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Sozialkassen – die Zwangsfinanzierung der Industrie

Umverteilung sorgt nicht nur für die Zwangsfinanzierung kostspieliger Märkte, die es vielleicht so nie gegeben hätte, sondern auch für Chancen- und Alternativlosigkeit. Unser Gesundheitswesen wird ebenso umverteilend gegen die Wand gefahren, wie viele europäische Staaten und mit ihnen ganz Europa. Da wurden spanische, griechische und andere Bauprojekte, ihre Mieter, Behörden und milliardenschwere Blasen samt Finanz- und Sozialindustrie mit unseren Steuergeldern zwangsfinanziert. Leisteten wir „Hilfe die nicht hilft“ [1] wohl aber die Hilflosigkeit der Griechen und aller anderen Betroffenen vertiefte – letztlich sogar ihre Chancenlosigkeit und europäische Uneinigkeit zementierte [2].

Man muss also genauer hinsehen, um zu erkennen, wen und was Solidarität und Sozialkassen finanzieren: Leisten wir Hilfe für Banken und Konzerne oder aber für Menschen? Finanzieren wir Sozial- oder Kartellkassen? Denn es geht um Unsummen. Allein in Deutschland verschlang die Sozialindustrie jährlich rund 230 Milliarden Euro. Drei Mal so viel wie jeder andere Etat. Diese Ausgaben werden nun aber von den enormen Kosten der Asylindustrie um Längen getoppt (bis zu 9.400 Euro/Monat pro Flüchtling) [3]. Diese zu 100 Prozent zwangsfinanzierte Hilfs- und Asylindustrie ist natürlich das risikoloseste und somit nicht nur das größte, sondern auch sicherste Geschäft und die größte Branche in Deutschland – weit größer als das umsatzstärkste DAX-Unternehmen.

Da finanzieren wir im Gesundheitswesen mit Manpower und Steuergeldern beispielsweise Studien, die der Pharmaindustrie Märkte eröffnen. Studien, von denen ggf. „nur“ Krebspatienten, nicht aber die Industrie profitiert, werden hingegen kaum subventioniert. Unsere Sozialpolitik sorgt hier nicht allein für künstliche, weil fremdfinanzierte Märkte, sondern auch für die Kostenmaximierung und ihre Zwangsfinanzierung, die – wie sollte es anders sein – durch die Ausbeute der Leistungserbringer finanziert wird. Wie, möchte ich hier kurz an einigen Beispielen skizzieren:

Da wurde beispielsweise ein tolerabler Cholesterinwert oder Blutdruckwert via Richtlinien nach unten reguliert und prompt werden Millionen Menschen Blutdrucksenker, Cholesterinhemmer und weitere „ach so wichtigen“ Medikamente verordnet, die eher krank als gesund machten [4].

  • Auch älteren Semestern werden Antihypertonika bis zur nächtlichen Übelkeit und zentralen Minderversorgung verschrieben, ganz gleich ob dieser Blutdruckabfall ggf. für die Zunahme der Demenzerkrankungen sorgt. Wer will das wissen? Immerhin sind Demenz- und Alzheimer-Kranke in unserer „Altenschwemme“ ein, wenn gleich ggf. künstlich-medikamentös geschaffener, aber nichtsdestotrotz überaus profitabler zwangsfinanzierter Markt für Pharma-Konzerne.
  • Da erlaubt man Pharmakonzernen im Herbst 2016 an demenzkranken Menschen, die ungenügend mit windigen Rechtsvorkehrungen geschützt werden, allerlei Medikamente zu erproben. Die parlamentarische Absegnung dieser „legalen Menschenversuche“ wurde auch stündlich im Radio propagiert, als wären sie durch diese Propaganda ethisch vertretbarer. Ein Schelm, der vermutet, dass dieser industrielle Missbrauch „minderwertigen Lebens“ uns Deutschen unangenehm bekannt vorkommt und Pharmakonzerne die aufwendigen Ethikkommissionen und Studiengenehmigungen umgehen lässt [5].
  • Damit Bürger und Patienten nicht gegen diese sinnlose, nebenwirkungsreiche Übermedikation und Menschenversuche aufbegehren, sorgte unsere Sozialpolitik neben diesen konzernfreundlichen Gesetzesvorgaben selbstverständlich auch für ihre zwangssolidarische Bezahlung.
  • In gleicher Weise werden alle paar Jahre Seuchen und Tierseuchenverordnungen vorgegeben, bei Menschen Impfempfehlungen und bei Tieren flächendeckende Impfverordnungen erlassen. Damit auch hier weder Betroffene noch Landwirte gegen das ständige Impfen aufbegehren, sorgte die Politik via Sozialkassen und der steuergeldsubventionierten Tierseuchenversicherung für die reibungslose Bezahlung.

