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Mehr Mitsprache im Falle einer erneuten Ausweitung von COVID-19 Maßnahmen

Gemeinsam in die 2. Runde: Chirurgische Chefärzt*innen in NRW fordern mehr Mitsprache im Falle einer erneuten Ausweitung von COVID-19 Maßnahmen

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurde die medizinische Versorgung elektiver Patienten bundesweit in bisher nicht dagewesenem Umfang eingeschränkt. Das betraf insbesondere auch die chirurgischen Fachdisziplinen, da die elektiven Operationskapazitäten in vielen Krankenhäusern drastisch reduziert wurden. Dies diente unter anderem der Freisetzung von Personal für andere Aufgaben und dem Vorhalten von sonst durch die operierten Patienten belegten Intensivbetten.

Ende Mai 2020 zeigte eine internationale Registerstudie des “COVIDSurg-Collaborative”, einer weltweiten Arbeitsgruppe, die den Einfluss der Pandemie auf die Chirurgie untersucht, eine Letalität von 23,8 % nach elektiven chirurgischen Eingriffen bei COVID-19-positiven Patienten. Diese war zu über 80 % durch nicht beherrschbare pulmonale Komplikationen bedingt. Die Autoren folgerten hieraus, dass prä- und postoperative COVID-19-Infektionen im Rahmen der elektiven Chirurgie ein relevantes Patientenrisiko darstellen und vermieden werden sollten [1,2].

In Reaktion darauf empfiehlt die Anfang Juni von allen chirurgischen Fachgesellschaften gemeinsam veröffentlichte S1-Leitlinie zum “Personal- und Patientenschutz bei Durchführung planbarer Eingriffe zur Zeit der SARS-CoV-2-Pandemie” weitgehende Maßnahmen, welche perioperative COVID-19-Infektionen von Patienten und Personal verhindern sollen. Diese umfassen unter anderem routinemäßige präoperative Abstriche, eine gestufte Auslastung der Operationskapazität und persönliche Schutzausrüstung entsprechend den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts [3].

Obwohl die operative Versorgung von Patienten mit malignen Erkrankungen und die Notfallversorgung weitestgehend aufrechterhalten werden sollte, zeigten sich auch hier in Deutschland deutliche Einschnitte in der Versorgungsqualität [4]. Dies ist dramatisch, da eine Verschiebung onkologischer Operationen um 6 Monate zu einem durchschnittlichen Lebenszeitverlust von 2,19 Jahren pro Patient führt. Dies entspricht rechnerisch 43 % der durch die Behandlung einer gleichen Zahl von COVID-19 Patienten generierten Lebensjahre [5,6]. Zur ärztlichen Bewertung der Einschränkungen der Elektivchirurgie und deren Folgen für den klinischen Alltag in Deutschland liegen bisher nur wenige Daten vor.

Umfrage unter Chefärzt*innen in NRW

Über das öffentlich zugängliche Verzeichnis www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de wurden 279 chirurgische Kliniken in NRW identifiziert. Allen 279 Chefärzt*innen dieser Kliniken wurde durch die Vereinigung Niederrheinisch-Westfälischer Chirurgen (NRW-Chirurgen) postalisch ein Fragebogen zugeschickt. Der Teilnahmezeitraum lag zwischen dem 22.06.2020 und dem 03.07.2020. Der Fragebogen umfasste 14 Punkte. Der Schwerpunkt lag hierbei auf den bisherigen Erfahrungen der Teilnehmer bezüglich Einschränkungen der elektiven Chirurgie in ihren Kliniken und ihren Erwartungen im Falle erneuter Maßnahmen aufgrund von steigenden Corona-Zahlen. Weiterhin wurden Angaben zu Person (Alter, Geschlecht, Zeitraum in der aktuellen Position) und der Klinikstruktur (Versorgungsstufe, Bettenzahl) erhoben.

Breites Teilnehmerspektrum

Insgesamt wurden 125 Fragebögen ausgewertet (Rücklaufquote 45 %). Das Alter der Teilnehmer*innen lag zwischen 43 und 65 Jahren (Median 57 Jahre). 96 % der Teilnehmer*innen waren männlich. 64 % der Teilnehmer*innen bekleideten bereits seit 10 oder mehr Jahren eine Chefarztposition und 20 % seit unter 5 Jahren. Knapp die Hälfte der Teilnehmer*innen (47%) leiteten chirurgische Abteilungen in einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung, 50 (40%) in Lehrkrankenhäusern oder Maximalversorgungskliniken und 11 (9%) in Universitätskliniken. 82 % der Teilnehmer*innen machten Angaben zur Bettenkapazität ihrer Abteilung. Diese lag zwischen unter 20 und über 100 chirurgischen Betten. Der Durchschnitt lag bei 49 Betten (SD 21 Betten).

Zustimmung zu initialen Einschränkungen

Ein Großteil (71%) der befragten Chefärzt*innen hielten die initiale vollständige Einstellung der Elektivchirurgie im Rahmen der Ressourcengewinnung für COVID-19-Patienten für sinnvoll. Von einem dem Infektionsgeschehen angepassten, nachvollziehbaren Stufenplan in ihren Kliniken berichteten über die Hälfte der Befragten. Ein Drittel der Befragten berichtete jedoch, dass praktisch kein entsprechender Plan vorgelegen habe (Abb. 1). 40 % sahen Probleme bei der chirurgischen Weiterbildung auf Grund des Ausfalls von Elektiveingriffen (Abb. 2).

Zusätzliche Patientenrisiken und finanzielle Schwierigkeiten

Knapp ein Drittel der Teilnehmer*innen gab an, dass in ihrer Klinik Patienten mit elektiven Operationsindikationen durch die Corona-Maßnahmen unnötige gesundheitliche Risiken zugemutet wurden, ohne dass hierdurch zusätzliche Ressourcen geschaffen wurden (Abb. 2). Zwei Drittel aller Befragten erwarteten, trotz Unterstützung seitens des Staates, zukünftig finanzielle Schwierigkeiten durch die COVID-19-Pandemie (Abb. 2).

Von zwei Dritteln der Teilnehmer*innen wurde die Einschränkung der chirurgischen Arbeit als hoch bis sehr hoch empfunden (Abb. 3a). Das persönliche Gefährdungspotential dagegen wurde nur in Ausnahmefällen als hoch oder sehr hoch eingestuft (Abb. 3b).

Wunsch nach spezifischen Maßnahmen bei zweiter Infektionswelle

Im Falle eines zweiten Anstiegs der Infektionszahlen befürwortete nur ein ¼ der befragten Chefärzt*innen im Gegensatz zur ersten Infektionswelle eine erneute vollständige Einstellung der elektiven Chirurgie. Stark befürwortet wurde ein für die Chirurgie spezifischer Maßnahmenplan bei steigenden Infektionszahlen (Abb. 4 b). Über 90 % der teilnehmenden Chefärzt*innen würden eine offiziell-beratende Funktion des Vorstandes der Vereinigung Niederrheinisch-Westfälischer Chirurgen bei politischen Entscheidungen zur Corona-Pandemie auf Landesebene befürworten.

Zusammenfassung

Die COVID-19-Pandemie hat in Deutschland zu bisher nicht dagewesenen Einschränkungen der elektiven chirurgischen Versorgung geführt. Insbesondere in der onkologischen Chirurgie kann dies zu erhöhten Krankheitsrisiken für Patienten führen, welche bei der Bewertung einer „erfolgreichen“ Pandemiebekämpfung berücksichtigt werden müssen. Dies bildet sich auch in der vorgestellten Umfrage der NRW-Chirurgen ab. Trotz erwarteter finanzieller Einbußen ist die Zustimmung zu den initial ergriffenen Maßnahmen unter den befragten Chefärzt*innen groß. Hervorzuheben ist, dass über ein Drittel der Teilnehmer*innen unnötige Patientenrisiken durch Maßnahmen sehen, die keine Ressourcen für die Behandlung von COVID-19-Patienten geschaffen haben. Dies sollte dazu führen, dass bisher ergriffene Maßnahmen kritisch hinterfragt werden, und erklärt das Bedürfnis der Befragten, erneut notwendige Einschränkungen berufspolitisch aktiv mitzugestalten. Die konkrete Gestaltung dieser Maßnahmen liegt im Rahmen des gesundheitspolitischen Föderalismus bei den Regierungen der jeweiligen Bundesländer. Eine Beratung durch bundesweit agierende Verbände kann regionale Gegebenheiten nicht immer vollständig einbeziehen. Deshalb erscheint eine Abstimmung zwischen länderspezifischen Fachgesellschaften wie den NRW-Chirurgen und den entsprechenden politischen Entscheidungsträgern sinnvoll, um spezifische Maßnahmen zu gestalten.

Die Autoren bedanken sich bei allen Mitgliedern des Vorstandes der NRW-Chirurgen für ihre Mitarbeit sowie bei den chirurgischen Chefärzt*innen in NRW, die an dieser Umfrage teilgenommen haben.

Literatur

[1] COVIDSurg C (2020) Global guidance for surgical care during the COVID-19 pandemic. Br J Surg
[2] Myles PS, Maswime S (2020) Mitigating the risks of surgery during the COVID-19 pandemic. Lancet 396: 2-3.
[3] Meyer HJ, Dietz A, Deitmer T, Schmitz-Rixen T, Rossaint R, Janssens U et al. (2020) S1-Leitlinie: „Interdisziplinär abgestimmte Empfehlungen zum Personal- und Patienten- schutz bei Durchführung planbarer Eingriffe zur Zeit der SARS-CoV-2-Pandemie“. AWMF online
[4] Brunner M, Stinner B, Benz S, Grützmann R (2020) COVID-19-Pandemie: Folgen für die onkologische kolorektale Chirurgie. Deutsches Ärzteblatt Ärzteschaft
[5] Hekmat K, Bruns CJ (2020) [The impact of the COVID-19 pandemic on surgery for malignant diseases]. Chirurg 91: 676.
[6] Sud A, Jones ME, Broggio J, Loveday C, Torr B, Garrett A et al. (2020) Collateral damage: the impact on outcomes from cancer surgery of the COVID-19 pandemic. Ann Oncol 31: 1065-1074.

 

Hygieneanforderungen in der ambulanten Praxis

Die Hygiene in medizinischen Einrichtungen, ob nun Krankenhaus oder ambulante Praxen, ist ein bedeutender Faktor für die Infektionsprävention und die Personal- und Patientensicherheit in den Einrichtungen. Es gilt, eine Vielzahl an gesetzlichen Vorgaben und Verordnungen einzuhalten – vom Infektionsschutzgesetz bis zur Trinkwasserverordnung. Praktisch spielen vor allem die Interpretation und Umsetzung der Empfehlungen der Kommission für Infektionsprävention und Krankenhaushygiene (KRINKO) des Robert Koch-Institutes eine wichtige Rolle.

Bei Überprüfungen durch die Aufsichtsbehörden steht in ambulanten medizinischen Einrichtungen ein funktionierendes Hygienemanagement im Vordergrund und wird genau unter die Lupe genommen. Dieses beinhaltet zum Beispiel die Erstellung von Hygieneplänen, Arbeitsanweisungen (SOP), Dokumentation in der Instrumentenaufbereitung, Durchführung der Infektionssurveillance und vieles mehr.

