Zurück zur Übersicht

GESUNDHEITSPOLITIK
Neue Mindestmengen des G-BA zur chirurgischen Behandlung von Brustkrebs und Lungenkrebs

Am 16. Dezember 2021 hat der Gemeinsame Bundeausschuss (G-BA) zwei neue Mindestmengen festgelegt: Für die Chirurgische Behandlung des Brustkrebses [1] muss ein Krankenhausstandort fortan 100 Leistungen pro Jahr erbringen, um die gelisteten Operationen auch künftig anbieten zu dürfen, 75 Leistungen pro Jahr sind für die thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkrebses bei Erwachsenen [2] festgelegt. Die neuen Mindestmengen gelten ab 2024, im ersten Jahr der Geltung übergangsweise noch mit einer niedrigeren Höhe (Brustchirurgie 50/Standort und Thoraxchirurgie 40/Standort) und in voller Höhe ab Beginn des Jahres 2025. Krankenhäuser, welche die betreffenden Leistungen ab 2024 weiterhin erbringen möchte, müssen jedoch bereits 2022 die Höhe der jeweils festgesetzten Mindestmenge anstreben. Durch die gesetzlichen Vorgaben des Prognose-Verfahrens entfaltet eine Mindestmengenfestlegung ihre Wirkung immer zwei Jahre vor dem Jahr ihrer in Bezug auf die Berechtigung zur Leistungserbringung festgelegten Gültigkeit. Der vorliegende Artikel weist auf diesen Umstand hin, legt Hintergründe des Prognoseverfahrens dar und ordnet die neuen Mindestmengen in das Konzept der Mindestmengenregelungen (Mm-R) ein.

Neue Mindestmengen müssen sofort ab Inkrafttreten angestrebt werden

Beide Beschlüsse sind zum 1. Januar 2022 in Kraft getreten und wurden mit einer 24-monatigen Übergangsfrist ausgestattet: die neuen Mindestmengen (MM) gelten ab dem Jahr 2024 – und auch dann für ein weiteres Jahr zunächst noch in geringerer Höhe. Die Geltung einer Mindestmenge bezieht sich jedoch auf den Zeitabschnitt der angestrebten Leistungsberechtigung. Da sich die prospektive Leistungsberechtigung auf eine Prognose gründet, welche im Vorfeld auf Basis von tatsächlich erbrachten Leistungsmengen aus einem noch früheren Zeitraum ergibt, wirkt sich die (auf die Leistungsberechtigung bezogene) Geltung bereits zwei Jahre zuvor auf die für die Prognose benötigten Fallzahlen aus [3]: Dies bedeutet, dass Standorte, welche eine Berechtigung zur Leistungserbringung im Jahr 2024 anstreben, die für die Prognose erforderlichen Leistungsmengen bereits im Jahr 2022 erbringen müssen. Für Brustchirurgie sollten im Kalenderjahr 2022 also bereits mindestens 50 zählbare Eingriffe durchgeführt werden (50 = geltende MM in 2024) und in 2023 mindestens 100 (geltenden MM in 2025), wenn sich für das jeweils übernächste Jahr aufgrund der erreichten Leistungsmenge eine positive Prognose ergeben soll. Für die Thoraxchirurgie sollten entsprechend in 2022 mindestens 40 und in 2023 mindestens 75 zählbare Eingriffe erbracht werden.

Warum ist das so? § 5 der Mm-R beschreibt das Verfahren, das sich am gesetzlichen Regelfall orientiert: der Träger eines Krankenhauses gibt für einen Standort im Jahr (X) gegenüber den Kassen eine Prognose darüber ab, ob der Standort im folgenden Kalenderjahr (X+1) die Mindestmenge erreichen wird. Die Prognose stützt sich dabei auf die erbrachte Leistungsmenge des vorausgegangenen Kalenderjahres (X-1). Der Prozess der regulären Prognose erstreckt sich über einen Zeitraum von drei Kalenderjahren (Abb. 1).

Abb. 1: Die relevanten Kalenderjahre der Mindestmengenregelung. Die Begriffe und das vom Gesetzgeber vorgesehene Prognoseverfahren (KHSG) wurden durch den G-BA mit dem Änderungsbeschluss vom 17.11.2017 in die Mm-R eingeführt. Mit freundlicher Genehmigung, © H. Schuster, Berlin, alle Rechte vorbehalten.

Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr (Kalenderjahr X-1) die maßgebliche Mindestmenge erreicht hat. Maßgeblich für die Leistungserbringung im Kalenderjahr X-1 ist die Mindestmenge, die in jenem Kalenderjahr (X+1) gilt, für welches die Leistungsberechtigung erworben werden soll (Abb. 2).

