Sie haben deshalb wie alle freien Berufe ein Recht auf eine Vergütungsregelung, die einerseits den Patienten nicht überfordert und andererseits dem Arzt eine gerechte Honorierung sichert. Zentrale Bedeutung hat deshalb das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient, dass bei einer Neufassung der GOÄ nicht angetastet werden darf. Das Bundesgesundheitsministerium hat aber die Bundesärztekammer aufgefordert, ihren Vorschlag einer neuen GOÄ mit der privaten Krankenversicherung und der Beihilfe im Vorhinein abzustimmen. Über die dabei vorgesehene Änderung der Bundesärzteordnung und des Paragraphenteils der neuen GOÄ erhalten diese indirekten Einfluss auf dieses Rechtsverhältnis. Die vorgesehenen Regelungen erinnern an Strukturen der gesetzlichen Krankenversicherung und leiten damit eine Konvergenz der beiden Systeme ein. Die Ärzteschaft hat dieser für einen freien Beruf ungewöhnlichen Regelung zugestimmt, damit das duale Versicherungssystem erhalten bleiben kann.

Aus dem gleichen Grund wird sie versuchen, bis zur gesundheitspolitischen Standortbestimmung nach der anstehenden Bundestagswahl einen Grobentwurf in die politische Diskussion einzubringen. Der Deutsche Ärztetag hat in seiner GOÄ-Beschlussfassung klargestellt, dass diese Konzessionsbereitschaft der deutschen Ärzte dann nicht mehr besteht, wenn das duale Versicherungssystem abgeschafft wird oder die GOÄ als Einheitsgebührenordnung mit EBMCharakter missbraucht wird. Die Allianz erwartet, dass die Politik die Kompromissbereitschaft der deutschen Ärzte anerkennt.

2. Ende der Budgetierung/feste Preise im Kollektiv- und Selektivvertragssystem

Die Budgetierung ist ein wesentlicher Teil unseres Gesundheitswesens. Dies hat unter anderem auch zu der überzogenen Sektorierung der Versorgung in Deutschland beigetragen, wobei auch das Prinzip der Selbstverwaltung für die Umsetzung dieser Vorgaben regelrecht missbraucht wird. Vertragsärzte wie Krankenhäuser geraten immer stärker unter einen Kostendruck, was in den verschiedenen Versorgungsebenen zu Qualitätsverlusten und zu einer verdeckten Rationierung von Gesundheitsleistungen führt. Die Umsetzung macht immer neue Gesetze und Verordnungen erforderlich, sodass ein bürokratischer Overkill droht. Die Budgetierung als ordnungspolitisches Grundprinzip unseres Gesundheitswesens geht auf den überparteilichen Kompromiss von Lahnstein zurück, der dieses Jahr 25 Jahre alt wird.

Die Folgen der Budgetierung müssen nach der Bundestagswahl Anlass zum Umdenken geben. Das System muss wieder zu festen betriebswirtschaftlich kalkulierten Preisen zurückkehren, um die Kalkulations- und Rechtssicherheit wieder herzustellen. In Zukunft darf das Morbiditätsrisiko der Versorgung der Bevölkerung und die Kosten des medizinischen Fortschrittes nicht mehr bei Ärzten und Krankenhäusern abgeladen werden. Für die Patienten würden feste Preise wieder mehr Transparenz im System bedeuten und das Kostenbewusstsein schärfen. Die Allianz fordert deshalb die politischen Verantwortlichen auf, sich von den strikten Budgetvorgaben des derzeitigen Systems zu verabschieden und feste Preise mit einer betriebswirtschaftlich kalkulierten Vergütung und einem freien Arztberuf angemessenen Honorar einzuführen.

Realisiert werden kann dies auch ohne zusätzliche Beitragsbelastungen der Versicherten, wie das Zusammenspiel von Hausarzt- und Facharztverträgen in Baden-Württemberg zeigt. Dort verzichtet man seit fast 10 Jahren auf eine Budgetierung bei gleichzeitiger Beitragssatzneutralität. Realisiert wird das durch Effizienzsteigerung und bessere Koordinierung der Inanspruchnahme des Systems durch die Patienten.

