Alle Artikel von Prof. Dr. med. Walter Popp

Hygiene-Tipp: Künstliche Wimpern im OP?

Gelegentlich gibt es Diskussionen, ob im OP künstliche Wimpern erlaubt sind. Laut DIN 10506 (Lebensmittelhygiene – Gemeinschaftsverpflegung, 2018) sind sie im Produktionsbereich von Küchen verboten.

Wahrscheinlich sind nur Insidern die Spezifika künstlicher Wimpern bekannt: Es gibt zum einen Wimpernbänder, die auf die Augenlider aufgeklebt werden. Der Klebstoff dazu ist wasserlöslich, damit man die Bänder auch wieder leicht entfernen kann. Man trägt sie im allgemeinen anlassbezogen, also z. B. beim Ausgehen am Abend. Derartige künstliche Wimpern gibt es auch mit Magneten. Dabei werden die eigenen Wimpern zwischen zwei Magnetbänder eingeklemmt.

Dann gibt es Wimpern, die auf die eigenen Wimpern einzeln aufgeklebt werden. Derartige Verlängerungen gibt es auch als kleinere Büschel (Volumen-Wimpern, auch Russian Volume Look genannt), die wiederum auf dem Lid zwischen den eigenen Wimpern befestigt werden. Bei den einzelnen Wimpern-Verlängerungen werden die Wimpern-Verlängerungen mit einem dauerhaften Cyanacrylat-haltigen Kleber zu einem Drittel eingestrichen und dann auf die eigenen Wimpern (über die volle Länge) aufgegeben.

Es gibt die Wimpern in verschiedener Länge, Stärke und Form: J-Curl sind z. B. ziemlich gerade, D-Curl sind stark nach oben geschwungen (Aussehen einer Puppe). Entwickelt wurde die Technik 2003 von dem Japaner Shu Uemura. Das erste Model, bei dem er sie einsetzte, war die Sängerin Madonna. Die Kunstwimpern können aus Kunststoff sein, aber auch aus Pferde- oder Nerzhaar (Silk Lashes oder Mink Lashes).

Auch die eigenen Wimpern haben nur eine begrenzte Lebensdauer von etwa zwei bis drei Monaten, dann fallen sie aus und neue wachsen nach. Pro Tag fallen ein bis drei der echten Wimpern aus. Dies bedingt, dass die künstlichen Wimpern ca. vier Wochen auf den eigenen Wimpern bleiben und dann mit diesen verloren gehen. Man soll die künstlichen Wimpern erst auf die eigenen geben, wenn diese ausgewachsen sind (nach ca. vier Wochen). Deshalb muss man alle zwei bis drei Wochen eine Nachfüllung machen oder alle vier Wochen einen Teilersatz.

Es besteht kein Zweifel, dass künstliche ebenso wie natürliche Wimpern mit Mikroorganismen der Hautflora kontaminiert sein können. Wenn beide in den OP- Situs fallen, besteht eine Infektionsgefahr. Im Unterschied zu künstlichen Wimpern werden natürliche Wimpern wahrscheinlich abgebaut. Die zusätzliche Infektionsgefahr durch künstliche Wimpern ist jedoch nur eine theoretische Annahme, die nicht durch Studien belegt ist.

Fazit

Es gibt derzeit keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen über eine besondere Infektionsgefahr durch künstliche Wimpern. Die TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ verbietet unter Pkt. 4.1.7. bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, das Tragen von Schmuckstücken an Händen und Unterarmen. Das Tragen von Schmuckstücken im Gesicht ist nicht genannt. Ebenso ist es in der Empfehlung zur „Prävention postoperativer Wundinfektionen“ der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (2018) formuliert.

Zumindest aus hygienischen Gründen müssen daher künstliche Wimpern im OP derzeit nicht verboten werden.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Pamin A, Rudke M, Meier S, Parohl N, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Künstliche Wimpern im OP? Passion Chirurgie. 2023 November; 13(11): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Wie lange dauert eine präoperative Hautantiseptik?

Wir praktizieren das vor Jahren publizierte 3-Minuten-Modell. Die KRINKO macht keine Zeitangaben und verweist auf den Hersteller. Laut Hersteller wird bei dem von uns genutzten Hautantiseptikum eine Minute angegeben, bei talgdrüsenreicher Haut sind es 10 Minuten.

