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Aktuell ist es wichtiger denn je, auch im eigenen Arbeitsumfeld nachhaltige und klimaschonende Bedingungen zu optimieren. Neben dem sparsamen Umgang mit Energiequellen sowie der Reduktion von Verbrauchsmaterial und Verpackungen ist die Optimierung von Abläufen zur Müllentsorgung ein relevanter Faktor zum nachhaltigen und auch kostensparenden Arbeiten im Klinik- und Praxisalltag. Im konstruktiven, interdisziplinären und interprofessionellen Austausch mit allen beteiligten Berufsgruppen können wir so gemeinsam einen leicht umsetzbaren Beitrag zur Optimierung der Abfallwirtschaft leisten.

Am Ende jeder Operation müssen regelhaft mehrere Säcke Müll entsorgt werden. So fallen beispielsweise bei einem orthopädischen Eingriff durchschnittlich 12,4 ± 8,6 Kilogramm Müll an [1]. Meist aus Unwissenheit wird dieser in den meisten Häusern immer noch unsortiert einer Müllverbrennungsanlage zugeführt. Dabei bergen Veränderungen im Entsorgungsprozess für den Weg zur Kreislaufwirtschaft ein großes Potenzial und sind durch interprofessionelle Zusammenarbeit zügig und effizient realisierbar.

Recyclingverfahren

Um im Krankenhaus einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten zu können und gleichzeitig die gesetzlichen Forderungen zur Abfallabgabe einzuhalten, sollte ein möglichst großer Anteil des anfallenden Mülls im Krankenhaus einer stofflichen Verwertung zugeführt werden [2]. Hierzu muss der anfallende Müll lediglich in die unterschiedlichen Fraktionen aufgetrennt und einem gezielten Recyclingverfahren zugeführt werden.

In unserer täglichen Arbeitsroutine in Praxis und Klink, vor allem in der Operationsabteilung, fällt durch unsere hohen Anforderungen an Sterilität und Sicherheit insgesamt eine relevante Menge an sauberem, potenziell recyclebarem Müll an. Durch diverse Sterilverpackungen für separat eingepackte Materialien und Einwegprodukte wie Klammernahtgeräte oder Versiegelungsinstrumente (High Energy Devices) besteht hier ein großes Potenzial, diese beeindruckende Müllmenge gezielt zu entsorgen und einem Recyclingprozess zuzuführen.

Da die Entsorgung von Restmüll, sogenannter haushaltsähnlicher Gewerbeabfall, in den meisten Regionen nach Gewicht abgerechnet wird, kann das Krankenhaus durch die getrennt gesammelten Verpackungen und ihre Abgabe in ein Recyclingverfahren zudem relevante Kosteneinsparungen erzielen.

Einmalprodukte im Klinikalltag

In den letzten Jahren sind im Klinikalltag viele Mehrwegprodukte auf Einmalprodukte umgestellt worden, um die hohen Anforderungen an Sterilität und Sicherheit bei gleichbleibender Qualität und Versorgungssicherheit zu erfüllen [3]. Daher sollte es unser vordringlichstes Ziel sein, möglichst viele der gebrauchten Einmalprodukte einem Recyclingprozess zuzuführen. In deutschen Kliniken wird der Müll jedoch meist komplett in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt. Grund hierfür ist die Annahme einer möglichen Infektiosität, sodass der vermeintlich sichere und praktischere Weg zur Entsorgung gewählt wird. Bezugnehmend auf definierte Kriterien zum infektiösen Müll nach § 17 Infektionsschutzgesetz sind jedoch nur etwa 5 Prozent des Klinikmülls wirklich als infektiös einzustufen und müssen verbrannt oder anderweitig sterilisiert werden [1]. Der restliche Müll kann analog zum haushaltsähnlichen Gewebeabfall entsorgt werden.

Um einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und Klimaschonung setzen zu können, soll am Beispiel eines interprofessionellen Projekts dargestellt werden, wie die Abfallwirtschaft in der Thoraxchirurgie der Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg kritisch evaluiert wurde, um Prozesse zu optimieren.

