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Training für Weiterbilder: Mastertrainer 2017

Einladung zum Trainingskurs „Mastertrainer BDC/BDI/BVOU für die Strukturierte Facharztweiterbildung“

Die Weiterentwicklung der Qualität im Bereich der Facharztweiterbildung ist ein zurzeit intensiv diskutiertes Thema. Neben den notwendigen strukturellen Veränderungen (Novellierung der Musterweiterbildungsordnung) geht es im Mastertrainerkurs um die Unterstützung in den Kliniken vor Ort. Die Berufsverbände der Chirurgen und Internisten (BDC und BDI) und nun auch der Orthopäden und Unfallchirurgenhaben (BVOU) haben eine gemeinsame Initiative zur Weiterentwicklung der Facharztweiterbildung umgesetzt und bereits über 80 Mastertrainer ausgebildet. Nun soll der fünfte Trainingskurs beginnen, zu dem wir Sie herzlich einladen möchten.

Hauptanliegen ist es, die in der Praxis tätigen Weiterbilder durch Mastertrainer auf die wichtigsten Instrumente der strukturierten Weiterbildung zu schulen und in Supervisionen kontinuierlich zu begleiten. Das Angebot richtet sich an alle, die in Ihrer Klinik weiterbilden:

  • Chefärztinnen und Chefärzte
  • Oberärztinnen und Oberärzte
  • Fachärztinnen und Fachärzte und alle Assistenten die von ihren Ermächtigten beauftragt sind, die Weiterbildung zu koordinieren.
Termin: 05. – 06.05.2017

Dozent: Prof. Dr. med. Marcus Siebolds

Ort: Robert-Koch-Platz 9, 10115 Berlin

Das Mastertrainerkonzept

Das Mastertrainermodell beschreibt ein klassisches Train-the-Trainer-Konzept. Dabei werden Sie als erfahrener Weiterbilder in einem ersten Schritt zu Mastertrainern ausgebildet. Nach der Ausbildung sollen dann die Mastertrainer in ihren Abteilungen sechs Monate lang die erlernten Instrumente und Kompetenzen umsetzen. Diese Erfahrungsphase ist notwendig, um später eigene Erfahrungen in die Ausbildung der Weiterbilder einbringen zu können. Die erworbenen Kompetenzen können dann sowohl in der eigenen Klinik bei der Schulung der eigenen Kollegen als auch bei Teilnahme an überregionalen Ausbildungsveranstaltungen für Weiterbilder, die BDC, BVOU und BDI durchführen werden, genutzt werden.

Kosten

Der Mastertrainerkurs inkl. der Supervisionen wird einmalig 350,00 Euro für Nichtmitglieder und 200,00 Euro für Mitglieder des BDI, BDC und BVOU kosten.

Aufgaben und Arbeitsaufwand der Mastertrainer

  • Teilnahme an der Ausbildung zum Mastertrainer
  • Im Anschluss daran wird in der Regel mindestens eine Supervision im Jahr angeboten, bei der aktuelle Probleme in der Trainerarbeit besprochen werden. Die Teilnahme ist optional
  • ebenfalls optional: Mitarbeit bei der Durchführung von überregionalen Großveranstaltungen zur Ausbildung von interessierten Weiterbildern durch BDI, BDC und BVOU
  • gemeinsam mit Prof. Siebolds, Dr. Ansorg und Prof. Denkinger Zusammenarbeit bei der Verstetigung des Projektzuschnitts und Einbringen eigener Ideen der Mastertrainer für die Weiterentwicklung des Projektes

Um dieses fortschrittliche und kliniknahe Konzept in den aufwändigen Arbeitsalltag integrieren zu können, wurde eine sparsame Zeiteinteilung realisiert. Die konkrete Zeitbelastung kann in der folgenden Tabelle eingesehen werden:

Zeitaufwand für die Mitarbeit am Projekt Mastertrainer

AT = Arbeitstag

Workshops und Arbeitstreffen Wo? Beteiligte AT
Ausbildungswochenende à 1,5 AT Grundausbildung Berlin ca. 20 Mastertrainer 1,5 AT
Abstimmung Curriculum zwischen Mastertrainer und den anderen Weiterbildern in der eigenen Abteilung vor Ort Alle Mastertrainer mit den anderen Weiterbildern ihrer Abteilungen 0,2 AT
Jahresweiterbildungsgespräche mit zwei Assistenten durchführen vor Ort für jeden Mastertrainer, zwei Assistenten 0,2 AT
zwei Testate vor Ort für jeden Mastertrainer und Assistent, bei zwei Testaten a´1 Stunde je Trainer 0.2 AT
zwei Supervisionen Frankfurt Airport für jeden Mastertrainer 0.5 AT
eine Großveranstaltung zur Ausbildung von Weiterbildern folgt für jeden Mastertrainer 1 AT
Summe der Arbeitstage