In Deutschland gelten die KRINKO-Empfehlungen als Stand der Wissenschaft. Die KRINKO-Empfehlung zur Prävention der postoperativen Wundinfektion (2018) macht folgende Vorgaben:

  • Immer alkoholische Hautdesinfektionsmittel (keine wässrige Jod-Lösung) verwenden. Remanente Zusätze zum Alkohol machen bei längeren Operationen (z. B. von mehr als einer Stunde) einen Sinn. Die WHO bestätigt das in den „Global Guidelines for Prevention of Surgical Site Infection“ (2018). Als antiseptische Zusätze zum Alkohol werden derzeit Chlorhexidin, PVP-Iod und Octenidindihydrochlorid eingesetzt – was allerdings, mit wenigen Ausnahmen, nur bei ungefärbten Lösungen möglich ist. Signifikante Unterschiede sind bisher wissenschaftlich nicht gesichert.
  • Die (vom Hersteller) deklarierte Einwirkzeit des Hautdesinfektionsmittels einhalten (während dieser Zeit muss die Haut benetzt sein).
  • Das Hautdesinfektionsmittel mehrfach aufbringen (also mindestens 3-mal).
  • Durch mechanische Unterstützung beim Aufbringen des Hautdesinfektionsmittels (Tupfer und Kornzange oder Applikatoren) wird die Wirksamkeit der Hautdesinfektion deutlich verbessert.
  • Unterschiede in der Einwirkzeit zwischen talgdrüsenarmer und talgdrüsenreicher Hautregion beachten. An Händen, Armen und Beinen finden sich nur 102-103 KBE aerobe und anaerobe Bakterien/cm2. Auf der Kopfhaut finden sich dagegen 105-106 KBE/cm2. Die Desinfektionsmittelkommission des VAH wies in der Mitteilung Nr. 5 (2008) ausdrücklich auf die hier zutreffenden Einwirkzeiten bei der Hautdesinfektion hin. Talkdrüsenreich sind neben der Kopfhaut auch Achseln, Leisten und hintere Schweißrinne.

Es ergibt daher keinen Sinn, eine generelle Einwirkzeit der präoperativen Hautdesinfektion von mindestens drei Minuten zu definieren. Es muss unterschiedliche Einwirkzeiten für Operationen in talgdrüsenarmen und -reichen Hautregionen geben. Diese werden von den Herstellern der Hautdesinfektionsmittel in den Gebrauchsinformationen angegeben. Durch Nutzung eines VAH-gelisteten Hautdesinfektionsmittels wurde eine ausreichende Prüfung dieser Einwirkzeiten gesichert.

Es sollte in der Verfahrensanweisung zur präoperativen Hautdesinfektion statt einer fixen Einwirkzeit besser ein Verfahrensablauf vorgegeben werden, bei dem die angegebene Einwirkzeit zwangsläufig nicht unterschritten werden kann.

Beispielsweise könnte man formulieren:

  • Die Hautdesinfektion erfolgt von der Mitte zum Rand des zu desinfizierenden Hautareals (nicht von sterilen OP-Abdeckungen bedeckte Hautareale einschließlich der Klebeflächen). Das desinfizierte Hautareal sollte so groß sein, dass der Schnitt eventuell noch vergrößert oder an anderer Stelle gesetzt werden kann und ggf. auch die Durchtrittsstelle für einen Drain berücksichtigt wird. Der mit der Kornzange oder Klemme gefasste und mit Desinfektionsmittel getränkte sterile Tupfer wird im Bereich der geplanten Schnittführung angesetzt und zum Rand des OP-Feldes bewegt.
  • Nach Trocknen des Hautdesinfektionsmittels ist der Vorgang mit einem jeweils frischen Tupfer mindestens 2-mal zu wiederholen.
  • Bei Operationen in talgdrüsenreicher Hautregion ist der Vorgang mit einem jeweils frischen Tupfer 6- bis 10-mal zu wiederholen.
  • Vor Wundverschluss sind die Wundränder nochmals zu desinfizieren.

Damit kann die Einwirkzeit von mindestens einer Minute, die vom VAH vorgegeben wird, nicht unterschritten werden. Da die präoperative Hautdesinfektion häufig unter Zeitdruck stattfindet, sollte in einer Verfahrensanweisung erfahrungsgemäß über die minimal erforderliche Einwirkzeit hinaus gegangen werden.

