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Abschläge bei Notfallversorgung für Belegkrankenhäuser

Durch den G-BA-Beschluss über die Erstfassung der Regelungen zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß § 136c Absatz 4 SGB V, § 5 Abs. 2 vom 19.04.2018 werden die Belegkrankenhäuser von der Teilnahme an der Notfallversorgung grundsätzlich ausgeschlossen und stattdessen verpflichtet, einen Abschlag für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung hinzunehmen.

Bei einem angenommenen und inzwischen teilweise praktizierten Abschlag i. H. v. 50 Euro
je Fall verlieren Belegkrankenhäuser je nach Leistungsspektrum ca. zwei bis drei Prozent ihres Erlösbudgets. Dieses ist eine kritische Größe für die wirtschaftliche Stabilität der Belegkrankenhäuser in einer Zeit, in der gerade das Belegarztwesen und damit die Zukunft der Belegkrankenhäuser gefährdet ist.

Weitere Informationen und Antworten der DKG und des GKV-Spitzenverbandes:

Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen 01/2018: „Über- und Fehlversorgung in deutschen Krankenhäusern: Gründe und Reformoptionen“
Schreiben von 8 Belegkrankenhäusern in Schleswig-Holstein und Hamburg an den Gemeinsamen Bundesausschuss
Antwort der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft DKG
Antwort des GKV Spitzenverbandes

Belegarzt neu denken – Ein Diskussionsbeitrag

Meine Motivation als Belegarzt

Mir sind keine Studien zur Motivation der Belegärzte bekannt, somit kann ich nur meine persönliche Motivation heranziehen:

Aus Spaß an der Freude

  • Ich wollte immer Arzt und Chirurg sein – als Belegarzt kann ich das besser, da mein Handlungsspielraum und das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten im Gegensatz zur rein ambulanten Praxis sehr viel größer ist.
  • Es stärkt mein Selbstwertgefühl, immer noch „Kliniker“ zu sein und schwierige Herausforderungen zu meistern. Gleichzeitig habe ich einen engeren Kontakt zu anderen Kliniken und dortigen Ärzten. Persönlich habe ich auch den Eindruck, von Klinikkolleginnen und -kollegen „etwas mehr“ als vollwertiger Chirurg wahrgenommen zu werden.
  • In der täglichen Sprechstunde sagen mir Patienten immer wieder, dass sie meinen, die Tätigkeit an einem Krankenhaus repräsentiere eine höhere fachliche Qualifikation als die reine Praxisarbeit.

Erweiterte Qualifizierung

  • Als Belegarzt muss ich mich mit den Organisationsabläufen des Krankenhauses vertraut machen und z. B. die Begründung und Organisation der stationären Aufnahme übernehmen. Als Belegarzt hatte ich schon immer mit dem Entlassmanagement zu tun, da Patienten im Anschluss weiter in meiner ambulanten Behandlung verbleiben.
  • Es entsteht erhöhter Aufwand für die Qualitätssicherung, z. B. für das IQTIG, für EndoCert und das Endoprothesen-Register.

Teamarbeit und Back-up

  • Als Belegarzt muss ich mich in das Dienst- und Organisationsschema des Krankenhauses einfügen. Dafür muss ich aber nicht mehr ganz alleine arbeiten. Es gibt Kollegen, mit denen man sich austauschen kann.
  • Ich kann die gesamte Struktur und Technik des Krankenhauses nutzen.
  • Es gibt Kollegeninnen und Kollegen, die ich um Rat und Hilfe bitten kann.
  • Das Pflegepersonal nimmt mir viele Arbeiten ab, vorausgesetzt, man hat zu ihnen einen „guten Draht“.
  • Im KV-Dienst ist die Station und damit die/der diensthabende/r Schwester/Pfleger erste Anlaufstelle und damit Filter für die Patienten. Über diese Struktur ist der KV-Dienst, Chirurgie, 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr erreichbar.
  • Letztendlich kann ich als Belegarzt viele Vorteile und Annehmlichkeiten eines Krankenhausarztes nutzen.

Wir müssen den „Belegarzt neu denken“ und ihn wieder attraktiver machen, ihm mehr Gewicht geben und das Belegarztwesen als mögliche Lösung für den Strukturwandel darstellen.

