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Die Proktologie war bis vor einigen Jahre ein von den meisten Chirurgen eher stiefmütterlich behandelter Zweig der Chirurgie und fristete eher ein Schattendasein; ob dies an empfindlichen Nasen oder vermeintlich interessanteren Gebieten der großen Chirurgie gelegen hat, sei dahingestellt. In anderen Ländern, deren Spezialisierung teilweise weiter fortgeschritten ist, gibt es die Koloproktologie schon seit langem als Spezialgebiet innerhalb der Chirurgie. In jüngster Zeit jedoch hat sich die Proktologie auch in Deutschland, nicht zuletzt gefördert von spezialisierten Zentren und Persönlichkeiten, die sich ausschließlich diesem Gebiet verschrieben haben, zunehmend als nun „ernsthafter“ Zweig etabliert, auch wenn die Koloproktologie bisher keine Gebietsbezeichnung darstellt. Immerhin wurde für die Proktologie zwischenzeitlich eine Zusatzbezeichnung der Ärztekammern etabliert, und es ist ein immer größeres Interesse seitens der chirurgischen Kollegen gegenüber dieser „Spezialität“ zu erkennen.

Somit war es an der Zeit, ein Schwerpunktseminar Proktologie aufzulegen und am 15. und 16. Juli 2012 wurde zum ersten Mal aus dem Fortbildungsangebot „Viszeralchirurgie kompakt“ des BDC dieses Schwerpunktseminar im Dorint-Hotel in Mannheim unter Regie des Deutschen End- und Dickdarm-Zentrums Mannheim (EDZ) veranstaltet.

Nach der Begrüßung der 60 Teilnehmer aus ganz Deutschland durch Prof. Dr. Schröder als Leiter der BDC|Akademie und einem kurzen virtuellen Rundgang durch die Stadt Mannheim (Quadratestadt, Wasserturm, Eishockey, Fußball, Benz, Drais usw.) wurde die Vortragsreihe von Prof. Dr. A. Herold, PD Dr. D. Bussen und Dr. A. K. Joos aus dem EDZ Mannheim begonnen.

Die Grundlagen der Anatomie und Physiologie im Anorektum bildeten den Anfang, danach wurden allgemeine diagnostische Maßnahmen erläutert.

Der folgende erste Themenblock behandelte das Hämorrhoidalleiden mit einer Vertiefung der hierfür notwendigen, diagnostischen Maßnahmen und nachfolgend einer Vorstellung der konventionellen OP-Techniken, der Stapler-Hämorrhoidopexie sowie neuer, noch nicht etablierter Verfahren. Am Ende des Blocks wurden viele Kasuistiken mit Bildern und Schilderungen vorgestellt.

Der zweite Themenblock nach dem Mittagessen behandelte den Analabszess und die Analfisteln. Neben Abszess-Therapie, Fadendrainage und Fistelspaltung wurden die plastischen Fistelverschluss-Verfahren demonstriert und diskutiert.

Als vorläufiges Ende des Programms wurde eine Führung durch die EDZ-Praxis angeboten, die auf großes Interesse stieß und bei der sich fast alle Teilnehmer einfanden. Hier wurden die auf drei Etagen vorhandenen Räumlichkeiten und diagnostisch-therapeutischen Möglichkeiten der Praxis demonstriert, ebenso wie das verfügbare Instrumentarium und seine Anwendung. Auch die organisatorischen Abläufe innerhalb der Praxis interessierte die Teilnehmer sehr. Über die Anzahl von drei Toiletten pro Etage hat sich am Ende dann auch keiner mehr gewundert. Ein Highlight war das Abendessen im Mannheimer Restaurant „C-five“ (C 5), das in großzügiger Weise vom BDC gesponsort wurde. Das 4-Gänge-Menü wurde hoch gelobt und markierte einen gelungenen Abschluss dieses Tages.

Am folgenden Tag wurde das Thema Analfisteln durch Vorträge über neue Therapieverfahren und Reserve-Verfahren komplettiert. Im Anschluss folgte das Thema Analfissur und deren konservative und operative Therapiemöglichkeiten.

Nach der Kaffeepause war dann der letzte Themenblock Stuhlinkontinenz an der Reihe. Neben den Herausforderungen in Anamnese und den konservativen Therapiemöglichkeiten inklusive Sinn und Zweck der „Unterhose“ wurden die operativen Möglichkeiten einer Stuhlinkontinenz besprochen.

Am Ende der Veranstaltung bekundeten die Teilnehmer erneut ihre Zufriedenheit und die Vortragenden freuten sich über ein auch aus ihrer Sicht gelungenes Seminar. Offenbar kam das Konzept an, das Wissen und die Erfahrung ganz bewußt nicht als eine reine Abfolge von Vorträgen darzubieten, sondern Videos und/oder Bilderserien über die diversen OP-Techniken einfließen zu lassen und diese Techniken anhand dieser Medien zu erläutern. Dadurch fehlte zwar die OP-spezifische Aura (und auch der Geruch), jedoch konnte jeder Teilnehmer bequem und mit optimaler Sicht das Geschehen verfolgen. Die Diskussion im Anschluss an jeden Vortrag und auch in den Pausen war immer sehr angeregt und vermittelte das große Interesse der Teilnehmer.

Auch die Chirurgen des EDZ Mannheim waren mit dem Kurs sehr zufrieden und überlegen bereits, ein solches Seminar in 2013 unter Schirmherrschaft des BDC zu wiederholen.

Joos A. Konzeption: Seminar Proktologie. Passion Chirurgie. 2012 Juli/August; 2(07/08): Artikel 02_08_02.