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Kabinett beschließt Investitionsprogramm für Krankenhäuser

Bundesgesundheitsminister Spahn: „Krankenhäuser und Kliniken brauchen einen Investitionsschub.“

Das Bundeskabinett hat am 02. September 2020 dem von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vorgelegten Entwurf des „Krankenhauszukunftsgesetzes“ (KHZG) zugestimmt. Der Bund wird 3 Milliarden Euro bereitstellen, damit Krankenhäuser in moderne Notfallkapazitäten, die Digitalisierung  und ihre IT-Sicherheit investieren können. Die Länder sollen weitere Investitionsmittel von 1,3 Milliarden Euro aufbringen. Mit dem Gesetz wird das durch die Koalition am 3. Juni 2020 beschlossene „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ umgesetzt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Die deutschen Krankenhäuser und Kliniken brauchen einen Investitionsschub. Bund und Länder investieren deshalb über 4 Milliarden Euro in moderne Notfalleinrichtungen, digitale Lösungen und ein Höchstmaß an IT-Sicherheit. So verbessern wir die Versorgung von Patientinnen und Patienten und sorgen für mehr Sicherheit.“

Das KHZG bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates und soll voraussichtlich im Oktober dieses Jahres in Kraft treten.

Die wichtigsten Regelungen im Überblick:

Über 4 Milliarden Euro für die Modernisierung von Krankenhäusern

  • Beim Bundesamt für Soziale Sicherung wird ein Krankenhauszukunftsfonds (KHZF) eingerichtet. Ab dem 1. Januar 2021 werden dem KHZF durch den Bund 3 Milliarden Euro über die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt.
  • Die Länder und/oder die Krankenhausträger übernehmen 30 Prozent der jeweiligen Investitionskosten.
  • Insgesamt steht für den KHZF somit ein Fördervolumen von bis zu 4,3 Milliarden Euro zur Verfügung.
  • Die Länder können bereits ab heute, dem 2. September 2020, bis zum 31. Dezember 2021 Förderanträge an das Bundesamt für Soziale Sicherung stellen. Bis dahin nicht beantragte Bundesmittel werden bis Ende 2023 an den Bund zurückgeführt.
  • Auch länderübergreifende Vorhaben können über den KHZF gefördert werden.
  • Vorhaben an Hochschulkliniken können mit bis zu 10% des Fördervolumens des jeweiligen Landes gefördert werden.

Förderung von Notfallkapazitäten und digitaler Infrastruktur

  • Gefördert werden Investitionen in moderne Notfallkapazitäten und eine bessere digitale Infrastruktur, z.B. Patientenportale, elektronische Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen, digitales Medikationsmanagement, Maßnahmen zur IT-Sicherheit sowie sektorenübergreifende telemedizinische Netzwerkstrukturen. Auch erforderliche personelle Maßnahmen können durch den KHZF finanziert werden.
  • Der Stand der Digitalisierung der Krankenhäuser wird zum 30. Juni 2021 und 30. Juni 2023 evaluiert.

Weitere Regelungen

  • Der bereits bestehende Krankenhausstrukturfonds (II) wird um zwei Jahre bis 2024 verlängert.
  • Erlösrückgänge, die Krankenhäusern in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr wegen der Corona-Pandemie entstanden sind, werden auf Verlangen des Krankenhauses in Verhandlungen mit den Kostenträgern krankenhausindividuell ermittelt und ausgeglichen.
  • Für nicht anderweitig finanzierte Mehrkosten von Krankenhäusern aufgrund der Corona-Pandemie, z. B. bei persönlichen Schutzausrüstungen, können für den Zeitraum 1. Oktober bis Ende 2021 krankenhausindividuelle Zuschläge vereinbart werden.Der Leistungszeitraum des Kinderkrankengeldes wird zeitlich auf das Jahr 2020 begrenzt ausgedehnt.Im Bereich der Pflege werden wesentliche bisher befristete Regelungen zur finanziellen Entlastung und Unterstützung verlängert

In Deutschland werden Krankenhäuser in einem “dualen Finanzierungssystem” finanziert. Die Länder übernehmen die Investitionskosten der Krankenhäuser (zum Beispiel Errichtung von Gebäuden, Geräteausstattung), die in den Krankenhausplan aufgenommen wurden. Die Krankenkassen und selbstzahlende Patientinnen und Patienten finanzieren mit den für Krankenhausbehandlungen zu entrichtenden Entgelten die Betriebskosten (Personal, Gebäudeerhaltung, Verbrauchsgüter).

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, www.bundesgesundheitsministerium.de, 02.09.2020

Personalia September 2020

Dr. med. Jakob Dobroschke leitet seit dem 01.07.2020 als Chefarzt die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie sowie Proktologie des Helios Klinikums Pirna. Er wechselte vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, wo er als Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie tätig war.

PD Dr. med. Kia Homayounfar leitet seit 01.06.2020 die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Klinikum Kassel. Er war zuvor Chefarzt der Klinik für Allgemein-, ­Viszeral- und Endokrine Chirurgie an die DRK Kliniken Nordhessen.

Dr. Jens Heinze ist neuer Chefarzt der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Sana Klinikum Oldenburg in Holstein. Der Chirurg und Unfallchirurg war zuvor Leitender Oberarzt in der Orthopädie, Sport- und Unfallchirurgie in der Diakonissenanstalt zu Flensburg. Ein besonderes Anliegen ist dem gebürtigen Hamburger die Ausbildung der jungen KollegInnen.

