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DIVI: „Wir entscheiden nicht nach Alter!“

Intensiv- und Notfallmediziner legen klinisch-ethische Entscheidungs-Empfehlungen vor

Deutschlands Notfall- und Intensivmediziner bereiten sich auf die schwerste aller Entscheidungen vor: Welchen Patienten im Fall der Fälle intensivmedizinisch behandeln und welchen palliativmedizinisch versorgen, wenn die Intensivbetten und Ressourcen knapp werden? Noch ist es nicht so weit. „Aber sollten wir in die schwierige Situation kommen, zwischen Patienten entscheiden zu müssen, dann wollen wir gewappnet sein“, sagt Professor Uwe Janssens, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler. „Wir wollen am Ende dieses schwierigen, schmerzlichen Prozesses sagen können: Es war eine fundierte, gerechte Entscheidung.“ Sieben Fachgesellschaften, die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), die Deutsche Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA), die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und die Akademie für Ethik in der Medizin (AEM), legen deshalb heute gemeinsame klinisch-ethische Empfehlungen vor: Entscheidungen über die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall- und der Intensivmedizin im Kontext der COVID-19-Pandemie.

Die Entscheidungen müssen medizinisch begründet sein. Und es muss gerecht zugehen. Als Kriterium soll die klinische Erfolgsaussicht gelten, also die Wahrscheinlichkeit, ob der Patient die Intensivbehandlung überleben wird. So heißt es in den Handlungsempfehlungen: Die Priorisierungen erfolgen ausdrücklich nicht in der Absicht, Menschen oder Menschenleben zu bewerten, sondern aufgrund der Verpflichtung, mit den (begrenzten) Ressourcen möglichst vielen Patienten eine nutzbringende Teilhabe an der medizinischen Versorgung unter Krisenbedingungen zu ermöglichen. Zehn Tage hat die Gruppe von 14 Autoren, darunter Fachvertreter aus Notfall- und Intensivmedizin, Medizinethik, Recht und weiteren Disziplinen, an dem Paper geschrieben und dieses sorgfältig geprüft. „Ein großer Kraftakt, den ich so in meiner Laufbahn auch noch nie erlebt habe“, erklärt Janssens – und meint dies durchaus positiv. „Die Handlungsempfehlungen sind aus meiner Sicht ein hervorragendes Resultat, absolut praxistauglich.“ Es sei erschütternd gewesen zu sehen, unter welchem Druck Kollegen in anderen Ländern bereits Entscheidungen dieses Ausmaßes hätten fällen müssen, ohne irgendeine Orientierung zu haben, so Janssens, nicht nur DIVI-Präsident, sondern auch Sprecher der DIVI-Sektion Ethik. „Die Kollegen in Italien und Spanien sind jetzt schon schwer traumatisiert. Das geht an niemandem spurlos vorbei. Daher ein solcher Kriterienkatalog auf jeden Fall eine Stütze sein!“

Kriterium ist die klinische Erfolgsaussicht – nicht das Alter!

Fair und medizinisch gut begründet zu entscheiden, in einem Team aus drei Experten mit unterschiedlichen Blickwinkeln – all das haben die Autoren festgelegt. Es gelte der Gleichheitsgrundsatz. Janssens erklärt: „So ist es nicht zulässig, nach dem kalendarischen Alter oder nach sozialen Kriterien zu entscheiden!“ In Deutschland werde nicht dem 80-Jährigen von vornherein die Behandlungsmöglichkeit verweigert. „Wir haben uns ganz klar gegen das Kriterium „Alter“ entschieden und wollen sehr viel differenzierter vorgehen.“ Dabei spielen der Schweregrad der aktuellen Erkrankung sowie relevante Begleiterkrankungen (z.B. schwere vorbestehende Organdysfunktion mit prognostisch eingeschränkter Lebenserwartung) eine wesentliche Rolle. Der Patientenwille (aktueller, vorausverfügter, zuvor mündlich geäußerter oder mutmaßlicher Patientenwille) ist naturgemäß fester und mandatorischer Bestandteil bei allen Entscheidungen.

