Alle Artikel von Prof. Dr. med. Walter Popp

Hygiene-Tipp: Hygiene ist Chefsache

Hygienefehler sind meistens durch personelles Fehlverhalten bedingt. Für eine korrekte Hygiene ist entscheidend, dass der Chefarzt/die Chefärztin, die Oberärztinnen und -ärzte sowie die Praxisinhaber selbst die geltenden Regeln umsetzen und von den Mitarbeitern einfordern. Die Leitungen haben Vorbildfunktion.

Dies betrifft zu allererst die Indikations-gerechte und regelhafte Händehygiene, vor allem die Händedesinfektion. Insbesondere bei der Visite müssen die Hände zwischen zwei Patienten, soweit sie berührt werden, desinfiziert werden, auch nach dem letzten Patienten ist eine Händedesinfektion erforderlich.

Dies gilt genauso für den Verbandwechsel: Dieser darf erst beginnen nach einer hygienischen Händedesinfektion, damit ist auch abzuschließen. Der Verbandwechsel soll nur kurzärmlich erfolgen – also Arztkittel vorher ablegen.

Gleiches gilt für die persönliche Schutzausrüstung in Isolierzimmern: Wenn bei der Visite die Führungskräfte unzureichend gekleidet in das Zimmer gehen („wir sind ja nur kurz drin und fassen niemand an“), so wird dies genauso von Studenten und Assistenzärzten gemacht werden.

Gerade im Hinblick auf die Hygiene im Patientenzimmer und Untersuchungszimmer ist zu bedenken, dass die Patienten dies alles sehen und inzwischen auch über eine gewisse Kompetenz verfügen.

Daher gilt: Hygiene ist immer Chefsache.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Hygiene ist Chefsache. Passion Chirurgie. 2024 April; 14(04): Artikel 04_04.

Hygiene-Tipp: Assistenzhunde im Krankenhaus

Was ist passiert? Eine Patientin meldet sich beim Krankenhaus: Sie brauche einen OP-Termin und bringe ihren Assistenzhund mit. Antwort des Krankenhauses: Tiere im Krankenhaus sind nicht erlaubt. Folgetag: dicker Bericht in der lokalen Presse, dass das Krankenhaus der Patientin die Aufnahme verweigere und sich nicht an Recht und Gesetz halte.

Was ist da los? Es gibt Therapiehunde und Assistenzhunde. Letztere sind von Therapiehunden abzugrenzen.

Assistenzhunde – der bekannteste ist der Blindenführhund – helfen dem Besitzer bzw. der Besitzerin, der/die auf Grund einer Behinderung/Erkrankung Hilfestellungen in der Alltagsbewältigung benötigt. Diese Hilfestellungen können je nach Behinderung/Krankheitsbild ganz unterschiedlich ausfallen.

Therapiehunde hingegen werden unterstützend bei therapeutischen Verfahren – bspw. in der Logopädie oder in der Psychotherapie – eingesetzt.

Grundsätzlich handelt es sich um einen Hund, genauso wie jeder andere Hund mit (Jagdhund, Drogenspürhund) oder ohne (Familienmitglied) spezifische Funktion. Die rechtliche Situation unterscheidet sich allerdings erheblich: Therapiehunde müssen genauso wenig in einer Einrichtung oder am Arbeitsplatz zugelassen werden wie der Arbeitgeber den Mitarbeitern auch nicht zugestehen muss, ihren Privathund zum Arbeitsplatz mitzunehmen.

Über das Teilhabestärkungsgesetz, das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Assistenzhundeverordnung sieht dies bei einem anerkannten Assistenzhund allerdings anders aus. Unabhängig davon, ob es sich um einen Blindenführhund – der bisher der einzige nach § 33 SGB V als alternatives, medizinisches Hilfsmittel anerkannt ist und damit alternativ zu Langstock oder Rollstuhl auch von den Krankenkassen (nach Prüfung) finanziert wird – oder einen anderen Assistenzhund handelt, kann man einer Person den Zutritt zu (zumindest bestimmten Bereichen) einer Einrichtung nicht verweigern. Bezogen auf den o. g. Fall: Die Patientin ist erst einmal im Recht.

