Alle Artikel von Prof. Dr. med. Walter Popp

Hygiene-Tipp: Häufigkeit von multiresistenten Erregern

 

Seit einigen Jahren stagniert die Zahl der MRSA-Infektionen in Deutschland. Dies ist wahrscheinlich auf die in vielen Krankenhäusern gut etablierten Hygienemaßnahmen zurückzuführen. Auch sind Sanierungsmaßnahmen bei MRSA-Trägern in gut 60 % erfolgreich. Derzeit sind 1,5 bis 2 % der stationären Patienten MRSA-Träger, im Bereich der niedergelassenen Ärzte sind es maximal 0,5 %.

Im Unterschied dazu steigt die Zahl der multiresistenten gramnegativen Erreger massiv an. Die ESBL-Trägerschaft (Begriffe siehe Kasten) hat in den letzten zehn Jahren weltweit massiv zugenommen und sich teilweise verzehnfacht. Die Tendenz scheint sich fortzusetzen.

In Deutschland liegt die Trägerrate der Allgemeinbevölkerung für ESBL im Bereich von 3 bis 4 %, das ist fast zehnmal so hoch wie die MRSA-Trägerschaft.

Nach Daten aus mehreren Ländern liegt die Transmissionsrate im Krankenhaus im Bereich von 4 bis 5 %. Bei hohem Hygienestandard (z. B. in Schweizer Krankenhäusern) kann sie noch deutlich niedriger liegen (bei unter 2 %). Dagegen liegt die Übertragungsrate im Haushalt, wenn dort ESBL-Träger leben, bei rund 25 %. Es besteht also durchaus ein Risiko, im Zusammenleben selbst Träger zu werden – und damit natürlich auch im Umgang mit den Patienten.

Ende 2012 hat die Krankenhaushygiene-Kommission am RKI (KRINKO) Empfehlungen veröffentlicht, wie mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen umzugehen ist. Wurde die Multiresistenz in der Vergangenheit eher an der ESBL-Bildungsfähigkeit festgemacht, so entschloss sich die KRINKO zu einer völlig neuen Definition (siehe Kasten): 3- und 4-MRGN bedeuten jetzt gramnegative Erreger, die gegen drei bzw. vier wichtige Antibiotikaklassen resistent sind.

Die Daten zur Dauer der Trägerschaft bei ESBL/MRGN sind derzeit heterogen. Grob geschätzt ist heute davon auszugehen, dass 10 bis 50 % der Träger dies dauerhaft bleiben. Der Rest scheint aber nach einigen Monaten frei von Keimen zu sein. Insofern rentieren sich durchaus Schutzmaßnahmen und Wiederholungsuntersuchungen. Leider liegen derzeit keine gesicherten Sanierungskonzepte vor, die natürlich auch nicht einfach zu definieren sind, da die meisten Keime im Darm leben.

VRE

Vancomycin-resistente Enterokokken: Darmbakterien (Enterococcus faecium, aber auch Enterococcus faecalis), die gegenüber dem Reserveantibiotikum Vancomycin resistent sind.

ESBL

Bakterien, die Extended Spectrum-ß-Lactamasen (ESBL) bilden. Diese Enzyme spalten Antibiotika und machen sie unschädlich. Vor allem Escherichia coli und Klebsiellen (beide im Darm vorkommend) tragen ESBL-Gene.

MRGN

Multiresistente Gram-negative Bakterien. Es handelt sich um Darmbakterien (z. B. Escherichia coli) und einige Umweltkeime wie Pseudomonas und Acinetobacter, die gegen wichtige in der Intensivmedizin verwendete Antibiotika-Klassen resistent sind. Die Einteilung in 3-MRGN (resistent gegen drei Antibiotikaklassen) und 4-MRGN (zusätzlich resistent gegen eine weitere Klasse) ist eine deutsche Regelung der KRINKO.

ESBL-Bildner und MRGN überlappen sich, sind aber nicht identisch.