3. Delegation ja/Substitution nein

Die Allianz Deutscher Ärzteverbände spricht sich für eine geregelte Delegation von Leistungen aus, die nicht den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit betreffen. Ärzte müssen immer mehr Aufgaben übernehmen, die auch von anderen Berufsgruppen abgedeckt werden könnten. Neben einfachen medizinischen Eingriffen, wie zum Beispiel einer Blutentnahme, müssen Mediziner auch immer mehr Bürokratiearbeiten übernehmen. Ärzte sind keine Sekretär/innen in Weiß! Die Delegation einfacher medizinischer Eingriffe kann Mediziner für die Arbeiten in ihrem Kernaufgabenbereich entlasten. Eine Substitution ärztlicher Leistung wird grundsätzlich abgelehnt, da die ärztliche Verantwortung im Interesse der Versorgungsqualität nicht teilbar ist. Für eine rechtssichere Delegation ist eine konkrete Beschreibung der Tätigkeit ebenso wie ein dazu passender Fähigkeitsnachweis nicht ärztlichen Personals notwendig. Dies kann durchaus durch die Einführung neuer, nicht ärztlicher Berufsbilder erreicht werden. Bei der Delegation bleibt der Arzt verantwortlich.“

4. Koordinierte Inanspruchnahme

Der Gesetzgeber ist aufgefordert, in Abstimmung mit der gemeinsamen Selbstverwaltung intelligente und pragmatische Instrumente zur Steuerung der Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems zu entwickeln. Diese sollten einerseits dem berechtigten Anspruch der GKVVersicherten auf eine sachgerechte substanzielle medizinische Versorgung (gemäß § 12 SGB V) gerecht werden, andererseits geeignet sein, ein höheres Verantwortungsbewusstsein für die Inanspruchnahme der begrenzten Ressourcen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu entwickeln und einen ungeregelten Zugang zu allen Leistungsebenen zu verhindern. Es ist nicht zuletzt eine Frage der Solidarität in einem gemeinschaftlich finanzierten und nur mit begrenzten Ressourcen ausgestatteten Gesundheitssystem, den ungeregelten Zugang weniger zu Lasten der Mehrzahl von Beitragszahlern zu vermeiden. Primäres Ziel eines Instrumentes zur „Patientensteuerung“ sollte es also sein, die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen so zu organisieren, dass sie – stets unter Berücksichtigung medizinisch notwendiger Erfordernisse – nicht beliebig und unkoordiniert in Anspruch genommen werden können.

5. Kollektiv-/Selektivverträge – Förderung von Facharztverträgen nach §140 SGB V

Die Allianz Deutscher Ärzteverbände plädiert nach wie vor für Subsidiarität und Wettbewerbe anstelle von zunehmendem Zentralismus. Die neben dem Kollektivvertragssystem aufgebauten Selektivverträge zeigen, dass ein System mit festen betriebswirtschaftlich kalkulierten Preisen – ohne die in der budgetierten Regelversorgung notwendigen Regresse – bei der Behandlungs- und Verordnungsweise möglich ist. So entsteht Kalkulations- und Rechtssicherheit. Dies trägt zu einer auch qualitativ besseren Versorgung maßgeblich bei. Das geordnete Nebeneinander von Kollektiv- und
Selektivverträgen muss deshalb weiter entwickelt werden.

Noch immer sind jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen für die selektiven Versorgungsformen nicht optimal. Die Ausweitung der hausarztzentrierten Versorgung und der Facharztverträge kommt nur zäh voran. Die Selektivverträge müssen für Hausärzte nach § 73b SGB V verpflichtend bleiben, für die fachärztliche Versorgung nach § 140a SGB V verpflichtend werden. In einem ersten Schritt könnte ein Bonusmodell für Kassen eingeführt werden, die Facharztverträge als Vollversorgungsverträge anbieten. Die derzeit noch bestehenden rechtlichen Hindernisse und die Finanzierungsprobleme im Rahmen des Morbi-RSA müssen konsequent beseitig werden.