Es empfiehlt sich, frühzeitig hierfür Regelungen zu treffen, am besten auch unter Einbeziehung der Rechtsstelle. So können Vorgaben definiert werden bzw. müssen entsprechend der Gesetzeslage erfüllt sein, z. B.:

  • Nachweis über Anerkennung des Hundes als Assistenzhund,
  • Vorlage eines Behindertenausweises mit erheblicher Einschränkung oder Vorlage eines Blindenführhundausweises oder eines Zertifikats, das die Eignung des Mensch-Hund-Teams nach § 12g BGG belegt,
  • Gesundheitszeugnis des Hundes,
  • gepflegtes Äußeres des Hundes,
  • Impfnachweis,
  • der Hund muss aktuell gesund sein: keine Parasiten, keine Magen-Darm-Erkrankungen, keine Wunden etc.,
  • Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung mit Schadendeckung von mindestens 1 Mio. €,
  • Angaben dazu, wo der Hund sich hinlegt, wer sich kümmert, wenn der Besitzer ausfällt,
  • Kennzeichnung des Hundes als Assistenzhund,
  • der Patient muss physisch und psychisch in der Lage sein, Regeln einzuhalten und den Hund sicher zu führen.

Konkret muss der Zugang zur Station bzw. zum Zimmer geregelt werden – möglichst kurz von außen. Kein Zugang zu bestimmten Räumen, z. B. Küche oder Intensivstation.

Auch muss geregelt werden, was mit dem Hund passiert, wenn der Besitzer operiert wird. Wenn letzterer z. B. nach der OP nicht aus dem Bett kann oder auf Intensivstation kommt, was passiert dann mit dem Tier? Hier empfiehlt sich eine Regelung, dass eine weitere externe Bezugsperson des Tieres sich um dieses kümmert. Diese Person muss von Anfang an einbezogen werden.

Weiter sollten die Regeln im Krankenhaus – für Besucher und Mitarbeiter – kommuniziert werden. Ansonsten nimmt die Zahl der Tiere massiv zu: Mitarbeiter bringen ihre Hunde mit („das Tier ist krank und kann nicht allein zu Hause bleiben” – schon erlebt …), Besucher erscheinen mit sogenannten Kampfhunden usw.

Aufgrund der aktuelle Gesetzeslage endet die Begleitung durch Assistenzhunde vor den Patientenzimmern (zumindest bei Mehrbettzimmern) und den Funktionsbereichen. Hier empfiehlt sich zukünftig eine entsprechende Wortlautanpassung durch den Gesetzgeber, um in begründeten Einzelfällen die räumlich erweiterte Begleitung zu ermöglichen. In der Zwischenzeit bleiben lösungsorientierte Rücksprachen mit den Gesundheitsämtern zu ggfs. über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Einzelfall-Entscheidungen.

Parohl N, Edlinger S, Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Assistenzhunde im Krankenhaus. Passion Chirurgie. 2024 März; 14(03/I): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Abtrennung zwischen Waschbecken und Arbeitsfläche

Frage:

Das Gesundheitsamt reklamiert in meiner Praxis eine fehlende Abtrennung zwischen dem Waschbecken und einer Arbeitsfläche. Außerdem wird reklamiert, dass das Wasser direkt in den Abfluss läuft. Ist das wirklich erforderlich?

Antwort:

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RKI fordert in der Empfehlung zur Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens (2016) folgende Kriterien für Handwaschplätze:

Ein hygienischer Handwaschplatz muss mit Zulauf für warmes und kaltes Wasser ausgestattet sein. Bei einer Neueinrichtung oder wesentlichen Umgestaltung eines Handwaschplatzes ist auf ein ausreichend groß dimensioniertes, tief ausgeformtes Handwaschbecken ohne Überlauf zu achten. Falls saubere Arbeitsflächen an den Waschplatz angrenzen, sind diese durch einen Spritzschutz so abzuschirmen, dass es (insbesondere in Bereichen der Zubereitung von Medikamenten) nicht zu einer Kontamination der Umgebung kommen kann. Der Handwaschplatz muss abhängig von den räumlichen Bedingungen mit wandmontierten Spendern für Händedesinfektionsmittel und Handwaschpräparat und mit Einmalhandtüchern ausgestattet sein. Der Wasserstrahl darf nicht direkt auf den Abfluss gerichtet sein, um die Entstehung des erregerhaltigen Aerosols aus dem Siphon zu minimieren. Die Forderung nach Waschbecken ohne Überlauf ist allerdings auf eine Neuinstallation eines Waschbeckens begrenzt.