            Davon auswärts

            Davon vor Ort in Ihrer Klinik

  für jeden Mastertrainer in 18 Monaten ca. 3,6 AT

2,5 AT

1,1 AT

Der Ablauf der Grundausbildung

In der folgenden Übersicht sind Ablauf und Inhalte der Grundausbildung dargestellt. Die Ausbildung ist stark trainingsorientiert. Jeder Teilnehmer erhält alle notwendigen Ausbildungsunterlagen in Form eines Trainerlogbuchs.

Zum Workshop soll jeder Teilnehmer bitte ein Notebook mitbringen!

Wir würden uns sehr freuen, wenn wir sie für diese neue Aufgabe gewinnen könnten. Nutzen sie die Möglichkeit Ihre Weiterbildung in der Klinik so zu optimieren, dass sie das Beste aus den schwierigen Bedingungen herausholen. Das Projekt wird davon leben, das sich ausgewiesene Kliniker bereiterklären daran teilzunehmen.

Weitere Informationen zum Kurs erhalten Sie gerne auf Anfrage bei Herrn Ruff von der BDI-Geschäftsstelle per E-Mail: [email protected]. Auch können Sie sich bei ihm verbindlich für den Kurs anmelden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Norbert Hennes, BDC
Prof. Michael Denkinger, BDI
Dr. Jörg Ansorg, BVOU
Prof. Dr. Marcus Siebolds, Sysco GmbH

Ablauf des Mastertrainerkurses zum Download

Theorie und Praxis: Erfahrungen eines „Mastertrainers“ – Chancen und Pittfalls

Medizinische Führungskräfte werden immer noch schlecht oder gar nicht geschult für die Aufgaben „Jenseits der Medizin“, obschon gerade diese im Alltag eines Chef- oder Oberarztes doch erheblichen Raum einnehmen. Die folgerichtige Idee, ein Seminar „Train-the-Trainer“ (TTT) anzubieten, ist somit nicht neu, aber entsprechende Angebote haben sich bislang unzureichend durchgesetzt. Gemeinsam mit dem BDI hat der BDC das Konzept erneut aufgegriffen und einen Schwerpunkt gesetzt, der einem Verantwortlichen nicht egal sein kann: „Wie mache ich aus meinen Mitarbeitern auf dem Weg zum Facharzt gute und zufriedene Ärzte?“

Von der Option des interdisziplinären Trainings hatte ich zuerst im Sommer 2013 erfahren – für mich der ideale Zeitpunkt, denn im Frühjahr des selben Jahres hatte ich gerade die Stelle eines Chefarztes übernommen und wurden mit vielen neuen, nicht-medizinischen Themen konfrontiert: Hoher Stand an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund, Fluktuation, Change-Prozesse im Krankenhaus, Qualitätsansprüche etc.

Das Train-the-Trainer-Seminar

Der veranschlagte Zeitrahmen war mit 3,6 Arbeitstagen sehr überschaubar, die erforderlichen Abwesenheiten somit vertretbar.

Der Ablaufplan schien in vielerlei Hinsicht zunächst recht abstrakt, so konnte ich mir z. B. unter einem Kerncurriculum vor Beginn des Kurses nur wenig vorstellen. Klar wurde aber anhand des Programms, dass der Schwerpunkt auf der praktischen Umsetzung der ärztlichen Weiterbildung vor Ort liegen würde und vor allen Dingen strukturelle Hilfen auf diesem Wege entwickelt werden sollten.

Ich habe den Mastertrainerkurs im November 2013 absolviert. Zum Ende des zweitägigen Seminars in Berlin waren sich alle Teilnehmer einig, dass dieses Seminar eines der besten je besuchten war.

Der Kurs war gemischt mit Internisten und Chirurgen besetzt, die Teilnehmer kamen dabei aus allen Hierarchie-Ebenen. Schnell wurde auch offensichtlich, wie sehr sich doch Probleme vor dem Hintergrund struktureller Gegebenheiten der jeweiligen Häuser unterschieden. Damit war auch klar, dass die schwierigste Aufgabe für die Kursleitung die Bedienung all dieser unterschiedlichen Ansprüche und Aspekte sein würden.

