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Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob er ohne D-Arztzulassung einen durch einen Arbeits- oder Schulunfall verletzten Patienten nach der Erstbehandlung weiterversorgen darf und wer die Unfallmeldung an den Unfallversicherungsträger zu veranlassen hat.

Antwort:

Wenn ein Vertragsarzt kein D-Arzt ist, dann darf er bei Arbeits- und Schulunfällen nur die sofort notwendigen ärztlichen Maßnahmen im Sinne einer Erstversorgung durchführen. Das sofort Notwendige darf nicht überschritten werden. Was das sofort Notwendige ist, beurteilt sich nach Ansicht des Verfassers stets aus medizinischer Sicht. Die Verordnung von Medikamenten im Zusammenhang mit der unfallbedingten Versorgung ist dabei zulässig. Folglich darf nur die ärztliche Erstversorgung übernommen werden. Zu dieser Erstbehandlung sind Vertragsärzte im Übrigen auch verpflichtet, wenn ein Unfallverletzter zuerst bei ihnen erscheint.

Allerdings muss der Vertragsarzt dann zum einen prüfen, ob eine unverzügliche Vorstellung beim D-Arzt erforderlich ist. Diese ist immer dann der Fall, wenn a) der Patient über den Tag des Unfalls hinaus arbeitsunfähig ist und/oder b) die Behandlungsbedürftigkeit voraussichtlich länger als eine Woche beträgt und/oder c) der Patient bestimmte Heil- und Hilfsmittel benötigt. Zum anderen ist der Vertragsarzt verpflichtet, den Patienten in diesem Fall zur unverzüglichen Vorstellung bei einem D-Arzt anzuhalten.

Die Koordination der weiteren medizinischen Versorgung ist dann allein Aufgabe der D-Ärzte. Es obliegt allein deren Entscheidung, ob bei leichteren Verletzungen eine Allgemeine Heilbehandlung beim behandelnden Arzt durchgeführt werden soll (in diesem Fall kann dann der Vertragsarzt auf Veranlassung des D-Arztes wieder die Behandlung übernehmen) oder, ob wegen der Art oder Schwere der Verletzung eine Besondere Heilbehandlung erforderlich ist. Bei einer anschließenden Allgemeinen Heilbehandlung durch den Vertragsarzt überwacht der D-Arzt den Heilungsverlauf jedenfalls durch Nachschau. Die Besondere Heilbehandlung darf hingegen nur durch einen D-Arzt durchgeführt werden.

Sollte eine besondere Verletzung nach dem Verletzungsartenverzeichnis (Anhang 1 zum Vertrag Ärzte/UV-Träger) vorliegen, so muss eine Überweisung an ein Krankenhaus, das am Verletzungs- beziehungsweise Schwerstverletzungsartenverfahren der Unfallversicherung beteiligt ist, erfolgen. Andere, hierin nicht aufgeführte Verletzungen, die gleichwohl eine stationäre Versorgung erfordern, können von D-Ärzten in Krankenhäusern, die an den Besonderen Heilverfahren teilnehmen, behandelt werden.

Die zweite Frage ist wie folgt zu beantworten: Nachdem § 14 des Vertrags Ärzte/Unfallversicherungsträger (Vertrag Ärzte/UV-Träger) mit Wirkung zum 01.01.2021 geändert wurde, ist aus Sicht des Verfassers der erstbehandelnde (Vertrags-)Arzt verpflichtet, die ärztliche Unfallmeldung vorzunehmen. Denn gemäß § 14 Abs. 1 Vertrag Ärzte-UV-Träger hat der (erst-)behandelnde Arzt am Tag der ersten Inanspruchnahme durch den Unfallverletzten, spätestens am nächsten Werktag, dem Unfallversicherungsträger die ärztliche Unfallmeldung nach Formtext F 1050 zu erstatten. Dies gilt auch in den Fällen der Vorstellungspflicht des Unfallverletzten beim D-Arzt nach § 26 Vertrag Ärzte/UV-Träger. Der Grund der D-Arzt-Vorstellung sowie die Art der Erstversorgung sind zu dokumentieren. Folglich muss ein Vertragsarzt, wenn er die Erstversorgung von Unfallverletzten vornimmt, nach Meinung des Verfassers immer die ärztliche Unfallmeldung abgeben. Der Arzt kann hierfür die Gebühr Nr. 125 UV-GOÄ abrechnen.

Eine Ausnahme von der Meldepflicht besteht nur, wenn wegen einer isolierten Augen-/HNO-Verletzung ein Augen-/HNO-Arztbericht nach § 40 Vertrag Ärzte/UV-Träger zu erstatten ist.

Heberer J: F+A: Behandlung eines Arbeits- oder Schulunfalls durch Vertragsarzt ohne D-Arztanerkennung. 2024 Januar/Februar; 14(01/02): Artikel 04_11.

Autor des Artikels

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Dr. jur. Jörg Heberer

Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktieren

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