Zum einen brauchen wir schnelle Änderungen, um die weitere Arrosion des Belegarztwesens zu stoppen. Zum anderen sind auch mittel- und langfristige Lösungen, für eine Trendwende oder gar eine Renaissance notwendig.

Schnelle Lösung

  1. Der Erlaubnisvorbehalt nach § 135 Abs. 1. bzw. § 137 Abs. 3 SGB V muss wegfallen, was ein breiteres Spektrum an belegärztlichen Leistungen ermöglichen würde.
  2. Alle Belegarzt-Begleitleistungen, also auch Leistungen außerhalb des Kapitels 36 des EBM, müssen bundesweit extrabudgetär vergütet werden.
  3. Der Abschlag in der Bewertung des Kapitels 36 im Vergleich zum Kapitel 31 muss fallen oder zumindest reduziert werden.

Diese Forderungen müssen sofort in den politischen Diskurs und in die Verhandlungen im Bewertungsausschuss eingebracht werden.

Mittel- und langfristige Lösungen

Hausärzte als Belegärzte und als stationäre Kooperationspartner

Sehen wir uns die sehr schematische und vereinfachte Verteilungspyramide der niedergelassenen Ärzteschaft an (Abb. 1), so hat die größte Arztgruppe bisher keinen Zugang zum Belegarztwesen, nämlich die der Hausärzte.

Abb. 1: Aktuell gültige Gliederung

Abb. 2: Mögliche Weiterentwicklung durch intersektorale und interdisziplinäre Kooperation

In der Schweiz, in Österreich und Liechtenstein sind Hausärzte regelhaft in die stationäre Versorgung eingebunden. In Deutschland gibt es dagegen bisher keine allgemeinmedizinische Belegabteilung. Die Tätigkeitsfelder der Hausärzte könnten z. B. die Geriatrie, die Palliativmedizin und Hospizbetreuung sein. Bereiche, die jetzt schon hauptsächlich vom Hausarzt ausgefüllt werden. Der Hausarzt als Belegarzt bedeutet zudem die Verzahnung von hausärztlichem und fachärztlichem Bereich.

Der Hausarzt hat meistens den direkten Kontakt zu ambulanten Pflegediensten. Es vereinfacht die ambulante Weiterversorgung (Entlassmanagement), weil der Hausarzt die häusliche und familiäre Situation der Patienten gut kennt. Eine kontinuierliche Behandlung ist gewährleistet, dies bedeutet auch weniger Informationsverlust.

Als Fachärzte müssen wir keine Angst haben, dass uns hierdurch Patienten verloren gehen würden. Nur Fachärzte haben die Expertise und KV-Zulassung für spezielle Leistungen wie z. B. Operationen, Endoskopie, Angiographie, Radiologie etc. Diese Leistungen können vom Hausarzt nicht erbracht werden. Möchte der Hausarzt einen Patienten belegärztlich behandeln, so muss auch er dies begründen und hierzu sind meistens spezielle ärztliche Maßnahmen nötig, die dann nur vom Facharzt erbracht werden können. Somit kann uns eine viel größere Patientengruppe erschlossen werden. Auch hier hat der Patient immer noch das Arztwahlrecht. Er wird aber seinem Hausarzt vertrauen.

Interdisziplinäre und Organzentrierte Belegarzt-Abteilungen

Bisher haben die meisten Fachrichtungen ihre eigene Abteilung und Station. Dies bedeutet räumliche und organisatorische Trennung sowie Warten auf den Konsiliar-Kollegen bei komplexen Erkrankungen und Behandlungen. Diese Abgrenzung bedeutet Reibungsverluste. Dies reduziert die Effektivität für uns als Ärztinnen und Ärzte aber auch für Patienten selbst. Kosten- und Zeitdruck fordern auch hier neue Ansätze.

Ein Schritt zur Lösung sind interdisziplinäre bzw. organzentrierte Abteilungen. Zum Teil gibt es diese schon. Zum Beispiel „Kopfabteilungen“ mit HNO, Augen und Neurologie oder Innere Medizin und Geriatrie. Eine interdisziplinäre Abteilung und Station bedingt eine gemeinsame Visite und damit eine breitere Fachkompetenz am Krankenbett. Probleme und Komplikationen aus der anderen Fachrichtung werden schneller erkannt. Ganz nebenbei lernen wir von der anderen Fachdisziplin automatisch mit. Gemeinsame Visiten und Behandlungen am gemeinsamen Patienten heißt auch, den anderen Kollegen besser zu verstehen und besser kennenzulernen.

