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Rolle der Notfall- und Rettungsdienstreform für die Krankenhausreform

Mit dem Scheitern der Ampelkoalition ist ein deutlicher Einschnitt in die gesundheitspolitischen Reformvorhaben entstanden. Während das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) verabschiedet wurde, liegt das Gesetz zur Reform der Notfallversorgung (NotfallG) vorerst auf Eis. Dabei wäre die Überarbeitung der Strukturen und Prozesse in der Notfallversorgung essenziell, um sowohl die Patientensicherheit zu gewährleisten als auch andererseits den gesamtvolkswirtschaftlichen Blick nicht weiter zu verlieren. Die steigenden Einsatzzahlen im Rettungsdienst vor allem im sogenanntem Low-Code-Bereich, die zunehmende Verlagerung niedrigschwellig Hilfesuchender aus der vertragsärztlichen Versorgung in die Notaufnahmen sowie die wiederholte Inanspruchnahme durch sogenannte Frequent User [1] erzeugen einen erheblichen Druck auf das System und treiben die Kosten weiter in die Höhe.

Im Gesetzgebungsverfahren des NotfallG war vorgesehen, die Reform des Rettungsdienstes über Änderungsanträge zu integrieren. Für den Rettungsdienst als integralem Bestandteil der Notfallversorgung wäre aber sicherlich ein eigenständiges Gesetzgebungsvorhaben angebracht. Dabei muss die föderale Zuständigkeit der Länder berücksichtigt und ihre Einbindung frühzeitig sichergestellt werden, um erneute Verzögerungen zu vermeiden.

Es ist schon genug Zeit ins Land gegangen – bereits 2018 hat das Sachverständigenrat-Gutachten [2] zentrale Reforminhalte formuliert, die sich auch in den zwei vergangenen Koalitionsverträgen wiederfinden. Von vielen Gremienvertretern wird deshalb unvermindert die rasche Umsetzung der Notfallreform und engere Verzahnung mit der Krankenhausreform nach der Wahl gefordert [3, 4]. Aus den Erkenntnissen muss nun endlich auch ein Handeln werden.

Der Einfluss dieser Reform auf den Fachkräftemangel im stationären Bereich wird im Sachverständigenrat-Gutachten 2024 [5] hervorgehoben: „Das größte Potential zur Reduktion der stationären Belegungstage geht von einer Reform der Notfallversorgung aus […]“ Die verstrichene Zeit hat dazu geführt, dass einige Reformvorschläge bereits umgesetzt oder in Studien erprobt wurden. Der Artikel stellt ausgewählte Best-Practice-Beispiele aus Bayern vor und soll Impulse für Anpassungen im fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) geben. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann dabei nicht erhoben werden.

In Bayern ist die digitale Verknüpfung der Leitstellen 116 117 und 112 seit Dezember 2023 flächendeckend umgesetzt. Der befürchtete Ping-Pong-Effekt blieb aus, jedoch zeigen die Einsatzzahlen in Notaufnahmen und Rettungsdienst bisher (noch) nicht die erhoffte Wirkung, damit „vor die Lage zu kommen“. Entscheidend wird in weiterer Folge unter anderem sein, ob die isolierte Verkürzung der Wartezeit beim Anruf in der 116 117 den gewünschten Effekt erzielt. Die Reformpläne sehen hierfür mit der Einführung der Akutleitstelle eine Zeitvorgabe vor: 75 % der Anrufe sollen innerhalb von maximal drei Minuten angenommen werden. Dies stellt die Kassenärztlichen Vereinigungen als Betreiber der 116 117 allein aufgrund der hohen Anrufzahlen vor erhebliche Herausforderungen. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Ziel auch mit modernen digitalen Mitteln realisierbar ist.

Eine Patientensteuerung muss daher auch auf operativen Ebenen – im Rettungsdiensteinsatz sowie vom Tresen der Notaufnahme – umgesetzt werden.

Im Rettungsdienst Bayern konnte in einer gemeinsamen Pilotstudie der Durchführenden im Rettungsdienst, Kassenärztlicher Vereinigung Bayerns (KVB) mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration erfolgreich nachgewiesen werden, dass eine standardisierte Ersteinschätzung am Einsatzort eine sichere Patientensteuerung in die Versorgungsebene „Vertragsarzt“ ermöglicht [6]. Die hierfür durch den Notfallsanitäter genutzte Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland (SmED) kommt bereits in der Telefonabfrage der 116 117 zum Einsatz. Im Rahmen der Studie wurde das neu konzipierte Rettungseinsatzfahrzeug (REF) für Einsätze disponiert, bei denen nach strukturierter Notrufabfrage der Integrierten Leitstelle (ILS) kein Transport zu erwarten war. Ein flächendeckender Rollout setzt die Schaffung entsprechender sozialversicherungsrechtlicher Grundlagen im SGB V voraus, was auch in den Entwürfen zur Rettungsdienstreform gefordert wird. Dadurch würde zudem eine fallabschließende Behandlung durch den Rettungsdienst ohne unnötige Klinikeinweisung ermöglicht. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine vergleichbare Patientensteuerung auch aus einem Rettungswagen heraus sinnvoll wäre – insbesondere in Fällen, in denen die Notrufabfrage der ILS nicht mit der angetroffenen Situation übereinstimmt, was häufig der Fall ist. Die Steuerung in die Versorgungsebene „Vertragsarzt“ für voraussichtlich ambulant behandelbare Rettungsdienstpatienten wird daher in einer weiteren Studie in Bayern erprobt werden. Damit sollen insgesamt die Notaufnahmen spürbar entlastet werden. Ermöglicht wird dies auch durch die die Finanzierung der Sozialversicherungsträger quasi als Vorleistung im Sinne der Notfallreform.

Auch zwischen Krankenhäusern, deren Notaufnahmen und Kassenärztlicher Vereinigung ist die viel gescholtene Kluft in vielen Bereichen mittlerweile aufgehoben. Man ist sich auf beiden Seiten bewusst, dass die Vermeidung einer unnötigen Inanspruchnahme des Gesundheitswesens insbesondere in vermeintlichen subjektiven Notfallsituationen der Hilfesuchenden erklärtes Ziel einer Notfallreform sein muss. Es ist hier müßig von Selbsteinweisern überlastete Notaufnahmen darzustellen – regelmäßig finden sich dazu Artikel in den Medien. Die Beweggründe sind unterschiedlich [7].

Die Pläne der Notfallreform von Prof. Lauterbach und im Übrigen auch die vergangenen Koalitionsverträge sehen die Lösung in Integrierten Notfallzentren (INZ). Die dahinterliegende enge Zusammenarbeit zwischen einer Notaufnahme und kassenärztlicher Bereitschaftspraxis in unmittelbarer Nähe der Klinik und Steuerung über einen gemeinsamen Tresen ist aber kein Novum. In Bayern sind von 133 Bereitschaftspraxen der KVB 119 Standorte an den Kliniken. Entscheidend werden die Bestimmungen zur Kooperation 24/7 sein. Hier zeigt die jahrelange Diskussion zur Notfallreform ein hin und her schieben der Verantwortlichkeiten in den übrigen Zeitkorridoren. So sollten Patienten auch zu den Praxisöffnungszeiten vom gemeinsamen Tresen in den vertragsärztlichen Bereich gelenkt werden. Der erste Ansatz, dazu die kassenärztliche Präsenz in den INZ auch tagsüber zu gewährleisten, würde zum „Katze in den Schwanz beißen“ führen, da hierzu Vertragsärzte für den Dienst im INZ ihre Praxis schließen müssten [8]. Diese Ressourcen werden im Übrigen für den Aufbau von Videosprechstunden gebraucht. Umgekehrt sollen ausschließlich die Kliniken für die zentrale Ersteinschätzungsstelle fachlich verantwortlich sein. Dies bedeutet letztlich mehr personellen Aufwand für die Kliniken. Auch die Konfiguration der zentralen Ersteinschätzung selbst steht seit der Beanstandung der Ersteinschätzungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) noch offen. Der dritte Zeitkorridor nachts wird meist in der Kooperation der KV mit den Kliniken gesehen. Dies ist sicherlich insgesamt ressourcenschonend, muss aber in der Vergütung für die Krankenhäuser vorhaltebezogen abgebildet werden.

In der Praxis einer zentralen Ersteinschätzung soll aus eigener Erfahrung vor der Erstellung einer neuen Anwendung gewarnt werden Die Verknüpfung bestehender Systeme ist patientensicher möglich: Vorangeschaltet die klinisch etablierte Ersteinschätzung nach Manchester Triage (MTS) oder Emergency Severity Index (ESI) zur Bestimmung der Behandlungsdringlichkeit in der Notaufnahme. Da diese Systeme kein Lenken in andere Versorgungsbereiche als die Klinik beherrschen, muss ein entsprechend konfiguriertes System angeschlossen werden. Ein Vertreter hierzu ist die bereits oben genannte SmED [9]. In der eigenen Zentralen Notaufnahme (ZNA) wurde dieses Vorgehen im Jahr 2023 unter Studienbedingungen zusammen mit der KVB, in wissenschaftlicher Begleitung des Zentralinstitut Kassenärztliche Versorgung (Zi) zu den Öffnungszeiten der Vertragsarztpraxen bzw. vor der Öffnung der KVB Bereitschaftspraxis evaluiert [10]. Eingeschränkt wurde das Lenken bei notwendiger ressourcenbezogener Versorgung (z. B. Wundversorgung) und fehlender Zumutbarkeit (Patient kommt mit Unterarmgehstützen bei Beschwerden der unteren Extremitäten). Die Weiterleitung aus der Notaufnahme erfolgte zeitnah mit digital gesteuerter Anmeldung in den Vertragsarztpraxen über den Behandlungskapazitätennachweis IVENA®. Die ZNA wurde durch das Vorgehen relevant entlastet.

Der verwendete Ablauf für Patientensicherheit wird in einer prospektive Kohortenstudie in zwei Notaufnahmen der Charité, Universitätsmedizin Berlin und Universitätsklinikum Leipzig [11] bestätigt.

In den Bestrebungen „vor die Lage“, d. h. die Inanspruchnahme aller Sektoren der Notfallversorgung zu kommen, muss konsequent der Patient einbezogen werden. Da Hausmittel zunehmend aussterben, benötigt er Hilfsmittel für die Selbsteinschätzung. Leider ist Dr. Google allmächtig, aber online ist auch das Patienten-Navi der 116 117 zu erreichen.

Hierzu müssen Aufklärungskampagnen zur Patientensicherheit der Selbsteinschätzung und ebenso offen gegen falsches Anspruchsdenken erfolgen, um die eingangs dargestellte volkswirtschaftliche Belastung nicht weiter eskalieren zu lassen.

Zusammengefasst sind die Patientenpfade (s. Abb. 1) in der Notfallversorgung sehr komplex – bieten damit aber auch zukunftssichere Möglichkeiten für eine effiziente patientensichere Versorgung.

Abb. 1: Patientenpfade in der Notfallversorgung

Literatur

[1]   https://www.barmer.de/presse/
presseinformationen/pressearchiv/starke-regionale-unterschiede-beim-rettungsdienst-1286290

[2]   Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung. Gutachten 2018, Kapitel 14, https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2018/Gutachten_2018.pdf
[3]   https://www.sueddeutsche.de/politik/notaufnahmen-kliniken-ueberlastung-gefahr-patienten-reform-li.3179728
[4]   https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/
3_Service/3.5._Publikationen___Downloads/3.4.1._das_Krankenhaus/das_Krankenhaus_1078-Politik-Notfallreform-12-2024.pdf

[5]   Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege, Fachkräfte im Gesundheitswesen. Gutachten 2024, Kapitel 6 https://www.svr-gesundheit.de/fileadmin/Gutachten/Gutachten_2024/2.__durchgesehene_Auflage_Gutachten_2024_Gesamt_bf_2.pdf
[6]   Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland (SmED) im bayerischen Rettungsdienst: aktuelle Erkenntnisse aus dem Projekt Rettungseinsatzfahrzeug (REF). Notfall Rettungsmed 2024 27:553–555 https://doi.org/10.1007/s10049-024-01348-9
[7]   Beweggründe von Patienten, die sich selbständig in der Notaufnahme vorstellen – eine prospektive monozentrische Beobachtungsstudie. Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin 2024 119: 546-557 https://link.springer.com/10.1007/s00063-024-01106-2
[8]   600 Arztpraxen könnten aus der ohnehin schon knappen Regelversorgung fallen, bis zu 4 Millionen Patientenkontakte nicht mehr stattfinden // In der Folge wird eine erneute Überlastung der Notfallversorgung befürchtet | Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung
[9]   https://www.zi.de/themen/medizin/smed/uebersicht
[10] Zwischen Vision und Wirklichkeit: Untersuchung zur Machbarkeit der Weiterleitung von weniger dringlichen Hilfesuchenden in die ambulante Versorgung. Notfall Rettungsmed https://link.springer.com/article/10.1007/s10049-024-01347-w
[11] Slagman A, Bremicker A, Möckel M, Eienbröker L, Fischer-Rosinský A, Gries A: Evaluation of an automated decision aid for the further referral of emergency room patients—a prospective cohort study. Dtsch Arztebl Int 2024; 121: 703–9. DOI: 10.3238/arztebl.m2024.0191

Dr. med. Michael Bayeff-Filloff

Chirurg, Unfallchirurgie, Klinische Akut- und Notfallmedizin, Notfallmedizin, Ärztliches Qualitätsmanagement

Chefarzt Zentrale Notaufnahme

Klinikum Rosenheim

Pettenkoferstr. 10

83022 Rosenheim

michael.bayeff-filloff@ro-med.de

Ärztlicher Landesbeauftragter Rettungsdienst Bayern

Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration

Odeonsplatz 3

80539 München

michael.bayeff-filloff@stmi.bayern.de

Chirurgie

Bayeff-Filloff M: Rolle der Notfall- und Rettungsdienstreform für die Krankenhausreform. Passion Chirurgie.
2025 April; 15(04): Artikel 03_02.

Mehr über die Krankenhausreform
auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Politik.

Einführung der Hybrid-DRGs – Erfolge und Fallstricke aus Sicht der Kliniken

Eine Analyse des Fortschritts der Ambulantisierung am Beispiel der Hernienchirurgie

Eine Analyse der EU-Kommission aus dem Jahre 2019 bescheinigt dem deutschen Gesundheitswesen, dass die Pro-Kopf-Ausgabe für die Versorgung eines Patienten mit im Durchschnitt 4.300 € mehr als 1.400 € über dem EU-Durchschnitt liegt [1]. Die Lebenserwartung in Deutschland liegt hingegen mit 81,1 Jahren nur leicht über dem europäischen Durchschnitt mit 80,9 Jahren. Die EU bemängelt unter anderem, dass in Deutschland zu wenige medizinische Leistungen ambulant durchgeführt werden [1]. Bei der Leistenhernie zum Beispiel lag der Anteil der ambulanten Operationen in 2013 bis 2019 nicht höher als 20 %, was im internationalen Vergleich sehr niedrig ist [2]. In den USA, Schweden und Dänemark werden über 70 % aller Leistenhernien ambulant versorgt [3]. Fehlende Anreize haben bisher die Umwandlung der stationären in mehr ambulante Behandlung verhindert [3, 4]. Damit wurde aus Sicht des Gesetzgebers ein potentielles Einsparvolumen in Milliardenhöhe nicht realisiert.

Erweiterung AOP-Katalog

Deshalb hat der Gesetzgeber im Rahmen der Gesundheitsreform die Organe der Selbstverwaltung, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband) im Jahre 2019 damit beauftragt, das ambulante Operieren nach § 115b SGB V weiterzuentwickeln und höhere Anreize zu setzen, damit mehr Operationen auch am Krankenhaus ambulant erfolgen. Dazu sollte unter anderem der AOP-Katalog (Katalog ambulant durchführbarer Operationen) erweitert werden. Zur Unterstützung wurde das IGES-Institut beauftragt, stationäre Leistungen zu identifizieren, die ambulant erbracht werden können. Die Gutachter kamen 2022 zu der Einschätzung, dass von den etwa 35.000 analysierten OPS-Kodes fast 2.500 Kodes in den AOP-Katalog übernommen werden könnten. Dies löste unter den Operateuren durchaus heftige Diskussionen und Kontroversen aus [4]. Es wurde besonders kritisiert, dass der AOP-Katalog nicht mit den zuständigen Fachgesellschaften abgestimmt worden war. Patienten-, Befund- und operationsspezifische Risiken seien viel zu wenig berücksichtigt worden.

