25.01.2021 Fragen&Antworten
F+A: Unterzeichnung des Arztbriefs

Frage:
Ein Oberarzt fragt an, ob ein Arztbrief, der von einem ärztlichen Mitarbeiter im Homeoffice, der nicht in die Behandlung involviert war, nach Diktat des behandelnden Arztes geschrieben wurde, von diesem zu unterzeichnen ist oder vom behandelnden Arzt.
Antwort:
Die Verpflichtung zur Erstellung des Arztbriefs trifft den behandelnden Arzt. Allerdings muss die Anfertigung aus Sicht des Verfassers nicht eigenhändig erfolgen, sondern kann vielmehr beispielsweise auf ärztliche Kollegen delegiert werden. Dennoch bleibt der behandelnde Arzt für die ordnungsgemäße Dokumentation, also den Inhalt des Arztbriefs, (haftungsrechtlich) verantwortlich. Auch die übergeordneten Ärzte, insbesondere der Chefarzt, können bei Dokumentationsfehlern aufgrund eines Organisationsverschuldens haften, sofern hieraus ein Schaden beim Patienten entsteht.
Ein solcher Arztbrief gilt in einem Zivilprozess, beispielsweise im Rahmen eines Schadensersatzprozesses wegen Behandlungsfehler, als Urkundenbeweis und damit grundsätzlich als starkes Beweismittel. Die Patientendokumentation gehört i.d.R. zu den Privaturkunden, die den vollen Beweis dafür begründen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben sind. Der Beweiswert einer solchen Urkunde ist jedoch an die strengen Voraussetzungen der Authentizität sowie der Integrität geknüpft. Authentizität bedeutet, dass die Urkunde ihren Aussteller erkennen lassen muss. Unter Integrität versteht man, dass die Urkunde im Nachhinein nicht mehr veränderbar sein darf.
Der Aussteller des Arztbriefes, also nach Meinung des Verfassers der behandelnde und unterzeichnende Arzt, ist damit verantwortlich für die in einem Arztbrief enthaltenen Angaben und Erklärungen, auch wenn er diesen nicht selbst getippt hat. Der im Homeoffice tätige Mitarbeiter würde mit seiner Unterschrift ebenfalls zum Aussteller und damit nach Ansicht des Verfassers auch haftbar für den Inhalt des Arztbriefes. Folglich ist die Frage, ob diese Haftungserweiterung von Seiten der Klinik gewünscht ist. Wenn dies der Fall ist, wäre dies juristisch nicht zu beanstanden. Ansonsten sollte der ärztliche Mitarbeiter, der in die Behandlung nicht involviert war, sondern lediglich den Brief aufgrund des Diktates des behandelnden Arztes geschrieben hat, diesen nicht unterzeichnen.
Heberer J. F+A: Unterzeichnung des Arztbriefs. 2021 Januar/Februar; 11(01/02): Artikel 04_09.
Autor des Artikels

Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.11.2023 Fragen&Antworten
F+A: Letztverantwortung des Operateurs
Ein Oberarzt fragt an, wer die Verantwortung für einen operativen Eingriff trägt, bei dem der Chefarzt zwar die Indikation zur Operation gestellt und die Weisung zu deren Durchführung erteilt hat, jedoch aus Sicht des die Operation durchführenden Oberarztes die Indikation nicht vorliegt, sondern vielmehr ein konservatives Vorgehen angezeigt ist.
01.11.2023 Fragen&Antworten
F+A: Genehmigung ambulanter Operationen
Ein niedergelassener Vertragsarzt fragt an, ob die Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung rechtens ist, dass er keine rückwirkende Genehmigung für die Erbringung ambulanter Operationen und damit keine Vergütung der in diesem genehmigungslosen Zeitraum erbrachten Leistungen erhält, obwohl er den Antrag auf Genehmigung zum ambulanten Operieren unverschuldet verspätet gestellt hat.
01.08.2023 Fragen&Antworten
F+A: Anwendung innovativer Behandlungsmethoden im Krankenhaus
Frage: Ein Chefarzt fragt an, unter welchen Voraussetzungen eine noch
01.08.2023 Fragen&Antworten
F+A: Streitverkündung im Rahmen eines Arzthaftpflichtprozesses
Frage: Ein Oberarzt fragt an, ob er einen eigenen Anwalt
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.