In der Praxis sieht man oft, dass der Überblick über die zahlreichen Anforderungen in der Hygiene und dem Qualitätsmanagement neben der Versorgung von Patienten zu kurz kommt. In einem persönlichen Gespräch vor Ort und einem Hygieneaudit stellt man dann oftmals kleinere oder manchmal auch größere Hygienelücken fest. In diesem Sinne ist es sehr wichtig, gemeinsam individuell an diesen Problemen zu arbeiten um ein funktionierendes und sachgerechtes Hygienekonzept aufzustellen, welches nicht nur formal korrekt, sondern auch „lebbar“ ist.

Hierbei sind neben Fachkompetenz Hygiene und Infektionsprävention auch Kreativität und Innovationfreude gefragt. Ein Beispiel, das sehr oft im Praxisalltag wiederzufinden ist, ist der Umgang mit Arzneimitteln: Hier sind bereits im Hygieneplan der Einrichtung Lücken vorhanden. Bei einer Hygienebegehung findet man aufgezogene Medikamente, deren Standzeiten und Herstellerempfehlungen nicht eingehalten werden. Ein ähnliches Bild zeigt sich oft auch in der Medizinprodukteaufbereitung, wo Mängel in der Handhabung und Aufbereitung entstehen können. Beide Punkte weisen ein hohes formales und inhaltliches Gefahrenpotential auf – sind aber meist schnell hygienisch einwandfrei zu regeln.

Einen kleinen Einblick schaffen diese Bilder aus dem Praxisalltag:

 

Das Deutsche Beratungszentrum für Hygiene ist mit seinem interdisziplinären Team von Krankenhaushygienikern, Mikrobiologen, Naturwissenschaftlern sowie hochqualifizierten Hygienefachkräften eines der größten Hygieneinstitute Europas.

Kooperationsangebot für BDC-Mitglieder

Sprechen Sie uns an!

Katja Stauffer
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Für die Mitglieder des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) bietet das BZH praxishygienische Beratung an. Diese beinhaltet u.a.

  • eine jährliche praxishygienische Begehung durch eine Hygienefachkraft,
  • sowie (wenn gewünscht) eine praxishygienische Fortbildung im Rahmen der Begehung.

Außerdem unterstützen wir Sie u.a. bei der Erstellung von Hygieneplänen sowie im Umgang mit Behörden. Wir bieten Ihnen und Ihrer Einrichtung ein bedarfsgerechtes, sicheres und maßgeschneidertes Hygienekonzept auf Basis aktueller Anforderungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Deutsches Beratungszentrum für Hygiene: Hygieneanforderungen in der ambulanten Praxis. Passion Chirurgie. 2020 Oktober, 10(10): Artikel 04_04.

Umsichtig und vernünftig handeln auf der operativen Intensivstation

Durch eine zielgerichtete evidenzbasierte Therapie, die einem hohen Standard genügt, kann die Prognose des Intensivpatienten maßgeblich verbessert werden.

Die operative Intensivmedizin ist ein wichtiger Querschnittsbereich, in dem Anästhesiologen und Chirurgen gemeinsam kritisch kranke Patienten behandeln. Dabei müssen nicht nur die unmittelbaren Folgen von Operation oder Trauma therapiert werden, sondern auch die Begleiterkrankungen und eine Vielzahl weiterer intensivmedizinischer Krankheitsbilder, wie Sepsis, Pneumonie, ARDS, kardiale Insuffizienz oder Delir. Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) bieten durch fünf Positiv- und fünf Negativempfehlungen eine Hilfestellung zur Gewährleistung eines hohen evidenzbasierten Versorgungsstandards in der operativen Intensivmedizin.

Nur durch die Gewährleistung einer hohen Versorgungsqualität 24/7 kann die Prognose unserer Patienten verbessert werden. Dafür sind Strukturstandards, wie Visitenstruktur, Händehygiene und Physiotherapie, aber auch Versorgungsstandards, wie die Fokussanierung bei Sepsis, hämodynamische Stabilisierung oder die lungenprotektive invasive Beatmung notwendig. Gleichzeitig sollten unnötige Maßnahmen, z. B. im Rahmen der Diagnostik oder der antiinfektiven Therapie, vermieden oder auf die Anwendung potentiell schädlicher Therapien, wie physiologische Kochsalzlösung oder forcierter Diurese beim Nierenversagen, verzichtet werden. Die Positiv- und Negativempfehlungen basieren auf nationalen und internationalen Leitlinien sowie der aktuellen Literatur.

Positivempfehlungen

1. In einer täglichen interdisziplinären und multiprofessionellen Visite definierte Tagesziele festlegen:

In der operativen Intensivmedizin ist die tägliche interdisziplinäre und multiprofessionelle Visite ein wichtiges Qualitätskriterium. Nur durch die tägliche Besprechung der relevanten intensivmedizinischen und chirurgischen Befunde, aber auch pflegerischer, physiotherapeutischer und sozialer Aspekte, können tägliche Therapieziele festgelegt werden und eine individualisierte, umfassende und zielorientierte Behandlung erfolgen.

Den Nutzen einer täglichen multiprofessionellen Visite mit Definition und Kommunikation von spezifischen Zielen zeigten Pronovost et al. bereits 2003, als sie dadurch die Intensivliegedauer reduzieren konnten [1]. Durch eine fokussierte Visite mindestens zwischen den behandelnden Ärzten und den betreuenden Pflegekräften kann die Kommunikation verbessert werden, die Therapieziele besser abgestimmt werden, um so Komplikationen zu vermeiden, und Behandlungskonzepte effektiver und schneller umgesetzt werden. Zusätzlich kann durch die Standardisierung der Visite bezüglich personeller Zusammensetzung, Ort und Uhrzeit, Struktur oder Minimierung von Unterbrechungen, die Effektivität gesteigert und das Patienten-Outcome verbessert werden [2]. Dies konnte auch für Teilaspekte, wie ZVK-assoziierte Blutstrominfektionen [3] oder die Beatmungsentwöhnung gezeigt werden [4]. Durch die Teilnahme von weiteren Spezialisten, wie Pharmakologen oder Infektiologen, kann die Effektivität noch weiter gesteigert werden.

Aufgrund dieser Daten wurde die tägliche multiprofessionelle Visite mit definierten Tageszielen als Qualitätsindikator 1 der Qualitätsindikatoren für die Intensivmedizin von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI) festgelegt [5] und sollte auf jeder Intensivstation umgesetzt werden, um die Versorgungsqualität und das Outcome zu verbessern.

2. Bei schweren Infektionen und Sepsis frühzeitig den Fokus identifizieren und innerhalb von 6 Stunden die Fokussanierung durchführen:

Die frühe Fokussanierung bei der Sepsis stellt neben der frühen antiinfektiven Therapie, der mikrobiologischen Diagnostik und der initialen Kreislaufstabilisierung eine zentrale Maßnahme zur Verbesserung des Outcomes dar [6, 7]. Daher fordert die aktuelle Sepsisleitlinie der Surviving Sepsis Campaign ausdrücklich die frühzeitige Identifizierung und Sanierung des Infektionsherdes innerhalb von 6 bis 12 Stunden ab Diagnose [7]. Bei einer postoperativen chirurgisch therapierbaren Komplikation, z. B. einer Wundinfektion, Insuffizienz, Ileus oder Fistel, ist in Abhängigkeit vom Zustand des Patienten eine rasche chirurgische oder interventionelle Revision notwendig (z. B. operative Versorgung/Revision oder CT- oder Ultraschall-gesteuerte Entlastung ggf. mit (Spül-)Drainagen). Falls die definitive chirurgische Versorgung nicht möglich ist, sollen mehrzeitige Konzepte, wie temporäre Wundverschlüsse mit geplanten Revisionsoperationen, Vakuumtherapie mit zweizeitigem Wundverschluss oder die Anlage von Deviationsstomata zur Anwendung kommen.

Patienten mit einem septischen Schock bei gastrointestinaler Perforation zeigen bei chirurgischer Versorgung nach mehr als 6 Stunden ein schlechteres Outcome [8, 9]. Daher gehört zur effektiven leitliniengerechten Sepsistherapie, wie auch zur zielgerechten Therapie von schweren Infektionen, die frühzeitige Fokussanierung innerhalb von 6 Stunden, um die Überlebensrate des Patienten zu verbessern [7, 10].

3. Passive Leg Raising (PLR) als neuer evidenzbasierter Standard zur Indikation und Steuerung der Volumentherapie:

Beim operativen Intensivpatienten kommt es aufgrund perioperativer Flüssigkeits- und Blutverluste, aber auch durch intravasale Volumenverschiebungen, z. B. bei Sepsis und Infektionen, häufig zum intravasalen Volumenmangel. Entsprechend der S3-Leitlinie „Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen“ muss nach der klinischen Diagnose des Volumenmangels aufgrund körperlicher Untersuchung und ergänzenden Laborparametern, wie Lactat, Base Excess, ScvO2 und Hämatokrit sowohl der Volumenmangel als auch die Volumenreagibilität wiederholt mit geeigneten Maßnahmen überprüft werden [11].

Ein Lagerungsmanöver zur Autotransfusion und Überprüfung der nachfolgenden hämodynamischen Effekte (PLR – Passive Leg Raising) ist dabei allen anderen Methoden überlegen, da es sowohl beim spontanatmenden und beatmeten als auch beim Patienten mit Herz­rhythmusstörungen Anwendung finden kann [12]. Als Zielgrößen sollten idealerweise dynamische Vorlastparameter, das Schlagvolumen oder initial auch die Veränderung des arteriellen Blutdruckes unter PLR von > 10 Prozent genutzt werden. Der zentrale Venendruck (ZVD) korreliert nicht mit der Volumen­reagibilität und sollte daher für diese Indikation nicht genutzt werden [13].

PLR stellt das Standardverfahren zur Diagnose der Volumenreagibilität und Steuerung der Volumentherapie dar und sollte bei allen Patienten mit klinischem Volumenmangel ohne Kontraindikation für dieses Lagerungsmanöver Anwendung finden.

4. Bei Intensivpatienten soll eine lungenprotektive Beatmung erfolgen, die beim ARDS um eine Lagerungstherapie und ggf. extrakorporale Lungenunterstützung ergänzt werden soll:

Grundpfeiler der Beatmungstherapie insbesondere in der operativen Intensivmedizin ist die lungenprotektive Beatmung mit einem kleinen Tidalvolumen von 4 – 8 ml/kg idealem Körpergewicht, der Begrenzung des Plateaudrucks auf 30 mbar und einem ausreichend hohem PEEP (Positive EndExpiratory Pressure). Für die intraoperative Beatmung wird aufgrund einer Reduktion der postoperativen invasiven und nicht-­invasiven Beatmung und auch der Pneumonierate inzwischen die Beatmung mit kleinen Tidalvolumen empfohlen [14] und sollte entsprechend auch bei der postoperativen Beatmung fortgeführt werden. Ebenso zeigten auch Intensivpatienten ohne akutes Lungenversagen (ARDS) unter Beatmung mit kleinen Tidalvolumina weniger pulmonale Komplikationen [15]. In der operativen Intensivmedizin ist die lungenprotektive Beatmung mit kleinen Tidalvolumina der Standard bei jeder kontrollierten invasiven Beatmung.

Auch die evidenzbasierte Therapie des akuten Lungenversagens umfasst die lungenprotektive Beatmung mit einem kleinen Tidalvolumen von 4 – 8 ml/kg idealem Körpergewicht, der Begrenzung des Plateaudrucks auf 30 mbar und einem ausreichend hohem PEEP, der bei moderatem oder schwerem ARDS eher höher gewählt werden sollte [16]. Dabei muss beachtet werden, dass entsprechend der Berlin Definition des ARDS bereits bei einem PaO2/FiO2 ≤ 300 mmHg mit einem PEEP ≥ 5 mbar von einem milden ARDS gesprochen wird und somit eine lungenprotektive Beatmung indiziert ist [17].

