Alle Artikel von Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow

Hygiene-Tipp: Krankenhaushygieniker – neue Kapazitätsvorgaben der KRINKO

Im September 2016 erschien im Bundesgesundheitsblatt (2016, 59, 1183-1188) die neue KRINKO-Empfehlung „Zum Kapazitätsumfang für die Betreuung von Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen durch Krankenhaushygieniker/innen“.

Mit dieser Empfehlung wird die 400-Betten-Grenze der 2009er Empfehlung aufgehoben, wonach ab 400 Betten ein hauptamtlicher Krankenhaushygieniker erforderlich sei. Stattdessen muss nun jedes Krankenhaus eine Bedarfsermittlung entsprechend den neuen Empfehlungen durchführen.

Beispielhaft wird eine Berechnung für ein 331-Betten-Haus durchgeführt, für das sich ein Bedarf von 0,28 Krankenhaushygieniker errechnet. Dieser Bedarf ist zu decken: Dies kann einerseits geschehen dadurch, dass ein Mitarbeiter curricular fortgebildet wird und dann z. B. mit einer Drittel-Stelle (natürlich auch mehr) im Bereich der Krankenhaushygiene tätig ist. Dies kann aber auch durch die externe Betreuung einer entsprechend qualifizierten Person geschehen, die natürlich in dem errechneten Umfang tätig sein muss.

Nach der Empfehlung muss bei Kliniken der Maximalversorgung und Universitätskliniken die krankenhaushygienische Versorgung einschließlich des Stellvertreters durch einen Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin bzw. für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sichergestellt sein.

Nach der Empfehlung können curricular fortgebildeten Krankenhaushygieniker keine krankenhaushygienischen Labore leiten, keine Weiterbildung von Ärzten zum Facharzt durchführen sowie keine Ärzte in curricularer Fortbildung als Mentoren betreuen. Ferner führt die KRINKO aus, dass nur Fachärzte eine Supervision und Beratung curricular fortgebildeter Ärzte hinsichtlich besonderer Fragestellungen durchführen können. Konkret genannt wird hier z. B. technische Hygiene, spezielle Fragen der Wasser-, Luft-, Lebensmittel- und Bauhygiene, komplexe Bauvorhaben, Ausbruchsmanagement mit komplexen Probenahme-, Interventions- oder Typisierungsanforderungen.

Im Endeffekt heißt dies, dass curricular fortgebildete Krankenhaushygieniker die vertraglich abgesicherte Möglichkeit haben müssen, auf einen Facharzt für Hygiene zurückzugreifen.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Krankenhaushygieniker – neue Kapazitätsvorgaben der KRINKO. Passion Chirurgie. 2017 Januar; 7(01): Artikel 04_06.

Hygiene-Tipp: Keimarme Handschuhe und Handschuh-Desinfektion

Häufig wird in Empfehlungen zur Hygiene das Tragen „keimarmer“ Handschuhe empfohlen. Allerdings ist der Begriff „keimarm“ in diesem Zusammenhang bisher nicht definiert.

In der neuen Empfehlung der KRINKO zur Händehygiene (2016) werden hierzu zumindest einige Ausführungen gemacht:

Danach sagt die Bezeichnung „keimarmer Handschuh“ nichts über die mikrobielle Unbedenklichkeit aus, weil die Qualität „keimarm“ bisher nicht geregelt ist. Die KRINKO sieht hier Aufgaben für künftige Normungsarbeiten und sieht den Begriff „keimarm“ gleichbedeutend mit „pathogenfrei“.

Zur Desinfektion von Handschuhen führt die KRINKO aus, dass behandschuhte Hände nur in speziellen Fällen desinfiziert werden sollen. Dazu zählen beispielhaft Situationen, in denen häufiger Handschuhwechsel erforderlich, aber erfahrungsgemäß schwierig realisierbar ist bzw. der Wechsel zu einer Unterbrechung des Arbeitsflusses führt.

Falls Handschuhe desinfiziert werden, müssen sie chemikalienbeständig gemäß EN 374 sein. Der Handschuh soll nur während der Versorgung an ein und demselben Patienten verwendet werden, wobei die KRINKO die mehrfache Verwendung bei aufeinanderfolgenden Blutentnahmen bei mehreren Patienten nicht ausschließt.

