Alle Artikel von Julia Weilbach

Immer weniger Allgemeinchirurgen in der Fläche

Expertenstatement: BDC kritisiert undifferenzierte Bedarfsplanung

Berlin/München, 28. März 2019 – Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die flächendeckende Patientenversorgung durch Fachärzte zu verbessern, auch in der Chirurgie. Die neue Bedarfsplanung wird nach der Zusammenlegung von Chirurgie und Orthopädie in den kommenden Jahren allerdings dafür sorgen, dass immer mehr klassisch chirurgisch ausgerichtete Facharztsitze von Orthopäden/Unfallchirurgen abgelöst werden. „Der BDC fordert eine genauere Definition des Bedarfs von grundversorgenden Praxen in der Allgemeinchirurgie und der Orthopädie/Unfallchirurgie und die Berücksichtigung spezieller Versorgungserfordernisse“, erklärt BDC-Vizepräsident Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg.

Die neuen Bedarfsplanungsrichtlinien würden im Prinzip den Vorgaben einer neuen Weiterbildungsordnung folgen, die weder den Orthopäden noch den Chirurgen kenne, sondern insgesamt acht Subspezialisierungen im Gesamtgebiet Chirurgie. „Insofern ist eine Zusammenlegung richtig, aber nur unter der Maßgabe einer differenzierten Bedarfsanalyse. Wir müssen dafür sorgen, dass einerseits die Grundversorgung (Allgemeinchirurgie und Unfallchirurgie/Orthopädie) sichergestellt wird und andererseits Spezialversorger wie zum Beispiel Gefäß-, Kinder-, Viszeral- oder Plastische Chirurgen ausreichend berücksichtigt werden“, erklärt der Vizepräsident des BDC.

Insgesamt steigen zwar die Arztzahlen in Deutschland, allerdings sinkt die Zahl der bisherigen chirurgischen Kassenarztsitze im Gegensatz zu orthopädischen. Laut Rüggeberg sei das die Folge des Beschlusses durch den Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) vom 21.12.2004, in dem die neuen Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie der Arztgruppe der Orthopäden zugeordnet werden. Bei einer Übernahme eines Chirurgensitzes würde dieser Sitz automatisch in einen Orthopädensitz umgewandelt.

Der neue Beschluss des G-BA zur Zusammenlegung der Planungsgruppen führe nun dazu, dass sich die Entwicklung für die originäre chirurgische Versorgung in der Fläche verschlechtere. Chirurgensitze würden von neuen Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie übernommen und deswegen von der Planungsgruppe Chirurgie in die Gruppe Orthopädie wandern. „Es stehen Tür und Tor offen, Chirurgensitze zu besetzen – ohne Berücksichtigung der Versorgung. Das wird langfristig zur chirurgischen Unterversorgung führen. Bislang ist auch kein Ausgleichsmodell bekannt.“

Der BDC fordert daher eine Differenzierung der Bedarfsplanung vorzunehmen in wohnortnah zu planende Grundversorger (Allgemeinchirurgen und Orthopäden/Unfallchirurgen) sowie überregional zu planende Spezialversorger (Gefäß-, Kinder-, Viszeral-, Plastische Chirurgen).

„Chirurgie und Orthopädie sind zwar ein Fach, haben aber sehr unterschiedliche Versorgungsaufgaben“, so Rüggeberg. „Der gewünschte Vorteil durch zunehmende Spezialisierung darf nicht zum Versorgungsnachteil für unsere Patienten werden.“

Friederike Burgdorf ist neue Geschäftsführerin

Berlin, 18. März 2019 – Dr. med. Friederike Burgdorf, M.Sc. ist seit 16. März neue Geschäftsführerin des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) und der BDC Service GmbH.