Letztendlich wurden bisher auch nur weniger als 15 % der vorgeschlagenen Leistungen (2023 und 2024 jeweils ca. 200 zusätzliche OPS-Kodes, 2025 lediglich zwei neue Leistungen) tatsächlich in den AOP-Katalog aufgenommen.

Sektorengleiche Vergütung

Für eine Auswahl von Operationen und Interventionen, die bisher regelhaft stationär durchgeführt wurden, gibt es seit 01. Januar 2024 eine spezielle sektorengleiche Vergütung, die sogenannte Hybrid-DRG. Diese Fallpauschalen werden unabhängig davon gezahlt, ob die Operation oder Intervention ambulant oder kurzstationär (Verweildauer maximal ein Belegungstag) erfolgt. Die Anzahl an Hybrid-DRGs ist noch relativ gering, soll aber wachsen. Denn Ziel dieser besonderen sektorengleichen Vergütung nach § 115 f SGB V ist es, Anreize zu mehr ambulant durchgeführten Operationen und Interventionen im Krankenhaus und bei den Niedergelassenen zu setzen. Die Höhe der Vergütung mit den Hybrid-DRGs liegt zwischen der normalen DRG mit einer Nacht im Krankenhaus (Kurzliegerabschlag) und der ambulanten Abrechnung über den EBM. Für die Krankenhäuser bedeuten diese zusätzlich abgesenkten Fallpauschalen zunächst einmal einen deutlichen Verlust an Einnahmen, der nur durch effiziente ambulante Strukturen teilweise kompensiert werden könnte. Die niedergelassenen Operateure können für einfache Eingriffe eine deutlich höhere Pauschale erzielen, beklagen aber für komplexe Operationen mit hohen Sachkosten für Implantate sogar Verluste gegenüber der bisherigen Abrechnung über den EBM, da auch die Anästhesieleistungen aus den Hybriderlösen erstattet werden müssen.

Starterkatalog für 2024

Alle Eingriffe, für die es seit Januar 2024 eine Hybrid-DRG gibt, sind in einem Leistungskatalog aufgeführt, den das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Abstimmung mit dem InEK als Anlage zur Hybrid-DRG-Rechtsverordnung vorgegeben hat [9]. Dieser Starterkatalog umfasst rund 250 Operationen und Interventionen aus fünf Leistungsbereichen, darunter Hernien-Operationen. Auch die vom InEK kalkulierte Höhe und die technische Abrechnung der Vergütung hatte das BMG vorgegeben. Dieser Hybrid-DRG-Katalog galt noch bis 31. Dezember 2024 und wurde dann erweitert. Die Methodik der Preiskalkulation durch das InEK, die pauschale Vergütung der Anästhesie- und Sachkosten und den in den Bundesländern unterschiedlichen Sprechstundenbedarfsregelungen wurden vom BDC und zahlreichen anderen Berufsverbänden scharf kritisiert [5].

Erweiterung des Hybrid-DRG-Katalogs für 2025

Um eine erneute Ersatzvornahme durch das BMG zu verhindern, haben sich die KBV, die DKG und der GKV-Spitzenverband fristgerecht bis Ende März 2024 auf eine künftige Erweiterung um 94 OPS-Kodes und weitere fünf Leistungsbereiche geeinigt, die ab 01. Januar 2025 mit neuen Hybrid-Fallpauschalen vergütet werden sollten [10]. Die Vertragspartner rechnen damit, dass mit dem erweiterten Hybrid-Katalog 400.000 stationäre Fälle ambulant durchgeführt werden können. Im Rahmen der anschließenden Leistungskalkulationen stellte das InEK allerdings Inkonsistenzen bei den ausgewählten Leistungen fest und entfernte 13 der 94 OPS-Kodes sowie den geplanten Leistungsbereich „Osteosynthetische Versorgung von Klavikulafrakturen“ aus dem Katalog. Statt „Brusterhaltende Eingriffe in der Mammachirurgie“ wurde der neue Leistungsbereich „Lymphknotenbiopsien“ definiert. Offensichtlich aus systematischen Erwägungen wurden zudem weitere 245 OPS-Kodes hinzugefügt. Dabei handelte es sich um verwandte Leistungen mit vergleichbarem Aufwand sowie um Kodes für unspezifische Resteklassen (.x und .y), um Fehlanreizen bei der Kodierung zu begegnen. Der in dieser Weise angepasste Katalog wurde dann am 11.10.2024 publiziert [11].

Erstaunlicherweise führen jedoch nicht alle gelisteten OPS-Kodes bei den typischen Indikationen tatsächlich zu einer Hybrid-DRG. Aufgrund der hochkomplexen Algorithmen des DRG-Groupers werden z. B. bei den OPS-Kodes für die endoskopische bzw. laparoskopische Versorgung von W1- und W2-Narbenhernien mit Gewebeverstärkung die maßgeblichen Ausgangs-DRGs gar nicht erreicht, so dass die Hybrid-DRGs G24M bzw. G24N nicht resultieren können (siehe Abbildung 1).

Für den Bereich der Allgemein- und Viszeralchirurgie ist der Leistungsbereich „Eingriffe an Analfisteln“ dazu gekommen. Auch im neuen Leistungsbereich „Eingriffe an Hoden und Nebenhoden“ finden sich proktologische und viszeralchirurgische OPS-Kodes. Zusätzlich wurden die bereits im Katalog enthaltenen Leistungsbereiche „Bestimmte Hernieneingriffe“ und „Exzision eines Sinus pilonidalis“ um 33 weitere OPS-Kodes ergänzt. Dabei wurden auch verlustbringende Gruppierungsfehler bei der Behandlung von Rezidiv-Hernien, kombiniert mit der Versorgung anderer Mittellinienbrüche korrigiert.

Der neue Leistungsbereich „Eingriffe an Galle, Leber, Pankreas“ enthält dagegen bisher nur endoskopische Verfahren (ERCP, perkutan-transhepatische Eingriffe, Endosonographie, perkutane Biopsien).

Im Anhang 1 zur Hybrid-Vereinbarung 2025 sind insgesamt 323 neue Leistungen mit den entsprechenden OPS-Kodes aufgelistet. Von den 244 OPS-Kodes, die sich bereits bisher im Katalog befanden, wurden allerdings auch 2 Kodes wieder herausgenommen, die ab 2025 nicht mehr mit einer Hybrid-DRG vergütet werden.

Wie der Starter-Katalog des BMG wurden auch die neuen Hybrid-DRGs vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) unter Beteiligung des Instituts des Bewertungsausschusses (InBA) kalkuliert. Die oft kritisierte Systematik der Kalkulation unter Bezug ausschließlich auf die bisherigen EBM-Erlöse und Kosten der stationären 1-Tages-Fälle blieb unverändert [5]. Die Berücksichtigung von Implantaten (Herniennetze) und weiterem Einwegmaterial bleibt intransparent und erscheint nicht kostendeckend. Erfreulich ist es allerdings, das bei allen bereits bestehenden Hybrid-DRGs Erlössteigerungen zwischen 1,8 % und 15,6 % resultieren.

Neue Hybrid-DRGs und Zuschlag für postoperative Nachbehandlung

Erst am 18.12.2024 wurde die endgültige Hybrid-DRG-Vergütungsvereinbarung mit den kalkulierten neuen Preisen [12] veröffentlicht, die die Ersatzvornahme des BMG [6] ersetzt. Die entsprechenden Gruppierungsalgorithmen wurden in die Grouper-Software eingearbeitet, so dass eindeutig festgelegt ist, welche Eingriffe im Jahr 2025 mit einer Hybrid-DRG vergütet werden und wie hoch die Erlöse sind. Mit der jetzt vorliegenden Vereinbarung bestehen 22 Hybrid-DRG, die Vertrags- und Klinikärzte im Jahr 2025 abrechnen können [6, 12].

Positiv ist aus Sicht des Krankenhauses, dass es zukünftig einen Zuschlag zu den Hybrid-DRG für eine innerhalb von 21 Tagen durchgeführte postoperative Nachbehandlung im Krankenhaus gibt. In den Entgeltkatalogen sind zwei Preise ausgewiesen: In Spalte A findet sich die Hybrid-DRG ohne postoperative Nachbehandlung im Krankenhaus und in der Spalte B diejenige zuzüglich postoperativer Nachbehandlung im Krankenhaus. Die zusätzliche Pauschale beträgt 30 € und soll somit eine Gleichbehandlung mit den niedergelassenen Vertragsärzten herstellen, welche die Nachbehandlung nach dem EBM abrechnen können. Problematisch ist es dabei allerdings, dass dieser höhere Erlös nur direkt mit der Abrechnung der Hybrid-DRG geltend gemacht werden kann. Somit muss zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung bekannt sein, ob eine postoperative Nachbehandlung stattgefunden hat oder nicht. Revisionssicher kann daher erst nach Ablauf von 21 Tagen die Hybrid-Leistung abgerechnet werden. Falls eine kurzfristige postoperative Kontrolle routinemäßig durchgeführt wird, wäre grundsätzlich auch eine zeitnahe Abrechnung möglich.

Anmerkung: Diese erst am 18.12.2024 beschlossenen Regelungen sind noch nicht in die bereits ausgelieferte Grouper-Software (Zertifizierungsdatum 04.-11.12.2024) eingearbeitet, sodass aktuell (Stand Januar 2025) bundesweit zwar mit offiziell zertifizierter Grouper-Software abgerechnet wird, die Rechnungen vermutlich aber größtenteils storniert werden müssen (wie bereits im 1. Quartal 2024!), um jetzt die höheren Entgelte für Hybrid-DRGs mit postoperativer Nachbehandlung abrechnen zu können. Es ist völlig unverständlich, weshalb überhaupt zwei Preise der Hybrid-DRGs ausgewiesen werden, statt den Zuschlag separat abrechenbar zu machen. Letztendlich ist auch schwer nachvollziehbar, warum für die Leistungserbringung im Krankenhaus statt einer willkürlich erscheinenden 30-Euro-Pauschale nicht ebenfalls nach EBM abgerechnet werden kann.

Neuerungen bei den Hernien-Hybrid-DRGs
(G09N, G24N und G24M)

Bei der Versorgung von Leisten- und Schenkelhernien sind keine grundsätzlichen Veränderungen der Hybrid-DRG-Systematik vorgenommen worden. Die Bedingungen dieser Hybrid-DRGs sind erfüllt, wenn offen-chirurgische oder minimal-invasive Verfahren zum Bruchpfortenverschluss eingesetzt werden, wobei auch der Einsatz von alloplastischem, allogenem oder xenogenem Material inkludiert ist. Die Behandlung darf eine Verweildauer von einem Belegungstag nicht überschreiten oder muss ambulant durchgeführt worden sein. Sollte eine längere Verweildauer medizinisch erforderlich sein, so ist die reguläre DRG (G09Z, G24B, G24C) zzgl. Pflegeentgelt abrechenbar. Dies gilt auch, wenn sogenannte Kontextfaktoren vorliegen (Schwerwiegende Begleiterkrankungen, aufwändige Zusatzeingriffe), was jedoch im Rahmen eines maximal eintägigen Krankenhausaufenthaltes selten der Fall sein dürfte. Grundsätzlich sind jedoch Eingriffe zur Behandlung von Rezidiv-Hernien oder in Verbindung mit Darmresektionen über den Zugang der Herniotomie nicht als Hybrid-DRG abzurechnen. Bisherige Anomalien des Gruppierungsalgorithmus sind ab 2025 korrigiert worden, so dass Kombinationen von Rezidiv-Eingriffen mit der Versorgung einer Mittellinienhernie nicht mehr zur Ermittlung einer Hybrid-DRG und damit auch nicht zu einer nicht sachgerechten Abwertung führen.

Neu ist dagegen, dass die Verfahren mit Einsatz von alloplastischem, allogenem oder xenogenem Material bei der Versorgung von Nabel- und epigastrischen Hernien, sowohl bei offen-chirurgischem als auch minimal-invasivem Zugang, als Hybrid-DRGs abrechenbar sind.

Zu großer Verwirrung hat dagegen die Ankündigung geführt, dass auch die Verfahren zur Versorgung von W1- und W2-Narbenhernien [7] (horizontale Defektbreite < 10 cm, OPS-Kodes 5-534.33 bis 5-534.39) künftig zu den Hybrid-Leistungen zählen sollen. Wie sich aber erst nach Abrechnungssimulation mit der aktuellen Grouper-Software zeigt, führen diese Leistungen zur konventionellen DRG G08B „Komplexe Rekonstruktion der Bauchwand“, die gar keine Ausgangs-DRG für eine Hybrid-DRG darstellt und somit auch nicht zu einer Hybrid-DRG führen kann (siehe Abbildung 1).

Abb. 1: Gruppierungsergebnisse bei der Versorgung von Narbenhernien (Hauptdiagnose K43.2 „Narbenhernie ohne Einklemmung und ohne Gangrän“, Verweildauer 1 Belegungstag); blau markiert sind alle Prozeduren, die als Hybrid-Leistungen gelistet sind (11). Tatsächlich führen aber alle Prozeduren aus dem Bereich 5-536.4- zur regulären DRG G08B (geprüft mit dem zertifizierten Grouper GetDRG Vers. 24.2.1 der Fa. GEOS, Nürnberg).

Effekt der Einführung der Hybrid-DRG

In einer Herniamed-Analyse lässt sich der Effekt der Einführung der Hybrid-DRG am Beispiel der Leistenhernien-Chirurgie aufzeigen. In Tabelle 1 wird der Anteil der ambulanten Leistenhernien-Chirurgie im Vergleich zwischen 2019 als letztem Jahr vor der Corona-Pandemie mit 2024 als erstem vollen Jahr mit Abrechnung über Hybrid-DRG aufgezeigt. Die in etwa vergleichbare Anzahl an Leistenhernien-Operationen im Herniamed-Register zeigt, dass der Vergleich realistisch ist: Es zeigt sich, dass durch die Einführung der Hybrid-DRG der Anteil der ambulanten Leistenhernien-Chirurgie von 10,1 % im Jahre 2019 auf 30,2 % im Jahre 2024 angestiegen ist. So scheint die Einführung der Hybrid-DRG mit einheitlicher Abrechnung als stationäre oder ambulante Leistung zumindest für die Leistenhernie zu greifen. Aber die Erwartungen des Gesetzgebers und der beteiligten Parteien, GKV-Spitzenverband, KBV und DKG, gehen natürlich noch weit darüber hinaus, um einen Status wie in anderen Ländern zu erreichen. Mit Herniamed haben wir ein ideales Instrument, um diesen Prozess weiter zu begleiten.

Tab. 1: Zunahme des ambulant operierten Anteils in der Chirurgie der Leistenhernien von 2019 bis 2024 (Quelle: Herniamed-Register); Ambulantes vs. stationäres Vorgehen bei den elektiven ein- und beidseitigen und rezidivierenden Leistenhernienoperationen 01.01.2019 – 31.12.2019 vs. 01.01.2024 – 31.12.2024

OPs

%

Total

Ambulante Leistenhernienchirurgie 2019

9.674

10,1 %

96.076

Stationäre Leistenhernienchirurgie 2019

86.402

89,9 %

Ambulante Leistenhernienchirurgie 2024

28.356

30,2 %

93.895

Stationäre Leistenhernienchirurgie 2024

65.539

69,8 %

Einfluss auf die Methodenwahl

Von chirurgischer Seite wurde befürchtet, dass durch die Einführung der Hybrid-DRGs und die Verlagerung in ein ambulantes Setting die Auswahl des Operationsverfahrens nicht mehr nach wissenschaftlichen Kriterien erfolgt, sondern sich eher an Praktikabilitätskriterien orientiert [4]. Die Analyse aus dem Herniamed-Register zeigt, dass sich für die Entscheidung zum ambulanten Operieren einer Leistenhernie Änderungen in der Methodenwahl ergeben können. So betrug der Anteil der Lichtenstein-Operation 2019 ambulant 33,9 % und stationär 19,2 %, während der Anteil der TAPP-Technik ambulant 11,3 % und stationär 52,3 % ausmachte. Die TEP wurde im Jahr 2019 ambulant in 24,2 % und stationär in 26,5 % vorgenommen. 2024 betrug der Anteil der Lichtenstein-Operationen ambulant 18,0% und stationär 19,2 %, der Anteil der TAPP-Technik ambulant 47,7 % und stationär 54,2 % und der Anteil der TEP-Operationen ambulant 28,8% und stationär 25,5%. Das zeigt eindeutig, dass die Entscheidung zur ambulanten Leistenhernienchirurgie aktuell keinen entscheidenden Einfluss auf die Methodenauswahl mehr hat.

