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Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie engagiert sich beim Tag der Gehirnerschütterung 2025

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) weist im Rahmen des Tags der Gehirnerschütterung am 24. und 25. Oktober auf die medizinischen und psychosozialen Aspekte eines Schädelhirntraumas bei Kindern hin und stellt Forderungen zur kind- und familiengerechten Anamnese und Behandlung.

Laut statistischem Bundesamt werden in Deutschland pro Jahr über 90.000 Kinder und Jugendliche wegen eines Schädel-Hirntraumas (SHT) stationär im Krankenhaus behandelt. Die überwiegende Mehrheit ist dabei von einem leichten SHT beziehungsweise seiner leichtesten Form, der Gehirnerschütterung, betroffen. Zusätzlich ist von einer relevanten Dunkelziffer bei der Diagnose von leichten SHT auszugehen, da die Gehirnerschütterung nicht als solche erkannt oder ernst genommen wird und entsprechend kein ärztlicher Kontakt gesucht wird. Grundsätzlich erholt sich die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen von einer Gehirnerschütterung rasch und vollständig.

Dennoch verläuft bei einer relevanten Zahl von Betroffenen die Erholung verzögert und schleppend oder stellt sich gar nicht vollständig ein. In diesem Zusammenhang ist aus der Literatur bekannt, dass bei rund 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen länger als vier Wochen, bei etwa zehn Prozent über zwölf Wochen und bei etwa fünf Prozent sogar länger als zwölf Monate körperliche und/oder kognitive – betreffend das Denk- und Erinnerungsvermögen – und/oder psychologische, das heißt, verhaltensbezogene beziehungsweise stimmungsbezogene Symptome und/oder Schlafstörungen bestehen. Dies führt oft zu deutlichen Einschränkungen an der sozialen und schulischen Teilhabe sowie der Lebensqualität und kann zusätzlich weitere langfristige Schwierigkeiten implizieren.

Die DGKJCH weist darauf hin, dass nicht nur die betroffenen Kinder und Jugendlichen, sondern auch die Familie von den Spätfolgen beeinträchtigt werden können, sei es durch Arbeitsausfälle, finanzielle Einbußen oder die Einschränkung sozialer Aktivitäten. „Entscheidend ist, Kinder mit einem erhöhten Risiko für einen solchen verzögerten Erholungsverlauf zu identifizieren, entsprechend engmaschig zu beobachten und dann beratend und therapeutisch tätig zu werden, wenn sich ein komplexer Verlauf abzeichnet“, erklärt PD Dr. med. Alexandra Fröba-Pohl, Oberärztin in der Kinderchirurgischen Klinik des LMU Klinikums am Dr. von Haunerschen Kinderspital München. „Bei der Versorgung solcher Fälle ist der Einsatz von multiprofessionellen, interdisziplinären Teams zu empfehlen, die den gesamten Krankheitsverlauf und seine Ausprägungen im Blick haben und die geeigneten Therapien ableiten können. Ziel sollte es sein, einen individuellen „Return-to Activity Plan“ zu entwickeln und zu etablieren.“

„Zusätzlich zu adäquaten Strukturen und Maßnahmen für die jungen SHT-Patientinnen und Patienten setzen wir uns für den Aufbau eines überregionalen translationalen Wissenschaftsnetzwerks, das sowohl die Grundlagen- und die Versorgungsforschung, als auch alle Sektoren der Versorgung einschließt, ein“, betont DGKJCH-Präsidentin PD Dr. med. Barbara Ludwikowski.

www.dgkjch.de

Tipps für Eltern zur Prävention von Gehirnerschütterung und Versorgung bei betroffenen Kindern und Jugendlichen

In Deutschland erleiden jedes Jahr etwa 50.000 bis 60.000 Kinder ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Gehirnerschütterung. Die meisten dieser Fälle sind mild und erfordern keinen Klinikaufenthalt. In etwa 5-10 % der Fälle ist jedoch eine stationäre Behandlung erforderlich. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) informiert Eltern über die wichtigsten Fakten zum Thema und gibt Tipps, wie eine Gehirnerschütterung bei Kleinkindern und Jugendlichen verhindert, erkannt und behandelt werden kann.

PD Dr. med. habil. Peter Zimmermann, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und angeborene Fehlbildungen an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und ausgewiesener Experte in der Behandlung von verunfallten Kindern und Jugendlichen, beantwortet die wichtigsten Fragen zur Gehirnerschütterung.

Schädel-Hirn-Trauma/Gehirnerschütterung – was ist das eigentlich?

Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist eine Verletzung des Kopfes, die durch einen Sturz oder einen Aufprall verursacht wird. Dabei kann es zu einer vorübergehenden Funktionsstörung des Gehirns kommen. Eine Gehirnerschütterung stellt die mildeste Form eines SHT dar. Obwohl sie in den meisten Fällen nicht lebensbedrohlich ist, sollte eine Gehirnerschütterung, insbesondere bei Säuglingen und Kindern, ernst genommen und im Zweifelsfall ärztlich abgeklärt werden.

Welche Symptome treten bei Säuglingen und welche bei Kindern auf?

Die Symptome einer Gehirnerschütterung können sich bei Säuglingen und älteren Kindern unterscheiden. Bei Säuglingen sind die Anzeichen oft schwerer zu erkennen. Zu den möglichen Symptomen zählen Erbrechen, übermäßige Müdigkeit und Verhaltensänderungen. Da Säuglinge nicht in der Lage sind, typische Beschwerden wie Kopfschmerzen zu äußern, ist besondere Vorsicht geboten. Ältere Kinder hingegen zeigen häufiger klare Anzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen.