Zusätzlich sollte beim moderaten und schweren ARDS mit einem PaO2/FiO2 < 150 mmHg eine wiederholte Bauchlagerung von mindestens 16 h Dauer durchgeführt werden, da durch diese Maßnahme die Letalität signifikant gesenkt werden konnte. Die intermittierende Bauchlagerung sollte erst bei anhaltender Verbesserung der Oxygenierung in Rückenlage oder fehlender Verbesserung nach mehreren Versuchen beendet werden. Dabei ist der Effekt auf die Oxygenierung bei kompletter Bauchlagerung stärker als bei inkompletter Bauchlagerung (135°-Lagerung) [18].

Kommt es beim schweren ARDS trotz optimierter protektiver Beatmungstherapie, Lagerungstherapie und ggf. weiterer Maßnahmen, wie der Gabe von inhalativen Vasodilatatoren oder Rekrutierungsmanövern, zu einer anhaltenden Hypoxämie, sollte die Indikation zur extrakorporalen Membranoxygenierung durch ein ECMO-Zentrum (ECMO = extrakorporale Membranoxygenierung) überprüft werden (19). Dabei werden zurzeit ein PaO2/FiO2 < 80 mmHg oder ggf. sogar <60 mmHg oder ein pH < 7,2 unter optimierter ARDS-Therapie als Indikationen für eine ECMO angesehen.

5. Etablierung des Konzepts der Frühmobilisation in der Intensivmedizin:

Durch Frühmobilisation innerhalb von 72 Stunden kann die Beatmungs- und Liegedauer von Intensivpatienten gesenkt und das funktionelle Langzeit-Outcome verbessert werden [18].

Dabei zeigte sich ein definierter Behandlungsalgorithmus mit Nutzung sowohl pflegerischer als auch physiotherapeutischer Ressourcen im Outcome überlegen [20]. Die Intensität der Frühmobilisation muss der Erkrankungsschwere sowie der hämodynamischen und pulmonalen Stabilität angepasst werden. Ebenso sind Kontraindikationen, wie ein kritisch erhöhter Hirndruck, zu beachten.

Zur erfolgreichen Frühmobilisation sind neben einem differenzierten Behandlungskonzept auch ausreichende physiotherapeutische Personalkapazitäten erforderlich, wie es zum Beispiel die DGAI in ihrem modularen Zertifikat Intensivmedizin fordert [21] oder es in der S2e-Leitlinie: „Lagerungstherapie und Frühmobilisation zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen Funktionsstörungen“ empfohlen wird [18].

Negativempfehlungen

1. Eine perioperative Antibiotikaprophylaxe soll nicht postoperativ fortgeführt werden:

Die perioperative Antibiotikaprophylaxe stellt eine gesicherte effektive Maßnahme zur Reduktion von Wundinfektionen dar. Dabei soll die dem zu erwartenden Keimspektrum angepasste Antibiotikagabe idealerweise vor dem Hautschnitt erfolgen und nur bei mehr als 2 Stunden Operationsdauer bzw. bei einer Operationsdauer von mehr als zwei Halbwertszeiten des Antibiotikums ist die wiederholte intraoperative Gabe indiziert [22, 23].

Eine postoperative Fortführung oder Nachholung der Prophylaxe bei versäumter intra­operativer Gabe kann die Rate an Wundinfektionen nicht reduzieren, hat aber das Risiko sämtlicher antibiotikaassoziierter Nebenwirkungen. Der Patient wird nicht nur durch potentielle Medikamentennebenwirkungen inkl. allergischer Reaktionen gefährdet, sondern hat auch ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Clostridien-Infektion oder die Selektion multiresistenter Erreger, was nicht nur ein Risiko für den einzelnen Patienten, sondern darüberhinausgehend für die gesamte Umgebung des Patienten darstellt [24].

2. Keine Verwendung von isotoner Kochsalzlösung zum intravenösen Flüssigkeitsersatz:

Isotone Kochsalzlösung (0,9 Prozent NaCl) ist weltweit das am häufigsten verwendete Kristalloid und wird insbesondere bei niereninsuffizienten Patienten klinisch nach wie vor eingesetzt, obwohl der Einsatz von 0,9 Prozent NaCl mit einer gehäuften Inzidenz einer hyperchlorämischen metabolischen Azidose und Nierendysfunktion assoziiert ist [25-27]. In der aktuellen S3-Leitlinie „Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen“ wird mit dem höchsten Empfehlungsgrad von der Anwendung von isotoner Kochsalzlösung bei peri-interventionellen und Intensiv-Patienten klar abgeraten. Demgegenüber wird der Einsatz von balancierten isotonen Vollelektrolytlösungen empfohlen, dabei sollte Azetat oder Malat gepufferten Lösungen dem Laktat aufgrund der fehlenden Interaktion mit der Lactatmessung der Vorzug gegeben werden [11].

3. Vermeidung von Routine-Labordiagnostik, und -Röntgendiagnostik ohne konkrete klinische Fragestellung und keine Behandlung von Laborbefunden (z. B. Gerinnung) ohne entsprechende klinische Befunde:

Durch die Routineblutentnahme bei Intensivpatienten kommt es zu einem relevanten Blutverlust, der bei Langliegern mit einem zusätzlichen Transfusionsbedarf korreliert [28]. Durch eine individualisierte Indikations-induzierte Blutentnahme mit reduziertem Blutvolumen kann dieser Blutverlust ohne erhöhte Rate an Komplikationen oder schlechteres Outcome reduziert werden [29]. Gleiches gilt auch für den Verzicht auf einen routinemäßigen täglichen Röntgen Thorax und dessen Durchführung nur bei spezifischen Fragestellungen auf der Intensivstation [30].

Die prophylaktische Gabe von Gerinnungsprodukten beim nichtblutenden Patienten zeigt keinen Vorteil bei kritisch kranken operativen Intensivpatienten [31], sondern ist mit negativen Effekten assoziiert (z. B: verlängerte Krankenhausverweildauer) [32]. Auch die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten beim nichtblutenden Patienten sollte in der Regel erst ab einem Hb von unter 7 g/dl [33] oder aufgrund individueller physiologischer Transfusionstrigger erfolgen [34].

Klug entscheiden

„Klug entscheiden“ ist eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), die sich gegen Über- und Unterversorgung wendet. Ihr Ziel ist es, eine konkrete Hilfe bei der Indikationsstellung zu diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zu geben.

12 Fachgesellschaften haben an der Initiative unter dem Dach der DGIM teilgenommen und praktische Empfehlungen erstellt, die das Deutsche Ärzteblatt als Serie veröffentlicht hat. Alle bisher erschienenen Beiträge sowie ein Übersichtsartikel über die DGIM-Initiative sind unter www.aerzteblatt.de/klugentscheiden abrufbar.

Für die Operative Intensivmedizin möchten die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin(DGAI) und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) diesem Beispiel folgen.

4. Beim akuten Nierenversagen soll keine forcierte Diurese erfolgen, da sie den Krankheitsverlauf nicht positiv beeinflussen kann:

Im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung tritt häufig ein akutes Nierenversagen auf [35]. Während die Sicherstellung der Euvolämie und die Aufrechterhaltung eines ausreichenden renalen Perfusionsdrucks den Verlauf durchaus positiv beeinflussen kann, verbessert die Gabe von Diuretika ggf. mit gleichzeitig erhöhter Flüssigkeitseinfuhr im Sinne einer forcierten Diurese weder die Prognose, noch wird die Häufigkeit an Nierenersatzverfahren reduziert [36]. Einzig bei Flüssigkeitsüberladung können Diuretika bei erhaltener Diurese zur Bilanzierung erwogen werden, um damit assoziierte postoperative Komplikationen (z. B. Wundheilungsstörungen, reduzierte Darmmotilität) zu reduzieren. Insgesamt müssen Diuretika beim akuten Nierenversagen aber restriktiv gegeben werden [37].

5. Unzureichende Compliance bei der Händehygiene:

Die korrekte Anwendung der Händedesinfektion stellt die wichtigste Maßnahme zur Ver­meidung von nosokomialen Infektionen nicht nur auf der Intensivstation, sondern im gesamten Krankenhaus dar [38]. Aktuell geht man für die operative Intensivmedizin von ca. 180 bis 190 indizierten Anwendungen zur Händedesinfektion pro Patient und Tag aus [39].

Durch die korrekte Anwendung der fünf Indikationen zur Händehygiene (siehe Tabelle 1) können nosokomiale Infektionen, insbesondere nosokomiale Pneumonien und Katheter-assoziierte Infektionen, reduziert werden. In der INSEP Studie wurde bei 12.000 Patienten gezeigt, dass die Sepsis-auslösende Infektion bei mehr als 50 Prozent nosokomialen Ursprungs ist [40]. Dieses Ergebnis unterstreicht die Bedeutung der Händehygiene, deren Compliance auf der Intensivstation direkt ermittelt und gleichzeitig durch die Erfassung des Händedesinfektionsmittelverbrauchs im Rahmen der Qualitätssicherung erfasst werden sollte [5]. Geeignete Schulungsmaßnahmen können die Compliance der Händehygiene gezielt steigern.

1. VOR Patientenkontakt

2. VOR aseptischen Tätigkeiten

3. NACH Kontakt mit potenziell infektiösem Material

4. NACH Patientenkontakt

5. NACH Kontakt mit der direkten Patientenumgebung

Diskussion

Die operative Intensivmedizin zeichnet sich nicht nur durch hochkomplexe Therapiekonzepte unter Anwendung aller verfügbaren modernen pharmakologischen und medizintechnischen Möglichkeiten aus, sondern gerade auch durch die Anwendung einfacher Standards, die aber mit einer hohen Qualität und Zuverlässigkeit umgesetzt werden. So handelt es sich bei dem Passive Leg Raising um eine einfache und altbewährte Methode, um die Volumenreagibilität zu beurteilen und die Volumentherapie zu steuern, die auch ohne erweitertes hämodynamisches Monitoring zuverlässig einsetzbar ist. Mit den hier dargestellten Empfehlungen kann man insgesamt die Prognose operativer Intensivpatienten maßgeblich verbessern. Die Prognose des einzelnen Patienten kann dann durch zusätzliche individualisierte Diagnostik und Therapie weiter verbessert werden. Der Verzicht auf Therapien aufgrund fehlender Evidenz oder sogar potentiellem Schaden für den Patienten, wie z. B. der Verzicht auf isotone Kochsalzlösung, kann nicht nur die Prognose verbessern, sondern auch Ressourcen freisetzen, die in andere indizierte Maßnahmen investiert werden können.

Die operative Intensivmedizin ist durch die Kombination von Operation/Trauma, Begleiterkrankungen und akuten intensivmedizinischen Krankheitsbildern ein hochkomplexer, zeitkritischer Therapiebereich, der nur durch die interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten und weiteren Professionen erfolg­reich sein kann. Dafür benötigen wir zuverlässige Kommunikationsstrukturen, aber auch differenzierte standardisierte Therapiekonzepte, die jederzeit und schnell funktionieren.

Kopp R, Wildenauer R, Marx G: Umsichtig und vernünftig handeln auf der operativen Intensivstation. Passion Chirurgie. 2020 Oktober, 10(10): Artikel 04_02.

