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Welche Möglichkeit gibt es, bei einem bewusstlosen Patienten eine Wahlleistungsvereinbarung zu treffen?

Frage:

Ein Chefarzt fragt an, ob es eine rechtlich zulässige Möglichkeit gebe, mit einem bei Einlieferung bewusstlosen Patienten eine Wahlleistungsvereinbarung zu schließen, sodass die ärztlichen Wahlleistungen ab Beginn der Behandlung abgerechnet werden können.

Antwort:

Es ist zunächst festzuhalten, dass sämtliche wahlärztlichen Leistungen nur abgerechnet werden können, wenn die Wahlleistungsvereinbarung vor Behandlungsbeginn schriftlich abgeschlossen wurde. Dabei kann sich der Patient bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung selbstverständlich vertreten lassen. Sofern bei einem bewusstlosen Patienten wahlärztliche Leistungen von Anfang an erbracht und abgerechnet werden sollen, muss dieser im Zeitpunkt der Einlieferung beim Abschluss der Vereinbarung vertreten werden. Als Vertreter kommen zum Beispiel Angehörige oder Begleiter des Patienten in Betracht.

Als rechtlich zulässige Möglichkeit ist es jedoch auch anerkannt, dass die Vertretung des Patienten durch einen Krankenhausmitarbeiter erfolgt, gerade wenn dieser ohne Begleitperson eingeliefert wird. Der Mitarbeiter kann für den Patienten die Wahlleistungsvereinbarung als Vertreter ohne Vertretungsmacht unterzeichnen, sodass entsprechend der gesetzlichen Regelung die Wahlleistungsvereinbarung zunächst schwebend unwirksam ist. Hieraus folgt, dass der Patient, sobald er wieder bei Bewusstsein ist, den Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung durch den Mitarbeiter nachträglich zwingend genehmigen muss, damit diese von Anfang an wirksam wird und eine Abrechnung möglich ist. Eine schriftliche Genehmigung ist grundsätzlich nicht erforderlich, sodass auch eine mündliche Genehmigung aus Sicht des Verfassers ausreichend ist. Allerdings sollte dann die mündliche Genehmigung zu Beweiszwecken unbedingt durch den Arzt in der Behandlungsdokumentation schriftlich festgehalten werden.

Genehmigt der Patient den Abschluss durch den Krankenhausmitarbeiter nachträglich nicht, so ist die Wahlleistungsvereinbarung unwirksam und eine Liquidation nicht möglich. Der Patient muss in diesem Falle die tatsächlich erbrachten wahlärztlichen Leistungen nicht bezahlen, sodass eine Honorarklage des Chefarztes keine Aussicht auf Erfolg hätte.

Hinzuweisen ist in diesen Fällen zum einen noch darauf, dass die wahlärztlichen Leistungen – wie beim „normalen“ Wahlleistungspatienten – dann selbstverständlich vom Chefarzt oder im Falle einer wirksamen Vertreterregelung für den Fall der unvorhergesehenen Abwesenheit von seinem ständigen ärztlichen Vertreter erbracht worden sein müssen, um der Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung gerecht zu werden.

Zum anderen ist bei bewusstlosen Patienten der Abschluss einer individuellen Stellvertretervereinbarung durch einen Vertreter nach Ansicht des Verfassers jedoch nicht möglich. Denn hier wird schon nicht die von der Rechtsprechung geforderte Wahlmöglichkeit des Verschiebens der Behandlung bis zur Rückkehr des Chefarztes tatsächlich angeboten werden können. Dem Patienten kann damit die von der Rechtsprechung geforderte Wahlfreiheit nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden, was jedoch für den Abschluss einer individuellen Stellvertretervereinbarung unzulässig ist. Eine wahlärztliche Leistungserbringung durch einen individuellen Vertreter und somit eine Liquidation wahlärztlicher Leistungen ist in den Fällen der vorhersehbaren Abwesenheit des Chefarztes somit aus Sicht des Verfassers bei Bewusstlosen ausgeschlossen.