Zur Finanzierung der verpflichtenden Haus- und Facharztverträge nach § 140 SGB V sollte es im SGB V eine gesetzliche Regelung analog zu den DMP-Programmpauschalen geben, die vorsieht, dass die Krankenkasse für einen in die Selektivversorgung eingeschriebenen Versicherten eine Programmpauschale für die Initial- und Transaktionskosten in Höhe eines Beitrages erhält.

6. Keine institutionelle Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Behandlung

Die Allianz der Ärzteverbände lehnt grundsätzlich eine institutionelle Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung ab. Es macht keinen Sinn, mit einer auf stationäre Behandlung ausgerichteten Struktur Patienten ambulant zu betreuen. Dies ist weder kostengünstig noch patientengerecht. Die Allianz fordert dennoch eine Lockerung und zunehmende Öffnung der Grenze ambulant/stationär. Dazu steht bereits jetzt eine Reihe von gesetzlichen und vertraglichen Möglichkeiten zur Verfügung, die aber nicht ausreichend genutzt werden. So erstickt z. B. die ambulante spezialfachärztliche Versorgung an den bürokratischen Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses, ein reformiertes Belegarztsystem ist unter den derzeitigen gesetzlichen Vorgaben nicht konkurrenzfähig und die Möglichkeiten bei selektiven Verträgen auch die stationäre Versorgung mit einzubinden, werden kaum genutzt, weil die Kostenträger daran zu wenig Interesse zeigen. Unter dem Motto „Gleiches Honorar bei gleicher Leistung und Qualität“ müssen die rechtlichen Vorgaben der ambulanten und stationären Versorgung angeglichen werden. Es sollte durchweg der Verbotsvorbehalt für den Leistungskatalog gelten, wie dies zurzeit bei der stationären Versorgung üblich ist. Die in der Allianz zusammengeschlossenen Verbände bieten an, insbesondere über selektivvertragliche Regelungen zu einer Lockerung und Öffnung der Grenze ambulant/stationär beizutragen.

7. Freiberuflichkeit im Krankenhaus

Die Allianz der Deutschen Ärzteverbände sieht mit Sorge, dass die rein ökonomisch orientierte Steuerung der stationären Versorgung die am freien Beruf orientierte Arbeit des Krankenhausarztes bedroht. Alle Ärzte sind freiberuflich tätig, gleichgültig, ob sie selbstständig oder im Angestelltenverhältnis arbeiten. Nach der für sie verbindlich geltenden Berufsordnung dürfen sie ihre Entscheidungen am Patienten nicht von ökonomischen Interessen abhängig machen. Leider werden Krankenhausärzte zunehmend von der kaufmännischen Führung unter Druck gesetzt, sich mehr nach ökonomischen Vorgaben auszurichten. Die unabhängige ärztliche Entscheidung ist aber das entscheidende Qualitätskriterium für die Qualität der Krankenhausversorgung. Dies sollte von den Krankenhausträgern wieder mehr beachtet werden.

Diese negative Entwicklung in den deutschen Krankenhäusern ist auch dem Ethik-Rat des Deutschen Bundestages aufgefallen, der in einem umfangreichen Papier fordert, wieder eine gleichberechtigte Krankenhausleitung von kaufmännischer und ärztlicher Führung zu installieren. Dieser Forderung schließen sich die ärztlichen Verbände uneingeschränkt an. Gleichzeitig sehen sie auch den Finanzierungsdruck auf die Krankenhäuser und fordern die Länder auf, endlich ihrer gesetzlich verankerten Investitionsverpflichtungen nachzukommen, damit die Krankenhäuser nicht weiter gezwungen sind, zur Kostendeckung überzogene Gewinne aus der DRGAbrechnung zu erzielen. Darunter leidet insbesondere die personelle Ausstattung der Krankenhäuser und damit die Qualität der Versorgung der Patienten.