PD Dr. Kopp und Dr. Wildenauer trugen gleichermaßen zu dieser Arbeit bei.

Literaturliste zum Download

Was gibt’s Neues in der Lebertransplantation?

Die Lebertransplantation stellt den Goldstandard in der Behandlung von Patienten mit Leberzirrhose und akutem sowie chronischem Leberversagen dar. In den 21 deutschen Lebertransplantationszentren wurden 2019 insgesamt 773 Lebertransplantationen durchgeführt.

Aus chirurgisch-technischer Sicht ist die Lebertransplantation ein gut etabliertes Verfahren mit Ein Jahres-Überlebensraten von über 80 Prozent und 10-Jahres-Überlebensraten von über 70 Prozent im Bundesdurchschnitt. Der Gesamterfolg der Lebertransplantation ist hierbei jedoch eng mit der Grunderkrankung und dem Gesamtzustand der Patienten verknüpft sowie ganz entscheidend auch mit der Qualität des Spenderorgans. In Zeiten abflauender Organspendebereitschaft und immer älteren Organspendern nimmt die Spenderorganqualität stetig ab und es werden zunehmend so genannte marginale Organe vermittelt.

Die Hauptindikationen für eine Lebertransplantation bei Erwachsenen in Deutschland sind neben der äthyltoxischen Leberzirrhose (22 Prozent), der Hepatitis B und C bedingten Leberzirrhose sowie der PSC und PBC (10 Prozent) auch das hepatozelluläre Karzinom als häufigste onkologische Indikation (17 Prozent) innerhalb enger Vorgaben (MILAN-Kriterien). Eine neuere und in letzter Zeit häufiger werdende Indikation ist die Nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) bedingte Leberzirrhose. Die weltweite Prävalenz der NASH wird auf 3 bis 5 Prozent mit steigender Tendenz geschätzt. In den USA zeigte sich eine Zunahme der NASH-bedingten Lebertransplantationen von 1,2 Prozent in 2001 zu 9,7 Prozent in 2009. Auch in Deutschland ist bei zunehmenden metabolischen Erkrankungen eine Zunahme der NASH-bedingten Transplantationen zu erwarten.

Zunehmende Bedeutung für Onkologie

Zusätzlich zu diesen Indikationen bekommt die Lebertransplantation einen zunehmenden Stellenwert im kurativen Behandlungskonzept onkologischer Patienten. Neben der bereits gut etablierten Transplantation von Patienten mit Hepatozellulärem Karzinom (HCC) gemäß MILAN-Kriterien (1 Herd < 5 cm oder 3 Herde < 3 cm) wird der Stellenwert der Lebertransplantation in der onkologischen Therapie in mehreren Studien evaluiert, wodurch eine zukünftige Ausweitung der Indikationen zur Lebertransplantation wahrscheinlich scheint. Die pro-duct002 Studie (DRKS00013276) untersucht aktuell die mikroskopische Tumorfreiheit und das Überleben nach Lebertransplantation bei Patienten mit zentralem Gallengangskarzinom (Klatskin Tumor). Eingeschlossen werden Patienten, die bei Vorliegen eines, häufig spät erkannten, Klatskin Tumors als lokal irresektabel eingestuft wurden, sich jedoch sicher in einem nicht lymphogen- oder fernmetastasierten Tumorstadium befinden. Nach dringlicher Vermittlung eines geeigneten Spenderorgans werden die Patienten transplantiert und engmaschig nachgesorgt. Die TOM-Studie (DRKS00014582) untersucht die Erweiterung der Indikation in der HCC Therapie. In zwei Studienarmen (UNOS T2 versus Milan-out/UCSF-in) wird das Rekurrenz-freie Überleben nach Lebertransplantation mit hepatozellulärem Karzinom (HCC) in Zirrhose und lokoregionärer Therapie zur Überbrückung der Wartezeit verglichen. Ziel ist auch hier langfristig die Ausweitung der Einschlusskriterien von HCC Patienten zur Lebertransplantation. In einer kürzlich veröffentlichten randomisiert kontrollierten Studie (XXL-Trial, NCT01387503) konnte gezeigt werden, dass sowohl das tumorfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben von HCC-Patienten außerhalb der Milan-Kriterien nach Down­stagingtherapie und folgender Lebertransplantation im Vergleich zur Gruppe der nicht transplantierten Patienten deutlich gesteigert werden konnte [1]. In der LIVER-T(W)O-HEAL Studie (NCT03488953, Transplantationszentren Tübingen und Jena) werden Patienten mit irresektablen Lebermetastasen beim kolorektalen Karzinom eingeschlossen. Nach Chemotherapie erfolgt eine linksseitige Leberresektion und gleichzeitige auxiliäre Lebertransplantation eines lebendgespendeten linkslateralen Leberlappens. Nach Hypertrophie des Transplantats erfolgt die zweizeitige Resthepatektomie. Primärer Endpunkt ist das Gesamtüberleben 36 Monate nach Hepatektomie.

Problematisch: Spendebereitschaft gering

Ein Hauptproblem all dieser Studien und der potentiellen Indikationserweiterung der Lebertransplantation, auch im onkologischen Bereich, stellt der Mangel an Spenderorganen dar. Hier ist fraglich, ob die zuletzt intensiv geführte gesellschaftliche Diskussion über die Regelung der Organspende, die mit der erweiterten Zustimmungslösung in einem im Kern unveränderten Gesetz endete, eine Erhöhung der Spendebereitschaft und der tatsächlich durchgeführten Organspenden bewirken kann.

Somit bleibt aus transplantationschirurgischer Sicht nur, das „Beste aus den verfügbaren Spenderorganen“ herauszuholen. Dies kann bei marginalen Organen zum einen durch ein möglichst optimales Matching zwischen Empfänger und Spenderorgan erreicht werden: „Fittere“ Empfänger, die beispielsweise aufgrund eines hepatozellulären Karzinoms transplantiert werden, erreichen auch mit marginaleren Organen ein gutes Outcome, wohingegen schwer kranke Empfänger mit sehr hohem MELD Score ein möglichst gutes Spenderorgan benötigen. Zum anderen stellen Verfahren mit Maschinenperfusion – sei es hypotherm oder normotherm – eine innovative Methode dar, um marginale Spenderorgane hinsichtlich ihrer Transplantabilität zu testen, durch die Perfusion selbst zu verbessern oder zukünftig durch die der jeweiligen Perfusionslösung beigefügten Zusätze sogar zu therapieren [2].

Eine weitere Option, möglichst vielen Patienten mit den vorhandenen Spenderorganen zu helfen, stellt das Splitten von postmortal gespendeten Lebern dar. Hiermit kann zum einen durch Aufteilung in einen kleineren linkslateralen Leberlappen (Segmente II/III) ein Kind und mit dem rechts-erweiterten Leberteil (Segmente IV–VIII) ein Erwachsener transplantiert werden. Als technisch etwas aufwendigere Option kann auch bei einer Aufteilung in einen linken (Segmente II–IV) und einen rechten (Segmente V–VIII) Leberteil eine Versorgung von zwei (etwas kleineren) Erwachsenen angestrebt werden. Diese Splittingverfahren sind jedoch herausfordernd und mit etwas erhöhten Komplikationsraten verbunden und sollten daher nur in dafür spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Als dritte Option für die Erhöhung des Spenderorganpools die Leberlebendspende zu nennen. Dieses Verfahren ist ebenfalls nur in spezialisierten Transplantationszentren sinnvoll und sicher durchzuführen und muss stets kritisch und zurückhaltend indiziert werden, da ja ein gesunder Spender einer gewissen Gefahr mit möglichen Komplikationen ausgesetzt wird. Um diese Gefahr für die Spender so gering wie möglich zu halten, ist eine ausgedehnte präoperative Abklärung erforderlich. Zur weiteren Risikoreduktion für die Spender kann hierbei zu geringem Transplantat-zu-Empfänger-Gewichts-Ratio auf innovative Verfahren wie eine auxiliäre Transplantation des linken Leberlappens mit zweizeitiger Hepatektomie der nativen Leber nach entsprechender Hypertrophie des Transplantats im Rahmen eines innovativen Ansatzes zurückgegriffen werden. Dies soll aufgrund der Komplexität des Verfahrens jedoch sicherlich nur Einzelfällen vorbehalten bleiben.

Strategien zur Immunsuppression

Auch nach der Lebertransplantation bestehen zur Individualisierung der Immunsuppression weitere Optimierungsansätze, die in Studien evaluiert werden mit dem Ziel, für die Empfänger eine möglichst lange Transplantatfunktion unter Inkaufnahme möglichst geringer Nebenwirkungen zu erreichen. Hier ist zum einen die Evaluierung einer „Bottom-up“ Strategie zu nennen, die inzwischen in vielen Kliniken bei den meist kritisch kranken Patienten eingesetzt wird. Dabei wird direkt postoperativ mit einer eher niedrigen Immunsuppression begonnen und es werden Calcineurin-Inhibitoren (CNI) wie Tacrolimus oder Ciclosporin erst nach Stabilisierung des Patienten – u. U. erst 1 bis 3 Wochen (oder noch später) nach der Transplantation verwendet (Manuskript hierzu in Vorbereitung). Dies ist ohne eine relevante Erhöhung des Abstoßungsrisikos möglich, da Patienten mit hohem MELD-Score und in schlechtem klinischen Zustand zum Zeitpunkt der Transplantation eine endogen massiv verminderte Immunantwort haben. Im langfristigen Verlauf nach Lebertransplantation stehen bei vielen Patienten Nebenwirkungen der CNI-basierten Immunsuppression im Vordergrund (Nephrotoxizität, Diabetes mellitus, Hypertonie etc.), so dass hier zunehmend versucht wird, CNIs zu minimieren und beispielsweise durch mTOR-Inhibitoren wie Everolimus zu ersetzen [3]. In einer derzeit laufenden Studie wird sogar versucht, nach Lebertransplantation auf CNIs komplett zu verzichten und stattdessen die immunsuppressive Therapie über eine Costimulations-Blockade mit dem anti-CD40 Antikörper Iscalimab zu erreichen (CONTRAIL Studie, EudraCT 2018-001836-24). Dieser ist allerdings nicht als Tablette verfügbar, sondern muss in 14-tägigen Abständen injiziert werden – was evtl. auch die Adherence der Patienten im langfristigen Verlauf verbessert. Erste Studien in der Nierentransplantation dazu waren sehr erfolgversprechend. [4]

Insgesamt gibt es also mehrere vielversprechende sowohl chirurgische-technische als auch medikamentöse Ansätze, wie zukünftig das Outcome nach Lebertransplantation optimiert werden kann. Der Hauptfokus wird jedoch, insbesondere bei einer potentiellen Indikationserweiterung für eine Lebertransplantation im onkologischen Bereich, bei der Erhöhung der Zahl der Spenderorgane liegen. Dies kann in limitiertem Maße durch optimale Ausnutzung der Spenderorgane durch Maschinenperfusion, Verbesserung der Allokation und des Spender/Empfänger-­Matchings, Organsplitting und Lebendspende gelingen. Auch zur Optimierung der immunsuppressiven Therapie gibt es aktuell eine Reihe interessanter Ansätze, um die langfristigen Ergebnisse der Transplantation zu verbessern und vor allem um Nebenwirkungen zu minimieren. Am Ende ist es jedoch essentiell, dass die gesamtgesellschaftliche Diskussion über Organspende weitergeht, einhergehend mit optimierter Erkennung und Organisation potentieller Organspenden in unseren Kliniken, so dass die Zahl der insgesamt verfügbaren postmortalen Spenderorgane zunimmt. Nur so kann dem steigenden Bedarf an Organtransplantationen Rechnung getragen und eine Verteilungsgerechtigkeit für die potentiellen Empfänger aufrechterhalten werden.