Heberer J. Welche Möglichkeit gibt es, bei einem bewusstlosen Patienten eine Wahlleistungsvereinbarung zu treffen? Passion Chirurgie. 2015 Oktober; 5(10): Artikel 08_01.

Können Wahlleistungen bei Nichtgenehmigung durch den Patienten gegenüber dem Vertreter geltend gemacht werden?

Frage:

Ein Chefarzt fragt an, ob bei Nichtgenehmigung des Patienten einer durch einen Vertreter abgeschlossenen Wahlleistungsvereinbarung die Vergütung der tatsächlich in Anspruch genommenen wahlärztlichen Leistungen gegenüber dem Vertreter geltend gemacht werden kann.

Antwort:

Diese Fragestellung ist nur relevant, wenn für den Patienten ein Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Denn in den Fällen, in denen der Vertreter mit Vertretungsmacht handelt, also gesetzliche Vertreter (z. B. Eltern, Betreuer) oder Bevollmächtigte, wirkt der Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung unmittelbar für und gegen den vertretenen Patienten, sodass in der Regel diesen allein die Wirkungen des Rechtsgeschäfts treffen.

Handelt hingegen ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, beispielsweise der Krankenhausmitarbeiter, der für den bewusstlosen Patienten, der ohne Familienangehörigen eingeliefert wird, die Wahlleistungsvereinbarung unterzeichnet, so ist die Wahlleistungsvereinbarung zunächst schwebend unwirksam. Der Patient muss diese nachträglich genehmigen, damit diese ex tunc wirksam wird und die erbrachten Wahlleistungen ihm gegenüber abgerechnet werden können. Im Fall der Nichtgenehmigung durch den Patienten ist die Wahlleistungsvereinbarung jedoch unwirksam. Dann haftet nach dem Gesetz der ohne Vertretungsmacht handelnde Vertreter (z. B. der Krankenhausmitarbeiter) gegenüber dem Krankenhausträger bzw. dem liquidierenden Chefarzt auf Zahlung der Vergütung. Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn der Krankenhausträger die fehlende Vertretungsmacht kannte bzw. kennen musste.

Gerade im Fall der Vertretung durch einen Krankenhausmitarbeiter wird dies nach Ansicht des Verfassers die Regel sein, sodass eine Forderung des Trägers bzw. des liquidierenden Chefarztes grundsätzlich hiermit zu Fall gebracht werden kann. Dennoch ist aus juristischer Sicht zu empfehlen, dass der Krankenhausträger den hierfür in Frage kommenden Mitarbeitern eine schriftliche Bescheinigung zum einen über die Berechtigung der Unterzeichnung von Wahlleistungsvereinbarungen als vollmachtlose Vertreter ausstellt. Zum anderen sollte diese Bescheinigung sowohl einen Verzicht des Krankenhausträgers auf Regressansprüche gegenüber dem Mitarbeiter sowie einen umfassenden Freistellungsanspruch des Mitarbeiters gegenüber dem Krankenhausträger hinsichtlich jeglicher gegen ihn als Vertreter ohne Vertretungsmacht geltend gemachter Ansprüche enthalten.

Heberer J. Können Wahlleistungen bei Nichtgenehmigung durch den Patienten gegenüber dem Vertreter geltend gemacht werden? Passion Chirurgie. 2015 Oktober; 5(10): Artikel 08_02.

Hat ein Chefarzt Ansprüche auf die Erstellung einer Klinikhomepage?

Frage:

Ein Chefarzt fragt an, ob er gegen den Klinikträger einen Anspruch auf Erstellung einer Klinikhomepage hat bzw. wenn er selbst eine eigene Homepage erstellt, auf der Inhalte der Klinik dargestellt werden, ob der Klinikträger gegen ihn einen Anspruch auf Löschung dieser Inhalte hat.