Wie lange das Trocknen dauert (und wie häufig Wiederholungen erforderlich sind), hängt vom Hautdesinfektionsmittel ab. Propanol-basierte Aseptika trocknen langsamer als solche auf Basis von Isopropanol. Ethanol-basierte Aseptika trocknen nochmals schneller. Ist das Prozedere der Hautdesinfektion nicht in den Gebrauchsinformationen der Hersteller der Hautdesinfektionsmittel angegeben, muss man es selbst ausprobieren.

Bei Nutzung von speziellen Hautdesinfektionsmittel-Applikatoren mit verstärkter mechanischer Einwirkung können die Einwirkzeiten deutlich kürzer sein. Deren Einsatz ist auch in Hautarealen sinnvoll, bei denen das Hautdesinfektionsmittel Schleimhautreizungen hervorrufen kann (z. B. Periorbitalregion).

Sind große und unübersichtliche Hautareale zu desinfizieren, ist die Nutzung eines gefärbten Hautdesinfektionsmittels sinnvoll.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Wie lange dauert eine präoperative Hautantiseptik? Passion Chirurgie. 2023 Oktober; 13(10): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Welche Kontrollen einer Sterilgutverpackung (Sterilbarrieresystem) sind vor der Operation notwendig?

Vor der Operation sind verschiedene Kontrollen der Sterilgutverpackung notwendig, um sicherzustellen, dass das Instrument oder das medizinische Gerät, das darin enthalten ist, steril ist und somit keine Infektionsrisiken für den Patienten darstellt. Zu den Kontrollen gehören:

  • Verfalldatum und Sterilgutlagerfrist: Überprüfen Sie die Verwendbarkeit anhand des Verfalldatums und der Sterilgutlagerfrist. Wenn das Datum abgelaufen ist, darf das Instrument oder das medizinische Gerät nicht verwendet werden. Verfalldatum ist das im Sinne des vom Hersteller angegebene Datum, bis zu dem eine gefahrlose Anwendung des Medizinprodukts nachweislich möglich ist; die Sterilgutlagerfrist bezieht sich auf das Sterilbarrieresystem und die angegebene Lagerzeit und kann davon abweichen.
  • Integrität der Verpackung: Sterilgutverpackungen aus Papier oder Papier/Folie sind per Augenschein auf Defekte (Löcher) oder defekte Siegelnähte zu prüfen. Sollten Verschlusssiegel (Plomben) an Containern angebracht sein, müssen diese unversehrt sein. Filter müssen unbeschädigt sein. Zwischen den Dichtungen von Containern darf die Innenumhüllung nicht eingeklemmt sein. Vliesverpackungen dürfen nicht beschädigt und müssen ordnungsgemäß mit Klebeband verschlossen sein.
  • Behandlungsindikatoren: (Farbmarkierungen auf dem Etikett, Klebestreifen oder der Plombe) sind auf den erforderlichen Farbumschlag zu prüfen. Ein fehlender Farbumschlag der Behandlungsindikatoren zeigt, dass die enthaltenen Instrumente keinem Sterilisationsverfahren ausgesetzt waren. Eine ungenügende Sterilisationswirkung zeigen sie leider nicht an.
  • Transport- und Lagerungsbedingungen: Stellen Sie sicher, dass die Sterilgutverpackung während des Transports und der Lagerung unter geeigneten Bedingungen aufbewahrt wurde, um die Sterilität zu gewährleisten. Die Lagerung ist eher ereignis- als zeitbezogen zu betrachten. Vor dem Öffnen einer Sterilgutlagerverpackung, z. B. ein Staubschutzbeutel oder ein Umkarton, ist möglicher Staub zu entfernen. In der Praxis kann dies z. B. mit einem feuchten, mit Desinfektionsmittel getränkten Einmaltuch geschehen.
  • Chargennummer: Überprüfen Sie die Chargennummer, um sicherzustellen, dass das Instrument oder das medizinische Gerät einer gültigen Charge zugeordnet werden kann, um im Einzelfall auf die Dokumentation der Aufbereitung zurückgreifen zu können.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Wiese K, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Welche Kontrollen einer Sterilgutverpackung (Sterilbarrieresystem) sind vor der Operation notwendig? Passion Chirurgie. 2023 September; 13(09): Artikel 04_04.