Pharmakonzerne kassieren hier Milliarden, ohne sich auch nur um den Markt zu bemühen oder Marktrisiken tragen zu müssen. Nein, die Politik sorgt planwirtschaftlich für die gesamte Abwicklung des Milliardengeschäftes. Mussten sich Konzernlobbyisten einst noch für diese Milliardengeschäfte in den Gesundheitsministerien von Griechenland, Deutschland, Frankreich und Spanien herumdrücken und ins Zeug legen, Termine in den Ministerien vereinbaren und Überzeugungsarbeit leisten, gehen heute im Brüsseler „Zentralkomitee“ ein paar Tausender [6] unterm Tisch hindurch und schon sind im Handumdrehen die Gesetze und Richtlinien für das Mega-Milliardengeschäft über 500 Millionen Bürger hinweg abgesegnet. 500 Millionen Bürger? Was für ein gigantischer zwangsfinanzierter Markt, was für ein Business! Dank der EU kann Europa von den Konzernen „en bloc“ abgeräumt werden. Die EU fungiert als Industriekartell. Als 1938/39 die Lissabon Verträge von Walter Hallstein [7] entworfen wurden, sprach man noch offen von einem europäischen Großraumkartell. Am 23. Januar 1939, nur wenige Monate vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, hielt Hallstein im „Mahn und Ohlerichs Keller“ in Rostock eine Rede über „Die Rechtseinheit Großdeutschlands“ eines „vereinten Europas“ unter der Kartell-Herrschaft der I. G. Farben (u. a. Bayer, BASF und Hoechst). Seither zieht sich die klebrige Spur des Milliardentransfer-Missbrauchs durch alle unsere Lebensbereiche und rund um den Globus. Es geht von Mensch zu Tier, von Staatsversicherungen zu Staatenversicherungen. Da werden mit Milliarden und Abermilliarden die Industrie, ihre Märkte und ihre Finanzierungswesen und ihr Versagen finanziert. Versagen wurde geradewegs zur lukrativsten Geschäftsidee. Ob Griechenland oder Atomenergie, immer läuft es nach demselben Schema: Erst werden Griechenland oder die Atomenergie subventioniert, die Investitionen sozialisiert, dann die Gewinne privatisiert, der Atom-Rückbau oder Grexit wieder sozialisiert. Privat ist in dieser sozialistischen Planwirtschaft nur eines: der Profit.

Da bei dieser „Sozialisierung der Kosten“ jenseits jeder Marktkontrolle der Gewinn fortwährend an den Investoren, den Steuer- und Beitragszahlern vorbei rauscht, muss es einen nicht wundern, dass unser Steuergeld und unsere Kräfte niemals reichen, unsere Bemühungen niemals fruchten. Grotesk aber wahr: Je mehr Steuern wir zahlen, desto mehr werden wir verschuldet, je mehr Beiträge die Versicherten entrichten, desto dürftiger die Leistungen. Denn all das Geld, das man der Industrie und den Behörden zuschiebt, muss man schlussendlich Ärzten, Pflegepersonal, Steuer- und Beitragszahlern nehmen. Die „Sozialisierung der Medizin“ sorgt bei genauer Betrachtung demnach für eine asoziale Ungerechtigkeit, eine Kostenexplosion und ihre Zwangsfinanzierung. Selbstverständlich offenbart auch kein Regelwerk der Welt den Abdruck der Industrie-Lobby darum infamer als die GOÄ.

