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Jetzt steht fest, wie die Maßnahmen aus dem Terminservice- und Versorgungsgesetz extrabudgetär vergütet werden. KBV und GKV-Spitzenverband haben zudem weitere Details für die Terminvermittlung durch den Hausarzt, die offene Sprechstunde und die Behandlung neuer Patienten festgelegt.

Der Bewertungsausschuss hat beschlossen, dass die im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vorgesehene extrabudgetäre Vergütung jeweils für eine Arztgruppe und das Behandlungsquartal gilt. Dies betrifft die Terminvermittlung durch die Terminservicestellen (TSS) oder den Hausarzt ebenso wie die fünf offenen Sprechstunden und die Behandlung neuer Patienten. Hierbei werden stets alle Untersuchungen und Behandlungen, die Ärzte einer Arztgruppe für einen Patienten im Quartal durchführen (Arztgruppenfall), zu festen Preisen vergütet.

TSS-Terminvermittlung: GOP für Zuschläge

Bereits seit Inkrafttreten des TSVG am 11. Mai können Ärzte und Psychotherapeuten die Behandlung von Patienten extrabudgetär abrechnen, die über die TSS vermittelt werden („TSS-Terminfall“).

Ab September erhalten sie zusätzlich zeitgestaffelte Zuschläge auf die jeweilige Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale von 20, 30 und 50 Prozent. Einen 50-prozentigen Zuschlag gibt es außerdem für den sogenannten „TSS-Akutfall“ (Termin innerhalb von 24 Stunden nach Ersteinschätzungsverfahren über die 116117).

KBV und GKV-Spitzenverband haben nunmehr festgelegt, wie die Zuschläge abgerechnet werden. Es wird dazu für jede Arztgruppe neue Gebührenordnungspositionen (GOP) geben, die in die einzelnen EBM-Kapitel 3 bis 27 (ohne Kapitel 12 Labormedizin und 19 Pathologie) und in den EBM-Abschnitt 30.7 (Schmerztherapie) aufgenommen werden.

Hausarzt-Vermittlungsfall: Dringlichkeit definiert

Näheres haben KBV und GKV-Spitzenverband auch zur Vergütung für Hausärzte geregelt, die einen dringenden Facharzttermin vermitteln. Danach erhalten sie ab dem 1. September einen extrabudgetären Zuschlag in Höhe von zehn Euro auf die Versichertenpauschale (GOP 03000 und 04000).

Der Bewertungsausschuss hat hierzu die nötigen Definitionen getroffen: Ein Termin gilt als medizinisch dringend erforderlich, wenn er innerhalb von vier Kalendertagen liegt, nachdem der Hausarzt eine Behandlungsnotwendigkeit festgestellt hat. Geklärt wurde, dass Hausärzte den Zuschlag auch erhalten, wenn ein Patient den vermittelten Termin nicht wahrnimmt.

Weiterbehandelnde Fachärzte erhalten die entsprechenden Leistungen im Arztgruppenfall bereits seit Inkrafttreten des Gesetzes extrabudgetär und damit in voller Höhe vergütet.

Details für Behandlung neuer Patienten geregelt

Ab dem 1. September können Ärzte zudem die Behandlung neuer Patienten extrabudgetär abrechnen – auch hier gilt der Arztgruppenfall. Als „neue Patienten“ gelten Patienten, die erstmals oder erstmals nach zwei Jahren eine von maximal zwei Arztgruppen einer Praxis aufsuchen. Denn die extrabudgetäre Abrechenbarkeit von Neupatienten wird auf zwei Arztgruppen begrenzt.

Ausgenommen von dieser Regelung sind Anästhesisten, Humangenetiker, Labormediziner, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen, Nuklearmediziner, Pathologen und Radiologen. Eine weitere Ausnahme gilt für neu gegründete Praxen und im Falle von Gesellschafterwechsel: Sie erhalten Leistungen für neue Patienten erst nach zwei Jahren extrabudgetär vergütet.

Offene Sprechstunden: Fachgruppen und Vergütung

Augenärzte, Chirurgen, Gynäkologen, HNO-Ärzte, Hautärzte, Kinder- und Jugendpsychiater, Nervenärzte, Neurologen, Orthopäden, Psychiater und Urologen müssen danach ab 1. September mindestens fünf Stunden pro Woche als offene Sprechstunde ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten.

In der offenen Sprechstunde werden alle Leistungen im Arztgruppenfall extrabudgetär und damit in voller Höhe vergütet – für bis zu fünf offene Sprechstunden je Kalenderwoche, so gibt es das TSVG vor.

Dafür hat der Bewertungsausschuss eine pauschale Obergrenze eingeführt: Sie liegt bei 17,5 Prozent der Arztgruppenfälle einer Arztpraxis des Vorjahresquartals. Bis zu dieser Höhe werden die Arztgruppenfälle extrabudgetär vergütet. Weitere Details hierzu werden noch bis zum 31. August vereinbart.

Bereinigung der neuen Leistungen

Darüber hinaus hat der Bewertungsausschuss die Details für die Bereinigung der neuen Leistungen festgelegt, denn die extrabudgetäre Vergütung der Untersuchungen und Behandlungen (nicht der Zuschläge) geht mit einer gleichzeitigen Kürzung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) einher.

Die MGV wird einmalig um die extrabudgetären Fälle verringert, die in der Anfangszeit in einem definierten Zeitraum von jeweils vier Quartalen durchgeführt werden (zu den Preisen entsprechend der Auszahlungsquote).

Die Neuerungen im Überblick

TSS-Terminfall

Bereits seit Inkrafttreten des TSVG am 11. Mai können Ärzte und Psychotherapeuten die Behandlung von Patienten extrabudgetär abrechnen, die über die TSS vermittelt werden (Kennzeichnung: „TSS-Terminfall“).

Ab dem 1. September erhalten sie zusätzlich einen extrabudgetären Zuschlag auf die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale von bis zu 50 Prozent (zusätzlich zur extrabudgetären Vergütung der Behandlung im Arztgruppenfall).

Dafür nimmt der Bewertungsausschuss jeweils neue Gebührenordnungspositionen (GOP) in die arztgruppenspezifischen EBM-Kapitel 3 bis 27 (ohne Kapitel 12 Laborärzte und 19 Pathologen) und den EBM-Abschnitt 30.7 (Schmerztherapie) auf.

Die Höhe der Zuschläge ist nach der Länge der Wartezeit auf einen Termin gestaffelt:

  • 50 Prozent: Termin innerhalb von acht Tagen sowie in Akutfällen innerhalb von 24 Stunden nach medizinischem Ersteinschätzungsverfahren
  • 30 Prozent: Termin innerhalb von neun bis 14 Tagen
  • 20 Prozent: Termin innerhalb von 15 bis 35 Tagen

Für die Höhe des Zuschlags ist der Tag der Kontaktaufnahme des Versicherten bei der Terminservicestelle relevant – ab diesem Datum wird gezählt. Dazu werden die TSS den Praxen mit der Übermittlung der Terminbuchung künftig auch dieses Datum mitteilen. Der Arzt kann damit den entsprechend Zuschlag bestimmen und die jeweilige GOP abrechnen. Der Zuschlag ist einmal im Arztgruppenfall berechnungsfähig.

TSS-Akutfall

Patienten, die wegen akuter Beschwerden die 116117 wählen, werden spätestens ab dem nächsten Jahr mittels eines standardisierten medizinischen Ersteinschätzungsverfahrens in die richtige Versorgungebene vermittelt. Für besonders kurzfristige „TSS-Akutfälle“ – innerhalb von 24 Stunden – bekommt der behandelnde Arzt alle Leistungen im Arztgruppenfall extrabudgetär vergütet sowie einen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent auf die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale.

Dafür kennzeichnen Praxen den Abrechnungsschein als „TSS-Akutfall“ und rechnen für den 50-Prozent-Zuschlag jeweils die neue GOP ab, die der Bewertungsausschuss in die arztgruppenspezifischen EBM-Kapitel 3 bis 27 (ohne Kapitel 12 Laborärzte und 19 Pathologen) und den EBM-Abschnitt 30.7 (Schmerztherapie) aufnimmt. Der Zuschlag ist einmal im Arztgruppenfall berechnungsfähig, sofern der vermittelte Termin spätestens am Tag nach Kontaktaufnahme des Versicherten bei der TSS und der Einschätzung als TSS-Akutfall liegt.

Hausarzt-Vermittlungsfall

Haus- sowie Kinder- und Jugendärzte erhalten für die „erfolgreiche Vermittlung“ eines „dringenden“ Facharzttermins ab dem 1. September zehn Euro extrabudgetär. Sie rechnen dafür die neu einzuführende Ziffer ab und geben bei der Abrechnung die Betriebsstättennummer (BSNR) der Praxis an, an die der Patient vermittelt wurde.

Der Zuschlag ist mehrfach berechnungsfähig, wenn der Patient in demselben Quartal durch denselben Arzt zu unterschiedlichen Arztgruppen vermittelt wird. Er ist nicht berechnungsfähig, wenn der vermittelte Patient bei demselben Facharzt im laufenden Quartal bereits behandelt wurde.

Der Bewertungsausschuss hat Definitionen festgelegt für:

  • Dringlichkeit: Ein Termin gilt als dringend, wenn er innerhalb von vier Kalendertagen liegt, nachdem der Hausarzt eine Behandlungsnotwendigkeit festgestellt hat.
  • Erfolgreiche Vermittlung: Eine erfolgreiche Vermittlung meint die Terminvereinbarung. Konkret heißt das: Der Hausarzt erhält den Zuschlag unabhängig davon, ob der Patient den Termin auch tatsächlich wahrgenommen hat.
  • Betriebsstättennummer finden: Die BSNR der einzelnen Praxen finden Hausärzte in der Kollegensuche im Sicheren Netz – auch erreichbar über die Telematikinfrastruktur.

Offene Sprechstunden

Augenärzte, Chirurgen, Gynäkologen, HNO-Ärzte, Hautärzte, Kinder- und Jugendpsychiater, Nervenärzte, Neurologen, Orthopäden, Psychiater und Urologen müssen ab dem 1. September mindestens fünf Stunden pro Woche als offene Sprechstunde ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten (bei vollem Versorgungsauftrag, sonst anteilig).

Ärzte dieser Fachgruppen müssen die Zeiten ihrer offenen Sprechstunden veröffentlichen sowie ihrer KV mitteilen. Die KVen müssen auf ihren Internetseiten ebenfalls über das Angebot an offenen Sprechstunden der betreffenden Praxen informieren.

In der offenen Sprechstunde werden alle Leistungen im Arztgruppenfall extrabudgetär und damit in voller Höhe vergütet – für bis zu fünf offene Sprechstunden je Kalenderwoche. Dafür hat der Bewertungsausschuss eine Obergrenze eingeführt: Sie liegt bei 17,5 Prozent der Arztgruppenfälle einer Arztpraxis des Vorjahresquartals. Weitere Details hierzu werden noch bis zum 31. August vereinbart. Praxen kennzeichnen den Abrechnungsschein als „Offene Sprechstunde“.

Behandlung neuer Patienten

Sucht ein Patient ab dem 1. September erstmals oder erstmals nach zwei Jahren einen Arzt auf, werden alle Leistungen in dem jeweiligen Arztgruppenfall extrabudgetär und damit in voller Höhe vergütet, begrenzt auf zwei Arztgruppen. Dafür kennzeichnen Praxen den Abrechnungsschein „Neupatient“. Ausgenommen von dieser Regelung sind Anästhesisten, Humangenetiker, Labormediziner, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen, Nuklearmediziner, Pathologen und Radiologen.

Zu den genauen Abrechnungsmodalitäten wird es rechtzeitig zum Start gegebenenfalls noch weitere Vorgaben geben. Bislang hat der Bewertungsausschuss folgendes festgelegt:

Gibt es in der Praxis mehrere Arztgruppen, gilt der Patient bei maximal zwei verschiedenen Arztgruppen als neuer Patient. Das heißt: In einer Praxis können zwei Arztgruppen, wenn der Patient von diesen nicht innerhalb der letzten zwei Jahre behandelt wurde, eine extrabudgetäre Vergütung im Arztgruppenfall ansetzen. Ab der dritten behandelnden Arztgruppe ist keine extrabudgetäre Vergütung mehr möglich. Bei der Zählung ist auch die Behandlung in Selektivverträgen zu berücksichtigen, zum Beispiel nach Beendigung der Teilnahme am Selektivvertrag.

Auch für neu gegründete Praxen gibt es eine Ausnahme: innerhalb der ersten zwei Jahre nach Gründung oder einem Gesellschafterwechsel in einer Arztpraxis, gilt die extrabudgetäre Vergütung nicht.

Arztgruppenfall: Definition

Der Arztgruppenfall umfasst alle Leistungen, die bei einer der möglichen TSVG-Konstellationen von derselben Arztgruppe in derselben Arztpraxis innerhalb desselben Quartals bei einem Versicherten ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse durchgeführt wurden.

Erfolgt die Behandlung in der Arztpraxis durch mehrere Arztgruppen, werden grundsätzlich die Leistungen derjenigen Arztgruppe extrabudgetär vergütet, die den ersten Kontakt zum Versicherten hatte.

TSVG-Konstellationen sind:

    • Terminvermittlung durch die Terminservicestellen (TSS-Vermittlungsfall + TSS-Akutfall)
    • Terminvermittlung durch den Hausarzt beim Facharzt (HA-Vermittlungsfall)
    • offene Sprechstunde
    • Behandlung neuer Patienten
Video-Interview mit Dr. Andreas Gassen zur Einigung (Stand: 20.06.2019)
PraxisNachrichten: TSVG-Vergütung: KBV und Krankenkassen erzielen Einigung (Stand: 20.06.2019)
PraxisNachrichten: Terminservicegesetz tritt morgen in Kraft - KBV bietet Infomaterial mit Überblick über Neuerungen (Stand: 10.05.2019)

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, Praxisnachrichten, 27.06.2019

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