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Patienten, die sich für wahlärztliche Leistungen entscheiden, schließen den Wahlleistungsvertrag mit dem Krankenhausträger im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene medizinische Kompetenz der von ihnen ausgewählten Wahlärzte, die sie sich in Sorge um Ihre Gesundheit gegen Entrichtung eines zusätzlichen Honorars für die Heilbehandlung sichern wollen (BGH, Urteil v. 20.12.2007, III ZR 144/07 und vom 16.10.2014, III ZR 85/14). Kennzeichen für ärztliche Wahlleistungen ist somit nach Meinung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine höhere ärztliche Qualität als im Zusammenhang mit allgemeinen Krankenhausleistungen, die nach dem DRG-Fallpauschalensystem abgerechnet werden, bei dem der Krankenhausträger nur Facharztstandard schuldet.

Mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrages entsteht der Honoraranspruch der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte oder des Krankenhausträgers, sofern dieser das Liquidationsrecht selbst ausübt. Mit diesem Honoraranspruch korrespondiert eine Verpflichtung der in Anspruch genommenen Wahlärzte zur persönlichen Leistungserbringung (BGH, a.a.O). Diese Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung besteht allerdings nur im Kernbereich der ärztlichen Wahlleistungen, der je nach ärztlicher Fachrichtung unterschiedlich definiert wird. In operativen Fächern wie der Chirurgie ist dies die Durchführung der Operation. Hier muss der Wahlarzt in jedem Fall persönlich tätig werden, wenn er die darauf entfallenden ärztlichen Wahlleistungen abrechnen will (BGH, Urteil v. 20.12.2007, III ZR 144/07).

Außerhalb des Kernbereichs der wahlärztlichen Leistungen gelten differenzierte Regelungen:

      • Zunächst ist § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ zu beachten. Die im Text dieser Vorschrift genannten ärztlichen Leistungen aus dem Gebührenverzeichnis zur GOÄ kann der Wahlarzt auch abrechnen, wenn nicht er selbst sondern sein ständiger ärztlicher Vertreter tätig geworden ist, der Facharzt desselben Gebiets sein muss. Zulässig ist grundsätzlich nur ein ständiger ärztlicher Vertreter pro Wahlarzt.
      • Die Leistungen des Abschnitts E des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ kann der Wahlarzt auch dann abrechnen, wenn er oder sein ständiger ärztlicher Vertreter über die in der Vorschrift genannten Qualifikationen verfügen und die Leistungen delegiert worden sind (auch an nichtärztliches Pflegepersonal) wobei unter Aufsicht nach fachlicher Weisung des Wahlarztes oder seines ständigen ärztlichen Vertreters gearbeitet werden muss. Dies bedeutet, dass der Wahlarzt oder sein ständiger ärztlicher Vertreter den Patienten zumindest sehen müssen, um fachliche Weisungen erteilen zu können, die Aufsicht muss nach der Rechtsprechung mindestens so weit gehen, dass der Wahlarzt oder sein ständiger ärztlicher Vertreter im Rahmen der regelmäßigen Visiten die Leistungserbringung überprüfen.
      • Laborleistungen des sog. Basislabors (MII des Gebührenverzeichnisses) – nicht des Speziallabors – kann der Wahlarzt auch abrechnen, wenn sie nach seiner fachlichen Weisung unter Aufsicht eines Arztes ohne Liquidationsrecht in einem Krankenhauslabor erbracht worden sind. Auch hier werden die Leistungen delegiert.
      • Nach § 5 Abs. 5 GOÄ können Wahlleistungen auch durch nachgeordnete Ärzte erbracht werden, die hinterher durch den Wahlarzt abgerechnet werden können. In solchen Fällen ist allerdings maximal der Regelsatz berechenbar (2,3-fach, 1,8-fach, 1,15-fach). Solche Wahlleistungen, die unter § 5 Abs. 5 GOÄ fallen, werden im Gesetz nicht definiert. Auch die Rechtsprechung hat es bislang nicht vermocht, klar zu sagen, welche ärztlichen Wahlleistungen unter § 5 Abs. 5 GOÄ einzuordnen sind. Grundsätzlich wird man davon ausgehen müssen, dass wahlärztliche Leistungen, die unter § 5 Abs. 5 GOÄ fallen, solche Leistungen sind, die nicht zum Kernbereich der wahlärztlichen Leistungen gehören und nicht unter § 4 Abs. 2 Satz 2-4 GOÄ fallen. Im Übrigen wird man im Einzelfall bestimmen müssen, welche Leistungen zu § 5 Abs. 5 GOÄ gehören. In jedem Fall werden alle wahlärztlichen Leistungen, die unter § 5 Abs. 5 fallen, unter Aufsicht nach fachlicher Weisung des Wahlarztes erbracht werden müssen, damit dieser abrechnen kann (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ).

Sofern unter Aufsicht nach fachlicher Weisung des Wahlarztes gearbeitet wird, können deshalb wahlärztliche Leistungen, die unter § 4 Abs. 2 Satz 2, § 4 Abs. 2 Satz 4 und § 5 Abs. 5 GOÄ fallen, delegiert werden. Fachliche Weisungen kann der Wahlarzt nur erteilen, wenn er den Patienten persönlich untersucht hat und regelmäßig sieht, um ggf. Korrekturen bei den delegierten Leistungen vornehmen zu können. Welchen Umfang die Aufsicht des Wahlarztes haben muss, wird man vom Einzelfall, der delegierten Leistungen an sich und der Qualifikation derjenigen Personen abhängig machen müssen, an die der Wahlarzt die Leistungserbringung delegiert hat. Hier gibt es keine generellen Kriterien sondern ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig.

Hammerl S. Delegationsmöglichkeiten wahlärztlicher Leistungen. Passion Chirurgie. 2015 Mai; 5(05): Artikel 04_01.

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Dr. Siegfried Hammerl

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