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Ungefähr 3.700 Durchgangsärztinnen und Durchgangsärzte sind Stand Anfang 2023 für die gesetzliche Unfallversicherung tätig. Sie versorgen Unfallverletzungen und Berufskrankheiten in Kliniken oder in ambulanter Praxis und rechnen nach einer einheitlichen Gebührenordnung ab. Damit ist schon eine Besonderheit genannt, die das Durchgangsarztsystem von der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter unterscheidet. Während im ambulanten Bereich nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abgerechnet wird, gilt im stationären Bereich das Prinzip der Fallpauschalen. Die Partner des Vertrages Ärzte/Unfallversicherung haben sich dagegen bei der Vergütung in Anlehnung an die GOÄ 1996 für eine Einzelleistungsvergütung entschieden, was seinerzeit einen erheblichen Fortschritt darstellte.

I. Die Grundlagen der Abrechnung in der Unfallversicherung

Jeder Arzt oder Ärztin rechnet seit 2002 auf der Grundlage des zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (SVLFG) vereinbarten Vergütungsverzeichnis gemäß § 51 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger ab. Die UV-GOÄ als Anlage 1 zum Vertrag bildet alle Leistungen ab, die in der Unfallversicherung erbracht und abgerechnet werden können. Anders als die GOÄ gibt es bei der UV-GOÄ keine Steigerungsfaktoren, auch die Unterscheidung von Besonderer und Allgemeiner Heilbehandlung sowie die Ausweisung von Kosten (Besondere Kosten, Allgemeine Kosten und Sachkosten), die dem Unfallversicherungsträger in Rechnung gestellt werden können, unterscheiden die UV-GOÄ von der GOÄ, die im privatärztlichen Bereich gilt (Einzelheiten im Handbuch UV-GOÄ –Abrechnung und Kommentierung der Heilbehandlung in der Gesetzlichen Unfallversicherung, Deutscher Ärzteverlag 2022).

II. Weiterentwicklung von Gebühren in der Ständigen Gebührenkommission

Schon früh waren sich die Vertragspartner darüber einig, dass die UV-GOÄ zwar in Anlehnung an die GOÄ konzipiert wurde, gleichwohl ein eigenständiges Gebührenverzeichnis darstellt. Dies ermöglicht den Vertragspartnern, gebührenmäßig das abzubilden, wonach die Unfallversicherungsträger nach SGB VII verpflichtet ist, nämlich eine möglichst frühzeitig nach dem Versicherungsfall einsetzende und sachgemäße Heilbehandlung mit allen Maßnahmen sicherzustellen. Mit dieser besonderen Aufgabe der Unfallversicherungsträger geht auch eine Verantwortung der für die Unfallversicherung tätigen Ärzte und Ärztinnen einher. Dies betrifft in besonderem Maße die Durchgangsärzte und Durchgangsärztinnen, die durch den Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger und ihre Beteiligung am Durchgangsarztverfahren verpflichtet sind, Unfallverletzte optimal zu versorgen und durch das System der Unfallversicherung zu steuern. Aber eine zeitnahe und zeitintensive Versorgung bedarf einer guten Vergütung, angepasst an die Aufgaben und Herausforderungen, die sich bei der täglichen Durchgangsarzttätigkeit stellen. Hierfür setzen sich die ärztlichen Mitglieder in der Ständigen Gebührenkommission nach § 52 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger bei den Beratungen mit den Vertretern und Vertreterinnen der gesetzlichen Unfallversicherung ein.

III. Deutliche Gebührenanpassungen seit 2017

Nach wichtigen Anpassungen einzelner Gebühren, beispielsweise bei den Gutachten, gelang es, in der Sitzung der Gebührenkommission am 22. August 2017 eine stufenweise Gebührenanpassung um 18 Prozent bis zum Jahr 2020 zu vereinbaren. Eine weitere Verbesserung ist zum 1. Januar 2023 durch die Höhervergütung für Durchgangsarztberichte erfolgt. Damit sollten in einem ersten Schritt die in den letzten Jahren gestiegenen Kosten ausgeglichen und die Wertschätzung der durchgangsärztlichen Tätigkeit für die Unfallversicherungsträger ausgedrückt werden.

