01.12.2024 Fachübergreifend
Register in der Medizin: Datengrab oder wichtige Versorgungsforschung?

In der Versorgungsforschung in Deutschland, aber auch international, wird zunehmend auf Register zurückgegriffen. Diese Datensammlungen in der klinischen Medizin blicken auf eine lange Historie zurück. Die epidemiologischen Krebsregister, als wesentlicher und bedeutsamer Beitrag, blicken zurück auf eine fast 100-jährige Geschichte. Nationale Register wie beispielsweise in den skandinavischen Ländern in der Endoprothetik haben einen wichtigen Beitrag in der Versorgungsforschung und zur Versorgungssicherheit geleistet.
Ziel eines Registers in der Versorgungsforschung ist nicht der Nachweis eines absoluten Therapieeffekts unter experimentellen Bedingungen, sondern dass diese für Optimierungen genutzt werden können, insbesondere wenn die Ergebnisse der Erhebung den Beteiligten zurückgemeldet und im Sinne eines kontinuierlichen Qualitätsmanagements eingesetzt werden. Wesentlicher Pfeiler in der Konzeption eines Registers ist die unabhängige Zertifizierung unter Einschluss des Peer Review Verfahrens. Laut Ärzteblatt handelte sich bei den Registern in der klinischen Medizin, die in 33 Fachgebieten eingerichtet worden sind, um einen ungehobenen Datenschatz (www.bit.ly/medRegDatenschatz).
Das Bundesgesundheitsministerium (www.bit.ly/RegDB-Websuche) ist auf diesen Sachverhalt aufmerksam geworden und hat eine Zusammenfassung der medizinischen Register in Auftrag gegeben. Erklärtes Ziel dieser vorbereitenden Arbeit einschließlich eines Rechtsgutachtens war die Schaffung einer Erleichterung der Eingabe in die Register unter dem zwischenzeitlich verabschiedeten Medizinforschungsgesetzes. Diese Hoffnung hat sich aus Sicht der klinischen Medizin jedoch nicht erfüllt.
Der immer noch erforderliche Nachweis der Zustimmung des Patienten ist im internationalen Vergleich nicht nachvollziehbar. Selbst EU-Länder wie Österreich haben eine sinnvolle Erleichterung im nationalen Datenschutzrecht umgesetzt. Die Einwilligung von Patienten zu bekommen, die bewusstlos den Schockraum erreichen, ist unmöglich und hat einen negativen Einfluss auf die Analyse der Rettungskette sowie der innerklinischen Reanimation. Hier gilt es dringend Abhilfe zu schaffen, die letzte Hoffnung ist jetzt noch das Registergesetz, welches über das Bundesministerium für Gesundheit in Vorbereitung ist.
Das TraumaRegister DGU konnte die vielschichtigen Ansätze zur Verbesserung der Unfallversorgung von der Rückkopplung an die Automobilhersteller über die schnellere Alarmierung der Rettungskette (bundesweit einheitliche Notrufnummer) bis hin zur verbesserten Ausstattung der Rettungswagen/Notarztfahrzeuge und die standardisierten Abläufe in den Kliniken eindrucksvoll als Erfolg belegen. Gerade bei Unfallverletzten handelt es sich oft um junge Menschen, der Verlust an Lebensjahren ist dementsprechend gravierend. Diese Dokumentation ermutigt uns, die zusätzlichen Belastungen, die die Erfassung macht zu rechtfertigen. Dem Dank der Autoren an alle Beteiligten kann sich die Fachgesellschaft und insbesondere der Generalsekretär nur ausdrücklich anschließen. Die gesamtgesellschaftliche Verantwortung wird hier in vorbildlicher Weise wahrgenommen, das Register stellt sich in den Dienst der Schwerverletzten und hilft Leben zu retten, Lebensjahre zu erhalten und die Lebensqualität nach schweren Unfällen im Blick zu behalten.
Abb. 1: Übersicht der Register in der Unfallchirurgie
Pennig D: Register in der Medizin: Datengrab oder wichtige Versorgungsforschung? Passion Chirurgie. 2024 Dezember; 14(12/IV): Artikel 03_03.
Autor des Artikels

Prof. Dr. med. Dietmar Pennig
(c) Bild InterkongressGeneralsekretärDeutsche Gesellschaft für UnfallchirurgieDeutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie Berlin kontaktierenWeitere aktuelle Artikel
01.02.2024 Fachübergreifend
Prähabilitation – ein Konzept des perioperativen Managements mit Potential
Ein wesentliches Ziel der onkologischen Chirurgie besteht darin, die postoperative Morbidität eingriffsspezifisch so weit als möglich zu reduzieren. Hiermit sollen nicht nur die unmittelbare Lebensqualität der Patienten, sondern auch das onkologische Outcome verbessert werden. Zum einen ist für multiple Tumorentitäten nachgewiesen, dass die Rate postoperativer Komplikationen das Überleben direkt negativ beeinflusst, zum anderen werden signifikant weniger adjuvante Therapien nach komplikativen postoperativen Verläufen durchgeführt.
01.02.2024 Fachübergreifend
Vor dem Eingriff ist nach dem Eingriff
Dieser Artikel erschien am 28. Mai 2023 im Wissensteil der Welt am Sonntag. Er galt unter den Einsendungen für den BDC-Journalistenpreis 2023 als einer der Favoriten. „Der bestrahlte Patient“, „Plastische Chirurgie“, „Robotik an der Wirbelsäule“ – die Programmpunkte des Deutschen Chirurgie-Kongresses, der 2023 in München tagte, klangen interessant, aber weitgehend erwartbar. Ein Thema jedoch stach sofort ins Auge: „Prähabilitation – sinnhaft oder Lifestyle?“.
01.02.2024 Fachübergreifend
Entlassmanagement – unverzichtbares Tool in der sektorenverbindenden Versorgung
Die Älteren unter uns werden es noch wissen: stand ein Patient zur Entlassung an, wurde ihm ein handschriftlicher Kurzbrief ausschließlich mit Diagnose, Therapie und Weiterbehandlungsempfehlung ausgehändigt. Sollte die Entlassung vor einem Wochenende erfolgen (was selten vorkam in Zeiten einer Vergütung mittels tagesgleicher Pflegesätze), erhielt er auch noch die bis zum ersten Werktag danach erforderlichen Medikamente aus der Krankenhausapotheke. Kosten waren egal, da die Pflegesatzverhandlungen mit den Kassen immer den tatsächlichen Bedarf berücksichtigten – ein Paradies verglichen mit der aktuellen Situation.
29.01.2024 Fachübergreifend
Vorgaben und Optimierung des Entlassmanagements: Was bedeutet das im Klinikalltag?
Der Begriff „Entlassmanagement“ ist im klinischen Alltag allgegenwärtig und doch wird er in den zahlreichen Krankenhäusern unseres Landes unterschiedlich verstanden und gelebt. Dabei stellt diese Phase der Versorgung für viele Patientinnen und Patienten eine besonders kritische dar, denn sie kann besonders großen Einfluss auf die zukünftige Lebensqualität und den Ausgang der Erkrankung haben.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.