Aus Gründen der Gleichberechtigung sieht das Paper zudem vor, dass eine Auswahl unter allen Patienten erfolgen sollte, die eine Intensivbehandlung benötigen, unabhängig davon, wo sie gerade versorgt werden (Notaufnahme, Allgemeinstation, Intensivstation) und ganz gleich, ob COVID-19-Infizierter, Schlaganfall-Patient oder Unfallopfer. „Aus ethischer Sicht sind solche Priorisierungen immer ein Dilemma und damit für das Personal sehr belastend“, mahnt Professor Georg Marckmann, Vorstand des Instituts für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, Ludwig-Maximilians-Universität München und Präsident der Akademie für Ethik in der Medizin, der die Empfehlungen federführend mit Gerald Neitzke (Hannover) und Jan Schildmann (Halle) erarbeitet hat.

Autoren wünschen weitere Diskussion und Überarbeitung

Die vorliegende klinisch-ethische Empfehlung ist auf der Homepage der DIVI abrufbar. Die Autoren bitten ihre Kollegen explizit um Kommentare und eine lebhafte Diskussion, um in einem offenen Diskurs die Inhalte der Empfehlung weiter zu entwickeln. Auch könne sie so an neue Erkenntnisse und die jeweils aktuelle Situation angepasst werden. „Wir wollen eine maximale Transparenz herstellen“, sagt Janssens. „Und wir wollen Vertrauen schaffen in der Bevölkerung. Damit alle wissen: Selbst in dieser schwierigsten aller Situation wird nicht einfach nach dem Bauchgefühl entschieden.“ Man habe im Gegenteil jetzt einen roten Faden für Situationen, die in Deutschland rechtlich durchaus unterschiedlich bewertet werden. Es sei erschütternd gewesen zu sehen, unter welchem Druck Kollegen in anderen Ländern bereits Entscheidungen dieses Ausmaßes hätten fällen müssen. Die heute vorgelegten Handlungsempfehlungen geben deshalb jetzt verantwortlichen Akteuren durch medizinisch und ethisch begründete Kriterien und Verfahrensweisen eine Entscheidungsgrundlage.

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)  e.V., Luisenstraße 45, 10117 Berlin,  www.divi.de, 26.03.2020

Entscheidungen über die Zuteilung von Ressourcen in der Notfall- und der Intensivmedizin im Kontext der COVID-19-Pandemie
istock/gpointstudio

DGCH zum Beschluss, planbare Operationen zu verschieben: Risiko muss Facharzt prüfen!

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) hat in ihrer Stellungnahme zur Verschiebung planbarer Operationen in der COVID-19 Pandemie Krise deutlich gemacht, dass sie alle Bemühungen unterstützt, die die Ausweitung der Virus- Infektionen verzögern, um alle Ressourcen des Gesundheitssystem zur Behandlung der schweren Krankheitsverläufe zur Verfügung stellen zu können. Dazu zählten insbesondere:

1. Die Aufteilung der stationären und ggfs. ambulanten Einrichtungen und des Personals in COVID und NON-COVID Behandlungseinheiten, entsprechend den Empfehlungen des RKI. Hierzu gehört die sorgfältige Identifizierung von jeweils geeignetem Personal unter besonderer Berücksichtigung des individuellen Risikos.

2. Die befristete Verschiebung planbarer Operationen nach dem Willen von Bundes- und Landesbehörden, um genügend Intensiv-Betten und Beatmungsplätze für schwere Corona-Fälle vorzuhalten und eine Triage wie derzeit in Italien oder Spanien zu vermeiden. Hierdurch können auch personelle Ressourcen freigesetzt und damit zur Verfügung gestellt werden.

Diese Maßnahmen stelle die Chirurgie und ihre leitenden Ärzte vor erhebliche Herausforderungen, heißt es in der Stellungnahme. In dieser heben die Autoren hervor, dass die Einschätzung zur Zeitspanne, innerhalb derer ein Eingriff tatsächlich verschoben werden kann, rein medizinisch sei und von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten variieren könne, abhängig von Diagnose, Krankheitsverlauf und geplanter Behandlung. Die Entscheidung zum Aufschub eines Eingriffs müsse schlussendlich immer von einem Facharzt des entsprechenden chirurgischen Fachgebiets getroffen werden. Zu beachten sei dabei die Wahrung der Verhältnismäßigkeit.