Perioperatives Ergebnis

Eines der wesentlichen Bedenken von chirurgischer Seite ist die Sicherheit der ambulanten Chirurgie für die Patienten [3, 4]. Die von der IGES entwickelten Kontext-Faktoren reichen nicht aus, um die potenziellen Risikofaktoren für Komplikationen der Leistenhernienchirurgie hinreichend zu berücksichtigen [4]. Die Kontext-Faktoren beschränken sich im Wesentlichen auf internistische und intensivmedizinische Parameter. Einflussfaktoren von Seiten des Befundes, des Patienten und der Operationstechnik wurden nicht berücksichtigt [4].

Umso erfreulicher ist es, dass im Herniamed-Register für die ambulante Leistenhernienchirurgie keine auffällige Häufung von Komplikationen im Vergleich zum stationären Vorgehen festgestellt werden kann. So lag die Rate an komplikationsbedingten Reoperationen im Jahre 2019 ambulant bei 0,6 % und stationär bei 1,0 % und im Jahre 2024 ambulant bei 0,3 % und stationär bei 0,8 %. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass sich bei den stationären Fällen mehr Patienten mit Risikofaktoren befinden [4].

Zukünftige Entwicklung der Ambulantisierung

Mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG, Inkrafttreten am 12.12.2024) wurden zahlreiche wichtige Änderungen der Hybrid-DRG beschlossen, die großen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung der Ambulantisierung haben werden [8]. So werden bis zum Jahr 2026 rund eine Million und bis 2030 sogar 2 Millionen ambulante Behandlungsfälle angestrebt und notfalls über Verwaltungsakte der Bundesregierung vorgeschrieben. Gleichzeitig soll die Bewertung der Hybrid-DRGs bis 2030 auf die Sätze des EBM reduziert und damit zunehmend unattraktiver werden. Somit will die Bundesregierung offenbar die Ambulantisierung durch Dirigismus und nicht durch Anreize umsetzen, während in anderen europäischen Ländern erfolgreich mit einer Incentivierung durch attraktive und vorübergehend sogar angehobene Fallpauschalen gearbeitet wurde. Es darf bezweifelt werden, ob dieser deutsche Weg den gewünschten Erfolg bringen wird und Anpassungen im weiteren Gesetzgebungsverlauf sind unabdingbar. Dabei ist die Erstattung von Sachkosten (Implantate, Einmalmaterial etc.) sowie die Vergütung weiterer beteiligter Leistungserbringer (Anästhesie, Radiologie, Pathologie, Labormedizin) sachgerecht zu regeln.

Literatur

[1]   Deutsches Ärzteblatt, Jg. 116, Heft 49, 6. Dezember 2019 Hohe Kosten, durchschnittliche Ergebnisse
[2]   Köckerling F, Lorenz R, Reinpold W, Zarras K, Conze J, Kuthe A, Lammers B, Stechemesser B, Mayer F, Fortelny R, Hoffmann H, Kukleta J, Weyhe D (2022). What is the reality in outpatient vs inpatient groin repair? An analysis from the Herniamed Registry. Hernia 26:809-821. https//doi.org10.1007/s10029-021-02494-6
[3]   Paasch C, Schildberg C, Lehmann M, Meyer F, Barth U (2023) Vorgaben, Zielvorstellungen, Motive, Haltungen und Denken zum ambulanten Operationsprofil der Allgemein- und Viszeralchirurgie Chirurgie (Heidelb). 94(10):850–860. [Article in German] https//doi.org10.1007/s00104-023-01920-y
[4]   DACH-Konsensusgruppe ambulante Leistenhernienchirurgie, Niebuhr H, Köckerling F, Fortelny R, Hoffmann H, Conze J, Holzheimer RG, Koch A, Köhler G, Krones C, Kukleta J, Kuthe A, Lammers B, Lorenz R, Mayer F, Pöllath M, Reinpold W, Schwab R, Stechemesser B, Weyhe D, Wiese M, Zarras K, Meyer HJ (2023) Leistenhernienoperationen – immer ambulant? Chirurgie (Heidelb) 94: 230–236. [Article in German] https//doi.org10.1007/s00104-023-01818-9
[5]   Kisch, T., Müller-Rath, R., Gregor, S. et al. Hybrid-DRGs – Die Herausforderung. Chirurgie 95, 1007–1011 (2024). https://doi.org/10.1007/s00104-024-02196-6
[6]   aerzteblatt.de, Freitag, 20. Dezember 2024 Neue Hybrid-DRG und höhere Vergütung vereinbart
[7]   Köckerling F, Hoffmann H, Adolf D, Reinpold W, Kirchhoff P, Mayer F, Weyhe D, Lammers B, Emmanuel K (2021) Potential influencing factors on the outcome in incisional hernia repair: a registry-based multivariable analysis of 22,895 patients Hernia. 25:33–49. https//doi.org10.1007/s10029-020-02184-9
[8]   KBV: Stellungnahme der KBV zu den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktion SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucksache 20(14)2213 vom 11. Oktober 2024 https://www.kbv.de/media/sp/2024-10-15_KHVVG__A_Stellungnahme__KBV.pdf, zuletzt zugegriffen 22.1.2025
[9]   https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/380/VO
[10] https://www.kbv.de/html/1150_68599.php
[11] https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.2_Finanzierung_und_Leistungskataloge/2.2.4._Spezielle_sektorengleiche_Verguetung__Hybrid-DRG_/AEnderungsvereinbarung_zur_Hybrid-DRG-Vereinbarung_vom_11.10.2024.pdf
[12] https://www.kbv.de/media/sp/2024-12-18_Hybrid-DRG-Verguetungsvereinbarung_mit_Anlagen.

Korrespondierender Autor:

Prof. Dr. med. Ferdinand Köckerling

Chefarzt

Zentrum für Hernienchirurgie

Vivantes Humboldt-Klinikum

Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Ferdinand.Köckerling@vivantes.de

Dr. med. Peter Kalbe

Vizepräsident

Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)

Gelenkzentrum Schaumburg

Kalbe@bdc.de

Dr. med. Rolf Bartkowski

Geschäftsführer

Med-I-Class GmbH

Prof. Dr. med. Helmut Witzigmann

Helios Park-Klinikum Leipzig

Prof. Dr. med. Waldemar Helmut Uhl

Kompetenzzentrum in Bochum

Deutsches Schilddrüsenzentrum

St. Josef-Hospital

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer

Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)

praesident@bdc.de

Chirurgie

Köckerling F, Kalbe P, Bartkowski R, Witzigmann H, Uhl WH, Meyer HJ: Hybrid-DRG aus Sicht der Kliniken. Passion Chirurgie. 2025 April; 15(04): Artikel 03_03.

Mehr zum Thema H-DRG auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Vergütung | DRG.

Neue Ausgabe PASSION CHIRURGIE: Chirurgischer Nachwuchs und Karriereplanung

Zur Märzausgabe 2025 | PASSION CHIRURGIE

Es gibt sie, die Ideen und Möglichkeiten, den chirurgischen Nachwuchs für das Fach zu gewinnen. Diese Fokusausgabe „Chirurgischer Nachwuchs und Karrieregestaltung“ zeigt einige davon auf und gibt ein Update zu den BDC-Projekten. Geben Sie diese Ausgabe gerne an Ihre Nachwuchsärztinnen und –ärzte weiter!

In wenigen Tagen findet der Deutsche Chirurgie Kongress statt – vom 26. bis 28. März steht das Internationale Kongresszentrum in München unter dem Kongressmotto „Sichere Chirurgie für alle“. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen an unserem Stand in der Lounge der Fachgesellschaften oder bei einer der BDC-Sitzungen. Vor allem laden wir Sie herzlich zur BDC-Mitgliederversammlung ein, die am Freitag, 28. März 2025, 12:45 – 14:00 Uhr, in Saal 14c stattfindet.

Zum Schluss noch der Hinweis auf eine besondere Umfrage „Zum Umgang mit einem fatalen Operationsausgang“ der Uniklinik Augsburg. Machen Sie mit!

Viele Grüße Ihr Redaktions-Team

Bilderrätsel März 2025

WELCHER MEDIZINISCHE FACHBEGRIFF VERSTECKT SICH HINTER DIESEM BILD?

… HABEN SIE ES ERRATEN?

Schicken Sie Ihre Antwort unter dem Stichwort „Passion Chirurgie 03/QI/2025“ an bilderraetsel@bdc.de. Einsendeschluss ist der 01. Juni 2025. Die Auflösung dieses Rätsels finden Sie in der nächsten gedruckten Ausgabe im Sommer.

Unter allen richtigen Einsendungen der ersten drei Quartalsausgaben (QI, QII, QIII) verlosen wir Ende 2025 wieder ein Android-Tablet. Die Auslosung wird Anfang November stattfinden und der Gewinner in der Dezemberausgabe bekannt gegeben.

Teilnahmebedingungen: Jedes BDC-Mitglied darf mitmachen, ausgenommen sind BDC-Mitarbeiter und Mitarbeiter von schaefermueller publishing GmbH sowie deren Angehörige. Bei der Gewinnauslosung sind der Rechtsweg und Barauszahlung ausgeschlossen. Wer gewonnen hat, wird schriftlich benachrichtigt. Wir danken für die Teilnahme und wünschen viel Glück.

Chirurgie im Wandel: Für lebensfreundliche Arbeitsbedingungen

Ein Aufruf zur Veränderung

Die Arbeitsbedingungen in der Chirurgie unterliegen einem stetigen Wandel, der durch gesellschaftliche Entwicklungen und demografische Veränderungen geprägt ist. Um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen, müssen alternative Beschäftigungsverhältnisse und lebensfreundliche Arbeitsbedingungen in den Fokus rücken. Die Ursachen für den Nachwuchsmangel in der Chirurgie sind vielfältig – dazu zählen Arbeitsverdichtung, ungünstige Arbeitszeiten und unzureichender Ausgleich für Bereitschaftsdienste. [3]

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Die Diskussion um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist zentral für die Anwerbung und Bindung junger Ärztinnen und Ärzte. Die anstehenden Herausforderungen erfordern, bestehende Modelle neu zu denken und die eigene Berufstätigkeit sowie die Aufgabenverteilung in der Partnerschaft neu zu interpretieren. So können wir der neuen Generation gerecht werden und die Attraktivität der chirurgischen Fächer steigern.

Die Möglichkeit während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Diese Regelungen in der medizinischen Realität umzusetzen, scheitert jedoch noch allzu oft an den festgefahrenen Strukturen in Kliniken. Das Fortbestehen der medizinischen Versorgung hängt jedoch davon ab, dass wir auch die Teilzeitkräfte erfolgreich in den Alltag integrieren und ein Arbeitsumfeld schaffen, das sowohl die Gesundheit als auch das Wohlbefinden unserer Ärztinnen und Ärzte fördert.

Bedürfnisse der neuen Generation

Die Generation der heutigen Mediziner hat andere Ansprüche an die Arbeitswelt als ihre Vorgänger. Viele junge Ärztinnen und Ärzte streben eine ausgewogene Work-Life-Balance an. Die unflexiblen Arbeitsbedingungen, die in vielen Kliniken herrschen, stehen im Widerspruch zu diesen Wünschen. Eine Veränderung der Arbeitskultur, die auf Flexibilität und Verständnis für private Belange setzt, ist notwendig, um die Attraktivität des Berufs zu erhöhen.

Ein weiteres Problem ist die ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit, die nach wie vor hauptsächlich von Frauen getragen wird. Um eine gerechte Aufteilung zu erreichen, müssen sowohl Männer als auch Frauen die Verantwortung für Haushalt und Erziehung gleichermaßen übernehmen.

10 geforderte Thesen der Sektion BerufsLEBEN des Jungen Forum O und U [adaptiert nach 1, 2]

  1. Elternzeit und Teilzeitarbeit sind für alle Arbeitnehmer selbstverständlich möglich.
  2. Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben erfordert das Einhalten von Arbeitszeiten und offene Kommunikation, auch für Vollzeitkräfte.
  3. Kliniken sollten Teilzeitkonzepte entwickeln, die klare Aufgabenverteilungen und Übergaben berücksichtigen.
  4. Teilzeitkräfte dürfen bezüglich Weiterbildung und Karrierechancen nicht benachteiligt werden und müssen operativ tätig sein können.
  5. Homeoffice-Möglichkeiten sind auszubauen.
  6. Die konsequente Umsetzung des Konsensuspapiers OPidS ist erforderlich.
  7. Während der Schwangerschaft muss eine Unterstützung des Teams für die Dienste gewährleistet sein.
  8. Temporär freiwerdende Stellen müssen umgehend durch neue Kolleginnen und Kollegen in Elternzeitvertretung nachbesetzt werden.
  9. Elternzeit kann für Fort- und Weiterbildung genutzt werden; das Fortbildungsbudget sollte auch dafür eingeplant werden.
  10. Klinikinterne Abläufe für den Wiedereinstieg nach und das Ausscheiden in die Elternzeit sollten entwickelt werden, um das Team zu entlasten.

Teilzeitmodelle als Lösung?

Im Fach Chirurgie stehen Fachkräfte vor besonderen Herausforderungen, die den Arbeitsalltag oft unvorhersehbar und belastend gestalten. Der oft schlecht planbare Verlauf eines OP-Tages, die Notwendigkeit, auf akute Notfälle schnell zu reagieren und die Unmöglichkeit, einfach „den Haken fallen zu lassen“, wenn die Arbeit nicht erledigt ist, erfordern ein hohes Maß an Flexibilität und Engagement.

Um den Herausforderungen zu begegnen können verschiedene Teilzeitmodelle in Betracht gezogen werden. Das klassische Teilzeitmodell mit täglicher Stundenreduzierung bietet eine einfache Handhabung, stößt jedoch in der Praxis häufig an Grenzen. Die Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, die sowohl an den realistischen Arbeitsalltag als auch an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst sind, können die Situation verbessern vgl. Tabelle 1. Essenziell ist, dass Teilzeitkräfte keine Benachteiligung erfahren, insbesondere in Bezug auf Weiterbildung und Karrierechancen. Ein weiteres Modell verteilt die wöchentliche Arbeitszeit auf variable Tage, was den Beschäftigten mehr Freiraum gibt. Auch innovative Ansätze wie Jobsharing und Teamarbeit könnten dazu beitragen, die Arbeitslast besser zu verteilen und gleichzeitig die Teamdynamik zu stärken vgl. Tabelle 1.