Antwort:

Es kann zwar eine eigene, persönliche Homepage des Chefarztes unterhalten werden. Sobald dort jedoch Inhalte der Klinik dargestellt werden, unterliegt es dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, zu entscheiden, ob der Arzt hierzu berechtigt ist oder ob er diese Inhalte entfernen muss. Ob die Klinik eine Homepage unterhält und welchen Inhalt diese aufweist bzw. ob diese angepasst wird etc. sind ebenfalls Entscheidungen aus dem unternehmerischen Bereich, die allein der Zuständigkeit des Klinikträgers unterfallen. Damit hat der Arzt keinen Anspruch auf Erstellung einer adäquaten Homepage durch den Klinikträger bzw. auf Erstellung einer eigenen Homepage mit Klinikinhalten. Der Aufforderung zur Löschung zumindest der Inhalte der Klinik muss deshalb nach Meinung des Verfassers in jedem Falle nachgekommen werden. Eine eigene Homepage, auf der der Arzt seine Person als Arzt darstellt, kann aber wie gesagt durchaus unterhalten werden, ohne hier Inhalte der Klinik darzustellen.

Heberer J. Hat ein Chefarzt Ansprüche auf die Erstellung einer Klinikhomepage? Passion Chirurgie. 2015 September; 5(09): Artikel 08_02.

Verpflichtet Hintergrundmusik in der Praxis zu GEMA-Gebühren?

Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob die Wiedergabe von Hintergrundmusik in seinem Wartezimmer zur Zahlung von Beiträgen an die GEMA verpflichtet.

Antwort:

Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte war bislang leider nicht immer einheitlich. Denn die Frage der Gebührenpflicht für das Abspielen von Musik in der Praxis richtet sich im Wesentlichen danach, ob im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG die Wiedergabe öffentlich ist. Folglich waren die Räumlichkeiten der Praxis danach zu beurteilen, ob sie der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen oder nicht.

Nachdem der EuGH mit Urteil vom 15.03.2012 – C-135/10 für einen in Italien gelagerten Fall entschieden hatte, dass das Abspielen von Hörfunksendungen als Hintergrundmusik für Patienten im Wartezimmer keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechtes sei, hatte sich nun auch der BGH mit einem, dem EuGH-Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten übereinstimmenden Fall zu befassen. Der beklagte Zahnarzt, der im Wartebereich seiner Praxis für seine Patienten Hörfunksendungen als Hintergrundmusik übertrug, hatte den mit der GEMA im Jahr 2003 geschlossenen Lizenzvertrag im Dezember 2012 fristlos gekündigt und dies damit begründet, dass nach der EuGH-Rechtsprechung die Wiedergabe nicht öffentlich sei. Die GEMA hatte ihn daraufhin zur Zahlung verklagt.

Der BGH bestätigte nunmehr mit Urteil vom 18.06.2015 – I ZR 14/14, dass die fristlose Kündigung des Arztes berechtigt war, da die Geschäftsgrundlage des Lizenzvertrages durch das EuGH-Urteil vom 15.03.2012 entfallen sei. Bei seiner Entscheidung war der BGH an die Auslegung des Unionsrechts durch den EuGH gebunden und musste § 15 Abs. 3 UrhG richtlinienkonform auslegen. Demzufolge entschied der BGH, dass die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen im Allgemeinen – und im konkreten Fall bei dem Beklagten – nicht öffentlich und damit auch nicht vergütungspflichtig sei.

Nach Auffassung des Verfassers muss diese Rechtsprechung auf alle Arztpraxen unabhängig von der Fachrichtung angewandt werden, sodass im Allgemeinen keine Vergütungspflicht für Hörfunksendungen als Hintergrundmusik im Wartezimmer besteht. Niedergelassenen Ärzten ist deshalb aus juristischer Sicht zu empfehlen, falls der den oben genannten Urteilen zu Grunde liegende Sachverhalt mit den Verhältnissen in der eigenen Praxis identisch ist, Zahlungsansprüche der GEMA zurückzuweisen sowie etwaige Lizenzverträge fristlos zu kündigen. Zur Rechtssicherheit sollte hier jedoch vorab eine anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden. Die Entscheidungsgründe des Urteils sind nämlich noch nicht veröffentlicht, sodass diese abzuwarten bleiben für die Beantwortung der Frage, ob der BGH in seinem Urteil auch dazu Stellung nimmt, wann eine Ausnahme zur im Allgemeinen nicht öffentlichen Wiedergabe im Fall einer Arztpraxis vorliegt.