Gleichzeitig Haupt- und Belegabteilung an einem Krankenhaus

Eine weitere Möglichkeit der intersektoralen Zusammenarbeit wäre das parallele Führen von Haupt- und Belegabteilungen gleicher Fachrichtung in ein und derselben Klinik mit folgenden potenziellen Vorteilen:

  1. Gemeinsame Nutzung vorhandener Strukturen, z. B. von Großgeräten und OP-Kapazitäten
  2. Bessere Bettenauslastung
  3. Gemeinsamer Bereitschaftsdienst
  4. Intersektorale Versorgung durch angestellte und selbstständige Ärzte. Somit könnten das Krankenhaus und die Hauptabteilung einen legalen Zugang zum ambulanten Sektor erhalten
  5. Gemeinsame Weiterbildung und gemeinsamer „Wissenspool“. Teilnahme der Niedergelassenen an gemeinsamen Fallkonferenzen der Klinik, wie Tumorboard, Röntgenbesprechung, Morgenbesprechung etc. Gemeinsame Organisation und Teilnahme an Fortbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen
  6. Vereinfachung des Entlassmanagements
  7. „Back-Up“ für Klinik und Praxis. Bei Problemen können sich beide Seiten gegenseitig unterstützen und helfen
  8. Stärkung der gemeinsamen Position auf dem Gesundheitsmarkt
  9. Lösung für kleine Krankenhäuser in strukturell schwachen Gebieten. Es stünden mehr Fachrichtungen und Fachärzte zur Verfügung

Um das Belegarztwesen auch für die Krankenhäuser interessant zu machen, muss die Differenz zwischen A-DRG und der B-DRG fallen. Sicherlich muss ein Ausgleich für das belegärztliche Honorar, das der Belegarzt von der KV erhält, geschaffen werden.

Strukturwandel als Chance begreifen

Das Belegarztwesen wird zunehmend als Chance gesehen, den demographischen Wandel der Gesellschaft und die strukturellen Probleme der kleinen Krankenhäuser auf dem Land zu lösen. Das SpiFa-Grundsatzpapier, die KBV-Agenda 2020, der Support im Gutachten des ZI und des Sachverständigenrates, die Workshops 9/16 bis 1/17der KBV, die Sicherstellungskonferenz der KBV vom 28.06.2017 und der Hauptstadtkongress vom 21.06.2017 sind sichere Zeichen, dass hier ein Umdenken stattfindet. Nicht zu vergessen auch die Pressearbeit des BDC.

Die Umwandlung kleiner Krankenhäuser in Belegkrankenhäuser mit Anbindung von Praxiskliniken und tagesstationären Abteilungen könnte ein Zukunftsmodell für die fachärztliche Behandlung in der Peripherie sein. Die spezialisierte Diagnostik und Behandlung muss dann zentralisiert stattfinden. Zur Finanzierung kann unter anderem der Strukturfonds zur Umwandlung von Krankenhäusern in andere Strukturen genutzt werden.

Fazit

Das Belegarztwesen ist kein Auslaufmodell, sondern kann richtig ausgebaut sogar das Modell der Zukunft sein, insbesondere für den ländlichen Raum. Der BDC unterstützt die Reformbemühungen und bietet seine aktive Mitarbeit in allen Gremien an.

Farghal D: Belegarzt neu denken – Ein Diskussionsbeitrag. Passion Chirurgie. 2018 Mai, 8(05): Artikel 03_03.

Prämien für Haftpflichtversicherung von chirurgischen Belegärzten sind in den letzten Jahren explodiert

Die erstmalige Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte im BDC am 23.02.2018 im Rahmen des Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg stand unter dem Motto der zunehmenden Problematik der Haftpflichtversicherungen für Belegärzte.

Die Schlagzeilen der explodierenden Haftpflichtversicherungsprämien und der fehlenden Versicherer für Hebammen und nun auch für Geburtshelfer sind bei allen noch präsent. Vielen chirurgischen und orthopädischen Belegärzten drohte in den letzten Jahren das gleiche Schicksal. Daher war die Haftpflichtversicherung Hauptthema der diesjährigen Frühjahrsitzung der Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte im BDC.