 Nach ihrer praktischen ärztlichen Tätigkeit in der Kardiologie war Friederike Burgdorf seit 2008 in verschiedenen Positionen in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, u. a. den Bereichen Qualität und Honorar, tätig. Sie war Leiterin einer vorstandsnahen Stabsstelle und zuletzt Leiterin der Abteilung „Sektorenübergreifende Qualitätssicherung und Transparenz“. Die Ärztin und Gesundheitsökonomin promovierte in einem Graduiertenkolleg für „Bedarfsgerechte und kostengünstige Gesundheitsversorgung“ als Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

„Der BDC wird vor allem von Frau Burgdorfs umfangreicher Erfahrung im Gesundheitswesen und ihrem Netzwerk im gesundheitspolitischen Umfeld profitieren“, so BDC-Präsident Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer. „Ich bin mir sicher, dass sie als erfahrene Führungskraft gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der BDC-Geschäftsstelle viele neue Projekte im Sinne der Mitglieder umsetzen wird.“

„Ich freue mich sehr über meine neue Position als Geschäftsführerin“, so die gebürtige Hamburgerin. „Vor allem das Thema Nachwuchsförderung, aber auch die Angebote für Mitglieder im Bereich E-Learning und Webinare werden vorerst im Fokus meiner Tätigkeit im BDC stehen“, erklärt Burgdorf.

Chirurgen-Sprechstunde: Berufsverband wehrt sich gegen Vorwurf der „Bequemlichkeit“

Spitzenverband der Krankenkassen fordert längere Öffnungszeiten

Berlin, 03. Januar 2019 – Mit Nachdruck weist der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) den Vorwurf einer laxen Arbeitsmoral zurück. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen Johann-Magnus von Stackelberg sagte kürzlich „Krankheiten richten sich nicht nach den Lieblingsöffnungszeiten der niedergelassenen Ärzte“. Er unterstellt damit, dass kranke Menschen nicht behandelt würden, weil Fachärzte zu bequem für längere Öffnungszeiten seien. Hintergrund ist die Diskussion um einen Gesetzesentwurf, der einerseits 25 Prozent mehr Praxisöffnungszeiten und andererseits eine Öffnung der Praxen für Notfallpatienten vorsieht.

Niedergelassene Chirurgen und Chirurginnen sprechen sich entschieden gegen diese bösartigen und polemischen Unterstellungen aus. Gerade in der Chirurgie ist es eine Selbstverständlichkeit, frisch Verletzte oder akut Erkrankte ohne Verzug sofort – auch ohne Termin – zu behandeln. „Wer kommt schon auf den Gedanken, sich Tage vor einem Unfall vorsorglich einen Termin beim Arzt zu besorgen“, hinterfragt Dr. Jörg-A. Rüggeberg, Vizepräsident des BDC. Es sei eine völlig realitätsferne Sichtweise des Kassenvertreters, denn die meisten niedergelassenen Chirurgen seien als Durchgangsärzte für die Berufsgenossenschaften tätig und hielten ihre Praxen ganztags von 8-18 Uhr, auch mittwochs und freitags, vielerorts auch am Samstag für Notfälle offen. „Chirurgen betreuen selbstverständlich auch ihre operierten Patienten am Wochenende“, so Rüggeberg.

Untersuchungen haben ergeben, dass niedergelassene Chirurgen im Durchschnitt mehr als 50 Stunden arbeiteten. „Derartige Arbeitszeiten sind ohne Mittwoch- und Freitagnachmittage gar nicht vorstellbar“, widerspricht der Chirurgenvertreter Stackelbergs Vorwürfen, dass viele niedergelassene Fachärzte an diesen Tagen nicht geöffnet hätten. „Im Grunde kann uns die Diskussion um Öffnungszeiten und offene Sprechstunden egal sein. Der eigentliche staatlich geplante und von den Kassen als Trittbrettfahrer unterstützte Angriff gilt der Autonomie der Ärzte als Freiberufler, zu dessen wesentlichem Merkmal die freie Gestaltung der Arbeitszeit gehört“, so Rüggeberg.