Der praktische Ablauf bestand in einem gut strukturierten Wechsel aus Unterrichtung durch den Kursleiter Prof. Siebolds und Gruppen- bzw. Kleingruppenarbeit. Im Folgenden möchte ich kurz exemplarisch auf die für mich wichtigsten Aspekte des Kurses eingehen.

Ist-Analyse als Aha-Erlebnis

Eines der ersten Arbeitsblätter war die sogenannte „Ist-Analyse“, eine Unterlage, die ich jedem Kollegen dringend ans Herz legen möchte. Für mich als damals neuen Chefarzt war es eine enorme Hilfe, sich anhand dieses Arbeitsblattes eine strukturierte Übersicht über den Ausbildungsstand eines jeden Mitarbeiters und des Stellenschlüssels zu machen. Darüber hinaus wurde auch abgefragt, wie viele Mitarbeiter in den vergangenen Jahren im Haus zur Facharztprüfung gebracht worden waren.

Es ist meine feste Überzeugung, dass dieses Wissen über die Mitarbeiter im Klinikalltag schnell verloren geht und die dadurch bedingte Fehleinschätzung des Ausbildungsstandes zu Unzufriedenheit der Mitarbeiter führt, z. B. infolge unkorrekter Einteilung zu operativen Eingriffen. Fraglos macht es Sinn, mit jedem Stellenwechsel und bei jeder Neueinstellung diese Ist-Analyse zu aktualisieren und sich selber vor Augen zu führen, wie die eigene Mannschaft aufgestellt ist und sich weiter entwickelt hat.

Kerncurriculum

Selbstverständlich wurde auch dem Konstrukt des Kerncurriculums im Rahmen des Kurses ein Gesicht gegeben. Dabei zeigte sich, dass dessen Idee im Wesentlichen der strukturierte Ablauf der Assistenzarzt-Weiterbildung ist. Gleichzeitig wurde – und dies ist im Hinblick auf die spätere praktische Anwendung von Bedeutung – aber auch klar, dass es hier durchaus Überlappungen z. B. zu den Curricula der Landesärztekammern oder zu evtl. bereits klinikintern implementierten Vorlagen zu Personalentwicklungs-Gesprächen/Feedback-Gesprächen gibt.

Die spätere praktische Anwendung zeigte, dass sich vorhandene Dokumente problemlos in das im TTT-Seminar erarbeitete Kerncurriculum implementieren lassen und sich dadurch sehr hilfreiche Ergänzungen ergeben.

Kontinuierliche Selbst- und Fremdeinschätzung

Eine derartige wertvolle Ergänzung ist z. B. der „AGME-Fragebogen“, mit dem der Weiterzubildende bei Beginn seiner Tätigkeit eine Selbsteinschätzung seiner Fähigkeiten in ärztlichen wie auch nicht-ärztlichen Tätigkeiten abgibt. Im Weiteren wird der Bogen nach Erörterung der Selbsteinschätzung in den späteren Personalentwicklungsgesprächen als Feedback-Instrument zur Erhebung der gewünschten Verbesserungen benutzt.

Allein der Umgang mit dem Fragebogen ist schon hilfreich: Neigt ein Weiterbildungsassistent zu erheblicher Selbstüberschätzung der eigener Fähigkeiten, korreliert dies signifikant mit schlechter Arbeitsleistung. Demgegenüber zeigen engagierte Mitarbeiter häufiger eine kritische Selbsteinschätzung in diesem Tool, sodass bereits das erste Arbeiten wertvolle Hinweise für die weitere Führung des Mitarbeiters gibt.

Arbeits- und Verfahrensanweisungen

Von größter Bedeutung für die tägliche Arbeit sind die Arbeitsanweisungen und Verfahrensanweisungen, die letztlich den „Standard Operating Procedures (SOP)“ in der eigenen Klinik entsprechen. Es ist gut vorstellbar, dass für Kliniken mit geringer Fluktuation oder entsprechender Personalstärke SOPs möglicherweise von geringerer Bedeutung sind, da hier Wissen von Kollegen zu Kollegen übermittelt wird. In kleineren Häusern sind derartige Verfahrensanweisungen aber nahezu unabdingbar: Sie geben Gelegenheit, auch unerfahrenen Mitarbeitern schnell einen Überblick über Ansprüche und Vorgehensweisen im Klinikalltag zu geben und vermeiden in erheblichem Umfang Konfliktsituationen oder auch gravierende Fehler.

Nach theoretischer Erarbeitung von Arbeitsanweisungen im Kurs haben wir zu Hause im Team für die eigene Klinik Arbeitsanweisungen zur Patientenaufnahme, Fallplanung, Stationsführung und Entlassungsplanung, OP-Planung und OP-Verhalten aufgestellt.