Im Intensivbereich sollen Handschuhe nach spätestens 15 Minuten sowie nach jeder Patientenwaschung gewechselt werden, da die Perforationsrate mit Tragedauer zunimmt.

Wenn Handschuhe aus üblichen Pappboxen entnommen werden, soll vor der Entnahme eine Händedesinfektion durchgeführt werden. Eine Bevorratung einzelner Handschuhe in der Kitteltasche ist nicht zulässig.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: |Keimarme Handschuhe und Handschuh-Desinfektion. Passion Chirurgie. 2016 Dezember; 6(12): Artikel 04_01_new.

 

Hygiene-Tipp: Ausbruchsprävention

Das größte Ausbruchs-Desaster mit einem multiresistenten Keim in Deutschland ereignete sich ab 2010 an der Universitätsklinik Leipzig.

Im Juli 2010 wurde erstmals eine Klebsiella pneumoniae nachgewiesen, die Carbapenemase-bildend war (KPC-2-produzierend – KPC-2-KP). Ein Patient hatte den Keim aus Griechenland mitgebracht. Ab Herbst 2010 kam es dann zu einem gehäuften Auftreten dieses Keims bei vielen Patienten, monatlich bis zu zwölf neue Fälle. Insgesamt wurden bis 2013 über 100 Fälle gezählt. 40 der Patienten verstarben, gesichert im Zusammenhang mit dem Keim mindestens sieben.

Die Ausbruchsmeldung an das Gesundheitsamt erfolgte erst Monate nach dem ersten Auftreten, nämlich im Januar 2011. Umfangreiche Screeningmaßnahmen wurden erst im Juni 2012 eingeführt, also fast zwei Jahre nach dem ersten Fall. Der letzte Fall trat im April 2013 auf.

Im Einzelfall reichte eine einzige Nacht in einem Mehrbettzimmer, das mit einem KPC-positiv getesteten Patienten belegt war, für eine Erregerübertragung aus. Es wird angenommen, dass der Keim über die Hände des Personals, über Oberflächen (eventuell auch Lagerungskissen, in denen die Erreger ebenfalls gefunden wurden) sowie direkt von Patient zu Patient übertragen worden sind.

Der katastrophale Ausbruch ist unverständlich, da eine frühzeitige Erkennung von Ausbrüchen auf drei Ebenen möglich ist:

Zum einen werden die Ergebnisse vom Labor durch einen Arzt vor Ausgabe der Daten „validiert“. Diesem Mikrobiologen müsste normalerweise eine Häufung eines bestimmten hochresistenten Keimes frühzeitig auffallen.

Die eingehenden Befunde müssen täglich vom Stationsarzt auf Station durchgesehen werden. Auch diesem müssten Häufungen eines extrem hochresistenten Keimes auffallen.

Schließlich werden in vielen Krankenhäusern derartige Befunde von der Mikrobiologie auch an die Krankenhaushygiene geleitet, die sie ebenfalls täglich durchsieht und der ebenfalls eine Häufung auffallen muss.

Es kann somit eine dreifache Sicherheit etabliert werden, die normalerweise funktionieren sollte und die zu einer frühzeitigen Erkennung von Ausbrüchen führen sollte.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Ausbruchsprävention. Passion Chirurgie. 2016 November; 6(11): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Infektionsausbrüche durch Endoskope

In den letzten Jahren wurde vermehrt über Ausbrüche mit multiresistenten Erregern berichtet, die auf Endoskope – vor allem Duodenoskope – zurückzuführen waren. Teilweise waren die Aufbereitungsprozesse (Reinigungs- und Desinfektionsgerät) defizitär, teilweise fanden sich Schäden in den Kanälen der Endoskope. Bei den Duodenoskopen zeigten sich insbesondere Probleme bei der Reinigung der Albarranhebel.