Literatur

[1] Mazzaferro V, Citterio D, Bhoori S, Bongini M, Miceli R, Carlis L de et al. Liver transplantation in hepatocellular carcinoma after tumour downstaging (XXL): a randomised, controlled, phase 2b/3 trial. The Lancet Oncology 2020; 21(7):947–56.

[2] Nasralla D, Coussios CC, Mergental H, Akhtar MZ, Butler AJ, Ceresa CDL et al. A randomized trial of normothermic preservation in liver transplantation. Nature 2018; 557(7703):50–6.

[3] Sterneck M, Kaiser GM, Heyne N, Richter N, Rauchfuss F, Pascher A et al. Everolimus and early calcineurin inhibitor withdrawal: 3-year results from a randomized trial in liver transplantation. Am J Transplant 2014; 14(3):701–10.

[4] Espié P, He Y, Koo P, Sickert D, Dupuy C, Chokoté E et al. First-in-human clinical trial to assess pharmacokinetics, pharmacodynamics, safety, and tolerability of iscalimab, an anti-CD40 monoclonal antibody. Am J Transplant 2020; 20(2):463–73.

Brunner S, Brennfleck F, Schlitt H: Was gibt`s Neues in der Lebertransplantation? Passion Chirurgie. 2020 Oktober, 10(10): Artikel 03_02.

Editorial: Transplantationsmedizin in Bewegung

PASSION CHIRURGIE – Ausgabe 10-2020 

Die Geschichte der Transplantationsmedizin ist weltweit im Grunde eine Erfolgsgeschichte. Die ständige Weiterentwicklung von Operationsmethoden, Organkonservierung und Therapien sorgte in der Vergangenheit und mit aktuellen Entwicklungen auch in der Gegenwart dafür, dass theoretisch immer mehr schwer kranken Patienten durch eine Transplantation das Leben gerettet werden könnte. Allein in Deutschland wurden in den letzten 60 Jahren mehr als 139.000 Organe verpflanzt. Doch könnten diese Fortschritte noch viel mehr bewirken, wenn mehr Spenderorgane zur Verfügung stünden. Immer noch sterben hierzulande jährlich etwa 1.000 Patienten, während sie auf ein passendes Organ warten. In Deutschland herrscht seit vielen Jahren Stillstand statt Bewegung.

Denn obwohl 2012 das Transplantationsgesetz gleich zweimal novelliert wurde, sank die Zahl der postmortalen Organspender bis 2017 auf den niedrigsten Stand der letzten 20 Jahre. Hier existierte gleich doppelter Gegenwind: zum einen die öffentliche Diskussion um Manipulationen der Daten von Patienten auf der Warteliste, um Vorteile bei der Zuteilung von Organen zu erhalten zum anderen bestehende strukturelle und organisatorische Schwachstellen in den Rahmenbedingungen der deutschen Organspende und Transplantation. Während Ersteres in der öffentlichen Diskussion sehr viel Beachtung gefunden hat, stand Letzteres lange völlig im Hintergrund. Allerdings hatten wir schon vor dem sogenannten Transplantationsskandal das Organspendepotenzial in den Kliniken analysieren lassen mit dem Ergebnis, dass primär strukturelle und organisatorische Schwachstellen eine elementare Ursache für Erkennungs- und Meldedefizite möglicher Organspender waren. Andere Studien kamen nachfolgend zum selben Fazit: Es muss sich grundlegend an den strukturellen Rahmenbedingungen und der Umsetzung in den Kliniken etwas ändern, um die Kehrtwende bei der Organspende zu schaffen.

Endlich kam nun auf politischer Ebene erneut und umso stärker Bewegung in dieses Thema, sodass das vergangene Jahr aus Sicht der Organspende und Transplantation zu Recht als Meilenstein bezeichnet werden kann: Dank eines sehr engagierten Bundesgesundheitsministers trat bereits zum 1. April 2019 das Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende in Kraft. Kurze Zeit später folgte im Sommer mit Unterstützung des Gesundheitsministeriums der Gemeinschaftliche Initiativplan Organspende, der die Umsetzung des neuen Gesetzes in die Praxis erleichtern soll. Zeitgleich stieß Jens Spahn die Diskussion um die Neuregelung des Gesetzes zur Organspende an: Die Entscheidungslösung, die seit 2012 galt, sollte durch die doppelte Widerspruchslösung abgelöst werden. Ein klares Signal für die Organspende und ein starker Anreiz für Jeden, sich aktiv mit dieser wichtigen Frage auseinanderzusetzen und eine informierte und selbstbestimmte Entscheidung zu treffen – so die Vision vieler, die die Widerspruchslösung präferierten.

Nach ausführlicher, kontroverser Diskussion entschied sich der Bundestag im Januar 2020 dann allerdings gegen diesen Vorschlag: Im März 2022 wird stattdessen das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende in Kraft treten. Es handelt sich um eine Fortführung der bestehenden Zustimmungslösung mit einem nochmaligen Versuch, die Aufklärung der Bevölkerung zu fördern, in der Hoffnung, dass möglichst viele Bundesbürger zu Lebzeiten eine Entscheidung bezüglich der Organspende treffen, nicht nur im Sinne der Organspende, sondern insbesondere auch zur Entlastung der Angehörigen, die immer noch zum Zeitpunkt tiefster Trauer mit der mitunter schwierigen Frage nach der Organspende konfrontiert werden. Es kommt nun aus unserer Sicht darauf an, dieses Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bestmöglich umzusetzen, damit es seine Wirkung auch nachhaltig entfalten kann. Das betrifft sowohl die Ansprache der Bevölkerung als auch die praktische Anwendung: So sollte die ärztliche Einsichtnahme in das geplante Online-Organspenderegister, im Sinne der gerade verabschiedeten, neuen Richtlinie zur Spendererkennung der Bundesärztekammer möglich sein, wenn vermutet wird, dass der irreversible Hirnfunktionsausfall bereits eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. Diese rechtzeitige Erkundung des Patientenwillens zur Organspende ist Voraussetzung dafür, dass der Wunsch des Verstorbenen für eine mögliche Organspende tatsächlich umgesetzt werden kann.

Unverzichtbar dafür ist allerdings, dass der Verstorbene eine Entscheidung getroffen und diese dokumentiert hat. Unsere Daten zeigen, dass mehr als 40 Prozent der Ablehnungen einer Organspende von Angehörigen getroffen werden, die meist nicht wissen, was der Verstorbene wollte, und die sich so dagegen entscheiden. Ich wünsche mir daher sehr, dass die monatelangen Debatten um die Organspende in der Bevölkerung dauerhaft zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema und letztlich zur schriftlichen Willensbekundung führen. Dann kann das neue Gesetz womöglich einen positiven Effekt auf die Organspende in Deutschland erzielen – denn alle Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung hinter der Organspende steht!

Elementarer für die Situation der Transplantationsmedizin sind jedoch die strukturellen Maßnahmen, die das Gesetz vom letzten April in Gang gebracht hat. Diese verbessern maßgeblich die Rahmenbedingungen in den rund 1.200 Entnahmekrankenhäusern, insbesondere durch die Freistellung der Transplantationsbeauftragten und die damit verbundene Stärkung ihrer Position sowie durch eine bessere, dem Aufwand entsprechende Finanzierung der Organspende in den Kliniken.

Darüber hinaus freut uns, dass die Angehörigenbetreuung, die schon immer Bestandteil unsere Arbeit war, den Weg in das Gesetz gefunden hat. Endlich ist zudem auch der Austausch anonymer Dankesbriefe zwischen Organempfänger und den Angehörigen der Organspender gesetzlich geregelt. Die Transplantationszentren und wir von der DSO sind damit enge und wichtige Partner bei der Übermittlung der tief empfundenen Dankbarkeit, die viele Transplantierte den Familien der Spender zukommen lassen möchten. Stolz sind wir auch auf die kürzlich gestartete Website www.dankesbriefe-organspende.de, die das Thema Wertschätzung von Organspendern noch präsenter und öffentlicher macht.

Vieles bewegt sich also seit April 2019, vieles wird nun nach und nach umgesetzt – wobei einige bereits den großen Sprung nach oben mit den Jahreszahlen 2019 erwartet hatten. Diese blieben mit 932 postmortalen Organspendern ungefähr auf dem Niveau von 2018. Wer sich mit Krankenhausstrukturen auskennt, den überrascht es dagegen nicht, dass die im April 2019 angestoßenen Neuerungen noch keine große Wirkung bis Jahresende entfaltet haben. Umso gespannter warteten wir als Koordinierungsstelle daher auf die ersten Halbjahreszahlen 2020, die so langsam die Trendwende bringen sollten. Sie lagen 7,3 Prozent über denen vom Vorjahreszeitraum. Wir können nur spekulieren, ob wir ohne die Corona-Pandemie durchgängig höhere Zuwachsraten an Spendern in den Krankenhäusern gesehen hätten. Wie Sie wissen, kamen wir dank unseres Gesundheitssystems nicht an den Rand der Belastbarkeit wie z. B. Italien oder Spanien, wo die Organspendezahlen stark einbrachen.

COVID-19 wird uns noch einige Zeit beschäftigen und möglicherweise einschränken. Dank des Engagements in den Kliniken der letzten Monate schauen wir, was die Organspende und Transplantation betrifft, trotzdem optimistisch auf die kommende Zeit. Die gesetzlichen Änderungen aus 2019 haben Bewegung in das Thema gebracht, es liegt nun an uns allen, in unserem Engagement für die Organspende nicht nachzulassen. Nur so können wir gemeinsam den Patienten auf den Wartelisten zu einem neuen Organ und damit zu einem neuen Leben verhelfen.

Rahmel A: Editorial: Transplantationsmedizin in Bewegung. Passion Chirurgie. 2020 Oktober; 10(10): Artikel 01.

Unterstützung im Klinikalltag: Per App OP-timal vernetzt

Standard Operating Procedures, kurz SOP, erhöhen die Patientensicherheit. Wenn man sie am meisten braucht, sind sie jedoch oft nicht zur Hand. Die App SOPHIA schafft hier Abhilfe. Mit ihr sind alle SOP eines Krankenhauses jederzeit für alle Mitarbeitenden einsehbar. Gleichzeitig vernetzt die App die Kliniken auch untereinander.

Als Neuling hat man es im OP oft nicht leicht. Das weiß Sachariy Mark, OTA am Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall, aus Erfahrung. Rund 400 bis 500 OP-Verfahren gibt es in seinem Klinikum, fast alle erfordern unterschiedliche Lagerungen, Vorbereitungen und Geräte. „Als ich zu arbeiten begonnen habe, ist mir gleich aufgefallen, wie viele OP-Pfleger und OTA eine Kladde in der Kitteltasche mit sich herumtrugen. In dieser hatten sie Besonderheiten zu den einzelnen OPs vermerkt“, erzählt Mark. Für ihn kein Wunder – auch gute OP-Pfleger und OTA benötigten in der Regel 3 bis 4 Jahre, bis sie wirklich eingearbeitet sind. Im Rahmen seines Berufspädagogik-Studiums setzte sich der engagierte OTA deshalb dafür ein, dass Anfang 2019 in seinem Bereich die App SOPHIA eingeführt wurde.