Abteilungsübergreifend wurden zwei weitere Arbeitsanweisungen entwickelt: Die Verfahrensanweisungen „Patientenaufklärung“ wurde mit dem Justiziar gemeinsam entwickelt, eine Arbeitsanweisung „Akutes Abdomen“ in Kooperation mit der Radiologie steht kurz vor dem Abschluss. Gerade bei diesen fachübergreifenden Themen zeigt sich, dass die Arbeitsanweisungen zu einer kooperativeren Arbeitsweise führen können. Die Arbeitsanweisung zur Patientenaufklärung hilft, auch unerfahrenen Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, eine juristisch korrekte Risikoaufklärung zu machen bzw. die juristischen Implikationen angemessen umzusetzen.

Ideen für weitere Arbeitsanweisungen ergeben sich sozusagen zwanglos aus dem Arbeitsalltag: So gibt es insbesondere mit der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin den Wunsch zur Etablierung einer Arbeitsanweisung „perioperative Nüchternheit und Infusionstherapie bei diabetischen Patienten“, „ZVK Pflege“ und weiteres.

In Zukunft ist im Team der Mastertrainer ein Austausch von Arbeitsanweisungen über die Klinikgrenzen hinweg geplant. Dies hilft, gute Erfahrungen aus anderen Abteilungen im eigenen Haus zu nutzen, ohne alles neu erfinden zu müssen.

Umsetzung in der Klinik

Wie immer besteht das Problem der Umsetzung im Arbeitsalltag im Mangel an Zeit. Selbst die Beteiligung eines zweiten Mitarbeiters an einem späteren Trainerseminar konnte nicht dazu beitragen, die gewünschte Geschwindigkeit in der Erstellung und Umsetzung der Arbeitsanweisungen zu erreichen. Darüber hinaus zeigt sich auch, dass die Arbeitsanweisungen nur anfangs vom ärztlichen Personal als hilfreich erachtet werden und leider im späteren Arbeitsleben wieder in Vergessenheit geraten.

Gerade aus den dargelegten Gründen jedoch, erscheint mir die Fortführung des Projektes auch im eigenen Haus als überaus sinnvoll: In der Summe helfen die erstellten Dokumente erheblich in der Führung einzelner Mitarbeiter zur Facharztprüfung und im Prozess der ­kontinuierlichen Lernstandsrückmeldung. Die Arbeitsanweisungen helfen, Schnittstellenkonflikte zu anderen Fachabteilungen zu reduzieren und Arbeitsabläufe der eigenen Klinik bei neuen, aber auch älteren Mitarbeitern transparent zu machen. Selbstverständlich helfen sie auch, im Konfliktgespräch Ansprüche besser zu objektivieren als mit dem bloßen Verweis auf „das haben wir immer schon so getan“.

Der angesprochene Nachteil des Zeitaufwandes wird sich aus meiner Sicht relativieren, wenn im zunehmenden Maße auch andere Kliniken an dem Projekt beteiligt sind und wie bereits angestrebt über eine Internet-Plattform der Austausch der arbeitsintensiven Dokumente klinikübergreifend stattfinden wird. Es ist z. B. nicht erforderlich, für jedes Krankenhaus eine eigene Arbeitsanweisung zur Patientenaufklärung zu etablieren, denn selbstverständlich sind die juristischen Belange bundesweit mehr oder weniger identisch. Nach kurzer Adaptation auf hausinterne Besonderheiten wird man einen Großteil der Arbeitsanweisungen übertragen können.

In diesem Sinne möchte ich sie alle motivieren, dieses hervorragende Seminar zu besuchen und ein gewisses Maß an Zeit in das Projekt zu investieren: Der Gewinn an Struktur wird die eingebrachte Zeit vergüten und kommt sowohl Ihren Weiterbildungsassistenten als auch der gesamten chirurgischen Gemeinschaft zugute.

Hennes N. Theorie und Praxis: Erfahrungen eines „Mastertrainers“ – Chancen und Pittfalls. Passion Chirurgie. 2015 August, 5(08): Artikel 02_04.

BDC-Umfrage zur außertariflichen Vertragssituation unter Oberärzten

Erfreulich rege fiel die Beteiligung an unserer Umfrage zu außertariflichen Verträgen unter den Oberärzten des BDC aus: Bis zum 20.1.2011 haben 984 Oberärzte an der Umfrage teilgenommen, dass entspricht einem knappen Drittel der im BDC organisierten Oberärzte.

