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Vorwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

er zieht es wirklich durch: das „Soziale Gewissen der CDU“, der „Enkel von Norbert Blüm“, der „Blaumann der Partei“, Karl-Josef Laumann, aktueller Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW, hat Ende September 2021 den neuen Krankenhausplan für das Land Nordrhein-Westfalen dem Landtag vorgestellt.

Dabei fallen die bisherigen Kommentare zum neuen Krankenhausplan, der ab 2023 dann nicht mehr Krankenhausbetten sondern medizinische Leistungsbereiche und -gruppen als Grundlage der zukünftigen Krankenhausplanung darstellt, sehr unterschiedlich aus. Dr. Hans-Albert Gehle, der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe begrüßt, „dass die künftige Krankenhausplanung detaillierter sein soll als bisher.“ Der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, bezeichnet die neue Krankenhausplanung als „insgesamt sehr gut gelungen“, jedoch bliebe unklar, welche Krankenhäuser zukünftig welche Leistungen erbringen und welche Häuser geschlossen werden. Zudem betont er, dass „die neue Krankenhausplanung nur funktionieren kann, wenn sie auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterfüttert ist.“ Die SPD-Opposition im Landtag befürchtet negative Folgen für Patienten und Krankenhaus-Beschäftigte und warnt vor einem „Kahlschlag in der Fläche”. Und die Gewerkschaft Verdi prognostiziert, dass „die Planung vor allem dazu führen wird, dass weitere Krankenhäuser geschlossen würden.“

Keiner weiß Genaues oder wir sind dafür, dass wir dagegen sind. Deshalb sind wir Herrn Professor Roeder mit seinen Co-Autoren besonders dankbar, im vorliegenden Beitrag die Details der zukünftigen Krankenhausplanung näher zu erläutern, und mögliche Konsequenzen gerade für die Chirurgie zu klären.

Spannende Lektüre wünschen

Prof. Dr. med. C. J. Krones und Prof. Dr. med. D. Vallböhmer

                       


Ab 2022 soll die Krankenhausplanung (KHP) in NRW fundamental verändert werden. Basierend auf einem vom NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) vergebenen Gutachten [1] reifte die Erkenntnis, dass die Liberalisierung der KHP unter Verzicht der Teilgebietsplanung dazu geführt hatte, dass sich innerhalb der großen Gebiete der Inneren Medizin und Chirurgie viele Spezialisierungen in den NRW-Krankenhäusern (KH) entwickelten, die sich dem Einfluss der KHP entzogen haben. Nach diesem Gutachten wurden 64 % der Fälle in den beiden Gebieten versorgt. Um wieder stärker steuern zu können, wird die KH-Planung ab 2022 auf eine neue Grundlage gestellt [2]. Ziel ist es, spezialisierte Leistungen auf weniger Krankenhausstandorte (KHSO) zu konzentrieren und damit die Versorgungsqualität zu verbessern. Planungsinstrument hierzu sind 32 Leistungsbereiche (LB) mit 64 allgemeinen und spezifischen Leistungsgruppen (LG), für deren Erbringung die Erfüllung von Struktur- und Prozessqualitätskriterien am KHSO gefordert wird. Die allgemeinen LG basieren auf der Weiterbildungsordnung (WBO) der Ärztekammern, während die spezifischen LG über OPS-Prozeduren- und ICD-Diagnosekodes definiert werden und sich auf ausgewählte Leistungen des Fachgebietes beschränken. Die LB bilden den übergeordneten medizinischen Rahmen und dienen der Strukturierung der LG, über die einem KHSO zukünftig der Versorgungsauftrag zugeteilt wird. Zu den LG, über die ein Großteil des Leistungsgeschehens beplant wird, kommen Leistungsangebote, die außerhalb der Systematik der LB und LG beplant werden sollen, wie die Infektiologie, die Nuklearmedizin, die Strahlentherapie, die Schmerztherapie, die Polytraumaversorgung oder die Versorgung von Schwerbrandverletzten.

Qualitätskriterien

Den LG wurden jeweils qualitative Anforderungen in Form von Mindestvoraussetzungen (MV), die von jedem die jeweilige LG erbringenden KHSO erfüllt sein müssen, und darüber hinausgehende Auswahlkriterien (AWK) zugeordnet. Die AWK sollen dann zum Tragen kommen, wenn mehr KHSO ihre Leistung anbieten als bezogen auf den Versorgungsbedarf benötigt werden. In diesem Fall kann eine behördliche Auswahl zwischen mehreren KHSO unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der KH-Träger darüber entscheiden, welcher KHSO den Zielen der NRW-KHP am besten gerecht wird. Zur besseren Operationalisierung solcher Entscheidungen hat das MAGS für die jeweiligen LG die AWK in Form von über die MV hinausgehenden Anforderungen definiert. Für Fachkliniken und die belegärztliche Versorgung gelten in Teilen abweichende Vorgaben, die in jeweils eigenen Kapiteln des neuen KHP erläutert sind [2].