Da die KRINKO-Empfehlungen in Deutschland gemäß § 23 Infektionsschutzgesetz den Stand der Wissenschaft repräsentieren, sind die Forderungen des Gesundheitsamtes legitim.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Abtrennung zwischen Waschbecken und Arbeitsfläche. Passion Chirurgie. 2024 Januar/Februar; 14(01/02): Artikel 04_04.

Hygiene-Tipp: Zugang zur OP-Abteilung

Der Zugang zur OP-Abteilung ist grundsätzlich geschlossen zu halten. Der Zugang sollte nur möglich sein für das OP-Personal über Schlüssel, Karten, Chips oder eine Ziffernkombination. „Alternativ“zugänge, z. B. über offene Ver- oder Entsorgungsräume, sind nicht erlaubt.

Sonstige Personen (z. B. Hospitanten, Praktikanten, Medizinstudierende, Pflegeschüler, Handwerker des Hauses) sollten nur einen eigenen (ggfs. befristeten) Zugang erhalten, wenn sie geschult sind und die OP-Leitung sicher ist, dass sie sich korrekt verhalten. Gleiches gilt für z. B. hauseigene Fotografen.

Weitere Personen (z. B. Medizinprodukteberater, externe Handwerker) sollten generell nur auf Meldung eingelassen werden, eine Schulung am Anfang ist selbstverständlich. Paketdienst-Mitarbeiter haben im OP überhaupt nichts zu suchen.

Von (z. B. werbewirksamen) Führungen normaler Bürger während des laufenden OP-Betriebs ist abzuraten, da hierdurch ethische, datenschutzrechtliche und haftungsrechtliche Risiken entstehen.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Zugang zur OP-Abteilung. Passion Chirurgie. 2023 Dezember; 13(12): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Künstliche Wimpern im OP?

Gelegentlich gibt es Diskussionen, ob im OP künstliche Wimpern erlaubt sind. Laut DIN 10506 (Lebensmittelhygiene – Gemeinschaftsverpflegung, 2018) sind sie im Produktionsbereich von Küchen verboten.

Wahrscheinlich sind nur Insidern die Spezifika künstlicher Wimpern bekannt: Es gibt zum einen Wimpernbänder, die auf die Augenlider aufgeklebt werden. Der Klebstoff dazu ist wasserlöslich, damit man die Bänder auch wieder leicht entfernen kann. Man trägt sie im allgemeinen anlassbezogen, also z. B. beim Ausgehen am Abend. Derartige künstliche Wimpern gibt es auch mit Magneten. Dabei werden die eigenen Wimpern zwischen zwei Magnetbänder eingeklemmt.

Dann gibt es Wimpern, die auf die eigenen Wimpern einzeln aufgeklebt werden. Derartige Verlängerungen gibt es auch als kleinere Büschel (Volumen-Wimpern, auch Russian Volume Look genannt), die wiederum auf dem Lid zwischen den eigenen Wimpern befestigt werden. Bei den einzelnen Wimpern-Verlängerungen werden die Wimpern-Verlängerungen mit einem dauerhaften Cyanacrylat-haltigen Kleber zu einem Drittel eingestrichen und dann auf die eigenen Wimpern (über die volle Länge) aufgegeben.

Es gibt die Wimpern in verschiedener Länge, Stärke und Form: J-Curl sind z. B. ziemlich gerade, D-Curl sind stark nach oben geschwungen (Aussehen einer Puppe). Entwickelt wurde die Technik 2003 von dem Japaner Shu Uemura. Das erste Model, bei dem er sie einsetzte, war die Sängerin Madonna. Die Kunstwimpern können aus Kunststoff sein, aber auch aus Pferde- oder Nerzhaar (Silk Lashes oder Mink Lashes).

