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Ambulante Behandlungen können in Arztpraxen, ambulanten Behandlungszentren oder in Krankenhäusern erbracht werden. „Die ambulante ärztliche Behandlung umfasst alle Tätigkeiten des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten erforderlich sind.“

Einen nicht unerheblichen Part im Bereich der ambulanten Behandlung nimmt das ambulante Operieren ein. Laut statistischem Bundesamt hat sich die Anzahl der ambulanten Operationen von 2002 bis 2012 mehr als verdreifacht. Viele Patienten ziehen eine ambulante Behandlung einem stationären Krankenhausaufenthalt vor, weil sie dafür ihr gewohntes häusliches Umfeld nicht für längere Zeit verlassen müssen. Ambulante Eingriffe werden daher im Vergleich zu stationären oftmals als weniger belastend empfunden.

Da sich die Patienten bei ambulanten Behandlungen nur für einige Stunden in der Obhut des medizinischen Personals befinden, kann weder im Vorfeld der Operation noch in der Zeit danach eine lückenlose medizinische Überwachung erfolgen. Die prä- und postoperativen Abläufe sollten daher genau durchgeplant, der Patient sollte gut vorbereitet sein.

Der Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V. hat Leitlinien entwickelt, die sich mit den sozialen und medizinischen Aspekten, den räumlichen und personellen Eignungen sowie den Themen Aufklärung und Entlassung befassen. Damit soll das Risiko für den Patienten, im Rahmen einer ambulanten Operation zu Schaden zu kommen, so gering wie möglich gehalten werden.

Bei ambulanten Eingriffen sind nach den Empfehlungen des Bundesverbands u.a. folgende Kriterien zu beachten:

Es sollte sich um einen Eingriff handeln, bei dem kaum Atmungskomplikationen zu erwarten sind und der wegen des geringen Nachblutungsrisikos keine spezielle Pflegenotwendigkeit nach der Operation verlangt.

Die Befunde der ärztlichen Untersuchungen vor der Operation sowie Nachweise einer vollständigen Aufklärung müssen vorliegen.

Der Patient darf nach dem ambulanten Eingriff erst dann entlassen werden, wenn er seit mindestens einer Stunde stabile vitale Zeichen aufweist und voll orientiert ist.

Bezüglich der Entlassung und der so genannten therapeutischen Aufklärung (präoperative Aufklärung und Aufklärung zum postoperativen Verhalten) rät der Bundesverband u. a.:

Die relevanten Aspekte zur Nachsorge nach Narkose und Operation müssen dem Patienten und seiner Begleitperson schriftlich und mündlich mitgeteilt werden.

Eine Kontaktadresse für Notfälle (Person und Telefonnummer) ist dem Patienten mitzugeben.

Eine geeignete Schmerztherapie mindestens für den ersten Tag nach der Operation sollte dem Patienten vorgeschlagen werden.

Grundsätzlich sind dem Patienten Ratschläge für eine dauerhafte Medikamentengabe zu erteilen.

Der Patient ist vor und nach der Operation sowohl mündlich als auch schriftlich davor zu warnen, innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Eingriff einen Wagen zu fahren, Abschlüsse jeglicher Art vorzunehmen, Alkohol zu trinken bzw. Beruhigungsmittel zu nehmen.

Wird das gebotene Risikomanagement vernachlässigt, besteht erhöhte Gefahr, dass es zum Schaden kommt. Wo die Stolperfallen liegen und wie diese aussehen können, verdeutlichen die folgenden Fälle aus der Schadenpraxis des Ecclesia Versicherungsdienstes sowie unsere anschließenden Erläuterungen.

Fall 1

Ein an beiden Beinen amputierter und daher auf den Rollstuhl angewiesener Patient unterzieht sich einer Augenlaser-Operation. Dafür werden seine Pupillen mittels Augentropfen erweitert. Nach Beendigung des Eingriffs wird der Patient gebeten, auf die Unfallhilfe zu warten, die ihn in Kürze abholen werde. Während der Wartezeit bleibt der Patient, der nach vorangegangener Tropfengabe noch nicht gut sehen kann, unbeaufsichtigt.

