Bilanzen sind immer ein beliebtes Mittel, das Ende von „Schonzeiten“ einzuläuten. Im politischen Raum gelten die ersten 100 Tage als Eingewöhnungsphase, die in der Regel zunächst einer milden Beurteilung unterworfen wird. Das konnte allerdings für das Wortungetüm Wettbewerbstärkungsgesetz im Gesundheitssystem nicht gelten. Erstens sattelt das GKV-WSG nahtlos auf vorangegangene Gesetzgebungen auf und zweitens ist die grundsätzliche Diskussion um die Zukunft der Gesundheitsversorgung keineswegs beendet, weil sie im Vorfeld auch gar nicht ausreichend geführt wurde.
„Und wofür soll ich eigentlich so lange Haken und Klappe halten?“, fragt der Jung-Chirurg schließlich im Patenschaftsprogramm des BDC. Dem Paten gehen jetzt die Argumente aus, er zieht sich auf die einzigartige Faszination des Berufes und die besondere Stellung des Chirurgen im Klinikalltag zurück. Soll er wirklich von attraktiven Endpositionen berichten, die im deutschen Gesundheitssystem immer seltener werden? Ist die Selbständigkeit des Chirurgen in freier Niederlassung noch eine lohnende Perspektive oder nur ein unkalkulierbares Risiko? Warum haben Oberarzt- und Chefarztpositionen in der Klinikhierarchie ihren Glanz verloren?
Die Herausforderungen an die Medizin und insbesondere an die Chirurgie sind enorm, weshalb nur im engen Schulterschluss Lösungen gefunden werden können und die Bedeutung und die Stärke der chirurgischen Disziplinen nach außen vermittelt werden muss. Das Schwerpunktthema dieses Heftes ist
die „Qualität in der Chirurgie“ mit Berichten zu Zentrenbildung, Fehlermanagement und Qualitätssicherung.
Nach einer ersten Schreckstarre und zugegeben auch einer gewissen Erschöpfung nach den monatelangen, letztlich wenig erfolgreichen Versuchen, das Wettbewerbsstärkungsgesetz noch abzumildern, beginnt der politische Alltag wieder Fahrt aufzunehmen. Auch wenn es bisher nur wenig Erkenntnisse über unmittelbare Auswirkungen des GKV-WSG gibt, so rumort es hinter den Kulissen schon gewaltig im Bemühen, wenigstens in der Umsetzung der Paragraphen das Schlimmste zu verhindern. Außerdem sind noch zahlreiche Baustellen offen, die dringender Klärung bedürfen. Das Ganze ähnelt einem Albtraum vom offenen Bauch ohne versiertem Operateur in der Nähe.