Heberer J. Verpflichtet Hintergrundmusik in der Praxis zu GEMA-Gebühren? Passion Chirurgie. 2015 September; 5(09): Artikel 08_01.

Freiberufliche Tätigkeit selbständiger Ärzte trotz Beschäftigung angestellter Ärzte?

Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob er seine ärztliche Tätigkeit wegen Beschäftigung einer angestellten Ärztin freiberuflich oder gewerblich ausführe. In letzterem Fall nämlich wäre seine Tätigkeit gewerbesteuerpflichtig.

Antwort:

Der Bundesfinanzhof hat in einem ähnlich gelagerten Fall mit Urteil vom 16.07.2014 entschieden, dass selbständige Ärzte ihren Beruf grundsätzlich auch dann leitend und eigenverantwortlich ausüben, wenn sie ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen (vgl. BFH, Urteil vom 16.07.2014, Az.: VIII R 41/12). Im hier zu entscheidenden Fall ging es um eine Gemeinschaftspraxis für Anästhesie in der Rechtsform einer GbR, die ihre Berufstätigkeit durch ihre Gesellschafter ohne Praxisräume als mobilen Anästhesiebetrieb in der Praxis von Ärzten ausübte, die Operationen unter Narkose durchführen wollten. Die Gesellschafter legten wöchentlich im Voraus fest, welcher Arzt bei welchem Operateur nach den von ihnen entwickelten standardisierten Behandlungsmethoden tätig werden soll. Jeweils einer der Gesellschafter führte eine Voruntersuchung durch und schlug sodann eine Behandlungsmethode vor. Die eigentliche Anästhesie führte allerdings ein anderer (angestellter) Arzt aus. Das Finanzamt hatte in diesem Fall die Tätigkeit der GbR wegen Beschäftigung einer angestellten Ärztin nicht als freiberufliche Tätigkeit angesehen, sondern ging von einer gewerblichen und damit gewerbesteuerpflichtigen Tätigkeit aus. Sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof sind dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt, sodass im Ergebnis festzuhalten ist: Die Erbringung der ärztlichen Leistung durch einen angestellten Arzt ist regelmäßig als Ausübung leitender eigenverantwortlicher freiberuflicher Tätigkeit im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG anzusehen, wenn der selbständige Arzt die jeweils anstehenden Voruntersuchungen bei den Patienten selbst durchführt, er im Einzelfall die Behandlungsmethode festlegt und er sich die Behandlung „problematischer Fälle“ vorbehält (vgl. wie vor).

Diese Rechtsprechung kann auf den angefragten Fall des selbständigen Chirurgen übertragen werden, der eine angestellte Ärztin beschäftigt. Dabei ist lediglich darauf zu achten, dass der selbständige Chirurg aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Tätigkeit seines angestellten Fachpersonals – patientenbezogen – Einfluss nimmt, sodass die Leistung den „Stempel der Persönlichkeit“ des Steuerpflichtigen trägt.

Heberer J. Freiberufliche Tätigkeit selbständiger Ärzte trotz Beschäftigung angestellter Ärzte? Passion Chirurgie. 2015 August; 5(08): Artikel 08_02.

Patientendatenschutz bei Zusammenlegung von Abteilungssekretariaten?

Frage:

Ein Chefarzt fragt an, ob bei der Zusammenlegung von Sekretariaten mehrerer Krankenhausabteilungen datenschutzrechtliche Vorschriften bzw. die ärztliche Schweigepflicht zu beachten sind.

Antwort:

Aus Sicht des Verfassers müssen bei der Zusammenlegung von Abteilungssekretariaten zwingend datenschutzrechtliche Vorschriften beachtet sowie die ärztliche Schweigepflicht gewahrt werden.