Dr. med. Svend Hofmann, Facharzt für Chirurgie, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Facharzt für spezielle Unfallchirurgie, hat zum 01.04.2020 die Chefarztposition der Unfallchirurgie und Orthopädie an der Klinik Bogen übernommen. Er wechselte von den Kliniken Nordoberpfalz AG – Krankenhaus Tirschenreuth, wo er als Oberarzt der Klinik für Traumatologie, spezielle Chirurgie und Endoprothetik tätig war.

Prof. Dr. Axel Kleespies ist seit 01.07.2020 neuer Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Helios-Klinikum München Perlach. Kleespies übernimmt die Position zusätzlich zu seinen Funktionen als Leiter des DKG-zertifizierten Cancer Center Dachau und als Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax-, und Onkologischen Chirurgie am Helios-Amper Klinikum Dachau. Es soll ein standortübergreifendes viszeral-medizinisches Zentrum entstehen.

Dr. med. Jürgen Ludwig bildet zusammen mit Dr. med. Andreas Müller von Postel seit dem 01.07.2020 die chefärztliche Doppelspitze des Fachbereichs Unfall- und Orthopädische Chirurgie am Krankenhaus Eichhof in Lauterbach.

Dr. med. Cornelia Morgner, Fachärztin für Allgemein- und Viszeralchirurgie mit Spezialisierung auf Eingriffe am Darm und den Bauchorganen und zuvor als Oberärztin im KMG-Klinikum Sömmerda tätig, ist seit Anfang Juli Chefärztin der Allgemein- und Viszeralchirurgie der HELIOS Klinik Blankenhain.

Prof. Dr. med. Pawel Mroczkowski, vormals Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie am Elisabeth-Krankenhaus in Kassel, leitet nun ebenfalls in Kassel als Chefarzt die Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Onkologische Chirurgie der DRK Kliniken Nordhessen.

Dr. med. Jörg Schmidt, langjähriger Chefarzt am Helios-Klinikum Berlin Buch und seit vier Jahren Chefarzt des ärztlichen Dienstes der Reha assist Deutschland GmbH, ist seit Januar 2020 Ärztlicher Direktor des Institutes für Rehabilitationsforschung und Personenschaden-Management, An-Institut an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane. Ziel des Institutes ist wissenschaftliche Aufarbeitung von Notwendigkeit und Möglichkeit der Rehabilitation nach Unfällen oder schwerwiegenden Erkrankungen sowohl des Bewegungsapparates, aber auch der inneren Organe.

Prof. Dr. med. Maren Schulze ist seit Juli 2020 Chefärztin der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des St. Marien-Hospital Mülheim. Zuvor war sie sieben Jahre Oberärztin für den Bereich Hepatobiliäre Chirurgie, Lebertransplantation und Kinderchirurgie am Universitätsklinikum in Essen.

Prof. Dr. med. Benno Stinner, Chefarzt der Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Elbe Klinikum Stade, übernahm nun zusätzlich auch die Leitung der Allgemein- und Visceralchirurgie der OsteMed Klinik in Bremervörde.

Dr. med. Patrick van Bergen leitet seit Juni 2020 die Unfall- und Orthopädische Chirurgie der Medius Klinik Nürtingen. Er war zuvor als Oberarzt der Orthopädischen Klinik Markgröningen in der Abteilung Endoprothetik, Allgemeine- und Rheumaorthopädie tätig.

Dr. med. Alexander Wierlemann, 16 Jahre lang an der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Gefäß- und Kinderchirurgie der Uniklinik Würzburg tätig, zuletzt sechs Jahre als Oberarzt, ist seit Juli 2020 neuer Chefarzt der der Abteilung für Viszeralchirurgie an der Ochsenfurter Main-Klinik. Er löst Dr. med. Christoph Zander ab, der sich Ende September in den Ruhestand verabschiedet.

Prof. Dr. med. Christian Zeckey ist neuer Chefarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie am RoMed Klinikum Rosenheim. Er wechselte vom Klinikum der LMU München-Großhadern wo er Geschäftsführender Oberarzt der Allgemeinen, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie war.

Anlassloses Testen auf SARS-Cov-2

Für Personen, bei denen kein begründeter Verdacht auf eine Infektion vorliegt, ist die Aussagekraft eines einzelnen positiven Testergebnisses verschwindend gering.

Dagmar Lühmann im Auftrag des Netzwerks für Evidenzbasierte Medizin (www.ebm-netzwerk.de)

„Our key message is: Test, test, test. [i]” Diese Empfehlung für alle Länder sprach Tedros Adhanom Ghebreyesus, Director-General der WHO, am 16. März 2020 zum Umgang mit der Corona-Pandemie aus. International wurde ihr in unterschiedlichem Ausmaß nachgekommen, bedingt durch (nicht) verfügbare Testkapazitäten, infrastrukturelle Rahmenbedingungen, unklare Zuständigkeiten oder unterschiedliche Vorstellungen zum bestmöglichen Umgang mit der Pandemie. In den 235 beim Robert-Koch-Institut (RKI) registrierten Testlaboren erhöhte sich die Zahl der wöchentlich durchgeführten Tests von 127.457 in KW 12 auf 573.802 in KW 31 [ii], insgesamt sollen Kapazitäten für über eine Million Tests pro Woche verfügbar sein [iii]. Die nationale Teststrategie des Robert-Koch-Instituts, zuletzt ergänzt um die Möglichkeit (1.8.2020) bzw. die Verpflichtung (6.8.2020) sich als Reiserückkehrer aus einem Risikogebiet (> 50 Neuinfizierte/ 100.000 Einwohner in 7 Tagen und/oder entsprechende qualitative Berichte aus der Region) testen zu lassen. Noch weiter ging das Bundesland Bayern, wo sich seit dem 1. Juli 2020 jeder Einwohner testen lassen kann „Testungen, um für Gewissheit bei jedem Einzelnen zu sorgen“ – wie die Webseite [iv] verspricht.