Hygiene-Tipp: Freigabe aufbereiteter Medizinprodukte

Nach der KRINKO/BfArM-Empfehlung (2012) endet die Aufbereitung von Medizinprodukten mit der dokumentierten Freigabe zur Anwendung. Diese erfolgt auf der Basis der Übereinstimmung der bei der Aufbereitung jeweils ermittelten Prozessparameter mit denen der Validierungsberichte. Die im Rahmen der Aufbereitung erfassten Messwerte der Prozessparameter und die Freigabeentscheidung sind mit Bezug auf die freigebende Person und die Charge zu dokumentieren. Sie müssen belegen, dass der angewendete Aufbereitungsprozess gemäß den Standardarbeitsanweisungen unter Einhaltung der im Validierungsprotokoll niedergelegten Parameter erfolgt ist.

Auch bei Medizinprodukten, bei denen die Aufbereitung mit einer Desinfektion endet, muss die erfolgte Durchführung des Prozesses für den Anwender erkennbar sein.

Daher ist für den Reinigungs- und Desinfektionsprozesses auch eine dokumentierte Freigabe erforderlich, auch wenn anschließend noch eine Sterilisation erfolgt. So kann eine ordnungsgemäße Freigabe des Gesamtprozesses erfolgen.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Chirurgie+

Wiese K, Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Freigabe aufbereiteter Medizinprodukte. Passion Chirurgie. 2023 Juli/August; 13(07/08): Artikel 04_05.

Weitere Hygiene-Tipps finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de), Rubrik Wissen | Qualität & Patientensicherheit | Hygiene-Tipp.

Hygiene-Tipp: Feuchtarbeit – Chirurgen eher nicht mehr betroffen

Bisher wurde das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen für kumuliert mindestens zwei Stunden als Feuchtarbeit angesehen. Die im Oktober 2022 aktualisierte TRGS 401 (Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen) gibt dies nicht mehr vor.

Weiterhin ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, wobei insbesondere auf Waschfrequenzen zu achten ist.

Eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge ist danach anzubieten bei Feuchtarbeit von regelmäßig vier Stunden oder mehr am Tag. Im Hinblick auf das Gesundheitswesen ist dies vor allem der Fall bei Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände (mehr als zehnmal pro Arbeitstag).

Eine arbeitsmedizinische Angebotsvorsorgeuntersuchung ist anzubieten bei Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als zwei Stunden am Tag, konkret Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände (mehr als fünfmal und bis zu zehnmal pro Arbeitstag).

Wir empfehlen zur Minimierung der Feuchtarbeiten:

  • Die Hände im Rahmen der chirurgischen Händedesinfektion, anders als in der 1888 von Fürbringer beschriebenen Methode, nur vor der ersten Operation am Tag, nach Toilettenbenutzung sowie nach sichtbarer Perforation der OP- Handschuhe zu waschen. Dieses Vorgehen beschreiben auch die aktuellen Empfehlungen der KRINKO am RKI „Prävention postoperativer Wundinfektion“ (2018) und „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ (2016). Die meisten Chirurgen dürften demnach heutzutage auch nicht mehr von der Feuchtarbeit betroffen sein.
  • Die Tragezeit von (unsterilen) Schutzhandschuhen durch nicht zum OP-Team gehörende Mitarbeiter auf die wirklich notwendigen Kontaktzeiten mit Gefahrstoffen (z. B. Flächendesinfektionslösungen) oder Körpersekreten (Exkreten) sowie Blut zu begrenzen.
  • Die jeweilige Gefährdungsbeurteilung durch den Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit durchführen zu lassen.

Das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ist nach Definition keine Feuchtarbeit.

Im Anhang 1 der neuen TRGS 401 sind Beispiele für Feuchtarbeit bei Tätigkeiten mit wechselnden Arbeitsbedingungen angegeben. Medizinisches Personal wird darin nicht genannt.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Parohl N, Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Feuchtarbeit – Chirurgen eher nicht mehr betroffen. Passion Chirurgie. 2023 Juni; 13(06): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Handys im OP-Saal

Die Nutzung privater Mobiltelefone im OP-Saal hat zu unterbleiben. Sie stören den Ablauf der Operation und mindern vermutlich die Konzentration des OP-Teams.

Lange ist bekannt, dass Gespräche während einer Operation trotz Tragen eines chirurgischen Mund-Nasen-Schutzes die Luftkeimzahl an Mikroorganismen aus der Mundflora erhöhen. Folge unnötiger Gespräche, der sogenannten „irrelevanten“ Kommunikation im OP-Saal, sind vermehrte postoperative Wundinfektionen.