Der Hygienetipp gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W. / Zastrow K.D. Hygiene-Tipp: Häufigkeit von multiresistenten Erregern. Passion Chirurgie. 2014 Juli; 4(07): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Hygieneposter für Klinik und Praxis

Schriftliche Hygienetipps sind schön und gut. Oft einprägsamer sind aber Bilder oder Grafiken, die kurz und prägnant Arbeitsabläufe und richtiges Vorgehen zeigen. Deshalb erhalten Sie dieses Mal Zugriff auf vier Poster des Universitätsklinikums Essen, die beliebig benutzt, ausgedruckt und (eventuell laminiert) aufgehängt werden können. Insbesondere die Anweisung zum An- und Ablegen von Schutzkleidung ist auch hilfreich für Besucher von isolierten Patienten, die so viel besser als mit Worten sehen können, wie sie sich zu verhalten haben.

Poster ‚Schutzkleidung anlegen’
Poster ‚Legen peripherer Venenverweilkanülen’
Poster ‚Händehygienevorschriften’
Poster ‚Fünf Desinfektionssituationen’

Popp W. / Zastrow K.D. Hygiene-Tipp: Hygieneposter für Klinik und Praxis. Passion Chirurgie. 2014 Juni; 4(06): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Automatische Händedesinfektionsmittelspender

In vielen Krankenhäusern und Altenpflegeheimen besteht der Wunsch, automatische Händedesinfektionsmittelspender im Eingangsbereich der Häuser bzw. von Stationen aufzustellen.

  • Bei der Entscheidung für derartige Geräte sollte folgendes bedacht werden:
  • Die Überwachung, Befüllung und ggf. Reparatur der Geräte muss klar geregelt sein.
  • Eine tägliche Kontrolle des Füllungszustandes und der Funktionsfähigkeit
  • (z. B. Batterien) ist erforderlich.
  • Es muss eine regelmäßige Reinigung der Spender gewährleistet sein.
  • Die Spender müssen so gestaltet sein, dass die üblichen im Haus verwendeten Einmalflaschen für Desinfektionsmittel problemlos eingesetzt und benutzt werden können. Ein Umfüllen in spezielle Flaschen ist nicht zulässig.
  • Spender die automatisch Desinfektionsmittel abgeben sind grundsätzlich nicht besser geeignet als Spender mit Handbedienung. Allerdings scheint es so zu sein, dass elektronische Spender bei den Nutzern auf größere Gegenliebe stoßen und häufiger genutzt werden. Soweit derartige Systeme eingesetzt werden, muss darauf geachtet werden, dass eine ausreichende Menge Händedesinfektionsmittel abgegeben wird.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Automatische Händedesinfektionsmittelspender. Passion Chirurgie. 2014 Februar; 4(02): Artikel 03_05.

Hygiene-Tipp: Zubereitung von Injektionslösungen

Die Zubereitung von Injektionslösungen hat stets auf einer desinfizierten Arbeitsfläche stattzufinden.

Falls ein Waschbecken vorhanden ist soll dies mindestens einen Meter entfernt und durch einen Spritzschutz von der reinen Arbeitsfläche getrennt sein.

Vor Beginn der Zubereitung ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen.

Nicht konservierte Arzneimittel oder Lösungsmittel dürfen gemäß Europäischem Arzneibuch nur aus Einzeldosisbehältnissen entnommen werden.

Injektionslösungen/Infusionslösungen mit Konservierungsmitteln (zur Mehrfachentnahme) müssen mit dem Anbruchsdatum versehen und gemäß den Herstellerangaben (Lagertemperatur, Lagerdauer nach Anbruch) verwendet werden.

Bei größeren Ampullen (≥ 50 ml) wird zur Mehrfachentnahme ggf. eine Spike-Mehrfachentnahmekanüle mit Luftfilter verwendet.

Spike-Kanülen sind grundsätzlich nach Entnahme zu verschließen. Bei wiederholter Entnahme aus Mehrdosenbehältnissen ist für jede Entnahme eine frische Kanüle und Spritze zu verwenden.