Spätestens hier wird es problematisch. Nicht nur aus Gründen von Zuständigkeit, Organisation und Finanzierung – die hier gar nicht angesprochen werden sollen – sondern aus Gründen der Interpretierbarkeit der Ergebnisse. Kein Test ist unfehlbar, auch der zum Nachweis einer SARS COV-2 durchgeführte PCR-Test nicht. Im Ringversuch wies der in deutschen Laboren durchgeführte Test eine analytische Sensitivität von 97,7 bis 98,8 Prozent auf, die analytische Spezifität betrug 98,6 Prozent [v]. Das hört sich zunächst mal gut an – von 100 Infizierten würden etwa 98 richtig als infiziert erkannt und adäquate Maßnahmen könnten ergriffen werden (Sensitivität). Und von 100 Gesunden erhielten 98 oder sogar 99 ein richtig negatives Testergebnis (Spezifität), 1-2 Personen würden allerdings entweder fälschlich als infiziert bezeichnet oder ihr Testergebnis wäre nicht interpretierbar. Diese Zahlen beziehen sich zunächst einmal auf die Richtigkeit der Analytik. Hinzu kommen eventuelle Fehler, z. B. bei der Probenentnahme, Probentransport oder auch Verwechselungen oder die Problematik des richtigen Zeitfensters für den Virusnachweis. Angesichts all dieser Probleme halten britische Autoren es in einer im BMJ veröffentlichten Arbeit für realistisch, für Tests außerhalb von Kliniken und in der Allgemeinbevölkerung eine effektive Sensitivität von 70 Prozent und eine Spezifität von 95 Prozent anzunehmen [vi].

Angesichts möglicher falsch-negativer und falsch-positiver Testergebnisse stellt sich die Frage nach der Aussagekraft eines positiv oder negativ ausgefallenen Tests. Hierzu werden die so genannten prädiktiven Werte herangezogen, die aussagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, bei positivem Testergebnis tatsächlich unter der gesuchten Erkrankung – hier Infektion – zu leiden (positiv-prädiktiver Wert) bzw. bei negativem Testergebnis tatsächlich nicht infiziert zu sein (negativ-prädiktiver Wert). Diese Werte sind stark abhängig davon, wie häufig die Erkrankung bzw. hier Infektion in der Population ist, aus der die getestete Person stammt. Generell gilt, je höher die Prävalenz – auch Vortestwahrscheinlichkeit genannt – desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein positiver Test auch tatsächlich eine Erkrankung anzeigt. Im Fall von COVID-19 erhöht sich die Vortestwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von Symptomen, Kontakten mit Erkrankten oder (Wohn)umgebung. Schlenger 2020 [vii] berechnete unter Annahme einer Sensitivität von 70 Prozent und einer Spezifität von 95% die positiv-prädiktiven Werte eines anlasslosen positiven Tests für unterschiedliche Ausgangswahrscheinlichkeiten:

Prävalenz positiv-prädiktiver Wert
3 Prozent z. B. Hausarztpraxis 30 Prozent
20 Prozent z. B. Altenpflegeeinrichtung 78 Prozent
80 Prozent z. B. Isolierabteilung 98 Prozent

Wie stellt es sich nun dar, wenn die Prävalenz noch niedriger ist? Z.B. für eine symptomlose Person ohne COVID-19 Kontakte, die einfach für sich „Gewissheit“ möchte? Da es keine Prävalenzdaten für SARS COV 2 Infektionen in Deutschland gibt, wird zur Annäherung an eine Prävalenzzahl in der Bevölkerung die vom RKI festgelegte Risikoschwelle von 50 Neuinfektionen/ 100.000 Einwohner/ Woche verwendet und zur hypothetischen Prävalenz erklärt. Dann ergibt sich das folgende Szenario (Abb. 1).

Die Aussagekraft eines einzelnen positiven Testergebnisses ist hier also verschwindend gering. Ohne Test beträgt die Wahrscheinlichkeit, infiziert zu sein 50/100.000 bzw. 0,05% und in Kenntnis des positiven Testergebnisses 0,7%. Dies ist sehr weit von der versprochenen Gewissheit entfernt. Rechnet man das Ganze unter Annahme der sehr viel günstigeren Sensitivitäts- und Spezifitätswerte von 98% und 99% aus den Laborversuchen, ändert sich nicht viel an der Aussage (Abb.2).

In Kenntnis des positiven Testergebnisses beträgt die Wahrscheinlichkeit, infiziert zu sein, nun 4,6% – auch dieses Ergebnis ist noch sehr weit von Gewissheit entfernt. Es würden allerdings nur etwa 1000 und nicht 5000 Menschen umsonst in Quarantäne geschickt.

Und noch eines wird aus diesem Szenario klar – selbst wenn keine infizierten Personen unter den 100.000 sind, wird es beim anlasslosen Testen auch unter optimierten Bedingungen immer noch etwa 1000 falsch positive Testergebnisse auf 100.000 Tests geben. Corona bleibt uns erhalten.