Zur Benutzung eines Mobiltelefons für dienstliche Telefonate durch das Anästhesieteam oder die „unsterile Schwester” sehen wir derzeit keine Alternative. Ansonsten müsste ein zusätzlicher Mitarbeiter den OP-Saal betreten und die dienstliche Nachricht mündlich überbringen, was ebenso Mikroorganismen in den OP-Saal einträgt. Es kommt ohnehin schon 25- bis 50-mal pro Stunde intraoperativ zu einem Öffnen der OP-Türen, meist sogar ohne dienstlichen Grund.

Unbedingte Voraussetzung für die Benutzung von Mobiltelefonen im OP-Saal ist allerdings eine Händedesinfektion vor und nach Kontakt mit dem Handy.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Handys im OP-Saal. Passion Chirurgie. 2023 Mai; 13(05): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Neues zur Flächendesinfektion

Im Oktober 2022 ist die neue KRINKO-Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ erschienen. Sie fordert bei Patientenwechsel im OP bakterizide und levurozide Flächendesinfektions-Präparate. Beim Instrumententisch soll die Einwirkzeit eingehalten werden, bei den übrigen Bereichen ist eine Nutzung nach Antrocknung möglich. Flächendesinfektionsmittel auf der Basis von quartären Ammoniumverbindungen (QAV) sollen wegen einer möglichen Resistenzentwicklung von Bakterien nicht in den niedrigsten möglichen Konzentrationen (entsprechend der in der VAH-Liste angegebenen Einwirkzeit von vier Stunden) eingesetzt werden.

In die desinfizierende Reinigung sollen insbesondere Instrumententisch, häufig berührte beziehungsweise patientennahe Bereiche (z. B. OP-Tisch, OP-Lampengriff) und Fußböden einbezogen werden. Wegen Einhaltung der Einwirkzeit beim Instrumententisch wird empfohlen, Präparate einzusetzen, die eine extrem kurze Einwirkzeit haben, z. B. nur eine oder fünf Minuten.

In der neuen Empfehlung fordert die KRINKO generell (also auch für Stationen) eine mindestens „nutzungstägliche“ Flächendesinfektion zumindest der patientennahen bzw. häufig berührten Flächen. Gleiches wird auch in der DIN 13063 (Krankenhausreinigung) vorgegeben. Damit sollte es ein Ende haben mit der „Sichtreinigung“ am Sonntag – und teilweise auch Samstag und Mittwoch.

Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Neues zur Flächendesinfektion. Passion Chirurgie. 2023 März; 13(03): Artikel 04_05.

Hygiene-Tipp: Händetrocknung nur mit Einmalpapierhandtüchern

Die TRBA 250 (Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege), die quasi Gesetzeskraft hat, gibt für den Handwaschplatz vor, dass fließendes warmes und kaltes Wasser verfügbar sein muss, Spender für Hautreinigungsmittel sowie Einmalhandtücher. Somit scheiden für den Gesundheitsbereich Warmlufttrockner oder Jet-Air-Trockner aus.

Dies ist auch deshalb bedeutsam, weil mit Handtüchern schneller und gründlicher die Hände trocken werden, sodass ohne zeitlichen Abstand eine hygienische Händedesinfektion mit alkoholischen Präparaten angeschlossen werden kann. Die beste Trocknung erreicht man mit Frotteetüchern, die nach einmaliger Benutzung gewaschen und getrocknet werden, sofern man die Kosten für die Aufbereitung nicht scheut. Die Erfahrung mit Jet-Air-Trocknern zeigt, dass die Trocknung im allgemeinen länger dauert und häufig vorzeitig mit noch feuchten Händen beendet wird. Eine daran sich anschließende Händedesinfektion wäre insuffizient.

Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Händetrocknung nur mit Einmalpapierhandtüchern. Passion Chirurgie. 2023 Januar/Februar; 13(01/02): Artikel 04_07.

Hygiene-Tipp: Hygiene-Tipp: Welche Masken nach der Pandemie?

Während der Corona-Pandemie ist es durch die Hygienemaßnahmen, vor allem Masken tragen und Abstand halten, zu einer massiven Verminderung klassischer Infektionskrankheiten gekommen. 2020/21 gab es nur vereinzelte Grippe-Fälle. Auch Norovirus-Infektionen wurden massiv reduziert, ebenso Infektionen mit Rotaviren und Kinderkrankheiten wie Mumps, Keuchhusten oder Windpocken. Keine Auswirkungen zeigten sich dagegen bei Tuberkulose, Campylobacter, MRSA oder C. diff. – bei diesen Krankheiten liegen überwiegend andere Infektionswege vor bzw. wird die Tuberkulose erst mit Latenz festgestellt.