Zum einen müssen datenschutzrechtlich die Patientendaten jeder Abteilung grundsätzlich getrennt voneinander gespeichert bzw. aufbewahrt werden und es muss sichergestellt werden, dass mit der Behandlung des Patienten nicht betraute Personen keinen Zugriff auf diese Daten nehmen können. Maßgebliche und detaillierte datenschutzrechtliche Regelungen können in etwaigen Gesundheitsdatenschutzgesetzen bzw. Krankenhausgesetzen der jeweiligen Bundesländer enthalten sein. Subsidiär kann auf die Regelungen des BDSG zurückgegriffen werden.

In der Regel ist die Nutzung bzw. Übermittlung von Patientendaten grundsätzlich nur zulässig, soweit sie zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht erforderlich ist, eine Rechtsvorschrift sie erlaubt oder der Betroffene im Einzelfall eingewilligt hat. Als Übermittlung gilt nach Ansicht des Verfassers dabei auch die Weitergabe von Patientendaten an Personen in anderen Organisationseinheiten innerhalb der Einrichtung, sofern diese Organisationseinheiten nicht unmittelbar mit Untersuchungen, Behandlungen oder sonstigen Maßnahmen, die den jeweiligen Patienten betreffen, befasst sind.

Eine solche Übermittlung stellt in der Regel auch eine Durchbrechung des Patientengeheimnisses und damit auch eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht dar. Folglich darf ein Arzt, der nicht zum Behandlungsteam gehört, in der Regel keine Kenntnis von den Behandlungsdaten erhalten. Hier müsste der Patient regelmäßig eine datenschutzrechtliche Einwilligung sowie eine Schweigepflichtentbindungserklärung erteilen. Allerdings gilt regelmäßig für den Fall, dass mehrere Ärzte gleichzeitig oder nacheinander denselben Patienten untersuchen oder behandeln, eine Befreiung von der Schweigepflicht untereinander insoweit, als das Einverständnis des Patienten vorliegt oder anzunehmen ist. Dies gilt zumindest solange, solange bis keine entgegenstehenden Anhaltspunkte bestehen oder bis zur Erklärung eines Widerspruchs durch den Patienten.

Folglich besteht ein enger Zusammenhang zwischen Datenschutz und ärztlicher Schweigepflicht. Es ist Aufgabe der Krankenhäuser dafür zu sorgen, die Möglichkeit des Zugriffs auf sämtliche Patientendaten durch jeden Beschäftigten auszuschließen. Im Prinzip darf somit jeder nur auf diejenigen Daten zugreifen, die für die Erledigung seiner Arbeit notwendig sind.

Heberer J. Patientendatenschutz bei Zusammenlegung von Abteilungssekretariaten? Passion Chirurgie. 2015 August; 5(08): Artikel 08_01.

Ist eine Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung bei geringfügiger Beschäftigung möglich?

Frage:

Ein Chirurg fragt an, ob er nach dem Ausscheiden aus seiner Funktion als Chefarzt bei seinem früheren Arbeitgeber weiterhin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden kann, wenn er von seinem früheren Arbeitgeber nur noch in geringem Umfang beschäftigt wird.

Antwort:

In einem ähnlich gelagerten Fall hat das Bundessozialgericht diese Frage bei einem leitenden Krankenhausarzt, der nach Beendigung seines Dienstvertrages bei seinem früheren Arbeitgeber eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von vier Wochenstunden aufnahm, verneint und entschieden, dass der Arzt unter diesen Umständen nicht mehr auf der Grundlage des § 116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20. März 2013, Az.: B 6 KA 26/12 R).

Als Begründung wurde vorgebracht, dass nur ein Krankenhausarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden könne. Ein Krankenhausarzt im Sinne des § 116 SGB V sei aber nur ein Arzt, der hauptberuflich in einem Krankenhaus beziehungsweise einer der anderen dort genannten Einrichtungen beschäftigt wird. Dies ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, lasse sich aber aus ihrer Entstehungsgeschichte, ihrem Regelungszweck, aus systematischen Gründen und auch nach Sinn und Zweck der Regelung herleiten. Hauptberuflich sei in diesem Zusammenhang nicht so zu verstehen, dass nur Krankenhausärzte ermächtigt werden können, die vollzeitbeschäftigt sind, aber der Beschäftigungsumfang muss so ausgestaltet sein, dass er die ärztliche Berufstätigkeit des Arztes prägt und darf zumindest die Hälfte des insoweit für einen vollzeitbeschäftigten Arzt maßgeblichen Volumens nicht unterschreiten.

