22.10.2019 Politik
Ärzteschaft fordert Ordnungsrahmen für Digitalisierung

„Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat das Potenzial, sowohl die Prozesse als auch grundsätzliche Prinzipien der gesundheitlichen Versorgung zu verändern. Diese Veränderungen werden aber nur dann zu Verbesserungen führen, wenn Ärzte und Patienten Vertrauen in die neuen Strukturen und Abläufe entwickeln können.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt zur Eröffnung der Tagung „BÄK im Dialog, die Vertrauensfrage in der digitalen Medizin“ in Berlin. Reinhardt forderte eine Gesamtstrategie für den Ausbau der Digitalisierung sowie einen Ordnungsrahmen, der politische, rechtliche und ethische Aspekte umfasst. Im Beisein von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte Reinhardt: „Es ist Aufgabe der Politik, einen solchen Rahmen zu setzen. Unser Anliegen ist es, die Politik mit unserem besonderen Blick auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten dabei zu unterstützen.“
Inhaltliche Grundlage der Bundesärztekammer-Tagung waren Thesen zur Digitalisierung, die die BÄK in den vergangenen Monaten in Werkstattgesprächen diskutiert hat. BÄK-Vorstandsmitglied Dr. Peter Bobbert formulierte daraus abgeleitete Kernfragen: „Wo hört die Unterstützung für den Arzt durch Künstliche Intelligenz (KI) auf und wo fängt Substitution an? Müssen wir ethische Leitgedanken für die digitalisierte Medizin formulieren? Sollten wir digitale Anwendungen erst dann in unser Behandlungsangebot übernehmen, wenn ihr Nutzen bewiesen ist?“ Bobbert plädierte dafür, sich intensiv mit diesen und weiteren Fragen zur Digitalisierung zu befassen. „Am Ende müssen Kernanforderungen für eine Digitalisierung stehen, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Patienten ausrichten“, sagte er.
Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, der gemeinsam mit Peter Bobbert dem Ausschuss „Digitalisierung der Gesundheitsversorgung“ der Bundesärztekammer vorsitzt, sprach sich in der abschließenden Podiumsdiskussion für einen offenen Umgang mit den neuen digitalen Möglichkeiten aus: „Digitale Angebote werden Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen. Oft brauchen wir für unsere Arbeit alle fünf Sinne. Das kann keine Maschine leisten.“ Richtig angewendet könnten digitale Anwendungen aber sinnvolle Hilfsmittel sein, die die Patientenversorgung weiter verbessern.
Auf deutliche Kritik von Ärztinnen und Ärzten stieß auf der Tagung das Vorhaben der Bundesregierung, dass Krankenkassen ihren Versicherten künftig digitale Versorgungsangebote machen können, ohne die behandelnden Ärzte einzubeziehen. Bodendieck erklärte, dass auch digitale Anwendungen in ein therapeutisches Gesamtkonzept integriert werden müssten. „Es braucht immer einen Verantwortlichen, der Risiken im Behandlungsverlauf erkennen kann. Und das kann nur der Arzt sein.“
Quelle: Bundesärztekammer, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, www.bundesaerztekammer.de, 18.10.2019
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12.03.2018 Politik
AWMF fordert Gesundheitspolitik auf Basis evidenzbasierter Medizin
Das Patientenwohl soll für die künftige Bundesregierung der entscheidende Maßstab aller gesundheitspolitischen Entscheidungen werden. Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e. V. begrüßt diese Aussage im neuen Koalitionsvertrag, kritisiert jedoch, dass unerwähnt bleibt, auf welcher Basis gesundheitspolitische Entscheidungen künftig getroffen werden sollen. Die wissenschaftliche Medizin und die Notwendigkeit wissenschaftlich belegbarer Maßnahmen ist mit keinem Wort erwähnt. Patientenwohl kann nur dann erreicht werden, wenn sich künftige gesundheitspolitische Entscheidungen an wissenschaftlichen Fakten orientieren: Nur wenn nachweisbar ist, dass eine gesetzgeberische Maßnahme im Gesundheitswesen im Sinne der evidenzbasierten Medizin ausreichend, zweckmäßig und notwendig ist, dient sie auch dem Wohl von Patientinnen und Patienten. Um das zu