8. Stärkung der Selbstverwaltung

Der Gesetzgeber muss ein elementares Interesse daran haben, dass die Selbstverwaltung als tragende Säule des Gesundheitssystems auch künftig ihre wichtige Aufgabe – die Sicherstellung der ambulanten Versorgung – verantwortungsvoll wahrnehmen kann. Bei allem Verständnis für den Wunsch nach Transparenz und Erfüllung von Informationspflichten als Grundlage einer funktionierenden Zusammenarbeit von Selbstverwaltung und Aufsichtsbehörden ist darauf zu achten, dass die Schwelle für unmittelbare staatliche Eingriffe nicht „gegen Null“ abgesenkt wird. Staatliche Zwangsmaßnahmen, so wie sie im Selbstverwaltungsstärkungsgesetz formuliert sind, sind eine offene Misstrauenserklärung gegenüber der Selbstverwaltung, aber auch gegenüber dem freien Beruf an sich. Stattdessen muss eine konsequente Stärkung der internen Strukturen – im Besonderen auch mit Blick auf die Rolle der Vertreterversammlungen – dafür sorgen, dass die Selbstverwaltung in die Lage versetzt wird, ohne derartige Eingriffe effektiv und ohne Reibungsverlust arbeiten und ihrem Auftrag gerecht werden zu können. Entsprechende Instrumente können in diesem Sinne nur gemeinsam mit der Selbstverwaltung entwickelt und am Ende im Konsens umgesetzt werden. Diese sind so zu gestalten, dass sie die Selbstverwaltung als entscheidende Säule der Eigenverantwortung eines freien Berufsstandes nicht zerstören.

9. Digitalisierung

Die Allianz Deutscher Ärzteverbände begrüßt den sinnvollen Einsatz der Digitalisierung in der Patientenversorgung. Krankheit und deren Behandlung ist keine Ware, die man im Internet bestellt, sondern oft eine existentiell empfundene Bedrohung, die Emotionen auslöst und deshalb fast immer eine persönliche Zuwendung erfordert. Medizinische Algorithmen alleine werden eine geordnete Diagnostik und Behandlung nicht gewährleisten. Die Einführung sinnvoller Digitalisierungsinstrumente, wie beispielsweise eines telemedizinischen Konsils zur Einholung einer Zweitmeinung bei komplexen Krankheitsfällen oder einer Praxis-App mit integrierter Videosprechstunde, um bei Folgekontakten auch eine Versorgung außerhalb der Praxis zu ermöglichen, sind daher sicherlich geeignet, die Patientenversorgung zu verbessern.

Längst überfällig sind auch die elektronische Vernetzung und die Kommunikation der Praxen untereinander, die bisher bestenfalls Faxstandard erreicht hat. Hier sind die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht ausreichend um z.B. Selektivverträge diskriminierungsfrei abzurechnen oder Versorgungsverträge in Ärztenetzen gegenüber den IT-Anbietern durchzusetzen. Im Hinblick auf die aktuell stattfindende Einführung der Telematik-Infrastruktur dürfen deshalb keine neuen Monopolstellungen aufgebaut werden, die digitale Innovationen z.B. im Rahmen von Selektivverträgen behindern. Zur Telematik-Infrastruktur muss auch ein diskriminierungsfreier Zugang bestehen. Ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis ist und bleibt von zentraler Bedeutung für die Qualität der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Idealerweise sollten neue digitale Anwendungen im Gesundheitswesen dieses Vertrauensverhältnis unterstützen und im Konsens und mit Zustimmung der betroffenen Patienten entwickelt werden.

10. Ärztemangel und ärztlicher Nachwuchs

Schon seit Jahren spüren die Patientinnen und Patienten in Deutschland die Folgen des wachsenden Ärztemangels. Kliniken können vakante Stellen nicht mehr besetzen, niedergelassene Ärzte finden keine Nachfolger für ihre Praxen. Um drohende Engpässe in der Versorgung abzuwenden, muss der Arztberuf für den Nachwuchs wieder attraktiv werden.