Letztlich ginge es darum, niedergelassene Ärzte zu Angestellten zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, würde nicht davor zurückgeschreckt, populistische und die Wirklichkeit verleugnende Aussagen in die Öffentlichkeit zu bringen. „Man kann gerne eine offene Diskussion führen, aber Beleidigungen und haltlose Vorwürfe sind schlicht ein schlechter Stil.“

Bedarfsplanung: BDC begrüßt Zusammenlegung von Orthopädie und Chirurgie

Berlin, 03. Dezember 2018: Am 20. September 2018 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, die Arztgruppen Chirurgie und Orthopädie bei der Bedarfsplanung zusammenzulegen. Dieser Beschluss wurde jetzt vom Bundesministerium für Gesundheit geprüft und bestätigt. Die Zusammenlegung hat erhebliche Auswirkungen auf die Nachbesetzung von chirurgischen Praxen. „Damit hat der G-BA endlich eine langjährige Forderung des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) – zumindest teilweise – umgesetzt“, so Dr. med. Peter Kalbe, BDC-Vorstandmitglied.

Durch die Inkongruenz zwischen der Weiterbildungsordnung, die ein gemeinsames Fach Chirurgie unter Einschluss der Orthopädie und Unfallchirurgie vorsieht, und den Bestimmungen zur Nachbesetzung von chirurgischen Arztsitzen sei es bisher zu erheblichen Verlagerungen in den Bereich Orthopädie gekommen. „Das führt einerseits zu nicht erwünschten Entsperrungen für Chirurgen und macht andererseits eine Nachfolgeregelung für chirurgische Kollegen ohne Zusatzweiterbildung „Unfallchirurgie“ schwierig bis unmöglich“, erklärt Kalbe.

Der BDC begrüßt daher im Grundsatz den längst fälligen G-BA-Beschluss. „Allerdings hatte der BDC gefordert, die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie und die Fachärzte für Allgemein- und Viszeralchirurgie, also die „Grundversorger“, auf der Landkreisebene und damit kleinräumig zu beplanen und die übrigen sechs spezialisierten chirurgischen Fächer auf der Ebene der Raumordnungsregionen“, so Kalbe. Eine solche Differenzierung sei mit dem Beschluss leider nicht geregelt worden. Das bedeute, zukünftig wäre theoretisch denkbar, dass ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit einer Spezialisierung in Kinderorthopädie einen ausgeschriebenen chirurgischen Arztsitz mit der Spezialisierung auf Proktologie übernehmen könnte.

Der G-BA hat zwar eine vierjährige Beobachtungsphase beschlossen, um derartige Verwerfungen der Versorgungslandschaft zu beobachten und ggfs. gegen zu steuern, der BDC hat aber erhebliche Zweifel, dass dies ausreichen würde, um eine Ausdünnung der chirurgischen Grundversorgung zu verhindern. Hier sei zunächst die Verantwortung der regionalen Zulassungsausschüsse gefordert. Darüber hinaus seien weitere Verbesserungen der Honorierung der Grundleistungen in der chirurgischen Praxis vonnöten, um diese Tätigkeiten wieder für alle niedergelassenen Chirurgen attraktiver zu machen.

Der Beschluss wurde auf der Internetseite des G-BA veröffentlicht: https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/3505/

Herzlich willkommen: OP-Bereich – Ein Tag in der Chirurgie

„Chirurgie zum Mitmachen“ in Erlangen

„Kein Zutritt: OP-Bereich“. Wenn man das auf einer Tür liest, bedeutet es für die meisten Bangen um einen geliebten Menschen, Angst vor einer OP oder Hoffnung auf das, was einen nach der Operation erwartet. Chirurginnen und Chirurgen haben Zutritt, Zutritt in eine irgendwie ganz andere Welt.