Für den hier angefragten Fall kann nichts anderes als im Urteil des BSG vom 20. März 2013 gelten. Eine Ermächtigung des Chirurgen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung wäre daher nach seinem Ausscheiden aus seiner Funktion als Chefarzt bei seinem früheren Arbeitgeber nicht mehr möglich, wenn er nach seinem Ausscheiden nur noch in geringem Umfang von seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt wird.

Heberer J. Ist eine Ermächtigung zur vertragsärztlichen Versorgung bei geringfügiger Beschäftigung möglich? Passion Chirurgie. 2015 Juli; 5(07): Artikel 08_02.

 

Liegt eine Verletzung des Konkurrenzschutzes vor, wenn im selben Gebäude der gleiche Facharzt einzieht?

Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob er die Vermietung von Räumlichkeiten im selben Haus durch seinen Vermieter an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie oder einen anderen Konkurrenten dulden muss oder ob er gegen diese Maßnahme vorgehen und gegebenenfalls die Miete mindern kann.

Antwort:

Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Aus dieser Norm wird der sogenannte immanente Konkurrenzschutz abgeleitet, nach welchem es der Vermieter gewerblicher Räume zu unterlassen hat, in demselben Haus oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken Räumlichkeiten zu einem vergleichbaren Gebrauch wie dem des Mieters zu vermieten oder selbst zu betreiben. Dies gilt auch dann, wenn hierzu nichts im Mietvertrag geregelt wurde. Konkurrenzschutz kann ferner aber auch individualvertraglich oder durch AGB konkretisiert, erweitert oder abbedungen werden, er ist also nicht zwingend.

Sofern der Konkurrenzschutz also nicht vertraglich ausgeschlossen wurde, hat der Mieter daher Ansprüche auf Konkurrenzschutz. Vermietet der Vermieter dennoch Räumlichkeiten im selben Haus oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken an einen Konkurrenten des Mieters, so stellt dies eine Verletzung des Konkurrenzschutzes dar. Bei einer ähnlichen Fallkonstellation wie hier hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine solche Verletzung einen Sachmangel im Sinne des § 536 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, da die Verletzung des Konkurrenzschutzes Störungen darstellt, die zwar außerhalb der Mietsache liegen, die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aber unmittelbar beeinträchtigen können (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012 – XII ZR 117/10).

Ob es sich beim konkreten Bewerber um einen Konkurrenten handelt, ist stets im Einzelfall zu beurteilen. Im hier beschriebenen angefragten Fall dürfte es sich wohl bei einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie um einen Konkurrenten des Chirurgen handeln, da sich insbesondere weite Teile der operativen Tätigkeiten der beiden Fachbereiche überschneiden.

Bei Verletzung des Konkurrenzschutzes hat der Mieter zunächst einen Anspruch auf Verhinderung beziehungsweise auf Beseitigung der Konkurrenzsituation gegen den Vermieter. Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter vorträgt, dass er aufgrund eines unkündbaren Mietvertrages rechtlich nicht mehr in der Lage sei, die Konkurrenzsituation zu beseitigen. In diesem Falle muss er dem neuen Mieter eine vorzeitige Auflösung des Mietvertrages gegen Zahlung einer Entschädigung anbieten. Zudem kann der Mieter die vereinbarte Miete aufgrund des Sachmangels mindern. In welcher Höhe die Miete gemindert werden darf, ist wiederum im Einzelfall zu bestimmen und davon abhängig, in welchem Umfang das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung durch das Bestehen der Konkurrenzsituation gestört ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012 – XII ZR 117/10). Auch Ansprüche auf Schadensersatz (z. B. aufgrund von Umsatzeinbußen) sind denkbar.

Heberer J. Liegt eine Verletzung des Konkurrenzschutzes vor, wenn im selben Gebäude der gleiche Facharzt einzieht? Passion Chirurgie. 2015 Juli; 5(07): Artikel 08_01.