Lesen Sie hier die gesamte Stellungnahme der DGCH

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin

Webinar-Termin im März 2020: S3-Leitlinie „Screening, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas“

Webinar S3-Leitlinie „Screening, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas“
26.03.2020, 18:00 Uhr
www.bdc-webinare.de

Seit September 2017 gibt es die BDC|Webinare (www.bdc-webinare.de). Bisher wurden auf der Plattform insgesamt 25 Leitlinien von Experten erfolgreich vorgestellt und besprochen. Jeden Monat wird von einem 45-minütigem Webinar eine chirurgisch relevante Leitlinie in ihren Grundzügen vorgestellt. Anschließend kann mit dem Referenten und anderen Teilnehmern via Chat diskutiert werden, selbstverständlich kostenfrei für alle BDC-Mitglieder. Und jede Teilnahme wird in der Regel mit zwei CME-Punkten zertifiziert.

Webinare im Archiv abrufen

Auch wenn einmal ein Termin verpasst wird, ist das kein Problem, denn der aufgezeichnete Vortrag mit Diskussion kann jederzeit aus dem Webinar-Archiv abgerufen werden. Detaillierte Informationen und Termine zu diesem Lernangebot und allen Webinaren sind unter www.bdc-webinare.de zu finden.

Geplante Webinar-Termine

  • „DCK kompakt“-Webinar, Prof. Dr. med. Thomas Schmidt-Rixen, 28.05.2020, 18 Uhr
  • S1-Leitlinie „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule“, Dr. med. Matti Scholz, am 18.06.2020, 18:00 Uhr
  • S3-Leitlinie „Sinus pilonidalis“, Dr. med. Andreas Ommer, am 02.07.2020, 18:00 Uhr

Benutzung von Masken bei Lieferengpässen

Durch die Zuspitzung der aktuellen Situation durch die Cororna-Pandemie kommt es in vielen Einrichtungen des Gesundheitswesens zu Lieferengpässen für FFP-Masken und Mund-Nasen-Schutz (MNS). Da das Coronavirus nach Angaben des Robert Koch-Instituts überwiegend über Tröpfchen übertragen wird, appelliert die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene in einem Sonderhygienetipp an das unbedingte Tragen einer Schutzmaske, auch wenn diese nicht dem FFP3-Standard entspricht. Eine FFP3-Maske könne durch eine FFP2-Maske ersetzt werden, eine FFP-Maske durch einen MNS und dieser ggfs. durch textile Masken. Es gelte, dass jede Maske mehr Schutzwirkung für Träger und Gegenüber habe als keine Maske!
Weiterhin könne man eine Maske auch personenbezogen länger tragen, beispielsweise eine Schicht oder einen Tag, wenn das Übertragungsrisiko sehr gering sei. Dies gelte insbesondere für Kontakte mit geringem Übertragungsrisiko, bei denen keine spezifischen Gefährdungen zu erwarten seien, z.B. Anästhesie im OP.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Dieser Kurztipp gilt nur für die Zeit der Corona-Pandemie und solange es Lieferengpässe gibt.

Noch mehr Informationen finden Sie im angehängten Hygiene-Tipp.
Benutzung von Masken bei Lieferengpässen – jede Maske hat mehr Schutzwirkung für Träger und Gegenüber als keine Maske

Absage! DCK 2020 und BDC-Mitgliederversammlung

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen der Sars-CoV-2 Pandemie muss der Deutsche Chirurgen Kongress 2020 (DCK 2020) vom 21. – 24. April 2020 in Berlin leider abgesagt werden. Die DGCH und BDC-Mitgliederversammlungen finden ebenfalls nicht statt. Ersatztermine für die Mitgliederversammlungen werden rechtzeitig bekanntgegeben.

Die Mitarbeiter der BDC-Geschäftsstelle stehen wie gewohnt per Telefon 030/28004-100 oder per Mail mail@bdc.de für Fragen zur Verfügung.