Offensichtlich, und dass spiegelt sich auch in den Kommentaren der Teilnehmer, haben wir mit dieser Umfrage einen Punkt angesprochen, der viele von uns bewegt. Wie von vielen gewünscht möchten wir daher die wichtigsten Aspekte der Umfrage zusammentragen und damit einen repräsentativen Querschnitt des Status quo widerspiegeln. Wir hoffen, dass die Daten weiteren Anlass geben, zu diskutieren und sich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Im Mai 2010 haben wir dem Thema „AT-Verträge“ den Schwerpunkt der BDC-Mitgliederzeitschrift gewidmet. Wir mussten schnell erkennen, dass die Schwierigkeit des Themas vor allem darin liegt, dass es praktisch keine „Datengrundlage“ gibt. Aus den uns vorliegenden Einzelerfahrungen ließ sich kein repräsentatives Bild entwickeln. AT-Verträgler äußern sich ungern öffentlich, zumal ihnen das meistens aus naheliegenden Gründen per Vertrag verboten ist.

Aus diesem Grunde haben wir eine Online-Umfrage geschaltet, an der sich Oberärzte anonym beteiligen und ihre persönlichen Erfahrungen mitteilen konnten. Nur so schien es möglich, eine Verhandlungsbasis und ein Grundwissen für künftige Betroffene zu generieren. Wir hoffen, dass diese Auswertungen und Informationen ein wenig Rückhalt in künftigen Verhandlungen geben können und Sie in die Lage versetzen, ein Vertragsangebot solide zu bewerten.

Methodik und Umfrageteilnehmer

Vom 18.10.2010 bis 20.01.2011 haben sich 984 Teilnehmer durch 27 Fragen geklickt, mit denen wir versuchen wollten, einen Überblick über den „Sachstand AT-Verträge“ zu geben.

Nur etwa 14% der Teilnehmer waren weiblich. Die Altersverteilung war erwartungsgemäß: 56% der Teilnehmer waren zwischen 41 und 50 Jahren, 25% zwischen 51 und 60 Jahren aber immerhin bereits 15% zwischen 31 und 40 Jahren (Abb. 1).

Abb. 1: Altersverteilung der an der Umfrage teilnehmenden Oberärzte

Entsprechend der Deutschen Krankenhauslandschaft entstammte der Großteil unserer Teilnehmer mit 44% Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, 27% arbeiten in einem Haus der Schwerpunktversorgung und 16% in einem Maximalversorger-Haus. Nur 9% der Teilnehmer arbeiten an einer Universitätsklinik.

Dabei verteilt sich die Trägerschaft wie folgt: Gemeinnütziger Träger 41%, Kommune 29%, Private 16% und Land 9%.

Unsere Teilnehmer verteilten sich wie folgt auf die chirurgischen Disziplinen: 49% Allgemeinchirurgie, 41% Orthopädie und Unfallchirurgie, 36% Viszeralchirugie und 15% Gefäßchirurgie (Mehrfachnennungen möglich).

Persönlicher Funktionsbereich sowie Zukunftspläne

Bemerkenswert unter dem Aspekt der tariflichen Vergütung: 58% der Befragten leiten keinen Schwerpunkt oder Funktionsbereich, 81% verfügten über keine persönliche Weiterbildungsbefugnis.

Bezüglich der persönlichen Zukunftsplanung unter Oberärzten spiegelt sich vordergründig die Tendenz des „Lebensarbeitsplatzes Krankenhaus“ wieder: 62% der Oberärzte streben in den kommenden Jahren keine Veränderung an.

Unter denen, die sich verändern wollen steht weiterhin die Chefarztposition mit 60% ganz vorne. Für uns unerwartet: auf Rang zwei, gemeinsam mit dem Ziel „Leitender Oberarzt“, steht mit 30% wieder die Niederlassung in der Praxis oder einem MVZ, scheinbar gewinnt diese Option wieder an Attraktivität!

Außertarifliche Verträge

In exakt der Hälfte der Häuser unserer Teilnehmer existieren AT-Verträge, und ein gutes Viertel (28%) der Befragten stehen bereits in einem AT-Dienstverhältnis.

Während sich in Bezug auf die Versorgungsstufe keine klare Präferenz zeigt, war dies in Bezug auf die Trägerschaft eine klare Angelegenheit: Bei den Privaten steht fast jeder Zweite im AT-Verhältnis (Abb. 2).