Auch die Zuschläge für ambulante Operationen (Nr. 442 und 442a bis 445 UV-GOÄ) sind um rund zehn Prozent angehoben worden. Darüber hinaus sind neue Leistungen in die UV-GOÄ aufgenommen worden, damit Unfallverletzte auch weiterhin telemedizinisch beraten werden können. Eine wichtige Weiterentwicklung der UV-GOÄ konnte dann in diesem Frühjahr erreicht werden.

Um einen Ausgleich der gestiegenen Energie- Lohn- und Hygienekosten zu erreichen, ist im April 2023 eine lineare Gebührenerhöhung über fünf Jahre ausgehandelt worden. Die Gebührensätze der UV-GOÄ erhöhen sich zum 1. Juli dieses Jahres um fünf Prozent.

In den folgenden vier Jahren werden die Gebühren für ärztliche Leistungen entsprechend der Grundlohnsummenentwicklung angehoben werden – maximal um 5 Prozent jährlich. Die Erhöhung aller Gebühren wird immer zum 1. Juli eines Jahres erfolgen. Dies garantiert Ärztinnen und Ärzten Honorarsicherheit im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.

IV. Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts

Wichtig ist auch die am 5. April 2023 in der Ständigen Gebührenkommission getroffene Vereinbarung, dass die UV-GOÄ an die aktuellen medizinischen Weiterentwicklungen angepasst werden soll. Dafür werden einzelne Bereiche der UV-GOÄ an die Strukturen der vorliegenden Reform-GOÄ der Bundesärztekammer angepasst werden, um eine moderne und aktuelle Gebührenordnung im Bereich der Unfallversicherung zu erreichen. Kurzfristig beraten werden sollen relevante Bereiche wie die Arthroskopie oder ambulantes Operieren, mittelfristig die Kapitel Beratungen und Untersuchungen sowie Verbände und Wundversorgungen. Damit wird sichergestellt, dass es bei der Weiterentwicklung der UV-GOÄ keinen Stillstand gibt, sondern dass es sich um ein dynamisches Werk handelt. KBV und Unfallversicherung haben großes Interesse daran, die Tätigkeit für Durchgangsärzte und Durchgangsärztinnen attraktiv zu gestalten und für junge Ärztinnen und Ärzte Anreize zu setzen, sich in diesem Fachgebiet weiterzubilden. Dazu gehört neben der Reform der Durchgangsarztbedingungen durch Flexibilisierungen auch ein modernes zeitgemäßes Vergütungssystem, das den medizinischen Fortschritt abbildet. Ein guter Seismograph ist dabei die Tätigkeit der Clearingstelle nach § 66 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger. Hier erreichen die KBV Beschwerden von Ärztinnen und Ärzten, die mit einer Rechnungskürzung durch einen Unfallversicherungsträger unzufrieden sind. Der Antrag an die Clearingstelle mit den notwendigen Unterlagen wie Schriftwechsel, Berichte und Rechnungskürzungen, D-Arztbericht wird in der Geschäftsstelle bei der KBV erfasst und an einen ärztlichen Sachverständigen zur Prüfung übergeben. Dieser entscheidet, ob der Sachverhalt im Rahmen einer Sitzung der Clearingstelle diskutiert werden muss. Hierbei zeigt sich dann, ob es erforderlich ist, Gebühren anzupassen oder Unklarheiten in den Leistungslegenden zu korrigieren. Von der Clearingstelle profitieren somit alle im System der Unfallversicherung, denn es dient neben der Befriedung eines Streitfalles auch der kontinuierlichen Weiterentwicklung der UV-GOÄ.

Barbara Berner

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

Kassenärztliche Bundesvereinigung

Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin

[email protected]

Gesundheitspolitik

Berner B: Weiterentwicklung der UV-GOÄ. Passion Chirurgie. 2023 September; 13(09): Artikel 05_04.

Mehr zum D-Arzt auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Fachgebiete | Fachübergreifend.

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