Ärzte werden nur noch dann halbwegs bezahlt, wenn sie Geräte bedienen, Industrieprodukte und Materialien verbrauchen

Ärzte werden nur noch dann halbwegs bezahlt, wenn sie Geräte bedienen, Industrieprodukte und Materialien verbrauchen. So wie eben Apotheker zu Regalaufstellern der Konzerne degradiert wurden, degradierte man Ärzte zu Gerätebedienern und Materialverbrauchern. Jede Unterarmgehstütze, viele Orthesen, jede OP-Abdeckung und viele OP-Instrumente wurden zum Einweg verdonnert. Die Zuwendung zum Patienten und die Sprechstunde werden hingegen – da industriell nicht verwertbar – rein symbolisch bezahlt. Kostet eine Beratung von Anwälten und Steuerberatern 250 Euro für 45 Minuten, darf der ebenso, wenn nicht sogar besser ausgebildete Arzt für seine Beratung nur einmal in drei Monaten, bei lebensbedrohlicher Erkrankung, mit seinem Patienten 20 Minuten reden und bekommt dafür rund 20 Euro. Das Erstgespräch zur Erörterung der Beschwerden wird heute mit 4,66 Euro vergütet, das Zweitgespräch mit 3,15 Euro. Dank demütiger Bezahlung wird der Arzt gezwungen, zehn Patienten pro Stunde durchzuschleusen, um die Unkosten zu decken. Verdient hat er dann noch nichts, es sei denn er „iGelt“ oder bedient Geräte. Der Chirurg lebt von seinen operativen Eingriffen und Privatpatienten. Zum Messer greifen aber soll er, nach GOÄ-Vorstellung, ohne Erläuterung und Aufklärungsgespräch [8]. Da das für Patienten unzumutbar und für den in der Verantwortung stehenden Chirurg ethisch nicht vertretbar ist, finanzieren Chirurgen kurzerhand den Gesetzlichen Krankenkassen (GK) nun auch noch die Sprechstunden für ihre Versicherten. Dabei schwimmen die Kassen in Feudalgehältern, Milliardensubventionen und Milliardenüberschüssen. Gleichzeitig bezahlen die Kassen jedoch die Eingriffe immer schlechter und, na klar, auch der Privatpatient soll via Bürgerkasse abgeschafft werden. Warum liegt auf der Hand. Die Sozialkassen wollen der Industrie fortwährend dienen: Ihnen Massenabfertigung schaffen und Kosten und Verbrauch ihrer Produkte steigern. Denn je mieser diese ihre Kassen-Ärzte bezahlen, desto mehr Massenabfertigungen gibt es und desto höher ist der Verbrauch an Geräten, Pillen, Spritzen und medizinischem Material. Je schlechter die operativen Eingriffe bezahlt werden, desto mehr Operationen, invasive Eingriffe, Herzkatheter, OPs und Darmspiegelungen finden statt. Je mehr der Verbrauch an schnieken Verpackungen, teurem Zubehör, Geräten, Medikamenten und Material steigt, desto höher werden die Kosten – ihre Zwangsfinanzierung – und desto höher die Milliardengewinne der Industrie. Ja, die Rechnung ist simpel: Je schlechter die Bezahlung von Ärzten, desto boomender die Gewinne der Industrie. Sozialkassen sorgten für unser Lohndumping, die Kostenexplosion [9], den kostspieligen Behördenwahn und die Zwangsfinanzierung dieses Milliardenbusiness.

Und plötzlich schreit dieselbe politische Klasse, die dieses Turbo-Milliardengeschäft einfädelte: „Es wird zu viel operiert!“ Schlimmer geht’s dann tatsächlich nimmer. Jene, die unsere Leistungen nicht mehr bezahlen, ihren Patienten nichts mehr gönnen, horrende Beiträge für eine beschämende Minimalversorgung, Massenabfertigungen und eine ethisch immer weniger vertretbare Zweiklassenmedizin fordern und über Milliardeneinnahmen verfügen, heben nun auch noch mahnend den Finger. Bei all ihrem Knausern und Sparen, schlecht kann es den Kassen nicht gehen, denn die Gehälter in den Leitungen sind üppig. Die gesetzlichen Beiträge, zusammengesetzt aus Arbeitnehmer und Arbeitgeberanteil, sind mindestens – wenn nicht doppelt – so hoch wie die Beitragszahlungen der Privatpatienten.