Das Gefühl, zum allerersten Mal in diese so spezielle Welt einzutauchen, ist wahrscheinlich bei vielen schon verblasst. Einschleusen, die richtige Kasackgröße finden, die passende OP-Haube greifen – das sind wohl die ersten kleinen Hürden für OP-Neulinge, die dann auch schnell zur Routine werden. Der Geruch im OP-Bereich, der flüchtige Blick durch die kleinen Türen in laufende OPs, viele Gesichter versteckt unter OP-Uniformen – genau diese ersten Einblicke konnten Medizinstudierende beim Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“ am Uniklinikum Erlangen erleben. Vielleicht ist es zu viel gesagt, zu behaupten, genau solche Momente würden darüber entscheiden, ChirurgIn zu werden oder eben nicht. Aber es steht fest, dass der erste Eindruck meistens zählt. In Erlangen führte der erste Besuch im OP-Bereich gleich zu einem Highlight: zum OP-Roboter, den alle nach und nach ausprobieren konnten.

Egal warum die Wahl auf die Chirurgie fällt, „es ist eine schwierige Entscheidung, die man aber auch nicht jetzt entscheiden muss“, begrüßt Robert Grützmann, Direktor der Chirurgie in Erlangen, die Studierenden beim Workshop. „Wir wollen ein möglichst authentisches Bild der Chirurgie vermitteln und vor allem zeigen, wie toll der Beruf ist, damit gar nicht erst Berührungsängste aufkommen“, so Stephan Kersting, wissenschaftlicher Leiter des Workshops in Erlangen. Er unterstützt die Nachwuchskampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ mit dem Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“ in Erlangen, damit Studierende schon vor dem PJ die Möglichkeit bekämen, sich in der Chirurgie auszuprobieren.

Nachwuchskampagne Workshops bundesweit durchgeführt – in Erlangen war es dieses Jahr das erste Mal und dann gleich mit einem Highlight: Robotik im OP-Bereich ausprobieren. Bei den Workshops werden in kurzen Vorträgen Themen wie Frauen in der Chirurgie und Karrierewege aufgegriffen, Fachsäulen werden vorgestellt und es wird u. a. in Bereiche wie Minimalinvasive Chirurgie und Frakturen eingeführt. Danach beginnt der praktische Teil: Knotenkurse, Osteosynthese, Thoraxdrainage und in Erlangen eben auch die Robotik.

Abb. 1-3: Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“ am Universitätsklinikum Erlangen im Mai 2018

Abb. 4: PD Dr. med. Vera Scheller bei ihrem Vortrag „Familie und trotzdem Chirurgie?“

Abb. 5: Teilnehmer und BDC-Mitglied Sascha Roth beim Naht- und Knotenkurs in Erlangen

Einige der Teilnehmer sind sich auch schon sicher, dass sie ChirurgIn werden wollen – wie Sascha Roth, Studierender aus Erlangen. „Ich möchte auf jeden Fall Chirurg werden“, erzählt er bei dem Workshop. Da er eine kleine Tochter hat, wolle er aber aus erster Hand erfahren wie sich der Beruf mit der Familie vereinbaren ließe, daher hat er sich zum Workshop angemeldet. „Wir wollen unsere Faszination für die Chirurgie Studierenden näherbringen – ohne trockene Theorie und in direktem Austausch über Möglichkeiten informieren und Fragen beantworten. Die Chirurgie ist eines der größten Fächer der Medizin. Kaum ein Fachgebiet ist so vielfältig und täglich überraschend“, so Kersting.

Auch wenn der Zutritt zum OP in Erlangen zugegebenermaßen eine Ausnahme unter den Workshops war, als „Premiere“ wird es sicher einigen der Studierenden in Erinnerung bleiben – hoffentlich in guter Erinnerung.

Workshops „Chirurgie zum Mitmachen“

  • Mechernich, 06.10.2018
    Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH
  • Dresden, 24.11.2018
    Universitätsklinikum Dresden Chirurgisches Zentrum
  • Minden, 09.03.2019
    Johannes Wesling Klinikum Minden

Weilbach J. Herzlich willkommen: OP-Bereich – Ein Tag in der Chirurgie. Passion Chirurgie. 2018 September, 8(09): Artikel 07_03.