Abb. 2: Prognose-Darlegung auf Basis des Regelbeispiels gemäß § 136b Abs. 5 Satz 4 SGB V seit dem Beschluss über Änderungen der Mm-R vom 17.11.2017 (BAnz AT 28.12.2017 B5). Im vorausgegangenen Kalenderjahr muss eine Leistungszahl nach dem Maßstab der im nächsten Kalenderjahr geltenden Mindestmenge erreicht worden sein. Mit freundlicher Genehmigung,
© H. Schuster, Berlin, alle Rechte vorbehalten.

Die in 2022 erbrachten Operationen werden gemäß dieser Regelung bei der Prognose im Jahr 2023 für eine Leistungsberechtigung im Jahr 2024 herangezogen (Abb. 3).

Abb. 3: Darlegung der Prognose (P) im Kalenderjahr 2023 für das Kalenderjahr 2024 unter Berücksichtigung der erbrachten Leistungsmengen (Zahl A, Zahl B). Will ein Leistungserbringer eine positive Prognose für das Kalenderjahr 2024 mit einer im Kalenderjahr 2022 erreichten Leistungsmenge darlegen (Zahl A), muss er im Kalenderjahr 2022 mengenmäßig ein Leistungsniveau nach Maßgabe der in 2024 geltende Mindestmenge erreicht haben. Eine 24-monatige Übergangszeit stellt sicher, dass die Auswirkung der Festlegung einer ab 2024 geltenden neuen Mindestmenge nur den Erfassungszeitraum ab Inkrafttreten (1.1.2022) erfasst. Mit freundlicher Genehmigung, © H. Schuster, Berlin, alle Rechte vorbehalten.

Krankenhäuser, die sich ab dem Jahr 2024 und darüber hinaus weiterhin an der Leistungserbringung von Operationen der beiden neuen Mindestmengen Brustkrebs-Chirurgie bzw. Thoraxchirurgie bei Lungenkrebs beteiligen wollen, sollten also bereits im Jahr 2022 die für die Prognose benötigten Fallzahlen der neuen Mindestmengen, wie oben dargestellt, erreichen.

Darlegung der Prognose

§ 5 der Mm-R regelt, wie die Prognose darzulegen ist.

Neben den zuvor genannten Leistungszahlen können im Rahmen einer Prognose-Darlegung auch weitere Kriterien berücksichtigt werden. Wurde die festgelegte Höhe der Mindestmenge noch nicht erreicht, können sich in der Gesamtschau der dargelegten Informationen trotzdem eine positive Prognose und mithin eine Berechtigung zur weiteren Leistungserbringung ergeben. So kann der Krankenhausträger beispielsweise mittels Nachweis von Umbaumaßnahmen oder für die konkrete Leistung wesentlichen Personalveränderungen darlegen, dass die Prognose voraussichtlich trotzdem gut ist, obwohl die festgelegte Leistungsmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nicht erreicht wurde. Im Unterschied zu den Fallzahlen, die bei Darlegung der Prognose immer historisch sind, zielen weitere Begründungen bzw. Kriterien in die Zukunft, um zu belegen, dass im folgenden Kalenderjahr die Mindestmenge voraussichtlich erreicht werden wird.

Es gibt also mehrere Möglichkeiten, eine Leistungsberechtigung für das folgende Kalenderjahr (erstmalig für 2024) auf Basis der Mm-R zu erlangen: Im einfachsten Fall wurde die maßgebliche Leistungsmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr (erstmals 2022) erreicht oder überschritten. Dies entspräche dem vom Gesetzgeber definierten Regelfall, in dem nach § 136b Absatz 5 Satz 4 SGB V auch für das folgende Kalenderjahr von einer „berechtigten mengenmäßigen Erwartung“, also von einer guten Prognose ausgegangen wird. Zahl A (Abb. 3) kann in diesem Fall für sich alleine stehen, sofern keine Sachverhalte vorliegen, die das Erreichen der Mindestmenge im Folgejahr offensichtlich in Frage stellen.

Wurde die Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr (Zahl A) noch nicht erreicht, jedoch mit Zahl B (um zwei Quartale versetzter, 12-monatiger Erfassungszeitraum; Abb. 3), so ist zusätzlich mit weiteren Kriterien (zum Beispiel Struktur, Personal o.a.) darzulegen, warum die Prognose voraussichtlich gut sei. Zahl B allein hat nicht die gleiche „Kompetenz“, eine gute Prognose zu begründen wie Zahl A; das hat der G-BA mit seinem Beschluss vom 17. Juni 2022 [4] klargestellt.