Vielleicht hätten einige Entscheidungsträger Tedros Adhanom Ghebreyesus weiter zuhören sollen – der Satz ging weiter „Test, test, test. Test every suspected case …..“

Literatur

[i] https://www.bbc.com/news/av/world-51916707/who-head-our-key-message-is-test-test-test (accessed 08.08.2020)

[ii] Täglicher Lagebericht des RKIzur Coronavirus-Krankheit-2019(COVID-19) 05.08.2020 – AKTUALISIERTER STAND FÜR DEUTSCHLAND (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Link_2020-08-05-de.html; accessed 08.08.2020)

[iii] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Teststrategie/Nat-Teststrat.html

[iv] https://www.stmgp.bayern.de/coronavirus/bayerische-teststrategie/

[v] AG LABORKAPAZITÄT BEIM RKI (7.7.2020) Bericht zur Optimierung der Laborkapazitäten zum direkten und indirekten Nachweis von SARS-CoV-2 im Rahmen der Steuerung von Maßnahmen (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Laborkapazitaeten.pdf?__blob=publicationFile)

[vi] Watson J, Whiting PF, Brush JE. Interpreting a covid-19 test result. BMJ. 2020;369:m1808. Published 2020 May 12. doi:10.1136/bmj.m1808

[vii] Schlenger RL: PCR-Test auf SARS-CoV-2 – Ergebnisse richtig interpretieren. Dtsch. Ärzteblatt 117(24): A1194-A1195

Quelle: Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V., Schumannstraße 9, 10117 Berlin, www.ebm-netzwerk.de

Finanzentwicklung der GKV im 1. Halbjahr 2020

Überschüsse bei den Krankenkassen und Defizit beim Gesundheitsfonds

Die 105 gesetzlichen Krankenkassen haben im 1. Halbjahr 2020 einen Einnahmenüberschuss von rund 1,3 Mrd. Euro erzielt. Im 1. Quartal hatten sie noch ein Defizit von 1,3 Mrd. Euro ausgewiesen. Der Gesundheitsfonds verbuchte in den Monaten Januar bis Juni ein Defizit von 7,2 Mrd.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Weil Patienten in der ersten Jahreshälfte weniger zum Arzt und ins Krankenhaus gegangen sind, sind die Ausgaben der Krankenkassen vor allem in den Monaten April bis Juni gesunken. Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Wie sich das weitere Jahr entwickelt, welche Auswirkungen die Pandemie auf die Krankenkassen und den Gesundheitsfonds haben wird, werden wir erst im Herbst einschätzen können.“

Einnahmen der Krankenkassen in Höhe von 129,9 Mrd. Euro standen im 1. Halbjahr Ausgaben von rund 128,6 Mrd. Euro gegenüber. Damit sind die Einnahmen der Krankenkassen, die sie in erster Linie durch vorab festgelegte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten, um 4,2 Prozent gestiegen. Die Finanzreserven der Krankenkassen konnten durch den Überschuss bis Ende Juni auf rund 20,8 Mrd. Euro steigen.

Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,3 Prozent einen Zuwachs von 2,3 Prozent. Im 1. Quartal hatte der Ausgabenzuwachs noch bei 5,6 Prozent gelegen. Das bedeutet: Die Ausgaben der Krankenkassen sind in den Monaten April bis Juni im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,9 Prozent zurückgegangen. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz liegt weiterhin stabil bei 1,0 Prozent.

Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Bis auf die Knappschaft Bahn See (KBS), die ein Defizit von rund 50 Mio. Euro erzielte, verbuchten alle Krankenkassenarten Überschüsse: die Ersatzkassen erzielten ein Plus von 908 Mio. Euro, die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) von 320 Mio. Euro, die Betriebskrankenkassen (BKK) von 50 Mio. Euro, die Innungskrankenkassen (IKK) von 46 Mio. Euro und die landwirtschaftliche Krankenversicherung (LKV) von 21 Mio. Euro.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2020 über eine Liquiditätsreserve in einer Größenordnung von rund 10,2 Mrd. Euro verfügte, verzeichnete im 1. Halbjahr 2020 ein Defizit von rund 7,2 Mrd. Euro. Dieses Defizit ist neben saisonalen Effekten maßgeblich auf konjunkturbedingte Mindereinnahmen sowie auf Ausgleichszahlungen an Leistungserbringer zurück zu führen.

Für die Ausgleichszahlungen für freigehaltene Krankenhausbetten sowie zum Ausgleich von Belegungsrückgängen von Vorsorge – und Rehabilitationseinrichtungen, den Ausbau von Intensivbetten, sowie zum Ausgleich von Einkommenseinbußen für Heilmittelerbringer und die Zuschüsse für Sozialdienstleister wurden aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bis Ende Juni insgesamt 7,25 Mrd. Euro ausgezahlt. Davon hat der Bund als Kompensation für die Ausgleichszahlungen aufgrund von Belegungsrückgängen in Krankenhäusern für das 1. Halbjahr rund 5,73 Mrd. Euro an den Gesundheitsfonds zurück überwiesen.

Der Zuwachs der Beitragseinahmen blieb mit lediglich 1,8 Prozent – trotz der Stabilisierung der Sozialversicherungseinnahmen durch die Regelungen beim Kurzarbeitergeld – erheblich hinter den Veränderungsraten der Vorjahre von durchschnittlich deutlich über vier Prozent zurück

Entwicklungen bei den Ausgaben

Bei den Krankenkassen gab es im 1. Halbjahr 2020 einen absoluten Ausgabenzuwachs für Leistungen und Verwaltungskosten von 2,3 Prozent, nachdem der Zuwachs im 1. Quartal noch bei 5,6 Prozent lag.

Die Leistungsausgaben stiegen um 2,2 Prozent, die Verwaltungskosten um 5,8 Prozent. Bei der Interpretation der Daten des 1. Halbjahrs ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen.

Der Rückgang des Ausgabenanstiegs im 1. Halbjahr ist vor allem auf eine verringerte Inanspruchnahme von Leistungen in verschiedenen Leistungsbereichen im zweiten Quartal zurückzuführen. Er stellt zudem nur eine Momentaufnahme dar, auf dessen Basis keine Rückschlüsse auf den weiteren Verlauf der Ausgaben gezogen werden sollten.