Zu den MV gehört auch die Forderung nach der Erbringung weiterer LG am KHSO oder in Kooperation, die Verfügbarkeit von Geräten und vor allem die qualitative und quantitative Vorgabe von Fachärzten (FÄ) (Abb. 1). In den meisten LG wird vorausgesetzt, dass mindestens drei FÄ als Vollzeitäquivalente (VZÄ) sowie ein 24/7 Rufdienst unter Berücksichtigung der FA-Spezialisierung für die jeweilige LG am Standort zur Verfügung stehen (Ausnahme z. B. Herzchirurgie = 5 VZÄ). Bei der Prüfung der FA-Voraussetzungen ist zu berücksichtigen, dass häufig weitere LG am KHSO vorgehalten werden müssen, woraus sich zusätzliche notwendige FA-Vorhaltungen ergeben. In den LG „Ösophaguseingriffe“ und „Pankreaseingriffe“ sind z. B. zusätzlich zu den Viszeralchirurgen mind. zwei Fachärzte für Gastroenterologie am KHSO vorzuhalten. In einigen LG ist die FA-Anforderung für den 24/7 Rufdienst reduziert (z. B. LG „Plastische und Rekonstruktive Chirurgie“). Manchmal wird mindestens 1 FA mit einer Spezialisierung gefordert (z. B. Zusatz-Weiterbildung Spezielle Viszeralchirurgie in fast allen LG des LB „Viszeralchirurgie“).

Für ausgewählte Leistungsgruppen gibt es gesonderte Regelungen zu den FÄ in Belegabteilungen. Von besonderer Bedeutung bezüglich der Auswirkung auf das Leistungsangebot ist die Vorgabe, dass ein Teil der MV am KHSO verfügbar sein muss, FÄ immer. Hat ein KH mehrere KHSO, ist jeder KHSO unabhängig von den anderen KHSO hinsichtlich der MV zu betrachten. Allerdings können die in Kooperation vorzuhaltenden LG/LB durch Kooperation mit anderen Standorten des KH oder mit anderen KH nachgewiesen werden.

Besonderheiten in der Intensivmedizin

Für die Intensivmedizin wurde die allgemeine LG „Intensivmedizin“ geschaffen. Die Zuweisung ist eine direkte oder über die Verkettung mit der Abhängigkeit von den LG der „Allgemeinen Chirurgie“ und/oder „Allgemeinen Inneren Medizin“ mittelbare Voraussetzung für die Erbringung der meisten anderen LG. Für die LG „Intensivmedizin“ wurden drei unterschiedliche Qualitätsanforderungen definiert (Basis, komplex und hochkomplex), die für die jeweiligen chirurgischen LG relevant sind (Abb. 2). Für die LG „Bauchaortenaneurysma“, „Carotis operativ / interventionell“, „Tiefe Rektumeingriffe“, „Ovarial-CA“ und die allgemeine LG „Neurochirurgie“ wird die komplexe Intensivmedizin gefordert, was insbesondere in den LG „Tiefe Rektumeingriffe“ und „Ovarial-CA“ für einzelne KHSO eine Herausforderung darstellen dürfte. Für die chirurgischen LG „Herzchirurgie“, „Thoraxchirurgie“, „Lebereingriffe“, „Ösophaguseingriffe“, „Pankreaseingriffe“ sowie die Organtransplantationen (Darm, Herz, Leber, Lungen, Nieren, Pankreas) wird die hochkomplexe Intensivmedizin gefordert.

Abb. 1: Definition, Planungsebene und MV für die LG „Tiefe Rektumeingriffe“, eigene Darstellung

Abb. 2: LG Intensivmedizin mit den drei Qualitätsanforderungen, eigene Darstellung

Basis für viele Leistungsgruppen ist die Trias aus der LG „Allgemeine Innere Medizin“, der LG „Allgemeine Chirurgie“ sowie der LG „Intensivmedizin“. Auf dieser Grundversorgung bauen dann weitere Versorgungsangebote auf. Für einige LG sind höhere FA-Qualifikationen gefordert, in einer LG aus dem LB Gefäßchirurgie sind nur 2 FÄ Gefäßchirurgie notwendig. Abbildung 3 zeigt dies in einer Übersicht.