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) gibt vor, dass Endoskope mindestens einmal jährlich mikrobiologisch kontrolliert werden müssen. Insbesondere mit Blick auf die Ausbrüche durch Duodenoskope sollte bei einem auffälligen Befund besondere Vorsicht walten: Da die Sensitivität der biologischen Untersuchungen eingeschränkt ist, können auch falsch negative Befunde erhoben werden. Das Endoskop kann, wenn eine Kontrolluntersuchung nach auffälligem Befund negativ ist, zwar freigegeben werden, dennoch sollten zeitnah wenigstens zwei zusätzliche Nachfolgeuntersuchungen durchgeführt werden, um relativ sicher Keimfreiheit feststellen zu können.

Auf mittlere Sicht stellt sich die Frage, ob Endoskope, wie bisher, weiterhin als semikritisch B klassifiziert werden können. Grundsätzlich werden damit häufig Biopsien entnommen und es wird somit organisches Material durch die Kanäle gezogen. Damit ähnelt die Endoskopie sehr stark der operativen Situation, bei der grundsätzlich eine Klassifizierung entsprechend kritisch vorgenommen werden muss – mit der Notwendigkeit zur Sterilisation. Da Instrumente für die Endoskopie (z. B. Biopsie-Zangen oder Spülkatheter) extrem schwierig aufzubereiten sind, sollten heute schon grundsätzlich Einmalinstrumente zum Einsatz kommen, soweit sie auf dem Markt verfügbar sind.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Infektionsausbrüche durch Endoskope 2016 Oktober; 6(10): Artikel 03_05.
MRSA-Screening

Hygiene-Tipp: MRGN – Mehr screenen!

In den letzten Jahren haben umfangreiche Maßnahmen gegen MRSA dazu geführt, dass die Ausbreitung von MRSA tendenziell abnimmt. Insbesondere jene Krankenhäuser, die ein generelles Aufnahme-Screening auf MRSA eingeführt haben, zeigen, dass bei ihnen die Zahl der nosokomialen Übertragungen absolut abnimmt. Die breiten Screening-Maßnahmen haben bewirkt, dass unter den stationären Patienten 1-2 % als MRSA-Träger detektiert werden, während in der allgemeinen Bevölkerung der Anteil maximal bei 0,5 % liegen dürfte.

Ganz anders verhält es sich hingegen bei multiresistenten gramnegativen Erregern (MRGN). Eine bayerische Untersuchung an über 3.300 Bürgern hat gezeigt, dass 6,3 % allein schon mit einem ESBL-E. coli besiedelt sind. 30 % davon sind 3MRGN, also rund 2% der Bevölkerung. Aufgrund der wenigen Studien, die derzeit vorliegen, muss angenommen werden, dass mindestens 3 %, vielleicht sogar bis zu 10 % der Bevölkerung Träger eines MRGN-Keimes sind.

Im Krankenhaus dagegen liegt die Zahl der detektierten MRGN in gleicher Höhe wie MRSA, also bei 1-2 %. Ein großer Teil der MRGN-Träger wird also im Krankenhaus nicht erkannt. Dies ist besonders problematisch, weil nach einer Auswertung der Charité [1] wesentlich mehr MRGN-Träger (40-50 %) eine Infektion erleiden als dies bei MRSA-Trägern (20 %) der Fall ist. Damit kommt es im Krankenhaus zu häufigen unbekannten MRGN-Übertragungen mit einem 50 %igen Risiko mit nachfolgenden Infektionen. Dies ist nicht hinnehmbar.

Eine Auswertung des Gesundheitsamtes Frankfurt [2] aller in Hessen meldepflichtigen 4MRGN-Erreger zeigt, dass bei ausschließlichem Screening bei Auslandsanamnese – wie derzeit vom Robert Koch-Institut empfohlen – lediglich gut 30 % der Träger erkannt werden. 10% der gemeldeten Fälle hatten den Wohnort im Ausland, 18 % wurden in einem ausländischen Krankenhaus behandelt. Über 60 % hatten generell einen zurückliegenden Krankenhausaufenthalt aufzuweisen [3].