Tab. 1: Übersicht verschiedener Teilzeitmodelle, zur Verfügung gestellt von Dr. Lisa Rosch – AN: Arbeitnehmer; AG: Arbeitgeber, publiziert in [4]

Teilzeitmodell

Beschreibung

Pro

Contra

Classic

Das klassische Modell mit täglicher Stundenreduzierung.

regelmäßige Arbeitszeit, planbar für AG und AN

keine Dienste möglich, kaum OP-Tage

Classic Vario

Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 2 bis 5 Tage mit Variation der wöchentlichen oder monatlichen Stundenzahl.

hohe Flexibilität für AN und AG

begrenzte Integration in das Dienstsystem, wenig OP-Tage

Jobsharing

Zwei AN teilen sich eigenverantwortlich eine Stelle. Dies ist besonders für Führungskräfte geeignet.

hohe Flexibilität für AN

Vertrauensverhältnis nötig

Team

Es wird nur vorgegeben, wie viele Mitarbeiter anwesend sein müssen, die Arbeitszeiten werden im Team abgestimmt.

sehr hohe Flexibilität, kann bei klaren Vorgaben zu hoher Zufriedenheit der AN führen

Schnittstellenprobleme

Invest

Man arbeitet in Vollzeit und füllt sich damit ein Guthaben-Zeitkonto, um ein Sabbatical herauszuarbeiten.

ermöglicht längere Auszeit/Sabbatical bei verlässlicher Bezahlung

Umsetzung für AG im Stellenschlüssel schwierig

Ein „Vorleben“ von Teilzeitmodellen, insbesondere durch weibliche Vorbilder in Führungspositionen, kann dazu beitragen, dass mehr junge Ärztinnen und Ärzte den Schritt in eine familienfreundliche Arbeitswelt wagen. Die positive Erfahrung, Beruf und Privatleben erfolgreich zu verbinden, wird nicht nur die Zufriedenheit der Mitarbeitenden erhöhen, sondern auch die Bindung an den Standort stärken.

Ausblick

Die Veränderungen der Arbeitsbedingungen sind nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance für die chirurgische Disziplin, sich neu zu positionieren.

Es ist wichtig, den Kolleginnen und Kollegen zu vermitteln, dass die Einstellung von Teilzeitkräften nicht als Bedrohung für die Vollzeitkräfte betrachtet werden sollte, sondern vielmehr als Chance, offene Stellen zu besetzen und die Arbeitslast zu verteilen. Angesichts des massiven Chirurgenmangels ist es entscheidend, dass wir Teilzeitkräfte nicht als Konkurrenz sehen, die Vollzeitstellen blockieren, sondern als notwendige Ergänzung, um die bestehende Versorgung sicherzustellen. Oftmals sind Stellen unbesetzt, und die Realität ist, dass eine 100%-Kraft nicht alle Aufgaben allein bewältigen kann.

Die Perspektive zu ändern und die Akzeptanz für Teilzeitarbeit zu fördern, ist von zentraler Bedeutung. Diese Veränderung erfordert einen kulturellen Wandel innerhalb der chirurgischen Gemeinschaft, in dem die Vorteile von Teilzeitmodellen und die Notwendigkeit, Personal angemessen zu planen, erkannt und geschätzt werden. Nur so können wir eine zukunftsfähige und nachhaltige Arbeitsumgebung schaffen, die den Herausforderungen der Chirurgie gerecht wird. Arbeitgeber sollten nicht nur den gesetzlichen Anforderungen nachkommen, sondern auch aktiv an der Schaffung lebensfreundlicher Arbeitsbedingungen arbeiten. Dass nachhaltige Qualität in der Patientenversorgung und eine gesunde Wirtschaftlichkeit nicht durch Überlastung und Ausbeutung erreicht werden können, versteht sich von selbst.

Die Chirurgie ist eine facettenreiche Welt, die es verdient, dass wir die Ressourcen und das Potenzial unserer Ärztinnen und Ärzte optimal nutzen – indem wir sie von zeitaufwändigen administrativen Aufgaben und überbordenden Überstunden entlasten und ihnen die Möglichkeit geben, sich auf ihre wesentlichen Aufgaben zu konzentrieren, um letztlich die Vereinbarkeit von Beruf, Privatleben und Familie zu fördern.

Literatur

[1]   Samland M, Rosch L, Hofmann A, Rommelfanger G, Grimaldi G. Sektion Familie und Beruf: Das System läuft nicht rund. 10 provokante Thesen. Z Orthop Unfall. 2021 Jun;159(3):249-251
[2]   Rommelfanger G, Samland M, Hofmann A. Es gibt auch noch ein Leben neben dem Beruf. Aus der JFOU-Sektion „Familie und Beruf“ wurde „BerufsLEBEN“. Orth Unfallchir 2023; 13 (2). 19-21.
[3]   Rommelfanger G, Samland M. Gute Chirurginnen und Chirurgen brauchen einen „Ausgleich“. Die Unfallchirurgie / Ausgabe 4/2023. DOI: doi.org/10.1007/s00113-022-01273-x.
[4]   Samland M, Hofmann A. Arbeitszeitmodelle – ein Wunschkonzert? Ärzteblatt Sachsen, Heft 11/2022, S. 16-19. Herausgeber: Sächsische Landesärztekammer.

Weiterführende Literatur

  • Samland M; Junges Forum O und U. Spezialisiert in der Unfallchirurgie – kein einfacher Weg. Unfallchirurgie (Heidelb). 2024 Dec 9. German. doi: 10.1007/s00113-024-01509-y.
  • Rommelfanger G, Hofmann A, Rosch L, Samland M. Was Familienplanung bedeutet. Checkliste Elternzeit in O und U. Orth Unfallchir 2024; 14 (1), S.38-39. doi: https://doi.org/10.1007/s41785-023-4313-1.
  • Hofmann A, Samland M, Rosch L, Rommelfanger G. Quo vadis: New Work, Elternzeit, Wiedereinstieg und Teilzeit – Ergebnisse der Jahresumfrage des Jungen Forums O und U 2022. Z Orthop Unfall. 2023 Dec;161(6):599-602. German. doi: 10.1055/a-2151-7733.
  • Samland M. Zeit für das Wesentliche. Checkliste für Teilzeitarbeitsmodelle. Orth Unfallchir 2023; 13 (5). S. 45-47. doi: https://doi.org/10.1007/s41785-023-3927-7.
  • Rosch L, Rommelfanger G, Samland M, Hofmann A. Mit Struktur und Gelassenheit die Schwangerschaft planen. Neu veröffentlichte Checkliste der Sektion BerufsLEBEN des JFOU. Orth Unfallchir 2023; 13 (6). S. 42-43. doi: https://doi.org/10.1007/s41785-023-3981-1.
  • Samland M. Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterpflege und Mitarbeiterbindung: ein Appell. Z Orthop Unfall. 2022 Dec;160(6):616-617. German. doi: 10.1055/a-1483-0132.
  • Herbolzheimer M, Samland M, Hättich A. https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1959-7378 Homeoffice in O und U – ein Versuch wert. Z Orthop Unfall. 2023 Feb;161(1):14-15. German. DOI: 10.1055/a-1959-7378.

Dr. med. Marie Samland

Ärztin in Weiterbildung

Orthopädie und Unfallchirurgie

Stellv. Landesvorsitzende BVOU und BDC|Berlin

Leitung Öffentlichkeitsarbeit Junges Forum O und U

jf@marsam.de

Chirurgie

Samland M: Chirurgie im Wandel: Für lebensfreundliche Arbeitsbedingungen. Passion Chirurgie. 2025 März; 15(03/QI): Artikel 03_01.

Mehr zum Thema „Nachwuchs und Karrieregestaltung“ lesen Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Aus- und Weiterbildung.

CME: Neues aus der aktualisierten S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit

Erweitern Sie Ihre CME-Punkte, indem Sie nach dem Lesen des Artikels die Fragen dazu auf der BDC|eAkademie beantworten!

Der Artikel „S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit“ ist für BDC-Mitglieder drei Monate kostenlos in ihr Konto gebucht! Loggen Sie sich auf www.bdc-eakademie.de ein: Einfach starten!

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist eine häufige Erkrankung, die mit einer signifikanten Morbidität und Mortalität einhergeht. Sie betrifft ca. 237 Millionen Menschen weltweit und jeden vierten Einwohner zwischen 45 und 74 Jahren in Deutschland [1-3]. Das Vorliegen dieser Marker-Erkrankung ist eng mit zahlreichen kardiovaskulären Risikofaktoren verbunden. In den letzten Jahren hat sich das Verständnis der Erkrankung sowie der diagnostischen und therapeutischen Ansätze erheblich weiterentwickelt. Zwischen 2019 und 2024 sind ca. zehn internationale Praxisleitlinien unterschiedlicher Fachgesellschaften veröffentlicht worden. Die in diesem Jahr aktualisierte Version der interdisziplinären S3-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der pAVK spiegelt diese Fortschritte wider und bietet evidenzbasierte Empfehlungen für die klinische Praxis in Deutschland. Sie wurde in interdisziplinärer Zusammenarbeit aller beteiligten Fachdisziplinen entworfen und im September 2024 final veröffentlicht [4]. Erstmals sind der Leitlinie Schlüsselfragen vorangestellt, die den inhaltlichen Fokus der Literaturrecherche und des Leitlinienupdates darstellen.

Dieser Übersichtsartikel beleuchtet die wesentlichen Änderungen und Neuerungen der Leitlinie und analysiert deren klinische Relevanz für die Versorgung von Patienten mit pAVK in Deutschland. Ziel ist es, ein vertieftes Verständnis der aktuellen Standards zu vermitteln und die Implementierung dieser Leitlinien in die tägliche Praxis zu fördern.

Diagnostik

Das aktualisierte Kapitel zur Diagnose der pAVK legt größeren Wert auf die Spezifizierung der chronischen extremitätengefährdenden (kritischen) Durchblutungsstörung mit dem Ziel, sich stärker auf das Amputationsrisiko zu konzentrieren und dieses möglicherweise abwendbare Ergebnis zu vermeiden. Zu diesem Zweck wurde der Begriff „chronic limb-threatening ischemia“ (CLTI) anstelle des weniger spezifischen und teilweise irreführenden Begriffs „critical limb ischemia“ (CLI) an die internationale Terminologie angepasst. Hierdurch kann der spezifische Verlauf und die Pathogenese der CLTI im Gegensatz zur akuten Extremitätenischämie besser abgegrenzt werden. Sobald der Verdacht auf eine CLTI besteht, sollte eine weiterführende stufenweise Gefäßdiagnostik eingeleitet werden, um die Festlegung des weiteren Vorgehens zu unterstützen. In diesem Zusammenhang hat sich seit mehreren Jahren auch der „Wound, Ischemia, and Foot Infection“ (WIfI) Score etabliert, der neben der Beurteilung der Wunde auch funktionelle Parameter wie Knöchel-Brachial-Index (ABI), Zehen-Brachial-Index (TBI) und transkutanen Sauerstoffpartialdruck (tcPO2) berücksichtigt und somit eine Hilfestellung für die Indikationsstellung als auch eine Prognose für das Amputationsrisiko liefert.

Ein Überblick über den in der Leitlinie empfohlenen Algorithmus zum diagnostischen Vorgehen wird in Abbildung 1 gegeben.

Konservative Therapie

Aufgrund der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft (demografische Entwicklung) und der Zunahme der Prävalenz anerkannter Risikofaktoren wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Übergewicht und Dyslipidämie ist in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg der Prävalenz der pAVK zu rechnen [5]. Es gilt außerdem als anerkannt, dass ca. 7 % der asymptomatischen Betroffenen innerhalb von fünf Jahren eine Claudicatio intermittens bzw. von diesen wiederum etwa 21 % eine CLTI entwickeln werden, was den potenziell progressiven Charakter dieser Erkrankung illustriert [6]. Nur durch ein konsequentes Management der etablierten Risikofaktoren und eine optimale Arzneimitteltherapie lässt sich diese Progression verlangsamen oder sogar aufhalten.

Die Säulen der Behandlung der pAVK sind die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung des arteriellen Blutflusses zu den Extremitäten und die Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren und Begleiterkrankungen. Zu diesem Zweck wird in erster Linie eine konservative Therapie eingesetzt, die alle invasiven Maßnahmen flankieren muss.

Abb. 1: Diagnostischer Algorithmus aus [4]

Die Basisbehandlung umfasst die Anleitung zu körperlicher Aktivität und systematischem Gehtraining, Gewichtsreduktion bei übergewichtigen Patienten, Rauchentwöhnung und die Behandlung von relevanten Komorbiditäten, wie arterielle Hypertonie, Dyslipidämie und Diabetes mellitus.

Aufgrund fehlender Informationen und daraus resultierenden Fehleinschätzungen wird die Adhärenz von Menschen mit pAVK oft als gering eingeschätzt. Dies macht die konservative Behandlung besonders schwierig, da erwartete positive Effekte (z. B. Erhöhung der Mobilität, Linderung von Schmerzen) nicht unmittelbar bzw. spürbar einsetzen. Das systematische Gefäßtraining als anerkannte Grundlage der Gefäßtherapie wird nur von etwa 10 % der Patienten regelmäßig und effektiv durchgeführt [7]. Eine begleitete Rauchentwöhnungsmaßnahme wird nur in ca. 30 % der Fälle angeboten bzw. wahrgenommen. Warnsignale hinsichtlich einer symptomatischen Verschlechterung der pAVK werden häufig falsch interpretiert oder negiert. Der Grundsatz jeglicher Therapie der pAVK ist ein streng stadiengerechtes Vorgehen.

Spezielle Neuerungen der konservativen Therapie spiegeln sich in folgenden Empfehlungen wider.

Rauchen

Patientinnen und Patienten mit pAVK sollen das Tabakrauchen (in jeglicher Form) einstellen. (Grad A LoE 1)

Raucherinnen und Rauchern soll ein Programm aus ärztlicher Betreuung, Gruppentherapie, Nikotinersatz sowie evidenz-basierten Rauchentwöhnungspräparaten (Varenicline, Bupropion) angeboten werden. (Grad A LoE 1)

Dyslipidämie

Bei Patientinnen und Patienten mit pAVK soll eine lipidsenkende Therapie durchgeführt werden. Dabei soll ein High-Intensity-Statin angewandt werden. (Grad A LoE 1)

Der LDL-Zielwert sollte kleiner 55 mg/dl bzw. kleiner 1,4 mmol/l und ≥ 50 % Senkung des Ausgangswertes bei Erkrankten mit pAVK betragen. (Konsensempfehlung)

Antithrombotische Therapie

Für die antithrombotische Therapie stabiler Patienten sowie zur postoperativen bzw. postinterventionellen Behandlung fehlen bis heute robuste und einheitliche Daten aus hochwertigen randomisierten kontrollierten Studien. Neben der grundsätzlichen Empfehlung zur Einleitung einer thrombozytenaggregationshemmenden Therapie bei allen symptomatischen Patienten konkurrieren daher heute zahlreiche Alternativstrategien, teilweise auf dem Boden einer schwachen Evidenzbasis: Einfache vs. duale Thrombozytenaggregationshemmung, therapeutische Antikoagulation (z. B. mit Vitamin-K-Antagonisten) und die Kombination von ASS 100mg mit Rivaroxaban in vaskulärer Dosis (2,5mg) [8–10]. Bei allen Therapieerwägungen sollte grundsätzlich das individuelle Blutungsrisiko erhoben werden, wobei bis heute nur ein extern mehrfach validierter Risikoscore zur Verfügung steht ([11]). Folgende Empfehlungen haben Einzug erhalten:

  • Patientinnen und Patienten mit symptomatischer pAVK sollen mit einem Thrombozytenaggretationshemmer behandelt werden. (Grad A LoE 1)
  • Dabei sollte Clopidogrel 75 mg/d gegenüber ASS 100 mg/d bevorzugt werden. (Grad B LoE 2)
  • Bei vaskulären Hochrisikopatientinnen und -patienten sollte unter Beachtung von Blutungsrisiken eine kombinierte antithrombotische Therapie (Dual-Pathway Inhibition) mit ASS 100 mg/d und Rivaroxaban 2x 2,5 mg/d erwogen werden. (Grad B LoE 1)
  • Bei frisch operierten Gefäßpatientinnen und -patienten mit pAVK sollte unter Beachtung von Blutungsrisiken eine kombinierte antithrombotische Therapie (mit ASS 100 mg/d und Rivaroxaban 2x 2,5 mg/d) erwogen werden. (Konsensempfehlung)

Gefäßspezifisches Bewegungstraining

Zum Konzept der stadienadaptierten Behandlung der pAVK gehört, dass allen Patientinnen und Patienten mit pAVK im Stadium II (Claudicatio intermittens) als Initial-Therapie ein Gehtraining, idealerweise in strukturierter und angeleiteter Form, einschließlich einer Best Medical Therapy (BMT), empfohlen wird. Die Dauer der konservativen Therapie (Gehtraining+BMT) soll mindestens drei bis sechs Monate betragen und anschließend reevaluiert werden. Bei Verbesserung der Claudicatio intermittens Symptomatik ist die Fortführung der konservativen Therapie empfohlen, bei Stagnation oder Verschlechterung kann eine Revaskularisation erwogen werden. Entsprechend dieses Vorgehens haben sich folgende Empfehlungen ergeben:

Strukturiertes Gehtraining unter qualifizierter Anleitung ist wirksamer als unstrukturiertes Gehtraining und soll allen Patientinnen und Patienten mit Claudicatio als Bestandteil der Basisbehandlung angeboten werden. (Grad A LoE 1)

Alternatives Bewegungstraining unter Anleitung ist hinsichtlich der schmerzfreien und maximalen Gehstrecke dem traditionellem Gehtraining unter Anleitung gleichwertig und sollte erwogen werden, wenn überwachtes Training nicht möglich ist. (Grad A LoE 2)

Ein gefäßspezifisches Bewegungstraining bei Patientinnen und Patienten mit Claudicatio soll mindestens dreimal wöchentlich in Übungseinheiten von 30 bis 60 Minuten über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten erfolgen. (Grad A LoE 2)

Neuere Ansätze zur Erhöhung der Erfolgswahrscheinlichkeit eines Gehtrainings sind z. B. Aktivitätssensoren und Fitness-Apps die sich zum Monitoring von körperlicher Aktivität und als Mittel zur Steigerung der schmerzfreien und maximalen Gehstrecke bei Patientinnen und Patienten mit pAVK eignen.

