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Etablierte Indikationen zur Antirefluxchirurgie sind persistierende Regurgitationen trotz adäquater medikamentöser Therapie, Restsymptome unter säuresuppressiver Therapie bei nachgewiesenem Reflux und die Ablehnung einer lebenslangen Medikation trotz guter Wirksamkeit. Außer für die letztgenannten Patienten ist somit eine reduzierte Lebensqualität trotz medikamentöser Therapie der Refluxkrankheit die Indikation zur operativen Therapie. Typische Einschränkungen der Lebensqualität betreffen u. a. den Zeitpunkt und die Auswahl der Mahlzeiten am Abend, die Schlafposition oder regelmäßige Regurgitationen beim Bücken. Besonders schwer zu therapieren ist auch refluxbedingter Husten. Wenn für diese Patienten der Reflux als Ursache der Symptome nachgewiesen wurde [6], kann durch eine Fundoplikatio die Lebensqualität nachhaltig verbessert werden. Dies wird in der Regel von den Patientensubjektiv so empfunden und besonders daran deutlich, dass operierte Patienten, bei denen die Wirkung der Fundoplikatio nachlässt, gerne bereit sind, sich erneut einer Antirefluxoperation zu unterziehen. Diese Verbesserung der Lebensqualität wurde objektiv in vielen Nachuntersuchungen dokumentiert.

Hier sollen anhand von eigenen Daten [3] und Literaturdaten [27] die Langzeiteffekte der Antirefluxoperation in Bezug auf die gastrointestinalen Symptome und die Lebensqualität dargestellt werden. Aufgrund der größeren Patientenzahlen und zur Vergleichbarkeit werden ausschließlich Ergebnisse nach Nissen-Fundoplikatio gezeigt. In der im letzten Jahr erschienenen Metaanalyse zum Vergleich der laparoskopischen Fundoplikatio Nissen versus Toupet [1] wurden wichtige Aspekte zur OP-Methode deutlich, auf die in der Diskussion eingegangen werden wird.

Methodik

Von 1992 bis 1997 wurden in der Universitätsklinik in Würzburg 120 Patienten laparoskopisch operiert. Das Patientenkollektiv umfasste 41 Frauen und 79 Männer im Alter von 49 ± 14 Jahren. Alle Patienten erhielten vor der Operation eine Gastroskopie, eine Ösophagusmanometrie und eine 24-Stunden-Ösophagus- und Magen-pH-Metrie. Im Einzelfall erfolgten eine Ösophagusbreischluckuntersuchung und Magenentleerungsuntersuchungen. Die Anamnese wurde mit dem standardisierten Fragebogen und dem gastrointestinalen Lebensqualitätsindex (GIQLI) dokumentiert. Alle Daten wurden prospektiv erfasst.

Gemäß dem damalig angewendeten “tailored concept” bei manometrisch guter Schluckfunktion erhielten 88 Patienten eine Nissen-Fundoplikatio, bei Motilitätsstörungen wurden 22 vordere Hemi- und 10 Toupet-Fundoplikationes angelegt. Bei jeder Antirefluxoperation wurde der distale Ösophagus im unteren Mediastinum soweit mobilisiert, dass er locker im Abdomen zu liegen kam. Außer bei der vorderen Teilmanschette wurde prinzipiell der Fundus vollständig ab Unterrand der Milz mobilisiert. Das phrenoösophageale Ligament wurde durchtrennt, so dass die Zwerchfellschenkel auch dorsal des Ösophagus in ganzer Länge identifiziert werden konnten. Jeder Patient erhielt eine dorsale Hiatoplastik. Eine Vollmanschette wurde grundsätzlich über einem 18 mm Bougie angelegt und mit einer U-Naht unter Verwendung von resorbierbaren Pledgets am distalen Ösophagus fixiert. Zusätzlich erfolgten ein bis zwei Einzelknopfnähte (s. Video). Bei der Fundoplikatio nach Toupet erfolgte die Fixierung der Manschette an den Zwerchfellschenkeln beidseits und rechts und links des Vagus mit jeweils drei Einzelknopfnähten.

Die Nachuntersuchung im Jahr 2007, d. h. zehn oder mehr Jahre nach der Operation umfasste krankheitsspezifische Fragen und den gastrointestinalen Lebensqualitätsindex (GIQLI) nach Eypasch. Neben einer subjektiven Beurteilung des Operationserfolges und Fragen nach aktueller säuresuppressiver Medikation wurden gastrointestinale Symptome erfasst, die prinzipiell in drei Schweregrade eingeteilt wurden und auch präoperativ von jedem Patienten prospektiv dokumentiert worden waren.