Daraus ist zu folgern, dass das Screening auf MRGN ausgedehnt werden muss. Es gibt hierfür derzeit keine Empfehlungen und die Krankenhäuser sind daher aufgefordert, entsprechende zusätzliche Indikationen zu entwickeln und die Erfahrungen mitzuteilen. Eine Indikation könnten zurückliegende Krankenhausaufenthalte sein.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Literatur

[1] Geffers, Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016, 51, 104
[2] Heudorf, GMS Hyg Infect Control 2016, 11
[3] Epidem Bull 2016, 6, 49

Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: MRGN – Mehr screenen! Passion Chirurgie. 2016 September; 6(09): Artikel 03_02.

Chirurg im Kasack

Hygiene-Tipp: Kittel oder Kasack?

Eine Studie hat gezeigt, dass auf mehr als 60 Prozent aller Arztkittel und 65 Prozent der Kasacks des Pflegepersonals nosokomiale Infektionserreger nachgewiesen werden konnten. Kritisch sind immer die Taschen, der Bauchbereich und zu lange Ärmel. Deshalb ist es wichtig, dass täglich die Berufskleidung gewechselt wird. Dies geht nur, wenn sie – wie in deutschen Krankenhäusern – vom Arbeitgeber gestellt wird. Heute wird zunehmend darüber nachgedacht, ob aus Sicht der Infektionsprävention kurzärmlige Arztkleidung bevorzugt werden sollte. Ein wesentliches Argument dafür: Ärzte wechseln selten ihre Arztkittel täglich und daher stellen diese ein Risiko für ungehemmte Keimverbreitung dar.

Wenn die einfachsten Hygieneregeln eingehalten werden (Kittel ablegen bei direkten Tätigkeiten am Patienten, Händedesinfektion vor und nach Patientenkontakt sowie täglicher Kittelwechsel), stellt der Arztkittel kein Hygiene-Problem dar. Die hygienische Händedesinfektion kann in einem langärmligen Kittel kaum sachgemäß erfolgen. Damit ergeben sich auch für weitere Tätigkeiten Hygiene-Probleme, die sich durch einen Kasack beseitigen lassen. Körperliche Untersuchungen und Verbandswechsel lassen sich mit langärmligem Kittel erschwert durchführen: Kittelärmel hängen im Bett oder der Wunde des Patienten, sodass nosokomiale Infektionserreger weiterverbreitet werden können.

Ob durch einen langärmligen Kittel die Verbreitung von – potentiell mit Keimen belasteten – Hautschuppen des Armes reduziert wird, ist unbekannt. Andererseits eröffnet der kurzärmlige Kasack die Möglichkeit der Unterarmdesinfektion, während dies beim langärmligen Kittel nicht möglich ist, vielmehr der Ärmel als Keimträger angesehen werden muss.

Die Wiedererkennung ist auf der Station von Vorteil, da auch Patienten sich in manch einer Situation lieber von Ärzten behandeln lassen. Im typischen Arztkittel sind Ärzte für den Patienten leichter erkennbar, was gerade von älteren Patienten geschätzt wird. Dies könnte allerdings auch durch entsprechende farbliche Kodierung der Berufskleidung unterstützt werden.

Eine Bekleidung aus dem Pool ist für die Klinik immer die einfachere Lösung. Wahrscheinlich ist die Poolversorgung kostengünstiger als die Versorgung mit separaten Arztkitteln. Dies mag auch einer der Gründe für manche Kliniken sein, auf kurzärmlige Kasacks zu wechseln.

Alles in allem muss man feststellen, dass Gründe, die für den kurzärmligen Kasack sprechen, überwiegen und sich die Waagschale aus infektionspräventiver Sicht in Richtung Kasack neigt.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Mehr zu diesem Thema: Götter haben kurze Ärmel – und was sollen wir anziehen?

Maral M. / Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Kittel oder Kasack?. 2016 Juli-August; 6(07-08): Artikel 03_05.

Hygiene-Tipp: Nachtabschaltung der RLT-Anlage

Die DGKH hat Ende 2015 ihre neue „Krankenhaushygienische Leitlinie für die Planung, Ausführung und den Betrieb von Raumlufttechnischen Anlagen in Räumen des Gesundheitswesens“ veröffentlicht.