Hinweise für Einsatzkräfte zum Umgang mit Coronavirus

Auch Beschäftigte von nicht-medizinischen Hilfeleistungsunternehmen und Einsatzkräfte der (freiwilligen) Feuerwehr sind durch die Art ihrer Tätigkeit besonders betroffen von der Ausbreitung des Coronavirus SARS-ScV-2. Wie können sie sich schützen? Was können Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen tun, um die eigene Arbeitsfähigkeit aufrecht zu erhalten? Eine neue “Fachbereich AKTUELL” der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) fasst Informationen und Hinweise zusammen.

Einsatzkräfte können auf verschiedenste Art in Kontakt mit Personen kommen, bei denen der Verdacht einer SARS-CoV-2 Infektion besteht oder die bereits erkrankt sind: zum Beispiel im Rahmen von Erstversorgungen, technischen Rettungen oder Amtshilfe für Polizei oder Gesundheitsbehörden. Hierzu hat das Robert-Koch Institut ein Frageschema entwickelt, um schnell festzustellen, welche Maßnahmen notwendig sind.

Haben Einsatzkräfte im Rahmen eines Einsatzes Kontakt zu einem Abklärungsfall, einem begründeten Verdachtsfall oder einem bestätigtem COVID-19 Fall, wird folgendes Vorgehen empfohlen:

  • Verwendung der PSA 42 bzw. 43 oder 51 gemäß DGUV Information 205-014 Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung für Einsätze bei der Feuerwehr. Die konkret einzusetzende PSA-Form muss jeweils lagebedingt festgelegt werden.
  • Vorgehen im Einsatz gemäß der Feuerwehrdienstvorschrift 500 Einheiten im ABC-Einsatz sowie der DGUV Vorschrift 49 Feuerwehren.
  • Beachtung der allgemeinen Hygieneregeln vor, während und nach der Einsatztätigkeit.
  • Weitere Einsatzmaßnahmen können auch dem Merkblatt 10-035 (PDF, 350 KB) der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes entnommen werden.

Hinweise für Einsatzstellen

Feuerwehr und Hilfeleistungsorganisationen gehören zur kritischen Infrastruktur. Es ist deshalb notwendig, dass die Einsatzleitstellen Maßnehmen treffen, die helfen, den Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten. Gefährdet wird er zum Beispiel, wenn umfassende Quarantänemaßnahmen notwendig werden.

Folgende Maßnahmen können zum Beispiel helfen, dies zu verhindern:

  • die üblichen Regeln zur Händehygiene, Hustenetikette und zum Begrüßungsabstand einhalten
  • Einsatzkräfte mit Erkältungsanzeichen melden dies an die Einheitsführung und halten sich vom Dienstbetrieb fern
  • Sicherung des Einsatz- und Dienstbetriebes durch Hygienemaßnahmen sowie Beschränkung von Kontakten auf das notwendige Maß, z. B. keine Besuchergruppen empfangen

Neben diesen allgemeinen Hinweisen empfiehlt das DGUV-Papier noch weitergehende Maßnahmen für die Verantwortlichen der Feuerwehr. Dazu zählt auch die Erstellung eines Pandemieplans, der alle Maßnahmen zusammenfasst und Ansprechpartner für alle Beteiligten ausweist.

Quelle: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Glinkastraße 40, 10117 Berlin, www.dguv.de

BDC|Brandenburg und BDC|Berlin: Verschiebung Jahrestagung in den November 2020

Aus gegebenen Anlass wird die gemeinsame Frühjahrstagung des BDC|Brandenburg und Berlin und der ANC verschoben.

Anstatt Samstag, den 06.06.2020 findet diese Sitzung nunmehr erst statt am

Samstag, den 07. November 2020
von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr
in der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg
Saal Brandenburg
Pappelallee 5, 14469 Potsdam.