Erstmalige Erbringung von Leistungen aus den neuen Mindestmengen

Das bisher dargestellte Prognose-Verfahren nach § 5 Mm-R betrifft – in Anlehnung an das Regelverfahren – Krankenhausstandorte, an denen die betreffenden Leistungen bereits vor Einführung der zwei neuen Mindestmengen erbracht wurden.

Für Krankenhausstandorte, die ab dem 1. Januar 2022 erstmalig Leistungen aus Nummer 9 bzw. Nummer 10 der Anlage der Mm-R erbringen, findet die Übergangsregelung (2022 und 2023: keine Mindestmenge; gestaffelte Höhen der Mindestmengen ab 2024) auf die Bestimmungen in § 6 Mm-R entsprechende Anwendung. Die Vorgaben des § 6 Absatz 2 bis 5 Mm-R müssen erfüllt sein. Der Krankenhausträger hat vorab den Beginn der Leistungserbringung den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 6 Absatz 2 Mm-R mitzuteilen. Dies gilt auch in den Jahren 2022 und 2023, in denen keine Mindestmenge festgelegt ist. Da eine Leistungsaufnahme von den Krankenhäusern unterjährig zu jedem beliebigen Zeitpunkt erfolgen könnte, unterscheidet sich das Verfahren für „Einsteiger“ (§ 6 Mm-R) wesentlich von dem regulären, an den Kalenderjahresrhythmus gebundenen Prognose-Verfahren (§ 5 Mm-R). Die Bestimmungen den § 6 sind sowohl in den Tragenden Gründen (TrGr) zum Änderungsbeschluss vom 16. Dezember 2021 [5] als auch in den jeweiligen Tragenden Gründen zu den konkreten Mindestmengen (Brustkrebs-Chirurgie: in den TrGr ab Seite 36 [6] und Thoraxchirurgie: in den TrGr ab Seite 43 [7]) ausführlich erklärt.

Zur Einordnung der neuen Mindestmengen Mamma-Chirurgie und Thoraxchirurgie

Die bisher vom G-BA festgelegten Mindestmengen bewegten sich im niedrigen zweistelligen Bereich. So wurden 2020 die bestehenden Mindestmengen für Lebertransplantationen (20/Jahr/Standort), für Nierentransplantationen (25/Jahr/Standort), Komplexe Eingriffe am Ösophagus (26/Jahr/Standort) und für die Versorgung von Frühgeborenen mit einem Aufnahmegewicht von unter 1.250 Gramm (25/Jahr/Standort) überarbeitet. 2021 wurde auch die Mindestmenge für Komplexe Eingriffe am Pankreas von zehn auf 20/Jahr/Standort angehoben.

In absoluten Zahlen heben sich die beiden neuen Mindestmengen von 100 Operationen/Jahr/Standort für die Mamma-Chirurgie bei Brustkrebs und von 75 Operationen/Jahr/Standort für die Thoraxchirurgie bei Lungenkrebs davon scheinbar deutlich ab. In der Relation zu Gesamtzahl der jeweiligen Eingriffe ist der G-BA jedoch konservativ geblieben und hat erneut die Höhe jeweils im unteren Bereich der geeigneten Schwellenwerte, die sich aus der Literatur ergeben haben, festgelegt. Neben der Relation zur Gesamtzahl der Eingriffe weisen auch andere, in die Beratungen einbezogene Kriterien auf eine moderate Festlegung hin.

In Deutschland wurden im Jahr 2019 von den unter Nummer 9 der Anlage genannten chirurgischen Behandlungen des Brustkrebses insgesamt 155.578 OPS-Kodes bzw. 92.391 Operationen bzw. 90.920 Behandlungsfälle an 732 Krankenhausstandorten durchgeführt. Im Durchschnitt wurden 126 Brustkrebs-Operationen pro Krankenhausstandort durchgeführt. Es gibt allerdings etwa 180 Krankenhausstandorte, die Leistungsmengen von unter zehn Brustkrebs-Operationen in 2019 durchführten, eine große Anzahl davon führten sogar nur ein bis zwei Operationen durch. Die Datenlage ergibt sich aus einer vom G-BA beauftragten Datenanalyse zur Folgenabschätzung des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) für den hier gegenständlichen Leistungsbereich (als Anlage der TrGr einsehbar [6]).