Darin werden auch Ausführungen zur Nachtabsenkung bzw. Nachtabschaltung von RLT-Anlagen gemacht: Abweichend von der DIN 1946-4: 2008 ist auch für OP-Räume eine vollständige Anlagen-Abschaltung aus hygienischer Sicht möglich. Nach Betriebsende und Schließen sämtlicher OP-Türen ist eine Nachlaufzeit von ca. 30 Minuten ausreichend. Der rechtzeitige Neustart der Anlagen ist zu gewährleisten (z. B. durch Kopplung an das Einschalten des Lichts durch die erste Person, die den OP betritt). Die Freispülzeit ist gemäß der Ergebnisse der Qualifizierungsmessungen für jeden OP festzustellen. Es ist sicherzustellen, dass die Freispülzeit vor OP-Beginn erreicht wird. Aus organisatorischen oder technischen Gründen kann es sinnvoll sein, einzelne OP-Räume (falls TAV-belüftet mit dem zugehörigen Instrumentenvorbereitungsraum) als Notfallräume durchgängig lüftungstechnisch zu versorgen.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Popp W. / Külpmann R. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Nachtabschaltung der RLT-Anlage. Passion Chirurgie. 
2016 Juni; 6(06): Artikel 03_04.

 

Hygiene-Tipp: MRGN-Bakterien in Siphons und Toiletten

In letzter Zeit wurde mehrfach über Ausbrüche mit MRGN-Bakterien berichtet, die auf kontaminierte Siphons in Patientenzimmern zurückgeführt werden konnten. Dabei waren teilweise nicht nur die Siphons bzw. das in ihnen stehende Wasser kontaminiert, sondern auch die abführenden Wasserrohre.

Wenn es zu Übertragungen bzw. Ausbrüchen – insbesondere mit 4MRGN-Bakterien – kommen sollte, sollte immer auch die Möglichkeit einer Verursachung über Siphons erwogen werden. Dementsprechende Untersuchungen sollten dann durchgeführt werden.

Auch gibt es Berichte über eine Kontamination von Spülrändern von Toiletten mit MRGN-Bakterien, die zumindest in einem Fall zu einem Ausbruch geführt haben. Dieser konnte erst beendet werden, als die Toiletten durch spülrandfreie ersetzt wurden.

Generell sind also die Abwasser führenden Systeme als potentielle Quellen von MRGN-Infektionen in Erwägung zu ziehen, vor allem im Falle von Ausbrüchen.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

Popp W. / Zastrow K.-D. / Hygiene-Tipp: MRGN-Bakterien in Siphons und Toiletten. Passion Chirurgie. 2016 Mai; 6(05): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Infusionen und Spritzen

Umgang mit Entnahme- und Zuspritz-Spikes

Medikamente für Injektionen/Infusionen müssen unmittelbar vor der Anwendung, maximal jedoch eine Stunde vor Einsatz am Patienten, aufgezogen bzw. gerichtet werden. Zur Dokumentation sollten die Spritzen/Infusionen mit Datum und Uhrzeit beschriftet werden. Dabei ist einheitlich zu regeln, ob das Herstellungs- oder das Ablaufdatum dokumentiert wird oder beides.

Zunächst erfolgt eine Wischdesinfektion der Arbeitsfläche mit einem Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis (kurze Einwirkzeit).

Vor der Vorbereitung und der Durchführung von Injektionen und Punktionen ist eine hygienische Händedesinfektion erforderlich.

Es sind ausschließlich sterile Spritzen, Kanülen und Instrumente zu verwenden (Kanüle bei Fehlpunktion verwerfen).

Das bereitgestellte Material ist vor mikrobieller Kontamination zu schützen.

Vor der Entnahme erfolgt grundsätzlich eine Sichtprüfung der Flaschen und Ampullen, z.B. auf Trübung oder Ausfällungen.