In wenigen Klicks zur SOP

SOPHIA steht für SOP Healthcare Information Assistant. Mit dieser App haben Mediziner und andere Gesundheitsberufe in wenigen Klicks Zugriff auf alle Standard Operating Procedures des Klinikums. Damit können sie sich zum Beispiel über das Standardvorgehen bei fast allen Operationen informieren – vom Aortenaneurysma bis zur Zwerchfellhernie. „Bei einer Hüft-TEP mit dorsalem Zugang kann ich beispielsweise nachschlagen, welche Siebe, Implantate, Einmalartikel und Lagerungshilfsmittel ich brauche“, erläutert Mark, „das ist bei der Vielzahl der unterschiedlichen OPs eine enorme Erleichterung.“

In der Anästhesie-Abteilung des Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall ist die App schon seit etwa vier Jahren etabliert. Jan Dreßler, Gesundheits- und Krankenpfleger, hatte sie für seine Abteilung getestet. „Gerade die jungen Kollegen finden die digitale Unterstützung sehr hilfreich“, berichtet Dreßler. Er sieht den Vorteil der App vor allem darin, dass alle Anästhesiepflegenden immer auf dem aktuellen Stand arbeiten – ob neue Mitarbeiter, Teilzeitkräfte oder Teilnehmer der Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie. „Die meisten öffnen schon morgens die App, wenn sie wissen, für welche Operationen sie zuständig sind“, sagt Dreßler. Erst dann bereiten sie den Anästhesieplatz für die nächste OP vor, legen den periphervenösen Zugang und richten die Materialien für die Anästhesie, manchmal auch für einen zentralvenösen Zugang.

Dreßler schätzt vor allem die Möglichkeit der App, multimediale Inhalte einzubinden: Alle für die Anästhesie relevanten Geräte seien aufgeführt, größtenteils mit Fotos und Videos. Hat man ein Gerät mal länger nicht benutzt, zum Beispiel den Zell-Saver, könne man sich über die App die Bedienungsanleitung durchlesen oder schnell ein Video anschauen – schließlich seien manche Geräte nur alle ein bis zwei Monate im Einsatz. Die App sei dabei über PC und Smartphone-App aufrufbar.

Mehr Sicherheit durch SOP

Standard Operation Procedures, kurz SOP, bedeutet so viel wie Standardvorgehensweisen. Sie werden vor allem in Bereichen eingesetzt, die mit einem hohen Sicherheitsrisiko einhergehen wie der pharmazeutischen Industrie, der Luftfahrt oder auch dem Militär. Ein standardisiertes Vorgehen soll dabei einen höchstmöglichen Sicherheitsstandard realisieren. In der Luftfahrt gibt es sie schon seit Jahrzehnten. „Die SOP stehen einem im Cockpit jederzeit in Form von Checklisten elektronisch zur Verfügung“, berichtet Lufthansa-Pilot Boris Braun, einer der Entwickler der App SOPHIA. „Sie werden regelmäßig aktualisiert und sind für alle Mitarbeiter bindend.“ Von einer so hohen Standardisierung wie in der Luftfahrt sind deutsche Kliniken noch ein gutes Stück entfernt. „SOP sind zwar ein zunehmend wichtiger Bestandteil des Qualitätsmanagements“, weiß Reiner Wäschle, Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie an der Universitätsmedizin Göttingen, „aber noch haben nicht alle Kliniken sie etabliert.“ Dabei seien sie gerade im OP, der zu den Hochrisiko- und Hochkostenbereichen eines Krankenhauses gehöre, ein wichtiges Instrument für Versorgungsqualität und Patientensicherheit.

Die Klinik für Anästhesiologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) war auch der Startpunkt der App SOPHIA. Hier wurde bereits 2009 die Entscheidung getroffen, häufig wiederkehrende und risikobehaftete Abläufe in Form von SOP schriftlich zu fixieren. Dafür wurden zunächst PDF erstellt, die dann per E-Mail an jeden Mitarbeiter versandt und in einem Ordner im Zentral-OP für alle zugänglich aufbewahrt wurden. „Dieses Vorgehen hatte jedoch einen entscheidenden Nachteil“, sagt Sebastian Riech, Anästhesist und Oberarzt an der UMG. „Die PDF waren nie dort, wo man sie gerade brauchte und auch nur selten auf dem aktuellen Stand.“ Ein junger Assistenzarzt, Benjamin Braun, brachte den Oberarzt auf die entscheidende Idee: „Wir brauchen eine App, auf die wir jederzeit, auch ohne Internet, zugreifen können.“

Erste App für SOP in Deutschland

Damit war die Idee für die erste SOP-App in Deutschland geboren, und wurde – in Zusammenarbeit mit dem Göttinger Oberarzt Riech – von der Firma Portamedia realisiert. Im März 2013 wurde die App erstmals veröffentlicht und allen Mitarbeitenden des UMG zur Verfügung gestellt. Schon kurz darauf wurde die App weiterentwickelt – in Form eines kombinierten App- und webbasierten SOP-Management-Systems. „Damit können die SOP direkt auf der Online-Plattform erstellt werden, durchlaufen ein 4-Augen-Prinzip und sind nach der Freigabe automatisch für alle User verfügbar“, erläutert Riech. Gleichzeitig werden alle Beteiligten über eine Push-Nachricht über die Aktualisierung informiert. Die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) arbeitet bereits seit acht Jahren mit der App – zur Zufriedenheit der Mitarbeiter, wie eine interne Umfrage ergab. Besonders positiv bewerteten die Mitarbeiter die ständige Verfügbarbarkeit, die Stabilität und die einfache Bedienbarkeit. Der überwiegende Anteil der Befragten nutzte die App einmal wöchentlich bis mehrmals täglich. Nahezu alle Mitarbeiter zogen die digitale der papierbasierten Form vor – ganz gleich, wie erfahren die Mitarbeiter waren. „Es ist aber abhängig vom Erfahrungsschatz, wie oft die App genutzt wird“, sagt Oberarzt Wäschle. Gerade junge und neue Mitarbeiter profitierten von der App.

So ging es auch der Anästhesistin Anna Braig, die am Marienhospital Stuttgart arbeitet. Sie kann sich noch gut an ihre Zeit als Assistenzärztin erinnern. Abends kam der OP-Plan für den nächsten Tag heraus und mit ihm die spannende Frage: Für welche Operationen bin ich eingeteilt? Worauf muss ich mich einstellen? „In der Einarbeitungszeit hatte ich immer einen Kollegen an der Seite, danach war ich aber bald auf mich allein gestellt“, erzählt die 34-Jährige. Diese Situation sei typisch für die Anästhesie: „Hier muss man sehr früh sehr selbstständig arbeiten, und das in einem Bereich, der potenziell bedrohlich ist.“ Im Marienhospital war die App SOPHIA zu dieser Zeit schon länger im Einsatz. „Anfangs habe ich die App beinahe täglich genutzt“, erinnert sich die Anästhesistin. „Damals habe ich viele Abende damit verbracht, mich auf die anstehenden Operationen vorzubereiten und nachzulesen.“ Die App sei dabei eine große Hilfe gewesen – mit kurzen, knappen Informationen, die immer auf dem aktuellen Fachstandard seien.

Kliniken können die SOP anderer Kliniken nutzen

Derzeit arbeiten zehn Krankenhäuser in Deutschland mit SOPHIA. Um den Wissenstransfer zwischen den Kliniken zu unterstützen, bietet die App eine besondere Funktion – Sharing und Migration. Das bedeutet, dass Kliniken ihre SOP teilen können und andere Kliniken diese Inhalte für ihre eigenen Zwecke überarbeiten können. Jede Klinik kann dabei selbst entscheiden, ob und welche SOP sie für andere verfügbar macht (Sharing). Kliniken, die bislang keine oder nur wenige SOP entwickelt haben, können diese geteilten Inhalte übernehmen (Migration) und für ihren Bedarf anpassen. Anpassungen können zum Beispiel erforderlich sein, wenn andere Geräte oder Medikamente verwendet werden. Zudem können Richtlinien medizinischer Fachgesellschaften oder auch Gebrauchsanleitungen von medizinischen Geräten in die App aufgenommen werden.

Ein besonderer Vorteil der Funktion Sharing und Migration ist die permanente Aktualisierung. Das bedeutet: Wenn ein geteilter Inhalt von einer Klinik übernommen, angepasst und in der Klinik verteilt wird, bleibt er doch im Hintergrund mit der Original-SOP verknüpft. Wird diese Original-SOP nun geändert, werden alle Kliniken, die die SOP migriert haben, benachrichtigt. Die geteilten Daten seien zudem absolut rechtssicher, bestätigt Stefan Fischer von der SOPHIA GmbH. Entscheide sich eine Klinik dafür, ihre SOP zu teilen, sei die übernehmende Klinik verpflichtet, die SOP zu prüfen, zu adaptieren und für den eigenen Bedarf freizugeben. Kliniken, die ihre SOP teilen, seien damit rechtlich auf der sicheren Seite.

Auch wenn alles mit SOP begonnen hätte, werde SOPHIA in der Zwischenzeit in vielen weiteren Bereichen eingesetzt, sagt Fischer. Vielmehr gehe es darum, den Anwendern die richtige Information, zur richtigen Zeit am richtigen Ort – einfach – zur Verfügung zu stellen. Vorteilhaft sei das vor allem in Situationen wie der Corona-Pandemie, in der es um schnelle Weiterleitung von Informationen gehe. Veröffentliche Klinik 1 zum Beispiel Hinweise zur Beatmung eines Covid-19-Patienten und gebe diese über die App für andere Kliniken frei (Sharing), könne Klinik 2 diesen Inhalt übernehmen (Migration) und für die eigene Klinik anpassen. Im nächsten Schritt könne dann Klinik 2 die Information über die App intern weitergeben. „Man muss das Rad somit nicht immer wieder neu erfinden“, sagt Fischer.

Digitale Anwendung mit Zukunft

Vor anderthalb Jahren machte die App einen deutlichen Sprung nach vorn. Das deutsche Pharma- und Medizinbedarfs-Unternehmen B. Braun Melsungen AG wurde auf die App aufmerksam und kam mit den Entwicklern von SOPHIA ins Gespräch. Im März 2019 wurde ein Joint Venture gegründet, eine Unternehmenskooperation, bei der B. Braun und Portamedia gleichwertige Partner wurden: die SOPHIA GmbH. Zuvor wurde die gesamte Plattform, bestehend aus Web-Benutzerfläche und App, bestmöglich auf Benutzerfreundlichkeit und Funktionalität optimiert und mit einem modernen, sehr ansprechenden Design ausgestattet.

SOPHIA ist optimiert für die institutionelle Verwendung. Der Preis richtet sich dabei nach der Anzahl der Personen und liegt in etwa bei 5 Euro pro Nutzer und Monat. Seit 2020 sei auch der internationale Vertrieb gestartet, berichtet Fischer, der die Kooperation mit Portamedia für die B. Braun Melsungen AG in die Wege leitete. Es gebe bereits Projekte mit der Schweiz, Österreich, Großbritannien und Saudi-Arabien.