Erforderliche Maßnahmen sind:

  • Angemessene Honorierung ärztlicher Arbeit in Klinik und Praxis, insbesondere endlich feste
  • Preise im ambulanten Bereich.
  • Schluss mit Budgetierung, Regressen und überbordender Bürokratie.
  • Förderung von Kooperationen, z.B. in Ärztenetzen oder in MVZ.
  • Förderung von IT-Vernetzung, Telemedizin.

Unter Berücksichtigung ihrer Forderungen sind die Mitgliedsverbände der Allianz bereit, das Nachwuchsproblem gemeinsamen mit den Körperschaften anzugehen. Dies sollte im Rahmen neuer Versorgungskonzepte und neuer freiberuflicher Kooperationsformen geschehen.

Quelle: Allianz Deutscher Ärzteverbände, c/o MEDI GENO Deutschland e.V., Bleibtreustraße 24, 10707 Berlin, 07.09.2017

Blockadehaltung der Krankenkassen erzwingt eine grundsätzliche Systemdebatte

Die fortgesetzte restriktive Blockadehaltung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen bei den Honorarverhandlungen erzwingt nach Überzeugung des Vorsitzenden des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, eine grundsätzliche Systemdebatte. Das Selbstverständnis des Spitzenverbandes, das im Wesentlichen darin bestehe, sich durch Bereitstellung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung von jeglicher Versorgungsverantwortung zu befreien, gehöre grundsätzlich in Frage gestellt.

„Eine bislang noch immer funktionierende Versorgungsstruktur mit wirtschaftlich selbständigen Ärztinnen und Ärzten in ihren eigenen Praxen wird auf Dauer jede Anziehungskraft für jüngere Ärztinnen und Ärzte verlieren, wenn ihr die finanzielle Grundlage dadurch entzogen wird, dass einem unbegrenzten Leistungsversprechen der Krankenkassen an ihre Versicherten ein rigide eingeschränktes Honorarvolumen ohne jeden Bezug zum Leistungsumfang gegenübersteht“, sagte Reinhardt. Solange die Krankenkassen am wirtschaftlichen Risiko durch Demographie, Morbiditätsentwicklung, medizinischen Fortschritt und auch von ihnen im Wettbewerb selbst induzierten Leistungsanspruch der Versicherten nicht unmittelbar wirklich angemessen beteiligt seien, werde es ihrerseits zu keiner wirklichen Verantwortungsübernahme im Rahmen einer sinnvoll organisierten Patientenversorgung kommen. Es trage am Ende Züge von Perfidie, wenn die Kassen im Wettbewerb um Kunden immer mehr Leistungsversprechen aus dem Hut zauberten, deren Kosten dann bei den Leistungserbringern kompensiert würden. Damit werde das Morbiditätsrisiko unverändert bei den Ärzten abgeladen.

Reinhardt: „Wir müssen deshalb – nicht nur mit Blick auf die Notfallversorgung – unseren Druck auf die Politik erhöhen, intelligente Maßnahmen zur Steuerung der Inanspruchnahme von Leistungen im Gesundheitswesen gesetzgeberisch zu implementieren.“ Darüber hinaus müsse durch die ärztliche Selbstverwaltung das Ziel fester Preise für klar definierte ärztliche Leistungen konsequent verfolgt werden. Im Übrigen sei auch der Quartalsbezug der ärztlichen Vergütung, der immer wieder auch zu einer medizinisch unbegründeten Aufblähung der Arzt-Patienten-Kontakte führe, neben zahlreichen anderen Effekten der  Honorar-systematik in einem konstruktiven Dialog grundsätzlich in Frage zu stellen. „Dies kann aber nur gelingen, wenn der legitime ärztliche Honoraranspruch durch die Krankenkassen in einer solchen Diskussion nicht sofort wieder in kleinkrämerischer Manier in Frage gestellt wird“, stellte Reinhardt klar.

Auch wenn man sich für die Durchsetzung dieser Forderungen auf einen mühsamen und mindestens mittelfristigen Weg begeben müsse, sei dies am Ende lohnender, als sich Jahr für Jahr in Verhandlungen zu begeben, an deren Ende vorhersehbar in erster Linie das Gefühl der Ohnmacht und das Ritual öffentlicher Empörung stehe.