Im Bereich der thoraxchirurgischen Behandlungen des Lungenkarzinoms wurden 2019 insgesamt 14.184 OPS-Kodes, 13.765 operative Eingriffe und 13.628 Behandlungsfälle an 328 Krankenhausstandorten verschlüsselt bzw. durchgeführt. Im Durchschnitt wurden 42 Lungenkrebs-Operationen pro Krankenhausstandort durchgeführt; der Median liegt bei 20 (Datenanalyse des IQTIG in den Anlagen der TrGr [7]).

Im selben Jahr 2019 wurden in Deutschland hingegen insgesamt 2.132 Nierentransplantationen durchgeführt, darunter 1.612 nach einer postmortalen Organspende und 520 nach Lebendspenden [8]. Einer Mindestmenge von 25/Standort für Nierentransplantationen stehen im Bereich Brustkrebs-Chirurgie eine Mindestmenge von 100/Standort gegenüber – und einem ca. 43-fachen Leistungsvolumen von 92.391 Operationen. Ähnlich ist die Relation zu den anderen Mindestmengenleistungen. Zum Beispiel wurden 2018 insgesamt 3.697 komplexe Eingriffen am Organsystem Ösophagus wurden erbracht. Im Durchschnitt wurden etwa 11 Fälle pro Krankenhausstandort behandelt (der Median lag bei 7) (Bericht des IQTIG am 15. Dezember 2020 zur Analyse aus dem Datenerhebungsjahr 2018; Anlage der TrGr [9]).

Der Vergleich der absoluten Leistungszahlen gibt nur einen begrenzten Eindruck. Der G-BA berücksichtigt bei seinen Festlegungen auch, dass das Leistungsgeschehen bzw. die Versorgungsstrukturen bei jeder einzelnen Leistung unterschiedlich ausgebildet sind. So sind Leistungen mit niedrigerem Gesamtvolumen auch auf eine geringere Zahl von Standorten verteilt. Gemäß BSG-Rechtsprechung (z. B.: Urteil vom 18.12.2012 B 1 KR 34/12 R: RN 37) unterscheidet der der G-BA in seiner Feststellung zur Eignung einer Leistung für eine Mindestmenge zwischen „absoluter“ und „relativer“ Seltenheit. „Relative Seltenheit“ liegt auch bei (absolut) häufigen Eingriffen wie der Brustkrebs-Chirurgie vor, wenn die Leistungen an sehr vielen Standorten angeboten werden, von denen eine hohe Zahl der Standorte im Bereich der Gelegenheitsversorgung aktiv ist.

Die Festlegung der Höhe der Mindestmenge leitet der G-BA im Wesentlichen auf Basis zweier Informationsquellen ab: zum einen von Hinweisen aus der Literatur auf geeignete Schwellenwerte und zum anderen von einer Abschätzung der Folgen dieser Festlegung. Zur Identifizierung solcher Hinweise auf geeignete Schwellenwerte in der Fachliteratur beauftragt der G-BA regelhaft das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Mit dem Rapid Report des IQWIG V18-05 vom 13.01.2020 (Anlage zu den TrGr [6]) wurden auf Basis der Literatur verschiedene gleichermaßen geeignete Schwellen bis zu einer Höhe von150[10], 265[11] bzw. von 299[12] für die Brust-Chirurgie bei Mamma-CA identifiziert. Für die thoraxchirurgische Behandlung bei Lungenkrebs konnten auf Basis der Literatur (Rapid Report des IQWIG V18-03 vom 8.10.2019, einsehbar als Anlage zu den TrGr [7]) geeignete Schwellen bis zu Höhen von 150[13], 272[14] oder 287[15] Operationen identifiziert werden, bei denen der G-BA die Höhe der Mindestmenge ebenfalls hätte festlegen können.

Den Hinweisen aus der Literatur stellt der G-BA regelhaft eine Folgenabschätzung gegenüber, deren zentraler Bestandteil – neben anderen Informationen – eine Datenanalyse des IQTIG ist. Bei jeder beratenen Mindestmenge wird jeweils mit der Datenanalyse eine Umverteilung von Patienten simuliert. Mehrere hypothetische Höhen von potentiellen Mindestmengen werden modellhaft simuliert. Standorte deren reale Fallzahlen eine in der Simulation getestete Mindestmenge nicht erreicht hätten, werden im Modell „geschlossen“ und deren Patienten PLZ-basiert an das nächstgelegene Krankenhaus umverteilt, dass diese Leistungen ebenfalls erbrachte und mit seiner Fallzahl die getestete Mindestmengenhöhe noch erreicht hätte. Unter Berücksichtigung der methodischen Grobkörnigkeit des Modells lässt sich zumindest ein ungefährer Eindruck erhalten, welche potentiellen Folgen bei einer bestimmten Mindestmenge eintreten könnten, denn zumindest die Gesamtzahl der mit dieser Leistung bundesweit versorgten Patienten und die tatsächliche Fallzahl der Standorte, die im Modell ausgeschlossen wurden, basieren auf tatsächlichen Daten und nicht auf Annahmen. Im Ergebnis lassen sich anhand unterschiedlicher getesteter Höhen einer Mindestmenge unterschiedlich starke Folgen für die Versorgung mittels Kartendarstellungen visualisieren.