Abb. 2: Anteil der AT-Dienstverhältnisse bei verschiedenen Trägerschaften

Zunächst wollten wir von denjenigen, die einen AT-Vertrag angeboten bekommen und diesen abgelehnt hatten, die Gründe für Ihre Entscheidung wissen.

In 58% dieser Fälle wurde von den Kollegen der Vertrag abgelehnt, da er finanziell unattraktiv erschien, immerhin in 1/3 der Fälle wurden die im Vertrag angestrebten Ziel als unrealistisch bzw. nicht erreichbar eingestuft. 16% der Befragten lehnten aus Angst vor Kündigung ab. Als Freitext wurde mehrfach (rund 3%) auf die Sorge hingewiesen, dass die Annahme eines AT-Vertrages die kollegiale Solidarität in der Gruppe der Oberärzte negativ beeinflussen könne.

Die weiteren Fragen richteten sich nun schwerpunktmäßig an die 251 Teilnehmer, die einem AT-Vertrag zugestimmt hatten.

Die Wege zum AT-Vertrag waren gleichmäßig verteilt zwischen Eigeninitiative (32%), Verwaltungsangebot (39%) und – für uns überraschend – dem Umstand, dass in einigen Häusern AT-Verträge ab bestimmten Dienstgruppen Standard seien (28%) und damit die Vergabe eines AT-Vertrages sozusagen ein „natürlicher Prozess“ sei.

AT-Verträge wurden überwiegend (51%) in Form einer Nebenabrede zum bestehenden Vertrag abgeschlossen, Neuverträge gab es bei 39%.

In der Gestaltung von AT-Verträgen wird in der Regel der Grundlohn angehoben unter der Maßgabe der Erreichung von definierten Zielkriterien.

Zusätzlich sehen AT-Verträge oftmals Bonusvereinbarungen vor, die unter definierten Umständen „on top“ gezahlt werden. Eine solche Bonus-Regelung gab es bei immerhin 52% unserer ATler.

Für uns erstaunlich war, dass bei rund 10% der Betroffenen ein AT-Vertrag angeboten wurde, ohne dass in diesem Zielkriterien definiert wurden! Bei diesen Kollegen ging es scheinbar vor allem darum, den Mitarbeiter und dessen Fähigkeiten am Hause zu halten. Ein schöner Kommentar, der es auf den Punkt bringt: „Die wollten mich einfach!“

Als Zielkriterien in der AT-Vereinbarung besonders beliebt waren krankenhausstrategische Ziele (44%) vor ökonomischen Zielen (Fallzahl, CMI, 46%), Zusatzaufgaben im Klinikbetrieb (39%), persönlichen Leistungen (z. B. OP-Zahlen, 29%) und Qualitätszielen der Abteilung (20%).

Mit diesen Vereinbarungen wurde das Gehalt im Durchschnitt um 19,4% angehoben, die Meisten erreichten durch die Gehaltsänderung etwa den Wert eines vorherigen 13. Monatsgehaltes. Bei geringer Fallzahl lag in Universitäten und kommunalen Häusern die Gehaltssteigerung eher über 20%, bei kirchlichen und privaten Trägern unter 20% (Tab. 1).

Tab. 1: Geschätzter Zuwachses des Bruttolohns (ohne evtl. vereinbarten Bonus) in Prozent durch den Abschluss eines AT-Vertrags im Vergleich zum Regelvertrag nach Krankenhausträgern aufgeschlüsselt

 

Mehr als 70% der Oberärzte erreichten die vorgegebenen Ziele vollständig oder nahezu vollständig. Dass Ziele gar nicht erreicht wurden, kam bei nur 5% der teilnehmenden Kollegen vor.

Drei Viertel aller Teilnehmer mit Bonusregelungen konnten sich am Jahresende über 5 bis 15.000 € zusätzlich auf dem Kontoauszug freuen, bei rund 30% gab es Boni z. T. weit über 15.000 €. Im Durchschnitt betrug die zusätzlich Bonuszahlung ca. 12.000 € wobei wiederum in den Unikliniken im Schnitt die höchsten Boni gezahlt wurden (Tab. 2).

Tab. 2: Größenordnung der vereinbarten Boni in AT-Verträgen nach Krankenhausträgern aufgeschlüsselt

 

Cave: Das ist natürlich recht grob gerechnet. Deshalb schon mal keine Nachkommastellen, wahrscheinlich müßte man aber noch runden.

Cave 2: Aussage in Spalten mit wenigen Antworten sehr fragwürdig.