Mit Herrn Marcel Nunne, Leiter des Geschäftsfeldes Ambulantes Gesundheitswesen und Herrn Marcel Märtens, Versicherungsmathematiker der ECCLESIA Versicherungsdienst GmbH konnten wir zwei Experten auf dem Gebiet gewinnen.

Von 2009 bis 2018 hat es eine erhebliche Marktbereinigung in der Anzahl der Versicherungsanbieter von 22 auf nur noch acht gegeben. Die Jahresprämien liegen je nach Anbieter aktuell für einen Belegarzt mit bis zu fünf Belegbetten zwischen 11.495,40 Euro und 20.917,82 Euro (Brutto-Tarifprämien ohne Rabattierungen).

Ursache hierfür sind u.a. die Rechtsprechung, die immer höhere Schmerzensgelder zuspricht, aber auch die in den letzten Jahrzehnten stark gestiegene Lebenserwartung von schwerst Geschädigten und die daraus resultierenden steigenden Pflege- sowie Rentenkosten. Zudem lassen sich die tatsächlichen Kosten eines Versicherungsfalles erst ca. 13 Jahre nach dessen Eintritt annährend feststellen. Diese Faktoren stellen ein erhebliches Kalkulationsrisiko für die Versicherer dar, das bei einigen Anbietern im letzten Jahrzehnt zu massiven Verlusten im Geschäftssegment geführt hat und ist somit auch der Grund, weswegen einige sich aus diesem Versicherungsfeld zurückgezogen haben oder andere wiederum die Prämien erheblich anheben. Das derzeit niedrige Zinsumfeld verschärft die Situation zusätzlich, da die ausbleibenden Zinsgewinne über die Abwicklungsdauer eines Schadens kalkulatorisch zu einer signifikant höheren Rückstellung führen.

Deutlich hervorgehoben wurde aber auch, dass sich die Jahresprämie in der Regel halbiert oder sogar noch deutlich günstiger wird, wenn ein Rahmenvertrag – wie z. B. der über den BDC – genutzt wird.

Farghal D: Prämien für Haftpflichtversicherung von chirurgischen Belegärzte sind in den letzten Jahren explodiert. Passion Chirurgie. 2018 Mai, 8(05): Artikel 05_02.

Belegarzt neu denken

Das Belegarztsystem in Deutschland führt ein Nischen-Dasein, eine Versorgungsform die in den USA für kleine Häuser die Regel ist und nun auch in der Schweiz (Krankenhaus Appenzell) als Zukunftsmodell diskutiert wird. Es ist also kein Auslaufmodell, aber es ist reformbedürftig. Kein anderes ärztliches Versorgungssystem wie das Belegarztsystem überwindet ohne Hürden und Verluste die Sektorengrenzen zwischen ambulant und stationär. Trotzdem ist es bei Ärzten/Innen kein Renner.

Hierfür gibt es viele Ursachen. Zum einen ein geringeres Honorar. So sind Leistungen im Kapitel 36 EBM bis zu 50 % niedriger bewertet als Leistungen im Kapitel 31 EBM. Zwar sind Leistungen aus den Kapiteln 31 und auch 36 extrabudgetär und damit nicht mehr gedeckelt, aber die Begleitleistungen sind es leider immer noch. Hier könnten KBV und GKV schnell eine Lösung zur Förderung finden und auch die Begleitleistungen extrabudgetär vergüten. In weiteren Verhandlungen müssen dringend die Bewertungen im Kapitel 36 angehoben werden.

Ein weiteres Hemmnis ist der Erlaubnisvorbehalt, welcher neue Behandlungsformen in Belegkrankenhäusern bremst. Anders ist dies in „regulären“ Krankenhäusern. Hier gibt es einen Verbotsvorbehalt. Das heißt neue Methoden dürfen zu Lasten der GKV erbracht werden solange diese nicht vom G-BA ausgeschlossen sind. Hier schließt sich die Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Honorarärzte im BDC der Forderung des BDI vom 08.05.2017 (Ärzteblatt) ausdrücklich an. Der BDC fordert eine deutliche Erweiterung des EBM auf OPS-Ziffern, denen bisher kein GOP des EBM zugeordnet ist, um auch hier Therapien und Operationen, die weder unter einem Erlaubnis- noch unter einem Verbotsvorbehalt stehen, abrechnen und damit erbringen zu können.

