01.08.2010 Recht&Versicherung
Die neue Dienstleistungs- Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) – gilt sie auch für Ärzte?

Einleitung
Auf der Grundlage der EG-Richtlinie 2006/123/EG trat die Dienstleistungs Informationspflichten Verordnung zum 17.05.2010 in Kraft. Nach dieser Verordnung in Ergänzung zum bereits vorhandenen Telemediengesetz (TMG) müssen die „Kunden“ von Dienstleistern über bestimmte Sachverhalte informiert werden, z.B. muss ergänzend zu den bisherigen Angaben auch der Name und die Anschrift des Berufshaftpflichtversicherers genannt werden.
Zunächst richtet sich diese Verordnung ihrem Wortlaut nach an alle natürlichen und juristischen Personen, die Dienstleistungen erbringen. Fraglich ist allerdings, ob diese Verordnung auch für Ärzte gilt. Denn in ihrem Anwendungsbereich bezieht sich die Verordnung ausdrücklich auf Artikel 2 der Richtlinie 2006/123/EG, wonach die Richtlinie (und damit die Verordnung) für Gesundheitsdienstleistungen nicht anwendbar ist.
Ob somit die ärztliche Tätigkeit gänzlich vom Anwendungsbereich der DL-InfoV ausgenommen ist oder ob jedenfalls bestimmte Bereiche der ärztlichen Dienstleistungen doch in deren Anwendungsbereich fallen, ist nach wie vor umstritten.
Anwendung auf ärztliche Dienstleistungen
Nach Auffassung der Bayerischen Landesärztekammer waren zunächst jegliche Gesundheitsdienstleistungen, sofern sie von Angehörigen eines Berufes im Gesundheitswesen im Rahmen einer Behandlung erbracht werden, vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgeschlossen.
Dem gegenüber wurde von anwaltlicher Seite vielfach darauf hingewiesen, dass die Richtlinie ihrem Wortlaut nach nur solche Gesundheitsdienstleistungen meint, die von Angehörigen eines Berufes im Gesundheitswesen gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen. Nunmehr erfolgte seitens der Bundesärztekammer in Abstimmung mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung prompt eine differenzierende Stellungnahme:
Sofern Ärztinnen und Ärzte unter ihrer Berufsbezeichnung „Ärztin/Arzt“ Leistungen gegenüber Patienten erbringen, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wiederherzustellen müssen diese die Vorgaben der DL-InfoV nicht beachten. Dies gelte auch für die sog. IGeL-Leistung.
Sofern jedoch Leistungen nur der Verbesserung des Wohlbefindens, der Wellness oder der Entspannung dienten, handele es sich nicht um kurative Leistungen im vorgenannten Sinne. Beispielhaft wurde der Betrieb eines Fitness-Studios neben der Arztpraxis genannt. Die DL-InfoV müsse beachtet werden.
Unbeachtlich sei bei der Beurteilung jedoch, ob die ärztlichen Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind oder nicht. Es komme nur auf die Art der Leistung im vorgenannten Sinne an.
Informationspflichten der DL-InfoV
Als Folge der Eröffnung des Anwendungsbereiches der DL-InfoV müsste der Arzt seinen Patienten vor Erbringung der Dienstleistungen genau vorgegebene Informationen zur Verfügung stellen:
- Vor- und Familienname
- ggf. Nennung der Gesellschaft
- Anschrift der Praxis
- ggf. das zuständige Registergericht neben der Registernummer (bei Partnerschaftsgesellschaften)
- Name und Anschrift der Approbationsbehörde
- ggf. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
- die gesetzliche Berufsbezeichnung und der Staat, in welchem sie verliehen wurde sowie
- Name und Anschrift des Berufshaftpflichtversicherers und der räumliche Geltungsbereich.
Zudem besteht bereits nach dem TMG die Pflicht zur Nennung der einschlägigen berufsrechtlichen Regelungen mit Verweis auf entsprechende Links zur Bundesärzteordnung, Berufsordnung, Weiterbildungsordnung und GOÄ.
Desweiteren ist der Patient z.B. bei der Vereinbarung von IGEL-Leistungen über den konkreten Betrag nach GOÄ und dem etwaigen Steigerungssatz zu informieren.
Es steht dem Dienstleister hierbei frei, die genannten allgemeinen Informationen dem Patienten in der Praxis beispielsweise durch Aushang oder über die auf dem Briefkopf angegebene Website oder auch in Praxisbroschüren zugänglich zu machen.