Einschränkend muss erwähnt werden, dass die Durchschnittsberechnung der Boni nur sehr grob ausfallen könnte und gerade bei kleinen Antwortgruppen keine statistisch gesicherte Aussage getroffen werden kann. Vielmehr scheint hier eher die Situation vorzuliegen, dass einzelne Personen aufgrund bestimmter Umstände sehr hohe Boni verhandeln konnten. Dies kann natürlich keine Richtlinie für die breite Masse sein.

Nun ist Geld aber bekanntlich nicht alles: Die Krankenhausverwaltung unterstützte ihre AT-Mitarbeiter in 53% durch eine zusätzliche Altersvorsorge, Dienstwagen wurden 19% (1/3 davon aus den privaten Häusern), zusätzliche oder finanzierte Fortbildung 10% oder Liquidationsrecht rund 3% der Befragten geboten.

Bezüglich der oft in Gesprächen angeführten uns so sehr befürchteten Verschlechterung der Sozialleistungen gibt es gute Nachrichten: Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall blieben bei fast allen Verträgen gleich (94% respektive 92%), eine Verschlechterung wurde von jeweils nur 4% der Betroffenen berichtet.

Beim Abschließen des Vertrages fühlten sich unsere Oberärzte relativ sicher: nur 11% haben sich zuvor durch den BDC juristisch zur Vertragsgestaltung beraten lassen, obschon der BDC diese Möglichkeit schon seit Jahren und natürlich nicht nur bei Chefarztverträgen anbietet.

In der pauschalen Beurteilung ihres AT-Vertrages gibt es seitens unserer ATler eine ganz klare Empfehlung: 73% erachten diese als geeignete Instrumente zur Erzielung spezieller Krankenhausziele und 81% würden ihren Kollegen empfehlen, ebenfalls einen solchen Vertrag abzuschließen. Die stärkste Zustimmung zu AT-Verträgen kommt nach den oben dargelegten Vorteilen erwartungsgemäß aus den Reihen der universitären Oberärzte (89%), aber auch bei privater Trägerschaft liegen die positiven Erfahrungen bei knapp 77%.

Fazit

Zunächst werten wir unsere Umfrage als einen großen Erfolg, es gibt nun eine Informationsgrundlage, die Betroffenen die Orientierung in künftigen Verhandlungen erleichtert.

Das Instrument des AT-Vertrages ist weiter verbreitet, als wir es vermutet hätten: mehr als ein Viertel der Befragten arbeitet schon unter AT-Bedingungen, in manchen Häusern gelten sie ab bestimmten Dienstgruppen quasi als Standard.

Ein AT-Vertrag scheint die logische Konsequenz der Honorierung überdurchschnittlicher Leistungen, so dass in einigen Fällen nicht einmal Bedingungen oder Zielvereinbarungen an die Verträge geknüpft sind. Und der Markt gibt dies her: Der aktuelle Facharztindex (Dtsch Arztebl 2010; 107(37): A-1771 / B-1559 / C-1539) zeigt weiterhin, dass operativ tätige Spezialisten sehr gefragt sind.

Für die Krankenhausträger ist es einfacher und auch finanziell attraktiver, einen Vertrag mit dem Stammpersonal aufzubessern, als Lücken durch Honorarärzte zu schließen. Wird diese Chance vertan, kann es richtig teuer werden und langfristig die Existenz des Hauses gefährden.

Im Schnitt wird das Grundgehalt durch einen AT-Vertrag um knapp 20% gehoben, oftmals gibt es zusätzliche Bonusleistungen. Eine Verschlechterung der Sozialleistungen ist im Allgemeinen nicht zu befürchten.

Wurden Ziele als Vertragsbestandteil vereinbart, so wurden diese ganz überwiegend erreicht. Die Zufriedenheit mit den Verträgen ist sehr groß: über 80% empfehlen ihren Kollegen, sich auch dieser Herausforderung zu stellen und einen AT-Vertrag anzunehmen.

Die Mehrheit von 72% der Befragten verfügt allerdings noch nicht über einen AT-Vertrag, unter diesen ist die Zahl derjenigen, die einen Vertrag angeboten und abgelehnt hatte gering (31 von 733). Die Motivation hierfür war überwiegend mangelnde Vertragsattraktivität oder fehlende Zielerreichbarkeit.

Perspektiven

Der überwiegende Teil von uns Oberärzten ist in einer Zeit des Personalüberschusses groß geworden, in der wir vor allem auf den Erhalt der Stelle und des Einkommens geachtet haben, Fortbildungen selber finanziert und nicht über Geld gesprochen haben.