Um das Belegarztsystem interessanter zu machen, sollten auch neue Versorgungkonzepte entworfen werden. So könnten Haupt- und Belegabteilungen parallel auf der gleichen Station bestehen und die gegenseitigen Vorteile und Organisationsstrukturen nutzen. Zudem wird der Weg zwischen Krankenhaus und Arztpraxis sehr kurz und die Reibungs- und damit Informationsverluste deutlich geringer, Stichwort „Intersektorale Versorgung“.

Eine weitere Möglichkeit für den Belegarzt ist die bisher nicht vorgesehene interdisziplinäre Abteilung. Warum können Chirurgen, Unfallchirurgen oder Orthopäden nicht gemeinsam eine Abteilung mit Internisten, Geriatern und Hausärzten betreiben. Der Mensch sollte als Ganzes und damit auch die medizinische Versorgung als Ganzes betrachten werden. Dies bedeutet automatisch eine deutliche Reduzierung von Reibungsverlusten, an Doppeluntersuchungen und verschiedenen parallelen Therapien. Dies heißt auch Kostenersparnis ohne die medizinische Leistung einzuschränken.

Insbesondere für den ländlichen Bereich ist das Belegarztkrankenhaus zusammen mit neuen Versorgungsstrukturen eine Möglichkeit hochprofessionelle und vielfältige medizinische Versorgung in zunehmend dünner besiedelten Gebieten zu erhalten. Hierzu muss der Belegarzt aber wieder lukrativ und interessant werden. Es sollten auch vielmehr Fachrichtungen einbezogen werden, so auch die Hausärzte.

In seinem Gutachten „Belegarztwesen neu erfinden“ vom 31.05.2017 beschreibt das Zentralinstitut (ZI) zwei Regionstypen.

Regionstypen

Der Typ 1 ist geprägt durch Abwanderung, hohes Durchschnittsalter, geringe Bevölkerungsdichte, niedrige kommunale Investitionen:

  1. eine besondere Sozial- und Versichertenstruktur: Morbiditätsverdichtung,
  2. eine besondere Versorgungsstruktur: Ausdünnung der Primärversorgung und geringere Facharztdichte und
  3. hierdurch viele (vermeidbare) Krankenhausfälle.
Der Typ 2 ist geprägt durch Zuwanderung, hohe Bevölkerungsdichte, sehr hohe kommunale Investitionen, demografische Alterung steht noch bevor:

  1. eine besondere Sozial- und Versichertenstruktur: Zeitökonomie/Anspruchshaltung,
  2. eine besondere Versorgungsstruktur: hohe Dichte niedergelassener Ärzte, hoher Spezialisierungsgrad (ambulant) und
  3. hierdurch wenige (vermeidbare) Krankenhausfälle je Einwohner, Ausnahme: „Notfälle“.
Insbesondere beim Regionstyp 1 kann das Belegkrankenhaus eine Möglichkeit zur Aufrechterhaltung der ambulanten und auch stationären fachärztlichen Versorgung sein. Die Kombination beider Einkommensmöglichkeiten würde auch die Einkommenssituation der Ärzte und Ärztinnen in den ländlichen Regionen verbessern, in denen es wenige Möglichkeiten für Einnahmen neben der GKV gibt. Zudem sind die Einnahmen auch durch die geringe Bevölkerungsdichte naturgemäß eingeschränkt.

So könnte, wie dies in Appenzell in der Schweiz geplant ist, ein herkömmliches Krankenhaus in eine Belegarztklinik überführt werden und so die stationäre Versorgung auf dem Land sichern. So auch in den USA, wo durch das „Small Rural Hospital Improvment Grand Program“ genau das bei uns bekannte Belegarztsystem umgesetzt wird, um auf dem Land eine ausrechende ambulante und stationäre fachärztliche Versorgung zu sichern. Somit ist das Belegarztsystem international eher im Trend, als ein Auslaufmodell.

Das Belegarztsystem ist derzeit das Versorgungssystem, welches am einfachsten die intersektoralen Hürden überwindet. Nicht nur im ärztlichen Bereich, sondern auch an der Schnittstelle zur Pflege und fast allen anderen Anbietern im Gesundheitswesen. Auch der Vorwurf der „doppelten Facharztschiene“ greift hier nicht mehr. Die neuen Vorgaben zur Hygiene des IQWIG zeigen auch, dass für alle Krankenhäuser in der Zukunft die gleichen Qualitätsanforderungen, und damit auch für die Belegärzte, gelten werden.