Von Einmalinstrumenten zurück zum chirurgischen Instrumentarium

Zur Anlage einer Thoraxdrainage wurde das chirurgische Instrumentarium in der gesamten Klinik vor einigen Jahren auf Einmalinstrumente umgestellt. Wie in vielen anderen klinischen Bereichen auch, sollten hierdurch die Kosten der Sterilisation bei weiterhin höchsten Anforderungen an Sterilität und Materialqualität reduziert werden.

Neben den Einmalinstrumenten beinhalten die Sets eine Abdeckung und Verbandmaterial. Die Qualität der Einmalinstrumente war jedoch insgesamt nicht optimal, sodass in den meisten Fällen eine separate Präparierschere aus dem chirurgischen Instrumentarium genutzt wurde. Hierdurch entstand neben dem Metallabfall ein zusätzlicher Kostenfaktor.

Nach interprofessioneller Diskussion wurden die Einmalinstrumente nun wieder auf ein Set aus resterilisierbaren und qualitativ hochwertigen chirurgischen Instrumenten umgestellt. In der Thoraxklinik wurden beispielsweise im Jahr 2022 insgesamt 199 Anlagen einer Thoraxdrainage als selbstständiger Eingriff durchgeführt.

Obwohl die Erstanschaffung der chirurgischen Instrumente kostenintensiv ist, zeigt sich durch Müllvermeidung und Kosteneinsparung ein Soforteffekt, da relevante Mengen an Metallschrott nicht mehr im Restmüll verschwinden müssen und Materialsets im Einkauf eingespart werden. Eine relevante Mehrbelastung für die Sterilisationsabteilung zeigt sich aktuell nicht.

Maßnahmen zur Müllvermeidung und nachhaltigen Müllentsorgung im Operationssaal

  • Nur infektiöse Abfälle auch als solche entsorgen
  • Materialien ohne Patientenkontakt möglichst wiederverwenden
  • Recyclingkonzepte im OP etablieren
  • OP-Siebe nur mit regelmäßig verwendeten Instrumenten bestücken
  • Ablaufdaten von Materialien beachten
  • Mehrwegartikel und recyclebare Einwegartikel bevorzugen

Etablierung eines neuen Entsorgungskonzepts

Ein Großteil des anfallenden Mülls lässt sich im Operationssaal jedoch nicht vermeiden, sodass der gesamte Entsorgungsprozess bezüglich des Optimierungspotenzials betrachtet wurde. Bisher wurde sämtlicher Müll der Entsorgung über graue Säcke (Restmüll) zugeführt. Gemeinsam mit dem Qualitätsmanagement und der Abfallbeauftragten wurde daher ein neues Entsorgungskonzept für die werkstoffliche Verwertung wiederverwertbarer Materialien erarbeitet. Mit großem persönlichem Einsatz der Mitarbeitenden startete das Projekt im Herbst 2022.

Nach interdisziplinärer und interprofessioneller Schulung der Kollegen und Kolleginnen aus Reinigungspersonal, OP-Pflege und ärztlichem Personal wurde zunächst eine Mülltrennung im Rahmen der OP-Vorbereitung etabliert. Hierzu müssen die einzelnen Verpackungen vor der Entsorgung in die einzelnen Bestandteile (meist Papier und Plastik) aufgetrennt werden. Im Rüstraum der OP-Tische und im Operationssaal wurden hierfür neue, gut beschriftete Entsorgungsständer für Plastik und Papier implementiert.

Durch die neue Sortierung konnte der anfallende Restmüll zügig halbiert werden, sodass in der thoraxchirurgischen Abteilung eine Reduktion des Restmülls von 1400 Liter auf 700 Liter pro Wochentag bei durchschnittlich 10 Operationen erreicht werden konnte. Bezogen auf das Arbeitsjahr mit 230 regulären Arbeitstagen kann der anfallende Restmüll somit von bisher 322.000 Litern auf 161.000 Liter reduziert werden. Während einer Operation fällt durch das Öffnen von Verpackungen, beispielsweise für Klammernahtgeräte, OP-Kittel und Nahtmaterial, zudem viel sauberer Müll aus Plastik und Papier an. Dieser wird nun ebenfalls in gut beschrifteten Säcken zur Entsorgung sortiert.