Abbildung 4 zeigt wesentliche LG aus chirurgischen Fachgebieten im Überblick. Die LG „Wirbelsäuleneingriffe“ ist sowohl dem LB „Orthopädie und Unfallchirurgie“ als auch dem LB „Neurochirurgie“ zugeordnet.

Grundsätze

Ein wesentlicher Grundsatz der neuen KHP ist, dass die den jeweiligen LG zugehörigen Leistungen nur erbracht werden dürfen, wenn die LG dem KHSO zugewiesen wurden. Wird dem KHSO eine allgemeine LG zugewiesen, darf das gesamte Leistungsspektrum des betreffenden Gebietes der WBO erbracht werden, soweit diese Leistungen nicht einer anderen spezifischen LG zugewiesen sind.

Eine systematische Besonderheit stellen die ehemaligen Teilgebiete – nunmehr Facharztkompetenzen – in der Chirurgie und der Inneren Medizin dar. Diese wurden in eigenen LB abgebildet, wobei bei vielen Teilgebieten der Chirurgie (Viszeralchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Thoraxchirurgie) ausschließlich spezifische LG existieren. Medizinische Leistungen der LB für die Teilgebiete, die nicht in spezifischen LG abgebildet sind (LG „Kinder- und Jugendchirurgie“, LG „Plastische und Rekonstruktive Chirurgie“), dürfen auch ohne spezielle Zuweisung von allen KHSO erbracht werden, denen die allgemeine LG „Allgemeine Chirurgie“ zugeordnet wurde. Die Zuweisung dieser LG macht die Leistungsschwerpunkte jedoch sichtbarer. Auch Leistungen der Unfallchirurgie, der Orthopädie oder der Viszeralchirurgie, wie beispielsweise Schultereingriffe, Handchirurgie, Magen- und Darm-OPs etc., können im Versorgungsauftrag der LG „Allgemeine Chirurgie“ erbracht werden, sofern sie nicht in spezifischen LG abgebildet sind.

Tabelle 1 stellt diese wichtigen Zusammenhänge zwischen ausgewählten allgemeinen und spezifischen LG im Gebiet der Chirurgie sowie die daraus abzuleitenden Versorgungsaufträge dar.

Versorgungsbedarf

Der planungsrelevante Versorgungsbedarf wird zukünftig nicht mehr in Form von Betten, sondern Fällen je LG und Planungsebene (Kreis, Versorgungsgebiet, Regierungsbezirk oder Landesteil) ermittelt und ausgewiesen. Zur Ermittlung des Bedarfs wurden die NRW-KH-Daten nach § 21 KHEntgG des Jahres 2019 genutzt, auf deren Basis unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie der demografischen Entwicklung, der Ambulantisierung und Verweildauertrends der zukünftige Bedarf für jede LG getrennt prognostiziert wurde. In der Zuweisung wird je zugewiesener LG auch eine Schwankungsbreite festgelegt, in deren Rahmen das KH von der zugewiesenen Versorgungskapazität abweichen darf. Für die meisten LG mit chirurgischen Leistungen liegen die Schwankungsbreiten bei 15 % oder 20 %.

Abb. 3: Chirurgische LG mit Bezug zur Qualitätsanforderung Intensivmedizin sowie Hinweis auf besondere FA-Anforderungen in der Viszeral- und Gefäßchirurgie. (grundsätzlich werden 3 FÄ aus dem jeweiligen Gebiet gefordert. Abweichungen gibt es bei einigen LG, z.B. bei der LG „Wirbelsäuleneingriffe“: FA Orthopädie und Unfallchirurgie oder FA Neurochirurgie, bei der LG „Thoraxchirurgie“ kann 1 von 3 FÄ auch Herzchirurg sein, wenn die LG „Herzchirurgie“ am KSO verfügbar ist), eigene Darstellung

Abb. 4: Auswahl von LG aus operierend tätigen Fachgebieten, eigene Darstellung. Für die Intensivtherapie Kinderherzchirurgie gelten die Vorgaben der Kinderherz Richtlinie (KiHe-RL) des G-BA

Tabelle 1: Auswahl von LG aus operierend tätigen Fachgebieten, eigene Darstellung. Für die Intensivtherapie Kinderherzchirurgie gelten die Vorgaben der Kinderherz Richtlinie (KiHe-RL) des G-BA.