Auch die eigenen Wimpern haben nur eine begrenzte Lebensdauer von etwa zwei bis drei Monaten, dann fallen sie aus und neue wachsen nach. Pro Tag fallen ein bis drei der echten Wimpern aus. Dies bedingt, dass die künstlichen Wimpern ca. vier Wochen auf den eigenen Wimpern bleiben und dann mit diesen verloren gehen. Man soll die künstlichen Wimpern erst auf die eigenen geben, wenn diese ausgewachsen sind (nach ca. vier Wochen). Deshalb muss man alle zwei bis drei Wochen eine Nachfüllung machen oder alle vier Wochen einen Teilersatz.

Es besteht kein Zweifel, dass künstliche ebenso wie natürliche Wimpern mit Mikroorganismen der Hautflora kontaminiert sein können. Wenn beide in den OP- Situs fallen, besteht eine Infektionsgefahr. Im Unterschied zu künstlichen Wimpern werden natürliche Wimpern wahrscheinlich abgebaut. Die zusätzliche Infektionsgefahr durch künstliche Wimpern ist jedoch nur eine theoretische Annahme, die nicht durch Studien belegt ist.

Fazit

Es gibt derzeit keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen über eine besondere Infektionsgefahr durch künstliche Wimpern. Die TRBA 250 „Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ verbietet unter Pkt. 4.1.7. bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, das Tragen von Schmuckstücken an Händen und Unterarmen. Das Tragen von Schmuckstücken im Gesicht ist nicht genannt. Ebenso ist es in der Empfehlung zur „Prävention postoperativer Wundinfektionen“ der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (2018) formuliert.

Zumindest aus hygienischen Gründen müssen daher künstliche Wimpern im OP derzeit nicht verboten werden.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Pamin A, Rudke M, Meier S, Parohl N, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Künstliche Wimpern im OP? Passion Chirurgie. 2023 November; 13(11): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Wie lange dauert eine präoperative Hautantiseptik?

Wir praktizieren das vor Jahren publizierte 3-Minuten-Modell. Die KRINKO macht keine Zeitangaben und verweist auf den Hersteller. Laut Hersteller wird bei dem von uns genutzten Hautantiseptikum eine Minute angegeben, bei talgdrüsenreicher Haut sind es 10 Minuten.

In Deutschland gelten die KRINKO-Empfehlungen als Stand der Wissenschaft. Die KRINKO-Empfehlung zur Prävention der postoperativen Wundinfektion (2018) macht folgende Vorgaben:

  • Immer alkoholische Hautdesinfektionsmittel (keine wässrige Jod-Lösung) verwenden. Remanente Zusätze zum Alkohol machen bei längeren Operationen (z. B. von mehr als einer Stunde) einen Sinn. Die WHO bestätigt das in den „Global Guidelines for Prevention of Surgical Site Infection“ (2018). Als antiseptische Zusätze zum Alkohol werden derzeit Chlorhexidin, PVP-Iod und Octenidindihydrochlorid eingesetzt – was allerdings, mit wenigen Ausnahmen, nur bei ungefärbten Lösungen möglich ist. Signifikante Unterschiede sind bisher wissenschaftlich nicht gesichert.
  • Die (vom Hersteller) deklarierte Einwirkzeit des Hautdesinfektionsmittels einhalten (während dieser Zeit muss die Haut benetzt sein).
  • Das Hautdesinfektionsmittel mehrfach aufbringen (also mindestens 3-mal).
  • Durch mechanische Unterstützung beim Aufbringen des Hautdesinfektionsmittels (Tupfer und Kornzange oder Applikatoren) wird die Wirksamkeit der Hautdesinfektion deutlich verbessert.
  • Unterschiede in der Einwirkzeit zwischen talgdrüsenarmer und talgdrüsenreicher Hautregion beachten. An Händen, Armen und Beinen finden sich nur 10²-10³ KBE aerobe und anaerobe Bakterien/cm². Auf der Kopfhaut finden sich dagegen 10-10 KBE/cm². Die Desinfektionsmittelkommission des VAH wies in der Mitteilung Nr. 5 (2008) ausdrücklich auf die hier zutreffenden Einwirkzeiten bei der Hautdesinfektion hin. Talkdrüsenreich sind neben der Kopfhaut auch Achseln, Leisten und hintere Schweißrinne.

