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„Verliert die Chirurgie an Attraktivität?“, lautete das Thema einer Vortragsveranstaltung, auf der der „Traumberuf Chirurg“ hinterfragt wurde. Unter der Moderation von Dr. Matthias Krüger, Magdeburg, und Dr. Jörg Ansorg, Geschäftsführer des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen (BDC), befassten sich die Referenten mit dem Berufsbild, seiner Wahrnehmung und möglichen Maßnahmen, um den Medizinernachwuchs verstärkt für die Chirurgie zu gewinnen. Dr. Matthias Krüger (l.) und Dr. Jörg Ansorg moderierten die Sitzung in München im voll besetzten Saal (Foto: Schunk)

Eingangs schilderte Alexandra Schramm, Assistenzärztin in der Evangelischen Lungenklinik Berlin, ihr Verständnis von Chirurgie. Die Attraktivität des Faches Chirurgie wachse mit der Persönlichkeit der Vorbilder und der Möglichkeit, im OP aktiv zu werden. Die Chirurgie sei nach wie vor für viele Jungmediziner attraktiv, wobei vor allem die Erfahrungen im Praktischen Jahr (PJ) ausschlaggebend seien. Dabei gäbe es ihrer Ansicht nach keinen Unterschied in der Anziehungskraft auf weibliche oder männliche Studenten. Wichtiger seien eine klar strukturierte Weiterbildung sowie die regelmäßige Tätigkeit im OP.

Bezüglich der Attraktivität des Berufes biete die Chirurgie eigentlich die besten Voraussetzungen, erläutert PD Dr. Stephan Kersting, Dresden, das Ergebnis einer Studentenbefragung. Allerdings prägten bestimmte Faktoren die Entscheidung des Medizinernachwuchses. Relevant sei zum Beispiel, ob es Vorbilder in der Chirurgie gäbe, denen die jungen Studenten nacheifern wollten. Vorbilder können gute Lehrer, kompetente Referenten oder auch enthusiastische Ausbilder sein. Wichtig für die eigene Wahl der Fachrichtung ist übrigens auch eine Gleichgeschlechtlichkeit der Vorbilder. Und hier hinke die Chirurgie bei einem wachsenden Anteil an Frauen in der Studentenschaft mit Blick auf aktuell besetzte Führungspositionen deutlich hinterher.

Zudem stellte Kersting heraus, dass die Entscheidung für eine medizinische Disziplin nicht erst im PJ falle, sondern bereits in den ersten beiden Studienjahren. Deshalb wollen die Chirurgen künftig die Studierenden bereits zu Studienbeginn konkret betreuen und durch attraktive zusätzliche Kursangebote – etwa zu Nahttechniken – an das Fach heranführen.Prof. Dr. Christoph-Thomas Germer, Ordinarius für Chirurgie an der Uni Würzburg, unterstrich in seinem Vortrag, dass die persönliche Leistungserbringung sowohl prägend für den Nachwuchs-Chirurgen sei als auch Verpflichtung gegenüber jedem Patienten. Die Arzt-Patienten-Beziehung dürfe auch in Zeiten der Leistungsverdichtung und des Arbeitszeitgesetzes nicht in Frage gestellt werden. Die besondere Bindung, die der Patient während der Behandlung zu „seinem“ Chirurgen aufbaue, sei Motivation und Verpflichtung zugleich. Vor und nach einer OP zu den eigenen Patienten zu gehen, müsse auch bei harter Auslegung des Arbeitszeitgesetzes möglich sein und präge sein Verständnis einer guten chirurgischen Schule.

Mit Prof. Dr. Hanns-Peter Knaebel, stellvertretendes Mitglied im Vorstand der B. Braun Melsungen AG und für die in Tuttlingen ansässige Sparte Aesculap zuständig, stellte sich dem Auditorium ein „echter“ Berufswechsler vor. Nach 18 Jahren in der Chirurgie hatte Knaebel den Weg in die Medizintechnik-Industrie gewagt – und bis heute nicht bereut. Triebfeder seiner Entscheidung sei nicht etwa Frust gewesen. Ihn habe gereizt, in anderen Strukturen, aber immer noch im gleichen Fachbereich tätig sein zu können, wie Knaebel unterstrich.Mit 150 Teilnehmern war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt.

Das Interesse an der Sitzung und dem Thema zeigt, dass viele Kolleginnen und Kollegen mit Krüger übereinstimmen, der zu Beginn der Sitzung feststellte, dass die deutsche Chirurgie weniger ein Nachwuchs- als vielmehr ein Attraktivitätsproblem habe. „Es ist Aufgabe und Verantwortung jedes einzelnen Chirurgen, sich einzubringen und mit seiner alltäglichen Arbeit Vorbild für nachfolgende Chirurgengenerationen zu werden.“

Schunk B. Traumberuf Chirurg – Ein Fach braucht Vorbilder. Passion Chirurgie. 2011 Juli; 1(7): Artikel 02_04.

Autor des Artikels

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Bernhard Schunk

Redaktion Medizin/ZahnmedizinDeutscher Ärzte-Verlag GmbHDieselstraße 250859Köln kontaktieren

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