Bitte merken Sie sich bereits jetzt diesen Termin vor. Weitere Informationen mit dem detaillierten Programm erhalten Sie rechtzeitig vor der Veranstaltung per Mail.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Vorstände der Landesverbände BDC|Brandenburg und BDC|Berlin

Bekämpfung der COVID-19-Epidemie in Deutschland

Notwendige Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor sowie öffentlichem Gesundheitsdienst

Aktueller Anlass

Verdachtsfälle von SARS-CoV-2 Virus zu erkennen, Kontaktpersonen zu ermitteln, Quarantänemaßnahmen zu gewährleisten und das Management der ambulant zu versorgenden Infizierten zu organisieren, damit eine unverzügliche medizinische Versorgung bei klinischer Verschlechterung garantiert werden kann – das kennzeichnet die aktuellen Prioritäten des Pandemie-Managements für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in Deutschland in Kooperation mit den ambulanten und stationären Versorgungsbereichen.

Überforderung des ÖGD am Beispiel der aktuellen COVID-19-Epidemie

BVÖGD, DGKH und die GHUP sehen in unzureichenden Schwerpunktsetzungen und oftmals unzureichender Kooperation der Hauptakteure des Krisenmanagements, den niedergelassenen Ärzten und ihren Kassenärztlichen Vereinigungen, den Gesundheitsämtern und den Krankenhäusern die Gefahr, dass die weitere Ausbreitung des neuen Coronavirus nicht effektiv genug verlangsamt wird. In Kenntnis der aktuellen Entwicklungen der SARS-CoV-2-Ausbreitung müssen die Kräfte des ÖGD auf das Wesentliche konzentriert werden.

Das beinhaltet Verdachtsfälle zu erkennen, Kontaktpersonen zu ermitteln und das Management der ambulant zu versorgenden Infizierten so zu organisieren, dass eine unverzügliche medizinische Versorgung bei klinischer Verschlechterung gewährleistet werden kann. Das erfolgt durch Symptommonitoring, Einbindung der niedergelassenen Ärzteschaft, der ambulanten medizinischen Dienste, der Rettungsdienste, der Polizei und der Zivilbevölkerung in Form von Nachbarschaftshilfe und anderer Formen privater Unterstützungen.

Die rasante Ausbreitung von Covid-19 in Südkorea, im Iran und in Italien zeigt aktuell, dass auch in Deutschland trotz aller Eindämmungsstrategien damit gerechnet werden muss, dass es zu einer weiteren exponentiellen Zunahme der Zahl der Infizierten kommen wird.

Der nordrheinwestfälische Hot-Spot Heinsberg zeigt, dass bereits nach wenigen Tagen die bislang empfohlenen Maßnahmen der Kontaktnachverfolgung nicht ausgereicht haben, um eine weitere Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus zu verhindern.

Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) weist aus diesem Grund daraufhin (https://www.ecdc.europa.eu/en/publications-data/resource-estimation-contact-tracing-quarantine-and-monitoring-activities-covid-19), wie sich die Bedeutung der Kontaktpersonennachverfolgung im Verlauf einer zunehmenden Ausbreitung der Infektionen wandelt:

„As cases increase it will become increasingly challenging to trace all contacts of cases. Contract tracing alone is unlikely to control the outbreak and additional measures will be necessary (consult ECDC guide-line on non-pharmaceutical measures). The point at which extensive contact tracing becomes unsus-tainable due to limited resources will vary between different countries in the EU/EEA. It must be em-phasized, however, that there is still value in tracing contacts even if not all contacts of each case are traced. This will help slow the spread of infection and if, on average, less than one new case arises from each case, the outbreak can be contained. In such a scenario, contact tracing and follow-up can be prioritized first to the highest-risk exposure contacts of each case, which are usually the easiest to find, including HCWs or staff working with vulnerable populations, followed by as many as possible of the low-risk exposure contacts.”

DGKH, BVÖGD und die GHUP sehen mit großer Sorge, dass die aktuellen personellen und strukturellen Ressourcen bereits in der Frühphase der Epidemie in unserem Land erkennbar an ihre Grenzen gestoßen sind. Die stereotype Wiederholung, dass wir in Deutschland bestens vorbereitet sind und dass wir eines der besten Gesundheitswesen der Welt hätten, wird durch die aktuellen Entwicklungen außerhalb der Krankenhäuser in Frage gestellt.