Es ergibt daher keinen Sinn, eine generelle Einwirkzeit der präoperativen Hautdesinfektion von mindestens drei Minuten zu definieren. Es muss unterschiedliche Einwirkzeiten für Operationen in talgdrüsenarmen und -reichen Hautregionen geben. Diese werden von den Herstellern der Hautdesinfektionsmittel in den Gebrauchsinformationen angegeben. Durch Nutzung eines VAH-gelisteten Hautdesinfektionsmittels wurde eine ausreichende Prüfung dieser Einwirkzeiten gesichert.

Es sollte in der Verfahrensanweisung zur präoperativen Hautdesinfektion statt einer fixen Einwirkzeit besser ein Verfahrensablauf vorgegeben werden, bei dem die angegebene Einwirkzeit zwangsläufig nicht unterschritten werden kann.

Beispielsweise könnte man formulieren:

  • Die Hautdesinfektion erfolgt von der Mitte zum Rand des zu desinfizierenden Hautareals (nicht von sterilen OP-Abdeckungen bedeckte Hautareale einschließlich der Klebeflächen). Das desinfizierte Hautareal sollte so groß sein, dass der Schnitt eventuell noch vergrößert oder an anderer Stelle gesetzt werden kann und ggf. auch die Durchtrittsstelle für einen Drain berücksichtigt wird. Der mit der Kornzange oder Klemme gefasste und mit Desinfektionsmittel getränkte sterile Tupfer wird im Bereich der geplanten Schnittführung angesetzt und zum Rand des OP-Feldes bewegt.
  • Nach Trocknen des Hautdesinfektionsmittels ist der Vorgang mit einem jeweils frischen Tupfer mindestens 2-mal zu wiederholen.
  • Bei Operationen in talgdrüsenreicher Hautregion ist der Vorgang mit einem jeweils frischen Tupfer 6- bis 10-mal zu wiederholen.
  • Vor Wundverschluss sind die Wundränder nochmals zu desinfizieren.

Damit kann die Einwirkzeit von mindestens einer Minute, die vom VAH vorgegeben wird, nicht unterschritten werden. Da die präoperative Hautdesinfektion häufig unter Zeitdruck stattfindet, sollte in einer Verfahrensanweisung erfahrungsgemäß über die minimal erforderliche Einwirkzeit hinaus gegangen werden.

Wie lange das Trocknen dauert (und wie häufig Wiederholungen erforderlich sind), hängt vom Hautdesinfektionsmittel ab. Propanol-basierte Aseptika trocknen langsamer als solche auf Basis von Isopropanol. Ethanol-basierte Aseptika trocknen nochmals schneller. Ist das Prozedere der Hautdesinfektion nicht in den Gebrauchsinformationen der Hersteller der Hautdesinfektionsmittel angegeben, muss man es selbst ausprobieren.

Bei Nutzung von speziellen Hautdesinfektionsmittel-Applikatoren mit verstärkter mechanischer Einwirkung können die Einwirkzeiten deutlich kürzer sein. Deren Einsatz ist auch in Hautarealen sinnvoll, bei denen das Hautdesinfektionsmittel Schleimhautreizungen hervorrufen kann (z. B. Periorbitalregion).

Sind große und unübersichtliche Hautareale zu desinfizieren, ist die Nutzung eines gefärbten Hautdesinfektionsmittels sinnvoll.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Wie lange dauert eine präoperative Hautantiseptik? Passion Chirurgie. 2023 Oktober; 13(10): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Welche Kontrollen einer Sterilgutverpackung (Sterilbarrieresystem) sind vor der Operation notwendig?