Ausgabenrückgänge bei Krankenhaus- und Rehabehandlung,  Zahnärzten/Zahnersatz und Heilmitteln – hohe Zuwachsraten bei Krankengeld und Arzneimitteln

Als Folge der Corona-Pandemie ist es in einer Reihe von Leistungsbereichen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu  Ausgabenrückgängen bei den Krankenkassen gekommen. Der Rückgang bei planbaren Leistungen hat bei den Krankenhausausgaben im 1. Halbjahr zu einem Minus von 2,4 Prozent geführt. Bei Vorsorge- und Reha-Maßnahmen gab es einen Rückgang 15,2 Prozent, bei zahnärztlicher  Behandlung von 3,6 Prozent, beim Zahnersatz von 9,0 Prozent und bei Heilmitteln von 1,8 Prozent.

Hohe zweistellige Zuwachsraten gab es hingegen bei den Krankengeldausgaben, die einen zweistelligen Anstieg von 14,2 Prozent verzeichneten. Der Ausgabenzuwachs für Arzneimittel, der im 1. Quartal aufgrund von Mengenentwicklungen und Vorzieheffekte durch Verordnung von Großpackungen noch bei 11,5 Prozent lag, hat sich zwar im 1. Halbjahr auf 7,4 Prozent abgeflacht, ist aber im Vergleich zu den übrigen Leistungsbereichen immer noch deutlich überproportional.

Bei den Ausgabenzuwächsen für ärztliche Behandlung von 4,5 Prozent ist zu berücksichtigen, dass den Krankenkassen für das 1. Halbjahr noch keinerlei Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen vorliegen. Der überproportionale Zuwachs bei Verwaltungskosten der Krankenkassen von 5,8 Prozent ist zum Teil auf eine erhöhte Bildung von Altersrückstellungen bei einigen größeren Krankenkassen zurückzuführen.

Weitere Entwicklung

Mit dem am 17. Juni vom Bundeskabinett beschlossenen Nachtragshaushalt wurde der gesetzlichen Krankenversicherung ein zusätzlicher Bundeszuschuss von 3,5 Mrd. Euro für 2020 zur Verfügung gestellt, der zum 15. Juli dem Gesundheitsfonds zufloss. Damit wird die Einnahmeentwicklung der GKV und die Liquiditätssituation des Gesundheitsfonds in der 2. Jahreshälfte verbessert. Ferner tragen die zusätzlichen Mittel zum Erhalt der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve des Gesundheitsfonds im Jahr 2020 bei.

Die Bundesregierung hat sich in Ihrem Konjunkturprogramm ferner darauf verständigt, dass zur Vermeidung einer Belastung von Arbeitnehmern und Betrieben die Sozialversicherungsabgaben in den Jahren 2020 und 2021 eine Grenze von 40 Prozent der Löhne und Gehälter nicht überschreiten sollen.

In welchem Umfang dafür im Jahr 2021 zusätzliche Bundesmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung bereitgestellt werden müssen, wird im Herbst zu entscheiden sein.

Zunächst werden BMG und GKV-SV mit den Krankenkassen die aktuelle Entwicklung analysieren und die weiteren Perspektiven zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der Krankenkassen und des Gesundheitsfonds für dieses und das kommende Jahr erörtern.

Diagramme zur finanziellen Entwicklung in der Gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Halbjahr 2020

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, www.bundesgesundheitsministerium.de, 19.08.2020

Webinar-Termin im September 2020: S1-Leitlinie „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule“

S1-Leitlinie „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule”
03.09.2020, 18:00 Uhr
Dr. med. Matti Scholz

Vorstellung der neuen DGU S1-Leitlinie „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule“ um die Zuschauer über die Diagnostik, die Klassifikation und die Behandlungsoptionen von Verletzungen der oberen Halswirbelsäule (C0-C2) zu Informieren.

www.bdc-webinare.de

Seit September 2017 gibt es die BDC|Webinare (www.bdc-webinare.de). Bisher wurden auf der Plattform insgesamt 28 Leitlinien von Experten erfolgreich vorgestellt und besprochen. Jeden Monat wird von einem 45-minütigen Webinar eine chirurgisch relevante Leitlinie in ihren Grundzügen vorgestellt. Anschließend kann mit dem Referenten und anderen Teilnehmern via Chat diskutiert werden, selbstverständlich kostenfrei für alle BDC-Mitglieder. Und jede Teilnahme wird in der Regel mit zwei CME-Punkten zertifiziert.

Webinare im Archiv abrufen

Auch wenn einmal ein Termin verpasst wird, ist das kein Problem, denn der aufgezeichnete Vortrag mit Diskussion kann jederzeit aus dem Webinar-Archiv abgerufen werden. Detaillierte Informationen und Termine zu diesem Lernangebot und allen Webinaren sind unter www.bdc-webinare.de zu finden.

Geplante Webinar-Termine

  • S2k-Leitlinie „Koxarthrose“ Do, 24. September, 2020, 18:00 Uhr PD Dr. med. Oliver Pieske , Dr. med. Michael Breul

Weitere spannende Webinare für 2020 sind in der Vorbereitung

Juli/August-Ausgabe: PASSION CHIRURGIE

Seit Februar 2020 gilt die Ausweitung des Zweitmeinungsverfahrens auf die elektive Schulterarthroskopie – was sollten der indikationsstellende Facharzt und der hinzugezogene „Zweitmeiner“ dabei beachten? Eine ausführliche Betrachtung der unterschiedlichen Positionen gibt BDC-Vorstandsmitglied Dr. Peter Kalbe in der frisch veröffentlichten Passion Chirurgie.