LB-Nr.

Leistungsbereich (LB)

LG-Nr.

Leistungsgruppe (LG)

Definition

LG-Art

QA LG Intensiv

9

Allgemeine Chirurgie

9.1

Allgemeine Chirurgie

WBO

Allg.LG

Basis

10

Kinder- und Jugendchirurgie

10.1

Kinder- und Jugendchirurgie

WBO

Allg.LG

Basis

11

Plastische und Rekonstruktive Chirurgie

11.1

Plastische und Rekonstruktive Chirurgie

WBO

Allg.LG

Basis

12

Gefäßchirurgie

12.1

Bauchaortenaneurysma

OPS + ICD

Spez.LG

komplex

12.2

Carotis operativ/ interventionell

OPS + ICD

Spez.LG

komplex

12.3

Komplexe periphere arterielle Gefäße

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

13

Herzchirurgie

13.1

Herzchirurgie

OPS + ICD

Spez.LG

hochkomplex

13.2

Herzchirurgie – Kinder und Jugendliche

OPS + ICD

Spez.LG

KiHe-RL G-BA

14

Orthopädie und Unfallchirurgie

14.1

Endoprothetik Hüfte

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

14.2

Endoprothetik Knie

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

14.3

Revision Hüftendoprothese

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

14.4

Revision Knieendoprothese

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

(oder Neurochirurgie)

14.5 / 25.1

Wirbelsäuleneingriffe

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

15

Thoraxchirurgie

15.1

Thoraxchirurgie

OPS + ICD

Spez.LG

hochkomplex

16

Viszeralchirurgie

16.1

Bariatrische Chirurgie

OPS + ICD

Spez.LG

Basis

16.2

Lebereingriffe

OPS + ICD

Spez.LG

hochkomplex

16.3

Ösophaguseingriffe

OPS + ICD

Spez.LG

hochkomplex

16.4

Pankreaseingriffe

OPS + ICD

Spez.LG

hochkomplex

16.5

Tiefe Rektumeingriffe

OPS + ICD

Spez.LG

komplex

17

Augenheilkunde

17.1

Augenheilkunde

WBO

Allg.LG

keine

19

MKG

19.1

MKG

WBO

Allg.LG

Basis

20

Urologie

20.1

Urologie

WBO

Allg.LG

Basis

24

HNO

24.1

HNO

WBO

Allg.LG

Basis

24.2

Cochleaimplantate

OPS

Spez.LG

Basis

25

Neurochirurgie

25.1

Neurochirurgie

WBO

Allg.LG

komplex

(oder Orthopädie und Unfallchirurgie)

25.2/14.5

Wirbelsäuleneingriffe

OPS

Spez.LG

Basis

28

Intensivmedizin

28.1

Intensivmedizin

WBO

Allg.LG

30

Transplantation solider Organe

30.1

Darmtransplantation

OPS

Spez.LG

hochkomplex

30.2

Herztransplantation

OPS

Spez.LG

hochkomplex

30.3

Lebertransplantation

OPS

Spez.LG

hochkomplex

30.4

Lungentransplantation

OPS

Spez.LG

hochkomplex

30.5

Nierentransplantation

OPS

Spez.LG

hochkomplex

30.6

Pankreastransplantation

OPS

Spez.LG

hochkomplex

Konsequenzen

In der Gesamtschau startet NRW nun mit einer völlig neuen Form der KHP. Die Umsetzung in der Praxis wird zeigen, ob dieses neue System dazu geeignet ist, eine bedarfsorientiertere KHP durchzuführen und damit das eigentliche Ziel, nämlich eine qualitativ hochwertige und verlässliche Versorgung der Bevölkerung, zu erreichen. In der Konsequenz werden zukünftig nicht mehr alle KHSO ihre chirurgischen Leistungsinhalte wie bisher weiter erbringen können. Insbesondere bei den komplexen viszeralchirurgischen Eingriffen und in der Thoraxchirurgie, aber auch in der Gefäßchirurgie werden einige Häuser die FA-Anforderungen zur Beantragung der entsprechenden LG nicht erfüllen können. In der Pankreas- und Ösophaguschirurgie wirken darüber hinaus die vom G-BA festgelegten Mindestmengen (MM), die für die Ösophaguseingriffe bis 2023 erhöht werden. Auch die Anpassung der MM Pankreaseingriffe ist derzeit in der Beratung des G-BA.