„Hätte Deutschland die Krankenhausstruktur von Dänemark mit einem Krankenhaus pro 250.000 Einwohner, wären es bei uns 330 – und alle mit CT, MRT und Fachärzten für Innere Medizin, Kardiologie, Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie und Anästhesie/Intensivmedizin, die rund um die Uhr und an allen Tagen der Woche verfügbar sind.“ (Leopoldina, Nationale Akademie der Wissenschaften, Oktober 2016, Diskussion Nr. 7).

Ob eine stationäre Versorgung in der Bundesrepublik mit nur 330 Kliniken gewollt und durchsetzbar ist, scheint sehr unwahrscheinlich. Aber sicher wird es zu weiteren Schließungen von derzeit 1.996 Krankenhäusern kommen. Sodass nur noch die rentablen Kliniken übrigbleiben werden. Auch hier können Belegkrankenhäuser eine Lösung bieten.

Ein Problem junge Kollegen/Innen für die Niederlassung zu gewinnen sind die hohen Investitionskosten, die unsichere Einkommenssituation und die zunehmenden organisatorischen und Verwaltungshürden einer Facharztpraxis.

Auch hier kann ein Belegkrankenhaus, insbesondere in der Kombination mit einer Praxisklinik nach § 112 SGB V ein Modell sein. Die Investitionen könnten bei gemeinsamer Nutzung der Krankenhausinfrastruktur, insbesondere, wenn die Praxis oder Praxisklinik auch noch im Krankenhaus angesiedelt ist, deutlich reduziert werden. Auch die Organisations- und Verwaltungsaufgaben können auf mehrere Schultern verteilt werden. Die Einnahmeseite kann auf mindestens drei Säulen gestellt werden, die Praxis, die Praxisklinik und die Belegabteilung. Wie bereits oben ausgeführt, ist hier die extrabudgetäre Vergütung unabdingbar. Anders als der Honorar- oder Kooperationsarzt, darf der Belegarzt privat liquidieren. Auch wenn einige Privatkrankenkassen, wie „Trittbrettfahrer“ dies gerne anders sehen wollen. Eine Klarstellung des Gesetzgebers ist hier hilfreich. § 17 Abs 3 Satz 1 KHentG muss auf den Belegarzt ausgedehnt werden.

Ein Krankenhaus ist in einer Stadt oder Gemeinde oft der größte Arbeitgeber und ein wichtiger Bestandteil der Infrastruktur und damit ein Standortvorteil der Gemeinde für die Anwerbung neuer Bürger. Auch dies spricht für das Belegkrankenhaus.

Belegärzte sollten mehr in die ärztliche Weiterbildung integriert werden. Hier würden auch Inhalte der Arztpraxis vermittelt. Nur hier lernt der Weiterbildungsassistent fast alle Bereiche der Verwaltungsstrukturen, KV, GKV, PKV, BG, Behörden und Ämter kennen. Das ZI hat in dem o. g. Gutachten festgestellt, dass es starke Hinweise dafür gibt, dass sich Fachärzte häufig in der Nähe ihrer Weiterbildungsstätte niederlassen. (Kopetsch/Munz KBV 2007)

Vor diesem Hintergrund sieht das Programm „KBV 2020“ vor: „Die sektorenübergreifende Versorgung, also insbesondere das Belegarztwesen, die stationsersetzende Versorgung und die kooperativen Versorgungsformen sind unter Administration der KVen zu stärken und zu fördern.“

Das Belegarztwesen trifft u. a. bei den Krankenkassen auf Vorbehalte, da die Überlegenheit gegenüber der konventionellen stationären Behandlung nahezu unerforscht und bis dato nicht nachgewiesen ist. Dies betrifft insbesondere folgende drei Fragestellungen:

  1. Verbessert das Belegarztwesen die Kontinuität in der ärztlichen Versorgung?
    Ja, Mehrere internationale Studien belegen das. [1,2]
  2. Welche Effekte hat das Belegarztwesen auf die stationäre Inanspruchnahme der Versicherten in der GKV? Erhöht das Belegarztwesen die stationäre Inanspruchnahme?
    Nein, im regionalen Vergleich gibt es keine positive Korrelation – eher eine leicht negative. Der Zusammenhang muss infrage gestellt werden. ZI, Gutachten vom 31.05.2017
  3. Kann das Belegarztwesen die Erreichbarkeit medizinsicher Versorgungsangebote in ländlichen Regionen verbessern?
    Ja gemäß ZI, Gutachten vom 31.05.2017

