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Voraussetzung zur Heilung kritisch kolonisierter sowie infizierter chronischer Wunden ist die antiseptische Behandlung. Deshalb ist bei jeder chronischen Wunde initial ein Screening auf MRSA durchzuführen Für den MRSA-Nachweis wird die gesamte Wundfläche ohne vorherige Reinigung mit leichtem Druck, von innen nach außen in Spiralform, aus dem Zentrum unter Einbeziehung des Randes, abgestrichen. Bei Verdacht auf systemische Ausbreitung der Infektion sollen eine Biopsie oder ein Abstrich vorgenommen werden. Nach Entfernung von Belägen und Spülen der Wunde mit steriler 0,89 prozentiger NaCl- oder Ringerlösung wird der Abstrich unter leichtem Druck aus ca. 1 cm2 vom klinisch infiziert erscheinenden Areal entnommen. Überschreitet die Infektion eindeutig oder fraglich das lokale Wundgebiet, kann das Ausmaß nur durch weiterführende bildgebende Diagnostik (Kontrastmittel-MRT) erfasst werden.

Bei Verdacht auf eine lokale Wundinfektion ist die antiseptische Behandlung indiziert. Eine Entscheidungshilfe ist der therapeutische Index für lokale Infektionen (TILI-Score). Danach ist die therapeutische Antiseptik in folgenden Situationen zu empfehlen [1]:

  • Chirurgische, septische Wunde
  • freier Eiter
  • Kolonisation mit MRSA (präoperativ)
  • Nachweis von P. aeruginosa und mind. zwei der folgenden Zeichen einer lokalen Infektion: rubor, calor, tumor, dolor, functio laesa oder
  • Vorhandensein der folgenden sechs klinischen Parameter: periläsionales Erythem; Überwärmung; Ödem, Verhärtung, Schwellung und/oder Nekrose; spontaner Schmerz oder Druckschmerz; Stagnation der Wundheilung; Anstieg und/oder Änderung der Farbe oder des Geruchs des Exsudats.

Mittel der Wahl für die Wundantiseptik sind Polihexanid basierte Wundantiseptika, z. B. am ersten Tag Serasept® 2 (0,04 % Polihexanid), nachfolgend Serasept® 1 (0,02 % Polihexanid). Polihexanid ist das lokal am besten verträgliche Antiseptikum [2] mit analoger Wirksamkeit wie Hypochlorit, Octenidin oder PVP-Iod [2], aber im Vergleich zu Hypochlorit remanent wirksam. Vor Beginn der antiseptischen Therapie ist die Wunde zu reinigen. Nicht belegte Wunden können ggf. vor der Applikation des Antiseptikums zur Reinigung kurz gespült werden. Hierfür sind physiologische Kochsalz- oder Ringerlösung gleichwertig. Alternativ kann eine antiseptische Wundspüllösung eingesetzt werden, z. B. auf Basis von Hypochlorit (z. B. Granudacyn®). Letzteres ist möglichweise mit dem Vorteil verbunden, dass durch bei der Phagozytose als natürliches Biozid entstehendes Hypochlorit die Wundheilung initial stimuliert wird, was für chronische Wunden wichtig ist. Beläge müssen entfernt werden. Zur Verbesserung der Reinigungsleistung mittels Spülen kann die Kombination eines Tensids mit Polihexanid (Prontosan®) verwendet werden. Das Tensid Betain verstärkt die Reinigungswirkung ohne Herabsetzung der Verträglichkeit [3, 4]. Bei starkem Wundbelag empfiehlt sich eine „Einweichzeit“ von 10 bis 15 min. Nekrosen sind instrumentell abzutragen.

Die Wundreinigung durch Wischen ist sowohl aus rechtlichen wie fachlichen Gründen (Freihalten der Extrazellularmembran von Fremdkörpern) unabhängig von der Einstufung „septisch“ oder „aseptisch“ von innen nach außen durchzuführen [5].

Die gereinigte und ggf. antiseptisch behandelte Wunde wird als Schutz vor Reinfektion, Austrocknung und mechanischer Verletzung, ggf. zur Blutstillung und zur Aufnahme von Sekret, steril abgedeckt. Hierfür ist eine der Wundheilungsphase (Reinigungs-, Granulations-, Epithelisierungsphase) angepasste Wundauflage auszuwählen. Bei infizierten Wunden bilden Wundauflage und Verband eine Barriere zwischen der Umgebung und der Erregerquelle.