Ein Verstoß gegen diese Vorgaben könnte durch Mitbewerber oder Wettbewerbszentralen durch Abmahnungen geahndet werden. Zudem stellt die Nichtbeachtung eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar.
Stellungnahme
Nach diesseitiger Auffassung ergeben sich aus dem Wortlaut der genannten EG-Richtlinie durchaus Anhaltspunkte einer Differenzierung bei ärztlichen Leistungen im vorgenannten Sinne bei der Frage der Anwendung der Verordnung auf Ärzte. Hinzu kommt, dass der Anwendungsbereich auch dann eröffnet sein wird, wenn ärztliche Leistungen nicht direkt für Patienten sondern z.B. im Auftrag einer Klinik erbracht würden. Der informationsbedürftige „Kunde“ wäre dann die Klinik.
Nicht ganz nachvollziehbar ist hierbei die Auffassung der BÄK, dass jegliche IGeL-Leistungen nicht relevant sein sollen, da diese z.T. wohl doch eher dem reinen „Wellness“-Bereich zuzuordnen sind.
Im Hinblick darauf, dass auch nach der differenzierenden Meinung der Anwendungsbereich der Verordnung für Ärzte sehr beschränkt ist, sollte sich der Aufwand, der bei der Umsetzung der Verordnung in der eigenen Praxis betrieben wird, jedoch in Grenzen halten. Da die Informationen wie dargelegt auch durch Aushang in der Praxis oder in Praxisbroschüren dem Patienten zur Verfügung gestellt werden können, dürfte zudem auch die Abmahnungsgefahr sehr gering sein. Denn anders als bei den Pflichtangaben auf der Homepage fällt es hier natürlich ungleich schwerer, einen Verstoß nachzuweisen.
Wer jedoch sicher gehen will und in seinem Angebot die dargestellten nicht-kurativen Leistungen hat, sollte erwägen, ob er beispielsweise auf seiner Website die erforderlichen Angaben zusätzlich zu den bereits aufgrund des TMG vorhandenen Informationen noch unterbringt, dies ist sicherlich ohne größeren Aufwand machbar.
Autor des Artikels

Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.10.2022 Versicherungsschutz
Teil 6: Unerwarteter Tod des Praxisinhabers – Praxisnachfolger suchen
Die medizinische Patientenversorgung kann nach dem plötzlichen Tod des Praxisinhabers übergangsweise durch einen Vertretungsarzt geregelt werden. Hauptziel sollte jedoch sein, schnellstmöglich einen Praxisnachfolger zu finden. Denn die Zulassung endet grundsätzlich mit dem Tode und die Nachbesetzung muss in den meisten KVen innerhalb von zwei Quartalen erfolgen. Insbesondere für Einzelpraxen ist damit ein hohes Risiko verbunden, denn wenn kein Nachfolger gefunden wird und der Zulassungsausschuss die Vertragsarztzulassung einzieht, kommt dies einer Stilllegung der Praxis gleich.
01.08.2022 Versicherungsschutz
Teil 5: Unerwarteter Tod des Praxisinhabers – Praxisführung sichern
Praxisinhaber haben eine Doppelfunktion: Als Ärzte kümmern sie sich um die medizinische Versorgung ihrer Patienten. Und als Unternehmer bewältigen sie tagtäglich Führungsaufgaben in der eigenen Praxis. Wer aber kann diese beiden wichtigen Aufgaben im Falle eines plötzlichen Todes des Inhabers solange sicherstellen, bis ein Übernehmer für die Praxis gefunden ist?
01.08.2022 Recht&Versicherung
COVID-19 als Berufskrankheit im Gesundheitswesen
Eines der beruflichen Risiken im Gesundheitswesen besteht in der Ansteckungsgefahr
01.08.2022 Recht&Versicherung
Das Ende der gleichzeitigen Gesellschafterstellung und Anstellung im MVZ?
n dem Urteil geht es um ein als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) von zwei Ärzten geführtes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Die GbR beantragte die beiden Gesellschafter in dem von ihr betriebenen MVZ als Ärzte anzustellen. Beide Gesellschafter waren zugleich Geschäftsführer und jeweils zur Hälfte am Vermögen und am Gewinn der Klägerin beteiligt.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.