Deutschland hat in Europa und im OECD-Vergleich mit die höchste Anzahl an hospitalisierten Patienten und mit die ungünstigste Relation von Pflegepersonal/Patienten, wodurch eine erhebliche Belastung des medizinischen Personals resultiert (https://www.oecd-ilibrary.org/social-issues-migration-health/health-at-a-glance-2019_4dd50c09-en).

Der BVÖGD weist seit Jahren darauf hin, dass der ÖGD in Krisensituationen an die Grenzen seiner Belastbarkeit stößt. Aus den Erfahrungen mit SARS, Ebola, EHEC sowie der Vogel- und Schweinegrippe sind keine Lehren hinsichtlich der praktischen Fragen von Ressourcen für den ÖGD gezogen worden. Seine personelle Situation hat sich stattdessen weiter verschärft. Die aktuelle Lage bereits zu Beginn der massiven Herausforderungen durch Covid-19 ist durch einen eklatanten Personalmangel in den Gesundheitsämtern gekennzeichnet. Die Aufgabenzuschreibung der Kontaktpersonennachverfolgung und des Quarantäne-Managements von Infizierten und Verdachtsfällen ist mit qualifiziertem Personal kaum bewältigbar.

Die DGKH hat in ihren aktuellen Stellungnahmen die Sorge geäußert, dass auch im stationären Bereich die Prioritäten neu bestimmt werden müssen. Die Situation der Krankenhäuser im Falle eines erheblichen Anfalles von Schwerkranken wird man gleichfalls neu bewertet werden müssen. Entscheidend wird sein, mit welcher Geschwindigkeit sich die Epidemie ausbreitet und absehbar auch zu einer steigenden Zahl Schwerkranker führen wird.

Nur Patienten mit klinisch schwerer Verlaufsform sollten in stationäre Behandlung aufgenommen werden. Das stationäre Versorgungssystem darf nicht mit dem Quarantänemanagement symptomloser oder symptomarmer Covid-19-Patienten überfordert und auch nicht durch Abklärungsaufgaben im Aufnahmebereich fehlbelastet werden.

Die DGKH hat dabei auch das Risiko einer nosokomialen Übertragung auf weitere Patienten in stationärer Behandlung und auf das medizinische Personal im Blick, wenn sich Aufgaben im Krankenhaus konzentrieren, die ambulant gelöst werden können. Das gilt auch, wenn Medizinische Dienste, Polizei und Rettungsdienste für Aufgaben in Anspruch genommen werden, die absehbar nicht dazu beitragen, die weitere Ausbreitung von SARS-CoV-2 einzudämmen. Das massenhafte Screening von Personengruppen, die erkennbar nicht zu den hauptbetroffenen Gruppen potentiell Schwerkranker gehören, gehört ebenso zu den unnötigen Aktivitäten wie das Fieberscreening an Flughäfen oder bei Grenzkontrollen, die erhebliche Ressourcen binden, ohne dass der Wert für die Abschwächung (Mitigation) eines Ausbruchgeschehens belegt ist.

Je rasanter sich Covid-19 ausbreitet, je mehr muss sich die Kontaktpersonennachverfolgung auf prioritäre besonders zu schützende Kontaktgruppen konzentrieren. Je mehr Infizierte krank werden, je mehr müssen sich die zur Verfügung stehenden Ressourcen auf das frühe Erkennen und die medizinische Versorgung der schwer Erkrankten konzentrieren.