Aseptische Entnahmetechniken

Diese Techniken zur Entnahme sind immer einzuhalten. Das Gummiseptum von Injektions- und Infusionsflaschen muss vor dem Einführen einer Kanüle mit Hautdesinfektionsmittel (sprühen – wischen – sprühen) desinfiziert werden. Hierzu können alkoholische Hautdesinfektionsmittel und sterilisierte Tupfer verwendet werden. Eine Ausnahme stellen Gebinde dar, bei denen der Hersteller die Sterilität unter der Abdeckung garantiert, oder solche, die herstellungsbedingt nicht desinfiziert werden dürfen. Sterilisierte Tupfer sind werkseitig sterilisiert, aber vor Ort nicht mehr steril in offenen Gebinden gelagert. Ab einem Inhalt von 50 ml sind Überleitkanülen oder Spike Mehrfachentnahme-kanülen mit Luftfilter empfohlen.

Spikes

Die verschiedenen Farben der Spike-Mehrfachentnahmekanülen besitzen bei allen Herstellern die gleiche Funktion:

Grüne Spikes, die hauptsächlich im Intensiv- und Normalbereich zu finden sind, haben einen Einstichdorn mit zwei Kanälen, bei denen über den Luftkanal die eingesaugte Raumluft steril filtriert und somit das Eindringen von Erregern in die Infusionsflasche verhindert wird. Der Luftfilter kann unterschiedliche Porengrößen besitzen. Der Entnahmekanal hingegen ist ungefiltert, sodass einerseits die Zusammensetzung der Medikamente unverändert bleibt, mögliche Kontaminationen aus der Flasche jedoch in die Spritze gelangen würden.

Blaue Spikes verfügen im Flüssigkeitskanal zusätzlich über einen Partikelfilter, um Splitter zurückzuhalten. Bei einer Porengröße von 5 µm können jedoch auch Bestandteile kristalliner Lösungen zurückgehalten und damit die Zusammensetzung des entnommenen Medikaments verändert werden.

Rote Spikes sind ausschließlich für den Einsatz bei Chemotherapeutika bestimmt.

Mehr/Eindosis-Behältnisse

Werden mehrere Injektionen unmittelbar aufeinander folgend aufgezogen, ist die Entnahme mit einer Kanüle möglich. Bei größeren Zeitabständen (>20 Minuten) ist die Kanüle nach Entnahme zu entsorgen. Mehrdosenbehältnisse dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn eine Aufbewahrung im Kühlschrank gewährleistet ist (Ausnahme Insulin-Pen).

Die Aufbewahrungszeit wird durch die Herstellerangaben bestimmt. Ansonsten sind bei Mehrdosisbehältnissen bezüglich Nutzungsdauer die Herstellerangaben oder Angaben der Apotheke zu beachten. Mehrdosenbehältnisse sind nach Anbruch ebenfalls mit Datum und Uhrzeit sowie der Verwendungsdauer zu versehen.

Für größere Mehrdosisampullen ist unter Berücksichtigung aller Risiken, die im Zusammenhang mit der Entnahme in Betracht kommen können, der Einsatz von Mini-Spikes zu empfehlen. Mini-Spikes können bis zur Entsorgung des Mehrdosen-behältnisses verwendet werden. Für den Austausch der Spikes nach jeder Entnahme gibt es aktuell keine eindeutige Datenlage, jedoch ist bei jeder erneuten Entnahme jeweils eine frische Spritze zu verwenden.

Bei vielen Injektions- und Infusionslösungen, beispielsweise NaCl-Lösungen, handelt es sich nicht um Mehr-, sondern um Eindosisbehältnisse. Aus Eindosisbehältnissen können mehrere Spritzen aufeinanderfolgend entnommen werden. Eine Lagerung der angebrochenen Flasche und ihre spätere Wiederverwendung sind aber auch bei Verwendung von Minispikes oder anderen Entnahmehilfen nicht zulässig. Der Einsatz von Minispikes dient lediglich der Erleichterung bei der Mehrfachentnahme und verlängert nicht die Haltbarkeit.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

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Prof. Dr. med. Walter Popp

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)

Joachimsthaler Str. 10, 10719 Berlin

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Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)

Joachimsthaler Str. 10, 10719 Berlin

Dr. med. Nina Parohl

Ärztliche Mitarbeiterin

Krankenhaushygiene

Universitätsklinikum Essen

Parohl N. / Popp W. / Zastrow K.-D. / Hygiene-Tipp: Infusionen und Spritzen. Passion Chirurgie. 2016 April; 6(04): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Reinigungs-Desinfektionsgerät für Steckbecken