Durch das Maskentragen, die Abstandsregeln sowie den lang dauernden Präsenzausfall in den Schulen ist es auch zu einem massiven Rückgang der RSV-Infektionen bei Kindern gekommen. Im Sommer 2021 wurden dann diese Infektionen nachgeholt – untypisch für die Jahreszeit, teilweise mit sehr schwerem Verlauf.

Unser Immunsystem und unsere Abwehrfähigkeit sind eben auf regelmäßige Infektionen angewiesen. Daher ist ein regelhaftes Tragen von Masken im Winter – nach Ende der Pandemie – nicht empfehlenswert.

Selbstverständlich sind Masken angebracht bei hochgradig Immunsupprimierten, auch im Umgang mit ihnen.

Und für den OP gilt: Die KRINKO fordert, dass Haarschutz und Mund-Nasen-Schutz sämtliche Bart- und Kopfhaare sowie Mund und Nase vollständig bedecken. Dies ist nur mit Astrohauben zu gewährleisten. Dies gilt erst recht für die derzeit beliebten großen Bärte. Und im OP sollen keine Masken mit Ohrbändern eingesetzt werden, sondern nur mit Bändern, die hinter dem Kopf gebunden werden.

Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Welche Masken nach der Pandemie? Passion Chirurgie. 2022 Dezember; 12(12): Artikel 04_07.

Hygiene-Tipp: Müssen chirurgische Instrumente nach sechs Stunden aufbereitet werden?

Oder kann dieser Zeitraum länger sein?

Die gängige Praxis ist, dass chirurgische Instrumente innerhalb von maximal sechs Stunden nach Nutzung gereinigt und desinfiziert werden. Je länger Verschmutzungen antrocknen, desto schwieriger lassen sie sich entfernen. Lagern die Instrumente in dieser Zeit feucht im Entsorgungscontainer, kann das Antrocknen der Verschmutzungen verhindert werden, aber es kann zur Korrosion (z. B. Chlorid-Korrosion durch Blutreste) kommen.

Wenn in der Praxis eine längere Zeit (über die üblichen sechs Stunden hinaus) nicht zu vermeiden ist, muss die Wirksamkeit der Reinigung bei diesen länger gelagerten Instrumenten im Rahmen der wiederholten Leistungsbeurteilung (Validierung) der Reinigungs- und Desinfektionsgeräte (RDG) geprüft werden. Eine Prüfung von real verschmutzen Instrumenten sieht die entsprechende Validierungsleitlinie ausdrücklich vor. Wird nach der Reinigung ein Restproteingehalt unter 80 Mikrogramm pro Instrument (alternativ unter drei Mikrogramm pro cm2 Oberfläche) gemessen, ist die längere Zeit bis zum Beginn der Reinigung und Desinfektion akzeptabel.

Also kann immer erst nach Bestätigung der Wirksamkeit der Reinigung im Rahmen der nächsten Leistungsbeurteilung die Zeitdauer von benutzten Instrumenten vor dem Beginn der Aufbereitung erhöht werden. Möglicherweise wird es notwendig sein, diese Instrumente vor Aufbereitung im RDG z. B. im Ultraschallbecken einer Vorreinigung zu unterziehen.

Alternativ kann man z. B. die Instrumente unmittelbar nach Ende der OP mittels eines speziellen Sprühschaums vorbehandeln. Das verursacht allerdings wieder zusätzliche Kosten. Der Schaum wird direkt im OP-Saal im Entsorgungscontainer auf die Instrumente gesprüht. Die eingesprühten Instrumente können nach Angaben eines solchen Herstellers dann länger (z. B. bis zu 72 Stunden vor der weiteren Aufbereitung) gelagert werden. Diese Vorbehandlung muss dann in die erneute Leistungsbeurteilung mit einbezogen werden.

Optimal ist daher wirklich, die Instrumente möglichst zeitnah nach Benutzung einer Reinigung und Desinfektion im RDG zu unterziehen.

Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Wiese K, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Müssen chirurgische Instrumente nach sechs Stunden aufbereitet werden? Passion Chirurgie. 2022 November; 12(11): Artikel 04_03.