Ergebnisse

Nachuntersucht konnten 99 von 114 Patienten (87 Prozent) werden. Zwischenzeitlich waren 6 Patienten verstorben. 3 Patienten (3 Prozent) waren in der Zwischenzeit reoperiert worden, 2 nach Voll- und einer nach anteriorer Fundoplikatio.

Präoperativ litten 89 Prozent der Patienten an Sodbrennen, 60 Prozent an Regurgitationen, 19 Prozent an Dysphagie, 60 Prozent an epigastrischen Schmerzen, 51 Prozent an Völlegefühl und 40 Prozent an Blähungen. Eine Übersicht über die Häufigkeit noch vorhandener gastrointestinaler Symptome gibt Tabelle 1. Sodbrennen trotz Antirefluxoperation beklagten knapp 30 Prozent der Patienten, davon 13 Prozent mindestens wöchentlich. Über mindestens wöchentliche Regurgitationen klagten nur 5 Prozent und über mindestens wöchentliche Dysphagie nur 7 Prozent. Häufigste postoperative Symptome waren epigastrische Schmerzen und Blähungen. Wöchentliche oder tägliche Blähungen fielen mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von 50 Prozent auf und wurden häufiger nach Nissen Fundoplikatio beklagt. Die anderen Symptome traten unabhängig vom operativen Vorgehen gleich häufig auf.

Tabelle 1: Häufigkeit gastrointestinaler Symptome nach Fundoplikatio (in Prozent): 10-Jahres-Ergebnisse eigener Patienten

Symptom Nie Selten Wöchentlich Täglich
Sodbrennen 70,4 16,3 6,1 7,1
Regurgitation 79,4 15,5 2,1 3,1
Dysphagie 69,5 23,2 3,2 4,2
Epigastrische Schmerzen 53,6 34,0 8,3 4,1
Völlegefühl 39,6 36,5 12,5 11,5
Blähungen 19,6 29,9 16,5 34,0

Die präoperative Lebensqualität gemessen mit dem GIQLI war mit 93,8 ± 10,3 Punkten deutlich reduziert. Die Lebensqualität zehn und mehr Jahre nach laparoskopischer Antirefluxoperation wird in Tabelle 2 für die Patienten nach Nissen Fundoplikatio den Literaturdaten gegenübergestellt. Im Vergleich zu Normalwerten bestand für die gezeigten 10-Jahres-Daten eine nicht signifikante Reduktion der Werte in allen Dimensionen. Die 5-Jahres-Daten aus Zell am See [7] sind identisch mit Normalwerten.

Tabelle 2: Lebensqualität (GIQLI) nach Nissen-Fundoplikatio: 5- und 10-Jahres-Ergebnisse

Dimension Eigene Pat. [3] 10 Jahre N = 73 Kamolz [7] 5 Jahre N = 89 Dallemagne [2] 10 Jahre N = 49
Symptome 58,2 ± 12,5 60,9 ± 5,3 62
Emotionen 15,4 ± 4,5 17,4 ± 1,9 16
Physisch 19,3 ± 6,1 24,6 ± 1,7 22
Sozial 13,4 ± 3,6 14,2 ± 0,7 14
Behandlung 3,4 ± 1,0 3,8
Gesamt 109,8 ± 24,4 120,9 ± 8,5 115,5 ± 20,8

Diskussion

Ein wichtiges Ergebnis bezüglich der Lebensqualität bei der Refluxkrankheit ist die sehr niedrige präoperative Lebensqualität. Diese von allen Autoren reproduzierten Werte zeigen, dass für die Patienten mit Refluxkrankheit, die sich zur OP vorstellen, die Lebensqualität sehr deutlich reduziert ist. Selbstverständlich sind alle diese Patienten säuresuppressiv therapiert worden. Diese sehr niedrigen Werte resultieren sicherlich zum Teil aus der Tatsache, dass die reduzierte Lebensqualität eines der wichtigsten Kriterien für die OP-Indikation darstellt. Andererseits ist es im Hinblick auf die gängige Behandlungspraxis bemerkenswert, dass einige Patienten trotz konsequenter medikamentöser Therapie in ihrer Lebensqualität erheblich eingeschränkt sind. Wünschenswert wäre diesbezüglich eine Querschnittsuntersuchung der Lebensqualität aller Patienten mit Refluxkrankheit.