gewährleisten, ist eine enge Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Medizin – wie sie in der AWMF versammelt ist – unverzichtbar. „Wir müssen mehr und früher als bislang in gesundheitspolitische Entscheidungen einbezogen werden“, fordert AWMF-Präsident Professor Dr. med. Rolf Kreienberg. Zwar wird im Koalitionsvertrag betont, dass der Dialog auch mit der Wissenschaft intensiviert werden muss, die evidenzbasierte Medizin findet als Grundpfeiler einer wissenschaftlich begründeten Prävention, Diagnostik und Therapie in dem 177-Seiten starken Vertrag jedoch keinerlei Erwähnung. Das sieht die AWMF angesichts der zu lösenden Aufgaben äußerst kritisch. „Die alternde Gesellschaft, die Zunahme chronischer Erkrankungen, Antibiotika-Resistenzen, aber auch die Digitalisierung und der Nachwuchsmangel in vielen Teilen der Medizin stellen uns vor große gesamtgesellschaftliche Herausforderungen“, so Kreienberg. Diese seien nur zu bewältigen, wenn die künftige Bundesregierung bei gesundheitspolitischen Entscheidungen die Ebenen und Akteure einbinde, die die höchste Kompetenz und Expertise zu einem Thema mitbringen. In der AMWF mit ihren 177 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften sind alle medizinischen Fächer, die meisten interdisziplinären Themenbereiche und neben Ärzten auch weitere Gesundheitsberufe vertreten. Von diesen wird Wissen gemäß der evidenzbasierten Medizin entwickelt, evaluiert und verbreitet. Daraus entstehen unter anderem Leitlinien, die heute die Basis des ärztlichen Handelns darstellen. Die AWMF garantiert daher mir ihren Aktivitäten und Akteuren eine Gesundheitsversorgung, bei der die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin auf alle Gesundheitsberufe und alle Versorgungsbereiche angewandt werden. Die AWMF begrüßt auch das Anliegen der Koalitionsparteien, die Gesundheitsforschung auszubauen. Damit haben diese eine zentrale Forderung der AWMF in ihrem künftigen Regierungsprogramm verankert. Doch auch hier komme es auf die Ausgestaltung an: Hochschulmedizin, Versorgungsforschung und Medizininformatik können nur im Sinne der Patienten gestärkt werden, wenn auch hier die Grundpfeiler der wissenschaftlichen Medizin zum Maßstab des Handelns werden. Dazu gehöre, dass wissenschaftliches Arbeiten innerhalb der Medizin in Ausbildung und Beruf einen höheren Stellenwert bekomme, wissenschaftliche Studien und Netzwerke gefördert, die individuellen Bedürfnisse der Patienten und das Erfahrungswissen der Experten regelmäßig abgefragt werde und in Aktivitäten einfließen. „Dafür ist die AWMF in Deutschland das Expertengremium, das sich im Interesse des Patientenwohls gerne in die künftige Regierungsarbeit einbringt“, betont Kreienberg.
09.03.2018 Politik
Gesucht: Digitale Ideen für die Zukunftspraxis
„Es gibt tausende von Apps und digitalen Anwendungen rund um das Thema Gesundheit. Doch der Nutzen für Patient und Arzt ist oft unklar. Daher ist es unser Ziel, diejenigen Anwendungen und digitalen Dienste zu identifizieren und zu fördern, die die Arbeit und Abläufe in den Praxen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen verbessern“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, zum Start der KBV-Zukunftspraxis.
08.03.2018 Politik
Resolution: Zukunftssichere Versorgung nur mit der Selbstverwaltung
Mit Befremden haben die Delegierten der Vertreterversammlung der KBV auf aktuelle Bestrebungen der Gesundheitspolitik, in die Selbstverwaltung einzugreifen, reagiert. In einer heute verabschiedeten Resolution fordern sie die Politik auf, die bewährten Prinzipien der Freiberuflichkeit und den notwendigen Spielraum für die Selbstverwaltung zu erhalten.
07.03.2018 Aus- & Weiterbildung
6. Chirurgische Woche für Studierende
Zum sechsten Mal findet dieses Jahr die Chirurgische Woche des Universitätsklinikum Tübingen statt – initiiert durch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und den Berufsverband der Deutschen Chirurgen.
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