Ist laut Gebrauchsinformation eine gekühlte Aufbewahrung erforderlich, erfolgt diese im Medikamentenkühlschrank.

Hierbei ist darauf zu achten, dass die Medikamente keinen Kontakt zu der Rückwand des Kühlschranks haben (Gefahr des Einfrierens) und nicht in der Tür gelagert werden (zu warm).

Die Temperatur der Medikamentenkühlschränke wird arbeitstäglich kontrolliert und in einer Liste mit Namen dokumentiert.

Die Kühlschranklisten werden monatlich abgeheftet und aufbewahrt. Über- oder unterschreitet die gemessene Temperatur die Lagertemperatur von +2°C bis maximal +8°C werden die gelagerten Medikamente verworfen und unverzüglich eine Reparatur des Kühlschrankes veranlasst.

Aufgezogene Spritzen sind unverzüglich zu applizieren.

Werden Arzneimittelmischungen oder Infusionen mit zugespritzten Injektionslösungen benötigt, so ist die Zumischung nur unmittelbar vor der Verwendung zulässig.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Zubereitung von Injektionslösungen. Passion Chirurgie. 2014 Januar; 4(01): Artikel 03_02.

Hygiene-Tipp: Atemschutzmasken

Nach der TRBA 250 muss der Arbeitgeber Gefährdungsbeurteilungen durchführen, darauf aufbauend Tätigkeiten bestimmten Schutzstufen zuordnen, Betriebsanweisungen erstellen und Unterweisungen durchführen. Bei luftübertragenen Infektionsrisiken ab der Risikostufe 2 (das sind die meisten Bakterien und Viren) sollen Impfungen angeboten werden (soweit vorhanden) und gegebenenfalls Mund-Nasen-Schutz (MNS) bereitgestellt werden. Dieser muss mindestens die wesentlichen Kriterien einer Atemschutzmaske der Güte FFP1 nach DIN EN 149 erfüllen (FFP = Filtering Face Piece = partikelfiltrierende Halbmaske). Dies heißt, falls eine normale OP-Maske benutzt wird, muss diese wie eine Atemschutzmaske getestet sein.

Bei luftübertragenen Risiken der Risikostufe 3 – das ist real die offene Lungentuberkulose – müssen mindestens FFP2-Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt werden.
Anforderungen an Atemschutzmasken nach EN 149:

Typ der Halbmaske Maximal zulässige Gesamtleckage
FFP 1 22 %
FFP 2 8 %
FFP 3 2 %

Insbesondere FFP3-Masken haben einen hohen Atemwiderstand durch das Filter. Bei diesen kann zumindest die Ausatmung erleichtert werden durch ein Ausatemventil. Da es bei der Nutzung immer wieder zu Fehlanwendungen kommt, muss unbedingt beachtet werden:

  • FFP-Masken mit Ventil dürfen nur getragen werden von gesunden Mitarbeitern, die sich selbst schützen wollen oder müssen, oder von nicht infektiösen Patienten, die geschützt werden sollen (z.B. Patienten in Chemotherapie mit sehr niedriger Leukozytenzahl).
  • FFP-Masken mit Ventil dürfen keinesfalls eingesetzt werden bei infektiösen Patienten (z.B. offene Lungen-Tbc, Grippe) oder potentiell infektiösem Personal (z.B. nach Kontakt zu Grippe-Patienten).

Schalenförmig vorgeformte Masken zeigen häufig Defizite beim Dichtsitz, insbesondere bei schmalen Gesichern. Sie sollten daher nicht eingesetzt werden.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Atemschutzmasken. Passion Chirurgie. 2011 November; 1(11): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Honig zur Wundbehandlung

In den Medien wird Honig immer wieder für die Wundtherapie beworben und eine wundreinigende und antibakterielle Wirkung postuliert.

Die mikrobiologische Wirksamkeit des Honigs kann je nach Herkunft (Bienenvolk, Trachtpflanzen) und Verarbeitung stark schwanken. Ursächlich hierfür sind der daraus resultierende unterschiedliche Gehalt an antibakteriell wirksamen Bestandteilen.