Es gibt auch noch Ärzte, die neben Konzernen, Behörden und Industrie gut mitverdienen. Ihre Patienten in großen Praxen und Massenbetrieben auf verschiedenen Kassensitzen durchschleusen und abrechnen, in Masse „iGeln“ und Gerätebedienung abrechnen „was das Zeug hält“. Da kann man schon mal mit den (auf Wochenendkursen erworbenen) Akupunktur-Kenntnissen mehr verdienen als mit anspruchsvollen Groß-Operationen. Ausbildung? Wen interessiert das in dieser Behördenmedizin. Hier geht es um Stückzahl, Turboverbrauch, Zuteilung und Wegnahme. Auch Gerätemediziner wie Radiologen, Labormediziner oder Kardiologen, die ihre Patienten durch sechs Geräte in 20 Minuten schleusen oder ihre Maschinen am Laufband mit Patienten und ihren „Körpermaterialien füttern“, machen Masse und verdienen. Ob das noch Medizin ist oder schon eine Abart davon, sei dahin gestellt. Jedenfalls verdienen die einen und andere verlieren mit hohen Qualifikationen Anerkennung und Auskommen. Es geht um „teile und herrsche“. Mal privilegiert die KV mit Millionenzuteilungen einige und beraubt gleichzeitig andere, auf das sich die Ärzteschaft niemals zusammenschließt und uns die Behörden bis zum bitteren Untergang beherrschen.

Doch in dieser „Salamitaktik“ geht es am Ende für alle geschlossen bergab. Im ersten Schritt trifft es vielleicht „nur“ die speziell ausgebildeten Chirurgen der großen Chirurgie, die stationär Operierenden. Sie haben kaum Geräte, kleine „Stückzahlen“ und werden als korrupt bezeichnet, weil sie ihren unterbezahlten Job verantwortungsvoll machen wollen. Chirurgen, die heute ihre Patienten in einem Haus ihrer Wahl, mit entsprechendem OP und Ausrüstung, geschultem Personal und Logistik operieren wollen, um ihren Patienten die bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen, nennt man heute schon schnell korrupt. Die damit einhergehende Kriminalisierung – bald eines ganzen Standes – ging geradezu sang- und klanglos über die Bühne. Muss der Chirurg also am Ende nicht nur den Kassen ihre Sprechstunden finanzieren, sondern zusätzlich auch den Kliniken als Angestellter die Patienten-Akquise? Dass ein solches Antikorruptionsgesetz an Zynismus kaum zu überbieten ist, liegt auf der Hand. Es ändert faktisch absehbar nichts an der angeblichen „korrupten“ Patientenzuweisung. Denn ob nun festangestellt oder nicht, Chirurgen müssen „so oder so“ ihr privates Praxis-Unternehmen zur Patienten-Akquise betreiben, um überhaupt eine Anstellung zu bekommen. Kauft aber umgekehrt eine Klinik alle Praxen im Umkreis und Zuweiser zu überteuerten Preisen auf (Kollegen können bei ihrer aktuellen Bezahlung wohl kaum noch konkurrieren), raubt dieser Aufkauf aller Praxen dem Patienten die freie Wahl und die Klinik nimmt eine wettbewerbslose Monopolstellung ein. Das stört die Kassen nicht: Keiner schreit „Das ist korrupt, der offene Markt wird zerstört!“. Gleichwohl es sich hier um Kartellarbeit vom Feinsten handelt. Was die Ärzteschaft hinnimmt, entsetzt andere. Ein Mitarbeiter einer großen Privatkasse rief mir letzten Sommer fast schreiend durchs Telefon entgegen. „Sie glauben nicht, was die Chirurgen mit sich haben machen lassen! Die haben tatsächlich ihre Liquidationsberechtigung abgegeben“ Oh, doch, ich glaubte ihm, denn ich habe die behördliche Entwertung des medizinischen Berufes vom AIP bis zur operativen Selbstständigkeit in allen Varianten mitbekommen:

