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Die Appendektomie stellt weiterhin die häufigste Allgemein- und Viszeralchirurgische Notfalloperation dar [1]. Die in den letzten Jahren von einigen Arbeitsgruppen propagierte konservative antibiotische Therapie kann keine echte Alternative zur operativen Therapie darstellen [2]. Auch wenn Studien zeigen konnten, dass eine unkomplizierte Appendizitis nicht zwingend in der zweiten Nachthälfte operiert werden muss, ohne dies mit einer Zunahme der Morbidität zu erkaufen, muss jede chirurgische Klinik die notwendige Expertise für die operative Therapie der akuten Appendizitis in der Routine zu jeder Tages- und Nachtzeit in einer hohen Qualität gewährleisten können [3].

Dies begründet den hohen Stellenwert der Aus- und Weiterbildung der Chirurgen in der Technik der Appendektomie. McBurney etablierte 1894 zur Appendektomie den Wechselschnitt im rechten Unterbauch. Dieser offene operative Zugang prägte für Generationen von Chirurgen die chirurgische Technik und wurde sicher und hoch standardisiert durchgeführt. Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts führte der Kieler Gynäkologe Kurt Semm dann die erste laparoskopische Appendektomie (LA) durch. Schon Semm war bewusst, dass der zentrale Schritt der LA die sichere Versorgung des Appendixstumpfes darstellt. Nur wenn dies sicher gelingt, kann sich die LA mit dem offenen Verfahren messen und die Vorteile dieser Technik kommen zum Tragen. Analog zum offenen Verfahren führte Semm daher in seiner Erstbeschreibung der laparoskopischen Technik den Verschluss der Appendixbasis mit einer Röderschlinge an der Basis und nachfolgender Tabaksbeutel- und Z-Naht durch [4]. Dieses Verfahren stellte in vielen Kliniken lange Jahre das Standardverfahren bei der LA dar.

Wesentliche Gründe für die nur zögerliche Ausbreitung der LA als Standardverfahren waren vor allem die in den Anfangsjahren vermehrt beschriebenen intraabdominellen Abszesse und deutlich höhere Kosten im Vergleich zur offenen Technik. Zudem musste die LA den Vergleich mit der hohen Standardisierung und mit einer niedrigen Komplikationsrate behafteten Technik der offenen Appendektomie antreten. Zudem war die von Semm beschriebene laparoskopische Technik für den laparoskopisch weniger geübten Chirurgen sehr anspruchsvoll.

Mit der Einführung der Linearklammernahtgeräte in die laparoskopische Chirurgie und immer mehr und immer besser in laparoskopischen Operationstechniken geschulter Chirurgen setzte sich die LA auch in Deutschland zunehmend durch und kann mittlerweile als Standardverfahren auch bei der fortgeschrittenen Appendizitis gelten.

Der bereits erwähnte entscheidende Schritt bei der LA ist der sichere Verschluss der Appendixbasis. Die am weitesten verbreiteten Techniken mit dem Ziel einer einfachen, sicheren und möglichst kostengünstigen Versorgung mit einer hohen Standardisierung sind:

  • der Endoloop (aus PDS® oder Vicryl®),
  • der Clip (nicht-resorbierbarer Polymer-Clip oder Titan-Clip),
  • und der Endostapler.

Der Endostapler

Wesentlicher Vorteil des Endostaplers ist seine einfache und schnelle Anwendbarkeit durch Verschluss und Transsektion des Gewebes in einem Arbeitsschritt und die Möglichkeit der tangentialen Resektion der Wand des Coecums. Die Anwendung an gering entzündlich veränderten Appendices ist einfach. Gerade aber die Versorgung der Appendixbasis bei fortgeschrittener Entzündung bedarf umfangreicher Erfahrung. Der wesentliche Nachteil des Endostaplers ist sein hoher Preis. Daher sollte sein Einsatz der Appendix vorbehalten bleiben, bei der die Entzündung bis an die Basis reicht oder die Appendixbasis erheblich verdickt ist. Hieraus ergibt sich eine klare Indikation für die Verwendung des Endostaplers: die fortgeschrittene Appendizitis unter Einbeziehung der Appendixbasis.