Die antibakterielle Wirkung von Honig ist generell auf verschiedene Faktoren zurückzuführen.

  • Durch den osmotischen Wasserentzug wird den Keimen das lebensnotwendige Wasser entzogen.
  • Die meisten Honige weisen ein saures Milieu (pH 3–4) auf, in dem sich Bakterien nicht vermehren können.
  • Abhängig von der Honigsorte sind oftmals antibakteriell wirksame Bestandteile enthalten, z.B. von den Bienen stammende Enzyme, aromatische Säuren und andere phytochemische Substanzen und das Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal (im Manuka-Honig).

Wasserstoffperoxid aus Glucose wirk antibakteriell

Bei den antibakteriell wirksamen Enzymen ist die Glucoseoxidase aus der Futtersaftdrüse der Bienen das wichtigste Enzym, welches in Anwesenheit von Wasser kontinuierlich kleinste Mengen an Wasserstoffperoxid aus Glucose freisetzt. Wärme und Licht schädigen aber die Glucoseoxidase und reduzieren die Produktion an Wasserstoffperoxid. Bei den Honigsorten aus dem Lebensmittelhandel wird man deshalb keine Wasserstoffperoxid-Produktion feststellen können.

Eine besonders hohe antibakterielle Aktivität zeigt Honig, der von Nektar bestimmter Pflanzen – z.B. Konifere und Teebaum – stammt.

Anwendung von Haushaltshonig verbietet sich

Honig ist ein Naturprodukt und dementsprechend sind die Nachteile seine mangelnde Standardisierbarkeit sowie die mögliche Kontamination mit Pestiziden, Sporen von Clostridien und/oder Antibiotika.

Seit einigen Jahren wird medizinischer Honig aus Neuseeland als Medizinprodukt der Klasse IIb (Medihoney, Infectohoney) angeboten. Erste positive Erfahrungsberichte liegen vor, beispielsweise bei immunsupprimierten, pädiatrisch-onkologischen Patienten und bei Patienten mit venösen Ulzera. Allerdings sind weitere größere Studien zu fordern, um den Wert in der Wundtherapie wirklich beurteilen zu können. Darüber hinaus ist Medihoney relativ teuer.

Die Anwendung von Haushaltshonig in der Wundtherapie verbietet sich generell. Klinisch infizierte Wunden müssen primär mit Antiseptika behandelt werden.

Literatur:

Probst/Vasel-Biergans: Wundmanagement. 2. Auflage 2010

Bogdanov, Blumer: Natürliche antibiotische Eigenschaften des Honigs. Schweiz Bienenzeitung 2001, 124, 18-21

Cooper, Molan, Harding: The sensitivity to honey of Gram-positive cocci of clinical significance isolated from wounds. J Appl Microbiol 2002, 93, 857 – 863)

Popp W, Geisheimer M, Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Honig zur Wundbehandlung. Passion Chirurgie. 2011 Mai/Juni; 1(5/6): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Zucker zur Wundbehandlung

Seit Jahrzehnten ist die Fähigkeit von Glucose und Saccharose zur Wundreinigung bekannt. Fallberichte und auch Untersuchungen zeigen den wundreinigenden Effekt von Zuckerzubereitungen insbesondere bei infizierten, übel riechenden Wunden. Da Zucker ein Lebensmittel ist, verbietet sich das Einstreuen von losem Zucker in Wunden – auch als „alternativer Therapieversuch“.

Von schweizer Apothekern wurde daher vor Jahrzehnten eine honigartige Iodpovidonzuckersalbe entwickelt. Allerdings ergeben sich Kontraindikationen durch den Gehalt an PVP-Iod und Glucosesirup, der den Einsatz bei Diabetespatienten einschränkt.