Dass fünf oder zehn Jahre nach Fundoplikatio eine weitgehend normale Lebensqualität erreicht wird, ist umso erstaunlicher. Immerhin geben die Patienten oft Restsymptome an. Nur 20 Prozent der Patienten hatten keine Blähungen und 34 Prozent klagten sogar über tägliche Blähungen. Allerdings scheint dies die Patienten in Bezug auf die Lebensqualität wenig zu beeinträchtigen. Ähnliches gilt für das Sodbrennen, das in unserem Kollektiv dazu führt, dass 14 Prozent der Patienten nach Nissen-Fundoplikatio erneut PPI-Präperate einnehmen. Möglicherweise ist das Refluxausmaß geringer und daher besser zu kontrollieren. Die tatsächliche Refluxrezidivrate ist sehr wahrscheinlich niedriger als die Häufigkeit der Medikamenteneinnahme vermuten lassen. Aus Nachuntersuchungen mit der pH-Metrie ist bekannt, dass weniger als 50 Prozent der Patienten, die wieder Sodbrennen verspüren bzw. wieder säuresuppressive Medikamente einnehmen, tatsächlich einen pathologischen Reflux aufweisen. Auch die Furcht vor der postoperativen Dysphagie nach Nissen-Fundoplikatio ist bei geeigneter Technik nicht gerechtfertigt. Die Dysphagierate war in allen Studien niedrig. Die Auswertung von einzelnen Patienten mit extrem niedriger Lebensqualität zeigte, dass retrospektiv eine Antirefluxoperation für diese Patienten wohl nicht die geeignete Therapie war. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer konsequenten präoperativen Evaluation vor Indikationsstellung zur Fundoplikatio.

Zur Frage der Operationstechnik bei der laparoskopischen Fundoplikatio ist im letzten Jahr eine Metaanalyse zum Vergleich Nissen versus Toupet erschienen. Sie basiert auf sieben randomisierten Studien und umfasst 404 Patienten nach Nissen-Fundoplikatio und 388 Patienten nach Toupet-Fundoplikatio. Die Schlussfolgerungen dieser Metaanalyse waren, dass bei der Toupet-Fundoplikatio weniger Dysphagie auftritt und weniger Dilatationen wegen Dysphagie notwendig sind. Nach Toupet-Fundoplikatio wird in diesen Studien auch eine niedrigere Reoperationsrate und weniger Blähungen bei ähnlicher Refluxkontrolle beobachtet. Allerdings wurde die Refluxkontrolle nur in einer der sieben Studien für einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren ausgewertet. In der Diskussion dieser Metaanalyse wird aufgrund vergleichbarer 10-Jahres-Ergebnisse einer randomisierten Studie nach offenen Operationen (Nissen versus Toupet) [5] dies nicht als Nachteil gewertet. Die Langzeitergebnisse nicht randomisierter Studien beschreiben jedoch eine bessere Refluxkontrolle nach Nissen-Fundoplikationes [4].

Insgesamt ist festzustellen, dass bei jedem OP-Verfahren die Wirkung der Fundoplikatio allmählich nachlässt. Dies erklärt, warum die Technik, die initial den größten Effekt hat, auch langfristig besser wirken kann. Sicherlich gilt, dass die Anlage einer Nissen-Fundoplikatio in einer geeigneten Technik erfolgen muss, um möglichst wenig Nebeneffekte zu bewirken. Bei geringer Erfahrung mit der Nissen-Fundoplikatio ist die Anlage einer Toupet-Fundoplikatio vorzuziehen. Eine unspezifische Ösophagusmotilitätsstörung muss bei der Auswahl des operativen Vorgehens nicht berücksichtigt werden.

Fazit

Die Daten zur präoperativen Lebensqualität und die erzielten Ergebnisse belegen, dass eine Verbesserung der Lebensqualität das wichtigste Kriterium für die Indikation zur Fundoplikatio darstellt. Da die Operation in erster Linie den Reflux verhindert, kann ein gutes Ergebnis jedoch nur dann erwartet werden, wenn der Reflux als Ursache der Symptome identifiziert worden ist. Bezüglich des operativen Vorgehens ist belegt, dass eine Fundoplikatio nach Toupet einige Vorteile bieten kann. Aufgrund der sehr guten Refluxkontrolle hat die Fundoplikatio nach Nissen jedoch in Zentren immer noch ihre Berechtigung, wenn sie mit einer niedrigen Dysphagierate realisiert werden kann.

Literatur via [email protected]

Fein M. Lebensqualität nach Fundoplikatio. Passion Chirurgie. 2011 Feb; 1 (2): Artikel 02_01.

Autor des Artikels

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Prof. Dr. Dr. Martin Fein

ChefarztAllgemein-, Viszeral- und GefäßchirurgieFranziskus HospitalKiskerstr. 2633615Bielefeld kontaktieren

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