Es ist wichtig, Kinder nach einem Unfall genau zu beobachten, da sich Symptome manchmal erst nach Stunden oder sogar Tagen zeigen. Einige Warnzeichen, die eine sofortige ärztliche Untersuchung erforderlich machen, sind Bewusstlosigkeit, die länger als fünf Sekunden anhält, wiederholtes Erbrechen, starke Kopfschmerzen, Krampfanfälle oder deutliche Verhaltensänderungen. Auch sichtbare Verletzungen am Kopf oder Unterschiede in der Pupillengröße sollten ernst genommen werden. In solchen Fällen ist eine sofortige ärztliche Abklärung notwendig, um schwerwiegendere Komplikationen auszuschließen.

Wie gefährlich ist eine Gehirnerschütterung bei Säuglingen und Kindern?

Gehirnerschütterungen können sowohl bei Säuglingen als auch bei Kindern ernsthafte Folgen haben, müssen aber unterschiedlich bewertet werden. Bei Säuglingen ist das Risiko aufgrund ihres noch unreifen Nervensystems höher. Bei älteren Kindern sind Gehirnerschütterungen in der Regel weniger gefährlich, und die meisten Kinder erholen sich vollständig, sofern keine zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen. Dennoch sollten Eltern auf mögliche Langzeitfolgen wie das postkommotionelle Syndrom achten (anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsprobleme), das bei etwa 10-15 % der Kinder auftreten kann, besonders nach wiederholten Kopfverletzungen. Es ist wichtig, dass Kinder nach einer Gehirnerschütterung ausreichend Zeit zur Erholung haben, bevor sie wieder körperliche Aktivitäten aufnehmen.

Welche präventiven Maßnahmen gibt es, um Stürze von Säuglingen und Kindern zu vermeiden?

Es gibt verschiedene Maßnahmen, um Stürze und Verletzungen bei Kindern zu vermeiden. Im häuslichen Umfeld sollten Schutzgitter an Treppen und Fenstern angebracht, Möbelkanten gepolstert und Stolperfallen beseitigt werden. Babys und Kleinkinder sollten nie unbeaufsichtigt auf erhöhten Flächen wie Wickeltischen oder Betten gelassen werden. Im Freien ist das Tragen eines Helms bei Aktivitäten wie Radfahren oder Skateboarden unerlässlich. Auch auf Spielplätzen sollten Eltern auf sichere Spielgeräte und die Einhaltung von Spielregeln achten. Außerdem ist die Verwendung altersgerechter Kindersitze im Auto ein wichtiger Schutzmechanismus. Durch diese Maßnahmen können viele Unfälle und Verletzungen vermieden werden.

Wann ist es notwendig, einen Arzt aufzusuchen oder in die Notaufnahme zu gehen?

Eltern sollten besonders wachsam sein, wenn ihr Kind eine Kopfverletzung erlitten hat. Bestimmte Symptome erfordern eine sofortige ärztliche Abklärung, darunter Bewusstlosigkeit, anhaltende starke Kopfschmerzen, wiederholtes Erbrechen oder ungewöhnliche Schläfrigkeit und Verwirrtheit. Auch Krampfanfälle, Flüssigkeitsaustritt aus Nase oder Ohren sowie eine gespannte Fontanelle bei Säuglingen sind ernstzunehmende Warnsignale. Die Fontanelle ist eine weiche Stelle im Schädel von Babys, die das Wachstum des Gehirns und die Geburt erleichtert. Die Fontanelle schließt sich meist zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat. Falls keine dieser Symptome auftreten, kann es ausreichen, das Kind zu Hause zu beobachten. Dennoch gilt: Im Zweifelsfall lieber einmal zu oft den Arzt aufsuchen, um auf der sicheren Seite zu sein.

Meistens kann das Kind zu Hause bleiben: Wie behandle ich mein Kind?

Zu Hause ist es wichtig, das Verhalten des Kindes genau zu beobachten. Wenn das Kind erbricht, über Kopfschmerzen klagt oder ungewöhnlich müde wirkt, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Körperliche und geistige Ruhe sind entscheidend, und Aktivitäten wie Bildschirmzeit oder laute, stimulierende Reize sollten vermieden werden. Mindestens 24 bis 48 Stunden Erholung sind notwendig, bevor das Kind wieder normale Aktivitäten aufnimmt.

Erkennung von ernsthaften Beulen – wie beurteile ich sie?

Eine harte Beule nach einem Sturz ist in der Regel unbedenklich und deutet nicht auf eine schwerwiegende Verletzung hin. Eine weiche, teigige Schwellung hingegen könnte auf einen Bruch oder Riss im Schädelknochen hindeuten – in diesem Fall sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Eine Beule an der Stirn mit einer weichen Schwellung in der Mitte ist in der Regel harmlos. Trotzdem sollten solche Verletzungen beobachtet und im Zweifelsfall medizinisch abgeklärt werden.

Symptome und Warnzeichen einer Gehirnerschütterung in der Übersicht

  • Bewusstlosigkeit (länger als 5 Sekunden)
  • Wiederholtes Erbrechen
  • Starke Kopfschmerzen
  • Übermäßige Müdigkeit oder Schläfrigkeit
  • Verwirrtheit oder Verhaltensänderungen
  • Vermehrtes Weinen oder ungewöhnliches Verhalten bei Säuglingen
  • Unterschiede in der Pupillengröße
  • Krampfanfälle
  • Sichtbare Kopfverletzungen
  • Flüssigkeitsaustritt aus Nase oder Ohren
  • Gespannte Fontanelle bei Säuglingen

PD Dr. med. habil. Peter Zimmermann
Facharzt für Kinderchirurgie
Facharzt für Allgemeine Chirurgie
Facharzt für Chirurgie und spezielle Unfallchirurgie
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Direktor der Klinik für Kinderchirurgie und angeborene Fehlbildungen an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden