01.09.2014 Fachübergreifend
Die Druck-Aerosolchemotherapie (PIPAC): Weniger ist manchmal mehr
Vorwort
Am Anfang war die Idee: eine moderne Erfolgsgeschichte zur Behandlung des Bauchfellkrebses
Selten ist es in der jüngeren Geschichte der Chirurgie gelungen, ein neues innovatives Behandlungskonzept konsequent von der Idee über die technische Umsetzung und klinische Einführung sowie wissenschaftliche Evaluation zu einem neuen therapeutischen Behandlungskonzept voranzutreiben. Die Entwicklung der sog. PIPAC – einer neuen intraperitonealen Druck-Aerosolchemotherapie zur Behandlung des Bauchfellkrebses an der Ruhr-Universität Bochum, Marienhospital Herne, ist ein solches Beispiel. Einer ersten Idee über den Einfluss des Capnoperitoneums auf Tumorzellwachstum vor rund 15 Jahren folgten zahlreiche experimentelle Untersuchungen und die Entwicklung einer sogenannten Mikropumpe für die intraperitoneale Aerosolverneblung von Chemotherapeutika. Unterstützt von der Ruhr Universität Bochum erfolgte in einem interdisziplinären Team von Spezialisten die klinische Einführung der Behandlungsmethode und zeitgleich die kritische wissenschaftliche Evaluation nach den Kriterien der Good Clinical Practice.
Die Technologie ist CE-zugelassen und die erste prospektive Phase-2 Studie nach Arzneimittelgesetz beim rezidivierten, platin-resistenten Ovarialkarzinom (NCT01809379. http://www.clinicaltrials.gov) wurde gerade abgeschlossen. Auch unter vorsichtiger Bewertung der Studienergebnisse hat sich gezeigt, dass die niedrigdosierte PIPAC mit Doxorubicin und Cisplatin eine Regression der platin-resistenten Peritonealkarzinose induzieren kann und von den Patientinnen sehr gut vertragen wird. Die eigenen Studienergebnisse zur pharmakologischen Überlegenheit der PIPAC gegenüber der HIPEC wurden mittlerweile auch von renommierten unabhängigen Forschungsinstituten bestätigt. Inzwischen hat die PIPAC-Technologie über 650 Anwendungen am Patienten gefunden, im Jahr 2014 wurde sie schon mit zwei Innovationspreisen ausgezeichnet, und Universitätskliniken aus der ganzen Welt sind dabei, die PIPAC zu implementieren, zu erforschen und weiterzuentwickeln.
Die Erfolgsgeschichte der PIPAC möge gerade den jüngeren chirurgischen Nachwuchs motivieren, ihre eigenen innovativen Forschungsgedanken konsequent und auch hartnäckig gegen die teilweise in der Medizin vorherrschende Innovationsresistenz zu verfolgen und nachzugehen.
Der folgende Beitrag von Prof. Dr. med. M.A. Reymond, dem Erfinder der PIPAC, zusammen mit dem Gynäkologen Prof. Dr. med. C. Tempfer und dem Onkologen Prof. Dr. med. D. Strumberg, gibt eine erste Einführung in das PIPAC-Konzept. Eine detaillierte Beschreibung der wissenschaftlichen Ergebnisse findet sich in dem Buch „PIPAC: Cancer under pressure“, das gerade im De Gruyter Verlag erschienen ist.
Ich lade Sie herzlich zum ersten Internationalen PIPAC-Symposium mit Live-Eingriffen vom 6. bis 8. Oktober 2014 am Marienhospital Herne, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, ein.
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift;
allein die Dosis macht´s, dass ein Ding kein Gift sei.“ Paracelsus [1]
Peritonealkarzinose: schwere Krankheit, aber neue Hoffnungen
Die Peritonealkarzinose ist eine besonders aggressive Form der Tumormetastasierung, die sich synchron oder metachron mit dem Primärtumor entwickelt. Diese Krankheit ist mit einer sehr ungünstigen Prognose verbunden, die meisten Patienten sterben innert sechs Monaten nach der Diagnose. Es gibt kaum klinische Studien, die die spezifische Wirksamkeit einer systemischen Chemotherapie auf die Peritonealkarzinose untersucht haben. Trotz der Entwicklung moderner systemischen Chemotherapien hat sich die Prognose der Krankheit nicht wesentlich verbessert, mit einem Überlebensgewinn durch die Therapie in Wochen oder wenigen Monaten. Seit 50 Jahren wird versucht, die unbefriedigenden Ergebnisse der systemischen Chemotherapie durch die lokale Applikation von Chemotherapielösungen direkt in die Bauchhöhle zu verbessern. Jedoch ist die intraperitoneale Chemotherapie mit signifikanten pharmakologischen Limitationen behaftet: die schlechte Verteilung des therapeutischen Prinzips innerhalb des Abdomens und die (sehr) begrenzte Diffusion in das Tumorgewebe [2], die u. A. durch den erhöhten intratumoralen interstitiellen Flüssigkeitsdruck erklärt wird [3]. Um Patienten mit zentimerischen peritonealen Tumorknoten trotzdem behandeln zu können, haben Chirurgen seit bald 30 Jahren angefangen, die intraperitonale Chemotherapie mit einer subtotalen chirurgischen Zytoreduktion zu kombinieren [4]. Das Rationale für diese Therapie ist zweifellos gegeben und die zytoreduktive Chirurgie mit HIPEC ist in Einzelfällen sehr effektiv [5]. In einem Krebs im Stadium IV bleibt diese aggressive Therapie jedoch umstritten [6]. Sie kann nur ausgewählten Patienten mit gutem Allgemeinzustand und limitierter Peritonealkarzinose angeboten werden, weil dieser Eingriff mit signifikanten Komplikationen verbunden ist und bei den meisten Patienten keinen onkologischen Vorteil verspricht. Außerdem ist die verfügbare wissenschaftliche Evidenzbasis gering.
Die Druck-Aerosol-Chemotherapie (PIPAC): Vorteil aus physikalischen Gesetzen
Die Druck-Aerosolchemotherapie (Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy, PIPAC) ist eine innovative Methode der intraperitonealen Chemotherapie beim Bauchfellkrebs (Peritonealkarzinose), dessen Grundprinzip 2000 erstmals publiziert wurde [7] und deren ersten Anwendung am Menschen Ende 2011 am Evangelischen Krankenhaus Bielefeld durch Prof. Reymond erfolgte. Aufgrund der besseren Nutzung von physikalischen Eigenschaften (Druckanwendung, Gasform) ist die PIPAC in der Lage, Medikamente in Körperhöhlen des Menschen (wie z. B. im B auchraum oder im Brustkorb) besonders wirksam zu verabreichen. Während der PIPAC werden Medikamente (wie z. B. Cisplatin, Doxorubicin, Oxaliplatin, Paclitaxel) eingesetzt, deren Wirksamkeit auf eine bestimmte Tumorart schon anderweitig bewiesen wurde. Wir haben die vorzüglichen pharmakologischen Eigenschaften der PIPAC im Tiermodell [8] ex-vivo [9] und am Patienten [10] beweisen können. Die Überlegenheit der Gewebepenetration und der Apoptose-Induktion nach PIPAC vs. HIPEC wurde im Juni 2014 vom INSERM U965 (Prof. Marc Pocard) mit Oxaliplatin am Beispiel des kolorektalen Karzinoms unabhängig bestätigt. Durch die lokale Verabreichung direkt am Tumorort und die weitgehende Beherrschung der bisherigen pharmakologischen Limitationen der intraperitonealen Chemotherapie (schlechte Verteilung innerhalb der Körperhöhle, schlechte Diffusion ins Gewebe) kann die notwendige Dosis des toxischen Medikamenten um einen Faktor 10 reduziert werden, ohne an Tumorwirksamkeit einbüßen zu müssen. Damit wird die Dosisabhängige [11, 12] lokale Toxizität der intraperitonealen Chemotherapie kontrolliert, die Organtoxizität [13] und die systemischen Nebenwirkungen der Therapie deutlich reduziert.
PIPAC: technisch so einfach wie eine diagnostische Laparoskopie
Die PIPAC erfolgt analog zu einer diagnostischen Laparoskopie und findet im Operationssaal unter Vollnarkose statt (Abb. 1). Zuerst wird ein 12 mmHg CO2-Capnoperitoneum durch MiniLaparotomie oder mittels Veres-Nadel im linken Oberbauch hergestellt. Es werden zwei Ballon-Sicherheitstrokare (5 und 12 mm Durchmesser, Applied Medical, Düsseldorf, Deutschland) durch die Bauchwand eingefügt, bei Minilaparotomie ein 10-12 mm Hasson-Ballontrokar. Die Videodokumentation wird begonnen und der Peritoneakarzinose-Index (PCI nach Sugarbaker) bestimmt, basierend auf der Größe der Läsionen und ihrer Verteilung. Multiple Biopsien werden in allen vier Quadranten zur histologischen Sicherung entnommen. Bei Bedarf wird zusätzlich eine lokale parietale Peritonektomie vorgenommen. Die Aszitesmenge wird dokumentiert und die Flüssigkeit abgesaugt. Dann wird eine Mikropumpe (Reger Medizintechnik, Rottweil, Deutschland) in den Bauchraum eingeführt, und an einem Hochdruck-Kontrastmittelinjektor angeschlossen. Die Dichtigkeit des Abdomens wird dokumentiert (CO2-Fluss < 0,2 ml/min). Doxorubicin (1,5 mg/m2 Körperoberfläche in 50 ml 0,9% NaCl-Lösung) gefolgt von Cisplatin (7,5 mg/m2 KOF in 150 ml 0,9% NaCl-Lösung) werden über Mikropumpe und Injektor im Form eines Druck-Chemotherapieaerosols appliziert. Einspritzparameter werden bei einer Flussrate von 30 ml/min und einem maximalen Eingangsdruck von 200 psi eingestellt. Die Injektion wird ferngesteuert. Die Mikropumpe erzeugt ein polydisperses Aerosol mit einer Tröpfchengröße zwischen 6-11 µm. Diese geringe Größe gewährleistet, dass die dispergierten Tröpfchen für einen längeren Zeitraum im Gas verbleiben (über 30 Minuten). Das therapeutische Capnoperitoneum wird dann für 30 Minuten bei einer Temperatur von 37 ° Celsius gehalten. Dann wird das Chemotherapie-Aerosol über das sog. CAWS (Closed Aerosol Wasting System), d. h. über eine geschlossene Linie über zwei aufeinanderfolgende Mikropartikel-Filter in die Luftentsorgungssystems des Krankenhauses ausgeschieden. Schließlich werden die Trokare gezogen und die Laparoskopie beendet. Die Prozedur dauert insgesamt (Schnitt-Naht-Zeit) ca. 90 Minuten. Die Effektivität des 3-Hüllen Schutzsystem wurde von unabhängigen Institutionen in zwei Krankenhäusern geprüft und das Verfahren als sicher befunden [14, 15].
Abb. 1: Technisches Prinzip der „Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy” (PIPAC). Zuerst wird das 12 mmHg Capnoperitoneum installiert, in 2-Trokaren Technik. Dann wird die Mikropumpe eingeführt, und mit einem Hochdruckinjektor verbunden. In einem dritten Schritt wird die Chemotherapie aerosolisiert. Das dichte System wird für 30 Minuten im Steady State gehalten. Schlussendlich wird das toxische Aerosol über ein geschlossenes System entsorgt. Die Prozedur erfolgt unter Schutz eines laminären Airflows und wird ferngesteuert.
Der regulatorischer Rahmen für die PIPAC ist gegeben
Bei der PIPAC handelt es sich bei Einsatz von zugelassenen Arzneimitteln wie Doxorubicin, Cisplatin, Oxaliplatin oder Paclitaxel um einen off-Label-Use. Die off-Label-Anwendung von zugelassenen Fertigarzneimitteln obliegt der Verantwortung des behandelnden Arztes und bedarf einer ausführlichen Aufklärung des Patienten über die spezielle Situation des off-Label-Use. Die off-Label-Anwendung von zugelassenen Fertigarzneimitteln bedarf keiner Genehmigung durch die Bundesoberbehörde. Aus wissenschaftlicher Sicht ist von einer regelmäßigen Anwendung von Therapien ohne nachgewiesene Wirksamkeit außerhalb klinischer Prüfung jedoch abzuraten. In der Regel werden off-Label-Anwendungen von Zytostatika in der Onkologie im stationären Bereich von den Krankenkassen übernommen. Das ist auch der Fall für die PIPAC, die mit verfügbaren ICD und ICPM-Code wie 8-541.3 Instillation von immunomodulatorischen oder zytostatischen Substanzen in die Peritonealhöhle kodiert und abgerechnet werden kann.