BDC-Modellprojekt: einheitliche Vergütung ambulant und stationär

Berlin, 30. August 2018: Der Ruf nach Lösungen zur sektorenübergreifenden Versorgung wird immer lauter. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fordert Modelle zur besseren Zusammenarbeit von Kliniken und Praxen. Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) hat bereits 2013 das Modellprojekt „Hybrid-DRG Thüringen – Neue Wege im Gesundheitswesen“ ins Leben gerufen, um ambulante und stationäre Leistungen gleichermaßen zu vergüten und die Sektorengrenzen abzubauen. „Das Projekt ist durchaus gewagt. Es ist deutschlandweit das erste nennenswerte Vorhaben, das die ambulanten und stationären Sektoren tatsächlich verbindet, indem es beide Bereiche bei der Bezahlung der Leistungen durch die Kassen gleichbehandelt“, so BDC-Präsident Prof. Dr. med. Dr.  h.c. Hans-Joachim Meyer.

Pauschalisierung, Privatisierung, Wettbewerbsförderung und kontinuierliche Eingriffe des Gesetzgebers haben bisher nicht dazu geführt, dass Kosten nachhaltig reguliert werden. In den letzten Jahrzehnten sind durch die unterschiedliche Vergütung von Kliniken und Praxen Anreizsysteme entstanden. „Diese Anreize wirken sich nachteilig auf die Patientenversorgung aus und mit höheren Kosten auch negativ auf die Solidargemeinschaft der GKV-Versicherten“, erklärt Dr. med. Stephan Dittrich, der das Modellprojekt „Hybrid-DRG Thüringen – Neue Wege im Gesundheitswesen“ leitet und maßgeblich gestaltet. „Eingriffe – egal ob ambulant oder stationär durchgeführt – müssen bei gleicher Indikation und Qualität daher gleichermaßen vergütet werden!“ So würde künftig auch unnötigen Operationen und „falschen“ Anreizen vorgebeugt. Patienten, die stationär behandelt werden müssten, würden weiterhin im Krankenhaus behandelt.

Eine zukünftige Herausforderung wird sein, zu definieren, wer patientenorientiert was, wo, wie und mit welchen Kosten behandelt. „Das Wichtigste bei diesen Fragestellungen ist natürlich die praktische Umsetzung“, so Dittrich. Gemeinsam mit Kostenträgern entwickelte der BDC daher das Modellprojekt. „Nachdem über die Hälfte der Kliniken in Thüringen und die niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen ihr Interesse an dem Projekt bekundet hatten, starteten wir die Umsetzung in 2016 mit vier Indikationen: Leistenhernie, vordere Kreuzbandläsion, Stammvarikosis und Karpaltunnelsyndrom“, so Dittrich. „Wir leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur sektorenübergreifenden Versorgung und der finanziellen Gleichstellung von indikationsbezogenen gleichwertigen Eingriffen in Kliniken und Praxen.“

Mehr Knie-OPs: besorgniserregender Trend oder verzerrte Ergebnisse

Vor kurzem sorgten Ergebnisse einer Studie zum Einsatz von künstlichen Kniegelenken bei Arthrose bundesweit für Schlagzeilen. Die Bertelsmann Stiftung hat in Zusammenarbeit mit dem Science Media Center (SMC) die Daten ermittelt und ausgewertet. Demnach seien seit 2013 in Deutschland wieder mehr künstliche Kniegelenke eingesetzt worden. Zwischen 2013 und 2016 sei die Zahl der Eingriffe von 143.000 auf 169.000 gestiegen. Erklärbar sei dieser Trend laut Bertelsmann Stiftung weder durch medizinische, noch durch demographische oder geografische Einflussfaktoren. In der offiziellen Pressemitteilung heißt es, dass bei den unter 60-Jährigen die Operationszahlen von 27.000 auf 33.000 sogar um 23 Prozent gestiegen sind. „Dass immer mehr jüngere Patienten Knieprothesen bekommen, lässt fragen, ob die Operationen wirklich medizinisch notwendig indiziert sind. Dies ist besorgniserregend“, sagt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