Saccharose hat dagegen keinen Einfluss auf den Zuckerstoffwechsel und wird nach parenteraler Resorption unverändert renal ausgeschieden. In Großbritannien wird heute noch eine Zuckerpaste eingesetzt, die neben Saccharose Polyethylenglykol enthält und deren wundreinigenden Eigenschaften, antibakterielle Aktivität und Verträglichkeit durch Untersuchungen belegt sind.

Zuckerpaste zeigt einen osmotischen Zug, hat eine raue Konsistenz, wirkt belaglösend und granulationsfördernd, wird aber oft als schmerzhaft empfunden. Die Bakterizidie ist Folge der Hyperosmolarität und wird durch die antimikrobielle Aktivität des Polyethylenglykols noch verstärkt. Allerdings wurden bei niereninsuffizienten Patienten und längerer Anwendung nephrotoxische Polyethylenglykol-Serumspiegel beschrieben.

Nach chirurgischem Debridement kann in Einzelfällen zur Verbesserung der Wundreinigung eine aseptisch hergestellte Zuckerpaste (Saccharose, Arzneibuchware, KEINE „Supermarktware“) hilfreich sein, insbesondere gegen Infektionen und üble Gerüche.

Im allgemeinen sollte jedoch auf sie verzichtet werden,

  • da sie oftmals schmerzhaft ist,
  • da ein chirurgisches Debridement effektiver ist und
  • da mit Hydrogelen daran dann anschließend ebenfalls eine (osmotisch bedingte) Wundreinigung erreicht wird.

Auf jeden Fall verbietet sich die Anwendung von Haushaltszucker. Klinisch infizierte Wunden müssen primär mit Antiseptika behandelt werden.

Diese Stellungnahme stützt sich wesentlich auf Probst/Vasel-Biergans: Wundmanagement. 2. Auflage 2010.

Popp W, Geisheimer M, Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Zucker zur Wundbehandlung. Passion Chirurgie. 2011 April; 1(4): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Darf man Zitronensaft in sterile Körperhöhlen oder Wunden geben?

Die Antwort lässt sich formal und inhaltlich geben: Gemäß der Monographie „Spüllösungen“ des Europäischen Arzneibuchs müssen Wundspüllösungen steril und pyrogenfrei sein.

Nach der RKI-Empfehlung „Prävention postoperativer Infektionen im Operationsgebiet“ (2007) sind bei allen Eingriffen und Operationen aseptische Arbeitsmethoden und –techniken einzuhalten. Gleiches gilt für die Zubereitung und Verabreichung von Parenteralia und beim Umgang mit sterilen Medizinprodukten. Die RKI-Empfehlung „Infektionsprävention in Heimen“ (2005) verlangt sterile Wundspüllösungen. Deshalb sind z. B. Sterilfilter an Trinkwasserleitungen notwendig, wenn damit Wunden gespült werden.

Das Arzneimittelgesetz (AMG) befasst sich naturgemäß mit Arzneimitteln. Zitronensaft ist nur ein Lebensmittel, entbehrt somit jeglicher Zulassung zur Anwendung als Arzneimittel oder Medizinprodukt (Wundspüllösungen können auch als Medizinprodukt in Verkehr gebracht werden). Es gibt auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zur sinnhaften Anwendung in dieser Indikation (anders als für steriles Leitungswasser).

Gemäß § 5 AMG Verbot bedenklicher Arzneimittel darf selbst ein Arzneimittel nicht angewendet werden, wenn es bedenklich eingestuft ist (Satz 1) bzw. nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (Satz 2).

Zum inhaltlichen Teil der Antwort: Frisch gepresster Zitronensaft hat auf Grund des sauren pH-Wertes eine gewisse keimabtötende Wirkung. Er ist gleichwohl nicht steril. Beim Einsatz von frisch gepresstem Zitronensaft kann somit nicht von einer aseptischen Technik gesprochen werden.

Darüber hinaus handelt es sich bei Zitronensaft um eine klassische Säure mit einem sehr niedrigen pH-Wert (ca. 2), er ist also stark sauer. Zum Vergleich:

  • Blut: pH 7,4 (leicht basisch)
  • Magensäure: pH 2
  • Hautoberfläche: pH 5,5
  • Salzsäure 0,35%: pH 1
  • Coca Cola: pH 3
  • Bier: pH 5
  • Waschmittellösung: pH 10 (basisch).