Der Endoloop

Bereits bei der Einführung der LA wurden durch Semm Endoloops („Röder-Schlingen“) verwendet. Sie bestehen entweder aus Vicryl® oder PDS® und finden vor allem bei einer unkomplizierten Appendizitis Anwendung. Die korrekte Platzierung des Loops erfordert laparoskopisches Geschick und damit eine gewisse Lernkurve. Die Technik an sich ist simpel: zwischen einem basisnahen und einem weiter distal platzierten Endoloop kann die Appendix durchtrennt werden. Auch die dickere Appendixbasis ist mit dem Loop gut zu versorgen.

Häufiger Diskussionspunkt war immer wieder die Frage nach der Versenkung des Appendixstumpfes. In den Anfangsjahren der LA wurde die Versenkung des Appendixstumpfes gefordert. Mittlerweile liegen mehrere prospektive Studien vor, die belegen, dass die Versorgung durch eine einzelne, nicht versenkte PDS®- oder Vicryl®schlinge sicher ist. Die Versorgung des Stumpfes mit zwei Loops bringt nicht mehr Sicherheit, sondern erhöht das Risiko einer Stumpfgangrän [5].

Die Kosten für die Endoloops sind vergleichsweise niedrig, insbesondere kann der Chirurg für die distale Versorgung einen selbstständig angefertigten Knoten verwenden und damit die Kosten noch weiter senken.

Der Clip

Bislang werden zwei verschiedene Clipsysteme bei der LA eingesetzt: Der polymere Hem-o-lok Clip (Hem-o-lok MLX polymeric clip, Weck Closure Systems, USA) [6] und der Titan Clip (DS-Clip, Firma Aesculap, Deutschland) [7]. Beide Clips haben einen Verschlussmechanismus an den distalen Enden und gewährleisten so einen festen, sicheren Sitz nach den Applikation (Abbildung 1A-D). Die Anwendung ist erheblich einfacher als die Verwendung der Endoloops, insbesondere was die korrekte Platzierung an der Basis anbelangt. Das „handling“ ist für junge Chirurgen leicht zu erlernen und ähnelt zum Beispiel der Versorgung des Ductus zysticus bei der laparoskopischen Cholezystektomie.

Abb. 1: A: Hem-o-lok Clip: Applikation des Clips an der Appendixbasis. Der distale Verschlussmechanismus ist gut erkennbar; B: Hem-o-lok Clip: Situation nach Versorgung mit je einem distalen und proximalen Clip vor Durchtrennung zwischen den Clips; C: Titan DS Clip: Zwei Clips sind appliziert – Situation vor der Durchtrennung mit der Schere. Auch hier ist der distale Verschluss gut erkennbar; D: Titan DS Clip: Situation nach Absetzen der Appendix – ein Clip an der Appendixbasis gewährleistet sicheren Verschluss.

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Nachteil der Clips ist die Limitierung des Durchmessers der Appendix zur Gewährleistung eines sicheren Verschlusses. Dieser liegt beim Hem-o-lok Clip bei ca. 16 mm, beim DS-Clip bei ca. 20 mm. In jedem Fall ist das Platzieren von nur einem Clip an der Basis ausreichend sicher. Rickert et al. haben in ihrer Studie zur Evaluation des Titan DS-Clips bei der LA die praktizierenden Chirurgen nach deren Einschätzung hinsichtlich des „Sitzes“ des Clips, dem „handling“ bei der Anwendung und nach der „Einsehbarkeit“ bei der Applikation befragt [7]. In allen Kategorien wurde der DS-Clip überwiegend mit „exzellent“ oder „gut“ bewertet. Die grundsätzliche Bewertung wurde in 41 Prozent mit exzellent und ebenfalls mit 41 Prozent als „gut“ angegeben. Nur 2 Prozent der Bewertungen fielen „durchschnittlich“ aus. Sicherlich liegt der Studie ein gewisser Bias zugrunde. Sie zeigt aber die insgesamt sehr gute Handhabung der Clips bei der laparoskopischen Appendektomie. Der Preis für fünf Hem-o-lok Clips liegt bei ca. 19 € und der für vier Titan DS-Clips bei ca. 80 €, sodass anzunehmen ist, dass sich Clips für die Versorgung der Appendixbasis zumindest bei der unkomplizierten Appendizitis in Zukunft durchsetzen werden. Der Hem-o-lok Clip ist zurzeit noch deutlich preisgünstiger, während der Titan DS-Clip die Versorgung einer breiteren Appendixbasis zulässt.