Ergänzend muss aber erwähnt werden, dass trotz der überragenden Evidenz für die Wirksamkeit eines strukturierten Gehtrainings bundesweit eine Unterversorgung an Angeboten spezieller Gefäßsportgruppen besteht. Idealerwiese sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die häusliches strukturiertes Training mit entsprechendem Monitoring des Trainingsfortschritts und Begleitung des Trainings ermöglichen, um damit eine Alternative zum strukturierten Bewegungstraining in Gefäßsportgruppen zu eröffnen.

Revaskularisierende Therapie

Das Kapitel „Revaskularisierende Therapie“ wurde in der aktualisierten Form der Leitlinie neu strukturiert und umfasst nun erstmals die endovaskulären und offenen chirurgischen Therapieformen in einem Kapitel. Hierdurch wird dem behandelnden Team ein besserer Überblick über die möglichen Revaskularisationsoptionen und deren Evidenzbasis in den verschiedensten Patientenkonstellationen ermöglicht. Untergliedert ist das Kapitel dabei anhand der verschiedenen anatomischen Regionen (aorto-iliakal, Leistenregion, femoro-popliteal und crural). Dabei ist gerade die Frage der bestmöglichen Revaskularisation im Falle einer CLTI durch neue Evidenz belegt. Hierzu wurden im Rahmen der Leitlinienerstellung zwei neue randomisiert kontrollierte Studien veröffentlicht (BEST-CLI und BASIL-2), die in die Empfehlungen Einzug hielten [12, 13]. Diese beiden Studien, die auf den ersten Blick konträre Schlussfolgerungen zogen wurden diskutiert sowie bewertet. Folgende Empfehlungen sind dabei besonders relevant:

Aorto-ilikale Strombahn

Die Wahl des Behandlungsverfahrens bei aorto-iliakalen Läsionen soll unter Hinzuziehung endovaskulärer und offen-operativer Expertise interdisziplinär erfolgen. Die Entscheidung soll unter Berücksichtigung der Gefäßmorphologie, der Begleiterkrankungen und der Prognose getroffen werden. (Grad A LoE 3)

Femoralisgabel

Verschlussprozesse der Femoralisgabel sollen primär gefäßchirurgisch behandelt werden. (Grad A LoE 3)

Bei Patientinnen und Patienten mit hohem patientenspezifischem Risiko bei offen-chirurgischem Vorgehen sollte ein endovaskuläres Vorgehen zur Behandlung von Läsionen der A. femoralis communis erwogen werden. (Grad B LoE 2)

Femoro-Poplitale/Crurale Strombahn

Patientinnen und Patienten im Stadium der kritischen Ischämie mit komplexen, langstreckigen infrainguinalen Verschlussläsionen können primär offen-chirurgisch oder interventionell therapiert werden.

Hierbei sind zu berücksichtigen: Vorhandensein einer geeigneten Vene, Gefäßmorphologie, Begleiterkrankungen, Lebenserwartung sowie die lokale Expertise. (Grad 0 LoE 2)

Im Bereich der endovaskulären Verfahren werden Empfehlungen zu den jeweils technisch sinnvoll zur Verfügung stehenden Verfahren gegeben. Hierzu zählen u. a.:

  • Bei endovaskulärer Behandlung femoropoplitealer Läsionen sollen adjuvant Paclitaxel-beschichtete Ballons eingesetzt werden, da sie nachweislich die Restenoserate sowie die Reinterventionsrate im Vergleich zu Angioplastie mit unbeschichteten Ballons senken. (Grad A LoE 1)
  • Bei der Behandlung langstreckiger (> 20 cm) oder stark verkalkter femoropoplitealer Läsionen können aufgrund höherer Offenheitsraten im Vergleich zu herkömmlichen Nitinolstents heparinbeschichtete Stentgrafts eingesetzt werden. (Grad 0 LoE 3)

Im Falle eines offen-chirurgischen Vorgehens sind speziell folgende Empfehlungen von Relevanz:

  • Bei gegebener Indikation eines femoro-poplitealen Bypasses soll die Vena saphena magna (möglichst aus einem Segment bestehend) verwendet werden, sowohl bei Claudicatio als auch bei kritischer Ischämie, da sie alternativem Bypassmaterial überlegen ist. (Grad A LoE 1)
  • Falls keine geeignete Vena saphena magna vorhanden ist, sollte alternatives Material (körpereigene Venen, PTFE, Dacron) als Bypassmaterial verwendet werden. (Grad B LoE 2)

Fußarterien

Die offen-chirurgische pedale Revaskularisierung soll bei anders nicht revaskularisierbarer CLTI angeboten werden. (Konsensempfehlung)

Weiterhin behandelt dieses Kapitel erstmals das Vorgehen im Rahmen von Infekt Situationen und gibt Empfehlungen im Falle der Notwendigkeit von Amputationen. Folgende Empfehlungen sind dabei hervorzuheben.

Vor jeder Amputation soll durch eine gefäßmedizinische Facharztbeurteilung ein Gefäßstatus erhoben, ein lokaler Infekt saniert und im Falle einer Ischämie eine Revaskularisation durchgeführt werden. (Konsensempfehlung)

Die Amputationshöhe sollte durch die Perfusion, die zu erwartende Mobilität und Funktionalität der Extremität sowie die orthopädische Belastbarkeit des Stumpfes bestimmt werden. (Konsensempfehlung)

Der geriatrische Patient

Ein komplett neues Kapitel der Leitlinie beschäftigt sich erstmals mit Aspekten in der Behandlung von geriatrischen Patienten. Im Fokus steht hierbei im Speziellen die für diese Patienten typische Multimorbidität, welche sich durch folgende Merkmale auszeichnet: Immobilität, Sturzneigung und Schwindel, kognitive Defizite wie Demenz, Inkontinenz, Dekubitalulcera, Fehl- und Mangelernährung, Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt, Depression und Angststörungen, chronische Schmerzsyndrome, Sensibilitätsstörungen, Seh- und Hörbehinderungen, Medikationsprobleme. Daher ist gerade bei geriatrischen Patienten mit einer CLTI die Frage einer Revaskularisation individuell zu beantworten, wobei eine patientenzentrierte Festlegung realistischer Therapieziele maßgeblich ist. Hierzu haben folgende Empfehlungen Einzug gehalten:

Das Tasten der Fußpulse soll bei geriatrischen Patientinnen und Patienten im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung auch ohne Symptome der pAVK-Bestandteil der körperlichen Untersuchung sein, um das Gefährdungspotential vor allem für pedale Druckläsionen zu erkennen. Bei nicht tastbaren Fußpulsen sollte bei Risikopatientinnen und -patienten eine nicht-invasive weitere Abklärung der arteriellen Perfusion erfolgen. (Konsensempfehlung)

Bei geriatrischen Patienten mit CLTI soll überprüft werden, ob ein Frailty- Syndrom vorliegt. Ist dies der Fall, soll die Indikation revaskularisierender Maßnahmen restriktiv gestellt werden unter Berücksichtigung der zu erwartenden Invasivität des Eingriffs und im Einklang mit dem primären Therapieziel einer Beschwerdelinderung. (Konsensempfehlung)

Abb. 2: Epidemiologischer Hintergrund der pAVK

Bei geriatrischen Patienten mit pAVK sollten nach Hospitalisierung oder invasiven Eingriffen die Voraussetzungen für eine indikationsübergreifende geriatrische (Früh) Rehabilitation geprüft werden. (Konsensempfehlung)

Zusammenfassung

Die vorliegende Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der pAVK stellt einen interdisziplinären Konsens dar, der sich mit den zahlreichen Facetten und Herausforderungen des oftmals kritisch kranken Patientenguts beschäftigt. Die aktuell vorhandene Evidenz wird kritisch bewertet und versucht, dies in praktisch relevante Handlungsempfehlungen für den Alltag zu übersetzen. Nicht zuletzt auch aufgrund demographischer Entwicklungen wird die Häufigkeit arteriosklerotisch bedingter Erkrankungen jedoch auch zukünftig weiter zunehmen und die zu behandelnden Patientinnen und Patienten aufgrund ihrer Multimorbidität insgesamt „komplexer“, sodass die vorliegende Leitlinie nur den aktuellen Status optimaler Handlungsempfehlungen darstellen kann. Ob und wenn ja, wie neue technische Entwicklungen, wie z. B. medikamentöse und minimalinvasive Therapien sowie therapieunterstützende Maßnahmen, wie z. B. der Einsatz von KI und „Wearables“ zur individuellen Überwachung und Steuerung gesundheitsbezogener Maßnahmen diese Handlungsempfehlungen zukünftig beeinflussen werden, bleibt abzuwarten. Gleichwohl – eine ganzheitliche, optimierte und stadiengerechte der pAVK ist und bleibt eine interdisziplinäre Aufgabe, die es weiterhin gemeinsam interdisziplinär zu bewältigen gilt!

LITERATUR

[1]   Fowkes, F.G., et al., Comparison of global estimates of prevalence and risk factors for peripheral artery disease in 2000 and 2010: a systematic review and analysis. Lancet, 2013. 382(9901): p. 1329-40.
[2]   Diehm, C., et al., High prevalence of peripheral arterial disease and co-morbidity in 6880 primary care patients: cross-sectional study. Atherosclerosis, 2004. 172(1): p. 95-105.
[3]   Song, P., et al., Global, regional, and national prevalence and risk factors for peripheral artery disease in 2015: an updated systematic review and analysis. Lancet Glob Health, 2019. 7(8): p. e1020-e1030.
[4]   S3-LEITLINIE ZUR DIAGNOSTIK, THERAPIE UND NACHSORGE DER PERIPHEREN ARTERIELLEN VERSCHLUSSKRANKHEIT. 2024, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF).
[5]   Sogaard, M., et al., Epidemiological Trends and Projections of Incidence, Prevalence, and Disease Related Mortality Associated With Peripheral Arterial Disease: Observations Using Nationwide Danish Data. Eur J Vasc Endovasc Surg, 2023. 66(5): p. 662-669.
[6]   Nordanstig, J., et al., Editor‘s Choice — European Society for Vascular Surgery (ESVS) 2024 Clinical Practice Guidelines on the Management of Asymptomatic Lower Limb Peripheral Arterial Disease and Intermittent Claudication. Eur J Vasc Endovasc Surg, 2024. 67(1): p. 9-96.
[7]   Li, Y., et al., A prospective survey study on the education and awareness about walking exercise amongst inpatients with symptomatic peripheral arterial disease in Germany. Vasa, 2023. 52(4): p. 218-223.
[8]   Bonaca, M.P., et al., Rivaroxaban in Peripheral Artery Disease after Revascularization. N Engl J Med, 2020. 382(21):
p. 1994-2004.
[9]   Committee, C.S., A randomised, blinded, trial of clopidogrel versus aspirin in patients at risk of ischaemic events (CAPRIE). CAPRIE Steering Committee. Lancet, 1996. 348(9038): p. 1329-39.
[10] Debus, E.S., et al., Effect of Rivaroxaban and Aspirin in Patients With Peripheral Artery Disease Undergoing Surgical Revascularization: Insights From the VOYAGER PAD Trial. Circulation, 2021. 144(14): p. 1104-1116.
[11] Behrendt, C.A., et al., The OAC(3)-PAD Risk Score Predicts Major Bleeding Events one Year after Hospitalisation for Peripheral Artery Disease. Eur J Vasc Endovasc Surg, 2022. 63(3): p. 503-510.
[12] Farber, A., et al., Surgery or Endovascular Therapy for Chronic Limb-Threatening Ischemia. N Engl J Med, 2022. 387(25): p. 2305-2316.
[13] Bradbury, A.W., et al., A vein bypass first versus a best endovascular treatment first revascularisation strategy for patients with chronic limb threatening ischaemia who required an infra-popliteal, with or without an additional more proximal infra-inguinal revascularisation procedure to restore limb perfusion (BASIL-2): an open-label, randomised, multicentre, phase 3 trial. Lancet, 2023. 401(10390): p. 1798-1809.

Korrespondierender Autor:

PD Dr. med. Ulrich Rother

Gefäßchirurgische Abteilung

Universitätsklinikum Erlangen

Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg

Ulrich.rother@uk-erlangen.de

PD Dr. med. Nasser Malyar

Sektion Angiologie, Klinik für Kardiologie I, Universitätsklinikum Münster

Dr. med. Hartmut Görtz

Fachbereich Kardiologie und Gefäßmedizin

Fachklinik Bad Bentheim

Prof. Dr. med. Markus Steinbauer

Klinik für Gefäßchirurgie

Barmherzige Brüder Regensburg

Prof. Dr. med. Andreas Maier-Hasselmann

Klinik für Gefäßchirurgie

Klinik Bogenhausen, München

Dr. med. Hinrich Böhner

Klinik für Chirurgie

St. Rochus-Hospital in Castrop-Rauxel

Prof. Dr. med. Tomislav Stojanovic

Klinik für vaskuläre und endovaskuläre Gefäßchirurgie

Klinikum Wolfsburg

Prof. Dr. med. Mathias Wilhelmi

Klinik für Gefäßchirurgie

St. Bernward Krankenhaus Hildesheim

PD Dr. med. Christian-Alexander Behrendt

Abteilung für Allgemeine und Endovaskuläre Gefäßchirurgie

Asklepios Klinik Wandsbek

Asklepios Medical School Hamburg

Chirurgie

Rother U, Malyar N, Grözinger G, Görtz H, Steinbauer M, Maier-Hasselmann A, Böhner H, Stojanovic T, Wilhelmi M, Behrendt CA: CME-Artikel: Neues aus der aktualisierten S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. Passion Chirurgie. 2025 März; 15(03/I): Artikel 03_07.

Mehr CME-Artikel finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de), Rubrik Wissen | Aus-, Weiter- und Fortbildung | CME-Artikel.

Nachwuchsmangel und Geschlechterunterschiede – Wie der Kongress, so das Fach?

Wie der Kongress, so das Fach?

Nachwuchsmangel im ärztlichen Dienst bleibt als Thema ein Dauerbrenner. Im Jahr 2023 waren in Deutschland rund 23 % der Ärztinnen und Ärzte 60 Jahre oder älter. Prognosen besagen, dass bis 2040 zwischen 30.000 bis 50.000 Ärzt:innen in Deutschland fehlen werden (siehe: www.bit.ly/ÄBÄrztestatistik2023). Doch wer ist dieser Nachwuchs? Aktuell sind in Deutschland über 100.000 Studierende im Fach Humanmedizin zugelassen, von denen mehr als zwei Drittel weiblich sind, Tendenz steigend ( siehe: www.bit.ly/GesundheitsdatenKBV).