Sie erfahren auch in dieser Sommerausgabe, welche Ziele und Wünsche der neue DGCH-Präsident Professor Michael Ehrenfeld für seine Amtszeit, den kommenden DCK und die Chirurgie hat.

Juli/August-Ausgabe PASSION CHIRURGIE
Alle Ausgaben PASSION CHIRURGIE

Neue Status-Abfrage im DIVI-Intensivregister

Achtung an alle meldenden Kliniken! Die Fragen im Meldebereich „Meldung erfassen“ des DIVI-Intensivregisters ändern sich ab dem heutigen späten Abend und damit für alle Meldenden ab MORGEN, Dienstag, den 4. August. Es wurde gekürzt und präzisiert, und der Abfragemodus zur Differenzierung zwischen Low-Care- und High-Care-Betten neu aufgesetzt mit einer Veränderung des Fokus auf Behandlungskapazitäten. „Wir reagieren damit auf die Fragen und Rückmeldungen zahlreicher Kollegen, die uns seit dem Start des DIVI-Intensivregisters erreicht haben“, so Prof. Steffen Weber-Carstens und PD Dr. Mario Menk, beide von der Charité Berlin, die gemeinsam mit Prof. Christian Karagiannidis die wissenschaftliche Leitung des DIVI-Intensivregisters verantworten. „Die neue Erfassung im DIVI-Intensivregister wird eine präzisere Einschätzung über die realen Kapazitäten standortbezogen sowie überregional erlauben und kann damit die Behandlungsmöglichkeiten für die Pandemiesteuerung in Deutschland differenzierter aufzeigen.“

Wurden bisher Bettenzahlen getrennt nach Low-Care und High-Care erfasst, wird ab sofort nach der Gesamtanzahl von Betten und nach intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten gefragt. Die bisher differenzierten Low- und High-Care Bettenzahlen werden daraus errechnet und weiter berichtet. Zusätzlich wird eine Frage nach den in 7 Tagen aktivierbaren Intensivbehandlungsplätzen für die Notfallsituation eingeführt.

Neue Status-Abfrage im DIVI-Intensivregister

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)  e.V., Luisenstraße 45, 10117 Berlin,  www.divi.de,  03.08.2020

KBV: Ärztemangel ist größte Herausforderung für Gesundheitssystem

Die Versichertenbefragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zeigt auch 2020: Die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ist nach wie vor immens. Sie vertrauen ihnen in allen Fragen der medizinischen Versorgung, auch was die Nutzung sinnvoller Gesundheitsapps angeht. Doch die Sorge um die knappe „Ressource Arzt“ ist enorm: Sie wird als drastischtes Problem unseres Gesundheitssystems deklariert.

„Die Befragung verdeutlicht die hohe Wertschätzung für die Arbeit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte“, resümierte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der KBV. „Das Vertrauensverhältnis ist – wie auch in den Vorjahren – sehr hoch. 91 Prozent der Befragten bezeichnen es als gut oder sehr gut.“

Die Erhebung zeigt zudem sehr eindeutig, dass auch das Ergebnis bei der Frage nach zu langen Wartezeiten auf einen Arzttermin den guten Eindruck nicht schmälern kann. „Zusammengenommen 49 Prozent der Befragten – und damit etwas mehr als in den letzten Jahren – sagten, dass sie überhaupt keine Wartezeit in Kauf nehmen mussten, wenn es ganz allgemein um einen Termin ging“, konstatierte Gassen. Acht von zehn Befragten (80 Prozent) hat es demnach nicht zu lange gedauert, bis sie einen Termin bekamen (Vorjahr: 79 Prozent). Bei der Frage nach den größten Herausforderungen der Zukunft im Bereich Gesundheit und Gesundheitssystem spielt das Thema Wartezeiten/verfügbare Termine mit lediglich 3 Prozent fast keine Rolle.

„Zudem ist feststellbar, dass sich die Wartezeiten von gesetzlich und privat Versicherten – entgegen manchen Behauptungen – immer mehr angleichen“, so der KBV-Chef. Der Anteil der gesetzlich Versicherten, die ohne Wartezeit einen Termin bekamen, ist mit 31 Prozent (plus 2 Prozent) nahezu identisch mit dem Anteil der privat Versicherten mit 30 Prozent (± 0 Prozent).

„Sehr wohl als Problem erkannt wird hingegen der Ärztemangel“, verdeutlichte Gassen. Die knapper werdende „Ressource Arzt“ wird von den Befragten als eine der größten Herausforderungen für unser Gesundheitssystem in den nächsten Jahren genannt.

Von der Digitalisierung im Gesundheitswesen verspricht sich mehr als die Hälfte der Versicherten (51 Prozent) zwar grundsätzlich künftig Vorteile. Dennoch sehen viele der Befragten die Digitalisierung skeptisch: 39 Prozent befürchten, dass sich das Verhältnis von Ärzten und Patienten eher verschlechtert. „Der persönliche Kontakt sowie das persönliche Gespräch mit dem Arzt bleibt deshalb der Goldstandard und wird von Patienten auch so gewünscht“, sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Die Empfehlung von Gesundheits-Apps möchten 58 Prozent der Smartphone-Nutzer unter den Patienten am liebsten von ihrem Arzt. KBV-Vize Hofmeister: „Auch das ist ein hoher Vertrauensbeweis für die Ärzte.“

Gefragt wurden die Versicherten auch zum Thema Impfen: Demnach gaben 67 Prozent aller Befragten an, dass ihr Impfschutz auf aktuellem Stand sei – im Detail 66 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen. „Die Mehrheit der Befragten befürwortet einen umfassenden Impfschutz. Das ist ein wohltuendes Gegenbild zum lautstarken Erscheinungsbild sogenannter Impfgegner“, erklärte Hofmeister.