 

Standard ist die Aufbereitung von Steckbecken und Urinflaschen im Reinigungs-Desinfektionsgerät für Steckbecken. Hierbei ist zwischen Reinigungs-Desinfektionsgeräten (RDG) für Steckbecken mit rein thermischer – mit einem typgeprüften Gerät entsprechend DIN EN ISO 15 883 Teil 3 – oder mit einer chemothermischen Desinfektion zu unterscheiden. Das RDG muss entsprechend Herstellerangaben i. d. R. einmal pro Jahr einer Wartung unterzogen werden. Erst im Anschluss an die Wartung soll die Leistungsüberprüfung erfolgen. Auf diese Weise wird auch die Qualität der Wartung geprüft.

Die häufigste Beanstandung von Seiten des Pflegepersonals, bei aufbereiteten Steckbecken, ist die sichtbare Restverschmutzung. Die Wirksamkeit der Reinigungsleistung des RDG muss immer mit Hilfe einer Prüfanschmutzung überprüft werden. Dies ist mit Thermologgern allein nicht möglich und somit ein erheblicher Mangel in der Wirksamkeitsüberprüfung. Die Desinfektionsleistung kann bei der thermischen Desinfektion mit Thermologgern überprüft werden. Bei chemothermischer Desinfektion hingegen muss dieses mit Hilfe von Bioindikatoren erfolgen; hierbei können die Bioindikatoren in der Prüfanschmutzung enthalten sein und damit wird beides (Reinigung und Desinfektion) gemeinsam geprüft.

Je nach Alter/Zustand des RDG und insbesondere bei nicht nach DIN EN ISO 15883 typgeprüften RDG oder bei chemothermischer Desinfektion sollte die Leistungsüberprüfung alle sechs Monate stattfinden. Oft wird aber nur die Überprüfung mit Thermologgern vorgeschlagen, die die ggf. mangelhafte Reinigung auf keinen Fall aufdecken kann.

Das RDG für Steckbecken kann jederzeit eine fehlerhafte Leistung bringen. Deshalb sind, wie bei allen anderen maschinellen Verfahren auch, entsprechende Routinekontrollen erforderlich, um Abweichungen im Programmablauf zu erkennen. Werden diese Routinekontrollen nicht durchgeführt, sollen Waschschüsseln und/oder Nierenschalen, auch wenn einige Hersteller dies bewerben, auch nicht in RDG für Steckbecken mit rein thermischer Desinfektion aufbereitet werden, da die Waschschüsseln häufig auch bei bettlägerigen Patienten mit Immunsuppression oder mit krankhaft veränderter Haut eingesetzt werden. Da sich gerade im Stuhl viele Fäkalkeime befinden, die auch multiresistent sind, also 3MRGN und 4MRGN sein können, muss daher diese Möglichkeit der Weiterverbreitung ausgeschlossen werden. Nierenschalen sollten auf Station überhaupt nicht mehr aufbereitet werden, sondern in der Zentralsterilisation oder als Einmalprodukte zum Einsatz kommen.

Auch auf großen Stationen sollten die Laufwege zum unreinen Arbeitsraum kurz sein. Daher sollte bei großen Stationen im Rahmen der Bauplanung bzw. Renovierung mindestens zwei unreine Arbeitsräume, mit je einem Reinigungs-Desinfektionsgerät für Steckbecken, bevorzugt mit thermischer Desinfektion, vorgesehen werden.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Verfasser wieder.

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Prof. Dr. med. Walter Popp

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)

Joachimsthaler Str. 10, 10719 Berlin

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Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)

Joachimsthaler Str. 10, 10719 Berlin

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Prof. Dr. Heike Martiny

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)

Joachimsthaler Str. 10, 10719 Berlin

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Weitere Hygiene-Tipps finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de, Rubrik Qualität & Patientensicherheit).

Popp W. / Martiny H. / Zastrow K.D. / Hygiene-Tipp: Reinigungs-Desinfektionsgerät für Steckbecken. Passion Chirurgie. 2016 März; 6(03): Artikel 03_04.