1998 ließ ich mir noch an der Uniklinik den Gehaltszettel unseres Gipsers zeigen. Dieser hatte bei 38 geregelten Wochenstunden dasselbe Nettogehalt wie ich mit mindestens 60 Wochenstunden. Er hatte einen Hauptschulabschluss, ein Jahr Ausbildung und trug kaum Verantwortung. Ich hatte bei fast doppelter Arbeitszeit, Abitur, ein Numerus Clausus Studium und acht Jahre chirurgische Weiterbildung hinter mir. Heute verdient ein nicht-akademischer Manager eines Discounters bei einer 40-Stunden-Woche im Einstiegsjahr schon 4.200 Euro (5.416 Euro monatlich Brutto) [10], eine versierte ausgelernte Arzthelferin 2.100 Euro, ein akademischer Funktionsoberarzt und Facharzt bei rund 50 bis 60 Wochenstunden 3.500 Euro Netto. Ja, wir haben es tatsächlich soweit kommen lassen, dass ein Chirurgen-Gehalt heute nicht mehr ausreicht, um eine Familie zu ernähren. Eine mir bekannte sehr versierte Privat-Dozentin, verdient heute angestellt in einer privatärztlichen Praxis, also außerhalb des Systems, mit 15 Stunden in der Woche mehr als mit Vollzeit in einer leitenden Oberarztfunktion der Universitätsklinik. So wurde in den letzten Jahrzehnten das hochakademische Handwerk der Chirurgen und Ärzte tatsächlich ganz nach Lenin dem nicht-akademischen Handwerk der Lehrlinge angepasst. Dafür aber verdient ein nicht-akademischer AOK-Filialleiter und -Funktionär mit bilanzierten Arbeitszeiten ohne Verantwortung schon weit mehr als ein akademischer Oberarzt oder niedergelassener Chirurg bei doppelter Arbeitszeit, in der Verantwortung stehend, bei vollem Kündigungs- oder Pleiterisiko. Die „Salamitechnik“ unserer Entwertung verlief also stringent: Erst kam das Punktesystem und alle dachten, Zuteilung lohnt. Dem folgte absehbar ein krasser Abstieg und Lohndumping. Im Weiteren wurde die GOÄ jahrzehntelang nicht an die immense Teuerung angepasst, dann kamen die Pauschalen des DRG und nun kommen die Gesetze der Entrechtung. Runde um Runde wurde der chirurgische und ärztliche Beruf um jeweils 30 % gedumpt und wir arbeiten mehr und mehr umsonst. Muss man sich heute als stationär operativ tätiger Arzt anstellen lassen und erneut 30 % Lohnverlust hinnehmen? Wird es morgen die ambulant operierenden Chirurgen treffen? So sicher wie das Amen in der Kirche wird dem Plattmachen der Praxen das Plattmachen der kleinen ambulanten Zentren und diesem der ganze Rest folgen.

Kommen wir nochmals auf die Frage zurück: Zu was führte die „Sozialisierung der Medizin“? Zur staatlich geförderten Machtwirtschaft.

Ok, soweit ist es also gekommen. Der Facharzt und Funktionsoberarzt verdient nach Numerus-Clausus Studium und neun Jahren Berufserfahrungen also weniger als ein nicht-akademischer Mitarbeiter eines Discounters im Einstiegsjahr, der seine Fortbildung finanziert und von Anfang an einen Firmenwagen gestellt bekommt. Eine Privat-Dozentin außerhalb des Systems verdient mit 15 Stunden mehr als in Vollzeit in hochverantwortlich leitender Funktion an der Uniklinik. Na selbstverständlich braucht da keiner mehr Arzt zu werden! Haben wir Ärztemangel, findet sich im Osten, im Transfer- und AOK-Land kein Arzt, der sein Geld zur Arbeit mitbringen will, haben wir in den Kliniken Ärzte ohne Perspektiven und Engagement und selbstverständlich die Verweiblichung der Medizin. Ausgebeutet und schlecht bezahlt war eben schon immer der ideale Job für Frauen. Und sicher, wenn weder harte Arbeit, die besten Qualifikationen, noch gute Leistungen lohnen, sind wir im Kommunismus angekommen – inklusive Monopolwirtschaft und ihrer Alternativlosigkeit. Wenngleich man dies unter Mao und zu Ostblockzeiten noch Planwirtschaft nannte, orakelt Professor Sinn, ehemals Chef des Ifo Instituts, heute lieber von einem „schuldenfinanzierten Wirtschaften“. Doch ganz gleich wie man das „sozialistische Ruinen schaffen ohne Waffen“ nennt, es endet für alle im Mangel und Niedergang – im Großen, wie im Kleinen. Wie im Gesundheitswesen, so in der EU und der Welt. In der Transferunion lag die Verschuldung 2016 immerhin schon bei sage und schreibe 84 % des BIP und die Arbeitslosenquote auf Rekordniveau, während zeitgleich Banken, Konzerne und Giganten zur selben Zeit die fettesten Gewinne „ever“ einheimsten. Darum liegt es auf der Hand: Diese konzernfreundliche und menschenfeindliche Umverteilungspolitik bietet unsere Solidarität zu ihrer Zwangsfinanzierung an.

Wohin aber geht die Reise?