Im Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall ist die App ebenfalls ausgeweitet worden. „Im Moment arbeiten die OP- und Anästhesiepflegenden sowie die Anästhesisten mit der App“, sagt Sachariy Mark. „Die Intensivstationen sind Anfang 2020 hinzugekommen.“ Auch die Chirurgen seien nun sehr interessiert, mit der App zu arbeiten. Mark sieht die Vorteile vor allem in der deutlich verkürzten Einarbeitung und effizienteren Arbeitsweise. „Früher musste man oft lange suchen oder herumfragen. Nun findet man alle relevanten Infos gebündelt direkt in der App. Das spart enorm viel Zeit und kann unter Umständen Leben retten“, sagt Mark, der neben seinem Studium noch in der Unfallchirurgie arbeitet. Trotz seiner mittlerweile mehrjährigen Berufserfahrung profitiert auch er von dem Tool: „Ich nutze die App gerne zur Kontrolle. Zunächst richte ich den OP-Platz und kontrolliere dann mit der App, ob ich auch an alles gedacht habe.“

Funktionen von SOPHIA in der Übersicht

  1. Mit der App können Kliniken ihren Mitarbeitern eine eigene SOP-Bibliothek zur Verfügung stellen.
  2. Die Erstellung einer SOP erfolgt mit wenigen Klicks; alle SOP werden in einem 4-Augen-Prinzip freigegeben.
  3. Über Push-Nachrichten werden die Teammitglieder über neue/aktualisierte SOP sowie externe Inhalte informiert und damit verlinkt.
  4. Die SOP können multimedial unterstützt werden. Dies erfolgt durch das Einbinden von Videos, Sound, Bildern oder PDF.
  5. Die App bietet die Möglichkeit, selbstständig einen News Channel ausschließlich für das eigene Team zu betreiben (Funktion: Schwarzes Brett).
  6. Der Bereich „Migration“ ermöglicht, klinikexterne Inhalte in das eigene Institut zu migrieren und diese zu verändern.
  7. Die App ist auf allen Endgeräten nutzbar. Auch besteht die die Möglichkeit direkt über den Webbrowser auf die SOPHIA-Plattform

Weitere Infos: https://sophia.online

Teigeler B: Unterstützung im Klinikalltag: Per App OP-timal vernetzt. Passion Chirurgie. 2020 Oktober, 10(10): Artikel 04_05.

BDC-Praxistest: Kompetenzbasierte Weiterbildung: Ursprünge, Inhalte und Erfahrungen

PRAXISCHECK: WIE KOMPETENZBASIERTE WEITERBILDUNG ­ENTSTAND UND IN ANDEREN LÄNDERN GEHANDHABT WIRD.

Die Qualität der chirurgischen Weiterbildung stellt grundsätzlich einen wesentlichen Faktor für die die Patientensicherheit dar [1–4]. Auch in Deutschland wird das Thema aktuell wieder diskutiert. Der Deutsche Ärztetag hat bereits 2007 eine Weiterbildungsreform für Deutschland beschlossen. Anders als bei den bisherigen Reformen sollte es hier jedoch nicht nur zu einer Anpassung der bisherigen Weiterbildungskataloge, sondern auch zu einer Änderung der Struktur hin zu kompetenzbasierten Inhalten kommen. Das wirft bei vielen erfahrenen KollegInnen die Frage auf, warum so etwas nötig ist, wenn die bisherige Weiterbildung sie doch zu den FachärztInnen gemacht hat, die heute eine gute Versorgung gewährleisten. Die umfangreichen Veränderungen des Gesundheitssystems in den letzten Jahrzehnten wirken sich jedoch auch auf die Weiterbildung aus. So beeinflussen der nicht abnehmende Kostendruck der Kliniken, die Begrenzung der Arbeitszeit durch das Arbeitszeitschutzgesetz, der stetig ansteigende Administrationsaufwand, die Erwartungen der jüngeren Generationen an eine ausgewogenere Work-Life-Balance und der relative Ärztemangel nicht nur den Klinikalltag, sondern ganz zwangsläufig auch die Weiterbildung der nachfolgenden Ärztegenerationen [5–9]. Innerhalb der letzten Jahre sind wesentliche Defizite der bisherigen Weiterbildung evident und durch Umfragen und Verbandsarbeit Teil der öffentlichen Diskussion geworden [9, 10].

Mittlerweile verhandeln die Landesärztekammern aber mittlerweile bereits detailliert über die neuen Musterweiterbildungsordnungen. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, werden die neuen Verordnungen mit entsprechend angepassten Weiterbildungsordnungen und Logbüchern in den jeweiligen Landesbezirken Gültigkeit erlangen.

Vorwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

das Thema „Weiterbildung in der Chirurgie“ ist seit Jahren ein Dauerbrenner. Viele haben dazu Ideen, manche reformatorischen Eifer, aber alle, wirklich alle haben dazu eine Meinung. Unstrittig ist, das Lehre und Ausbildung sich grundsätzlich und fortwährend an aktuelle Entwicklungen anpassen müssen. Doch wie man Neues begrüßt, und Bewährtes nicht vergisst, bleibt heiß umkämpft. Die neue Weiterbildungsordnung (WO) stellt in diesem Kontext eine kleine Revolution dar. Kompetenzen erwerben, statt Operationen zu zählen ist das neue Motto, doch daran scheiden sich immer noch die Geister. Ma tempi passati – die Weiterbildungsordnung ist beschlossen, da kann man nicht mehr dran rütteln. Grund genug sich mit dem Thema der kompetenzbasierten WO genauer zu beschäftigen. Denn die Umsetzung in der Praxis, d. h. also in jedem unserer Krankenhäuser, wird über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Das Thema geht uns alle an!

Spannende, erhellende Lektüre wünschen

Prof. Dr. med. C. J. Krones und Prof. Dr. med. D. Vallböhmer

Bekannt ist schon jetzt, dass die neue Weiterbildungsordnung eine kompetenzbasierte Struktur erhalten wird. Doch entgegen der allgemeinen Annahme, dass anstelle der tradierten „Operations-Zahlen“ nun nur noch „Kompetenzen in Operationen“ bescheinigt werden, handelt es sich bei kompetenzbasierter Weiterbildung um weitaus mehr. Denn eine kompetenzbasierte Weiterbildung richtet sich auch nach klar definierten Werten, die strukturiert vermittelt, geübt und kontrolliert werden. Diese Werte basieren auf den Anforderungen für ein patientenorientiertes Gesundheitssystem. Ziel dieser Struktur ist es aber nicht nur zu wissen, was AssistenzärztInnen bis zur Facharztprüfung geleistet haben, sondern was sie tatsächlich können, um damit eine sichere und gute medizinische Versorgung der Gesellschaft in der Zukunft zu gewährleisten.

Um dieses Konzept der kompetenzbasierten Weiterbildung besser zu verstehen ist es hilfreich die Ursprünge, die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte dieser Lehr- und Lernstruktur zu betrachten. Dazu lohnt ein Blick über die Grenzen, denn in vielen anderen Ländern wird eine kompetenzbasierte Weiterbildung schon seit Jahren gelebt.

Ursprung der kompetenzbasierten Weiterbildung

Bevor die Chirurgie ein Teil der medizinischen Profession wurde, wurden chirurgische Eingriffe von Barbieren durchgeführt [11]. Die Vermittlung der chirurgischen Kunst verlief dabei ähnlich einer Handwerkslehre: Die jungen ÄrztInnen begleiten ihre „MeisterInnen“, um sie bei ihrer „Kunst“ – der Chirurgie – zu beobachten. Im nächsten Schritt assistierten sie, um schließlich in der Folge mehr und mehr Eingriffe selbstständig durchzuführen. Das bekannte Zitat „See one, do one, teach one“ beschreibt verkürzt diese tradierte Vermittlung chirurgischer Fähigkeiten im Rahmen einer allein auf Erfahrung und Zeit basierten Weiterbildung.

Die Herausforderungen an ChirurgInnen haben sich im letzten Jahrhundert jedoch stark gewandelt. Durch die Globalisierung, den zunehmenden Wohlstand und die schnelle und ungefilterte Menge an Informationsmöglichkeiten durch das Internet sind die Ansprüche der PatientInnen an Gesundheit gestiegen, und auch das Patientengut hat sich stark gewandelt [12–17]. Bereits Anfang der 1990er proklamierten ÄrztInnen in Kanada ihre Besorgnis über diesen Wandel, und kritisierten insbesondere die fehlende Anpassung des medizinischen Weiterbildungssystems an die sich ändernden Rahmenbedingungen. Zusätzlich wurden im späten 20. Jahrhundert Stimmen laut, die mehr PatientInnensicherheit in der Chirurgie forderten [18–20]. Das Fehlen eines unabhängigen Bewertungssystems und einer fundierten Qualitätssicherung wurden angeprangert. Durch die veränderten Ansprüche sahen ÄrztInnen außerdem ihre berufliche Selbstregulierung bedroht [19]. Daraus ergab sich der Wunsch, Initiativen zur Reform der chirurgischen Weiterbildung zu entwickeln [18].

So war Kanada das erste Land, welches ein neues, kompetenzbasiertes Curriculum und damit eine grundsätzliche Umstrukturierung der Weiterbildung einführte. Der grundlegende Unterschied war die Abkehr von einem System, das sich auf den Lehrprozess konzentrierte, hin zu einem System, das sich auf das Ergebnis und damit auf die Bedürfnisse und Wünsche der EmpfängerInnen – im chirurgischen Kontext also der PatientInnen – konzentrierte [21].

In Kanada wurde dazu ein Ausschuss von ÄrztInnen gebildet, der sich durch Beratung von ExpertInnen, Gesundheitsorganisationen, systematischen Literaturrecherchen und Patientenfokusgruppen aufwändig mit gesellschaftlichen Nachfragen und Bedürfnissen auseinandersetzte. Basierend auf den Ergebnissen wurden danach neue Ziele für das ärztliche Handeln definiert. Heute ist dies als CanMEDS-Framework bekannt [22]. Die hier definierten Werte und Standards (entsprechend den CanMEDS-Rollen) bilden bis heute die Grundlage und die Standards für die kompetenzbasierte Weiterbildung in vielen Ländern.

Frank und Danoff (2007) fassen die kompetenzbasierte Weiterbildung so zusammen: „Man beginne mit dem Ziel im Sinn und konzentriere sich auf die Kompetenzen, die von den AbsolventInnen der medizinischen Weiterbildung benötigt werden, um die Bedürfnisse derer, denen sie dienen, zu erfüllen und die im Gesundheitswesen gewünschten Ergebnisse zu erzielen“ [23].

Das CanMEDS framework

Kompetenzbasierte Weiterbildung basiert auf Informationen, Bedürfnissen und Erwartungen von PatientInnen an ihre ÄrztInnen. Die auf Basis dieser Erkenntnisse definierten Werte und Standards bilden die Grundlage für messbare Ergebnisse und Lernziele.

Abb. 1: Die ärztlichen Rollen des CanMEDS framework (mit freundlicher Genehmigung des Royal College of Physicians and Surgeons of Canada).

Das CanMEDS framework [22] definiert sieben Rollen, die ÄrztInnen erfüllen sollten.