Forderungen von BVÖGD, DGKH und GHUP

  • DGKH, BVÖGD und die GHUP erwarten von den politisch Verantwortlichen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, dass eine entsprechende Prioritätensetzung jetzt erfolgen muss. Während Patienten mit milden Verlaufsformen von Covid-19 in ambulanter häuslicher Quarantäne von niedergelassenen Ärzten gemeinsam mit den Gesundheitsämtern versorgt werden können, müssen sich die Krankenhäuser auf die medizinische und intensivmedizinische Versorgung der Schwerkranken konzentrieren. Krankenhauspersonal, Hausärzte und der ÖGD müssen daher in besonderer Weise u. a. mit ausreichender Schutzausrüstung versorgt werden.
    In der jetzigen Situation muss Kooperation und nicht Schuldzuweisung höchste Priorität haben.
  • DGKH, BVÖGD und die GHUP erwarten eine transparente Information der Bevölkerung, dass wir nach Bewertung aller seriösen Daten gemäß Einschätzung der WHO am Beginn einer Pandemie durch das neue Virus SARS-CoV-2 stehen. Die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus weltweit und mittlerweile auch in Europa und Deutschland ausbreitet, entscheidet darüber, welche Herausforderungen in den nächsten Wochen und Monaten bewältigt werden müssen. Es wird voraussichtlich ein Zeitpunkt kommen, an dem uns die Entwicklung zwingt, uns nur noch mit dem Wesentlichen zu befassen, das ist die medizinische Versorgung der Schwerkranken und das Symptom-Monitoring von Patienten der Risikogruppen.
  • Schwerpunkte der nächsten Tage muss die flächendeckende Einrichtung und Inbetriebnahme von stationären oder mobilen Diagnostikeinheiten (Abstrichzentren) in Städten und in ländlichen Flächenbezirken außerhalb der Krankenhäuser sein. Diese unterliegen der organisatorischen Planung sowohl durch die Kassenärztlichen Vereinigungen als auch die Gesundheitsbehörden auf Landes- oder kommunaler Ebene. Dies sollte in enger Abstimmung gemeinsam erfolgen. Hierdurch werden die Arztpraxen entlastet, die Krankenhäuser können sich auf ihre eigentliche Aufgabe, die Versorgung schwerkranker Personen, konzentrieren. Dadurch werden auch die Übertragungsrisiken für das medizinische Personal deutlich reduziert. Die Abstrichdiagnostik sollte, wenn möglich, durch die zu untersuchenden Personen selbst erfolgen, um das Risiko der Tröpfchenexposition eines medizinischen Untersuchers zu vermeiden. Anamneseerhebung und Indikationsstellung erfolgen in gegenseitiger Absprache von niedergelassenen Ärzten oder Ärzten im ÖGD. Zusätzlich könnten im Ruhestand befindliche Ärzte oder „Reservisten“ zur Unterstützung gewonnen werden.
  • Die Herausforderungen des ambulanten Managements verlangen eine Prioritätensetzung, die die personellen und strukturellen Defizite unseres öffentlichen Gesundheitsdienstes berücksichtigt und viel stärker als bisher die niedergelassene Ärzteschaft, die ambulanten medizinischen Dienste, die Ordnungs- und Rettungsdienste sowie die Zivilbevölkerung einbezieht.
  • DGKH, BVÖGD und die GHUP begrüßen die zielgerichtete Kooperation zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und den staatlichen Gesundheitsbehörden mit ihren kommunalen Gesundheitsämtern bei der Bewältigung des ambulanten Epidemie-Managements, wie sie beispielhaft in Hessen und in Westfalen-Lippe vereinbart wurden und aktuell umgesetzt werden.
  • Spätestens nach einem Ende der Pandemie müssen endlich die notwendigen Lehren aus der unzureichenden Personalausstattung des ÖGD gezogen werden, um den Gesundheitsschutz der Bevölkerung nachhaltig zu sichern.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V., Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Joachimsthaler Straße 10, 10719 Berlin, www.krankenhaushygiene.de, 09.03.2020

 

BDC|Sport: Wer läuft eine Staffel mit?

Auch dieses Jahr wollen wir uns wieder am 5 x 5 TEAM-Staffellauf der Berliner Wasserbetriebe beteiligen und suchen Mitläufer! Wer hat Zeit und Lust den Staffelstab an andere BDC-Mitglieder weiterzugeben?

Der Staffellauf findet 2020 vom 03. bis 05. Juni im Berliner Tiergarten statt. Wir sind für Mittwoch, den 05. Juni angemeldet.

Ein Team besteht aus fünf Teilnehmern, die jeweils eine 5-km-Runde durch den nördlichen Bereich des Tiergartens zurücklegen.

Wir laden Sie herzlich ein, aktiv dabei zu sein! Bitte melden Sie sich bei Interesse mit einer E-Mail (sport@bdc.de) rasch an.