Nun ja, offenkundig will die Politik weiter abwirtschaften. Denn nach dem unfassbar schwachsinnigen Import des DRG-Bezahl-System, das uns das Lohndumping und eine katastrophale Kostenexplosion durch Überbürokratisierung und Selbstbedienung bescherte, will man nun, wie 2008 die toxischen Derivate der Wallstreet, die pleitegegangenen Krankenhausketten der USA importieren. Der Freihandel soll’s möglich machen. Willfährig wollen unsere politischen Vertreter der US-Versagenswirtschaft neue „madoff´sche Verschuldungsmärkte“ eröffnen und hierfür den Widerstand aus dem Weg räumen. Widerstände sind natürlich keineswegs von unseren Behörden und Vertretern zu erwarten, wohl aber von den verbliebenen Leistungserbringern in freien Berufen und Selbstständigkeit. 2012 erfuhr ich aus erster Hand von dem angedachten Ziel, dass nun via widersinnigem Antikorruptionsgesetz und vielem mehr Gestalt annimmt. In einer renommierten Anwaltskanzlei war ich zur Vorstellung einer „Health-App-Idee“ zu einem „Digital Health Meeting“ geladen. Abgesehen davon, dass sich hier das Geld der Welt versammelte, um intelligente Innovationen zu kaufen, hielt ein Vertreter eines Big Data based Unternehmens dort einen 45 Minuten langen Vortrag. Redundant beschrieb er aus Sicht seines Konzerns darin das „deutsche Problem“. Wortwörtlich sagte er: „Das Problem in Deutschland sind die heterogenen Strukturen. Die vielen selbstständigen Praxen, die Niederlassungen und medizinischen Zentren.“ Er sprach von Einheitskasse, Gesundheitschip und -karte, Big Data-Erhebungen und vereinfachten wirtschaftlichen Vorgängen. Als ich sah, wie bei diesen Erläuterungen die geladenen Politiker aus unseren Ministerien eifrig nicken, verließ ich betroffen den Vortrag. Das Ziel war klar umrissen: Unsere Praxen, die freie Arztwahl, alle selbstständig arbeitenden Ärzte, kurzum Wettbewerb und jede noch so kleine Alternative und Konkurrenz, der patientenfreundliche Wettbewerb und jede Marktregulation sollen zugunsten von Einheitskassen, Monopolstellung und Big-Data-Konzernen platt gemacht werden. Unsere Sozialkassen sollen künftig noch reibungsloser und vollständig fern jedes Wettbewerbes – alternativlos – die Verwirtschaftung von Mensch und Patient, die profitmaximierte Konzernindustrie finanzieren.

Nun gut. Dass Ärzte und Patienten keine Rechte haben, wissen wir seit langem. Wie aber muss man sich dann diese künftige Monopolwirtschaft über Entrechtete real vorstellen? Nun ja: Vorn kommt der Patient, der keine Wahl mehr hat, in die Krankenhausfabrik hinein, dort wird er sündhaft teuer profitmaximiert per DRG verwirtschaftet und abgerechnet und ob er dann hinten tot oder lebendig, geheilt oder krank wieder herauskommt, ist vollkommen egal. Keiner steht noch länger in der Verantwortung, Alternativen gibt es nicht. Hauptsache drinnen brummen die Geräte, arbeiten Roboter und rollt der Rubel. Diese orwellsche Monopolwirtschaft soll also nach der Methode „too big to fail and to jail“ unsere Realität auf breiter Front werden. Wie in Deutschland so in Europa und auf Erden, Amen.

Das Ende der Geschichte?

Der Patient muss schon heute immer mehr Beitrag für immer dürftigere Leistungen zahlen, wir Ärzte arbeiten alternativlos wie Vorarbeiter auf Kolchosen für ein demütigendes Gehalt und werden von den Blockwarten der Kassen gegängelt. Genau genommen verkauft der Staat allen Bürgern schon längst Versicherungen, die natürlich im Ernstfall nicht mehr sichern, ihn aber toxisch belasten und uns alle bedrohen. Die Staatsversicherung wurde dank schuldenfinanziertem Wirtschaften unübersehbar zur risikoreichsten Versicherung aller Zeiten. Egal, egal, egal: Dank staatlich geförderter Macht- und Monopolwirtschaft ist das System eben alles und der Mensch nichts.