Durch kritisches, konstruktives Mitdenken konnte die Größe des Restmüllbehälters für kontaminierten Abfall ebenfalls schrittweise und aktuell nahezu halbiert werden. Bei durchschnittlich 10 Operationen pro Wochentag in unserer thoraxchirurgischen Abteilung wurde die Menge an potenziell kontaminiertem Restmüll in den letzten fünf Monaten bereits von 300 Litern auf 170 Liter reduziert. Perspektivisch ergibt sich hierdurch eine Reduktion der kontaminierten Müllmenge im Jahr (bei 230 regulären Arbeitstagen) von 69.000 Litern auf 39.100 Liter. Sicherlich bestehen hier in den nächsten Monaten noch weitere Optimierungsmöglichkeiten.

Durch die Verpackung des Nahtmaterials fällt im Klinikalltag zudem Aluminiumabfall an. Das Aluminium kann über den Wertstoffhof einem Recyclingprozess zugeführt werden. In unserer Abteilung konnten wir in den letzten Monaten bereits sechs Kilogramm Aluminium sammeln.

Durch die erfreulicherweise deutliche Reduktion des normalen und potenziell kontaminierten Restmülls zeigen sich für die Klinik zudem Kosteneinsparungen. Auch wenn sich alle Kliniken vertraglich dazu verpflichten, der städtischen Müllverbrennungsanlage eine bestimmte Menge an Restmüll zuzuführen, überschreiten wir die verpflichtende Müllmenge in unserer Klinik aktuell noch deutlich. Wahrscheinlich trifft dies auf die meisten Kliniken zu, sodass es ein Leichtes sein sollte, die eigenen Entsorgungsprozesse kritisch zu hinterfragen.

Fazit

Einführung und Umsetzung des neuen Entsorgungskonzepts waren kein ganz einfacher Weg. Durch Schulungen, mehrfache interprofessionelle Gespräche und konstruktive Diskussionen im Prozess konnten die meisten Vorbehalte und auch Ängste der Mitarbeitenden ausgeräumt werden. Vor allem war es einigen Kolleginnen und Kollegen wichtig, die strikte Trennung des anfallenden Mülls in der Notfallsituation nicht konsequent einhalten zu müssen. Erfreulicherweise haben die Kollegen und Kolleginnen der Anästhesie bereits begonnen, das beschriebene Müllkonzept nun auch in ihrem Arbeitsalltag umzusetzen. Insgesamt ist die Motivation des gesamten Teams überraschend groß, weitere nachhaltige Konzepte im klinischen Alltag zu erarbeiten und zu etablieren.

Literatur

[1]   Kabir K, Gathen M, Goost H et al., Abfallaufkommen nach orthopädisch-unfallchirurgischen Operationen. Z Orthop Unfall 2020; 158(01): S241-242. doi:10.1055/s-0040-1717597

[2]   Wu S, Cerceo E. Sustainability Initiatives in the Operating Room. Jt Comm J Qual Patient Saf. 2021;47(10):663-72. doi:10.1016/j.jcjq.2021.06.010.

[3]   Balch JA, Krebs JR, Filiberto AC, Montgomery WG, Berkow LC, Upchurch GR, Jr. et al. Methods and evaluation metrics for reducing material waste in the operating room: a scoping review. Surgery. 2023. doi:10.1016/j.surg.2023.04.051.

Korrespondierende Autorin:

Dr. med. Laura V. Klotz

Oberärztin der Abteilung für Thoraxchirurgie

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Röntgenstraße 1

69126 Heidelberg

[email protected]

Laura Blaumann

Stellv. Leitung OP-Funktionsdienst

Abteilung für Thoraxchirurgie

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Univ.-Prof. Dr. med. Hauke Winter

Chefarzt der Abteilung für Thoraxchirurgie

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Ines Bayer-Schneider

Leitung OP-Funktionsdienst

Abteilung für Thoraxchirurgie

Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg

Chirurgie

Klotz LV, Blaumann L, Winter H, Bayer-Schneider I: Ressourcen sparen, Prozesse optimieren – Ein Beispiel aus der Thoraxchirurgie. Passion Chirurgie. 2023 Juli/August; 13(07/08): Artikel 03_02.

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