In der Vorstellung seines Gutachtens vom 31.05.2017 stellt das ZI fünf fast deckungsgleiche Empfehlungen auf. Die Belegarzt-DRG sollen vom INEK den Hauptabteilungs-DRG angeglichen werden. Auch für Belegärzte soll der Verbotsvorbehalt statt des Erlaubnisvorbehaltes gelten. §17 Abs 3 Satz 1 KHentG muss auf den Belegarzt ausgedehnt werden und damit die Privatliquidation gesichert werden. Will ein Krankenhaus Belegbetten anbieten, soll demnach die Genehmigung der Landesbehörde ausgesetzt werden. Da die Verträge zur Förderung des Belegarztes zu wenig echte Förderung enthalten, sollten diese von der KBV gekündigt und neu verhandelt werden.

Literatur

[1] Association between continuity of care in general practice and hospital admissions for ambulatory care sensetive conditions: cross sectional study of routinely collected, person level data. Isaac Barker, Adam Steventon, Sarah R. Deeny; thebmj/BMJ 2017;356;j84/doi:10.1136/bmj.j84

[2] Vogt, V; Koller, D.; Sundmacher, L. (2016): Continuity of care in the ambulatory sector and hospital admissions among patients with heart failure in Germany. Erschienen in: European Journal of Public Health

Farghal D. Belegarzt neu Denken. Passion Chirurgie. 2017 Juli, 7(07): Artikel 05_01.

Antikorruptionsgesetz – starke Verunsicherung bei den Kooperations- (Honorar) Ärzten

Ergebnisse einer Umfrage zur Vertragssituation der Kooperationsärzte der Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte im BDC

Das Antikooperationsgesetz hat zu einer starken Verunsicherung bezüglich der Vertragsgestaltung zwischen Krankenhäusern und Kooperationsärzten geführt. Der BDC benutzt hier den Begriff des Kooperationsarztes, um diesen vom reinen Konsiliararzt und dem reinen Honorararzt zu unterscheiden.

Grund genug für die Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte, sich über eine Umfrage einen Überblick zur aktuellen Vertragssituation zu verschaffen. Hierzu wurden im November 2016 alle im BDC organisierten niedergelassenen Kooperationsärzte und Belegärzte angeschrieben und um Teilnahme gebeten. Geantwortet haben 403 Kolleginnen und Kollegen.

20,8 % geben an, Belegärzte zu sein, 37,5 % sind Kooperationsärzte, 8,9 % sind Konsiliarärzte und 3,4 % sind Honorarärzte. Die zusätzlichen Angaben im Klartext zeigten, dass es hierbei auch zahlreiche Kombinationen gibt, vor allem zwischen der Anstellung als Krankenhausarzt und der Tätigkeit in der Niederlassung.

Abb. 1: Definitionen der verschiedenen Kooperationsmöglichkeiten

Insgesamt wurden 37 verschiedene Vertragsmodelle angegeben, was die Variabilität noch unterstreicht.

Als Vertragskliniken kommen alle Versorgungsstufen des Krankenhauswesens infrage. Der Schwerpunkt liegt jedoch bei den grund- und regelversorgenden Krankenhäuser mit 51,1 %, gefolgt von den Belegkrankenhäusern mit 24,6 % und den Schwerpunktkrankenhäusern mit 14,9 %. Es sind aber auch Verträge mit Maximalversorgern (5,8 %) und Universitätskliniken (3,6 %) geschlossen worden.

Auch bei der Art der Einbindung in die Krankenhausstruktur zeigt sich die große Vielfalt der Vertragsgestaltung – es werden insgesamt 21 verschiedene Varianten angegeben. Die Umfrage ergab, dass die Haftpflichtversicherung im Kooperationsarztwesen zu rund 50 % von der Klinik und zu rund 50 % vom Arzt übernommen wird.

Dass das Antikorruptionsgesetz jetzt deutlich in das Bewusstsein der Ärzte vorgedrungen ist, zeigt die Tatsache, dass gut 44 % der Ärzte ihre Verträge haben prüfen lassen oder diese sich in Prüfung befinden. Jedoch haben offenbar bis zum Zeitpunkt der Umfrage mehr als die Hälfte noch nicht reagiert! Diesen Kolleginnen und Kollegen wird dringend geraten, dies nachzuholen.