Quelle: Hartmannbund – Verband der Ärzte Deutschlands e.V., Kurfürstenstr. 132, 10785 Berlin, www.hartmannbund.de, 21.09.2017

Bahn frei für den notwendigen Strukturwandel

Versorgungsziele – Die Lebensbedingungen in den Regionen Deutschlands verändern sich. Die KBV fordert in einem Positionspapier, die jeweiligen Besonderheiten besser zu berücksichtigen, um die ambulante Versorgung zu stärken.

„Der demografische Wandel schreitet voran. Insbesondere in ländlichen Regionen gehen die Bevölkerungszahlen zurück, dafür gibt es dort immer mehr alte und damit auch hilfsbedürftige Menschen. Auf die damit einhergehenden stark steigenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung gilt es zu reagieren. Dazu gehört, krankenhausergänzende und -ersetzende Strukturen auszubauen und nachhaltig zu fördern, denn ein Krankenhausaufenthalt kann stets nur die Ultima Ratio sein.“ Das hat Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), heute in Berlin erklärt. Er forderte die Politik auf, jetzt die Weichen für den notwendigen Strukturwandel zu stellen.

Um zukunftstaugliche ambulante Versorgungsstrukturen zu etablieren, hat die KBV ihr Positionspapier KBV 2020 weiter ausgearbeitet und stellt nun fünf Lösungsansätze vor. Demnach ist es zunächst zwingend notwendig, die Versorgungs-, Qualitäts- und Vergütungsstrukturen an dem künftigen Bedarf auszurichten – statt wie bisher auf Basis von Entwicklungen, die vor drei bis vier Jahren stattgefunden haben. Deshalb gelte es, Versorgungsziele zu definieren und entsprechende Investitionspläne aufzustellen. Krankenkassen und KVen müssten vorausschauend agieren können. Dies kann mit wenigen Gesetzesänderungen erreicht werden, so die KBV in dem Papier.

Zweitens fordert die KBV die Politik dazu auf, die Gesamtvertragspartner zu verpflichten, kassenartenspezifische Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger ambulanter Strukturen zu vereinbaren. Drittens erachtet es die KBV als sinnvoll, sich bei der Wahl der Versorgungsziele und der Bewertung bestehender ambulanter Strukturen vielmehr an regionalen Vorbildern zu orientieren.

Der vierte Ansatz zielt auf die Besonderheiten der Morbiditätsstruktur der Patienten sowie der regionalen Kosten- und Versorgungsstruktur. Diese müssten besser berücksichtigt werden – etwa bei der Kalkulation des Behandlungsbedarfs –, um die ambulanten Strukturen vor Ort nachhaltig zu sichern.

In ihrem letzten Punkt spricht sich die KBV für mehrjährige Vereinbarungen zwischen den KVen und den Krankenkassen aus. Sie sollen die strukturelle Weiterentwicklung der Versorgung nachhaltig sichern. Die fünf Vorschläge sollen dazu beitragen, den Ausgabenanstieg im Gesundheitswesen zu mindern, unnötige Krankenhausfälle zu reduzieren und damit die Versorgung effizienter und enger am Bedarf der Versicherten auszurichten. Diese Ziele gilt es konsequent zu fördern, so das Fazit der KBV.

Das Papier „Freie Bahn für den notwendigen Strukturwandel – Versorgungsziele und regionale Besonderheiten stärker berücksichtigen“ finden Sie auf der Website der KBV unter: http://www.kbv.de/html/31089.php.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, 19.09.2017

“E-Health muss in erster Linie den Patienten dienen!”