Wir alle sind Chirurgen geworden, ohne dass wir in unserer Regelausbildung wirtschaftliche Belange vermittelt bekommen haben.

Die Zeiten haben sich geändert: Wir sind gefragt, unser chirurgisches Wissen und Können ist Mangelware geworden. Die Meisten von uns haben erkannt, dass zu ihrem täglichen Tun auch wirtschaftliche Aspekte der Krankenversorgung wichtige Aspekte darstellen und dass die Verknüpfung von wirtschaftlichen und chirurgischen Aspekten wahrlich nur von uns geleistet werden kann.

Also sollten wir langsam auch lernen, mit gesundem Selbstbewusstsein eine wertgerechte Vergütung zu verhandeln.

Für überraschend viele von uns ist das schon Realität oder sogar Standard geworden und von diesen können wir auf der Grundlage unserer Umfrage lernen:

    • Vor AT-Verträgen muss man keine Angst haben
    • Sozialleistungen werden nicht schlechter
    • Ziele müssen erreichbar definiert werden
    • Das „finanzielle Outcome“ ist in der Regel durchaus zufriedenstellend! Bleiben Sie in den Verhandlungen fair und fordern Sie keinen Lottohauptgewinn
    • Viele Dinge sind verhandelbar
    • Ergreifen Sie ruhig die Initiative
    • Für alle Verhandlungen gilt: Fairness siegt!
    • Besteht Unsicherheit in der Wertung eines Vertrages, macht eine juristische Beratung Sinn. Hierfür steht der in diesen Dingen seit Jahren sehr erfahrene Justitiar des BDC gern zur Verfügung.
    • Lässt ein Vertragsangebot erkennen, dass Ihr Träger Ihre Mitarbeit nicht wirklich schätzt, so ist auch das ein Gewinn an Information!

Hennes N, Seifert J, Ansorg J. BDC-Umfrage unter Oberärzten zur Situation mit außertariflichen Verträgen. Passion Chirurgie. 2011 März; 1 (3): Artikel 02_01.

Editorial: Außertarifliche Verträge

Außertarifliche Verträge“ bleiben ein heißes Eisen. Im Mai des vergangenen Jahres hatten wir diesem Thema den Schwerpunkt der BDC-Mitgliederzeitschrift gewidmet, um eine solidere Struktur in die Gerüchteküche zu bringen. Die eingeholten Stellungnahmen von Klinikdirektoren und Betroffenen, MB-Vertretern und Juristen ließen aber eines schnell offensichtlich werden:

Naturgemäß sind außertarifliche Verträge individuelle Regelungen und es bleibt schwierig, generelle Empfehlungen auszusprechen oder – im Falle von Betroffenen – getroffene Regelungen zu werten. Dazu fehlte eine Datengrundlage.

Um diese zu schaffen, hat das Referat „Oberärzte“ im Präsidium des BDC im Nachgang zum Themenheft eine anonyme Umfrage an die im BDC organisierten Oberärzte zu ihrer AT – Situation durchgeführt. In Kauf nehmend, dass eine solche Umfrage natürlich nicht jeder Regelung gerecht werden kann, sollte auf diesem Weg evaluiert werden, wie verbreitet außertarifliche Verträge inzwischen sind, in welchen Situationen solche Verträge sinnvoll sein können und welche Inhalte darin geregelt werden.

Die Resonanz war überwältigend: wir erhielten fast 1000 Rückmeldungen, die wir Ihnen gern zusammengefasst in dieser Ausgabe von „Passion Chirurgie“ vorstellen möchten.

Der Tenor der Auswertung ist, dass die gesammelten Erfahrungen von ATlern überwiegend positiv sind: Als Leistungsträger sind sie gefragt und gewollt, entsprechend lohnt es sich offenbar für die Kliniken eher, mehr zu investieren als neu auszuschreiben! Diese Situation wollen wir, die Möglichkeiten der digitalen Form unserer Zeitschrift nutzend, durch Interviews mit Vertretern führender Personalberatungen diskutieren.

Auch wurde durch die Umfrage klar, dass ein deutlicher Bedarf an juristischer Beratung gesehen wird. Aus diesem Grunde wird der Justiziar des BDC auf die Umfrageergebnisse eingehen und den Weg der juristischen Beratung für Sie darstellen. Zudem haben wir die Einschätzung führender Personalberatungen erfragt und geben diese Interviews hier wieder.

Wieder hoffen wir mit unserer Themenwahl Ihr Interesse zu finden. Haben Sie Anregungen oder Hinweise?

Diskutieren Sie mit uns! Wir freuen uns auf Ihre Reaktion.