Wegen der beeinträchtigten Sehkraft verwechselt der Patient die Wege und fällt im Rollstuhl sitzend eine Treppe hinunter. Dabei zieht er sich einen Schädelbasisbruch und multiple weitere Knochenfrakturen zu.

Die Behandelnden müssen an den Patienten und den Sozialversicherungsträger rund 30.000 Euro Schadenersatz zahlen.

Fall 2

Eine Patientin, die nach einem Krankenhausaufenthalt bereits seit zwei Wochen wieder zu Hause ist, wird mit schweren Koliken, starker Übelkeit und Schwindelgefühl in die Notaufnahme eines Krankenhauses gebracht. Dort verabreicht man ihr ein Medikament, das der Übelkeit entgegenwirkt, aber auch bewusstseinstrübend wirkt, und schiebt sie daraufhin im Rollstuhl in den Röntgenraum. Die Röntgenassistentin bittet die Patientin, den Oberkörper freizumachen, und verlässt dann den Raum, um nebenan Daten in den Computer einzugeben.

Um sich zu entkleiden, erhebt sich die Patientin vom Rollstuhl. Dabei stößt sie mit dem Fuß an die nicht hochgestellte Fußraste und fällt hin. Bei dem Sturz erleidet die Patientin ein Hämatom am Kopf mit bleibender Narbe über der Augenbraue sowie eine periprothetische Fraktur.

Infolge des Zwischenfalls werden Entschädigungszahlungen über 42.000 Euro fällig.

Fall 3

Eine Neglectpatientin mit Halbseitenlähmung und starken Wahrnehmungsstörungen, die auf eine Vier-Punkt-Gehstütze angewiesen ist, wird gebeten, stehend zu warten, obwohl bekannt ist, dass sie verstärkt sturzgefährdet ist.

Die Pflegekraft entfernt sich, um aus einem anderen Zimmer einen Rollstuhl zu holen. Die Patientin stürzt und erleidet eine operativ zu versorgende Schenkelhalsfraktur.

Die Behandelnden müssen Entschädigungszahlungen von rund 30.000 Euro zahlen.

Fall 4

Eine Patientin begibt sich mit starken Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel in die Notfallambulanz eines Krankenhauses. Sie wird dort auf eine Rettungsliege gelegt. Zu ihrem Schutz werden die Bettgitter hochgeklappt.

Weil die linke Seite aufgrund eines bekannten, aber nicht behobenen Defekts nicht richtig eingerastet ist, klappt das Bettgitter herunter und die Patientin stürzt von der Liege auf den Boden. Dabei zieht sie sich Hirnblutungen zu, die zu bleibenden cerebralen Schäden führen.

Die zu leistende Entschädigungszahlung beläuft sich auf rund 230.000 Euro.

Fall 5

Ein Patient hat sich den Daumen mit einer Handkreissäge abgetrennt und kommt – samt Amputat – in die Notfallambulanz. Dort entschließt man sich, den Patienten zur Wiederherstellung seiner Hand in ein Replantationszentrum zu verbringen.

Zur Beförderung wird der abgetrennte Daumen in eine Kompresse gewickelt und in ein -18° C kaltes Kühlpaket gelegt, das man zuvor einem herkömmlichen Gefrierfach entnommen hat. Eine halbe Stunde später ist das Amputat erfroren und nicht mehr replantationsfähig.

Der Patient erhält eine Entschädigungszahlung über rund 30.000 Euro.

Fall 6

Wegen einer Sprunggelenksverletzung soll ein Patient eine intraartikuläre Cortison-Injektion verabreicht bekommen. Weil kein Personal anwesend ist, streift sich der Arzt ohne Hilfe sterile Handschuhe über. Danach zieht er die Spritze auf und verunreinigt dabei die vormals sterilen Handschuhe.

In der Folge erleidet der Patient eine Infektion, die nachweislich kausal zur Arthrodese des Sprunggelenks führt.

Entschädigungsleistungen von rund 30.000 Euro werden an den Geschädigten gezahlt.