Hessischer Ärztekammerpräsident spricht sich für technische Anwendungen zur Verbesserung der medizinischen Versorgung aus

20 Denn die Entwicklung von E-Health darf nicht alleine von geschäftlichen Interessen der EDV-Anbieter getrieben werden”, betont Dr. med. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, Präsident der Landesärztekammer Hessen. „Der Vorwurf, die Ärzteschaft wolle technische Innovationen und Entwicklungen ausbremsen, ist dagegen völlig falsch. Wir sind vielmehr offen für sinnvolle technische Anwendungen, die zur Verbesserung der medizinischen Versorgung beitragen. Doch die Technik darf nicht zum Selbstzweck werden! Unsere Aufgabe als Ärztinnen und Ärzte ist es, die Entwicklungen nach ihrem Nutzen für den Patienten zu beurteilen und den Schutz der sensiblen Gesundheitsdaten in den Fokus der Debatte zu rücken!”

Digitale Anwendungen können Ärzte nicht ersetzen

Technische Anwendungen wie beispielsweise die Telemedizin können lediglich als Ergänzung im ärztlichen Arbeitsalltag dienen, um Ärztinnen und Ärzte zu unterstützen und so die Patientenversorgung zu erleichtern. Dass dies auch im Sinne der Patientinnen und Patienten ist, zeigen die Ergebnisse einer 2016 vom Bundesverband Verbraucherzentrale e.V. beauftragten qualitativen Studie zu E-Health in Deutschland: Bei allen technischen Fortschritten wünschen sich Patienten vor allem einen Zeitgewinn für wichtige Gespräche und zusätzliche Kommunikationsmöglichkeiten. Dafür bedarf es nach wie vor einer Ressource, die auch durch telemedizinische Modelle nicht ersetzt werden kann: der Arztzeit. „Wir müssen uns bewusst machen, dass E-Health den persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt nicht ersetzen wird”, so von Knoblauch zu Hatzbach. Der Einsatz elektronischer Anwendungen steht auch im Einklang mit der ärztlichen Berufsordnung. Eine ausschließlich auf unpersönlichen Fernkontakten beruhende Behandlung wird den Patienten nicht gerecht. „Wenn ein Arzt seine Patienten dagegen kennt und sie etwa bei leichten Erkrankungen oder Routinefällen telemedizinisch behandelt, dann sind die bequemen, schnellen und effizienten Informations- und Kommunikationsprozesse ausdrücklich zu begrüßen”, erklärt von Knoblauch zu Hatzbach.

Telematik und Datenschutz nach wie vor unzureichend

Voraussetzung für die Umsetzung der digitalen Anwendungen ist eine funktionierende telematische Infrastruktur. Doch noch fehlt ein flächendeckendes, schnelles und hochleistungsfähiges Internet. Gerade auf dem Land, wo sich der Ärztemangel bereits bemerkbar macht, muss die technische Infrastruktur jedoch zuverlässig zur Verfügung stehen. Auch der Austausch von Patienteninformationen zwischen verschiedenen Institutionen im Gesundheitswesen ist bislang nicht sicher, da es keine einheitlichen Schnittstellen gibt, die das problemlose und sinnvolle Ineinandergreifen unterschiedlicher Systeme und Anwendungen ermöglichen. „Hier sind noch einige Hürden zu überwinden. Die Politik muss die Rahmenbedingungen für die Nutzung telemedizinischer Anwendungen schaffen”, fordert von Knoblauch zu Hatzbach.
Da im Bereich E-Health mit hoch sensiblen Patientendaten gearbeitet werde, müsse deren Sicherheit bei der Entwicklung technischer Anwendungen höchste Priorität haben: „Die Einhaltung des Datenschutzes ist aus ärztlicher Sicht eine conditio sine qua non.”

Quelle: Landesärztekammer Hessen, Im Vogelsgesang 3, 60488 Frankfurt am Main, https://www.laekh.de

Alles für die Allerkleinsten: Fetalchirurgie

Die fetale Chirurgie ist noch eine junge Disziplin und bezeichnet die vorgeburtliche Operation in utero. Eine Indikation zur Operation besteht nur für Erkrankungen, bei denen das Kind ohne Eingriff vor der Geburt bereits verstirbt oder wenn es zu irreversiblen Schädigungen kommt, die durch einen fetalen Eingriff gemindert werden können. „Aufgrund schwerwiegenden Fehlbildungen entscheiden sich viele werdende Eltern zu einem Schwangerschaftsabbruch nach der Diagnosestellung“, erklärt PD Dr. Barbara Ludwikowski, Tagungspräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Es bestehe die Hoffnung, dass die Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen durch vermehrte fetale Therapie weniger würden. Die Krankheitshäufigkeit z. B. für Spina bifida beträgt ca. 1 auf 1000 Schwangerschaften, in den 70-er Jahren war dies noch 2 auf 1000.