Zu Beginn des Studiums können sich in der aktuellen Umfrage Berufsmonitoring Medizinstudium immerhin noch rund 35 % der Studierenden vorstellen, später eine chirurgische Weiterbildung zu absolvieren. Nach dem Praktischen Jahr (PJ) fällt dieser Anteil auf 19 % [1]. Erlaubt man den befragten Studierenden nur noch eine mögliche Weiterbildung zur Auswahl, liegt die Chirurgie sogar bei nur noch 8,4 % zum PJ. Sowohl für weibliche als auch männliche Studierenden zählen zu den motivierenden Faktoren, eine spezifische Facharztweiterbildung zu ergreifen, vor allem anderen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (> 90 %). Diese liegt knapp zehn Prozentpunkte vor dem nächst wichtigsten Faktor und unterscheidet sich auch zwischen den Geschlechtern vor allem bezogen auf den Punkt Kinderbetreuung zunehmend weniger (w: 83,6 %, m: 72,3 %).

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zählt auch für die Kolleg:innen in Weiterbildung zu den elementaren Anforderungen an ihren Arbeitsplatz, wird aber ähnlich wie andere wesentliche Faktoren, welche die Rahmenbedingungen unserer Tätigkeit ausmachen, vielerorts nur unzureichend berücksichtigt [2]. In Zusammenschau, ist daher die Herleitung naheliegend, dass die zunehmende Exposition der Studierenden gegenüber der beruflichen Realität in der Chirurgie ein hohes abschreckendes Moment darstellt. Dazu kommt, dass in unserer patriarchalisch geprägten Gesellschaftsstruktur immer noch der Großteil der Care-Arbeit von Frauen und damit auch von Ärztinnen geleistet wird. Daher ist ein geringer Frauenanteil in Fachrichtungen, die sich aufgrund der oftmals bestehenden Rahmenbedingungen nicht für ein familienfreundliches Leben und Arbeiten qualifizieren, nicht verwunderlich.

In chirurgischen Fächern sind nur rund 23 % Ärztinnen tätig, die Frauenquote im Fach Orthopädie und Unfallchirurgie liegt sogar nur bei 18,6 % [3]. In der akademischen Chirurgie sind Frauen ebenso deutlich unterrepräsentiert, wie regelmäßige Erhebungen des Deutschen Ärztinnenbundes bestätigen. Aufgrund des hohen Frauenanteils im Medizinstudium und des allgemeinen, geschlechtsunabhängigen Mentalitätswandels der Studierenden hin zu mehr Selbstfürsorge und Fokussierung auf private und berufliche Selbstverwirklichung ist ein Umdenken und vor allem ein Überdenken und Anpassen der bestehenden Strukturen dringend erforderlich. Die Gewinnung, Förderung und Bindung von Chirurginnen sowohl in der Klinik als auch in der akademischen Chirurgie sind dabei zentrale Punkte, die dem Nachwuchsmangel entscheidend entgegenwirken können.

Während die Rahmenbedingungen der ärztlichen Tätigkeit zunehmend in den Fokus der Fachpresse und auch der allgemeinen Medien rücken, kommt dem Faktor Wissenschaft und Repräsentanz von Chirurginnen auf Fachkongressen bisher allenfalls eine Nebenrolle zu. Wir wollen daher mit der aktuellen Arbeit die Geschlechterdisparitäten in den Abstract Einreichungen zu einem der größten Medizinkongresse Europas, dem Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie, untersuchen und Trends und Lösungsmöglichkeiten diskutieren.

Methodik

Diese retrospektive Studie analysiert die geschlechtsspezifische Verteilung bei der Abstract Einreichungen für den Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) im Zeitraum von 2015 bis 2024. Die anonymisierten Daten wurden von Intercongress bereitgestellt und umfassen alle Einreichungen innerhalb des Untersuchungszeitraums. Zur Analyse wurden die Daten nach Geschlecht, Rolle bei der Abstract Einreichung (einreichende Person, Autor:in, Co-Autor:in), sowie akademischem Titel (cand. med., Master, Promotion, Habilitation, PhD, Professur, Universitätsprofessur, sonstige, kein Titel angegeben) kategorisiert. Die statistische Auswertung umfasst für diesen Artikel lediglich deskriptive Statistik. Da die Daten anonymisiert und frei von personenbezogenen Informationen sind, war keine zusätzliche ethische Genehmigung erforderlich.

Ergebnisse

Zwischen 2015 und 2024 wurden von insgesamt 82.813 Personen Abstracts beim DKOU eingereicht. Der Frauenteil lag hier insgesamt bei 20 % (16.534). Im Beobachtungszeitraum stieg der Anteil von 16,7 % im Jahr 2014 auf 21,7 % im Jahr 2024 (Abb. 1). Auch die Rolle der Einreichung unterschied sich zwischen den Geschlechtern. Während unter allen Männern 71 % als Co-Autoren und je 15 % als Einreichender oder Präsentierender geführt wurden, waren dies bei den Frauen 63 % als Co-Autorinnen, 18 % als Einreichende und 19 % als Präsentierende.

Abb. 1: Das Flächendiagramm zeigt die Entwicklung des Anteils (y-Achse in %) von Frauen (F, blau) und Männern (M, orange) an den Gesamteinreichungen beim DKOU über die Jahre 2015-2024 (x-Achse in Jahren).

Auch in der Verteilung der Titel der Einreichenden gab es signifikante Unterschiede. Während die Geschlechterverteilung bei Anmeldenden mit cand. med. (w: 44,7 % m: 55,3 %), oder Master Titel (w: 48,6 % m: 51,4 %) nahezu ausgeglichen war, lag diese bei allen anderen Titeln zu Ungunsten des weiblichen Geschlechts (PhD: 35,3 % vs. 64,7 %; Promotion: 20,7 % vs. 79,3 %; Habilitation: 7,4 % vs. 92,6 %; Professur: 7,6 % vs. 92,4 %; Universitätsprofessur: 5,2 % vs. 94,8 %). Dabei zeigte sich sowohl bei den Einreichenden mit abgeschlossener Habilitation oder Professur, wie auch bei allen Einreichenden ohne Habilitation/Professur eine Zunahme weiblicher Einreichender über den Beobachtungszeitraum (Abb. 2).

Abb. 2: Das Liniendiagramm zeigt die Entwicklung des Anteils (y-Achse in %) von Frauen insgesamt (F insgesamt, blau), Frauen mit abgeschlossener Habilitation oder Professur (F mit PD/Prof, orange) und Frauen ohne abgeschlossene Habilitation oder Professur (ohne mit PD/Prof, grün) an den Gesamteinreichungen in den jeweiligen Kategorien beim DKOU über die Jahre 2015-2024 (x-Achse in Jahren).

Diskussion

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass Frauen bei den Abstract-Einreichungen für den DKOU deutlich unterrepräsentiert sind. Der Anteil von Frauen liegt hier bei 20 % und entspricht damit in etwa dem Frauenanteil in der klinischen Orthopädie und Unfallchirurgie, der 2022 bei 18,6 % lag [3]. Diese Verteilung ist ein direkter Spiegel des generellen Zustandes in der Chirurgie, wo Frauen trotz ihrer hohen Präsenz im Medizinstudium (über 60 %) deutlich seltener vertreten sind.

Die Gründe hierfür sind in erster Linie struktureller, aber auch kultureller Natur, wie die aktuelle nationale und internationale Literatur zeigt [4–6]: Studien zeigen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie dabei sowohl für Frauen als auch für Männer mitunter der wichtigste Faktor bei der Berufswahl ist [1, 2]. Allgemein aber stellt dieser Punkt für Frauen eine größere Herausforderung dar, da sie in der Gesellschaft weiterhin den Großteil der Care-Arbeit übernehmen, was sich auch bedingt in der Medizin fortzusetzen scheint [7, 8]. Darüber hinaus spielen geschlechtsspezifische Vorurteile, stereotype Vorstellungen und eine wahrgenommene „Ellenbogen-Mentalität“ in der Chirurgie eine entscheidende Rolle [2, 9]. Alle diese Faktoren tragen dazu bei, dass Frauen sich seltener für eine chirurgische Laufbahn entscheiden. Hinzu kommen die allgemeinen Unzufriedenheitsfaktoren für das Ergreifen eines chirurgischen Faches, wie der hohe Anteil prinzipiell delegierbarer Tätigkeiten im Arbeitsalltag und die vielen Stunden, die nicht direkt für die Patientenversorgung genutzt werden [2].

Auf der anderen Seite gibt es motivierende Faktoren, welche die Wahl einer chirurgischen Karriere fördern können. Der Zugang zu Mentor:innen und gezielte Förderprogramme wurden als entscheidend für den Einstieg und den Verbleib in der Chirurgie identifiziert [10, 11]. Strukturelle Maßnahmen, wie flexible Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuung und weitere Maßnahmen, welche die Rahmenbedingungen zur Berufsausübung verbessern, können ebenfalls helfen, den Beruf für beide Geschlechter attraktiver zu gestalten [2]. Es ist davon auszugehen, dass sich die Verbesserung der Rahmenbedingungen, neben der allgemeinen Attraktivitätssteigerung der Chirurgie, auch in der Steigerung der Attraktivität einer akademischen Karriere und damit letztlich auch den Abstract-Einreichungen beim Kongress, insbesondere auch bei Chirurginnen, auswirken wird. Insbesondere die Förderung und Ermutigung von Chirurginnen hin zu einer klinischen und wissenschaftlichen Karriere durch Mentoring und strukturierte Programme ist hier eine wesentliche Stellschraube zur Attraktivitätssteigerung des Faches, wie auch einer akademischen Karriere [11–14].

Die Ergebnisse unserer Trendanalyse zeigen, dass der Anteil von Frauen an den Einreichungen jährlich langsam um etwa 0,5 % zunimmt. Ob diese Tendenz jedoch tatsächlich die Wirkung gezielter Maßnahmen widerspiegelt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Sie könnte auch auf den allgemeinen Anstieg des Frauenanteils im Medizinstudium zurückzuführen sein. Bei steigendem Bedarf an Nachwuchs-Chirurg:innen, auch im Kontext des hohen Frauenanteils im Medizinstudiums, muss sich die Chirurgie auch um die Gewinnung und Bindung von Frauen bemühen, um letztlich auch in Zukunft eine hohe Versorgungs- und Forschungsqualität gewährleisten zu können. Ein jährlicher Zuwachs von lediglich 0,5 % ist dafür schlichtweg zu wenig. Um die Zukunft der Chirurgie nachhaltig zu sichern, sind sowohl die oben genannten allgemeinen strukturellen Veränderungen als auch gezielte Fördermaßnahmen für Frauen in der akademischen Chirurgie unverzichtbar.

Natürlich ist die im Rahmen dieser Arbeit vorgestellte Analyse letztlich ungenau. Nur anhand der Titel auf den Weiterbildungsstand oder auch nur auf einen ärztlichen Beruf zu schließen kann Ungenauigkeiten nicht ausschließen. So kann es sich zum einen bei den Professuren, Promotionen und insbesondere bei den PhD-Titel-Träger:innen auch um andere naturwissenschaftliche Professionen handeln und damit den Frauenanteil als zu hoch einschätzen. Gleichzeitig ist ein vermeintlich höherer Titel nur ein indirekter Hinweis auf die bisherige Berufsausübungsdauer. Trotzdem kann gerade für die Einreichenden mit Titel cand. med. eine angestrebte Approbation angenommen werden und gleichzeitig für Einreichende mit Habilitation eine gewisse höhere Berufserfahrung, wie in den einzelnen Landeshochschulgesetzen vorgesehen. Alleine die hier bestehenden Differenzen mit nahezu vollständiger Parität beim angehenden chirurgischen Nachwuchs, bis hin zur großen Differenz bei den Professor:innen unterstreichen die Ergebnisse der Arbeit in ihrer grundsätzlichen Tendenz.

Schlussfolgerung

Ob es einer exakten Parität bedarf, bleibt letztlich ein offener Diskussionspunkt. Klar ist aber, dass wir unser Fach für alle Ärzt:innen attraktiver gestalten müssen, wenn wir dem Nachwuchsmangel effektiv begegnen wollen. Der Interessensverlust der Medizinstudierenden an der Chirurgie über den Fortgang des Studiums hinweg spiegelt sich auch in den Einreichungszahlen beim DKOU, wenn man die wissenschaftlichen Titel als Maßstab nimmt. Ist initial das Geschlechterverhältnis der Studierenden bei der Abstract-Einreichung (cand. med.) noch ausgeglichen, so fällt diese bis auf unter 10 % bei den habilitierten Einreichenden. Wenngleich die Verteilung bei den Einreichungen über die vergangenen Jahre einen ausgleichenden Trend aufzeigt, so ist dieser extrem langsam und es würde bei dieser Geschwindigkeit mehr als 50 Jahre dauern, bis eine Parität erreicht ist. Die Umsetzung von Diversitätsstrategien unter gleichzeitiger Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere allgemeine Berufsausübung stellen dabei Maßnahmen dar, die dazu beitragen können, nicht nur eine Geschlechterparität herzustellen, sondern insgesamt die Attraktivität unseres Faches beim Nachwuchs zu steigern. Ziele und Zufriedenheitsfaktoren sind ungeachtet des Geschlechts oftmals sehr ähnlich. Wir können von diesen Maßnahmen alle profitieren.

Weitere detaillierte Auswertungen zur Umfrage werden noch veröffentlicht, wir werden Sie über den Zeitpunkt und die PASSION CHIRURGIE informieren.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via passion_chirurgie@bdc.de.

Korrespondierender Autor:

apl. Prof. Dr. med. Benedikt Braun, MBA

Stellv. Leiter Themen-Referat Nachwuchs im BDC

Mitglied im BDC-Themen-Referat Digitalisierung und technische Innovation

Beauftragter für die Nachwuchsförderung in der Gemeinsamen Weiterbildungskommission Chirurgie

Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Eberhard Karls Universität Tübingen

BG Klinik Tübingen

bbraun@bgu-tuebingen.de

Vera Bertsch

Assistenzärztin

Unfall- und Wieder­herstellungs­chirurgie

BG Klinik Tübingen

PD Dr. med. MIPH Mika Rollmann

Stv. Ärztliche Leitung des klinischen Studienzentrums

BG Klinik Tübingen

Prof. Dr. med. Tina Histing

Ärztliche Direktorin

Klinik für Unfall-, Hand-und Wiederherstellungschirurgie

Eberhard Karls Universität Tübingen

BG Klinik Tübingen

Dr. med. Carolina Vogel

Assistenzärztin

Unfall- und Wieder­herstellungs­chirurgie

BG Klinik Tübingen

Chirurgie

Braun BJ, Bertsch V, Rollmann MF, Histing T, Vogel C: Nachwuchsmangel und Geschlechterunterschiede – Wie der Kongress, so das Fach? Passion Chirurgie. 2025 März; 15(03/QI): Artikel 03_02.

Mehr zum Thema „Nachwuchs und Karrieregestaltung“ lesen Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Aus- und Weiterbildung.

Karriere: Operative Tätigkeiten in der Schwangerschaft und Stillzeit

Die Frage, ob und in welchem Umfang schwangere und stillende Chirurginnen operativ tätig sein können, bewegt nicht nur die betroffenen Kolleginnen, sondern auch Betriebs- und Arbeitsmediziner:innen, Führungskräfte und Teammitglieder. Auch unter dem Aspekt, dass ggf. wertvolle Weiterbildungszeit und -inhalte durch ein betriebliches Beschäftigungsverbot nicht erlangt werden können, werden die Rechtfertigung von Beschäftigungs- und OP-Verboten immer mehr hinterfragt und die gesetzlichen Grundlagen betrachtet. Ziel allen Handelns sollte eine Verhinderung von schwangerschafts- und mutterschaftsassoziierten Nachteilen in der persönlichen Karriere und von Verzögerungen in der Weiterbildung bei gleichzeitig bestmöglichem Schutz von Mutter und Kind sein.