Eine der wichtigsten Fragen, nämlich die Frage nach der Honorierung, wurde erfreulicherweise von vielen beantwortet. Immerhin haben 258 von 403 Teilnehmern Angaben zum DRG-Anteil gemacht. Im Durchschnitt werden ca. 16 % der DRG an den Arzt/die Ärztin gezahlt. Die Bandbreite reicht von 6 % bis 75 %, wobei es sich hierbei um einen Ausreißer handeln dürfte. Bei der Mehrheit von 63,2 % ist ein fester Anteil ausgehandelt und bei 36,8 % ist der DRG-Anteil variabel.

Die Leistungsanteile sind höchst unterschiedlich, wie die Abbildung 3 zeigt. Fast alle Verträge umfassen operative Leistungen, konservative Behandlungen sind offenbar die Ausnahme. In 75% sind zusätzlich die Visiten enthalten, in gut 50% die Verbandsleistungen. Ca. ein Drittel enthält noch einen Honoraranteil für Rufbereitschaft, ärztliche Assistenz und sonstiges. Insgesamt werden 51 verschiedene Vertragsbestandteile angegeben.

Abb. 2: In welcher Art und Weise arbeiten Sie mit einer Klinik zusammen?

Die Abrechnung von Privatpatienten ist im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung von besonderem Interesse. Ca. 50 % der Kooperationsärzte rechnen selbst ab, die restlichen 50 % rechnen über die Kliniken ab. Wenn die Rechnungsstellung der Privatpatienten über die Klinik erfolgt, werden hierbei ca. 54 % des Rechnungsbetrages an den Arzt weitergegeben. Von der DRG der Privatfälle werden ca. 17 % der DRG von der Klinik an den Kooperationsarzt weitergegeben. Somit besteht kein wesentlicher Unterschied zu den GKV-Fällen mit rund 16 % der DRG.

Abb. 3: Welche Leistungen sind in der Vergütung beinhaltet? (Mehrfachantwort möglich)

Als Behandlungsschwerpunkt überwiegt die Orthopädie und Unfallchirurgie (58,2 %) gefolgt von der Viszeralchirurgie (15,7 %), der Allgemeinchirurgie (10,1 %), Gefäßchirurgie (7,2 %) und der plastischen Chirurgie (5,9 %).

Wie groß die Verunsicherung ist, zeigt sich insbesondere in den freien Kommentaren, immerhin 86 an der Zahl. Die meisten befassen sich mit der drohenden oder erfolgten Kündigung der Verträge durch die Krankenhausträger. Viele Kolleginnen und Kollegen haben den Eindruck, dass unter dem Vorwand der rechtlichen Überprüfung vor allem niedrigere Honoraranteile der Kooperationsärzte durchgesetzt werden sollen.

Abb. 4: Ihr Behandlungsschwerpunkt in der Klinik?

Fazit

Die Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte im BDC zeigt aufgrund der Vielfalt der Verträge, Vertragsinhalte und der großen Zahl an Variationen, wie kompliziert das Kooperationsarztwesen mittlerweile ist. Dies macht es für uns als Berufsverband extrem schwierig generelle Empfehlungen zu geben. Jeder einzelne Kooperationsvertrag muss gesondert mit juristischer Unterstützung geprüft und ggf. neu verhandelt werden. Weitgehende Rechtssicherheit besteht allenfalls für das Belegarztwesen, hier jedoch auch nur für die GKV-Patienten. Die BDC-Umfrage zeigt aber auch, dass die Krankenhausträger ein großes Interesse an den Kooperationsärzten haben und sich in der Vertragsgestaltung sehr flexibel zeigen. Zudem ist keine Krankenhausversorgungsstufe mehr ausgenommen. Als eine Konsequenz aus der Umfrage hat der BDC in Kooperation mit mehreren anderen Berufsverbänden eine Initiative gestartet, um einerseits mehr Rechtssicherheit für Kooperationen zu erlangen und andererseits eine erhöhte Attraktivität des Belegarztwesens zu fordern.

Fragebogen zur Umfrage „AG BeKo“

Farghal D. Antikorruptionsgesetz – starke Verunsicherung bei den Kooperations- (Honorar) Ärzten. Passion Chirurgie. 2017 Mai, 7(05): Artikel 04_03.