Eine Reduktion des Leistungsspektrums in chirurgischen Fachabteilungen kann auch den Umfang der Ermächtigung zur Weiterbildung (WB) beeinflussen mit dem Ergebnis, dass die Attraktivität einer WB-Stelle in dem KH sinkt, da nicht mehr die komplette WB in einem KH absolviert werden kann. Es ist daher zu empfehlen, sich mit anderen KH bezüglich der Schaffung von WB-Verbünden abzustimmen, um die komplette WB anbieten zu können.

Jedes KH in NRW muss sich jetzt intensiv mit der Frage auseinandersetzen, welche Leistungen es aktuell an seinen KHSO erbringt und welche Leistungen bzw. Leistungscluster davon erfolgreich unter Berücksichtigung der Leistungsmöglichkeit und insbesondere unter Berücksichtigung der Erfüllung der MV für die LG in der Zukunft am KHSO angeboten werden können. Dabei spielt das Patientenpotenzial unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung, der Entwicklung des medizinischen Fortschritts und der Ambulantisierung eine große Rolle. Alle Einflussfaktoren sind im Kontext zu den Leistungsangeboten der jeweiligen Region zu bewerten und bei der Erstellung eines strategischen Medizinkonzeptes zu nutzen. In der Vorbereitung des Planungsverfahrens ist nicht nur das eigene Leistungsangebot zu betrachten, sondern auch abzuschätzen, welche Leistungsangebote in Form von LG die benachbarten KHSO voraussichtlich erbringen wollen. Es wird gerade in sehr stark wettbewerblich geprägten Regionen von NRW bei einem Teil der LG potenziell häufiger zu einer Auswahl kommen, da die aktuelle Leistungskapazität nach dem MAGS-Gutachten den Bedarf übersteigt. Es ist auch nicht auszuschließen, dass Beteiligte am regionalen Planungsverfahren versuchen werden, zumindest in Ballungsgebieten durch Verschiebung von Leistungsvolumina die Anzahl der Standorte zu reduzieren, auch wenn bislang keine Überkapazitäten festgestellt werden konnten.

Bei der Entwicklung des eigenen Beantragungsrahmens sind insbesondere auch die Abhängigkeiten der LG voneinander zu berücksichtigen. Wenn ein KHSO eine LG beantragt, die abhängig von anderen LB/LG ist, müssen die abhängigen LB/LG mit beantragt werden. Das ganze Verfahren kann dann nur erfolgreich sein, wenn die notwendigen abhängigen LG auch dem KHSO zugewiesen werden.

Die Neuordnung der NRW-KH-Planung stellt einen deutlichen Entwicklungsschritt dar, der auch andere Bundesländer inspirieren könnte. Die bundesweit angestoßene Diskussion über die notwendigen KH-Kapazitäten in Deutschland wird aller Voraussicht nach dazu führen, dass in anderen Bundesländern die KH-Planung aktiver als in den vergangenen Jahren ausgestaltet werden muss. Für die Umsetzung in NRW ist es in unterschiedlicher regionaler Ausprägung hilfreich, wenn sich KH-Träger untereinander über die Wahrnehmung eines gemeinsamen Versorgungsauftrages für eine Region verständigen. Hierzu gehören auch sinnvoll aufeinander abgestimmte Behandlungsangebote, die eine Gesamtbehandlung auch KHSO- beziehungsweise KH-Träger übergreifend in guter Qualität gewährleisten.

Vertiefende Informationen zur neuen KHP in NRW sind in unserem Beitrag „Neuausrichtung der NRW-Krankenhausplanung“ [3] zu finden.

Literatur

[1]   PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH: Gutachten: Krankenhauslandschaft Nordrhein-Westfalen, Berlin, August 2019, https://broschuerenservice.mags.nrw/mags/shop/Gutachten_Krankenhauslandschaft_Nordrhein-Westfalen/
[2]   Krankenhausplan 2021 NRW, steht nach Fertigstellung unter https://www.mags.nrw/ zur Verfügung, bis Redaktionsschluss noch nicht verfügbar
[3]   Roeder N, May P-J, Richard Kösters R, Fiori W. (2021) Neuausrichtung der NRW-Krankenhausplanung, das Krankenhaus, 10:873–892

Roeder N, Fiori W, Bunzemeier H: BDC-Praxistest: Bedeutung der Neuausrichtung der NRW-Krankenhausplanung für die chirurgischen Fachgebiete. Passion Chirurgie. 2021 Dezember; 11(12): Artikel 05_01.

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