Bei Einsatz von Zitronensaft in Wunden ist somit von Gewebeschäden im Sinne von Verätzungen auszugehen. Darüber hinaus ist bei Einsatz von gepresstem Zitronensaft von Fremdanteilen der Zitronen auszugehen, die die Forderung nach Pyrogenfreiheit oder fehlender toxische Wirkung nicht erfüllen.

Im Falle der Abklärung eines potentiellen Effektes auf der Suche nach einem neuen Wirkstoff wäre die Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission einzuholen und vorab die Aufklärung des Patienten erforderlich mit dokumentierter Zustimmung.

Zusammenfassend ist somit zu folgern, dass Zitronensaft nicht in sterile Körperhöhlen oder Wunden gegeben werden darf.

Popp W, Geisheimer M, Zastrow KD. Darf man Zitronensaft in sterile Körperhöhlen oder Wunden geben? Passion Chirurgie. 2011 März; 1 (3): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Infektionserreger in Wäsche

Das Infektionsrisiko, das von Wäsche ausgeht, hängt davon ab, ob die Erreger auf trockener Wäsche längere Zeit überleben können und ob die Wäsche feucht und mit erregerhaltigem Material verschmutzt ist. Es gibt nur wenige Erreger, für die der Nachweis erbracht wurde, dass sie auf trockener Wäsche überleben, wie zum Beispiel MRSA und Sporen von Pilzen.

Da jedoch eine Vermischung von Wäsche ohne Erreger, mit Wäsche mit erregerhaltigem Material nie ausgeschlossen werden kann, geht man von einer potentiellen Infektionsgefahr aus und spricht deshalb im Gesundheitswesen von infektionsverdächtiger Wäsche, die desinfizierend aufbereitet werden muss.

Ziel einer sachgerechten Aufbereitung ist die Infektionskette zu unterbrechen, indem Patienten und Personal, Wäsche ohne Krankheitserreger zur Verfügung gestellt wird.

Wäsche als Sondermüll

Auch heute gibt es in Mitteleuropa und damit auch in Deutschland noch hochinfektiöse, hochkontagiöse Krankheiten, die besonderer Beachtung bedürfen und bei denen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eine Weiterverbreitung in der Umwelt und der Bevölkerung vermieden werden muss. Zu diesen Erkrankungen gehören z. B. Cholera, Hämorrhagische Fieber (Ebola-Fieber, Lassa-Fieber, Marburg-Virus), Milzbrand, Pest, Poliomyelitis und Tollwut.

In der Gesamtheit der Infektionskrankheiten spielen diese heute zahlenmäßig keine große Rolle, weil sowohl Impfstrategien als auch umfassende Hygienemaßnahmen gegriffen haben. Wäsche von Patienten, die an diesen Krankheiten erkrankt sind, ist als Sondermüll zu entsorgen und gehört nicht in die Wäscherei oder Waschmaschine. Mit dieser drastisch wirkenden Maßnahme soll sichergestellt werden, dass eine Ausbreitung dieser in Mitteleuropa zurückgedrängten oder ausgerotteten Erkrankungen nicht erneut geschieht.

Kein Ansteckungsrisiko durch Wäsche

Bei z. B. Aspergillose, Bilharziose, Borreliose Botulismus, FSME, Gelbfieber und Legionellose sind die Erreger in der Regel nicht in der Wäsche zu finden, da der Patient die Erreger nicht absondert. Mit den üblichen desinfizierenden Verfahren ist diese Wäsche sicher aufzubereiten und stellt kein Infektionsrisiko dar.

Durchfallerkrankungen

Akute Durchfallerkrankungen (Enteritis infektiosa) (z.B.: Salmonellen, Noroviren, Clostridium difficile, EHEC, Rotaviren) sind häufig. Die Weiterverbreitung erfolgt stets über kontaminierte Ausscheidungen, Lebensmittel und Wasser. Da die Übertragung dieser Erreger und damit das Auslösen einer Erkrankung relativ leicht erfolgt, sind derartig kontaminierte Materialien stets in flüssigkeitsdichten Säcken zur Wäscherei zu transportieren. Bei der Aufbereitung ist ein desinfizierendes Verfahren erforderlich.

Unbekannter Infektionsstatus

Die durch die Berufsgenossenschaften vorgegebenen Schutzmaßnahmen und die Anwendung von nachweislich desinfizierenden Aufbereitungsverfahren müssen konsequent eingehalten werden. Der Infektionsstatus vieler Patienten ist unbekannt, da zum einen die Liegezeiten sehr kurz geworden sind und bestimmte Erkrankungen, bei denen sich der Patient in der Inkubationszeit befindet, nicht wahr genommen werden, weil der Patient nicht auf jede Infektionskrankheit untersucht wird, aber dennoch Krankheitserreger ausscheidet.

Es ist also durchaus denkbar, dass Patienten unerkannt mit einer offenen Tuberkulose oder als MRSA-Träger ins Krankenhaus oder in die Praxis kommen.

Zusammenfassung

In Wäsche kann eine große Zahl von Infektionserregern vorhanden sein, die durch desinfizierende Aufbereitungsverfahren sicher abgetötet werden. Die sicherste und qualitativ beste Form der Wäscheaufbereitung bieten Wäschereien die nach RAL 992/2 arbeiten. Die Aufbereitung von Arztkitteln in der Arztpraxis könnte theoretisch mit chemothermischen Verfahren bei mindestens 65 °C und mit einem gelisteten desinfizierenden Waschmittel erfolgen. Allerdings sind hier räumliche Voraussetzungen in Form einer Trennung in reine und unreine Bereiche zu schaffen.

Geprüfte Verfahren sind in den Listen des Robert-Koch-Institutes – RKI (www.rki.de) oder des Verbundes für Angewandte Hygiene – VAH zu finden.

Unter diesen Bedingungen ist sichergestellt, dass die Wäsche die Patienten und Personal zur Verfügung gestellt bekommen, frei ist von Krankheitserregern.

Popp W, Zastrow KD. Infektionserreger in Wäsche. Passion Chirurgie. 2011 Feb; 1 (2): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp – Berufskrankheiten bei Mitarbeitern

Jeder Arzt – und Unternehmer – ist verpflichtet, den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit anzuzeigen.

In Deutschland gibt es ein Listensystem der Berufskrankheiten. Demnach können im wesentlichen nur die Krankheiten anerkannt werden, die in der sog. Berufskrankheitenliste aufgeführt sind. In Arztpraxen besteht am ehesten ein Risiko für Infektionskrankheiten, die nach der Berufskrankheiten-Ziffer 3101 entschädigt werden können („Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“). Im Gesundheitswesen sind infektiöse Berufskrankheiten die zweithäufigsten nach den Hautkrankheiten: So wurden 2008 von der BGW 48 Infektionskrankheiten, zwei Wirbelsäulenerkrankungen, neun Atemwegserkrankungen und 210 Hauterkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt bzw. bestätigt.

Die Hepatitis B hat auf Grund der Impfung deutlich abgenommen: Wurden 1999 noch 255 Fälle angezeigt, so waren es 2008 nur noch 106 bei der BGW.

Im gesamten Bereich der BGW wurden 2009 als Berufskrankheiten in Folge von Infektionen die folgenden wesentlichen anerkannt:

Tuberkulose 61
Tuberkulose-Konversion 65
Hepatitis C 51
Hepatitis B 14
MRSA 7
HIV/AIDS 0

Insofern ist weiterhin, neben der Hepatitis C, die Tuberkulose bedeutsam. Aber auch das Mitarbeiter-Risiko schwerer Infektionen durch MRSA mit andauernden Folgeschäden ist zu beachten!