Bei der Mindestmenge Nieren-TX konnte das IQTIG 2020 in der Datenanalyse feststellen, dass im Jahr 2018 insgesamt 39 Kliniken Leistungen aus diesem Bereich erbrachten; in der Simulation der letztendlich festgelegten Höhe der Mindestmenge von 25 wären im Modell vier Standorte aus der Leistungserbringung ausgeschieden. 35 Standorte stünden – gemäß der modellhaften Abschätzung – weiterhin für die Leistungserbringung zur Verfügung.

Im Vergleich dazu wurden bei der deutlich häufigeren und weiter verteilten Leistungserbringung der Mamma-Chirurgie bei Brustkrebs im Jahr 2019 insgesamt 732 Standorte identifiziert, die Leistungen aus diesem Bereich erbrachten. Bei der letztendlich festgelegten Höhe der Mindestmenge von 100 wären im Modell 377 Standorte aus der Leistungsberechtigung ausgeschieden; demnach stünden – gemäß der modellhaften Abschätzung – weiterhin 355 Standorte für die Leistungserbringung zur Verfügung (Datenanalyse des IQTIG als Anlage zu den TrGr [6] einsehbar). Gestützt auf die Einschätzung von Fachexperten hat der G-BA das verbleibende dichte Netz der Versorgung für Brustkrebspatientinnen in dem Sinne als ausreichend und qualitativ hochwertig eingeschätzt, als aus den resultierenden Wegstreckenverlängerungen keine relevanten Transport- oder andere gesundheitliche Risiken erwachsen, die den Zugewinn an Behandlungssicherheit durch die Mindestmenge wieder aufwiegen würden.

Analog verhält es sich mit der Mindestmenge Thoraxchirurgie bei Lungenkrebs: im Jahr 2019 haben 328 Standorte Leistungen aus dem betreffenden Bereich erbracht. Bei der letztendlich festgelegten Höhe der Mindestmenge von 75 hatte das Modell den Ausschluss von 237 Standorten vorhergesagt. Gemäß der modellhaften Abschätzung stünden weiterhin 91 Standorte für die Leistungserbringung zur Verfügung (Datenanalyse des IQTIG als Anlage zu den TrGr [7] einsehbar).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass – gemessen am bundesweiten Leistungsvolumen und an der Zahl der (gemäß modellhafter Abschätzungen) voraussichtlich verbleibenden Standorte – der G-BA auch mit den beiden hier besprochenen, neuen Mindestmengen Festlegungen getroffen hat, die sich in ihrer Verhältnismäßigkeit in die Reihe der bisherigen Mindestmengenfestlegungen einordnen. Eine qualitativ hochwertige Versorgung bleibt bundesweit für beide Leistungen sichergestellt. Durch den aus der Literatur abgeleiteten günstigen Einfluss der Leistungskonzentrierung auf relevante Endpunkte wie zum Beispiel die Letalität wird sich die Patientensicherheit voraussichtlich erhöhen. Die Auswirkungen der beiden neuen Mindestmengen wird der G-BA gemäß § 136 b Absatz 3 Satz 4 SGB V – wie bei allen anderen MM-Beschlüssen auch – durch Begleitevaluationen überprüfen.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].

Dr. med. Horst Schuster

Abteilung Medizin/Referat Qualitätssicherung

GKV-Spitzenverband

Reinhardtstraße 28

10117 Berlin

[email protected]

Gesundheitspolitik

Schuster H: Neue Mindestmengen des G-BA zur chirurgischen Behandlung von Brustkrebs und Lungenkrebs. Passion Chirurgie. 2022 September; 12(09): Artikel 05_02.

Diesen Artikel finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Politik.

Weitere Artikel zum Thema

PASSION CHIRURGIE

Passion Chirurgie: Unfallchirurgie & Orthopädie

„Unfallchirurgie & Orthopädie“ stehen im Fokus der aktuellen Ausgabe, passend

Passion Chirurgie

Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!

Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.