  1. Kommunikator: Befähigung, die Symptome und Bedürfnisse der PatientInnen zu erurieren, um die Grundlage für eine gemeinsame Entscheidungsfindung („shared decision making“) und eine patientenzentrierte Versorgung zu schaffen.
  2. Kollaborator: Sicherstellung, dass die Gesundheitsberufe gemeinsam für eine sichere, qualitativ hochwertige, patientenzentrierte Versorgung arbeiten.
  3. Führungskraft: Verantwortung, die notwendigen Bedingungen und Visionen zu schaffen, um eine wertvolle PatientInnenversorgung gewährleisten zu können: in der Klinik, Administration und Lehre.
  4. Gesundheitsfürsprecher: Engagement für die Verbesserung der Gesundheit von PatientInnen und Gesellschaft; Förderung von Prävention, Gesundheit und Qualitätsverbesserung.
  5. Lehrender und Lernender: Verpflichtung zu kontinuierlichem eigenen Lernen und Weiterbildung von anderen, sowie Sichern und Evaluieren von medizinischer Evidenz.
  6. Professionalität: Sicherstellung von ethischer klinischer Praxis, hohen Standards im persönlichen Verhalten und Würde gegenüber dem ärztlichen Beruf und der Gesellschaft.
  7. Medizinischer/e Experte/in: Verknüpfung der oben definierten Rollen, Nutzung des Wissens, der klinischen Fähigkeiten und Werte, um eine sichere, qualitativ hochwertige patientenzentrierte Versorgung für PatientInnen und die Gesellschaft insgesamt zu gewährleisten.

Von der Theorie zur Praxis

Die Definition neuer Werte und Ziele allein führte allerdings natürlich nicht zu einer spürbaren Veränderung in eine ergebnisorientierte chirurgische Weiterbildung im klinischen Alltag. Um die Umsetzung sicherzustellen, mussten neue Methoden und Formen der Fakultätsentwicklung, der Akkreditierung von Weiterbildungsprogrammen sowie neue Lehrpläne, Weiterbildungsressourcen und Qualitätskontrollen eingeführt werden [24]. Als Konsequenz wurde in vielen Ländern das System der Weiterbildung, die Kriterien der Weiterbildungsbefugnis für Krankenhäuser und ÄrztInnen und die genutzten Ressourcen zum Wissenstransfer angepasst (Abbildung 2). Die neu definierten Werte und die starke Orientierung am Ergebnis spiegelten sich dabei in jeder Anpassung des Systems wider. So orientierte sich die Weiterbildungsbefugnis nun nicht mehr ausschließlich an den Operationszahlen oder der Größe des Krankenhauses, sondern auf die Durchführung, die erreichten Ergebnisse und die Qualität der Weiterbildung. Einen großen Anteil der Systemveränderung machte dabei die kontinuierliche Qualitätskontrolle und -verbesserung der Weiterbildung aus, die auch die Überprüfung der Weiterzubildenden und der Weiterbildenden beinhaltete. Eine Ausbildung der Weiterbildenden, die regelmäßige Evaluation des Lernfortschritts des Weiterzubildenden und die Qualitätsprüfung der Weiterbildung sind essentieller Teil des Systems einer kompetenzbasierten Weiterbildung.

Abb. 2: Grundlagen der kompetenzbasierten Weiterbildung und Beispiele zum Praxisbezug

Neben der Systemanpassung machten die Länder auch Ressourcen verfügbar, um den Transfer von definierten Wissenszielen in die Praxis zu erreichen. Hierunter fallen Weiterbildungspläne, die individuell gemeinsam mit dem Weiterbildenden festgelegt werden, und eine geregelte Fortbildung, welche definierte Lernziele, Kurse und Simulationen beinhaltet. Auch diese Maßnahmen folgen dem Ziel die Endergebnisse der Weiterbildung zu verbessern, und zeitgleich eine optimale Patientenversorgung zu bieten.

Ein Teil der kompetenzbasierten Weiterbildung bleibt wie früher auch die persönliche Weiterbildung in der Klinik und am Operationstisch. Diese erreicht jedoch durch die vorstehende Struktur mehr Unterstützung, klarer definierte, detailliertere Ziele, transparentere Verantwortlichkeit und am Ende auch mehr Wert, sowohl für die Weiterzubildenden als auch für die Weiterbildendenden.

Die Grundannahmen der kompetenzbasierten Weiterbildung stehen in enger Abhängigkeit zueinander. Veränderungen in einem Einzelbereich, machen meist Anpassungen in einem anderen Bereich notwendig, ohne die eine Verbesserung des Gesamtprozesses ergebnislos verläuft. Zum Beispiel verlangt die Verbesserung der Weiterbilder-Weiterzubildender-Beziehung auch Maßnahmen in der Ausbildung des Weiterbildenden, die wiederum von den bereitgestellten Ressourcen abhängen. Die Grundlagen bilden also ein interdependentes Netzwerk. Der Wechsel von der „Lehrlingsausbildung“ hin zu einer ergebnisorientierten Weiterbildung ist somit ein echter Wandel in der chirurgischen Weiterbildung.

Was ist eine Kompetenz

Viele Länder haben die CanMEDs-Rollen leicht modifiziert übernommen. Dazu gehören z.B. Australien, Neuseeland, die Niederlande, die Schweiz und auch Norwegen. Andere Länder definieren eigene Werte, die sich in den Grundzügen aber stark ähneln (Großbritannien, USA). Eine Kompetenz bezieht sich dabei immer auf eine klinische ärztliche Aufgabe und die Erfüllung von definierten Zielen in Verhalten, Wissen und Fähigkeiten. Die Ziele in Verhalten, Wissen und Fähigkeiten spiegeln die Anforderungen der Werte wider (Abbildung 2). Viele Länder (Kanada, Niederlande, Großbritannien, Neuseeland, Australien, Schweiz) haben eine Einzel-Kompetenz als „Entrusted Professional Acitivity“ (EPA) definiert. Eine EPA entspricht einem ärztlichen Handlungsbereich, den man einem Arzt bzw. einer Ärztin anvertrauen kann, sobald er/sie in diesem Bereich eine ausreichende Kompetenz bewiesen hat. Die Kompetenz für diesen Handlungsbereich beschreibt bezogen auf die Werte der Weiterbildung Erreichtes in Verhalten, Wissen und Fähigkeiten. So ist z.B. in Kanada für die „EPA: Behandlung von Radiusfrakturen“ neben der chirurgischen Durchführung der Operation auch die Aufklärung über die Operation und ihre Behandlungsalternativen (CanMEDs-Rolle: Kommunikator), die Durchführung der WHO-Checkliste in Zusammenarbeit mit der Anästhesie (CanMEDs-Rolle: Kollaborateur) und die Übernahme der Verantwortung (CanMEDs-Rolle: Führungskraft) als kompetent zu demonstrieren [25].

Bescheinigung von Kompetenzen

In Deutschland wird wiederholt die Sorge diskutiert, dass durch die Bescheinigung eines Weiterzubildenden als „kompetent“ eine rechtliche Haftungssituation für den Weiterbildenden entsteht. Hinsichtlich der Anerkennung dieser Kompetenz zeigen sich international Unterschiede: So werden in Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland Kompetenzen anhand von kleinen, innerklinischen Zwischenprüfungen – so genannten „Workplace-based Assessments“ (WBPA) attestiert. Durch unterschiedliche Prüfungsmethoden („Direkte Observation einer Procedure“, „Mini-klinische Evaluations Übung“) wird der aktuelle Stand der Weiterbildendung und Kompetenz in einem strukturierten Bewertungsbogens eingeordnet. In diesen Ländern sind minimal zwei WBPAs als „kompetent“ zu bewerten, um die individuelle Kompetenz zu erreichen.

Die Niederlande, Frankreich und Norwegen bestätigen Kompetenzen im Rahmen eines gemeinsamen Beschlusses des klinikinternen Weiterbildungskomitees. Diese Komitees tagen in regelmäßigen Abständen (wöchentlich bis monatlich) und diskutieren den individuellen Lernfortschritt. Im Konsens wird dann eine Kompetenz der Weiterzubildenden beschlossen.

Erfahrungen aus anderen Ländern

Eine weitere Anpassung richtet in den Niederlanden die chirurgische Weiterbildung mittlerweile fast ausschließlich an den oben beschriebenen EPAs aus, die dabei auch zeitgleich absolviert werden können. Neben „Pflicht-EPAs“ wie „Hüfte – Basis“ können die Weiterzubildenden je nach individuellem Fortschritt schon in ihrer Weiterbildungszeit zusätzliche EPAs durchführen. Dadurch ist einerseits bereits eine Spezialisierung in einem Bereich möglich – „Hüfte – Fortgeschritten“ bis zu „Hüfte – Spezialisiert“. Aber auch die EPAs in den Bereichen „Qualitätsverbesserung“ oder „Forschung“ können ausgewählt werden. Diese Struktur soll der Erfahrung, der Lerngeschwindigkeit und dem Ambitionsniveau der einzelnen Weiterzubildenden besser gerecht werden, und die einzelnen Stärken und Schwächen besser einbeziehen [26]. Das Konzept zielt darauf ab, die chirurgische Weiterbildung „so lange wie nötig, aber auch so kurz wie möglich zu halten“ [26]. Durch die klar definierten Ziele steigen Individualität und Transparenz der Kompetenzen.

Großbritannien hat 2003 das elektronische Logbuch eingeführt, in dem zeitnah chirurgische Eingriffe dokumentiert und von dem assistierenden Weiterbildenden bestätigt werden müssen. Die strukturierte Auswertung der Logbucheingriffe hat umfangreiche Daten über die Lernkurven von Weiterzubildenden in der Chirurgie geliefert: Brown et al. (2017) zeigten hiermit, dass die Weiterzubildenden 10 bis 84 (Median 38,9) Operationen an Leistenhernien durchführten bis sie hinreichende „Kompetenz“ erreichten [27]. Abdelrahman et al. (2016) demonstrierten ähnliche Zahlen (11 bis 108 Leistenhernien, Median 41) [28]. Eine erste Expertise bei Hüftendoprothesen wird zwischen 37 und 63 Eingriffen erreicht (Median 51) [29]. Die Vergleiche von Operationszahlen zu Kompetenzen unterstreichen also, dass Lernkurven und damit der Lernerfolg unter Weiterzubildenden individuell stark variieren. Kompetenzbasierte Weiterbildung würdigt dieses Faktum durch den starken Fokus auf das Ergebnis und das Leistungsziel.

Abb. 3: Kompetenz am Beispiel einer Entrusted Professional Activity.

Kompetenzbasierte Weiterbildung in Deutschland

Es bleibt derzeit abzuwarten, wie die Implementierung der kompetenzbasierten Weiterbildung in Deutschland durch die Landesärztekammern im Detail aussehen wird. Die nachfolgende praktische Umsetzung ist aber mit noch mehr Spannung zu erwarten. Ein Lehrsystem, das sich einerseits aktuell in Kliniken abspielt, die unter finanziellem Druck stehen, und das andererseits gerade „Anfängeroperationen“ immer weiter in den ambulanten Sektor verlegt, in dem die Therapie aber einem Facharztstandard unterliegt, könnte sich mit der Reform schwer zu tun. Das aktuelle System, die Qualitätskontrolle der Weiterbildung aber auch die Unterstützung und Wertschätzung der Weiterzubildenden sind aktuell sehr different zu den Ländern, in denen kompetenzbasierte Weiterbildung praktiziert wird. Die aktuell vorherrschend nur sehr grobe Weiterbildungsstruktur bietet aber andererseits den Raum und eine Chance, um die reichhaltigen Erfahrungen anderer Länder zur inhaltlichen Reform zu nutzen und die Weiterbildung in Deutschland dadurch voranzubringen.

Denn eines sollte uns dabei immer bewusst sein: Der/Die Chirurg/in ist der eine zentrale Faktor bei jeder Patientenbehandlung. Die ChirurgInnen die wir heute weiterbilden sind somit die Schlüsselpersonen der Gesundheitsversorgung von morgen. Die chirurgische Weiterbildung zu verbessern sollte daher ein Hauptziel aller zum Wohle aller sein.

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