BDC-Vizepräsident Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg kritisiert Mohns Vorwurf: „Am Ende des Krankheitsverlaufes wird immer die Knieprothese stehen, da ein kaputtes Knie nicht heilbar ist“. Laut Rüggeberg unterstelle sie den Ärzten vorsätzliche Körperverletzung durch ihre Aussagen. Es handele sich hierbei um Eingriffe, die von den Patienten gewünscht werden. „Viele entscheiden sich lieber für eine Kniegelenk-Prothese als für eine langwierige konservative Therapie“, fügt der BDC-Vizepräsident hinzu. Dass es insgesamt mehr Eingriffe gibt, erklärt Rüggeberg damit, dass die Menschen immer älter werden und dabei in einem guten gesundheitlichen Zustand sind, dadurch könne auch im hohen Alter noch an eine solche OP gedacht werden. Rüggeberg rät allerdings, erst konservative Therapien zu nutzen und eine OP möglichst lange hinauszuzögern.

In der Studie wird auch betont wie groß die regionalen Unterschiede beim erstmaligen Einsatz eines künstlichen Kniegelenks im Bundesvergleich sind. So heißt es: In Bayern (260 Eingriffe je 100.000 Einwohner) und Thüringen (243) wurde 2016 am meisten operiert. Deutlich weniger Patienten wurden in Berlin (153) und in Mecklenburg-Vorpommern (164) mit einem künstlichen Kniegelenk versorgt. BDC-Vizepräsidenten Prof. Dr. med. Julia Seifert relativiert diese Aussage: „Die Unterschiede haben nichts damit zu tun, dass Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bessere Kniegelenke als in Bayern haben. Die Krankenhausversorgung in Deutschland ist regional sehr unterschiedlich. Da SMC die Daten nach Wohnort erhoben hat und das nichts über den OP-Ort aussagt, ist eine Verzerrung der Daten sehr wahrscheinlich.“

Weilbach J: Mehr Knie-OPs: besorgniserregender Trend oder verzerrte Ergebnisse. Passion Chirurgie. 2018 August, 8(08): Artikel 05_02.

Weitere Informationen zur Studie

Erfolg auf europäischer Ebene: Arbeitsgruppe zur Normierung des Arztberufes aufgelöst

Berlin, 04. Juni 2018: Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) begrüßt die Auflösung der Healthcare Services Focus Group (HSFG) des Europäische Komitee für Normung (CEN). Der BDC hat sich in den letzten Jahren gemeinsam mit anderen Verbänden gegen die Normung der ärztlichen Berufsausübung innerhalb der EU stark gemacht.

Zwei Jahre nach der Gründung im Mai 2016 wurde am 16. Mai 2018 beschlossen, die Arbeitsgruppe aufzulösen. „Es ist ein großer Erfolg für unseren Einsatz gegen die Normierung medizinischer Dienstleistungen über CEN“, so BDC-Vizepräsidentin Prof. Dr. med. Julia Seifert. „Europäische Zusammenarbeit und Vernetzung – auch innerhalb der Chirurgie – ist wichtig, um Qualitätsstandards auch über Grenzen hinweg zu etablieren, aber Angelegenheiten der nationalen Gesundheitsversorgung sollten in der Autonomie der Nationalstaaten verbleiben“, betont Seifert.