Fall 7

Ein Patient erhält eine paraartikuläre Cortison-Injektion in die Schulter. Dabei wird sowohl auf sterile Handschuhe als auch auf die Verwendung eines Lochtuchs verzichtet.

Dieses Versäumnis ist die Ursache für eine Infektion, in deren Folgen die Schulter des Patienten stark bewegungseingeschränkt bleibt.

Als Entschädigung erfolgen Zahlungen von rund 80.000 Euro.

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Die beschriebenen Fälle zeigen anschaulich, welche Faktoren/Ursachen dazu beitragen können, dass sich bei der Behandlung eines Patienten Risiken verwirklichen, die zum Schaden und damit womöglich zu Haftpflichtansprüchen gegen die Behandelnden führen.

Wie in Beispiel 1 und 2 beschrieben, sind häufig Kommunikations- und Organisationsmängel, vor allem an den Schnittstellen, verantwortlich für fehlerhaftes Verhalten des medizinischen Personals – mit unter Umständen schwerwiegenden Folgen für den Patienten. Aber auch Kompetenzmängel wie bei Fall 3 oder das Nichtbeachten von Hygienevorschriften, wie in den Fällen 6 und 7 dargestellt, bergen Risiken für den Patienten.

Ebenfalls stark risikobehaftet in der ambulanten Versorgung ist das Medikationsmanagement. Um eine sichere Arzneimitteltherapie zu gewährleisten, ist besonderes Augenmerk auf Anamnese, Informationsweitergabe und Aufklärung zu richten, denn hier liegen die Hauptursachen für Fehler. Neben einer mangelhaften Anamnese kann es sich für den Patienten fatal auswirken, wenn notwendige Informationen zur Medikation falsch oder gar nicht vermittelt werden, etwa ob der Patient Medikamente vor der Diagnostik oder Therapie absetzen muss (z. B. orale Antikoagulanzien) oder ob die Medikation im Anschluss an die Behandlung zu ändern ist usw.

Der Arzt ist dem Patienten gegenüber verpflichtet, eine therapeutische Aufklärung über mögliche schwerwiegende Nebenwirkungen des verordneten Medikaments vorzunehmen, die über die Hinweise in der Gebrauchsinformation des Pharmaherstellers hinausgeht (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.03.2005, VI ZR 200/03). Dabei müssen auch Besonderheiten Berücksichtigung finden, die im Rahmen der Einnahme des Medikaments zu beachten sind.

Die wichtigsten Risikoquellen auf einen Blick:

  • Organisations- und Kommunikationsmängel,
  • unklare Verantwortlichkeiten,
  • fehlende Kompetenz,
  • Hygienefehler,
  • fehlerhaftes Medikationsmanagement und
  • unzureichende Patientenaufklärung.

Zusammenfassung

Risikomanagement und, damit eng verbunden, die Patientensicherheit gewinnen auch in der ambulanten Behandlung zunehmend an Bedeutung – nicht nur, weil immer mehr Behandlungen ambulant erfolgen, sondern auch, weil diese Behandlungen immer komplexer und die Patienten immer anspruchsvoller werden. Patientensicherheit setzt ein stringentes Risikomanagement voraus, das bereits vor der geplanten Behandlung ansetzt.

Ein zielführendes Risikomanagement im ambulanten Bereich beginnt mit der Klärung der Frage, ob eine ambulante Behandlung für den jeweiligen Patienten bzw. für den geplanten Eingriff überhaupt infrage kommt. Wird dies mit Ja beantwortet, ist zu gewährleisten, dass alle relevanten präoperativen Befunde vorliegen. Es versteht sich von selbst, dass auch bei ambulanten Operationen der Facharztstandard gesichert sein muss. Zudem müssen die räumlichen, hygienischen und apparativen Voraussetzungen, die der Eingriff erfordert, gegeben sein.

Risikomanagement ist Chefsache. Für ein erfolgreiches Risikomanagement sind zunächst eindeutige Verantwortlichkeiten zu definieren und festzulegen. Bestehende Behandlungsprozesse sind hinsichtlich ihrer Risikopotenziale zu analysieren und entsprechend der gewonnenen Erkenntnisse anzupassen. Kommunikations- und Übergabeprobleme an den Schnittstellen beispielsweise lassen sich erst dann beseitigen, wenn man sie kennt und die möglichen Risiken herausgearbeitet hat.