Vor der Operation sind verschiedene Kontrollen der Sterilgutverpackung notwendig, um sicherzustellen, dass das Instrument oder das medizinische Gerät, das darin enthalten ist, steril ist und somit keine Infektionsrisiken für den Patienten darstellt. Zu den Kontrollen gehören:

  • Verfalldatum und Sterilgutlagerfrist: Überprüfen Sie die Verwendbarkeit anhand des Verfalldatums und der Sterilgutlagerfrist. Wenn das Datum abgelaufen ist, darf das Instrument oder das medizinische Gerät nicht verwendet werden. Verfalldatum ist das im Sinne des vom Hersteller angegebene Datum, bis zu dem eine gefahrlose Anwendung des Medizinprodukts nachweislich möglich ist; die Sterilgutlagerfrist bezieht sich auf das Sterilbarrieresystem und die angegebene Lagerzeit und kann davon abweichen.
  • Integrität der Verpackung: Sterilgutverpackungen aus Papier oder Papier/Folie sind per Augenschein auf Defekte (Löcher) oder defekte Siegelnähte zu prüfen. Sollten Verschlusssiegel (Plomben) an Containern angebracht sein, müssen diese unversehrt sein. Filter müssen unbeschädigt sein. Zwischen den Dichtungen von Containern darf die Innenumhüllung nicht eingeklemmt sein. Vliesverpackungen dürfen nicht beschädigt und müssen ordnungsgemäß mit Klebeband verschlossen sein.
  • Behandlungsindikatoren: (Farbmarkierungen auf dem Etikett, Klebestreifen oder der Plombe) sind auf den erforderlichen Farbumschlag zu prüfen. Ein fehlender Farbumschlag der Behandlungsindikatoren zeigt, dass die enthaltenen Instrumente keinem Sterilisationsverfahren ausgesetzt waren. Eine ungenügende Sterilisationswirkung zeigen sie leider nicht an.
  • Transport- und Lagerungsbedingungen: Stellen Sie sicher, dass die Sterilgutverpackung während des Transports und der Lagerung unter geeigneten Bedingungen aufbewahrt wurde, um die Sterilität zu gewährleisten. Die Lagerung ist eher ereignis- als zeitbezogen zu betrachten. Vor dem Öffnen einer Sterilgutlagerverpackung, z. B. ein Staubschutzbeutel oder ein Umkarton, ist möglicher Staub zu entfernen. In der Praxis kann dies z. B. mit einem feuchten, mit Desinfektionsmittel getränkten Einmaltuch geschehen.
  • Chargennummer: Überprüfen Sie die Chargennummer, um sicherzustellen, dass das Instrument oder das medizinische Gerät einer gültigen Charge zugeordnet werden kann, um im Einzelfall auf die Dokumentation der Aufbereitung zurückgreifen zu können.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Wiese K, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Welche Kontrollen einer Sterilgutverpackung (Sterilbarrieresystem) sind vor der Operation notwendig? Passion Chirurgie. 2023 September; 13(09): Artikel 04_04.

Hygiene-Tipp: Freigabe aufbereiteter Medizinprodukte

Nach der KRINKO/BfArM-Empfehlung (2012) endet die Aufbereitung von Medizinprodukten mit der dokumentierten Freigabe zur Anwendung. Diese erfolgt auf der Basis der Übereinstimmung der bei der Aufbereitung jeweils ermittelten Prozessparameter mit denen der Validierungsberichte. Die im Rahmen der Aufbereitung erfassten Messwerte der Prozessparameter und die Freigabeentscheidung sind mit Bezug auf die freigebende Person und die Charge zu dokumentieren. Sie müssen belegen, dass der angewendete Aufbereitungsprozess gemäß den Standardarbeitsanweisungen unter Einhaltung der im Validierungsprotokoll niedergelegten Parameter erfolgt ist.

Auch bei Medizinprodukten, bei denen die Aufbereitung mit einer Desinfektion endet, muss die erfolgte Durchführung des Prozesses für den Anwender erkennbar sein.

Daher ist für den Reinigungs- und Desinfektionsprozesses auch eine dokumentierte Freigabe erforderlich, auch wenn anschließend noch eine Sterilisation erfolgt. So kann eine ordnungsgemäße Freigabe des Gesamtprozesses erfolgen.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Chirurgie+

Wiese K, Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Freigabe aufbereiteter Medizinprodukte. Passion Chirurgie. 2023 Juli/August; 13(07/08): Artikel 04_05.