PIPAC und HIPEC sind kein Konkurrenzverfahren
Im heutigen Kenntnisstand ist die PIPAC kein Konkurrenzverfahren zur HIPEC, sondern eine weitere Therapiemöglichkeit bei Bauchfellkrebspatienten [16]. Auch in unserem Haus wird CRS und HIPEC bei korrekter Indikation durchgeführt. Die PIPAC kann bei den meisten Peritonealkarzinosepatienten appliziert werden, ohne großes operatives Trauma, und auch bei vorbestehenden Organdysfunktionen (Niereninsuffizienz, Polyneuropathie, usw.). Möglicherweise könnte die PIPAC als „neoadjuvante“ Therapie vor CRS und HIPEC in Zukunft die erste Wahl sein, vor allem beim kolorektalen, aber auch beim Ovarialkarzinom. Im Gegensatz zur HIPEC kann die PIPAC in regelmäßigen Abständen wiederholt werden (am Anfang der Therapie alle sechs Wochen, dann alle drei Monate), mit dem Ziel, den Tumor in die Regression zu bringen oder so lange wie möglich stabil zu halten. Die PIPAC kann in ausgewählten Patienten mit einer intravenösen Chemotherapie kombiniert werden, da die beiden Verfahren sich in ihrem Wirkungsbereich kaum überschneiden, und weil die für die PIPAC notwendige Dosis niedrig ist.
Der Evidenzgrad für die PIPAC steigt langsam aber stetig
Die Effektivität und die Sicherheit der PIPAC wurde in retrospektiven Analysen am Beispiel des Ovarialkarzinoms [17], des Magenkarzinoms [18], des kolorektalen Karzinoms [19] und des peritonealen Mesothelioms [20] vorläufig belegt. Die erste prospektive klinische Studie bei Patientinnen mit Peritonealkarzinose eines rezidivierenden, platinresistenten Ovarialkarzinom in der dritten Liniensituation, also im fortgeschrittenen Tumorstadium, wurde im Februar 2013 eröffnet (www.clinicaltrials.gov NCT01809379). Im Rahmen dieser regulatorischen Phase-2-Studie wurden drei PIPAC-Zyklen mit Doxorubicin 1,5 mg/m2 Körperoberfläche kombiniert mit Cisplatin 7,5 mg/m2 im 6-wöchigen Intervall appliziert. Hypothese der Studie war, dass ein klinischer Vorteil (CBR) nach radiologischen Kriterien. bei 40 % der Patientinnen dokumentiert werden kann, was in dieser therapieresistenten Situation ein anspruchvolles Ziel bedeutete. Als sekundäre Erfolgskriterien wurde eine mögliche histologische Tumorregression mit wiederholten Biopsien der Peritonealknoten und eine lokale Peritonektomie untersucht. Das Auftreten von Nebenwirkungen wurde dokumentiert und die Lebensqualität mit dem validierten QLQ-30 Fragebogen der EORTC untersucht. Die Studie konnte im April 2014 geschlossen werden (nach Rekrutierung von 69 Patientinnen) und die Ergebnisse wurden kürzlich beim AGO Kongress in Österreich vorgestellt. Die Hypothese wurde bestätigt, respektive übertroffen mit einer CBR von 68 % (per protocol). Die Nebenwirkungen hielten sich auf einem erfreulich niedrigen Niveau, 86 % der Patientinnen haben die Therapie gut vertragen, es kam zu keiner lebensbedrohlichen oder tödlichen Komplikation. Die histologische Regressionsrate lag bei 78 % (Abb. 2).
Da es sich bei dieser ersten Studie um eine einarmige Studie handelte, ist die Interpretation der Ergebnisse schwierig. Es ist zwar erlaubt zu behaupten, dass die PIPAC eine Regression einer platin-resistenten Peritonealkarzinose in einem signifikanten Anteil der Ovarialkarzinom-Patientinnen induzieren kann, was schon eine bedeutsame Feststellung ist. Auch konnte man feststellen, dass die PIPAC sicher ist, und wenig Nebenwirkungen hat. Eine Stabilisierung, respektive eine leichte Besserung der Lebensqualität unter PIPAC-Therapie wurde festgestellt, was den Patienten in dieser palliativen Situation zugutekommt. Zu einem möglichen verlängerten Überleben sagen diese ersten Daten nichts. Auch ist ein Vergleich mit der Wirkung der systemischen palliativen Chemotherapie im jetzigen Stadium nicht möglich. Dazu planen wir jetzt eine prospektive multizentrische randomisierte Studie, die im Jahr 2015 beginnen soll. Zuerst muss aber eine Dosisfindungsstudie durchgeführt werden, eine Bedingung die von der Bundesoberbehörde (BfArm) für die Genehmigung der randomisierten Studie gestellt wurde. Die erste Patientin in dieser Dosisfindungsstudie wird voraussichtlich im September 2014 eingeschlossen werden (EudraCT: 2014-001034-28).