Darum sei mir eine kleine Spekulation am Ende vergönnt: Fast blindlings kann man wetten, dass auf dem Weg der „Sozialisierung“ alle staatlichen Einrichtungen abwirtschaften und am Ende der Privatisierung anheimfallen. Denn ganz gleich, ob es Griechenland und den Verkauf der Akropolis, den Abstieg des weltweiten Mittelstandes, Europas oder unseres Gesundheitssystems betrifft – das Big Business lebt weltweit von ein und derselben Geschäftsidee: Erst werden das Gemeinwohl und ganze Staaten sozialistisch abgewirtschaftet und gecrasht (sprich sich selbstbedient), dann kommen die privaten Konzerne und es wird „eingecasht“. Es wäre keineswegs verwunderlich, wenn im Crash unseres Gesundheitssystems, eine schlank organisierte Allianz unser versagendes, sich selbst und andere bedienendes Gesundheitswesen und dessen zu Tode bürokratisierten „GKV-Zettelfabriken“ im Handstreich übernimmt. Gut denkbar, dass die feindliche Übernahme unseres Gesundheitssystems von einem privaten Versicherungsgiganten, fusioniert mit Klinikketten, abgewickelt wird. Von denen unser niedergerittenes Gesundheitssystem samt all seiner lohngedumpten Mitarbeiter, Pflegekräfte und Ärzte zu Traumkonditionen und Schleuderpreisen „eingecasht“ werden. Sicher wird man wie Merkel nonchalant behaupten, all das wäre alternativlos gewesen. Tja, Alternativen hätten eben nur eine gewisse Vielfalt, Heterogenität und Wettbewerb geboten. Doch genau in dieser Auswahl – in der Physik nennt man es „die relative Stabilität der vielen Phasen“ – sahen Konzerne das „deutsche Problem“, das man via Lohndumping, Behördengängelei und Antikorruptionsgesetz aus dem Weg geräumt sehen wollte, und unsere Politik leistete den Wünschen der Industrie blindlings Folge. Man kann nur traurig applaudieren.

Anmerkung der Redaktion

Gerne bringen wir auch Beiträge unserer Mitglieder in ein Diskussionsforum, bei denen wir als Herausgeber uns nicht unbedingt der Meinung der jeweiligen Autoren anschließen. Im Sinne eines offenen Meinungsaustausches denken wir aber, dass eine Zeitschrift wie unsere auch abweichenden und pointiert vorgetragenen Meinungen Raum zur Präsentation bieten soll.

Literatur

[1] DVA 2012, Walter Wüllenweber „Die A-Sozialen“.

[2] http://www.spiegel.de/wirtschaft /soziales/ifo-chef-clemens-fuest -ueber-griechenland-und-donald -trump-a-1134887.html

[3] https://www.welt.de/politik/deutschland/article161711188/Bis-zu-9400-Euro-fuer-Unterbringung-von-Fluechtlingen-pro-Person.html

[4] https://www.welt.de/gesundheit/article142656126/So-schaedlich-ist-Cholesterin-wirklich.html http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2016-10/medikationsplan-arzneimittel-einnahme-vielzahl-arzt-apotheker

[5] http://www.tagesspiegel.de/politik/arzneiversuche-an-demenzkranken-widerstand-aus-allen-fraktionen-gegen-groehe/13799008.html

[6] „Brüssel Business -Wer steuert die Europäische Union?“ auf youtube

[7] http://www.mmnews.de/index.php/politik/22539-die-wurzeln-der-bruesse ler-eu-ii

[8] für die Diagnose, Indikation, Aufklärung über OP und Verfahrensmöglicheiten bekommt der Chirurg 20€. Damit ist nicht annähernd die Miete oder das Personal für diese 30 min Gespräch finanziert

[9] DieHypo Real Estate des Gesundheitswesens https://ef-magazin.de/2009/12 /15/1739-gesundheitsfonds-die -hypo-real-estate-des-gesundheitswe sens

[10] http://www.focus.de/finanzen/news/firmenwagen-und-65-000-euro-einstiegsgehalt-darum-ist-ein-job-bei-aldi-ein-echter-glueckstreffer_id_5783971.html

Pszolla N. Die Planwirtschaft der Superreichen. Passion Chirurgie. 2017 Mai, 7(05): Artikel 08_01.

Autor des Artikels

Profilbild von Martina Pszolla

Dr. med. Nina Pszolla

Chirurgin/Unfallchirurgin/AutorinIrschenhausener Str. 7982057Irschenhausen/Icking kontaktieren

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