Es wird geschätzt, dass in Deutschland ca. 300 fetalchirurgische Eingriffe pro Jahr durchgeführt werden, meistens in universitären Frauenkliniken und in enger internationaler Zusammenarbeit, häufig in Rahmen von kontrollierten Studien.

Es werden 3 unterschiedliche fetale Therapiemethoden unterschieden:

  1. Punktion und Einbringen von Kathetern unter Ultraschallkontrolle (fetale Pleuraergüsse, Zystenlungen, Megaharnblase u.a.)
  2. fetoskopische Chirurgie (FETENDO): Laserkoagulation plazentarer Anastomosen bei feto-fetalem Transfusionssyndrom, Tracheaokklusion bei Zwerchfellhernie, Verschluss Spina bifida u.a.
  3. offene Chirurgie mit Eröffnung der Gebärmutter und offener Operation am Feten: Spina bifida, in Einzelfällen Steißbeinteratom oder Lungenerkrankungen.

Der häufigste Eingriff ist die fetoskopische Laserkoagulation bei Zwillingstransfusionssyndrom. Es gibt in Europa einzelne Zentren, die für offene fetale Eingriffe spezialisiert sind wie Leuven, Barcelona, Zürich u.a. . In Deutschland befinden sich Zentren wie Bonn, Gießen, Hamburg und Heidelberg, die meistens in Kooperation mit anderen europäischen Zentren die fetale Chirurgie anbieten.

Bei folgenden Erkrankungen gibt es bereits multizentrische Studien (Beobachtungsstudien oder Tierexperimente), bei denen ein klarer Vorteil unter bestimmten Voraussetzungen für das Kind nachgewiesen wurde: der fetoskopische Verschluss der Trachea bei Zwerchfellbrüchen, Punktion der fetalen Blase mit Einlegen einer Ableitung in die Uterushöhle bei Harnröhrenklappen, um das Überleben zu verbessern, und der offene Verschluss bei Spina bifida (Evidenzgrad I).

Es zeigte z. B. die sogenannte amerikanische MOMS Studie 2011 (Management of Myelomeningocele Study), dass in einer ausgewählten Patientengruppe Feten, die zwischen der 19. und 26. SSW operiert wurden, ein besseres neurologisches outcome haben, als Kinder, die erst nach der Geburt operiert wurden, im Besonderen weil sie weniger häufig einen Shunt bei Hydrocephalus (Wasserkopf) benötigen und weniger Lähmungen aufwiesen in einem Nachbeobachtungsraum von 30 Monaten. Zur endoskopischen Operation bei Spina bifida fehlen bislang standardisierte Operationen und Studien, die das outcome im Vergleich zur offenen Operation bei den Kindern zeigen.

Im Rahmen des diesjährigen Kongresses, wird am 1. Kongresstag das Thema Fetalchirurgie in zwei interdisziplinären Sitzungen intensiv zu folgenden Fragestellungen behandelt: Der ethische Aspekt fetaler Eingriffe mit den Risiken für Mutter und Kind, Möglichkeiten, aber auch Grenzen der Bildgebung (Magnetresonanz), Erfahrungen mit Eingriffen im Brustkorb von Feten und die fetale Behandlung von Kindern mit Spina bifida , offen oder endoskopisch, werden in Hauptreferaten vorgetragen. Abschließend werden die verschiedenen Standpunkte im Rahmen eines Roundtable gemeinsam interdisziplinär diskutiert.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V., Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgkch.de, 19.08.2017