Für die Versichertenbefragung der KBV hat die Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH im Zeitraum vom 16. bis 25. März 2020 in Deutschland insgesamt 2.036 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger telefonisch befragt. Die Befragung findet seit 2006 regelmäßig statt.

Versichertenbefragung 2020

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, Praxisnachrichten 29.07.2020

DIVI: 1/5 der stationär behandelten Covid-19-Patienten verstorben

Etwa ein Fünftel der Covid-19-Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, sind verstorben. Bei Patienten mit Beatmung lag die Sterblichkeit bei 53 Prozent, bei denen ohne Beatmung mit 16 Prozent dagegen deutlich niedriger. Insgesamt wurden 17 Prozent der Patienten beatmet. Das sind zentrale Ergebnisse einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin, die jetzt im medizinischen Fachmagazin „The Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlicht worden ist. Ausgewertet wurden die Daten von etwa 10.000 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden. Die gemeinsame Studie liefert erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung der Covid-19-Patienten in Deutschland auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten, die knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Ein Fokus liegt dabei auf der Situation der beatmeten Patienten.

Insgesamt verstarb etwa ein Fünftel (22 Prozent) der stationär behandelten Covid-19-Patienten (Abbildung 1). Dabei lag die Sterblichkeit der Männer mit 25 Prozent um 6 Prozentpunkte über der der Frauen (19 Prozent). Unabhängig vom Geschlecht war die Mortalität bei den älteren Patienten sehr hoch: 27 Prozent verstarben in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen, 38 Prozent in der Gruppe der Menschen ab 80 Jahren.

Hohe Sterblichkeitsrate bei beatmeten Patienten

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten, die künstlich beatmet werden mussten, verstarben (53 Prozent). Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Patienten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen. Auch bei den beatmeten Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts wegen eines Nierenversagens zusätzlich dialysepflichtig waren (27 Prozent aller beatmeten Patienten), lag die Sterblichkeit mit 73 Prozent sehr hoch. Frauen und Männer wiesen im Falle der Beatmung eine ähnliche Sterblichkeit auf. Bei den Patienten ohne Beatmung war die Sterblichkeit zwar deutlich geringer, erreichte aber immerhin 16 Prozent. Auch hier korrelierte das Alter mit der Sterblichkeit. „Die hohen Sterblichkeits-raten machen deutlich, dass in den Kliniken relativ viele Patienten mit einem sehr schweren Krankheitsverlauf behandelt wurden. Diese schweren Verläufe betreffen eher ältere und gesundheitlich bereits beeinträchtigte Menschen, kommen aber auch bei jüngeren Patienten vor“, sagt Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WIdO. „Auch wenn die Infektionszahlen in Deutschland im Moment niedrig sind, sollten weiterhin alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um das Infektionsrisiko in der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.“

Männer mit Covid-19 fast doppelt so häufig beatmet wie Frauen

In der Studie sind die Daten der Covid-19-Patienten mit und ohne Beatmung getrennt ausgewertet worden. Insgesamt wurden 1.727 (17 Prozent) der 10.021 stationär behandelten Covid-19-Patienten künstlich beatmet. Etwas mehr als drei Viertel der beatmeten Patienten erhielt eine invasive Beatmung. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 68 Jahren – sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Patienten. Der Anteil der beatmeten Patienten unterschied sich zwischen den Altersgruppen (Abbildung 2): Bei den 60- bis 69-Jährigen sowie bei den 70- bis 79-Jährigen lag er bei 24 beziehungsweise 25 Prozent, in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen jedoch nur bei 15 Prozent und bei den Patienten ab 80 Jahren bei 12 Prozent. „Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung liegt zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, so Christian Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim. „Der internationale Vergleich ist wegen unterschiedlichen Stichproben der Studien schwierig. Aber es gibt Hinweise darauf, dass in anderen Ländern tendenziell weniger hochaltrige Menschen mit Covid-19 beatmet wurden – vermutlich auch aus Kapazitätsgründen.“

Interessante Ergebnisse liefert auch ein Blick auf die Verteilung zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (12 Prozent), die Sterblichkeit lag hingegen auf einem vergleichbaren Niveau. „Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf“, so Karagiannidis.

Beatmete Patienten haben häufiger Begleiterkrankungen

Stationär behandelte Covid-19-Patienten weisen häufig eine Reihe von Begleiterkrankungen auf (Abbildung 3). Der Anteil der Patienten mit Begleiterkrankungen liegt bei den Patienten mit Beatmung deutlich höher als bei den Patienten ohne Beatmung. So hatten beispielsweise 24 Prozent der Patienten ohne Beatmung Herzrhythmusstörungen; bei den Patienten mit Beatmung waren es 43 Prozent. Eine Diabetes-Erkrankung lag bei 26 Prozent der Patienten ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patienten mit Beatmung vor.

Die Hälfte der beamteten Patienten wird länger als 10 Tage beatmet

Die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthaltes der Covid-19-Patienten betrug 14 Tage. Bei den nicht beatmeten Patienten war sie mit 12 Tagen deutlich kürzer als bei den Beatmungspatienten mit 25 Tagen. Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen, im Median bei 10 Tagen (Abbildung 4). 23 Prozent der betroffenen Patienten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet bleiben. „Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor. So fallen pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage an. Dies sind für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemie-Welle wichtige Zahlen. Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten“, so Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheits-wesen an der TU Berlin.

