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Anmerkungen zur Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 27.01.2022, Az. B 6 KA 2/21 R

Die Entscheidung

In dem Urteil geht es um ein als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) von zwei Ärzten geführtes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Die GbR beantragte die beiden Gesellschafter in dem von ihr betriebenen MVZ als Ärzte anzustellen. Beide Gesellschafter waren zugleich Geschäftsführer und jeweils zur Hälfte am Vermögen und am Gewinn der Klägerin beteiligt.

Nach Ablehnung durch den Zulassungs- und Berufungsausschuss gab das SG Marburg dem Genehmigungsantrag statt. Dass die beiden Vertragsärzte Gesellschafter der Klägerin mit jeweils hälftigem Anteil seien, schließe den Anspruch nicht aus. Die zu erteilende Genehmigung sei allein an vertragsärztlichen Gesichtspunkten zu messen. Zivil-, gesellschafts-, steuer-, arbeits- oder sozialversicherungsrechtliche Aspekte hinderten die Erteilung der Genehmigung nicht. Ärzte könnten bei einem MVZ angestellt sein, auch und gerade, wenn sie Gesellschafter der Träger-GbR seien. Weder die Größe ihres Gesellschafteranteils noch ihr Einfluss auf die MVZ-GbR und damit die arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Einordnung ihrer Beschäftigung als abhängig Beschäftigte oder als selbstständig Tätige erlaube es den Zulassungsgremien, die Genehmigung der Anstellung zu versagen.

Der Berufungsausschuss legte hiergegen Sprungrevision zum BSG ein. Dieses hob die SG-Entscheidung mit Urteil vom 27.01.22 auf. Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor. Aus dem Terminbericht lässt sich entnehmen, dass die Anstellungsgenehmigungen nach Meinung des BSG nicht erteilt werden dürften, weil die verzichtenden Ärzte als Geschäftsführer und Gesellschafter derart an der Gesellschaft beteiligt seien, dass sie über ihre Möglichkeiten der Einflussnahme die Geschicke der Gesellschaft lenken können. Dies stehe einer Angestelltenstellung entgegen. Hierfür sehe das Gesetz die Variante des Vertragsarzt-MVZ vor.

Stellungnahme

Die Entscheidung betrifft zunächst die konkrete Konstellation eines MVZ in der Rechtsform der GbR und mit lediglich zwei Ärzten. Klar ist jedoch auch, dass zukünftig bei vergleichbaren Anträgen auf Anstellungsgenehmigung regelhaft eine Berücksichtigung der gesellschafts- und sozialversicherungsrechtlichen Regeln zu erfolgen hat und nicht nur die vertragsarztrechtlichen Vorgaben maßgeblich sind. Es ist also im Einzelfall zu prüfen, in welcher Rechtsform das MVZ betrieben wird und wie die Rechte der einzelnen Arzt-Gesellschafter konkret ausgestaltet sind.

Denn das BSG orientiert sich in seiner Entscheidung offensichtlich primär an dem sozialversicherungsrechtlichen Begriff der abhängigen Beschäftigung. Dieses Thema ist seit langem relevant bei der Frage, ob Geschäftsführer Sozialversicherungsabgaben zahlen müssen, wenn sie zugleich Gesellschafter sind. Nach der einschlägigen Rechtsprechung hierzu können viele unterschiedliche Aspekte eine Rolle für die Beurteilung des Einzelfalls haben.

Hilfreich kann es z. B. sein, die Befugnisse der Gesellschafter-Ärzte in bestimmten Bereichen so zu beschränken, dass diese sie selbst betreffende Beschlüsse des MVZ nicht verhindern können. Dies wird allerdings in kleineren MVZ, wie das in der BSG-Entscheidung betroffene, kaum möglich sein. Viele Fragen bleiben aber auch offen, wie z. B.:

  • Welche Rolle spielt zukünftig die Vertragsarztvariante?
  • Gibt es eine wesentlich andere Beurteilung bei der GmbH?
  • Besteht Bestandsschutz für vorhandene MVZ mit dieser Konstellation.

Ob die schriftlichen Urteilsgründe etwas mehr Klarheit bringen werden, bleibt abzuwarten. In jedem Fall sollten aber Ärzte, die eine MVZ-Gründung planen, die genannten gesellschafts- und sozialversicherungsrechtlichen Aspekte ebenso wie das Vertragsarztrecht in ihre Beratung mit einbeziehen.

Butzmann O, Heberer J: Das Ende der gleichzeitigen Gesellschafterstellung und Anstellung im MVZ? Passion Chirurgie. 2022 August, 12(07/08), Artikel 04_09. 

Autoren des Artikels

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Dr. jur. Jörg Heberer

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Oliver Butzmann

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