Bei der Implementierung und Umsetzung eines Risikomanagements können die aktuellen Leitlinien der jeweiligen Fachgesellschaften als Unterstützung dienen. Mit festgelegten Behandlungspfaden beispielsweise – einer Methode des medizinischen Risikomanagements – lässt sich die Behandlungsqualität erhalten und sogar steigern. Regelmäßige Schulungen, z. B. zu den Themen Hygiene und Medizinproduktesicherheit, sind eine weitere wichtige Maßnahme des Risikomanagements.

Nicht zuletzt gehört natürlich auch das Einhalten gesetzlicher Vorschriften zum Risikomanagement. Das Patientenrechtegesetz etwa sieht u. a. ausdrücklich vor, dass Patienten über einen Eingriff aufzuklären sind und ihnen eine Kopie der schriftlichen Aufklärung auszuhändigen ist. Im ambulanten Bereich kommt der therapeutischen Aufklärung besondere Bedeutung zu, da der Patient sich vor und nach der Behandlung nicht im direkten Einwirkungsbereich des Arztes befindet. Vor allem im Hinblick auf etwaige Haftungsansprüche ist es wichtig, die Aufklärung gründlich zu dokumentieren, um im Zweifelsfall später nachweisen zu können, dass sie in ausreichendem Maße stattgefunden hat.

Große Bedeutung kommt – nicht nur bei ambulanten Behandlungen – der sicheren Patientenidentifikation zu. Eine Verwechslung kann für den Patienten fatale Folgen haben. Mit anderen Worten: Eine erfolgreiche medizinische Versorgung ist nur dann gewährleistet, wenn ein Patient die richtige, also die für ihn vorgesehene Behandlung erfährt. [2] Man beachte, dass es für eine sichere Patientenidentifikation nicht mit der Aufnahme des Patienten und dem Anlegen der Patientenakte getan ist.

Für jede diagnostische und therapeutische Maßnahme, ebenso wie für die Kennzeichnung von Proben, den Umgang mit Befunden oder das Ausstellen und Annehmen von Überweisungsscheinen müssen klare Verantwortlichkeiten definiert sein. Auch ist jeder einzelne Prozessschritt exakt festzulegen. Für eine sichere Patientenidentifikation, besonders bei ambulanten Operationen, sind Patientenidentifikationsarmbänder sehr empfehlenswert.

Eine gute Orientierung für Behandelnde bietet z. B. auch die von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) herausgegebene Handlungsempfehlung „Sichere Patientenidentifikation in der ambulanten ärztlichen Versorgung“, die auf der „Handlungsempfehlung zur sicheren Patientenidentifikation“ des Aktionsbündnisses Patientensicherheit (APS) aus dem Jahr 2008 basiert.

Von nicht minderer Relevanz in der ambulanten Versorgung ist die Medizinproduktesicherheit, die durch das Medizinproduktegesetz (MPG) und die Medizinprodukte-Bertreiberverordnung (MPBetreibV) sichergestellt werden soll. Die Regelungen, die z. B. Anwenderschulungen und sicherheitstechnische Gerätekontrollen vorsehen, dienen u. a. der Vermeidung von Anwendungsfehlern im Umgang mit medizinisch-technischen Geräten oder dem Erkennen von Gerätemängeln einschließlich den daraus entstehenden Gefahren für Patienten, Anwender und Dritte.

Literatur

[1] http://www.bmg.bund.de/glossarbegriffe/a/ambulante-versorgung.html

[2] http://www.kvwl.de/arzt/qsqm/patientensicherheit/handl_empf/handl_empf_patientenidentifikation.pdf

Stüldt-Borsetzky M. / Manig-Kurth N. Safety Clip: Risikomanagement in der ambulanten Behandlung. Passion Chirurgie. 2016 Februar; 6(02): Artikel 03_03.

Autoren des Artikels

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Miriam Stüldt-Borsetzky

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