Eine vierte Phase-2-AMG-Studie wurde im März 2014 am Marienhospital eröffnet. Sie untersucht die Effektivität und die Sicherheit der PIPAC bei der platinresistenten Peritonealkarzinose eines Magenkarzinoms, in der palliativen 2.-Linien-Situation (www.clinicaltrials.gov, NCT01854255). Sie ist ähnlich zur oben beschriebenen Phase-2-Studie beim Ovarialkarzinom aufgebaut. Die Studie rekrutiert gut, und zusätzliche Studienzentren sollen bald eröffnet werden.
Wo steht die PIPAC heute?
Es ist im jetzigen Entwicklungsstand zu früh, um über die Vorteile und Nachteile der PIPAC abschließend zu beurteilen. Insgesamt haben wir in Herne 629 PIPAC (oder PITAC oder HIPEC) Eingriffe bei 231 Patienten durchgeführt, in 88 % der Fälle war die Applikation erfolgreich, in den restlichen Patienten konnte kein genügender Arbeitsraum geschaffen werden (primary or secondary non-access) (Abb. 3). Technisch haben wir bis zu acht PIPAC-Zyklen/Patienten verabreicht. Die retrospektive Analyse zeigt, dass die PIPAC mit einer niedrig-dosierten Kombination von Doxorubicin und Cisplatin sicher ist. Die Krankenhausmortalität der letzten 478 konsekutiven Eingriffe ist gleich null. Wir wissen auch, dass die PIPAC eine Regression der diffusen, platinresistenten Peritonealkarzinose induzieren kann, in Einzelfällen sogar eine komplette Regression. Wir wissen, dass die PIPAC in der Regel sehr gut vertragen wird, und dass diese Therapie von den Patienten einer Fortführung der systemischen Chemotherapie oft vorgezogen wird. Wir wissen noch nicht, wie oft und für wie lange die PIPAC eine Regression induzieren kann, bei welchen Tumorentitäten, mit welchen Medikamenten und in welcher Dosierung. Auch die Optimierung der physikalischen Parameter (Zeit, Druck, Temperatur) steht noch aus.
Wie jede Therapie hat die PIPAC Indikationen und Kontraindikationen, Erfolge und Misserfolge
Gerade aufgrund der vielversprechenden bisherigen Ergebnisse ist es eine besondere Verantwortung, diese Fragen so schnell wie möglich zu beantworten, um die Therapie der Peritonealkarzinosepatienten in der platinresistenten palliativen, aber später vielleicht auch in früheren Tumorstadien, wenn möglich zu verbessern. Die Gestaltung, Finanzierung und Durchführung der dazu erforderlichen Studien überfordert die Möglichkeiten unserer Universitätsklinik. Wir freuen uns sehr, dass weitere Universitätskliniken und Krebszentren aus Frankreich, Dänemark, Italien, Australien, Russland, Brasilien und aus der Schweiz mit einem klinischen PIPAC-Forschungsprogram angefangen haben. In Deutschland sind drei Kliniken der Maximalversorgung dabei, die ersten Patienten zu behandeln.
Symposium am Marien Hospital Herne, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
Vom 6. bis 8. Oktober 2014 findet am Marien Hospital in Herne das erste interdisziplinäre PIPAC-Symposium mit internationaler Beteiligung statt. In diesem Rahmen werden Live-Operationen übertragen werden. Ziel dieser Veranstaltung ist es, die „PIPAC“-Community zu taufen, ein Forschungsnetzwerk zu etablieren und mögliche klinische Studien gemeinsam zu besprechen
Literatur
[1] Die dritte Defension wegen des Schreibens der neuen Rezepte. Paracelsus. In: Septem Defensiones 1538. Werke Bd. 2, Darmstadt 1965, S. 510
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[20] Solaß W, Giger-Pabst U, Demtröder C, Strumberg D, Zieren J, Reymond MA Intraperitoneale Druck-Aerosolchemotherapie (PIPAC) mit Cispplatin und Doxorubicin als palliative Therapiie bei Patienten mit therapieresistentem Peritonealmesotheliom. 8. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie gemeinsam mit den Arbeitsgemeinschaften der DGAV 17. – 20. September 2014. Leipzig (Vortrag)
Autoren des Artikels
Prof. Dr. med. Marc A. Reymond
Universität BochumChirurgische KlinikHölkeskampring 4044625Herne kontaktierenProf. Dr. med. Clemens Tempfer
Direktor der FrauenklinikRuhr Universität BochumMarienhospital HerneHölkeskampring 4044625HerneProf. Dr. med. Dirk Strumberg
Direktor der Medizinischen Klinik III - Hämatologie/OnkologieMarien Hospital HerneUniversitätsklinikum der Ruhr-Universität BochumHölkeskampring 4044625HerneWeitere Artikel zum Thema
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