Echte Vorteile bietet aber weder das eine noch das andere Clip-System, sodass die Wahl des Systems den persönlichen Vorstellungen des einzelnen Chirurgen bzw. der entsprechenden chirurgischen Klinik unterliegen wird.

Zusammenfassung

Die Vor- und Nachteile der drei Verfahren zur Versorgung der Appendixbasis im Rahmen der LA (Endostapler, Endo-loop und Clip) sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Aus den vorliegenden Daten der Literatur und den spezifischen Eigenschaften der drei konkurrierenden Verfahren lässt sich eine Empfehlung für die standardisierte Versorgung der Appendixbasis im Rahmen der LA in Abhängigkeit von der lokalen Entzündungssituation ableiten (Abb. 2, modifiziert aus: [8]):

Bei der in der überwiegenden Anzahl der Fälle vorliegenden unkomplizierten phlegmonösen Appendizitis kann die Appendixbasis mit einem einzelnen Clip an der Basis sicher versorgt werden. Jede Klinik sollte sich dabei auf eines der beiden Clipsysteme festlegen, um durch den routinierten Einsatz die Morbidität zu minimalisieren. Wegen der einfachen Handhabung könnte sich der Clip in Zukunft als Standardverfahren bei der unkomplizierten Appendizitis durchsetzen. Bei komplizierten Befunden einer fortgeschrittenen, auch die Appendixbasis einschließenden Appendizitis, ist die Staplerversorgung indiziert.

Tab. 1: Vergleich der Vor- und Nachteile der drei Techniken des Appendixbasisverschlusses bei der laparoskopischen Appendektomie (adaptiert nach [8], mit freundlicher Genehmigung des Georg Thieme Verlages)

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Abb. 2: Vorschlag zur differenzierten Verfahrenswahl bei der Versorgung der Appendixbasis im Rahmen der laparoskopischen Appendektomie (modifiziert aus [8], mit freundlicher Genehmigung des Georg Thieme Verlages)

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Literatur

[1] Sahm M, Pross M, Lippert H: [Acute appendicitis – changes in epidemiology, diagnosis and therapy]. Zentralbl Chir 2011, 136:18-24.

[2] Vons C, Barry C, Maitre S, Pautrat K, Leconte M, Costaglioli B, Karoui M, Alves A, Dousset B, Valleur P et al: Amoxicillin plus clavulanic acid versus appendicectomy for treatment of acute uncomplicated appendicitis: an open-label, non-inferiority, randomised controlled trial. Lancet 2011, 377:1573-1579.

[3] Nagpal K, Udgiri N, Sharma N, Curras E, Cosgrove JM, Farkas DT: Delaying an appendectomy: is it safe? Am Surg 2012, 78:897-900.

[4] Semm K: Endoscopic appendectomy. Endoscopy 1983, 15:59-64.

[5] Beldi G, Muggli K, Helbling C, Schlumpf R: Laparoscopic appendectomy using endoloops: a prospective, randomized clinical trial. Surg Endosc 2004, 18:749-750.

[6] Partecke LI, Kessler W, von Bernstorff W, Diedrich S, Heidecke CD, Patrzyk M: Laparoscopic appendectomy using a single polymeric clip to close the appendicular stump. Langenbecks Arch Surg 2010, 395:1077-1082.

[7] Rickert A, Bonninghoff R, Post S, Walz M, Runkel N, Kienle P: Appendix stump closure with titanium clips in laparoscopic appendectomy. Langenbecks Arch Surg 2011, 397:327-331.

[8] Partecke et al, Stadiengerechte Versorgung der Appendixbasis im Rahmen der laparoskopischen Appendektomie. Zentralbl Chir DOI 10.1055/s-0031-1283908 © Thieme Verlag Stuttgart, New York

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Partecke L. I. / Diedrich S. Die Appendixstumpfversorgung bei der laparoskopischen Appendektomie. Passion Chirurgie. 2013 April; 3(04): Artikel 03_01.

Autoren des Artikels

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Dr. med. Stephan Diedrich

Klinik für ChirurgieUniversitätsmedizin GreifswaldFerdinand Sauerbruch Straße17475Greifswald kontaktieren
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