Weitere Hygiene-Tipps finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de), Rubrik Wissen | Qualität & Patientensicherheit | Hygiene-Tipp.

Hygiene-Tipp: Feuchtarbeit – Chirurgen eher nicht mehr betroffen

Bisher wurde das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen für kumuliert mindestens zwei Stunden als Feuchtarbeit angesehen. Die im Oktober 2022 aktualisierte TRGS 401 (Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen) gibt dies nicht mehr vor.

Weiterhin ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, wobei insbesondere auf Waschfrequenzen zu achten ist.

Eine arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge ist danach anzubieten bei Feuchtarbeit von regelmäßig vier Stunden oder mehr am Tag. Im Hinblick auf das Gesundheitswesen ist dies vor allem der Fall bei Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände (mehr als zehnmal pro Arbeitstag).

Eine arbeitsmedizinische Angebotsvorsorgeuntersuchung ist anzubieten bei Feuchtarbeit von regelmäßig mehr als zwei Stunden am Tag, konkret Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen im häufigen Wechsel mit Waschen der Hände (mehr als fünfmal und bis zu zehnmal pro Arbeitstag).

Wir empfehlen zur Minimierung der Feuchtarbeiten:

  • Die Hände im Rahmen der chirurgischen Händedesinfektion, anders als in der 1888 von Fürbringer beschriebenen Methode, nur vor der ersten Operation am Tag, nach Toilettenbenutzung sowie nach sichtbarer Perforation der OP- Handschuhe zu waschen. Dieses Vorgehen beschreiben auch die aktuellen Empfehlungen der KRINKO am RKI „Prävention postoperativer Wundinfektion“ (2018) und „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens“ (2016). Die meisten Chirurgen dürften demnach heutzutage auch nicht mehr von der Feuchtarbeit betroffen sein.
  • Die Tragezeit von (unsterilen) Schutzhandschuhen durch nicht zum OP-Team gehörende Mitarbeiter auf die wirklich notwendigen Kontaktzeiten mit Gefahrstoffen (z. B. Flächendesinfektionslösungen) oder Körpersekreten (Exkreten) sowie Blut zu begrenzen.
  • Die jeweilige Gefährdungsbeurteilung durch den Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit durchführen zu lassen.

Das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ist nach Definition keine Feuchtarbeit.

Im Anhang 1 der neuen TRGS 401 sind Beispiele für Feuchtarbeit bei Tätigkeiten mit wechselnden Arbeitsbedingungen angegeben. Medizinisches Personal wird darin nicht genannt.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Parohl N, Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Feuchtarbeit – Chirurgen eher nicht mehr betroffen. Passion Chirurgie. 2023 Juni; 13(06): Artikel 04_03.

Hygiene-Tipp: Handys im OP-Saal

Die Nutzung privater Mobiltelefone im OP-Saal hat zu unterbleiben. Sie stören den Ablauf der Operation und mindern vermutlich die Konzentration des OP-Teams.

Lange ist bekannt, dass Gespräche während einer Operation trotz Tragen eines chirurgischen Mund-Nasen-Schutzes die Luftkeimzahl an Mikroorganismen aus der Mundflora erhöhen. Folge unnötiger Gespräche, der sogenannten „irrelevanten“ Kommunikation im OP-Saal, sind vermehrte postoperative Wundinfektionen.

Zur Benutzung eines Mobiltelefons für dienstliche Telefonate durch das Anästhesieteam oder die „unsterile Schwester” sehen wir derzeit keine Alternative. Ansonsten müsste ein zusätzlicher Mitarbeiter den OP-Saal betreten und die dienstliche Nachricht mündlich überbringen, was ebenso Mikroorganismen in den OP-Saal einträgt. Es kommt ohnehin schon 25- bis 50-mal pro Stunde intraoperativ zu einem Öffnen der OP-Türen, meist sogar ohne dienstlichen Grund.

Unbedingte Voraussetzung für die Benutzung von Mobiltelefonen im OP-Saal ist allerdings eine Händedesinfektion vor und nach Kontakt mit dem Handy.

Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Jatzwauk L, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Handys im OP-Saal. Passion Chirurgie. 2023 Mai; 13(05): Artikel 04_03.