„Es ist uns ein wichtiges Anliegen, den hohen Qualitätsstandard der medizinischen Versorgung in Deutschland zu erhalten“, ergänzt der zweite Vizepräsident des BDC, Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg. „Eine europäische Norm für medizinische Prozesse birgt die Gefahr, diese hohe Qualität in Deutschland auf ein niedrigeres Niveau herabzusetzen.“

Informationen zur HSFG

Nur Mut: Robotik zum Mitmachen in Erlangen

Pressemitteilung zum Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“

Berlin/Erlangen, Mai 2018: Am 26. Mai 2018 kommen 40 Medizinstudierende nach Erlangen zum Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“. Zum ersten Mal werden Studierende im Rahmen der bundesweiten Workshop-Reihe die Möglichkeit haben, sich auch am OP-Roboter zu üben. Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) veranstaltet den eintägigen Workshop gemeinsam mit der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Erlangen unter der Leitung von Prof. Dr. med. Stephan Kersting.

Interessierte Studierende sollen sich von erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen für die Chirurgie begeistern lassen und dabei wichtige Techniken kennenlernen und trainieren. Die Veranstaltung ist Teil der Nachwuchskampagne des BDC „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn”.

Naht- und Knotentechniken, Thoraxdrainagen, Minimalinvasive Chirurgie am Simulator, Osteosynthese und vieles mehr stehen bei den Arbeitsstationen auf dem Programm. Die Studierenden bekommen einen umfangreichen Einblick in Zusammenhänge, die sie im chirurgischen Alltag erwarten, und können die Gelegenheit nutzen, mit Chirurginnen und Chirurgen ins Gespräch zu kommen.

Nachwuchskampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn”

Seit 2008 informiert der BDC potenziellen Nachwuchs nicht nur realitätsnah über das Berufsbild ChirurgIn, sondern hebt mit der Kampagne auch die faszinierenden Seiten der Chirurgie hervor. Mit den Workshops „Chirurgie zum Mitmachen“ werden Studierende praktisch an die Chirurgie herangeführt. „ChirurgIn ist weit mehr als ein Durchschnittsjob – Wir zeigen jungen Medizinern wie abwechslungsreich und faszinierend dieser Beruf ist“, so BDC-Präsident Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer.

Termin:
26.05.2018 von 09.00-16.30 Uhr

Programm:
Workshop › Chirurgie zum Mitmachen ‹ in Erlangen

Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr. med. Stephan Kersting
Lehrstuhl für Allgemein- und Viszeralchirurgie
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Veranstaltungsort:
Universitätsklinikum Erlangen, Klinik für Chirurgie
Krankenhausstraße 12
Eingang Maximiliansplatz
91054 Erlangen

20 Jahre Bundeskongress Chirurgie – 20 Jahre „Gemeinsam stark“

Patientensicherheit, Hygiene, Qualitätsindikatoren und Fehlermanagement standen beim 20. Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg im Vordergrund der Diskussionen und Fortbildungen. „Die Ansätze aus dem Koalitionsvertrag zur sektorenübergreifenden Versorgung müssen jetzt im Sinne der Patientensicherheit in die Tat umgesetzt werden“, forderte BDC-Präsident Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer bei der Eröffnung in Nürnberg. „Chirurginnen und Chirurgen in Deutschland brauchen genau wie alle anderen Fachärzte vernünftige Rahmenbedingungen, vor allem bei der Honorierung, um die Sektorengrenzen zu überwinden und die Qualität der Versorgung weiter zu verbessern.“

Laut aktuellem Koalitionsvertrag wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe für die Weiterentwicklung zur sektorenübergreifenden Versorgung des stationären und ambulanten Gesundheitssystems eingerichtet. „Es muss endlich allen Beteiligten klar werden, dass wir Chirurgie auf hohem Niveau nur durch starke intersektorale Zusammenarbeit gewährleisten können“, erklärt Dr. med. Peter Kalbe, Referatsleiter der niedergelassenen Chirurgen des BDC. Flächendeckende Modelle sektorenübergreifender Versorgung seien dringend notwendig, um den aktuellen Herausforderungen des Gesundheitswesens zu begegnen und Patienten ohne Informationsverluste zu behandeln. „Durch Barrieren in der Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Chirurgen können immer noch vermeidbare Fehler passieren. Es ist Aufgabe der Politik, diese Barrieren zu reduzieren“, so Kalbe.