Der Verbandwechsel wird in der Regel vom Pflegeteam durchgeführt. Die Zeitspanne wird vom behandelnden Arzt/der Ärztin festgelegt. Der Verbandwechsel ist mit zeitlichem Abstand zu Reinigungsarbeiten im Patientenzimmer oder im Pflege-Arbeitsraum durchzuführen. Während des Verbandwechsels sind Zugluft oder Luftverwirbelung zu vermeiden. Vor jedem Zusammenstellen der benötigten Materialien wird die Arbeitsfläche wischdesinfiziert, eine Händedesinfektion durchgeführt, die Sterilverpackung auf Ablaufdatum und Unversehrtheit überprüft und unmittelbar vor dem Einsatz geöffnet. Abhängig von der Art und Ausdehnung der Wunde kann Schutzkleidung (Mund-Nasen-Schutz, ggf. Schutzhandschuhe) erforderlich sein. Falls bei Patienten mit infizierter großflächiger Wunde eine Schutzschürze angelegt wird, ist diese nach dem Verbandwechsel und nach Kontamination mit erregerhaltigem Material zu wechseln. Ist die Wundauflage mit der Wundfläche „verbacken“, ist sie z. B. mit 0,89 prozentiger steriler NaCl-Lösung zu befeuchten. Die Wundauflage ist auf der Innenseite auf Durchfeuchtung, Blut und Eiterauflagerungen zu inspizieren und ohne Zwischenlagerung in einem separaten Abfallbehälter (möglichst mit Fußbedienung) zu entsorgen. Bei Verschlechterung der Wunde, z. B. Vergrößerung, starker/unangenehmer Geruch, stark nässend oder sehr trocken und bei Fieber ist ein Arzt/Ärztin zu konsultieren. Zur Wundreinigung sind ausschließlich sterile Materialien einzusetzen. Die neue Auflage wird entweder mit sterilem Instrumentarium in „non touch“ Technik oder mit sterilem Handschuh fixiert. Abschließend werden die Hände desinfiziert und der Verbandwechsel protokolliert. Täglich sind Merkmale einer Wundinfektion, z. B. Fieber, CRP und Leukozytose, bei Sepsisverdacht Procalcitonin zu kontrollieren und zu dokumentieren.

Literatur

[1]   Dissemond J, Gerber V, Lobmann R, Kramer A, Mastronicola D, Senneville E, Moisan C, Edwards-Jones V, Mahoney K, Junka A, Bartoszewicz M, Verdú-Soriano J, Strohal R. Therapeutic index for local infections score (TILI): a new diagnostic tool. J Wound Care 2020; 29 (12): 720-6.
[2]   Kramer A, Dissemond J, Kim S, Willy C, Mayer D, Papke R, Tuchmann F, Assadian O. Consensus on wound antisepsis: Update 2018. Skin Pharmacol Physiol 2018;31(1):28–58.
[3]   Müller G, Koburger T, Jethon F, Kramer A. Vergleich der bakterioziden Wirksamkeit und In-vitro-Zytotoxizität von Lavasept® und Prontosan®. GMS Krankenhaushyg Interdiszip 2007;2(2):Doc42.
[4]   López-Rojas R, Fernández-Cuenca F, Serrano-Rocha L, Pascual Á. In vitro activity of a polyhexanide-betaine solution against high-risk clones of multidrug-resistant nosocomial pathogens. Enferm Infecc Microbiol Clin 2017;35(1):12-9.
[5]   Schwarzkopf A. Wunde auswischen – aber wie? Wund Management 11 (2017): 304–5

Kramer A, Seifert J: Hygiene-Tipp: Versorgung chronischer Wunden. Passion Chirurgie. 2023 April; 13(04): Artikel 04_02.

Autoren des Artikels

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Prof. Dr. med. Axel kramer

Geschäftsführender DirektorUniversitätsmedizin GreifswaldInstituts für Hygiene und UmweltmedizinWalter-Rathenau-Straße 49 A17475Greifswald kontaktieren
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Prof. Dr. med. Julia Seifert

Präsidiumsmitglied im BDCStellv. Leiterin Deutsche Akademie für Fort- und Weiterbildung des BDCABS-Expertin und Hygienebeauftragte ÄrztinVorsitzende Interdisziplinäre Sektion Krankenhaus- und Praxishygiene der DGKHKlinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Unfallkrankenhaus Berlin kontaktieren

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