Besteht ärztliche Schweigepflicht auch gegenüber der Ärztekammer?

Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob im Rahmen eines auf Antrag eines Patienten bei der Landesärztekammer durchgeführten Prüfungsverfahrens zwecks Einhaltung der Berufspflichten auch gegenüber der Kammer die ärztliche Schweigepflicht gegeben ist, wenn diese zur Erteilung von Auskünften zum Behandlungsfall und zur Übersendung der Behandlungsunterlagen auffordert.

Antwort:

Grundsätzlich gilt nach Auffassung des Verfassers die ärztliche Schweigepflicht bei Auskünften bzw. Übersendung der Patientenunterlagen auch gegenüber der Ärztekammer, es sei denn, es liegt eine Schweigepflichtentbindungserklärung des Patienten oder eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis vor.

Eine solche gesetzliche Offenbarungsbefugnis kann in den jeweiligen Heilberufe-Kammergesetzen der einzelnen Bundesländer vorgesehen sein, wobei dies jedoch in den Ländern nicht immer einheitlich geregelt ist.

Wird beispielsweise im Heilberufe-Kammergesetz bestimmt, dass der Arzt gegenüber der Ärztekammer zur Vorlage von Aufzeichnungen und Unterlagen verpflichtet und zur Beantwortung von Fragen über die Erfüllung seiner Berufspflichten befugt ist, soweit die Kammer diese zur Überwachung des Einhaltens der Berufspflichten benötigt, liegt aus Sicht des Verfassers eine gesetzliche Offenbarungsbefugnis vor. Eine Schweigepflichtentbindungserklärung ist deshalb aufgrund dieser gesetzlichen Befugnis nach Ansicht des Verfassers dann nicht notwendig.

Heberer J. Besteht ärztliche Schweigepflicht auch gegenüber der Ärztekammer? Passion Chirurgie. 2015 Mai; 5(05): Artikel 08_01.

Lohnt sich die Klage gegen eine Krankenkasse bei abgelehnter Erstattung von Sachkosten?

Frage:

Ein ambulant operierender Vertragsarzt aus Schleswig-Holstein möchte wissen, ob er bei abgelehnter Erstattung von Sachkosten (hier: Nahtanker für Meniskusrefixation, die als Implantate im Körper verbleiben) direkt eine Klage gegen die betreffende gesetzliche Krankenkasse einreichen kann.


Antwort:

Maßgeblich für die Frage der Erstattung dieser Sachkosten sind neben den Regelungen des § 9 Abs. 5 AOP-Vertrag zunächst die Allgemeinen Bestimmungen des EBM, dort 7.3, wonach Kosten nicht in der jeweiligen GOP enthalten sind, wenn der Patient diese Materialien zur weiteren Verwendung behält – was bei Implantaten der Fall ist. Sodann verweist 7.4. EBM auf die Gesamtverträge und damit auch auf § 44 Abs. 6 Bundesmantelvertrag-Ärzte, wonach der Arzt Rechnungen für diese Materialien bei der „rechnungsbegleichenden Stelle“ einzureichen hat. Diese Stelle ist zumeist, so auch in Schleswig-Holstein, die Krankenkasse. Die Abrechnung erfolgt mithin tatsächlich direkt zwischen Arzt und Krankenkasse. Da zudem zwischen der Krankenkasse und dem Vertragsarzt kein Mitgliedschaftsverhältnis bzw. kein sog. Subordinationsverhältnis besteht, wie es etwa zwischen Patient und seiner Krankenkasse oder KV und Vertragsarzt gegeben ist, ist die Vorschaltung eines Widerspruchsverfahrens nicht vorgesehen, der Arzt kann deshalb direkt gegen die Leistungsablehnung Klage zum Sozialgericht erheben.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
justitiar@bdc.de

Heberer J. Lohnt sich die Klage gegen eine Krankenkasse bei abgelehnter Erstattung von Sachkosten? Passion Chirurgie. 2015 Mai; 5(05): Artikel 08_02.