Erste deutschlandweite Auswertung auf umfangreicher und qualitativ hochwertiger Datenbasis

In der Studie wurden 10.021 Patienten mit bestätigter Covid-19-Diagnose analysiert, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen und bereits wieder entlassen wurden oder im Krankenhaus verstorben sind. Es handelt sich damit um die bisher umfassendste Studie zu Covid-19-Patienten in deutschen Krankenhäusern. Die zugrunde-liegende Stichprobe von AOK-Versicherten entspricht circa einem Drittel der Gesamtbevölkerung und weist eine repräsentative Alters- und Geschlechtsstruktur auf. Viele der bislang international veröffentlichten Studien mit großer Datenbasis beziehen noch im Krankenhaus liegende Patienten mit ein. Somit sind zum Beispiel die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und der Beatmung sowie die Sterblichkeit noch nicht genau bestimmbar.

Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)  e.V., Luisenstraße 45, 10117 Berlin,  www.divi.de,  29.07.2020

COVID-19-Krise: Ambulanter Schutzwall hat funktioniert

„Sechs Monate ist es her, dass die Corona-Pandemie Deutschland erreicht hat. Und als erste Bilanz nach dieser Zeit ist klar: Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte haben in der COVID-Krise ihre Leistungsbereitschaft und ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Insgesamt kamen im März 2020 rund 350.000 Tests auf eine COVID-19-Infektion sowie rund 850.000 Behandlungsanlässe zur Versorgung einer Infektionen oder eines Infektionsverdachts zusammen“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), anlässlich der Veröffentlichung eines ersten Trendreports des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) zur Entwicklung der ärztlichen Leistungen im ersten Quartal 2020. Der Report basiert auf den ärztlichen Abrechnungsdaten aus 14 der 17 Kassenärztlichen Vereinigungen und nimmt die ärztliche Versorgung in der Expansionsphase der COVID-Krise im März 2020 unter die Lupe.

„Die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten waren in der Phase maximaler Ausbreitung der SARS-CoV-2-Infektionen für die Versicherten zur Stelle. Die Auswertung der Abrechnungsdaten zeigt einen großen Ansturm der Versicherten auf alle Vertragsarztpraxen in der ersten Märzhälfte 2020. Wir sehen in dieser Zeit durchweg zweistellige Fallzahlzuwächse gegenüber dem Vorjahreszeitraum“, sagt Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zi. „Diese gehen auch mit Vorzieheffekten bei den Arzneiverordnungen für die von COVID-19 besonders gefährdeten Patientengruppen einher, über die wir bereits an anderer Stelle berichteten. Ab dem Zeitpunkt der Schulschließung Mitte März blieben die Menschen dann zunehmend konsequent zuhause und in den Praxen brachen die Fallzahlen ein. Je nach Fachrichtung lag der Fallzahlrückgang mit persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt in der letzten Märzwoche zwischen 37 und 64 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dabei kann der beobachtete Rückgang in der Leistungsinanspruchnahme nicht darauf zurückgeführt werden, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in ausreichendem Maße für ihre Patienten zur Verfügung gestanden hätten. Aus den Abrechnungsdaten ist zu erkennen, dass die Anzahl abrechnender Ärzte nur geringe Unterschiede zum Vorjahreszeitraum aufweist. So rechneten etwa Hausärzte zwar in der dritten Märzwoche 12 Prozent und in der vierten Märzwoche 39 Prozent weniger Fälle als im Vorjahreszeitraum ab. Die Anzahl abrechnender Hausärzte lag in der dritten Woche aber um 2 Prozent über dem Vorjahreszeitraum und hat sich in der letzten Märzwoche nur um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum verringert. Konkret bedeutet das, dass in den 14 KV-Regionen in der dritten Märzwoche rund 37.900 Hausärzte tätig waren; rund 760 Hausärzte mehr als im Vorjahreszeitraum rechneten dabei einen Fall mit Patientenkontakt ab. Vergleichbare Effekte zeigten sich in der fachärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung. Obwohl die Augenärzte beispielsweise einen Fallzahlrückgang von 64 Prozent in der letzten Märzwoche hinnehmen mussten, hat sich die Anzahl abrechnender Augenärzte um nur etwa 6 Prozent reduziert. Kurz: Die Ärzte waren präsent“, erläuterte von Stillfried.

„Der Bericht zeigt eindrucksvoll, dass die Sicherstellung der haus- und fachärztlichen Versorgung während der kritischen Pandemiephase trotz zunächst mangelnder Schutzausrüstung gewährleistet wurde. Er belegt auch die Flexibilität der ärztlichen Versorgung“, kommentierte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, und verwies auf einen Anstieg der Hausbesuche im organisierten Notdienst in der zweiten Märzhälfte sowie die erhebliche Zunahme der Fälle mit Videosprechstunde und solche mit ausschließlich telefonischer Beratung, die einen beträchtlichen Teil des beobachteten Fallzahlrückgangs insbesondere in der hausärztlichen Versorgung ausgleichen konnte. Hofmeister zeigte sich aber auch besorgt über massive Leistungseinbrüche bei Früherkennungsmaßnahmen und Versorgungsleistungen für chronisch Kranke. „Der aktuelle Pandemieverlauf erlaubt es, versäumte Kontrollen jetzt nachzuholen. Sollte dies ausbleiben, wäre das durchaus mit erheblichen gesundheitlichen Risiken für die Versicherten verbunden“, betonte Hofmeister.

Im März 2020 breitete sich die COVID-19-Pandemie in Deutschland aus; der Scheitelpunkt (höchste Zahl der Neuinfektionen) wurde Anfang April überschritten. Die Schulschließung am 16. März 2020 und weitere Beschränkungen am 22. März 2020 markierten den Zeitraum größter Betroffenheit in der Bevölkerung.

Trendreport des Zi für das 1. Quartal 2020

Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi), Herbert-Lewin-Platz 3, 10623 Berlin, www.zi.de, 27.07.2020