Umfangreiches Fortbildungsangebot

Der Bundekongress bot natürlich nicht nur Raum, um sich über aktuelle Geschehnisse auf dem gesundheitspolitischen Parkett auszutauschen und zu informieren, sondern es wurde wie jedes Jahre ein breites Fortbildungsangebot zusammengestellt.

Die unfallchirurgisch-orthopädischen Schwerpunkte wurden in diesem Jahr auf Verletzungen des Beckens sowie der Wirbelsäule gelegt. Unter dem Motto „Ran an den Rücken“ wurden wir auch konventionelle Behandlungsmöglichkeiten des akuten und chronischen Rückenschmerzes diskutieren. In der Sitzung Arzt und Recht informierte BDC-Justitiar Dr. Heberer über medizinrechtlichen Neuerungen und natürlich über Antikorruptionsrecht. Das Thema Hernien und einige Bereiche der Kinderchirurgie waren ebenfalls große Themen beim Bundeskongress.

Journalistenpreis 2018 für das BESONDERE PORTRAIT EINES HERZCHIRURGEN

Der BDC hat auch in diesem Jahr im Rahmen des Bundeskongress Chirurgie den Journalistenpreis der Deutschen Chirurgen vergeben. Unter mehr als 35 Bewerbern wurde der eindrucksvolle Beitrag aus dem ZEITmagazin MANN mit dem Journalistenpreis der Deutschen Chirurgen gewürdigt. Der Preis ist mit 1.500 Euro dotiertet. „Ein Glück“ heißt der Artikel von Nataly Bleuel, der einen 

bekannten Herzchirurgen portraitiert. Am 14. März 2017 ist der Beitrag „Ein Glück“ im ZEITmagazin MANN erschienen. Nataly Bleuel erzählt die sehr persönliche Geschichte des Chirurgen Ingo Kazmarek, der beschließt, von vorn anzufangen. „Ein Neuanfang, der nicht nur die Geschichte eines erfolgreichen Herzchirurgen und von der Faszination des Berufes erzählt, sondern auch von den Schattenseiten“, so Meyer. „Denn diese Geschichten decken auch unsere Systemfehler auf, denen wir als Berufsverband für Chirurginnen und Chirurgen weiter entgegentreten werden“.

In der Rubrik Panorama können Sie im Artikel „Die Geschichte hinter der Geschichte“ von Nataly Bleuel nachlesen, was sie zu diesem Portrait bewegt hat, aber auch welche Hürden sie dabei überwinden musste.

Bayerischer Rundfunk beim Bundeskongress


Der Bayerische Rundfunk hat dem Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg einen Besuch abgestattet. Dr. med. Peter Kalbe, Referatsleiter der niedergelassenen Chirurgen im BDC,

stand Rede und Antwort zum Kongress und zum Thema Hygiene in chirurgischen Praxen. Den kompletten Beitrag finden Sie HIER in der Mediathek.

Mit dem Journalistenpreis der Deutschen Chirurgen zeichnet der BDC jährlich journalistische Arbeiten aus, in denen chirurgische Themen aus Ärzte- und/oder Patientensicht differenziert und faktenbasierend dargestellt werden. Der BDC fördert mit dem Preis die anspruchsvolle Aufbereitung chirurgischer und gesundheitspolitischer Themen.

SAVE THE DATE

Der nächste Bundeskongress Chirurgie wird vom 22. Bis 23. Februar 2019 stattfinden. Alle Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie rechtzeitig hier: www.bundeskongress-chirurgie.de. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Weilbach J. 20 Jahre Bundeskongress Chirurgie – 20 Jahre „Gemeinsam stark“. Passion Chirurgie. 2018 Mai, 8(05): Artikel 04_01.