Mit der Novellierung des Gesetzes zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetzes; MuSchG) im Jahr 2018 sind die beiden gleichwertigen Schutzziele bekräftigt worden: zum einen die Verhinderung von unverantwortbarer Gefährdung und zum anderen die Verhinderung von beruflicher Benachteiligung, während die individuelle Situation der Ärztin in den Mittelpunkt gestellt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert und gleichzeitig der bestmögliche Gesundheitsschutz von Mutter und Kind während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit gewährleistet werden sollen. Das MuSchG gilt nicht nur für angestellte Ärztinnen, sondern auch für Studentinnen. [1]

Durch eine Anpassung und/oder Umgestaltung der Arbeitsbedingungen sind eine berufliche Teilhabe während der Schwangerschaft und Stillzeit in der Regel möglich und Beschäftigungsverbote vermeidbar. Pauschalierte betriebliche Beschäftigungsverbote ohne Einhalten der Rangfolge der erforderlichen Schutzmaßnahmen nach § 13 MuSchG sind rechtswidrig und begründen möglicherweise sogar Schadensersatzansprüche z. B. wegen Diskriminierung. Anders formuliert, sind operative Tätigkeiten von Schwangeren und Stillenden mit einer individuellen Gefährdungsbeurteilung ausdrücklich erlaubt (s. Abb. 1). [1]

Abb. 1: Eskalationsstufen bei Schwangeren und Stillenden: juristisch verbindliche Rangfolge der Schutzmaßnahmen (§ 13 Abs. 1 MuSchG)

Zum Nachlesen (mit Klick auf das Bild)

„Fächerübergreifender Konsens in der Chirurgie – Operative Tätigkeiten in Schwangerschaft und Stillzeit“ – Ein Leitfaden für Personen, die schwanger sind oder es werden wollen, an Chefärzt:innen und Personalverantwortliche sowie an Arbeitgeber:innen mit ihren zuständigen Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsmedizin sowie an Hygiene- und Strahlenschutzbeauftragte.

Das Konsensuspapier: Ein Meilenstein für die Chirurgie

Ein bedeutender Fortschritt in der praktischen Umsetzung des MuSchG ist das fächerübergreifende Konsensuspapier zum Thema „Operative Tätigkeiten in Schwangerschaft und Stillzeit“. [2] Es adressiert die Unsicherheit, die oft zu pauschalen betrieblichen Beschäftigungsverboten führt und bietet umfassende Informationen und Empfehlungen für schwangere Chirurginnen, Betriebs- und Arbeitsmediziner:innen, Führungskräfte und Behörden. Zusätzlich dient es als praktische Hilfestellung und Leitfaden für die Erstellung der im MuSchG geforderten individuellen Gefährdungsbeurteilung und soll dabei helfen, diese immer wieder an die schwangerschafts- und mutterschaftsbezogenen Besonderheiten im Laufe der Schwangerschaft und Stillzeit anzupassen. Durch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie wurde es den für Arbeits- und Mutterschutz zuständigen obersten Landesbehörden sowie den zuständigen Berufsgenossenschaften zur Kenntnis gegeben.

Neben den „Mutterschutz-Basics“ (wie grundlegende Aspekte zur Sicherheit am Arbeitsplatz, Arbeitszeitregelungen, Schutzfristen, Arten von Gefährdungsbeurteilungen und Beschäftigungsverboten) werden Empfehlungen und Erläuterungen zu Risikothemen wie Infektionsgefahr, Strahlenschutz und Narkosegase gegeben und die sogenannten Positivlisten aufgeführt. Aus Platzgründen soll in diesem Artikel nur am Rande auf die „Mutterschutz-Basics“ eingegangen werden. Diese werden ausführlich im Konsensuspapier beschrieben, wo auch weitere Informationen und Gesetzestexte per QR-Codes und Links abrufbar sind (s. Abb. 5). [2, 6]

Zum Nachhören (mit Klick auf das Bild)

Podcast der Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts zum Thema „Operieren in der Schwangerschaft“

Abb. 2: Vertretene chirurgische Fächer in den Positivlisten

Was Chirurginnen operieren dürfen

Als besonders wertvoll werden die Positivlisten angesehen. Hierbei werden von 14 chirurgischen Fächern Operationen und Eingriffe aufgelistet, die von den jeweiligen Fachgesellschaften freigegeben wurden und die von Schwangeren und Stillenden unter Einhaltung entsprechender Schutzmaßnahmen unbedenklich durchgeführt werden können (s. Abb. 2). Die Positivlisten sind als Orientierungshilfen mit Empfehlungscharakter zu verstehen und ersetzen nicht die Prüfung und Empfehlung durch die zuständige Aufsichtsbehörde (s. Abb.3). Erfahrungsgemäß bestehen in den meisten Bundesländern keine Bedenken der zuständigen Aufsichtsbehörden gegen den Einsatz der Schwangeren, wenn die Vorgaben der Positivlisten beachtet werden. In einer ganzen Anzahl an Fachgebieten sind alle der laut Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer notwendigen Operationen und Weiterbildungsinhalte durchführbar. [2]

Grundsätzlich sollten Voraussetzungen, die sich aus § 9, § 10, § 11 MuSchG ergeben, geschaffen werden (s. Abb. 4). [1, 2]

Abb. 3: Beispiel Positivliste Viszeralchirurgie

Abb. 4: Empfohlene fächerübergreifende Schutzmaßnahmen

Zum Nachhören (mit Klick auf das Bild)

Podcast von OPidS – Operieren in der Schwangerschaft „Ein ganz normaler Knochenjob“

Spezifische Empfehlungen und Sicherheitsaspekte

Strahlenschutz

Der Umgang mit ionisierender Strahlung erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen. Im gebärfähigen Alter darf ein Grenzwert für die Exposition gegenüber Strahlung von 2 mSv in einem Monat, in der Schwangerschaft ein Grenzwert von 1 mSv für die gesamte Dauer der Schwangerschaft nicht überschritten werden. Jede Schwangere sollte ein zusätzliches, ggf. direkt ablesbares, elektronisches Dosimeter auf Uterushöhe tragen, das wöchentlich ausgelesen werden muss.

Wann immer es möglich ist, sollten der Kontrollbereich verlassen, strahlungsarme Bildgebungsverfahren verwendet, die Expositionszeit begrenzt und die Positionierung im OP-Saal zur Minimierung der Strahlenexposition optimiert werden. Der Zutritt zum Kontrollbereich ist Schwangeren nur gestattet, wenn eine schriftliche Zutrittsberechtigung der bzw. des Strahlenschutzbeauftragten vorliegt und sichergestellt ist, dass durch geeignete Schutz- und Überwachungsmaßnahmen der Grenzwert eingehalten wird.

Nicht möglich in Schwangerschaft und Stillzeit ist der Umgang mit offenen Radionukliden mit der Möglichkeit einer Inkorporation. [2, 3]

Infektionsschutz

Der Schutz vor Infektionen ist ein zentraler Aspekt bei der Beschäftigung schwangerer und stillender Chirurginnen. Die Beurteilung des Infektionsschutzes am Arbeitsplatz erfolgt zwingend unter Berücksichtigung der reichlich vorhandenen gesetzlichen Vorgaben und Empfehlungen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Prävention von Infektionen, wobei ein ausreichender Impfschutz gegen die impfpräventablen Krankheiten im Idealfall bereits vor dem Eintritt einer Schwangerschaft bestehen und die nach der Gefährdungsbeurteilung festgelegte persönliche Schutzausrüstung (PSA) getragen werden sollte (s. auch Abb. 4). Wertvolle Details sind im Hintergrundpapier zu „Information zur Relevanz von Infektionserregern in Deutschland aus Sicht des Mutterschutzes“ und FAQ zu „Mutterschutz bei luftgetragenen Infektionserregern“ des Ausschusses für Mutterschutz (AfMu) des Bundesministeriums für Soziales, Familien und Jugend zu finden. [2, 4, 5]

Narkosegase

Ende Februar 2025 veröffentlichte der Ausschuss für Mutterschutz die zweite Mutterschutzregel (MuSchR 11.1.01 “Tätigkeiten von schwangeren Frauen mit Isofluran, Desfluran und Sevofluran in der humanmedizinischen Versorgung” im Gemeinsamen Ministerialblatt (Ausgabe 7/2025, 28.02.2025)). Da Narkosegase oder Inhalationsnarkotika zu den Gefahrenstoffen zählen, wurden hier durch den Ausschuss für Mutterschutz entsprechende Empfehlungen und vorzunehmenden Maßnahmen für die verantwortbare Beschäftigung schwangerer Frauen im OP-Bereich bei Einsatz von volatilen Anästhetika erarbeitet. Kurz zusammengefasst, stellen Tätigkeiten in der humanmedizinischen Versorgung mit Expositionen gegenüber den Inhalationsanästhetika Isofluran, Desfluran und Sevofluran nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei Einhaltung des Standes der Technik gemäß TRGS 525 in der Regel keine unverantwortbare Gefährdung im Sinne des § 11 MuSchG dar. Dabei ist die Einhaltung des Standes der Technik bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung sowie MuSchG und unter Beachtung von TRGS 400 und TRGS 402 sicherzustellen. Unzulässige Tätigkeiten wären beispielsweise Tätigkeiten, bei denen volatile Anästhetika systembedingt offen verabreicht oder am Narkosegerät frei werden oder durch Abatmung des Patienten/der Patientin freigesetzt werden, wie sie bei operationstechnisch bedingten und nicht verhinderbaren Undichtigkeiten z. B. in der Larynxchirurgie oder Thoraxchirurgie vorkommen können. [9, 10]

Auch durch einen Verzicht auf den Einsatz von Narkosegasen mit Eingriffen in einer totalen intravenösen Anästhesie (TIVA) oder einer Lokal-/Regionalanästhesie sowie durch bautechnisch geforderte Raumausstattung, wie z.B. laminar airflow, kann ein sicherer Arbeitsplatz im OP geschaffen werden.

In Aufwachräumen mit Klimatisierung besteht bei den modernen volatilen Anästhetika und adäquater technischer Raumausstattung in der Regel keine Gefahr erhöhter Belastung. [2, 7, 9]

Zum Nachhören (mit Klick auf das Bild)

Podcast von Surgeon Talk – Sweet Child O’Mine – Hallo Kind – Karriere ade?

Praktische Umsetzung

Zur praktischen Umsetzung der Empfehlungen wurden Checklisten als Hilfestellung entwickelt, die in Zusammenarbeit mit der schwangeren Chirurgin, Vorgesetzten und Fachkräften für Arbeitsmedizin/-sicherheit bzw. Betriebsmedizin ausgefüllt werden können, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die individuelle Gefährdungsbeurteilung bzw. Einsatzfähigkeit zu schaffen (s. z. B. Webseite OpidS: www.opids.de). [8]

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Berücksichtigung der emotionalen und mentalen Beanspruchung. Jede Chirurgin sollte selbst entscheiden, ob und in welchem Ausmaß sie während der Schwangerschaft und Stillzeit operativ tätig sein möchte, natürlich ohne ihre Arbeitnehmerpflichten zu verletzen.

Haftung

Viele Entscheidungsträger haben Bedenken bei der Haftungsfrage. Arbeitgeber bzw. Arbeitsschutzverantwortliche haften lediglich bei Vorsatz oder sorgfaltswidrigem Verhalten. Wichtig ist hierbei der Begriff der „unverantwortbaren Gefährdung“, der durch § 9 Abs. 2 S. 2 MuSchG definiert wird. In diesem Sinne ist sowohl die anlasslose als auch die individuelle, anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung eine Risikoabwägung und das Eruieren notwendiger Anpassungen sowie die Weitergabe von Informationen und bedarfsgerechte Überprüfung und Anpassung – kurz gesagt ein Verhalten im Sinne des MuSchG kein sorgfaltswidriges Verhalten (§ 9, Abs. 2 S. 3). Kommt es zum Schadensfall trotz Einhalten der Schutzmaßnahmen und der gebotenen Sorgfalt, tritt keine Schadensersatzpflicht ein (fehlender Pflichtenverstoß). Im Falle einer Gesundheitsschädigung durch einen Unfall oder eine Berufskrankheit kommt die Unfallversicherung des Arbeitgebers auf (§ 12 SGB VII).[1, 6]

FAZIT

Die Einhaltung des MuSchG, der Empfehlungen und entsprechenden Gesetze ermöglichen schwangeren und stillenden Chirurginnen unter Berücksichtigung individueller Schutzmaßnahmen die Durchführung der meisten elektiven Operationen.

Auch wenn es inzwischen viele Beispiele für operierende schwangere bzw. stillende Chirurginnen gibt, liegt die Herausforderung in der flächendeckenden Umsetzung. Dies erfordert nicht nur die Anpassung von Arbeitsabläufen und -umgebungen, sondern auch einen Mentalitätswandel in Kliniken und Behörden. Mit der zunehmenden Etablierung hat die Chirurgie die Chance, sich als modernes und familienfreundliches Fach zu positionieren. Dies ist angesichts des demographischen Wandels und des zunehmenden Anteils weiblicher Medizinstudierender von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unseres Faches. Die kontinuierliche Evaluation und Weiterentwicklung der Konzepte sowie der offene Dialog zwischen allen Beteiligten werden entscheidend sein, um die Sicherheit und Praktikabilität des Operierens in der Schwangerschaft und Stillzeit weiter zu optimieren, Karrierechancen von Chirurginnen zu verbessern und die Attraktivität des Faches insbesondere für den weiblichen Nachwuchs zu steigern.

Zum Nachhören (mit Klick auf das Bild)

Die Chirurginnen e.V. auf Instagram: „Interview der DGOU mit Dr. Maya Niethard zum Thema: Lösungsmöglichkeiten für einen zeitgemäßen Umgang mit dem Mutterschutzgesetz in der Chirurgie“.

Literatur

[1]   Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetzes; MuSchG); https://www.gesetze-im-internet.de/muschg_2018/; letzter Zugriff am 19.01.2025
[2]   https://dgou.de/fileadmin/OPidS/Dokumente/Fächergreifender_Konsens_in_der_
Chirurgie_operative_Tätigkeiten_in_Schwangerschaft_und_Stillzeit.pdf
; letzter Zugriff am 19.01.2025
[3]   https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/StrlSchV.pdf; letzter Zugriff am 19.01.2025
[4]   https://www.ausschuss-fuer-mutterschutz.de/fileadmin/content/Dokumente/MuSchH_01-2022_
Information_zur_Relevanz_von_Infektionserregern_in_Deutschland_aus_Sicht_des_Mutterschutzes.pdf
; letzter Zugriff am 19.01.2025
[5]   https://www.ausschuss-fuer-mutterschutz.de/arbeitsergebnisse/faq; letzter Zugriff am 19.01.2025
[6]   https://www.bmfsfj.de/resource/blob/229382/7f53927d39aa783ef9791d96bf5fc495/afmu-regel-gefaehrdungsbeurteilung-data.pdf; letzter Zugriff am 19.01.2025
[7]   https://www.ai-online.info/images/ai-ausgabe/2024/01-2024/AI_01-2024_Verbaende_BDA_Mutterschutz.pdf; letzter Zugriff am 19.01.2025
[8]   https://www.opids.de/fileadmin/OPidS/Dokumente/Checkliste-OPIDS-Schwanger-was-nun.pdf; letzter Zugriff am 19.01.2025
[9] https://www.ausschuss-fuer-mutterschutz.de/fileadmin/content/Dokumente/AfMu_MuSchR_11.1.01_Narkosegase.pdf; letzter Zugriff am 17.03.2025
[10] Zweite Mutterschutzregel des Ausschusses für Mutterschutz, MuSchR 11.1.01 “Tätigkeiten von schwangeren Frauen mit Isofluran, Desfluran und Sevofluran in der humanmedizinischen Versorgung” im Gemeinsamen Ministerialblatt (Ausgabe 7/2025, 28.02.2025)

Korrespondierende Autorin:

Prof. Dr. med. habil. Doreen Richardt, LL.M.