Um die Anmeldung der Staffeln und einen Picknickkorb zur Verköstigung kümmert sich der BDC. Jedes Mitglied eines BDC-Teams erhält eine Running Surgeons-Laufkombi, geben Sie deshalb bitte bei der Anmeldung Ihre Größe an: S – M – L – XL – XXL (fallen klein aus).

Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!

Ihr BDC|Sport-Team

DIVI fordert klare Regelung gegen Kommerzialisierung der Sterbehilfe

„Die Sterbehilfe-Gesetzgebung ist lückenhaft und muss so schnell wie möglich präzisiert werden“, sagt Professor Uwe Janssens (Foto), Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Tagen klargestellt: Der Mensch hat ein Recht zu sterben – und der Staat darf dies nicht unmöglich machen. Das Gerichtsurteil stellt jedoch zugleich klar, dass der Staat zum Schutz des Lebens und der autonomen Willensbildung aller Bürger durchaus das Recht und die Pflicht hat, den Bereich der Suizidhilfe zu reglementieren. „Er muss also einem Ausbreiten kommerzieller Dienstleister keineswegs tatenlos zusehen. Die DIVI fordert daher eine umgehende Erarbeitung von Konzepten, wie Suizidhilfe in Deutschland zukünftig verantwortungsvoll geregelt und praktiziert werden soll“, so Janssens, zugleich Sprecher der DIVI-Sektion Ethik und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.

Die DIVI wird sich konstruktiv an den jetzt anstehenden medizinischen, gesellschaftlichen und politischen Diskussionen beteiligen: Einerseits müssen die Rechte von Sterbewilligen geschützt und der Weg zu Suizidhilfe in begründeten Einzelfällen geregelt werden. „Andererseits müssen wir Klarheit darüber schaffen, wie die Mehrheit von alten und kranken Menschen vor einem sozialen Druck zur Inanspruchnahme von Suizidhilfe geschützt werden kann“, unterstreichen die beiden Ethik-Experten der DIVI, Dr. Gerald Neitzke vom Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin an der Medizinischen Hochschule Hannover sowie Professor Gunnar Duttge vom Zentrum für Medizinrecht an der Georg-August-Universität Göttingen.

Berufsrechte stärken: Einschränkungen der Landesärztekammern aufheben

Infrage stehen dabei auch die Rechte von Ärztinnen und Ärzten, die aus Gewissensgründen keine Suizidhilfe leisten möchten. Zugleich hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die unterschiedlichen berufsrechtlichen Regeln in Deutschland kritisiert: Je nach zuständiger Landesärztekammer ist die Suizidhilfe den Ärzten untersagt oder erlaubt. „Diese Einschränkung kollidiert mit den verfassungsgemäßen Rechten von Ärzten und sollte daher so bald wie möglich aufgehoben werden“, so Duttge.

DIVI fordert: Finanzielle Gewinne durch Suizidhilfe-Dienstleister unterbinden

Das Bundesverfassungsgericht stärkt mit der aktuellen Entscheidung den Willen des Einzelnen, durch Suizid aus dem Leben zu scheiden – sofern dieser Wille autonom gefasst wurde. „Anderen Kriminalstrafe anzudrohen, wenn diese einem Suizidenten bei der Durchsetzung seines Selbstbestimmungsrechts helfen wollen, greife in übermäßiger Weise in das Recht zu sterben ein“, so Gerald Neitzke. Das gelte auch dann, wenn das Strafgesetz sich auf eine Bestrafung „geschäftsmäßiger“ Unterstützung beschränkt. Die DIVI nimmt als Fachgesellschaft, die intensivmedizinische und notfallmedizinische Inhalte von rund 3.000 Mitgliedern wissenschaftlich vertritt, an dieser Stelle bewusst eine unmissverständliche Position ein: „Wir fordern eine klare gesetzliche Regelung, die jedweden impliziten oder expliziten finanziellen Gewinn von kommerziellen Dienstleistern im Zusammenhang mit der Suizidhilfe unterbindet“, so DIVI-Präsident Janssens.

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)  e.V., Luisenstraße 45, 10117 Berlin,  www.divi.de, 02.03.2020