01.11.2024 Politik
Berufspolitik Aktuell: KHVVG – bis zuletzt hochumstritten

Bis zuletzt gab es am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) viel Kritik. Einige Tage vor der 2./3. Lesung im Bundestag einigte sich die Regierungsfraktion schließlich auf ganze 51 Änderungsanträge. Der BDC hat die wichtigsten Anträge für Sie geprüft und sieht Licht und Schatten bei den Änderungen, die noch Eingang in das KHVVG fanden.
Umfassende Änderungen wurden noch kurz vor dem Parlamentsbeschluss am Konzept der Hybrid-DRG vorgenommen: Klargestellt wurde, dass der EBM als Abrechnungsoption für spezifische Konstellationen ausgeschlossen ist. Weiterhin gibt das Gesetz nun vor, dass bis 2030 ganze 2 Millionen ehemals stationärer Fälle ambulant erbracht werden sollen. Dies entspricht einer Ambulantisierungsquote von 12 Prozent. Dieses Ziel hat der Gesetzgeber inzwischen ergänzt, nachdem die Selbstverwaltung den Katalog der Hybrid-DRG zunächst aufgrund unbefriedigender Rahmenbedingungen (Berücksichtigung von Sachkosten, Schweregraden, etc.) nur zögerlich weiterentwickelt hatte. Es bleibt aber fraglich, wie dieses hochgesteckte Ziel erreicht werden soll. Zwar liegt das Ambulantisierungspotenzial in Deutschland laut aktueller Literatur bei 10 bis 20 Prozent. Jedoch sollen lediglich die Ein-Tages-Fälle in die Hybrid-DRG einbezogen werden. Hinzukommt, dass über eine stetige Preisdegression bis 2030 das Vergütungsniveau des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs erreicht sein soll. Auch dies wird keinen Anreiz setzen, Leistungen vermehrt über Hybrid-DRG zu erbringen. Vielmehr bleibt abzuwarten, ob überhaupt noch ausreichend Leistungserbringer unter diesen Konditionen am Markt verbleiben, oder hier die zukünftige Unterversorgung vorprogrammiert ist, insbesondere, da Strukturen für das ambulante Operieren noch geschaffen müssen. Dabei hat der Gesetzgeber nicht überraschend umfassende Möglichkeiten für Ersatzvornahmen durch das Bundesgesundheitsministerium eingeführt, sollte die Selbstverwaltung die Vorgaben nicht innerhalb der engen Zeitvorgaben umsetzen.
Kritisch beurteilen wir auch die Öffnung der sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen (formal gelten sie als Krankenhäuser) für die Facharztversorgung im vertragsärztlichen Bereich. Auch diese Änderung wurde kurzfristig in das Gesetz eingebracht. Eine entsprechende Ermächtigung ist möglich, sofern in einem Planungsbereich keine Zulassungsbeschränkungen für das entsprechende Fachgebiet bestehen – eine Unterversorgung, wie ursprünglich vorgesehen, ist also keine Voraussetzung. Damit hat die Regelung das Potenzial, die Versorgung nachhaltig zugunsten einer Versorgung an Krankenhäusern zu verändern, zumal diese – anders als die Vertragsärzte – von einer zusätzlichen Investitionskostenfinanzierung profitieren. Und der Minister scheint seinem Ziel, der Abschaffung einer doppelten Facharztschiene, wieder ein stückweit nähergekommen zu sein.
Aber es gibt auch Licht: Der BDC hatte sich in einem Schreiben an das Gesundheitsministerium dafür eingesetzt, dass auch die Belegärzte die Versorgung innerhalb der neu definierten Leistungsgruppen übernehmen können. Dies wurde nun entsprechend klargestellt.
Geprüft werden soll zudem die Einführung eines ärztlichen Personalbemessungsinstruments an Krankenhäusern; dies in enger Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer. Damit soll sichergestellt werden, dass ausreichend ärztliches Personal an Krankenhäusern beschäftigt wird. Der BDC wird auch diesen Prozess weiterhin kritisch begleiten. Denn trotz der positiven Zielstellung bleibt abzuwarten, ob nicht neue Konfliktfelder eröffnet werden mit zusätzlicher Bürokratie und fraglichem Nutzen.
Schließlich sollen die Selbstverwaltungspartner prüfen, ob für eine sachgerechte Finanzierung der Mehrkosten für die Weiterbildung an Krankenhäusern Zu- oder Abschläge zu den DRG-Fallpauschalen erforderlich sind. Dies freut uns als BDC ganz besonders, zumal wir diesen Prozess intensiv durch unsere Arbeit auf der politischen Ebene, unsere Weiterbildungskampagne und Pressearbeit begleitet haben. Dranbleiben lohnt sich also! Unterstützen auch Sie die Kampagne des BDC und unterschreiben Sie jetzt die Petition zur Förderung der fachärztlichen Weiterbildung in Klinik und Praxis:
![]() Wir engagieren uns für die fachärztliche Weiterbildung •Anschreiben Gesundheitsausschuss von Anfang Oktober |
Burgdorf F: KHVVG – bis zuletzt hochumstritten. Passion Chirurgie. 2024 November; 14(11): Artikel 05_02.
Mehr zur aktuelle Berufspolitik finden Sie auf BDC|Online unter der Rubrik Politik.
Autor des Artikels

Dr. med. Friederike Burgdorf
GeschäftsführerinBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)Luisenstraße 58/5910117Berlin kontaktierenWeitere aktuelle Artikel
01.10.2019 Aus- & Weiterbildung
Chirurgische Versorgung für alle – Studentisches Engagement in der Globalen Chirurgie
Seit Anfang 2019 gibt es eine deutsche Gruppe des „International Student Surgical Network InciSioN“, InciSioN Germany-junge DTC, die sich zum Thema Globale Chirurgie engagiert. Doch was heißt das genau?
30.09.2019 Krankenhaus
Bundestag entscheidet über Implantateregister
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: „Mehr Patientensicherheit bei Implantaten und schnellere Versorgung mit neuen Therapien.“
27.09.2019 Herzchirurgie
Zahl der Herzoperationen 2018: 410 840
Das statistische Bundesamt gibt zum Welt-Herz-Tag bekannt, dass die Zahl der Herzoperationen 2018 um 23 Prozent im Vergleich zu 2008 gestiegen ist.
26.09.2019 Politik
Positionierungen zur Organspenden-Regelung
Am Mittwoch, 25. September 2019, haben sich Experten in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses zu den vorliegenden Gesetzesentwürfen zum Thema Organspende-Regelung positioniert. Hier finden sie die zwei Gesetzesentwürfe und einige Meinungen der Beteiligten.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.