BDC-Themenreferat Familie und berufliche Perspektiven

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Campus Lübeck

Klinik für Chirurgie

Klinik für Herzchirurgie

doreen.richardt@uksh.de

Dr. med. Maya Niethard

HELIOS Klinikum Berlin-Buch

Tumororthopädie

maya.niethard@helios.de

Dr. med. Andrea Kreuder

Ärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe

Die Chirurginnen e. V.

Initiative OPidS (Operieren in der Schwangerschaft)

kreuder.andrea@gmail.com

Chirurgie+

Richardt D, Niethard M, Kreuder A: Operative Tätigkeiten in der Schwangerschaft und Stillzeit. Passion Chirurgie. 2025 März; 15(03/QI): Artikel 04_02.

Weitere Artikel zum Thema finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Karriere | Chirurginnen.

BDC-Praxistest: Erfolgreiches Ärzt:innen-Recruiting

Was zählt wirklich und wie man es richtig macht

Immer näher rückende Altersruhestände, eine steigende Abwanderung ins Ausland, begrenzte Ausbildungskapazitäten und sinkende Wochenarbeitsstunden – um nur einige Punkte zu nennen – setzen Krankenhäuser und Medizinische Versorgungszentren im Personalmanagement zunehmend unter Druck. Doch worauf kommt es wirklich an, um Ärzt:innen erfolgreich zu rekrutieren? Moderne Tools und Technologien allein reichen nicht aus. Entscheidend ist, die Zielgruppe zu verstehen und gezielt auf ihre Bedürfnisse einzugehen.

Im Rahmen einer groß angelegten Studie haben wir das Vorgehen von mehr als 3.900 Ärzt:innen bei der Jobsuche analysiert. Dabei wurden angestellte Ärzt:innen verschiedenster Funktionen und Fachrichtungen befragt. In diesem Beitrag stelle ich einige der wichtigsten Erkenntnisse unserer aktuellen Studie vor und erläutere, was diese für das Recruiting von Ärzt:innen bedeuten.

Wechselbereitschaft und Motivation: Was treibt Ärzt:innen an?

Ein besonders spannendes Ergebnis unserer Studie zeigt, dass 82,2 Prozent der Ärzt:innen grundsätzlich bereit wären, den Job zu wechseln. Interessant dabei: Nur 15,4 Prozent suchen aktiv nach einer neuen Stelle. Das heißt, die meisten Ärzt:innen fühlen sich zwar in ihrem aktuellen Job wohl, sind aber offen für einen Wechsel, sobald ein passendes Angebot auf sie zukommt.

Ein Großteil der Ärzteschaft ist somit „latent suchend”. Man könnte sagen, sie sind nicht aktiv auf der Jagd, aber sie haben Pfeil und Bogen stets griffbereit – für den Fall, dass sich eine lohnende Gelegenheit bietet.

Was bedeutet das für das Recruiting? Diese Erkenntnis zeigt, dass sich Recruiter:innen nicht nur auf die aktiv Suchenden konzentrieren sollten. Erfolgreiches Recruiting bedeutet, die unterschiedlichen Zielgruppen gezielt anzusprechen und Stellenanzeigen dort zu platzieren, wo Ärzt:innen sie sehen – sei es in Fachpublikationen, auf Online-Portalen oder in sozialen Netzwerken. Ziel ist es, auch die latent Suchenden zu erreichen, die nicht aktiv nach neuen Stellen schauen, aber durch ein interessantes Angebot neugierig werden könnten.

Unterschiedliche Mediennutzung je nach Hierarchiestufe

Ein weiteres spannendes Ergebnis unserer Studie betrifft die Mediennutzung. Denn die Nutzung von Medien zur Stellensuche variiert stark je nach beruflicher Position und digitalem Mindset der Zielgruppe.

Warum ist das so? Die nachrückenden Generationen, wie die Generation Y (1981–1997) und Generation Z (ab 1998), sind als „Digital Natives“ mit digitalen Medien aufgewachsen und mit den Vorteilen digitaler Plattformen vertraut, die ihnen eine flexible und intuitive Möglichkeit bieten, sich über offene Stellen zu informieren. Ärzt:innen in höheren beruflichen Positionen, insbesondere auf Oberarzt- und Chefarztebene, zeigen hingegen eine höhere Affinität zu traditionellen Medien, wie beispielsweise Fachzeitschriften.

Was bedeutet das für das Recruiting? Für eine effektive Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen ist ein ausgewogener Medienmix entscheidend. Um Ärzt:innen in Weiterbildung ebenso wie erfahrenere Fachkräfte in leitenden Positionen zu erreichen, sollten Stellenanzeigen sowohl auf digitalen Plattformen als auch in etablierten Fachzeitschriften erscheinen. Auf diese Weise können die spezifischen Medienpräferenzen der jeweiligen Zielgruppen optimal berücksichtigt und die Reichweite maximiert werden. Die Faustregel lautet: Mit steigender Hierarchiestufe steigt die Printaffinität.

Geografische Präferenzen: Regionale Stellenanzeigen als Schlüssel

Unsere Studie zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Ärzt:innen (68,5 Prozent) in ihrer Region nach einer neuen Stelle suchen. Vor allem Fach- und Oberärzt:innen haben eine starke Bindung an ihren Wohnort. Ärzt:innen beim Berufseinstieg suchen hingegen überdurchschnittlich häufig eine Stelle für die Facharztweiterbildung in ganz Deutschland.

Warum ist das so? Die Gründe sind oft familiär oder lebensqualitätsbedingt. Viele Ärzt:innen haben ihre Familie, ihren Freundeskreis und ihre sozialen Strukturen in der Region, und ein Umzug kommt für sie nur selten in Frage.

Was bedeutet das für das Recruiting? Für Recruiter:innen bedeutet das: Regionalmarketing wird in Stellenanzeigen zunehmend zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Es reicht längst nicht mehr aus, nur die fachlichen Qualifikationen und die Vorteile der Stelle aufzuzählen. Stattdessen müssen auch die Vorzüge der Region gezielt hervorgehoben werden. Denn insbesondere bei schwierigen Fachbereichen mit einer begrenzten Anzahl potenzieller Kandidat:innen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass passende Bewerber:innen direkt aus der Region kommen – vor allem, wenn sie nicht aktiv auf Jobsuche sind.

Hier kommt die überregionale Ansprache ins Spiel: Was macht die Region oder Stadt attraktiv? Wie ist die Lebensqualität vor Ort? Gibt es gute Schulen, Kinderbetreuung und Freizeitmöglichkeiten? Wie sieht die Verkehrsanbindung aus? Vielleicht liegt der ICE-Bahnhof nur wenige Minuten vom Arbeitsplatz entfernt – ein Aspekt, der gerade für Pendler:innen interessant sein könnte. Für Ärzt:innen, die ihre aktuelle Wohnsituation nicht verändern möchten, kann eine optimale Anbindung an den Fernverkehr den Job attraktiv machen. Wenn dazu noch ein Benefit wie eine BahnCard angeboten wird, könnte dies den Ausschlag geben, den neuen Arbeitsplatz anzunehmen – ohne den Wohnort wechseln zu müssen.

Recruiter:innen müssen also überregional denken und gezielt Lokalmarketing betreiben, um Fachkräfte von außerhalb für die Region zu begeistern. Der Standort wird so zum zentralen Argument in der Stellenanzeige – und kann die entscheidende Hürde zwischen Interesse und tatsächlicher Bewerbung überwinden.

Das Arbeitsklima: Ein unterschätzter Faktor

98,6 Prozent der Ärzt:innen gaben an, dass das Arbeitsklima für sie von größter Bedeutung ist. Doch nur wenige Stellenanzeigen heben diesen Aspekt ausreichend hervor.

Warum ist das so? Ärzt:innen suchen nicht nur nach einem gut bezahlten Job, sondern auch nach einem Arbeitsplatz, an dem sie sich wohlfühlen und sich weiterentwickeln können. Ein gutes Arbeitsklima kann entscheidend dafür sein, ob sich Ärzt:innen langfristig binden.

Was bedeutet das für das Recruiting? Arbeitgeber sollten in Stellenanzeigen nicht nur Angaben zu Gehalt und Arbeitszeiten machen, sondern das Arbeitsklima und die Teamarbeit stärker in den Vordergrund rücken. Authentische Einblicke in den Arbeitsalltag, Mitarbeitendenstimmen und die Unternehmenskultur können dabei helfen, das Arbeitsklima bereits in der Stellenanzeige zu vermitteln.

Stressfaktor Bewerbung: Weniger Hürden, mehr Bewerbungen

Einer der häufigsten Kritikpunkte in unserer Studie war die Komplexität des Bewerbungsprozesses. 44,3 Prozent der Ärzt:innen gaben an, dass sie nur wenig Zeit für Bewerbungen haben und sich einfachere Prozesse wünschen.

Warum ist das so? Der Arbeitsalltag von Ärzt:innen ist stark ausgelastet, und ein komplizierter Bewerbungsprozess kann abschreckend wirken. Viele wünschen sich, dass auf langwierige Anschreiben und komplizierte Bewerbungsschritte verzichtet wird.

Was bedeutet das für das Recruiting? Um die Hürden zu senken und mehr Ärzt:innen zu motivieren, sich zu bewerben, sollten Arbeitgeber den Bewerbungsprozess so einfach wie möglich gestalten. Zum Beispiel auf das klassische Anschreiben verzichten und den Fokus auf schnelle, effiziente Bewerbungsschritte legen. Allein der Verzicht auf ein Anschreiben hätte einen erheblichen Effekt: Die Studie ergab, dass sich mehr als die Hälfte der Befragten eher auf eine Stelle bewerben würde, wenn kein Anschreiben erforderlich wäre.

Unterschiedliche Prioritäten je nach Lebensphase

Generell zeigt sich, dass die Prioritäten bei der Jobsuche von Ärzt:innen stark von ihrer Position und Lebensphase abhängen. So spielt das Gehalt für Oberärzt:innen und Chefärzt:innen eine sehr wichtige Rolle und steht in der Umfrage an zweiter Stelle, während es für den ärztlichen Nachwuchs zwar auch wichtig ist, aber erst nach den Weiterbildungsmöglichkeiten kommt. Die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit ist für Frauen (70 Prozent) häufiger „sehr wichtig“ als für Männer (52 Prozent), genauso wie dieser Faktor für Ärzt:innen in Weiterbildung wichtiger ist als für Chefärzt:innen.

Warum ist das so? Jede der angesprochenen Zielgruppen befindet sich in unterschiedlichen Lebensphasen, in denen Gehalt, Work-Life-Balance oder Vereinbarkeit unterschiedlich wichtig sind.

Was bedeutet das für das Recruiting? Recruiter:innen sollten sich bewusst darüber sein, welche Zielgruppe sie mit einer Stellenanzeige genau ansprechen und diese dann daraufhin optimieren.

Was alle Stellenanzeigen gemeinsam haben sollten, ist Transparenz. Bewerbende schätzen möglichst klare Formulierungen und keine Floskeln in der Stellenanzeige. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass Stellenanzeigen, die explizit das Gehalt oder eine Gehaltsspanne nennen, deutlich schneller zum Rekrutierungserfolg führen. Die Klinik lebt eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik? Das sollte in der Stellenanzeige hervorgehoben werden. Teilzeitmodelle, Jobsharing, langfristig geplante Dienstpläne, Unterstützung pflegender Angehöriger, Vermittlung von Kinderbetreuungslösungen – all das sind überzeugende Argumente, sich für einen Arbeitgeber bzw. eine Klinik zu entscheiden.

Transparenz bezieht sich aber nicht nur auf die „Benefits”. Wochenend- und Nachtdienste? Kein Problem – auch hier lohnt sich Transparenz und eine offene Kommunikation über die Arbeitszeiten und die Anzahl der Wochenend- und Bereitschaftsdienste. So bewerben sich nur Ärzt:innen, die sich mit den jeweiligen Arbeitszeiten arrangieren können. Dies spart sowohl den Arbeitgebern als auch den interessierten Fachkräften viel Zeit.

Beschäftigen Sie sich mit Ihrer Zielgruppe!

Bevor Sie sich für einen Recruiting-Kanal entscheiden und die Stellenanzeige verfassen, sollten Sie sich folgende Frage stellen: Wer ist meine Zielgruppe?

Was bedeutet das für das Recruiting? Für Personalverantwortliche ist es unerlässlich, den eigenen Markt inklusive aller Daten und Fakten gründlich zu kennen, insbesondere in Bezug auf die Anzahl und Verteilung der Fachärzte in verschiedenen Bereichen. Und je nach Fachrichtung gibt es große Unterschiede, was die passgenaue Ansprache betrifft.

Ein Beispiel: Sie suchen einen Facharzt/-ärztin für Viszeralchirurgie. Hiervon gibt es in Deutschland bundesweit ca. 5.400 berufstätige Ärzt:innen. Mehr als jeder zweite berufstätige Arzt/Ärztin ist älter als 50 Jahre und 70 Prozent sind männlich.

Für dieselbe Klinik suchen Sie auch einen Facharzt/-ärztin im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin. Hier sieht es hingegen ganz anders aus: knapp 17.000 berufstätige Ärzt:innen gibt es bundesweit, 64 Prozent sind weiblich und knapp die Hälfte ist jünger als 50 Jahre.

Für das erfolgreiche Recruiting braucht es entsprechend eine differenzierte Betrachtung und das Eintauchen in die jeweilige Fachrichtung. Es ist unerlässlich, die spezifischen Merkmale, Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppen zu verstehen.

Fazit

Unsere Studie zeigt, dass Ärzt:innen je nach Alter, Hierarchie und Lebensphase unterschiedliche Prioritäten haben – von der regionalen Bindung bis hin zur Work-Life-Balance. Während Ärzt:innen in Weiterbildung vor allem online nach Stellen suchen, bevorzugen Ärzt:innen in Leitungsfunktionen gedruckte Fachzeitschriften. Auch Aspekte wie das Arbeitsklima und einfache Bewerbungsprozesse spielen eine wichtige Rolle.

Die aktuellen Herausforderungen im Ärzt:innen-Recruiting erfordern ein tiefes Verständnis der Zielgruppe und ihrer Bedürfnisse. Wer als Arbeitgeber erfolgreich Ärzt:innen rekrutieren will, muss auf diese Bedürfnisse eingehen.

Zur Person

Konstantin Degner ist Recruiting-Experte bei „ÄRZTESTELLEN“, dem Stellenmarkt des Deutschen Ärzteblatts. Er engagiert sich für eine bessere Patient:innen-Versorgung und gegen den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen.

Konstantin Degner

Senior Expert Business Development & Market

Recruiting Solutions @ ÄRZTESTELLEN

Deutscher Ärzteverlag GmbH

degner@aerzteverlag.de

Gesundheitspolitik

Degner K: BDC-Praxistest: Erfolgreiches
Ärzt:innen-Recruiting. Passion Chirurgie.
2025 März; 15(03/QI): Artikel 05_01.

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Rubrik Wissen | Aus-, Weiter- & Fortbildung.

Aktuelle Ausgabe PASSION CHIRURGIE: Hernienchirurgie im Wandel

Zur Januar-/Februarausgabe 2025: Hernienchirurgie im Wandel

„Hernienchirurgie im Wandel” ist unser erstes Schwerpunktthema 2025. Sie lesen über den aktuellen und zukünftigen Stand der Weiterbildung, über Hernien- und Hybrid-DRG, die neuen Trends der Ventral- und Narbenhernienchirurgie aus dem Herniamed Register und zu guter Letzt über den neuen „Volker-Schumpelick-Preises” und seinen ersten Preisträger.

Wir beginnen das Jahr in neuem Gewand und haben unseren Newsletter für Sie aufgefrischt. Im Inhaltsverzeichnis unten finden Sie unser ganzes Themenspektrum, wie immer direkt verlinkt zum Artikel auf BDC|Online. Viel Spaß beim Lesen!

Am 21. und 22. Februar findet der Bundeskongress Chirurgie für niedergelassene Chirurginnen und Chirurgen in Nürnberg statt und der BDC ist mit einem Stand vor Ort. Wenn Sie auch vor Ort sind, laden wir Sie ein, die BDC-Sitzungen oder unseren Stand zu besuchen. Wir freuen uns darauf!

Viele Grüße, das Redaktions-Team

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